Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 60/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 318/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 01.04.1996 und die Rückforderung von Leistungen in Höhe von DM 10.561,60 streitig.
Der am 1937 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis 28.09.1995 Arbeitslosengeld. Er meldete sich am 24.10.1995 bei der Beklagten wieder arbeitslos und beantragte die Gewährung von Anschluss-Alhi. Vom 25.10.1995 bis 03.12.1995 befand er sich in der Türkei. Am 02.01.1996 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alhi. Unterschriftlich bestätigte er auf dem Antragsformular, das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bewilligungsverfügung vom 16.02.1996 gewährte ihm die Beklagte daraufhin Alhi für die Zeit ab 29.09.1995 und forderte noch eine Verdienstbescheinigung bzw. ein Einkommensnachweis seiner Ehefrau an. Die Steuerberatungsgesellschaft mbH F. teilte einen vorläufigen Gewinn seiner Ehefrau von April bis Oktober 1996 aus dem selbständigen Betreiben eines Döner-Standes in Höhe von DM 29.040,00 mit. Die Steuerkanzlei schlüsselte die Einkünfte der Ehefrau für die Monate April bis Oktober 1996 im Einzelnen auf. Die monatliche Beitrag zur Bayern Versicherung in Höhe von DM 190,40 werde von seiner Ehefrau gezahlt.
Mit Bescheid vom 03.02.1997 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung der Alhi ab 01.04.1996 auf, da das Einkommen seiner Ehefrau im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Mit weiterem Bescheid vom 03.02.1997 wurde ihm mitgeteilt, das Einkommen seiner Ehefrau übersteige die Alhi. Mit Bescheid vom 20.02.1997 forderte die Beklagte nach § 50 SGB X vom Kläger einen Überzahlungsbetrag in Höhe von DM 10.561,60 zurück. Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger im Wesentlichen aus, seine Ehefrau betreibe den Döner-Stand in Lindau lediglich von April mit Oktober. In der Zeit vom 01.11. 1996 bis März 1996 sei kein Einkommen erzielt worden, weshalb dieses auf das Jahr umzurechnen sei. Dabei seien auch die Steuerschulden auf das Jahr zu beziehen, genauso wie die Krankenkassenbeiträge. Seine Ehefrau habe wegen der Anschaffung des Döner-Stands monatliche Zins- und Tilgungsaufwendungen von DM 1.300,00. Der Widerspruch gegen die Bescheide vom 03.02. und 20.02.1997 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.01. 1998).
Zur Begründung seiner zum Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass Aufwendungen, die für die Erzielung des Erwerbseinkommens notwendig waren (Finanzierung des Döner-Standes über ein Darlehen) nicht berücksichtigungsfähig seien. Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, eine etwaige Berücksichtigung des Darlehens als sogenannte "notwendige Aufwendung zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens" sei nur möglich, wenn das Finanzamt bei der abschließenden steuerlichen Behandlung diese Aufwendung als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs.1 Einkommensteuergesetz anerkannt habe. Für eine Absetzung der "Wohnraummiete" lasse § 138 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) keinen Raum. Die Versicherung sei berücksichtigt worden. Dazu trug der Kläger vor, dem Einkommensteuerbescheid für 1996 sei zu entnehmen, dass aus dem Gewerbebetrieb der Ehefrau in dem fraglichen Jahr ein Einkommen von insgesamt DM 32.500,00 erzielt worden sei, was überdurchschnittlich hoch gewesen sei. Bei vorläufiger Berechnung sei auch unter Berücksichtigung des Einkommensteuerbescheids 1996 davon auszugehen, dass er Anspruch auf Alhi für das ganze Jahr gehabt habe.
Mit Urteil vom 30.08.2000 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen und im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, das angefochtene Urteil sei deshalb zu beanstanden, weil eine Berücksichtigung des Darlehens zum Erwerb des Döner-Standes durch seine Ehefrau zu Unrecht verneint worden sei. Die Beklagte wendet dagegen ein, maßgeblich seien die im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb der Ehefrau. Abzüge über die im Steuerbescheid ausgewiesenen Beträge hinaus, insbesondere Schuldzinsen, könnten nicht vorgenommen werden. Dagegen trägt der Kläger erneut vor, die Beklagte beschäftige sich nicht mit der Problematik der Absetzung von Finanzierungskosten für den Döner-Stand und mit der streitgegenständlichen Argumentation des Erstgerichts.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.08.2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.02. und 20.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.
Die Beklagte hat die Bewilligung der Alhi ab 01.04.1996 zu Recht nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X aufgehoben. Nach dieser Vorschrift i.V.m. § 152 Abs.3 AFG ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit in den tatsächlichen Verhältnissen die beim Erlass der Verwaltungsakten vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine die Aufhebung des die Alhi bewilligenden Verwaltungsaktes ist insofern eingetreten, als die Ehefrau des Klägers ab 01.04.1996 Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall des Anspruchs auf Alhi ab diesem Zeitpunkt geführt hat (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X).
Nach § 134 Abs.1 Nr.3 AFG hat Anspruch auf Alhi nur, wer bedürftig ist. Der Arbeitslose ist gemäß § 137 Abs.1 Nr.1 AFG in diesem Sinne bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht.
Nach § 137 Abs.2 AFG ist der Arbeitslose nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs.1 Nr.3, solange unter anderem mit Rücksicht auf das Vermögen seines Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist.
Zunächst ist die Alhi bei der Bedürftigkeitsprüfung betrags- mäßig nach § 136 AFG zu ermitteln, sodann muss hiervon das berücksichtigungsfähige Einkommen und Vermögen abgezogen werden. Bleibt eine Differenz, so ist der Arbeitslose bedürftig. Welches Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen ist, ergibt sich nicht aus Absatz 1, sondern aus den weiteren Bestimmungen der §§ 137, 138 AFG und der Alhi-Verordnung. Nach § 138 sind im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen zu berücksichtigen: anderes bestimmt, 2. Einkommen des Ehegatten, soweit es den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist dabei ein Betrag in Höhe der Alhi nach § 136 Abs.1 AFG, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrages, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden keine Einkommensteuer festzusetzen wäre (§ 32a Abs.1 Satz 2 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes). Der Freibetrag ist in drei Schritten zu ermitteln. Zunächst ist die hypothetische Alhi des Ehegatten zu ermitteln; sodann ist zu vergleichen, ob der steuerliche Grundfreibetrag höher liegt; bejahendenfalls ist dieser Grundfreibetrag anzusetzen. In einem dritten Schritt ist der so ermittelte Freibetrag um vom Ehegatten geschuldete Unterhaltsleistungen zu erhöhen. Der Gesetzgeber fasst den hypothetischen Alhi-Satz als Indikator für das Existenzminimum des Ehegatten auf. Unerheblich ist, ob dem Ehegatten tatsächlich ein Anspruch auf Alhi zusteht. Gleichfalls hat bei der Bestimmung der hypothetischen Ehegatten-Alhi eine Bedürftigkeitsprüfung gemäß §§ 137, 138 AFG zu unterbleiben. Bei der Bestimmung des Steuerfreibetrages ist der steuerliche Grundfreibetrag nach § 32a Abs.1 Satz 2 Nr.1 Einkommensteuergesetz vergleichsweise heranzuziehen. Dieser Betrag beläuft sich seit 11.10.1995 auf jährlich DM 12.095,00, entsprechend monatlich DM 1.007,92 und wöchentlich DM 232,60. Ist dieser steuerliche Grundfreibetrag höher als die hypothetische Ehegatten-Alhi, so ist gemäß Satz 2 Halbsatz 2 der steuerliche Grundfreibetrag als Mindestselbsterhalt des Ehegatten anzusetzen. Ist er niedriger als die hypothetische Alhi, verbleibt dem Ehegatten mindestens diese.
Vor der Vorlage des Einkommensteuerbescheides der Ehefrau des Klägers für 1996 war von Seiten der Steuerberatungsgesellschaft mbH F. ein Bruttoeinkommen der Ehefrau von DM 30.045,00 angegeben worden, woraus sich ein durchschnittliches Brutto-Einkommen von DM 4.292,14 errechnete. Hiervon waren in Abzug zu bringen, die hypothetische Alhi der Ehefrau in Höhe von DM 232,60 wöchentlich, Steuern in Höhe von DM 439,71 monatlich, Versicherungsbeiträge, die von der Ehefrau des Klägers für diesen für die Zeit der Arbeitslosigkeit übernommen wurden, in Höhe von monatlich DM 190,40 und eines zusätzliches Freibetrages nach § 138 Abs.2 Satz 3 AFG (bei Erwerbseinkommen des Ehepartners) in Höhe von wöchentlich DM 58,15. Daraus errechnete sich ein Netto-Einkommen der Ehefrau von wöchentlich DM 554,30, das die Höhe der Alhi des Klägers überstiegen hat. Nach dem Einkommensteuerbescheid für 1996 lagen Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von DM 32.503,00 vor. Weiterhin beträgt danach die hypothetische Alhi wöchentlich DM 232,60. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger 53 % vom Bruttoeinkommen errechnet, was jedoch nach § 111 AFG nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass mit dem Widerspruchsbescheid der Beklagten diese erheblich mehr Steuern zugunsten der Klägerin und auch wesentlich mehr Versicherungsbeiträge berücksichtigt hat, als sie vom Kläger vorgetragen wurden. Zutreffend hat die Beklagte bei ihrer Berechnung das laufende, zur Verfügung stehende Erwerbseinkommen der Ehefrau des Klägers zugrunde gelegt.
Im Übrigen sind Absetzungen vom Einkommen wegen der Mietverpflichtung bzw. der Rückzahlung eines Darlehens nicht möglich. Eine nochmalige Berücksichtigung des Darlehens als sogenannte "notwendige Aufwendung zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens" ist nicht möglich. Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass das Darlehen tatsächlich dem Erwerb des Döner-Standes diente, kann es nicht als das Einkommen mindernd berücksichtigt werden, weil es sich um Betriebsausgaben handelt, die bei der Berechnung der Einkünfte der Ehefrau aus selbständiger Tätigkeit im Steuerbescheid bereits berücksichtigt wurden. So bestimmt jetzt § 15 Abs.1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV), das Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit ist. Die Beklagte hat den durch den Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinn der Berechnung zugrunde gelegt, so dass das Darlehen nicht nochmals abgesetzt werden kann. Auch die Absetzung der Krankenversicherung der Ehefrau bei der AOK für die Betriebszeit vermindert den Einkommensbetrag nicht soweit, dass er unter die Höhe der Alhi fällt. Ohne Anrechnung des Einkommens der Ehefrau hatte der Kläger einen wöchentlichen Alhi-Anspruch ab 01.04.1996 in Höhe von DM 339,60. Selbst bei einer Verminderung um die Krankenversicherungskosten der Ehefrau des Klägers würde das anzurechnendene Einkommen immer noch den Alhi-Satz übersteigen. Dies gilt auch für den Fall, dass man in unzutreffender Weise die Schuldtilgungskosten für das Darlehen mitberücksichtigen würde.
Aus der zutreffenden Aufhebung der Verwaltungsakte vom 03.02. und 20.02.1997 folgt, dass der Kläger die zu Unrecht bezogenen Leistungen nach § 50 Abs.1 SGB X zu erstatten hat.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.08.2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 01.04.1996 und die Rückforderung von Leistungen in Höhe von DM 10.561,60 streitig.
Der am 1937 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis 28.09.1995 Arbeitslosengeld. Er meldete sich am 24.10.1995 bei der Beklagten wieder arbeitslos und beantragte die Gewährung von Anschluss-Alhi. Vom 25.10.1995 bis 03.12.1995 befand er sich in der Türkei. Am 02.01.1996 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alhi. Unterschriftlich bestätigte er auf dem Antragsformular, das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bewilligungsverfügung vom 16.02.1996 gewährte ihm die Beklagte daraufhin Alhi für die Zeit ab 29.09.1995 und forderte noch eine Verdienstbescheinigung bzw. ein Einkommensnachweis seiner Ehefrau an. Die Steuerberatungsgesellschaft mbH F. teilte einen vorläufigen Gewinn seiner Ehefrau von April bis Oktober 1996 aus dem selbständigen Betreiben eines Döner-Standes in Höhe von DM 29.040,00 mit. Die Steuerkanzlei schlüsselte die Einkünfte der Ehefrau für die Monate April bis Oktober 1996 im Einzelnen auf. Die monatliche Beitrag zur Bayern Versicherung in Höhe von DM 190,40 werde von seiner Ehefrau gezahlt.
Mit Bescheid vom 03.02.1997 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung der Alhi ab 01.04.1996 auf, da das Einkommen seiner Ehefrau im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Mit weiterem Bescheid vom 03.02.1997 wurde ihm mitgeteilt, das Einkommen seiner Ehefrau übersteige die Alhi. Mit Bescheid vom 20.02.1997 forderte die Beklagte nach § 50 SGB X vom Kläger einen Überzahlungsbetrag in Höhe von DM 10.561,60 zurück. Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger im Wesentlichen aus, seine Ehefrau betreibe den Döner-Stand in Lindau lediglich von April mit Oktober. In der Zeit vom 01.11. 1996 bis März 1996 sei kein Einkommen erzielt worden, weshalb dieses auf das Jahr umzurechnen sei. Dabei seien auch die Steuerschulden auf das Jahr zu beziehen, genauso wie die Krankenkassenbeiträge. Seine Ehefrau habe wegen der Anschaffung des Döner-Stands monatliche Zins- und Tilgungsaufwendungen von DM 1.300,00. Der Widerspruch gegen die Bescheide vom 03.02. und 20.02.1997 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.01. 1998).
Zur Begründung seiner zum Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass Aufwendungen, die für die Erzielung des Erwerbseinkommens notwendig waren (Finanzierung des Döner-Standes über ein Darlehen) nicht berücksichtigungsfähig seien. Die Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, eine etwaige Berücksichtigung des Darlehens als sogenannte "notwendige Aufwendung zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens" sei nur möglich, wenn das Finanzamt bei der abschließenden steuerlichen Behandlung diese Aufwendung als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs.1 Einkommensteuergesetz anerkannt habe. Für eine Absetzung der "Wohnraummiete" lasse § 138 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) keinen Raum. Die Versicherung sei berücksichtigt worden. Dazu trug der Kläger vor, dem Einkommensteuerbescheid für 1996 sei zu entnehmen, dass aus dem Gewerbebetrieb der Ehefrau in dem fraglichen Jahr ein Einkommen von insgesamt DM 32.500,00 erzielt worden sei, was überdurchschnittlich hoch gewesen sei. Bei vorläufiger Berechnung sei auch unter Berücksichtigung des Einkommensteuerbescheids 1996 davon auszugehen, dass er Anspruch auf Alhi für das ganze Jahr gehabt habe.
Mit Urteil vom 30.08.2000 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen und im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, das angefochtene Urteil sei deshalb zu beanstanden, weil eine Berücksichtigung des Darlehens zum Erwerb des Döner-Standes durch seine Ehefrau zu Unrecht verneint worden sei. Die Beklagte wendet dagegen ein, maßgeblich seien die im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb der Ehefrau. Abzüge über die im Steuerbescheid ausgewiesenen Beträge hinaus, insbesondere Schuldzinsen, könnten nicht vorgenommen werden. Dagegen trägt der Kläger erneut vor, die Beklagte beschäftige sich nicht mit der Problematik der Absetzung von Finanzierungskosten für den Döner-Stand und mit der streitgegenständlichen Argumentation des Erstgerichts.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.08.2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 03.02. und 20.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.
Die Beklagte hat die Bewilligung der Alhi ab 01.04.1996 zu Recht nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X aufgehoben. Nach dieser Vorschrift i.V.m. § 152 Abs.3 AFG ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit in den tatsächlichen Verhältnissen die beim Erlass der Verwaltungsakten vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine die Aufhebung des die Alhi bewilligenden Verwaltungsaktes ist insofern eingetreten, als die Ehefrau des Klägers ab 01.04.1996 Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall des Anspruchs auf Alhi ab diesem Zeitpunkt geführt hat (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X).
Nach § 134 Abs.1 Nr.3 AFG hat Anspruch auf Alhi nur, wer bedürftig ist. Der Arbeitslose ist gemäß § 137 Abs.1 Nr.1 AFG in diesem Sinne bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht.
Nach § 137 Abs.2 AFG ist der Arbeitslose nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs.1 Nr.3, solange unter anderem mit Rücksicht auf das Vermögen seines Ehegatten die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist.
Zunächst ist die Alhi bei der Bedürftigkeitsprüfung betrags- mäßig nach § 136 AFG zu ermitteln, sodann muss hiervon das berücksichtigungsfähige Einkommen und Vermögen abgezogen werden. Bleibt eine Differenz, so ist der Arbeitslose bedürftig. Welches Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen ist, ergibt sich nicht aus Absatz 1, sondern aus den weiteren Bestimmungen der §§ 137, 138 AFG und der Alhi-Verordnung. Nach § 138 sind im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen zu berücksichtigen: anderes bestimmt, 2. Einkommen des Ehegatten, soweit es den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist dabei ein Betrag in Höhe der Alhi nach § 136 Abs.1 AFG, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrages, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden keine Einkommensteuer festzusetzen wäre (§ 32a Abs.1 Satz 2 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes). Der Freibetrag ist in drei Schritten zu ermitteln. Zunächst ist die hypothetische Alhi des Ehegatten zu ermitteln; sodann ist zu vergleichen, ob der steuerliche Grundfreibetrag höher liegt; bejahendenfalls ist dieser Grundfreibetrag anzusetzen. In einem dritten Schritt ist der so ermittelte Freibetrag um vom Ehegatten geschuldete Unterhaltsleistungen zu erhöhen. Der Gesetzgeber fasst den hypothetischen Alhi-Satz als Indikator für das Existenzminimum des Ehegatten auf. Unerheblich ist, ob dem Ehegatten tatsächlich ein Anspruch auf Alhi zusteht. Gleichfalls hat bei der Bestimmung der hypothetischen Ehegatten-Alhi eine Bedürftigkeitsprüfung gemäß §§ 137, 138 AFG zu unterbleiben. Bei der Bestimmung des Steuerfreibetrages ist der steuerliche Grundfreibetrag nach § 32a Abs.1 Satz 2 Nr.1 Einkommensteuergesetz vergleichsweise heranzuziehen. Dieser Betrag beläuft sich seit 11.10.1995 auf jährlich DM 12.095,00, entsprechend monatlich DM 1.007,92 und wöchentlich DM 232,60. Ist dieser steuerliche Grundfreibetrag höher als die hypothetische Ehegatten-Alhi, so ist gemäß Satz 2 Halbsatz 2 der steuerliche Grundfreibetrag als Mindestselbsterhalt des Ehegatten anzusetzen. Ist er niedriger als die hypothetische Alhi, verbleibt dem Ehegatten mindestens diese.
Vor der Vorlage des Einkommensteuerbescheides der Ehefrau des Klägers für 1996 war von Seiten der Steuerberatungsgesellschaft mbH F. ein Bruttoeinkommen der Ehefrau von DM 30.045,00 angegeben worden, woraus sich ein durchschnittliches Brutto-Einkommen von DM 4.292,14 errechnete. Hiervon waren in Abzug zu bringen, die hypothetische Alhi der Ehefrau in Höhe von DM 232,60 wöchentlich, Steuern in Höhe von DM 439,71 monatlich, Versicherungsbeiträge, die von der Ehefrau des Klägers für diesen für die Zeit der Arbeitslosigkeit übernommen wurden, in Höhe von monatlich DM 190,40 und eines zusätzliches Freibetrages nach § 138 Abs.2 Satz 3 AFG (bei Erwerbseinkommen des Ehepartners) in Höhe von wöchentlich DM 58,15. Daraus errechnete sich ein Netto-Einkommen der Ehefrau von wöchentlich DM 554,30, das die Höhe der Alhi des Klägers überstiegen hat. Nach dem Einkommensteuerbescheid für 1996 lagen Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von DM 32.503,00 vor. Weiterhin beträgt danach die hypothetische Alhi wöchentlich DM 232,60. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger 53 % vom Bruttoeinkommen errechnet, was jedoch nach § 111 AFG nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass mit dem Widerspruchsbescheid der Beklagten diese erheblich mehr Steuern zugunsten der Klägerin und auch wesentlich mehr Versicherungsbeiträge berücksichtigt hat, als sie vom Kläger vorgetragen wurden. Zutreffend hat die Beklagte bei ihrer Berechnung das laufende, zur Verfügung stehende Erwerbseinkommen der Ehefrau des Klägers zugrunde gelegt.
Im Übrigen sind Absetzungen vom Einkommen wegen der Mietverpflichtung bzw. der Rückzahlung eines Darlehens nicht möglich. Eine nochmalige Berücksichtigung des Darlehens als sogenannte "notwendige Aufwendung zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens" ist nicht möglich. Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass das Darlehen tatsächlich dem Erwerb des Döner-Standes diente, kann es nicht als das Einkommen mindernd berücksichtigt werden, weil es sich um Betriebsausgaben handelt, die bei der Berechnung der Einkünfte der Ehefrau aus selbständiger Tätigkeit im Steuerbescheid bereits berücksichtigt wurden. So bestimmt jetzt § 15 Abs.1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV), das Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit ist. Die Beklagte hat den durch den Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinn der Berechnung zugrunde gelegt, so dass das Darlehen nicht nochmals abgesetzt werden kann. Auch die Absetzung der Krankenversicherung der Ehefrau bei der AOK für die Betriebszeit vermindert den Einkommensbetrag nicht soweit, dass er unter die Höhe der Alhi fällt. Ohne Anrechnung des Einkommens der Ehefrau hatte der Kläger einen wöchentlichen Alhi-Anspruch ab 01.04.1996 in Höhe von DM 339,60. Selbst bei einer Verminderung um die Krankenversicherungskosten der Ehefrau des Klägers würde das anzurechnendene Einkommen immer noch den Alhi-Satz übersteigen. Dies gilt auch für den Fall, dass man in unzutreffender Weise die Schuldtilgungskosten für das Darlehen mitberücksichtigen würde.
Aus der zutreffenden Aufhebung der Verwaltungsakte vom 03.02. und 20.02.1997 folgt, dass der Kläger die zu Unrecht bezogenen Leistungen nach § 50 Abs.1 SGB X zu erstatten hat.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.08.2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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