Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 Al 446/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 359/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. September 1997 dahingehend abgeändert, dass die Klage der Klägerin zu 1) abgewiesen wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob 14 von der Klägerin zu 2) beschäftigte türkische Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Türkei weiterhin für ihre Tätigkeit im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr in der Bundesrepublik Deutschland keiner Arbeitserlaubnis (AE) bedürfen.
Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ist ..., der gleichzeitig Alleininhaber der Klägerin zu 2), einer Einzelfirma mit Sitz in der Türkei, ist. Die Klägerin zu 1) ist ein Unternehmen, das im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr tätig ist. Die von ihm hierbei eingesetzten Arbeitnehmer sind Arbeitnehmer der Klägerin zu 2). Diese erzielt keinen Gewinn und zahlt in der Türkei die Mindeststeuer, die von den deutschen Finanzbehörden als Betriebsausgabe der Klägerin zu 1) anerkannt wird.
Mit Schreiben vom 07.07. und 18.09.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die von ihr benannten 18 Arbeitnehmer bis zum 30.09.1995 bzw. 31.12.1995 keiner AE bedürfen. Anschließend erteilte die Beklagte diesen Arbeitnehmern AEs, zuletzt befristet bis 30.04.1997. Anträge auf Verlängerung der AEs lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 23.05.1997 mit der Begründung ab, die bis 30.04.1997 befristeten AEs seien nur als Übergangsregelung aus Gründen des Vertrauensschutzes erteilt worden; die Erteilung einer weiteren AE sei nicht möglich. Die Tätigkeit sei auch nicht arbeitserlaubnisfrei. Die Widersprüche der Arbeitnehmer wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 16.07.1997 als unbegründet, die der Klägerin zu 1) als unzulässig zurück.
Mit einem am 12.06.1997 eingegangenem Schreiben haben die Klägerinnen die Feststellung beantragt, dass 13 Arbeitnehmer vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren keiner AE bedürfen. Die Klägerin zu 1) führe zu 90 % Transporte nach Istanbul durch, wobei Handelsgüter aller Art, auch Gefahrengüter, transportiert würden. Für diese Tätigkeit könne sie keine deutschen Fahrer gewinnen, da diese wegen der in osteuropäischen Ländern fehlenden Rechtssicherheit und der langen Abwesenheitszeiten zu einer solchen Tätigkeit nicht bereit seien, weshalb sie gezwungen wäre, den Betrieb ganz oder teilweise zu schließen. Man habe zu Beginn der Tätigkeit deutsche Fahrer und in Deutschland ansässige Türken eingesetzt, wobei sofort erhebliche Probleme und große Schäden wegen der fehlenden Erfahrung dieser Fahrer entstanden seien. Ein Fahrer auf dieser Route müsse die Verhältnisse in den osteuropäischen Ländern, die durchfahren werden müssten, und die mit den hiesigen Verhältnissen nicht vergleichbar seien, kennen, ebenso die Straßenverhältnisse. Auch in Istanbul selbst habe ein unerfahrener Fahrer erhebliche Probleme.
Das SG hat mit Beschluss vom 07.08.1997 dem Antrag entsprochen und die Arbeitserlaubnisfreiheit von nunmehr 14 benannten Arbeitnehmern vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren festgestellt. Auf die Beschwerde hin hat der Senat mit Beschluss vom 06.03.1998 (L 8 B 348/97 AL-ER) den Beschluss des SG abgeändert und den Antrag der Klägerin zu 1) ganz und den der Klägerin zu 2) hinsichtlich zehn Arbeitnehmern, bei denen nicht nachgewiesen sei, dass sie bereits vor In-Kraft-Treten der Neufassung der Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) am 10.10.1996 im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt gewesen seien, abgelehnt.
Mit Schreiben vom 06.08.1997, beim SG eingegangen am 07.08. 1997, hatten die Klägerinnen bereits beim SG Klage auf Feststellung, dass die 14 Arbeitnehmer keiner AE bedürfen, erhoben. Die Löhne der Arbeitnehmer sowie die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer würden von der Klägerin zu 2) pauschal in der Türkei abgeführt. Diese Zahlungen würden von der Klägerin zu 1) mit Billigung des Finanzamtes als Betriebsausgabe abgesetzt. Von der Beklagten sei ihm, obwohl er an sämtliche Arbeitsämter Deutschlands Vermittlungsgesuche gerichtet habe, kein Fahrer für den Einsatz im Speditionsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angeboten worden.
Mit Urteil vom 16.09.1997 hat das SG festgestellt, dass die 14 einzeln aufgeführten Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Güterverkehr arbeitserlaubnisfrei seien. Diese hätten nach § 9 Nr.2 AEVO in der bis 09.10.1996 geltenden Fassung für ihre Tätigkeit keiner AE bedurft. Die ab 10.10.1996 geltende Neuregelung, die konstitutive Bedeutung habe, sei auf Arbeitsverhältnisse, die den Kriterien der AEVO in der ab 01.09.1993 geltenden Fassung entsprochen hätten, nicht anzuwenden, da nur so dem nach Art.14 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Rechnung getragen werde. Nach den glaubhaften Darlegungen der Klägerinnen könnten wegen der besonderen Verhältnisse in den Transitländern, die mit denen in den mitteleuropäischen Ländern nicht vergleichbar seien, für diese Transporte nur die erfahrenen Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) eingesetzt werden. Auch entspreche die Anwendung der am 10.10.1996 in Kraft getretenen Neuregelung auf die bereits vorher beschäftigten Arbeitnehmer nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Unstreitig sei die Beklagte seit Jahren bundesweit nicht in der Lage gewesen, der Klägerin zu 1) Arbeitnehmer zu vermitteln.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer bei einem ausländischen Arbeitgeber auf einem in Deutschland zugelassenen LKW sei bereits ab dem 01.09.1993 unrechtmäßig gewesen, da ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 Nr.1 a und Nr.1 c Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) vorliege. Eine Einstrahlung der Tätigkeit des ausländischen Arbeitnehmers für das ausländische Unternehmen könne im Unterschied zu dem vom BSG im Urteil vom 10.03.1994, 7 RAr 44/93 entschiedenen Fall nicht angenommen werden, wenn die Einstrahlung nur bei einem nicht genehmigten, also unzulässigen Güterverkehr zum Ausdruck komme. Zwar habe die Beklagte zunächst selbst die Auffassung vertreten, § 9 Nr.2 AEVO sei einschlägig, wenn der ausländische Fahrer auf einem Arbeitsplatz bei einem Unternehmen mit Sitz in Deutschland beschäftigt werde, jedoch sei diese Auffassung im Anschluss an eine Ressortbesprechung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) am 11.11.1994 und den darauf folgenden Erlass des BMA vom 24.03.1995 geändert worden. Darin habe der BMA klargestellt, dass eine arbeitserlaubnisfreie Beschäftigung nur anzuerkennen sei, wenn die ausländischen Kraftfahrer auf Fahrzeugen tätig seien, die im ausländischen Sitzstaat des Unternehmens zugelassen seien. Ausnahmen bestünden für mit AE auf deutschem Arbeitsplatz beschäftigte Ausländer oder vor dem 01.09.1993 bei einem Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland für den grenzüberschreitenden Güterverkehr eingestellte ausländische Kraftfahrer. Mit Erlass vom 19.06.1995 habe die Hauptstelle der Beklagten daraufhin den Arbeitsämtern die entsprechende Weisung erteilt. Mit weiterem Erlass vom 10.07.1995 sei eine Übergangsfrist für die Umstellung auf die geänderte Auffassung zur Auslegung der Norm eingeräumt und den Personen, die unter die Übergangsregelung gefallen seien, bis längstens 30.04.1997 eine AE erteilt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.09.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Alle von ihr benannten 14 Arbeitnehmer seien bereits vor dem 10.10.1996 im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt worden, also auch die zehn Arbeitnehmer, die in dem Beschluss des Senats vom 06.03.1998 ausgenommen worden seien. Sämtliche LKWs seien auf die Klägerin zu 1) in Deutschland zugelassen. Auf solchen Fahrzeugen dürften jedoch keine bilateralen Transporte durchgeführt werden, ohne dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durchfahren werde. Transporte von in Deutschland zugelassenen LKWs seien von der Türkei aus z.B. nach Rumänien, Österreich und dergleichen verboten. Daraus folge zwingend, dass auch die zehn im Beschluss des Senats vom 06.03.1998 - L 8 B 348/97 AL-ER - ausgenommenen Arbeitnehmer vor dem 10.10.1996 tatsächlich im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt worden seien. Die Klägerin zu 1) könne die Fahrzeuge nicht in der Türkei zulassen, weil die Banken, mit deren Krediten die LKWs gekauft worden seien, dies nicht zuließen; zudem müsste sie in der Türkei pro LKW ca. 100.000,00 DM Einfuhrzoll zahlen. Die Fahrer hätten noch nie einen Bußgeldbescheid nach dem GüKG erhalten, obwohl die Fahrzeuge ständig an der deutschen Grenze kontrolliert würden.
Das BMA hat dem Senat eine dienstinterne Begründung zu dem Entwurf der AEVO in der Fassung vom 30.09.1996, Stand 02.08.1996, übersandt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der Verfahrensakten beider Rechtszüge und der Antrags- und Beschwerdeakte des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, ein Ausschließungsgrund gemäß § 144 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegt nicht vor.
Das Rechtsmittel erweist sich in der Sache insoweit als begründet, als die Klage der Klägerin zu 1) wegen fehlendem Feststellungsinteresse nicht begründet ist. Sie hat lediglich ein wirtschaftliches Interesse daran, dass auf ihren LKWs die Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) arbeitserlaubnisfrei im grenzüberschreitenden Güterverkehr weiterhin tätig sein können. Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 55 Abs.1 Nr.1 SGG an der beantragten Feststellung hat nur die Klägerin zu 2), da zwischen ihr als Arbeitgeberin und der Beklagten ein Rechtsverhältnis besteht, nachdem die Beklagte ihren Arbeitnehmern das Recht streitig macht, im grenzüberschreitenden Verkehr der Bundesrepublik Deutschland ohne AE beschäftigt werden (vgl. BSG SozR 3-4210 § 9 Nr.1).
Im Übrigen erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet.
§ 9 Nr.2 AEVO in der bis 31.08.1993 geltenden Fassung sah vor, dass das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr keiner Arbeitserlaubnis bedurfte. Durch die VO vom 01.09.1993 (BGBl.I S.1527) wurde diese Bestimmung mit Wirkung ab 01.09.1993 dahingehend abgeändert, dass Arbeitserlaubnisfreiheit nur noch für das fahrende Personal bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland galt; diese Änderung hatte nicht nur deklaratorische, sondern konstitutive Bedeutung (BSG a.a.O.). Demgegenüber sieht § 9 Nr.2 Buchst.a AEVO in der Fassung der VO vom 30.09.1996 (BGBl.I S.1491), in Kraft getreten am 10.10.1996, vor, dass das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz in Ausland keiner AE bedarf, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist. Auch diese Regelung hat konstitutive und nicht nur deklaratorische Bedeutung. Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass bereits die AEVO in der vor dem 10.10.1996 geltenden Fassung Arbeitserlaubnisfreiheit nur vorsah, wenn die bei Unternehmern mit Sitz im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer auch auf LKWs eingesetzt wurden, die im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen waren. Eine solche Auslegung widerspricht dem Wortlaut der AEVO in der damaligen Fassung und auch dem Gebot der Rechtssicherheit, zumal die Beklagte selbst, wie sie einräumt, zunächst die AEVO entsprechend ihrem Wortlaut dahingehend interpretiert hat, dass der Einsatz auf in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Fahrzeugen der Arbeitserlaubnisfreiheit nicht entgegensteht. Dass § 9 Nr.2 a AEVO zum 10.10.1996 eine konstitutive Änderung bewirkte, zeigt auch die neue Regelung in § 9 Nr.2 b, wonach das fahrende Personal für eine Tätigkeit im Linienverkehr mit Omnibussen bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland weiterhin auch dann keiner AE bedarf, wenn das Fahrzeug im Geltungsbereich der VO zugelassen ist.
Fraglich ist, ob § 9 Nr.2 a n.F. AEVO generell auf die Klägerin zu 2) als türkischem Unternehmen und ihre türkischen Arbeitnehmer angewandt werden kann. Denn auf der Grundlage des zwischen der EG und der Türkei am 23.12.1963 geschlossenen Abkommens über die Gründung einer Assoziation (BGBl.1964 II S.509) hat der Assoziationsrat in dem Beschluss Nr.1/80 vom 19.09.1980 (ANBA 1980 S.4) in Art.13 festgelegt, dass die Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen. Diese sogenannte Stillhalteklausel gilt unmittelbar in den Mitgliedsstaaten (vgl. EuGH, Urteil vom 11.05.2000, C-37/98). Eine Anwendung dieser Bestimmung auf die 14 Arbeitnehmer der Klägerin zu 2), deren Arbeitserlaubnisfreiheit hier streitig ist, könnte deshalb in Betracht kommen, weil bis 09.10.1996 unstreitig ihr Aufenthalt und ihre Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland ordnungsgemäß waren. Ob demgegenüber die Auffassung der Beklagten zutrifft, dass diese Bestimmung nur auf Arbeitnehmer anzuwenden ist, die sich durchgehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten bzw. aufgehalten haben, kann letztlich dahinstehen.
Denn entsprechend den vom BSG in dem Urteil vom 10.03.1994 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätzen ist der ab 10.10.1996 in Kraft getretenen Neufassung des § 9 Nr.2 AEVO eine Übergangsregelung zugrunde zu legen, wonach die bereits vor dem 10.10.1996 im grenzüberschreitenden Güterverkehr in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten ausländischen Arbeitnehmer ihre Tätigkeit weiterhin arbeitserlaubnisfrei fortsetzen dürfen, weil nur so den geschützten Belangen der betroffenen Unternehmen Rechnung getragen werden kann; ohne eine solche Übergangsregelung würde die Neufassung gegen Verfassungsrecht verstoßen.
§ 9 Nr.2 a AEVO n.F. ist an dem in Art.20 Abs.3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip zu messen, insbesondere dem hieraus abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit dem Erlass von Normen, die eine echte oder unechte Rückwirkung wie gegenüber Verordnungen (BVerfGE 34, 168) und auch für Ausländer, d.h. das Vertrauen eines Ausländers, der unter die Regelung eines deutschen Gesetzes bzw. einer deutschen VO fällt, ist ebenfalls zu schützen (BVerfGE 30, 386; 51, 362).
Eine echte Rückwirkung liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da die AEVO vom 30.09.1996 erst am 10.10.1996 in Kraft getreten ist. Jedoch würde diese VO, wenn sie auf bereits vor In-Kraft-Treten vereinbarte Arbeitsverhältnisse angewendet und diesen Arbeitnehmern die bisher gegebene Arbeitserlaubnisfreiheit entziehen würde, eine unechte Rückwirkung entfalten, d.h., auf in der Vergangenheit begründete, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte mit Wirkung für die Zukunft einwirken. Zwar sind Gesetze bzw. Verordnungen mit unechter Rückwirkung grundsätzlich zulässig, jedoch setzt der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auch hier nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall der Regelungsbefugnis Schranken (vgl. Leipholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art.20 Rz.1661 m.w.N.). Der Vertrauensschutz ist verletzt, wenn das Gesetz bzw. die VO einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Staatsbürger nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht zu berücksichtigen hatte. Dies gilt im vorliegenden Fall sicherlich für die zu einer Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnisse, als auch die Beklgte davon ausging, dass § 9 Nr.2 AEVO in der bis 09.10.1996 geltenden Fassung die Arbeitserlaubnisfreiheit ausländischer Arbeitnehmer ausländischer Arbeitgeber auch dann vorsah, wenn diese auf in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen LKWs fuhren; im vorliegenden Fall sind sämtliche Arbeitsverhältnisse in den Jahren 1988 bis 1994 begründet worden. Aber auch die Tatsache, dass die Beklagte aufgrund des Erlasses des BMA vom 24.03.1995 nunmehr eine andere Ansicht vertrat, konnte dieses Vertrauen nicht erschüttern, da diese Rechtsauffassung, wie bereits dargelegt wurde, nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmte.
Auf Vertrauensschutz kann sich der Bürger letztlich dann nicht berufen, wenn sein Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber billigerweise nicht beanspruchen kann. Abzuwägen ist hier einerseits das Ausmaß des Vertrauensschadens und andererseits die Bedeutung des gesetz- bzw. verordnungsgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (Leipholz/Rinck/Hesselberger a.a.O. Rz.1682). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, von den Klägerinnen zu verlangen, entweder die auf die Klägerin zu 1) zugelassenen LKWs in der Türkei zuzulassen oder ab 10.10.1996 nur noch deutsche oder bevorrechtigte ausländische Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Der mit der Neufassung der VO verfolgte Schutz des deutschen Arbeitsmarktes erfordert es jedenfalls nicht, bereits vorher eingesetzten Arbeitnehmern die Arbeitserlaubnisfreiheit zu entziehen. Hierzu trägt die Klägerin überzeugend und von der Beklagten unwidersprochen vor, dass sie für die von ihr durchgeführten Transporte kaum deutsche bzw. bevorrechtigte Arbeitnehmer, die für diese Tätigkeit auch geeignet sind, findet. Demgegenüber wäre bei dieser Sachlage der Bestand des Transportunternehmens bedroht, da geeignetes Personal nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stünde; dem könnte auch nicht durch eine Ummeldung der LKWs auf die Klägerin zu 2) in der Türkei begegnet werden, da dies aus Kreditsicherungsgründen ausgeschlossen und mit ebenfalls die Existenz des Unternehmens bedrohenden Kosten verbunden wäre.
Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass die bisherige Praxis gegen güterkraftverkehrsrechtliche Vorschriften verstößt. Hierzu heißt es in der dienstinternen Begründung zum Verordnungsentwurf, die güterkraftverkehrsrechtlichen Vorschriften würden eine Verwendung von in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeugen grundsätzlich ausschließen; die den ausländischen Unternehmern im gewerblichen Güterkraftverkehr erteilten Genehmigungen berechtigten nur zum grenzüberschreitenden Güterverkehr mit im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen. Jedoch werden die in Deutschland auf die Klägerin zu 1) zugelassenen LKWs nicht von der Klägerin zu 2) "verwendet", da Transportunternehmen die Klägerin zu 1) ist, die sich für die Durchführung der Transporte lediglich der Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) bedient, die ihr - unentgeltlich - zur Verfügung gestellt werden. Deshalb liegt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 99 Abs.1 Nr.1 a GüKG nicht vor, weil die Klägerin zu 2) nicht entgegen § 12 Abs.1 Güterfernverkehr in unzulässiger Weise betreibt. Nach § 12 Abs.1 berechtigt eine erteilte Genehmigung den Unternehmer, ein Kraftfahrzeug im Güterfernverkehr unter folgenden Bedingungen einzusetzen: 1. Das Kraftfahrzeug muss auf den Namen des Unternehmers zugelassen sein und ihm gehören oder von ihm auf Abzahlung gekauft sein. 2. Für das Kraftfahrzeug muss der in der Genehmigungsurkunde bezeichnete Standort bestimmt sein. 3. Die Genehmigungsurkunde und das Fahrtenbuch sind auf der gesamten Beförderungsstrecke im Kraftfahrzeug mitzuführen. 4. Das amtliche Kennzeichen des Kraftfahrzeugs ist in das Fahrtenbuch einzutragen.
Gegen diese Bestimmungen verstoßen weder die Klägerin zu 1) noch die Klägerin zu 2). Andernfalls wäre es nicht verständlich, dass, wie die Klägerinnen zu 1) und 2) vortragen, trotz ständiger Grenzkontrollen gegen sie noch kein Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen diese Bestimmungen des GüKG ergangen ist.
Zur nunmehrigen Überzeugung des Senats sind sämtliche der in dem Urteil des SG genannten Arbeitnehmer bereits vor dem 10.10.1996 von der Klägerin zu 2) angestellt und im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt worden; insoweit wird die in dem Beschluss des Senats vom 06.03.1998 hinsichtlich zehn Arbeitnehmern vertretene Auffassung nicht mehr aufrecht erhalten. Die Klägerin hat Nachweise vorgelegt, dass diese Arbeitnehmer bereits vor dem 10.10.1996 beschäftigt wurden. Sie hat schlüssig dargelegt, dass eine Beschäftigung notwendigerweise bedeutet, dass diese Arbeitnehmer auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt waren.
Die von den Klägerinnen zu 1) und 2) praktizierte Regelung stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung dar. Die Klägerin zu 2) erzielt aus der Überlassung ihrer Arbeitnehmer an die Klägerin zu 1) unstreitig keinen Gewinn. Zum Anderen geht offensichtlich auch der Verordnungsgeber davon aus, dass es sich nicht um verbotene gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung handelt, da er in § 9 Nr.2 b AEVO n.F. für den Bereich des Linienverkehrs mit Omnibussen die bisher generell auch im Güterverkehr übliche Praxis weiterhin für arbeitserlaubnisfrei und nicht gegen Normen verstoßend ansieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung des Senats betrifft nur die Anwendung des § 9 Nr.2 AEVO n.F. auf vor seinem In-Kraft-Treten begründete Sachverhalte und nicht die generelle Wirksamkeit für die Zukunft, so dass eine klärungsbedürftige grundsätzliche Rechtsfrage nicht besteht (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr.19).
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob 14 von der Klägerin zu 2) beschäftigte türkische Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Türkei weiterhin für ihre Tätigkeit im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr in der Bundesrepublik Deutschland keiner Arbeitserlaubnis (AE) bedürfen.
Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ist ..., der gleichzeitig Alleininhaber der Klägerin zu 2), einer Einzelfirma mit Sitz in der Türkei, ist. Die Klägerin zu 1) ist ein Unternehmen, das im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr tätig ist. Die von ihm hierbei eingesetzten Arbeitnehmer sind Arbeitnehmer der Klägerin zu 2). Diese erzielt keinen Gewinn und zahlt in der Türkei die Mindeststeuer, die von den deutschen Finanzbehörden als Betriebsausgabe der Klägerin zu 1) anerkannt wird.
Mit Schreiben vom 07.07. und 18.09.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die von ihr benannten 18 Arbeitnehmer bis zum 30.09.1995 bzw. 31.12.1995 keiner AE bedürfen. Anschließend erteilte die Beklagte diesen Arbeitnehmern AEs, zuletzt befristet bis 30.04.1997. Anträge auf Verlängerung der AEs lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 23.05.1997 mit der Begründung ab, die bis 30.04.1997 befristeten AEs seien nur als Übergangsregelung aus Gründen des Vertrauensschutzes erteilt worden; die Erteilung einer weiteren AE sei nicht möglich. Die Tätigkeit sei auch nicht arbeitserlaubnisfrei. Die Widersprüche der Arbeitnehmer wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 16.07.1997 als unbegründet, die der Klägerin zu 1) als unzulässig zurück.
Mit einem am 12.06.1997 eingegangenem Schreiben haben die Klägerinnen die Feststellung beantragt, dass 13 Arbeitnehmer vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren keiner AE bedürfen. Die Klägerin zu 1) führe zu 90 % Transporte nach Istanbul durch, wobei Handelsgüter aller Art, auch Gefahrengüter, transportiert würden. Für diese Tätigkeit könne sie keine deutschen Fahrer gewinnen, da diese wegen der in osteuropäischen Ländern fehlenden Rechtssicherheit und der langen Abwesenheitszeiten zu einer solchen Tätigkeit nicht bereit seien, weshalb sie gezwungen wäre, den Betrieb ganz oder teilweise zu schließen. Man habe zu Beginn der Tätigkeit deutsche Fahrer und in Deutschland ansässige Türken eingesetzt, wobei sofort erhebliche Probleme und große Schäden wegen der fehlenden Erfahrung dieser Fahrer entstanden seien. Ein Fahrer auf dieser Route müsse die Verhältnisse in den osteuropäischen Ländern, die durchfahren werden müssten, und die mit den hiesigen Verhältnissen nicht vergleichbar seien, kennen, ebenso die Straßenverhältnisse. Auch in Istanbul selbst habe ein unerfahrener Fahrer erhebliche Probleme.
Das SG hat mit Beschluss vom 07.08.1997 dem Antrag entsprochen und die Arbeitserlaubnisfreiheit von nunmehr 14 benannten Arbeitnehmern vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren festgestellt. Auf die Beschwerde hin hat der Senat mit Beschluss vom 06.03.1998 (L 8 B 348/97 AL-ER) den Beschluss des SG abgeändert und den Antrag der Klägerin zu 1) ganz und den der Klägerin zu 2) hinsichtlich zehn Arbeitnehmern, bei denen nicht nachgewiesen sei, dass sie bereits vor In-Kraft-Treten der Neufassung der Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) am 10.10.1996 im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt gewesen seien, abgelehnt.
Mit Schreiben vom 06.08.1997, beim SG eingegangen am 07.08. 1997, hatten die Klägerinnen bereits beim SG Klage auf Feststellung, dass die 14 Arbeitnehmer keiner AE bedürfen, erhoben. Die Löhne der Arbeitnehmer sowie die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer würden von der Klägerin zu 2) pauschal in der Türkei abgeführt. Diese Zahlungen würden von der Klägerin zu 1) mit Billigung des Finanzamtes als Betriebsausgabe abgesetzt. Von der Beklagten sei ihm, obwohl er an sämtliche Arbeitsämter Deutschlands Vermittlungsgesuche gerichtet habe, kein Fahrer für den Einsatz im Speditionsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angeboten worden.
Mit Urteil vom 16.09.1997 hat das SG festgestellt, dass die 14 einzeln aufgeführten Arbeitnehmer im grenzüberschreitenden Güterverkehr arbeitserlaubnisfrei seien. Diese hätten nach § 9 Nr.2 AEVO in der bis 09.10.1996 geltenden Fassung für ihre Tätigkeit keiner AE bedurft. Die ab 10.10.1996 geltende Neuregelung, die konstitutive Bedeutung habe, sei auf Arbeitsverhältnisse, die den Kriterien der AEVO in der ab 01.09.1993 geltenden Fassung entsprochen hätten, nicht anzuwenden, da nur so dem nach Art.14 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Rechnung getragen werde. Nach den glaubhaften Darlegungen der Klägerinnen könnten wegen der besonderen Verhältnisse in den Transitländern, die mit denen in den mitteleuropäischen Ländern nicht vergleichbar seien, für diese Transporte nur die erfahrenen Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) eingesetzt werden. Auch entspreche die Anwendung der am 10.10.1996 in Kraft getretenen Neuregelung auf die bereits vorher beschäftigten Arbeitnehmer nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Unstreitig sei die Beklagte seit Jahren bundesweit nicht in der Lage gewesen, der Klägerin zu 1) Arbeitnehmer zu vermitteln.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer bei einem ausländischen Arbeitgeber auf einem in Deutschland zugelassenen LKW sei bereits ab dem 01.09.1993 unrechtmäßig gewesen, da ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 Nr.1 a und Nr.1 c Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) vorliege. Eine Einstrahlung der Tätigkeit des ausländischen Arbeitnehmers für das ausländische Unternehmen könne im Unterschied zu dem vom BSG im Urteil vom 10.03.1994, 7 RAr 44/93 entschiedenen Fall nicht angenommen werden, wenn die Einstrahlung nur bei einem nicht genehmigten, also unzulässigen Güterverkehr zum Ausdruck komme. Zwar habe die Beklagte zunächst selbst die Auffassung vertreten, § 9 Nr.2 AEVO sei einschlägig, wenn der ausländische Fahrer auf einem Arbeitsplatz bei einem Unternehmen mit Sitz in Deutschland beschäftigt werde, jedoch sei diese Auffassung im Anschluss an eine Ressortbesprechung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) am 11.11.1994 und den darauf folgenden Erlass des BMA vom 24.03.1995 geändert worden. Darin habe der BMA klargestellt, dass eine arbeitserlaubnisfreie Beschäftigung nur anzuerkennen sei, wenn die ausländischen Kraftfahrer auf Fahrzeugen tätig seien, die im ausländischen Sitzstaat des Unternehmens zugelassen seien. Ausnahmen bestünden für mit AE auf deutschem Arbeitsplatz beschäftigte Ausländer oder vor dem 01.09.1993 bei einem Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland für den grenzüberschreitenden Güterverkehr eingestellte ausländische Kraftfahrer. Mit Erlass vom 19.06.1995 habe die Hauptstelle der Beklagten daraufhin den Arbeitsämtern die entsprechende Weisung erteilt. Mit weiterem Erlass vom 10.07.1995 sei eine Übergangsfrist für die Umstellung auf die geänderte Auffassung zur Auslegung der Norm eingeräumt und den Personen, die unter die Übergangsregelung gefallen seien, bis längstens 30.04.1997 eine AE erteilt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.09.1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Alle von ihr benannten 14 Arbeitnehmer seien bereits vor dem 10.10.1996 im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt worden, also auch die zehn Arbeitnehmer, die in dem Beschluss des Senats vom 06.03.1998 ausgenommen worden seien. Sämtliche LKWs seien auf die Klägerin zu 1) in Deutschland zugelassen. Auf solchen Fahrzeugen dürften jedoch keine bilateralen Transporte durchgeführt werden, ohne dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durchfahren werde. Transporte von in Deutschland zugelassenen LKWs seien von der Türkei aus z.B. nach Rumänien, Österreich und dergleichen verboten. Daraus folge zwingend, dass auch die zehn im Beschluss des Senats vom 06.03.1998 - L 8 B 348/97 AL-ER - ausgenommenen Arbeitnehmer vor dem 10.10.1996 tatsächlich im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt worden seien. Die Klägerin zu 1) könne die Fahrzeuge nicht in der Türkei zulassen, weil die Banken, mit deren Krediten die LKWs gekauft worden seien, dies nicht zuließen; zudem müsste sie in der Türkei pro LKW ca. 100.000,00 DM Einfuhrzoll zahlen. Die Fahrer hätten noch nie einen Bußgeldbescheid nach dem GüKG erhalten, obwohl die Fahrzeuge ständig an der deutschen Grenze kontrolliert würden.
Das BMA hat dem Senat eine dienstinterne Begründung zu dem Entwurf der AEVO in der Fassung vom 30.09.1996, Stand 02.08.1996, übersandt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der Verfahrensakten beider Rechtszüge und der Antrags- und Beschwerdeakte des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, ein Ausschließungsgrund gemäß § 144 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegt nicht vor.
Das Rechtsmittel erweist sich in der Sache insoweit als begründet, als die Klage der Klägerin zu 1) wegen fehlendem Feststellungsinteresse nicht begründet ist. Sie hat lediglich ein wirtschaftliches Interesse daran, dass auf ihren LKWs die Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) arbeitserlaubnisfrei im grenzüberschreitenden Güterverkehr weiterhin tätig sein können. Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 55 Abs.1 Nr.1 SGG an der beantragten Feststellung hat nur die Klägerin zu 2), da zwischen ihr als Arbeitgeberin und der Beklagten ein Rechtsverhältnis besteht, nachdem die Beklagte ihren Arbeitnehmern das Recht streitig macht, im grenzüberschreitenden Verkehr der Bundesrepublik Deutschland ohne AE beschäftigt werden (vgl. BSG SozR 3-4210 § 9 Nr.1).
Im Übrigen erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet.
§ 9 Nr.2 AEVO in der bis 31.08.1993 geltenden Fassung sah vor, dass das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr keiner Arbeitserlaubnis bedurfte. Durch die VO vom 01.09.1993 (BGBl.I S.1527) wurde diese Bestimmung mit Wirkung ab 01.09.1993 dahingehend abgeändert, dass Arbeitserlaubnisfreiheit nur noch für das fahrende Personal bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland galt; diese Änderung hatte nicht nur deklaratorische, sondern konstitutive Bedeutung (BSG a.a.O.). Demgegenüber sieht § 9 Nr.2 Buchst.a AEVO in der Fassung der VO vom 30.09.1996 (BGBl.I S.1491), in Kraft getreten am 10.10.1996, vor, dass das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz in Ausland keiner AE bedarf, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist. Auch diese Regelung hat konstitutive und nicht nur deklaratorische Bedeutung. Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass bereits die AEVO in der vor dem 10.10.1996 geltenden Fassung Arbeitserlaubnisfreiheit nur vorsah, wenn die bei Unternehmern mit Sitz im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer auch auf LKWs eingesetzt wurden, die im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen waren. Eine solche Auslegung widerspricht dem Wortlaut der AEVO in der damaligen Fassung und auch dem Gebot der Rechtssicherheit, zumal die Beklagte selbst, wie sie einräumt, zunächst die AEVO entsprechend ihrem Wortlaut dahingehend interpretiert hat, dass der Einsatz auf in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Fahrzeugen der Arbeitserlaubnisfreiheit nicht entgegensteht. Dass § 9 Nr.2 a AEVO zum 10.10.1996 eine konstitutive Änderung bewirkte, zeigt auch die neue Regelung in § 9 Nr.2 b, wonach das fahrende Personal für eine Tätigkeit im Linienverkehr mit Omnibussen bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland weiterhin auch dann keiner AE bedarf, wenn das Fahrzeug im Geltungsbereich der VO zugelassen ist.
Fraglich ist, ob § 9 Nr.2 a n.F. AEVO generell auf die Klägerin zu 2) als türkischem Unternehmen und ihre türkischen Arbeitnehmer angewandt werden kann. Denn auf der Grundlage des zwischen der EG und der Türkei am 23.12.1963 geschlossenen Abkommens über die Gründung einer Assoziation (BGBl.1964 II S.509) hat der Assoziationsrat in dem Beschluss Nr.1/80 vom 19.09.1980 (ANBA 1980 S.4) in Art.13 festgelegt, dass die Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen. Diese sogenannte Stillhalteklausel gilt unmittelbar in den Mitgliedsstaaten (vgl. EuGH, Urteil vom 11.05.2000, C-37/98). Eine Anwendung dieser Bestimmung auf die 14 Arbeitnehmer der Klägerin zu 2), deren Arbeitserlaubnisfreiheit hier streitig ist, könnte deshalb in Betracht kommen, weil bis 09.10.1996 unstreitig ihr Aufenthalt und ihre Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland ordnungsgemäß waren. Ob demgegenüber die Auffassung der Beklagten zutrifft, dass diese Bestimmung nur auf Arbeitnehmer anzuwenden ist, die sich durchgehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten bzw. aufgehalten haben, kann letztlich dahinstehen.
Denn entsprechend den vom BSG in dem Urteil vom 10.03.1994 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätzen ist der ab 10.10.1996 in Kraft getretenen Neufassung des § 9 Nr.2 AEVO eine Übergangsregelung zugrunde zu legen, wonach die bereits vor dem 10.10.1996 im grenzüberschreitenden Güterverkehr in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten ausländischen Arbeitnehmer ihre Tätigkeit weiterhin arbeitserlaubnisfrei fortsetzen dürfen, weil nur so den geschützten Belangen der betroffenen Unternehmen Rechnung getragen werden kann; ohne eine solche Übergangsregelung würde die Neufassung gegen Verfassungsrecht verstoßen.
§ 9 Nr.2 a AEVO n.F. ist an dem in Art.20 Abs.3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip zu messen, insbesondere dem hieraus abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit dem Erlass von Normen, die eine echte oder unechte Rückwirkung wie gegenüber Verordnungen (BVerfGE 34, 168) und auch für Ausländer, d.h. das Vertrauen eines Ausländers, der unter die Regelung eines deutschen Gesetzes bzw. einer deutschen VO fällt, ist ebenfalls zu schützen (BVerfGE 30, 386; 51, 362).
Eine echte Rückwirkung liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da die AEVO vom 30.09.1996 erst am 10.10.1996 in Kraft getreten ist. Jedoch würde diese VO, wenn sie auf bereits vor In-Kraft-Treten vereinbarte Arbeitsverhältnisse angewendet und diesen Arbeitnehmern die bisher gegebene Arbeitserlaubnisfreiheit entziehen würde, eine unechte Rückwirkung entfalten, d.h., auf in der Vergangenheit begründete, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte mit Wirkung für die Zukunft einwirken. Zwar sind Gesetze bzw. Verordnungen mit unechter Rückwirkung grundsätzlich zulässig, jedoch setzt der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auch hier nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall der Regelungsbefugnis Schranken (vgl. Leipholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art.20 Rz.1661 m.w.N.). Der Vertrauensschutz ist verletzt, wenn das Gesetz bzw. die VO einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Staatsbürger nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht zu berücksichtigen hatte. Dies gilt im vorliegenden Fall sicherlich für die zu einer Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnisse, als auch die Beklgte davon ausging, dass § 9 Nr.2 AEVO in der bis 09.10.1996 geltenden Fassung die Arbeitserlaubnisfreiheit ausländischer Arbeitnehmer ausländischer Arbeitgeber auch dann vorsah, wenn diese auf in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen LKWs fuhren; im vorliegenden Fall sind sämtliche Arbeitsverhältnisse in den Jahren 1988 bis 1994 begründet worden. Aber auch die Tatsache, dass die Beklagte aufgrund des Erlasses des BMA vom 24.03.1995 nunmehr eine andere Ansicht vertrat, konnte dieses Vertrauen nicht erschüttern, da diese Rechtsauffassung, wie bereits dargelegt wurde, nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmte.
Auf Vertrauensschutz kann sich der Bürger letztlich dann nicht berufen, wenn sein Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber billigerweise nicht beanspruchen kann. Abzuwägen ist hier einerseits das Ausmaß des Vertrauensschadens und andererseits die Bedeutung des gesetz- bzw. verordnungsgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (Leipholz/Rinck/Hesselberger a.a.O. Rz.1682). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, von den Klägerinnen zu verlangen, entweder die auf die Klägerin zu 1) zugelassenen LKWs in der Türkei zuzulassen oder ab 10.10.1996 nur noch deutsche oder bevorrechtigte ausländische Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Der mit der Neufassung der VO verfolgte Schutz des deutschen Arbeitsmarktes erfordert es jedenfalls nicht, bereits vorher eingesetzten Arbeitnehmern die Arbeitserlaubnisfreiheit zu entziehen. Hierzu trägt die Klägerin überzeugend und von der Beklagten unwidersprochen vor, dass sie für die von ihr durchgeführten Transporte kaum deutsche bzw. bevorrechtigte Arbeitnehmer, die für diese Tätigkeit auch geeignet sind, findet. Demgegenüber wäre bei dieser Sachlage der Bestand des Transportunternehmens bedroht, da geeignetes Personal nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stünde; dem könnte auch nicht durch eine Ummeldung der LKWs auf die Klägerin zu 2) in der Türkei begegnet werden, da dies aus Kreditsicherungsgründen ausgeschlossen und mit ebenfalls die Existenz des Unternehmens bedrohenden Kosten verbunden wäre.
Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass die bisherige Praxis gegen güterkraftverkehrsrechtliche Vorschriften verstößt. Hierzu heißt es in der dienstinternen Begründung zum Verordnungsentwurf, die güterkraftverkehrsrechtlichen Vorschriften würden eine Verwendung von in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeugen grundsätzlich ausschließen; die den ausländischen Unternehmern im gewerblichen Güterkraftverkehr erteilten Genehmigungen berechtigten nur zum grenzüberschreitenden Güterverkehr mit im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen. Jedoch werden die in Deutschland auf die Klägerin zu 1) zugelassenen LKWs nicht von der Klägerin zu 2) "verwendet", da Transportunternehmen die Klägerin zu 1) ist, die sich für die Durchführung der Transporte lediglich der Arbeitnehmer der Klägerin zu 2) bedient, die ihr - unentgeltlich - zur Verfügung gestellt werden. Deshalb liegt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 99 Abs.1 Nr.1 a GüKG nicht vor, weil die Klägerin zu 2) nicht entgegen § 12 Abs.1 Güterfernverkehr in unzulässiger Weise betreibt. Nach § 12 Abs.1 berechtigt eine erteilte Genehmigung den Unternehmer, ein Kraftfahrzeug im Güterfernverkehr unter folgenden Bedingungen einzusetzen: 1. Das Kraftfahrzeug muss auf den Namen des Unternehmers zugelassen sein und ihm gehören oder von ihm auf Abzahlung gekauft sein. 2. Für das Kraftfahrzeug muss der in der Genehmigungsurkunde bezeichnete Standort bestimmt sein. 3. Die Genehmigungsurkunde und das Fahrtenbuch sind auf der gesamten Beförderungsstrecke im Kraftfahrzeug mitzuführen. 4. Das amtliche Kennzeichen des Kraftfahrzeugs ist in das Fahrtenbuch einzutragen.
Gegen diese Bestimmungen verstoßen weder die Klägerin zu 1) noch die Klägerin zu 2). Andernfalls wäre es nicht verständlich, dass, wie die Klägerinnen zu 1) und 2) vortragen, trotz ständiger Grenzkontrollen gegen sie noch kein Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen diese Bestimmungen des GüKG ergangen ist.
Zur nunmehrigen Überzeugung des Senats sind sämtliche der in dem Urteil des SG genannten Arbeitnehmer bereits vor dem 10.10.1996 von der Klägerin zu 2) angestellt und im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt worden; insoweit wird die in dem Beschluss des Senats vom 06.03.1998 hinsichtlich zehn Arbeitnehmern vertretene Auffassung nicht mehr aufrecht erhalten. Die Klägerin hat Nachweise vorgelegt, dass diese Arbeitnehmer bereits vor dem 10.10.1996 beschäftigt wurden. Sie hat schlüssig dargelegt, dass eine Beschäftigung notwendigerweise bedeutet, dass diese Arbeitnehmer auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr zur Bundesrepublik Deutschland eingesetzt waren.
Die von den Klägerinnen zu 1) und 2) praktizierte Regelung stellt keinen Verstoß gegen das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung dar. Die Klägerin zu 2) erzielt aus der Überlassung ihrer Arbeitnehmer an die Klägerin zu 1) unstreitig keinen Gewinn. Zum Anderen geht offensichtlich auch der Verordnungsgeber davon aus, dass es sich nicht um verbotene gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung handelt, da er in § 9 Nr.2 b AEVO n.F. für den Bereich des Linienverkehrs mit Omnibussen die bisher generell auch im Güterverkehr übliche Praxis weiterhin für arbeitserlaubnisfrei und nicht gegen Normen verstoßend ansieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung des Senats betrifft nur die Anwendung des § 9 Nr.2 AEVO n.F. auf vor seinem In-Kraft-Treten begründete Sachverhalte und nicht die generelle Wirksamkeit für die Zukunft, so dass eine klärungsbedürftige grundsätzliche Rechtsfrage nicht besteht (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr.19).
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