Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 1403/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 402/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen ab 02.06.1998 und die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab diesem Zeitpunkt streitig.
Der 1949 geborene Kläger war zuletzt bis 09.03.1995 als Off- setdrucker beschäftigt. Die Beklagte bewilligte ihm ab 02.06. 1995 Arbeitslosengeld (Alg) und nach Erschöpfung des Anspruches ab 28.02.1997 Alhi. Diese Leistung wurde für die Zeit ab 01.03. 1998 für ein weiteres Jahr bewilligt.
Mit Schreiben vom 20.04.1998 bot die Beklagte dem Kläger eine Stelle bei der Firma C ... Zeitarbeit GmbH für eine Tätigkeit als Drucker (Flach-, Tiefdruck) sowie "verschiedene Aufgabengebiete" an; die Firma teilte der Beklagten mit Schreiben vom 08.05. 1998 mit, der Kläger habe auf ihr Schreiben vom 27.04.1998 nicht geantwortet. Mit Schreiben vom 12.05.1998 wurde dem Kläger eine Stelle bei der Firma D ... Personaldienstleistungen für eine Tätigkeit als Drucker angeboten. Auch bei dieser Firma hat sich der Kläger nicht vorgestellt.
Laut Aktenvermerk des Vermittlers vom 02.06.1998 gab der Kläger anläßlich eines Gespräches, zu dem der Arbeitsamtsbedienstete B. als Zeuge hinzugezogen worden war, an diesem Tage an, grundsätzlich nicht bereit zu sein, eine Arbeitsstelle bei einer Zeitarbeitsfirma anzutreten. Eine Stellungnahme zu den konkreten Arbeitsangeboten habe er im Übrigen verweigert. Über die Rechtsfolgen seiner Erklärungen sei er belehrt worden.
Mit Bescheid vom 23.06.1998 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 02.06. bis 24.08.1998 fest; das Arbeitsangebot bei der Firma C ... sei zumutbar gewesen. Mit einem weite- der Alhi ab 02.06.1998 mit der Begründung auf, der Kläger stehe dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung, da er grundsätzlich eine Arbeitsaufnahme verweigere. Mit seinen gegen die Bescheide eingelegten Widersprüchen brachte der Kläger vor, er lehne nur eine Vermittlung in eine Zeitarbeitsfirma ab, stehe aber an- sonsten der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Er habe sich bei der Firma C ... erkundigt und die Arbeitsstelle abgelehnt, da es sich um eine Zeitarbeitsfirma handele.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.1998 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid als unbegründet zurück. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger eine Tätigkeit als Drucker bei der Firma C ... abgelehnt. Bei dieser Firma handele es sich nach den bisherigen Erkenntnissen um eine seriöse Arbeitgeberin.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 12.08.1998 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet zurück. Wegen seiner Ablehnung von Vermittlungen in Zeitarbeitsfirmen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger alle Möglichkeiten nutze oder nutzen wolle, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden.
Hiergegen hat der Kläger zum Sozialgericht München (SG) die Klagen S 34 Al 1403/98 und S 34 AL 1771/98 erhoben. Die Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma stelle keine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 121 SGB III dar. Die Beschäftigung bei einer solchen Firma müsse anders bewertet werden, da der Kläger verpflichtet wäre, bei verschiedenen Firmen, d.h. auch an verschiedenen Orten zu arbeiten. Zumindest hätte es der ausdrücklichen Belehrung durch die Beklage bedurft, dass Arbeitsplätze in Zeitarbeitsfirmen genauso als zumutbare Arbeitsstellen zu werten seien wie in normalen Unternehmen. Zeitarbeitsfirmen würden mit den Angestellten regelmäßig nur befristete Verträge abschließen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe am 02.06.1998 trotz ausführlicher Belehrung über die Rechtsfolgen sowie trotz Aushändigung eines Auszuges des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30.05.1995, L 7 Ar 322/93, über die Zumutbarkeit von Stellenangeboten bei Zeitarbeitsfirmen eine solche Arbeitsaufnahme generell abgelehnt. Bei dem Vermittlungsvorschlag zur Firma C ... habe es sich um ein zumutbares Stellenangebot gehandelt. Zuvor hätten über 20 Vermittlungsvorschläge nicht zu einer Einstellung und Arbeitsaufnahme geführt.
Das SG hat die beiden Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 21.10.1999 hat es die Klagen abgewiesen. Wegen seiner generellen Weigerung, bei Zeitarbeitsfirmen zu arbeiten, sei der Kläger nicht verfügbar. Trotz Kentnis der Ausführungen im Beschluss vom 30.11.1998 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 34 AL 1528/98 ER und des Beschlusses des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 12.02. 1999 (L 8 B 8/99 AL-ER) habe er sich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG geweigert, eine Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma aufzunehmen. Die Ausführungen der Beklagten über die Belehrung des Klägers über die Zumutbarkeit von Zeitarbeit seien deshalb glaubhaft.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die er nicht begründet hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.10.1999 sowie die Bescheide vom 23.06.1998 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11. und 12.08.1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der Verfahrensakten beider Rechtszüge und der SG-Akte S 34 AL 1528/98 ER sowie der Beschwerdeakte L 8 B 8/99 AL-ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klagen abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind.
Wegen der generellen Weigerung des Klägers, Stellen bei Zeitarbeitsfirmen anzunehmen, ist der Anspruch auf Alhi entfallen und damit im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Bewilligung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs.3 Satz 1 SGB III war die Bewilligung rückwirkend ab 02.06.1998, dem Tag der Änderung der Verhältnisse, aufzuheben, da der Kläger wissen musste, dass aufgrund seiner generellen Weigerung, Arbeitsangebote bei Zeitarbeitsfirmen anzunehmen, sein Anspruch weggefallen ist. Über diese Rechtsfolge ist er am 02.06.1998 unter Hinweis auf die Ausführungen in dem Urteil des LSG Niedersachsen vom 30.05.1995, L 7 Ar 322/93, belehrt worden.
Ab der Weigerung des Klägers waren die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi nicht mehr gegeben. Gemäß § 190 Abs.1 Nr.1 SGB III haben Anspruch auf Alhi u.a. Arbeitnehmer, die arbeitslos sind. Gemäß § 198 Satz 1 Nr.1 in Verbindung mit § 118 Abs.1 SGB III ist arbeitslos ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht. Gemäß § 119 Abs.1 SGB III sucht eine Beschäftigung, wer 1. alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und 2. den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Aufgrund der Weigerung des Klägers waren die Voraussetzungen des § 119 Abs.1 Nrn.1 und 2 SGB III nicht mehr gegeben. Das Merkmal der Verfügbarkeit setzt nach § 119 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB III voraus, dass ein Arbeitsloser bereit ist, unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes zumutbare Beschäftigungen aufzunehmen und auszuüben. Die Aufnahme einer Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma war dem Kläger zumutbar, weshalb ein Anspruch nicht mehr gegeben ist.
Gemäß § 121 Abs.1 SGB III sind einem Arbeitslosen alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen. Gemäß § 121 Abs.2 SGB III ist aus allgemeinen Gründen eine Beschäftigung insbesondere nicht zumutbar, wenn sie gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt. Arbeitgeber von Zeitarbeitsfirmen sind in gleicher Weise wie andere Arbeitgeber verpflichtet, die gesetzlichen, tariflichen oder in Betriebsvereinbarungen festgelegten Bestimmungen über Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz zu beachten. Die für Ausübung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs.1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - AÜG - vom 14.06.1985 (BGBl.I S.1068) erforderliche Erlaubnis darf nach § 3 Abs.1 Nr.1 dieses Gesetzes nicht erteilt werden, wenn ein Arbeitgeber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere, weil er u.a. die Vorschriften des Arbeitsschutzrechts und die arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhält. Nach Erteilung der Erlaubnis kann die Beklagte im Falle von Verstößen gegen diese Bestimmungen gemäß § 5 Abs.1 Nr.3 AÜG die Erlaubnis widerrufen.
Aus diesem Grunde wäre der Kläger lediglich berechtigt gewesen, eine konkrete Stelle bei einer Zeitarbeitsfirma abzulehnen, wenn er festgestellt hätte, dass gerade diese Firma gegen die in § 121 Abs.2 SGB III aufgeführten Bestimmungen verstößt; dafür, dass dies bei den beiden von der Beklagten unterbreiteten Angeboten der Fall war, liegen keine Anhaltspunkte vor. Schon gar nicht war der Kläger berechtigt, sich generell zu weigern, ein Stellenangebot bei einer Zeitarbeitsfirma anzunehmen. Gemäß § 121 Abs.5 SGB III ist eine Beschäftigung nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist. Deshalb ist der Einwand des Klägers, Zeitarbeitsfirmen würden häufig befristete Verträge abschließen, unberechtigt. Auch hat es sich bei dem Angebot der Firma C ... Zeitarbeit GmbH nicht um eine befristete Beschäftigung gehandelt. Gemäß § 3 Abs.1 Nr.3 AÜG in der Fassung des Gesetzes vom 24.03.1997 (BGBl.I S. 594) ist es Zeitarbeitsfirmen außerdem untersagt, mit einem Leiharbeitnehmer wiederholt einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Auch bei Verstößen gegen diese Vorschrift ist die Erlaubnis nach § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG zu versagen bzw. kann nach § 5 Abs.1 Nr.3 AÜG widerrufen werden.
Gegen die Zumutbarkeit von Arbeitsstellen bei Zeitarbeitsfirmen spricht nicht der Umstand, dass Leiharbeitnehmer damit rechnen müssen, an verschiedenen Orten bei verschiedenen Entleihern eingesetzt zu werden. Wesentlich ist, dass die Arbeitsbedingungen jeweils den Vorschriften des § 121 Abs.2 SGB III entsprechen müssen; erst im Falle von konkreten Verstößen wäre der Arbeitnehmer berechtigt gewesen, das Beschäftigungsverhältnis zu lösen. Gleiches gilt, wenn im Rahmen eines konkreten Arbeitseinsatzes die nach § 121 Abs.4 Satz 1 SGB IIII zumutbaren täglichen Pendelzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte überschritten worden wären.
Die im Schrifttum vertretene Auffassung (vgl. Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Rdnrn.129, 130 zu § 144), eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma sei einem Arbeitslosen nicht zumutbar, ist durch die Zumutbarkeitsregelung des § 121 SGB III nicht gedeckt. Gerade in Fällen, in denen Vermittlungsbemühungen über längere Zeit erfolglos geblieben sind und die Aussichten auf eine Vermittlung in der Zukunft deshalb gering sind, kann im Rahmen der Zumutbarkeit auf die Einbeziehung von Leiharbeitsfirmen nicht verzichtet werden (so auch Niesel, SGB III, Rdnr.89 zu § 44; Gagel, SGB III, § 144 Anhang 1 Rdnr.67). Dies zeigt gerade der Fall des Klägers. Er war zum Zeitpunkt der hier streitigen Arbeitsangebote bereits mehr als drei Jahre arbeitslos; 22 Vermittlungsvorschläge für Arbeitgeber, bei denen es sich nicht um Zeitarbeitsfirmen gehandelt hat, waren erfolglos geblieben.
Durch die Weigerung des Klägers ist auch eine Sperrzeit nach § 144 Abs.1 Nr.2 SGB III eingetreten. Es handelt sich hierbei um eine eigenständige Rechtsfolge neben dem Entfallen des Anspruches wegen Wegfalls der Verfügbakreit. Der Kläger hatte keinen wichtigen Grund, die Stelle bei der Firma C ... nicht anzunehmen, da es sich, wie bereits dargelegt, um ein zumutbares Arbeitsangebot gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass die in § 121 aufgeführten Zumutbarkeitsbedingungen von diesem Arbeitgeber nicht eingehalten worden wären, liegen nicht vor. Der Kläger ist bei Unterbreitung des Arbeitsangebots auch darüber belehrt worden, dass im Falle einer Nichtannahme dieses Angebotes eine Sperrzeit von zwölf Wochen eintritt.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.10.1999 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen ab 02.06.1998 und die Aufhebung der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab diesem Zeitpunkt streitig.
Der 1949 geborene Kläger war zuletzt bis 09.03.1995 als Off- setdrucker beschäftigt. Die Beklagte bewilligte ihm ab 02.06. 1995 Arbeitslosengeld (Alg) und nach Erschöpfung des Anspruches ab 28.02.1997 Alhi. Diese Leistung wurde für die Zeit ab 01.03. 1998 für ein weiteres Jahr bewilligt.
Mit Schreiben vom 20.04.1998 bot die Beklagte dem Kläger eine Stelle bei der Firma C ... Zeitarbeit GmbH für eine Tätigkeit als Drucker (Flach-, Tiefdruck) sowie "verschiedene Aufgabengebiete" an; die Firma teilte der Beklagten mit Schreiben vom 08.05. 1998 mit, der Kläger habe auf ihr Schreiben vom 27.04.1998 nicht geantwortet. Mit Schreiben vom 12.05.1998 wurde dem Kläger eine Stelle bei der Firma D ... Personaldienstleistungen für eine Tätigkeit als Drucker angeboten. Auch bei dieser Firma hat sich der Kläger nicht vorgestellt.
Laut Aktenvermerk des Vermittlers vom 02.06.1998 gab der Kläger anläßlich eines Gespräches, zu dem der Arbeitsamtsbedienstete B. als Zeuge hinzugezogen worden war, an diesem Tage an, grundsätzlich nicht bereit zu sein, eine Arbeitsstelle bei einer Zeitarbeitsfirma anzutreten. Eine Stellungnahme zu den konkreten Arbeitsangeboten habe er im Übrigen verweigert. Über die Rechtsfolgen seiner Erklärungen sei er belehrt worden.
Mit Bescheid vom 23.06.1998 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 02.06. bis 24.08.1998 fest; das Arbeitsangebot bei der Firma C ... sei zumutbar gewesen. Mit einem weite- der Alhi ab 02.06.1998 mit der Begründung auf, der Kläger stehe dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung, da er grundsätzlich eine Arbeitsaufnahme verweigere. Mit seinen gegen die Bescheide eingelegten Widersprüchen brachte der Kläger vor, er lehne nur eine Vermittlung in eine Zeitarbeitsfirma ab, stehe aber an- sonsten der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Er habe sich bei der Firma C ... erkundigt und die Arbeitsstelle abgelehnt, da es sich um eine Zeitarbeitsfirma handele.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.1998 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid als unbegründet zurück. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger eine Tätigkeit als Drucker bei der Firma C ... abgelehnt. Bei dieser Firma handele es sich nach den bisherigen Erkenntnissen um eine seriöse Arbeitgeberin.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 12.08.1998 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet zurück. Wegen seiner Ablehnung von Vermittlungen in Zeitarbeitsfirmen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger alle Möglichkeiten nutze oder nutzen wolle, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden.
Hiergegen hat der Kläger zum Sozialgericht München (SG) die Klagen S 34 Al 1403/98 und S 34 AL 1771/98 erhoben. Die Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma stelle keine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 121 SGB III dar. Die Beschäftigung bei einer solchen Firma müsse anders bewertet werden, da der Kläger verpflichtet wäre, bei verschiedenen Firmen, d.h. auch an verschiedenen Orten zu arbeiten. Zumindest hätte es der ausdrücklichen Belehrung durch die Beklage bedurft, dass Arbeitsplätze in Zeitarbeitsfirmen genauso als zumutbare Arbeitsstellen zu werten seien wie in normalen Unternehmen. Zeitarbeitsfirmen würden mit den Angestellten regelmäßig nur befristete Verträge abschließen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe am 02.06.1998 trotz ausführlicher Belehrung über die Rechtsfolgen sowie trotz Aushändigung eines Auszuges des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30.05.1995, L 7 Ar 322/93, über die Zumutbarkeit von Stellenangeboten bei Zeitarbeitsfirmen eine solche Arbeitsaufnahme generell abgelehnt. Bei dem Vermittlungsvorschlag zur Firma C ... habe es sich um ein zumutbares Stellenangebot gehandelt. Zuvor hätten über 20 Vermittlungsvorschläge nicht zu einer Einstellung und Arbeitsaufnahme geführt.
Das SG hat die beiden Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 21.10.1999 hat es die Klagen abgewiesen. Wegen seiner generellen Weigerung, bei Zeitarbeitsfirmen zu arbeiten, sei der Kläger nicht verfügbar. Trotz Kentnis der Ausführungen im Beschluss vom 30.11.1998 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 34 AL 1528/98 ER und des Beschlusses des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 12.02. 1999 (L 8 B 8/99 AL-ER) habe er sich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG geweigert, eine Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma aufzunehmen. Die Ausführungen der Beklagten über die Belehrung des Klägers über die Zumutbarkeit von Zeitarbeit seien deshalb glaubhaft.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die er nicht begründet hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.10.1999 sowie die Bescheide vom 23.06.1998 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11. und 12.08.1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der Verfahrensakten beider Rechtszüge und der SG-Akte S 34 AL 1528/98 ER sowie der Beschwerdeakte L 8 B 8/99 AL-ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klagen abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind.
Wegen der generellen Weigerung des Klägers, Stellen bei Zeitarbeitsfirmen anzunehmen, ist der Anspruch auf Alhi entfallen und damit im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Bewilligung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs.3 Satz 1 SGB III war die Bewilligung rückwirkend ab 02.06.1998, dem Tag der Änderung der Verhältnisse, aufzuheben, da der Kläger wissen musste, dass aufgrund seiner generellen Weigerung, Arbeitsangebote bei Zeitarbeitsfirmen anzunehmen, sein Anspruch weggefallen ist. Über diese Rechtsfolge ist er am 02.06.1998 unter Hinweis auf die Ausführungen in dem Urteil des LSG Niedersachsen vom 30.05.1995, L 7 Ar 322/93, belehrt worden.
Ab der Weigerung des Klägers waren die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi nicht mehr gegeben. Gemäß § 190 Abs.1 Nr.1 SGB III haben Anspruch auf Alhi u.a. Arbeitnehmer, die arbeitslos sind. Gemäß § 198 Satz 1 Nr.1 in Verbindung mit § 118 Abs.1 SGB III ist arbeitslos ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht. Gemäß § 119 Abs.1 SGB III sucht eine Beschäftigung, wer 1. alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und 2. den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Aufgrund der Weigerung des Klägers waren die Voraussetzungen des § 119 Abs.1 Nrn.1 und 2 SGB III nicht mehr gegeben. Das Merkmal der Verfügbarkeit setzt nach § 119 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB III voraus, dass ein Arbeitsloser bereit ist, unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes zumutbare Beschäftigungen aufzunehmen und auszuüben. Die Aufnahme einer Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma war dem Kläger zumutbar, weshalb ein Anspruch nicht mehr gegeben ist.
Gemäß § 121 Abs.1 SGB III sind einem Arbeitslosen alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen. Gemäß § 121 Abs.2 SGB III ist aus allgemeinen Gründen eine Beschäftigung insbesondere nicht zumutbar, wenn sie gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt. Arbeitgeber von Zeitarbeitsfirmen sind in gleicher Weise wie andere Arbeitgeber verpflichtet, die gesetzlichen, tariflichen oder in Betriebsvereinbarungen festgelegten Bestimmungen über Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz zu beachten. Die für Ausübung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs.1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - AÜG - vom 14.06.1985 (BGBl.I S.1068) erforderliche Erlaubnis darf nach § 3 Abs.1 Nr.1 dieses Gesetzes nicht erteilt werden, wenn ein Arbeitgeber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere, weil er u.a. die Vorschriften des Arbeitsschutzrechts und die arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhält. Nach Erteilung der Erlaubnis kann die Beklagte im Falle von Verstößen gegen diese Bestimmungen gemäß § 5 Abs.1 Nr.3 AÜG die Erlaubnis widerrufen.
Aus diesem Grunde wäre der Kläger lediglich berechtigt gewesen, eine konkrete Stelle bei einer Zeitarbeitsfirma abzulehnen, wenn er festgestellt hätte, dass gerade diese Firma gegen die in § 121 Abs.2 SGB III aufgeführten Bestimmungen verstößt; dafür, dass dies bei den beiden von der Beklagten unterbreiteten Angeboten der Fall war, liegen keine Anhaltspunkte vor. Schon gar nicht war der Kläger berechtigt, sich generell zu weigern, ein Stellenangebot bei einer Zeitarbeitsfirma anzunehmen. Gemäß § 121 Abs.5 SGB III ist eine Beschäftigung nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist. Deshalb ist der Einwand des Klägers, Zeitarbeitsfirmen würden häufig befristete Verträge abschließen, unberechtigt. Auch hat es sich bei dem Angebot der Firma C ... Zeitarbeit GmbH nicht um eine befristete Beschäftigung gehandelt. Gemäß § 3 Abs.1 Nr.3 AÜG in der Fassung des Gesetzes vom 24.03.1997 (BGBl.I S. 594) ist es Zeitarbeitsfirmen außerdem untersagt, mit einem Leiharbeitnehmer wiederholt einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Auch bei Verstößen gegen diese Vorschrift ist die Erlaubnis nach § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG zu versagen bzw. kann nach § 5 Abs.1 Nr.3 AÜG widerrufen werden.
Gegen die Zumutbarkeit von Arbeitsstellen bei Zeitarbeitsfirmen spricht nicht der Umstand, dass Leiharbeitnehmer damit rechnen müssen, an verschiedenen Orten bei verschiedenen Entleihern eingesetzt zu werden. Wesentlich ist, dass die Arbeitsbedingungen jeweils den Vorschriften des § 121 Abs.2 SGB III entsprechen müssen; erst im Falle von konkreten Verstößen wäre der Arbeitnehmer berechtigt gewesen, das Beschäftigungsverhältnis zu lösen. Gleiches gilt, wenn im Rahmen eines konkreten Arbeitseinsatzes die nach § 121 Abs.4 Satz 1 SGB IIII zumutbaren täglichen Pendelzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte überschritten worden wären.
Die im Schrifttum vertretene Auffassung (vgl. Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Rdnrn.129, 130 zu § 144), eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma sei einem Arbeitslosen nicht zumutbar, ist durch die Zumutbarkeitsregelung des § 121 SGB III nicht gedeckt. Gerade in Fällen, in denen Vermittlungsbemühungen über längere Zeit erfolglos geblieben sind und die Aussichten auf eine Vermittlung in der Zukunft deshalb gering sind, kann im Rahmen der Zumutbarkeit auf die Einbeziehung von Leiharbeitsfirmen nicht verzichtet werden (so auch Niesel, SGB III, Rdnr.89 zu § 44; Gagel, SGB III, § 144 Anhang 1 Rdnr.67). Dies zeigt gerade der Fall des Klägers. Er war zum Zeitpunkt der hier streitigen Arbeitsangebote bereits mehr als drei Jahre arbeitslos; 22 Vermittlungsvorschläge für Arbeitgeber, bei denen es sich nicht um Zeitarbeitsfirmen gehandelt hat, waren erfolglos geblieben.
Durch die Weigerung des Klägers ist auch eine Sperrzeit nach § 144 Abs.1 Nr.2 SGB III eingetreten. Es handelt sich hierbei um eine eigenständige Rechtsfolge neben dem Entfallen des Anspruches wegen Wegfalls der Verfügbakreit. Der Kläger hatte keinen wichtigen Grund, die Stelle bei der Firma C ... nicht anzunehmen, da es sich, wie bereits dargelegt, um ein zumutbares Arbeitsangebot gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass die in § 121 aufgeführten Zumutbarkeitsbedingungen von diesem Arbeitgeber nicht eingehalten worden wären, liegen nicht vor. Der Kläger ist bei Unterbreitung des Arbeitsangebots auch darüber belehrt worden, dass im Falle einer Nichtannahme dieses Angebotes eine Sperrzeit von zwölf Wochen eintritt.
Somit war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.10.1999 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved