L 11 AL 40/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AL 999/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 40/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 01.04.1997 bis zum 29.04.1997, im Kern darum, ob eine Urlaubsabgeltung zum Ruhen des Alg in dem genannten Zeitraum geführt hat.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.01.1992 bis zum 31.03.1997 als Projektingenieur im Kernkraftbau beschäftigt.

Am 25.03.1997 meldete er sich mit Wirkung zum 01.04.1997 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. In der Arbeitsbescheinigung seiner letzten Arbeitgeberin ist vermerkt, dass er eine Urlaubsabgeltung wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erhalten habe. Wäre der noch zustehende Urlaub im Anschluss an das Arbeitsverhältnis genommen worden, hätte er bis einschl. 29.04.1997 gedauert.

Die Beklagte gewährte dem Kläger Alg ab 30.04.1997 in Höhe von 748,80 DM wöchentlich (Bescheid vom 18.04.1997). Mit Bescheid vom 28.08.1997 stellte sie ausdrücklich das Ruhen des Alg-Anspruchs für die Zeit vom 01.04.1997 bis zum 29.04.1997 fest, weil der Kläger eine entsprechende Urlaubsabgeltung erhalten habe.

Das Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 24.09.1997) und das Klageverfahren (Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.12.1998) blieben erfolglos. Gem § 117 Abs 1 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ruhe der Anspruch des Klägers auf Alg für den Zeitraum des abgegoltenen Urlaubs, auch wenn kein Rechtsanspruch auf die empfangene Urlaubsabgeltung bestanden hätte. Insofern könne dahinstehen, ob der Urlaub bereits verfallen gewesen sei oder nicht.

Gegen das dem Kläger am 18.01.1999 zugestellte Urteil hat dieser am 15.02.1999 Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor: Er habe aus betrieblichen Gründen im Jahre 1995 sieben und im Jahre 1996 sechzehn Urlaubstage nicht erhalten. Der Urlaub habe auch aus den selben Gründen nicht im ersten Vierteljahr 1997 genommen werden können. Es seien ihm deshalb 23 Urlaubstage zum Vertragsende abgegolten worden. Diese Urlaubstage hätten ihm auch zum Jahresende 1996 ausbezahlt werden können. Die Urlaubsabgeltung sei nur bis zum Arbeitsvertragsende gestundet worden. Ein notwendiger ursächlicher Zusammenhang der Urlaubsabgeltung mit dem Arbeitsvertragsende sei nicht gegeben. Am 31.03.1997 sei sein befristetes Arbeitsverhältnis zu Ende gegangen. Der Zeitraum, dem das Urlaubsentgelt zugeordnet worden sei, läge außerhalb des Arbeitsverhältnisses. Die Aussagekraft der Arbeitsbescheinigung dürfe nicht überbewertet werden.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt:

Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.12.1998 sowie des Bescheides der Beklagten vom 18.04.1997 und des Änderungsbescheides vom 28.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.1997 und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.120,00 DM Arbeitslosengeld nebst 4 % Zinsen seit 28.10.1997.

Der Vertreter der Beklagten beantragt:

Zurückweisung der Berufung.

Der Anspruch des Klägers auf Alg ruhe gem § 117 Abs 1 a AFG in der Zeit vom 01.04.1997 bis einschl. 29.04.1997, da der Kläger neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten habe. Es sei unerheblich, ob der Kläger einen Rechtsanspruch auf die Urlaubsabgeltung gehabt habe. Sie sei ihm tatsächlich gezahlt worden und deshalb zu berücksichtigen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Urlaubsabgeltung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei gegeben. Denn es sei offensichtlich, dass die Abgeltung des Urlaubs ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgt wäre. Das ergäbe sich auch eindeutig aus der Arbeitsbescheinigung seiner ehemaligen Arbeitgeberin. Wenn der Kläger diese Kausalität bestreitet, sei dies nicht nachvollziehbar.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die Verfahrensakte des Senats und auf die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Nürnberg und der Beklagten (Stamm-Nr: 159301), deren Inhalte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist wegen der Höhe der streitigen Alg-Leistung (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) statthaft und insgesamt zulässig.

Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Der Alg-Anspruch des Klägers ruhte - wie die Beklagte und das Erstgericht zu Recht festgestellt haben - in der Zeit vom 01.04.1997 bis einschl. 29.04.1997 gem § 117 Abs 1 a AFG (eingefügt durch das Gesetz vom 22.12.1981 [BGBl I S 1497]; ab 01.01.1998 § 143 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -SGB III- [BGBl I 1997 S 594]). Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der streitrelevante Ruhenszeitraum nur 21 Arbeitstage umfasst, also weniger als die von dem Kläger behaupteten 23 abzugeltenden Urlaubstage. Denn hier ist nur streitig, was der Kläger evtl. zu wenig erhalten hat, nicht was er evtl. zu viel an Alg bezogen hat.

Für die Anwendung von § 117 Abs 1 a Satz 1 AFG kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger arbeitsrechtlich noch eine Urlaubsabgeltung für 21 Werktage oder mehr am Ende seines Arbeitsverhältnisses zugestanden hat oder nicht. Denn der Kläger hat eine den hier streitrelevanten Ruhenszeitraum abdeckende Urlaubsabgeltung von seiner letzten Arbeitgeberin tatsächlich "erhalten". Das Gesetz knüpft neben dem Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung ausdrücklich auch an das "Erhalten" einer Urlaubsabgeltung als Grund für den Eintritt des Ruhens an. Der maßgebende Satzteil des § 117 Abs 1 a Satz 1 AFG lautet: "Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, ..." Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat in ständiger Rechtsprechung (vgl BSG, Urteil vom 29.07.1993, Az: 11 RAr 17/92 = DBlR Nr 4054 zu § 117 AFG; BSG, Urteil vom 23.01.1997, Az: 7 RAr 72/94 = SozR 3-4100 § 117 Nr 14 S 97, 98) geklärt, dass die erste Alternative des § 117 Abs 1 a Satz 1 AFG einen selbstständigen Tatbestand für den Eintritt des Ruhens normiert. Ein Ruhen des Alg-Anspruchs tritt nämlich auch dann ein, wenn der Arbeitnehmer, obwohl er keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat, dennoch eine solche erhält. Der Kläger hat eine Urlaubsabgeltung am Ende seines Arbeitsverhältnisses erhalten. Das ergibt sich eindeutig aus der Arbeitsbescheinigung der Beklagten. Das bestätigt auch der Kläger, wenn er ausführt, dass die Urlaubsabgeltung für 7 Urlaubstage, die im Jahr 1995, und für 16 Urlaubstage, die im Jahr 1996 nicht genommen werden konnten, gewährt wurde und wenn er weiter ausführt, dass die Urlaubsabgeltung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gestundet wurde. In diesem Zusammenhang ist es entgegen der Ansicht des Klägers ohne Bedeutung, ob die Abgeltung auch zu einem früheren Zeitpunkt hätte verlangt und erteilt werden können, denn in dem gerichtlichen Verfahren kann nicht ein fiktiver Tatbestand, sondern nur der tatsächliche Geschehensablauf rechtlich bewertet werden. Die theoretische Abgeltungsmöglichkeit des Urlaubs zu einem früheren Zeitpunkt sagt auch nichts zu dem Charakter der tatsächlichen Urlaubsabgeltung.

Wegen des Endes des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses am 31.03.1997 konnte der Resturlaub des Klägers nicht mehr durch Entgeltfortzahlung bei Freistellung von der Arbeit gewährt werden. Er konnte nur noch abgegolten werden (§ 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz).

Die Kausalität zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers und der Abgeltung entspricht also der Regelung des Bundesurlaubsgesetzes und wurde auch entsprechend so gehandhabt. Dabei kann es nicht darauf ankommen, dass der reguläre Urlaubsanspruch für 1995 und 1996 ab dem 01.04.1997 bereits verfallen war. Denn den Arbeitsvertragsparteien blieb es unbenommen auch evtl. verfallenen Urlaub abzugelten (BSG, Urteil vom 29.07.1993, Az: 11 RAr 17/92). Dadurch, dass der Urlaubsanspruch evtl. von dem Kläger nicht mehr arbeitsrechtlich hätte durchgesetzt werden können, ändert sich sein Charakter als Urlaubsabgeltungsanspruch nicht. Die Arbeitgeberin des Klägers hat ein bestimmtes Arbeitsentgelt als Urlaubsabgeltung gewährt und der Kläger hat diese Leistung als Urlaubsabgeltung angenommen. Durch das Ende des Arbeitsverhältnisses war nur noch eine Abgeltung möglich. Der von dem Kläger noch hervorgehobene Gesichtspunkt, dass der Zuordnungszeitraum für das Ruhen wegen der Urlaubsabgeltung außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegt, ist selbstverständlich. Denn ohne das Ende des Arbeitsverhältnisses wäre es eben nicht zu der konkreten hier zu beurteilenden Urlaubsabgeltung gekommen. Ziel und Zweck einer Urlaubsabgeltung ist es, dem Arbeitnehmer Geld zur Verfügung zu stellen, damit er früher entgangenen Urlaub nachholen kann (BSG aaO).

Dass der Gesetzgeber den Beginn des Ruhenszeitraumes für Alg wegen einer Urlaubsabgeltung unmittelbar an das Ende des Arbeitsverhältnisses geknüpft hat (vgl § 117 Abs 1 a Satz 2 AFG), stand in seinem Ermessen. Daraus kann zugunsten des Klägers nichts hergeleitet werden. Diese Regelung hat primär mit Sinn und Zweck der Urlaubsabgeltung nichts zu tun, sondern nur damit, wie Arbeitsentgelt, das zusätzlich neben dem normalen monatlichen Arbeitsentgelt empfangen wurde, generell zeitlich zuzuordnen ist, damit eine grundsätzlich berechtigte Entgeltersatzleistung und zusätzlich empfangenes Arbeitsentgelt generell in Einklang gebracht werden können, so dass es nicht zu einem sinnwidrigen gleichzeitigen Bezug von Arbeitsengelt und Arbeitsentgeltersatzleistungen kommt. Die Berufung war also zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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