L 11 AL 389/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 1048/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 389/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.10.1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe von Konkursausfallgeld (Kaug), im Kern darum, ob durch eine Teilabtretung von Kaug der Kläger den Anspruch in dieser Höhe gegenüber der Beklagten verloren hat.

Der Kläger war bis zum 31.03.1996 bei der Deutschen Planungsgesellschaft mbH H. , München, beschäftigt. Der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über dieses Unternehmen wurde am 08.05.1997 mangels Masse abgelehnt.

Der Kläger hatte bereits am 31.05.1996 Antrag auf Kaug gestellt. Seine ehemalige Arbeitgeberin bestätigte ihm einen Arbeitsentgeltausfall für die letzten 3 Monate seiner Beschäftigung in Höhe von insgesamt 17.614,71 DM netto. Der Formblattantrag auf Kaug und die dazu eingereichte Verdienstbescheinigung der Arbeitgeberin enthielten in der jeweiligen Querspalte: "Noch nicht durchgeführte Abzweigungen an Dritte" bei Eintragung "lt. Anlage" und in der dazugehörigen Senkrechtspalte für den Zeitraum vom 01.03.1996 bis 31.03.1996 die Zahl (10.000) DM. In einer so betitelten "Anlage zur Verdienstbescheinigung für Konkursausfallgeld" ist vermerkt "Der Anspruch auf Kaug wurde bis zu einem Betrag von DM 10.000,- abgetreten an Herrn V. O. München, Stadtsparkasse München, Konto Nr BLZ 701 500 00, München, den 28.03.1996". Der Kläger übersandte der Beklagten ein Schreiben des Herrn V. O. "zum Zwecke der Vorlage beim Arbeitsamt" vom 05.06.1997, wonach dieser seine Darlehensforderung, die der Kaug-Abtretung zugrunde lag, an Frau B. M. abgetreten hatte. Die klägerische Abtretung des Anspruchs auf Kaug in Höhe von DM 10.000,- sei damit hinfällig geworden. Er (V.) sei damit einverstanden, dass das gesamte Kaug an den Kläger ausgezahlt werde. Der Kläger legte der Beklagten ferner eine Vereinbarung mit Frau M. vom 31.07.1997 vor. Danach verzichtete Frau M. auf etwa bestehende Ansprüche aus abgetretenem Kaug und erklärte ausdrücklich, dass sie mit der Auszahlung des gesamten Kaug an den Kläger einverstanden sei. Die Vereinbarung enthielt den Hinweis, dass der der Abtretung von Kaug zugrunde liegende Darlehensrückzahlungsanspruch weiter bestehe.

Mit Bescheid vom 22.09.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 20.11.1997 lehnte die Beklagte die (Rest)auszahlung von Kaug in Höhe von DM 10.000,- an den Kläger ab. Herr O. und später seine Ehefrau seien an der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers beteiligt gewesen. Somit sei der Tatbestand des § 141 k Abs 2 a Satz 1 oder Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gege- ben gewesen. Ein Anspruch auf Kaug in Höhe des abgetretenen Arbeitsentgelts habe deshalb für den Kläger nicht mehr bestanden, da hier eine Vorfinanzierung von Lohnansprüchen, die § 141 k Abs 2 a AFG verhindern wolle, vorläge.

Das Sozialgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 28.10.1998 die Beklagte verpflichtet, weitere 10.000,- DM Kaug an den Kläger zu zahlen. Eine missbräuchliche Ausnutzung der Kaug-Versicherung führe nicht dazu, dass der Arbeitnehmer kein Kaug erhalte, sondern allein dazu, dass der Abtretungsgläubiger keinen Kaug-Anspruch erhalte. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den an Herrn V. O. abgetretenen Betrag von 10.000,- DM Kaug an den Kläger auszuzahlen. Dies gelte umso mehr, als diese Abtretung des Kaug zwischenzeitlich hinfällig geworden sei.

Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.10.1998 ist der Beklagten am 16.11.1998 zugestellt worden. Dagegen hat sie am 11.12.1998 Berufung eingelegt.

Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe vor Stellung des Kaug-Antrags am 31.05.1996 einen Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe von 10.000,- DM an Herrn V. O. abgetreten. Kaug stehe demjenigen zu, dem der Anspruch auf Arbeitsentgelt vor Stellung des Kaug-Antrages übertragen worden sei. Der anschließende Verzicht des Abtretungsgläubigers sei unbeachtlich. Dass nicht nur der Kaug-Anspruch, sondern auch Arbeitsentgelt abgetreten worden sei, ergebe sich daraus, dass in der Verdienstbescheinigung zum Konkursausfallgeld der Hinweis auf eine Abtretung enthalten sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.11.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Fall des § 141 k Abs 2 a AFG habe nicht vorgelegen, denn Herr O. sei am 02.04.1996, als die Abtretung erfolgte, nicht mehr an der Arbeitnehmerin des Klägers beteiligt gewesen. Zudem hätten die Abtretungsgläubiger auf die Abtretung zu Gunsten des Klägers verzichtet. Es gäbe Sinn, dass auf der für die Beklagte bestimmten Verdienstbescheinigung für das Kaug ein Hinweis auf die Kaug-Abtretung enthalten sei. Denn der Abtretungsbetrag sollte nicht an den Kläger, sondern an den Gläubiger Herrn O. ausgezahlt werden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Kaug-Akte und die Akte des Sozialgerichts verwiesen. Deren Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht Kaug in vollem Umfang von 17.614,67 DM zu (§ 141 b AFG), so wie es von der Beklagten ohne Berücksichtigung einer Abtretung in Höhe von 10.000,- DM festgestellt wurde.

Eine wirksame Abtretung von Kaug vor Stellung des Antrags auf Kaug in Höhe von 10.000,- DM hat nicht stattgefunden. Die Beklagte beruft sich missverständlich auf die Abtretung von Arbeitsentgelt, obwohl dafür keine überzeugenden Anhaltspunkte gegeben sind. Dem Formblattantrag auf Kaug, der den "Eingangsstempel" vom 31.05.1996 trägt, ist unzweifelhaft nur zu entnehmen, dass der Kläger am 28.03.1996 einen "Anspruch auf Kaug" bis zu einem Betrag von 10.000,- DM an Herrn V. O. abgetreten hat. Von einer Abtretung von Arbeitsentgelt in dieser Höhe ist darin nicht die Rede. In dem Schreiben des Herrn V. O. vom 05.06.1997 an den Kläger, das dieser der Beklagten eingereicht hat und in der Vereinbarung des Klägers mit Frau M. vom 31.07.1997, die eventuell ebenfalls als Abtretungsgläubigerin in Frage käme, ist eindeutig ebenfalls nur von einer Kaug-Abtretung die Rede.

Wenn die Beklagte annimmt, dass durch die Eintragung von (10.000,-) DM neben dem Hinweis auf die Anlage in der Verdienstbescheinigung eine Arbeitsentgeltabtretung über 10.000,- DM bescheinigt wird, ist diese Annahme unberechtigt. Eine solche Annahme ist durch den eindeutigen Text der "Anlage zur Verdienstbescheinigung für Konkursausfallgeld" und durch die dazu nachfolgend vom Kläger eingereichten Urkunden widerlegt. In allen drei Urkunden ist eindeutig nur von Kaug die Rede. Es gäbe auch wirtschaftlich gesehen keinen Sinn, dass unmittelbar vor Beantragung von Kaug offensichtlich uneinbringbares Arbeitsentgelt zur Sicherung eines Darlehens abgetreten würde bzw ein Gläubiger sich dieses hätte abtreten lassen. Eine Sicherung des Darlehens konnte sich nur aus dem Anspruch auf Kaug ergeben. Dass ganz konkret Kaug abgetreten werden sollte, ergibt sich neben dem Wortlaut auch noch aus einem weiteren Aspekt der für die Beklagte bestimmten "Anlage zur Verdienstbescheinigung für Konkursausfallgeld". Denn dort ist das Bankkonto des Kaug-Abtretungs-Gläubigers angegeben. Den Umständen nach war die Beklagte damit aufgefordert, Kaug in Höhe von 10.000,- DM an den Zessionar auszuzahlen. Daraus erhellt, dass die Abtretungsparteien ganz konkret nur das Kaug im Auge hatten, als sie die Kaug-(Sicherungs)abtretung vereinbarten.

Der Kläger hat also vor Kaug-Antragstellung nur einen "Anspruch auf Kaug", aber keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt abgetreten. Einschlägig ist allein die Vorschrift des § 141 l AFG. Danach ist eine isolierte Abtretung von Kaug vor der Kaug-Antragstellung nichtig.

Demzufolge steht dem Kläger der volle Kaug-Anspruch zu.

Im Übrigen ist beiläufig anzumerken: Wenn ein Fall des § 141 k Abs 2 a AFG gegeben gewesen wäre, hätte nach Lage des Falles - wie das Sozialgericht in seiner Entscheidung vom 28.10.1998 schlüssig dargelegt hat (dort S 4 letzter Absatz) - der Kläger auch einen Anspruch auf den begehrten Kaug-Restbetrag gehabt, weil jedenfalls eine wirksame Rückübertragung gegeben gewesen wäre.

Die Berufung der Beklagten war demnach zurückzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved