Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 Al 1177/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 417/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.08.1996 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte wegen Insolvenz der Firma B. Holz- und Parkett, Handels- und Unternehmungs-GmbH (im Folgenden B.) Sozialversicherungsbeiträge an die Klägerin entrichten muss.
Die B.-GmbH hatte nach einer Auskunft der Landeshauptstadt München aus dem Gewerberegister vom 03.01.1994 ihre Hauptniederlassung in Miskolc/Ungarn und war im dortigen Handelsregister eingetragen. Als Geschäftsführer waren angegeben: C. D. , D. B. B. und G. B ... Angemeldet war die Vermittlung von Werkverträgen, Groß- und Einzelhandel und Import sowie Export von Bodenbelägen. Als "Betriebsanschrift" war in Deutschland: T. straße 31 in München angegeben, als Betriebsbeginn der 01.01.1992 und als Betriebsbeendigung der 07.12.1993. Eine Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht München ließ sich nicht ermitteln. Nach einer in Übersetzung vom 11.02.1994 aus dem Ungarischen vorliegenden Erklärung der Geschäftsführer B. und G. B. sowie C. D. haben diese zum 01.01.1994 in Ungarn Konkurs angemeldet. Pfändungsversuche der Klägerin wegen Beiträgsrückständen am Betriebssitz in München, T. 31, scheiterten; nach den Feststellungen des Vollziehungsbeamten vom 07.12.1993 war in der Wohnung und dem Geschäftslokal keine verwertbare Habe vorhanden.
Am 05.01.1994 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Anspruch auf Pflichtbeiträge an. Die Firma B. habe am 07.12.1993 ihre Betriebstätigkeit eingestellt. Es seien für die Zeit vom 01.04.1992 bis 06.12.1993 Pflichtbeiträge für 16 Arbeitnehmer der B. in Höhe von 32.627,64 DM rückständig, davon laut Aufstellung Beitragsforderungen in Höhe von 30.255,14 DM, Säumniszuschläge gemäß § 24 Absätze 1 und 2 SGB IV in Höhe von 285,20 DM und 1.828,20 DM sowie Mahngebühren und Kosten in Höhe von 107,10 DM und 152,00 DM. Die Beiträge wurden von der Klägerin in einer Aufstellung getrennt nach den einzelnen Arbeitnehmern und jeweiligen Zeiträumen nachgewiesen.
Mit Bescheid vom 26.07.1994 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Hauptsitz der Firma B. sei in Ungarn; dort - nicht aber im Inland - sei sie in das Handelsregister eingetragen. Sie habe daher im Inland weder ihren allgemeinen Gerichtsstand, noch eine gewerbliche Niederlassung. Ihre Insolvenz sei somit nicht nach deutschem Recht zu beurteilen mit der Folge, dass ein Beitragsanspruch nach § 141 n Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ausscheide.
Mit der am 24.08.1994 beim Sozialgericht München erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage trug die Klägerin vor, Voraussetzung für die Gewährung von Konkursausfallgeld (Kaug) und damit für die streitige Beitragspflicht der Beklagten sei nicht das Bestehen einer selbständigen Niederlassung im Inland. Verschiedentlich werde auch eine Betriebsstätte im Inland als ausreichend angesehen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung habe zur Folge, dass Arbeitnehmer von Unternehmen mit Sitz im Ausland für den Fall der Insolvenz nicht geschützt seien, obwohl sie in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig seien.
Die Beklagte machte geltend, Voraussetzung für einen gegenständlich beschränkten Konkurs sei das Bestehen einer selbständigen Niederlassung im Inland, von der aus endgültig und selbständig ein Großteil der Geschäfte abgeschlossen würde. In der vorliegenden Streitsache habe kein Arbeitnehmer einen Kaug-Antrag gestellt; der einzige Antrag stamme von der Klägerin.
Mit Urteil vom 22.08.1996, der Klägerin zugestellt am 05.11. 1996, wies das Sozialgericht die Klage ab. Nach dem in § 30 SGB I normierten Territorialprinzip scheide die Anwendung des § 141 n AFG im vorliegenden Fall aus, denn die Firma B. habe als juristische Person ungarischen Rechts im Zeitpunkt des ungarischen Insolvenzverfahrens keinen Sitz im Inland und außerdem ihre beim Gewerberegister gemeldete Adresse Theresienstraße 31 in München bereits aufgegeben gehabt. Auch nach den Regeln des internationalen Sozialrechts sei § 141 n AFG nicht anwendbar. Der Schwerpunkt der insolvenzbedingten Lohnausfälle liege nicht zwingend im Inland, sondern in Ungarn. Die §§ 141 a ff. AFG seien auch nach dem Gesetzeszweck auf Auslandsinsolvenzen nicht anwendbar, weil der deutsche Gesetzgeber grundsätzlich nur die von ihm selbst im Konkursrecht geschaffenen sozialen Risiken ausgleichen wolle. Eine andere Rechtsauffassung erzwinge auch nicht das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.11.1998 - Az.: 10/8 b RAr 8/80; denn über die zentrale Frage des anzuwendenden Rechts finde sich dort nichts. Im Übrigen habe im dort entschiedenen Fall der Arbeitgeber über eine gewerbliche Niederlassung im Inland verfügt, während die Firma B. lediglich eine Anlaufadresse in München gehabt habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 28.11.1996 beim Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie macht geltend: Gemäß der schon genannten Entscheidung des BSG genüge ein der Konkurseröffnung nach deutschem Recht ähnlicher Vorgang im Ausland. Auf das Vorliegen einer gewerblichen Niederlassung komme es daher nicht an. Im Übrigen könne eine solche Niederlassung im Sinne des § 42 Abs.2 Gewerbeordnung vorgelegen haben, das Sozialgericht habe dies nicht geprüft. Nach dem SGB IV gelte für die Vollstreckung der Beitragsnachweis als Leistungsbescheid; gesonderte Beitragsbescheide seien nicht erteilt worden.
Mit einem Teilvergleich vom 24.08.2000 haben die Beteiligten sich darauf geeinigt, das anhängige Verfahren nur insoweit weiterzuführen, als es Pflichtbeiträge nach § 141 n AFG für die Beigeladenen zu 3) und 4) betrifft. Hinsichtlich der Pflichtbeiträge für die übrigen Arbeitnehmer war die Beklagte bereit, diese Beiträge gegebenenfalls entsprechend dem Ergebnis des weitergeführten Verfahrens zu entrichten. Insoweit wurde das Verfahren für erledigt erklärt. Im Termin vom 24.08.2000 wurden ferner die Beigeladenen zu 3 und 4 angehört; wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt noch,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.08.1996 und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an sie Pflichtbeiträge nach § 141 n AFG für die Beigeladenen zu 3) und 4) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Grundlage eines Beitragsanspruchs nach § 141 n AFG sei eine Entscheidung der Klägerin über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Arbeitnehmer; die alleinige Entgegennahme von Beiträgen reiche nicht aus. Nach der Anhörung der Beigeladenen zu 3) und 4) im Erörterungstermin vom 24.08. 2000 führte die Beklagte aus: Da die gesamte Betriebstätigkeit der Firma B. in München stattgefunden und sie im eigenen Namen und Rechnung, mit eigenem Büro und eigenen Beschäftigten eine gewerbliche Tätigkeit im Inland ausgeübt habe, dürfte jetzt der Annahme einer inländischen gewerberechtlichen Niederlassung und der Möglichkeit eines inländischen Insolvenzereignisses nichts mehr entgegenzuhalten sein. Zwar sei die Betriebstätigkeit zumindest in Deutschland glaubhaft vollständig eingestellt worden. Doch könne nicht weiterverfolgt werden, was aus dem in Ungarn gestellten Konkursantrag geworden sei, so dass mit einem Insolvenzereignis im Ausland keine Masselosigkeit im Inland belegt werden könne. Weitere Beweise für eine Masselosigkeit lägen nicht vor. Die Zahlungsunfähigkeit müsse sich auf die gesamte Firma im In- und Ausland beziehen. Die Beigeladene zu 3) spreche lediglich von Schulden des Ehegatten G. B. , die jedoch nur ihn als natürliche Person betreffen könnten. Auch handle es sich nur um Annahmen. Die Arbeitnehmer hätten keine Anträge auf Kaug gestellt; die Beigeladene zu 3) habe angegeben, ihr Gehalt bis September 1995 erhalten zu haben. Ein Anschein der Masselosigkeit der Firma B. liege nicht vor. Die Feststellungslast für die offensichtliche Masselosigkeit trage jedoch die Klägerin.
Der Senat hat vom Amtsgericht München die Mitteilung erhalten, dass hinsichtlich der Firma B. ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren nicht anhängig gewesen und ein solches Verfahren nicht eröffnet worden sei. Ferner hat der Senat den ehemaligen Steuerberater der Firma B. S. und Rechtsanwalt B. als Zeugen schriftlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die schriftlichen Bekundungen der Zeugen Bezug genommen.
Eine in der Akte der Klägerin genannte Rechtsanwältin N. aus Ungarn hat ebenfalls mitgeteilt, nichts zu Tätigkeit und Ende der Firma B. angeben zu können. Der Geschäftsführer G. B. war an der letzten, der Beigeladenen zu 3) bekannten Anschrift in Ungarn nicht zu erreichen.
Die vom Senat befragten Sparkasse Dachau, Münchener Bank (fusioniert mit Volksbank München) und Volksbank-Raiffeisenkasse Dachau verneinten eine Geschäftsbeziehung mit der Firma B. (Auskünfte vom 26.06.2001, 01.08.2001 und 17.07.2001). Ferner teilte das Komitatsgericht in Miskolc/Ungarn mit Schreiben vom 12.07.2001 mit, dass gegen die Firma B. weder in den Jahren 1993 bis 1994 noch davor oder danach ein Konkursverfahren eingeleitet worden sei. G. und B. B. seien bis 02.01. 1996 Geschäftsführer gewesen, bis 01.06.1999 Gesellschafter; zum 02.01.1996 sei der Name der Firma in C. geändert worden. Diese Firma befinde sich seit April 2001 in Liquidation.
Aus der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten über die Beigeladene zu 3) ergibt sich, dass diese nach ihren Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 10.11.1994 und der Bestätigung der Klägerin vom 01.09. bis 30.09.1992 als Arbeiterin und vom 01.11.1992 bis 06.12.1993 als Angestellte der Firma B. beschäftigt bzw. gemeldet war. Eine Arbeitsbescheinigung der B. wurde nicht vorgelegt, da diese nach Angaben der Beigeladenen zu 3) "Konkurs angemeldet" habe. Nach einer Arbeitsbescheinigung war die Beigeladene zu 3) vom 01.01.1994 bis 30.09.1994 bei J. B. mit einer Arbeitszeit "je nach Bedarf" beschäftigt. Die Beigeladene bezog Arbeitslosengeld ab 10.11.1994 und wurde von Oktober 1998 bis März 1999 zur Altenpflegerin ausgebildet. Mit Schriftsatz vom 20.08.2001 begründete die Klägerin ihr Rechtsmittel weiter.
Dem Senat haben bei seiner Entscheidung die Akten der Beklagten und der Klägerin vorgelegen. Wegen des Vortrags der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin hat zulässig Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs.4 SGG erhoben. Die Beklagte hatte durch Verwaltungsakt über den Antrag der Klägerin auf Beitragsentrichtung nach § 141 n AFG zu entscheiden (BSG SozR 4100 § 141 n AFG Nr.10, 18). Ein Widerspruchsverfahren war nicht erforderlich; die Klägerin durfte als Versicherungsträger nach § 78 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGG auch ohne Vorverfahren Klage beim Sozialgericht erheben.
Nach § 141 n Abs.1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 23.07.1979, BGBl.I S.1189, entrichtete das Arbeitsamt auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit, die auf Arbeitsentgelte für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses entfielen und bei Eröffnung des Konkursverfahrens noch nicht entrichtet worden waren (Satz 1). Die Einzugsstelle hatte dem Arbeitsamt die Beiträge nachzuweisen und dafür zu sorgen, dass die Beschäftigungszeit und das beitragspflichtige Brutto-Arbeitsentgelt einschließlich des Arbeitsentgelts, für das Beiträge nach Satz 1 entrichtet werden, dem zuständigen Rentenversicherungsträger mitgeteilt wurden (Satz 2). Die §§ 141 a ff. AFG und damit § 141 n AFG sind hier anwendbar, da nur Insolvenzereignisse vor dem 01.01.1999 in Betracht kommen (Art.1 § 430 Abs.5 Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24.03. 1997, vgl. BSG Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 30/00 R).
Der Anwendbarkeit der §§ 141 a ff. AFG stehen auch nicht die Grundsätze der Einstrahlung gemäß § 5 SGB IV entgegen. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 3) und 4) kann eine Einstrahlung Erörterungstermin vom 24.08.2000 bereits vor der Tätigkeit für die Firma B. in Deutschland lebten und auch hier ihre Einstellung erfolgt ist, eine "Entsendung" von Ungarn nach Deutschland also schon begrifflich nicht gegeben war (vgl. dazu BSGE 60, 96, 98; 61, 123; KassKomm-Seewald § 4 SGB IV Rdnr.5 - 7). Bei den übrigen Arbeitnehmern, deren Beiträge wegen des Teilvergleichs nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind, könnte der Entsendung von Ungarn nach Deutschland möglicherweise entgegenstehen, dass nach den Angaben der Beigeladenen zu 3) und 4) in Ungarn überhaupt keine Geschäftstätigkeit der Firma B. stattgefunden hat, damit dort auch kein Betrieb bestand und eine Eingliederung der Arbeitnehmer in einen ungarischen Betrieb als wesentliches Merkmal für die Bestimmung, wo der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses gelegen hat, gar nicht gegeben sein konnte (zum Kriterium des Schwerpunkts des Beschäftigungsverhältnisses vgl. BSGE 79, 214; KassKomm-Seewald § 5 SGB IV Rdnr.2). Eine Einstrahlung als Ausnahme vom Territorialprinzip wird dann auch in diesen Fällen nicht feststellbar sein.
Die Voraussetzungen des § 141 n AFG liegen aber nicht vor.
Als Insolvenzfälle kommen im Rahmen des § 141 n AFG diejenigen in Betracht, die zum Bezug von Kaug führen können (vgl. BSG SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.4, 5 = USK 81299).
Anhaltspunkte für die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma B. (§ 141 b Abs.1 AFG) oder für die Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse (§ 141 b Abs.3 Nr.1 AFG) im Inland bestehen jedoch nicht. Denn das Amtsgericht München hat mitgeteilt, dass ein Konkursverfahren nicht anhängig gemacht worden ist.
Unabhängig vom Ergebnis einer Anfrage in Miskolc beim Komitatsgericht genügt die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma B. im Ausland, hier also in Ungarn, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht (SozR 4100 § 141 a Nr.6; Urteil vom 29.06.2000, SozR 3-4100 § 141 a Nr.3 S.15 ff.; Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 30/00 R, Juris Dokument 25169 S.3 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Denn Zweck der Kaug-Ansprüche ist es, die Entgeltansprüche der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu sichern, wobei die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit grundsätzlich in der Hand der deutschen Gerichte liegt. Daher bestehen enge Bezüge zum deutschen Konkursrecht (vgl. im Einzelnen BSG 29.06.2000 und 08.02.2001 a.a.O.).
Dementsprechend kann es auch nicht ausreichen, wenn im Ausland ein Konkursantrag über das Vermögen der Firma B. mangels Masse abgelehnt wird (§ 141 b Abs.3 Nr.1 AFG). Im Übrigen hat das Komitatsgericht mitgeteilt, dass ein Konkursantrag nicht gestellt und ein Konkursverfahren nicht eröffnet worden ist.
Ferner liegt ein Insolvenztatbestand nach § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG nicht vor. Danach stand der Eröffnung des Konkursverfahrens gleich die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich des AFG, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden war und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Diese Regelung galt auch im Rahmen des § 141 n AFG (BSG SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.5); sie konnte auch angewendet werden, wenn der Arbeitgeber ein ausländisches Unternehmen ist (BSG 08.02.2001 a.a.O. S.4; SozR 4100 § 141 a Nr.6).
Wie bereits ausgeführt, wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde im vorliegenden Fall nicht gestellt. Auf die von BSG SozR 3-4100 § 141b Nr.7 S.30, 31 vorgenommene Einschränkung des Antragsbegriffs in § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG (Unbeachtlichkeit von Anträgen, die weder zur Eröffnung des Konkursverfahrens noch zur Abweisung der Eröffnung mangels Masse führen, z.B. unzulässige Konkursanträge) kommt es daher hier nicht mehr an.
Außerdem ist als weitere Voraussetzung des § 141b Abs.3 Nr.2 AFG die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich des AFG gegeben. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass ein Betrieb vorlag, der (mindestens) den Anforderungen entsprach, die an eine gewerbliche Niederlassung im Sinne der §§ 71, 238 Konkursordnung gestellt worden sind (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 08.02.2001 a.a.O. S.4). Diese zu Beginn des anhängigen Verfahrens noch streitige Rechtsfrage ist damit im Sinne der von der Beklagten vertretenen Rechtsposition entschieden worden. In der vorliegenden Streitsache bestehen nach der Anhörung der Beigeladenen zu 3) und 4) keine Zweifel daran, dass in München ein Betrieb vorgelegen hat; auch die Beklagte vertritt dazu keine andere Meinung. Die Firma B. hat in Deutschland mit verschiedenen Arbeitnehmern Bodenbeläge verlegt. Von einer Geschäftstätigkeit der B. in Ungarn war den Beigeladenen zu 3) und 4) nichts bekannt. Die Beigeladene zu 3) gab an, eine solche sei nur geplant, aber nicht ausgeführt worden. Damit hat lediglich in München ein Betrieb der B. bestanden, d.h. die B. hat hier auf ihren Namen und Rechnung ein Gewerbe betrieben, und hier lag auch der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit überhaupt (vgl. BSG 08.02.2001, a.a.O. S.4).
Dafür, dass die Betriebstätigkeit der Firma B. im Dezember 1993 vollständig beendet wurde, sprechen die Abmeldung beim Gewerbeamt der Stadt München vom 09.12.1993 (Auskunft vom 21.08. 2000) sowie die schriftlichen Angaben des Zeugen S. vom 03.08.2000. Letzterer beendete seine Tätigkeit als Steuerberater für die B. zum 30.09.1993 hinsichtlich der Finanzbuchhaltung und im Dezember 1993 bezüglich der Lohnabrechnung. Im März 1994 schließlich holte G. B. die Unterlagen persönlich bei ihm ab. Das spricht dafür, dass keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt wurden und die Betriebstätigkeit beendet war. Dass G. B. nach den Angaben der Beigeladenen zu 3) im Erörterungstermin unter eigenem Namen ein Unternehmen führte, das ebenfalls Bodenbeläge verlegte und die Beigeladene zu 3) nach einer Arbeitsbescheinigung ab 01.01.1994 bei einem J. B. gearbeitet hat, ändert daran nichts. Für eine weitere betriebliche Tätigkeit der Firma B. jedenfalls ergeben sich dadurch keine Spielräume.
Jedoch ist die Frage zu verneinen, ob im Sinne des § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben genügt es wegen des Merkmals "offensichtlich" für die Masseunzulänglichkeit, dass für sie alle äußeren Tatsachen und damit der Anschein sprechen, d.h. der Eindruck eines unvoreingenommenen Betrachters (BSG SozR 4100 § 141 b Nr.21, insbesondere S.80; SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.5). Ferner muß ein der Konkurseröffnung ähnlicher Vorgang im Ausland im Rahmen des § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG - nicht bei den anderen Insolvenztatbeständen - im Sinne der Masseunzulänglichkeit gedeutet werden (BSG SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.5). Bei der Prüfung der Masseunzulänglichkeit genügt es nicht, wenn der Gemeinschuldner lediglich Schulden nicht beglichen hat; denn dies kann auch auf Zahlungsunwilligkeit beruhen, während es im Rahmen der §§ 141 a ff. AFG auf Zahlungsunfähigkeit ankommt (hierzu insbesondere BSG SozR 3-4100 § 141 b Nr.7 S.32). Als ausreichend für die Feststellung, dass ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam, hat das BSG es angesehen, dass der Arbeitgeber die Zahlung von Arbeitsentgelt unter Hinweis auf Zahlungsunfähigkeit verweigert (SozR 4100 § 141 b Nr.21 S.79 f.). Die Feststellungslast hinsichtlich der Masseunzulänglichkeit trägt die Klägerin (vgl. BSG SozR 3-4100 § 141 b Nr.7 S.31 f.).
Nach diesen Kriterien kann der Senat eine offensichtliche Masseunzulänglichkeit im Dezember 1993 nicht bejahen. Der Zeuge S. und der Beigeladene zu 4) wussten nichts über die Zahlungs(un)fähigkeit und die Vermögensverhältnisse der Firma B. im Dezember 1993. Insbesondere der Beigeladene zu 4) ist bereits vor dieser Zeit aus dem Unternehmen ausgeschieden und hatte zu ihm keinen Kontakt mehr. Der Aufenthaltsort des Geschäftsführers und ehemaligen Hauptakteurs der Firma B. G. B. konnte nicht ausfindig gemacht werden. Die Beigeladene zu 3) hat zwar angegeben, dass G. B. bei zwei Banken in Deutschland Schulden gehabt habe. Die befragten Geldinstitute (Sparkasse Dachau, Münchner Bank, Volksbank-Raiffeisenkasse Dachau) gaben jedoch an, mit der Firma B. ab 1992 in keiner Geschäftsbeziehung gestanden zu haben. Mitgeteilt wurden nur Konten von G. B. und der Beigeladenen zu 3) sowie nicht erfüllte Forderungen der Banken gegen diese Personen. Hinreichende Aufschlüsse auf die finanzielle Lage der Firma B. im Dezember 1993 lassen sich daraus jedoch nicht gewinnen, weil zwischen der Firma B. als juristischer Person und den beteiligten Privatpersonen unterschieden werden muss. Da die betrieblichen Konten der Firma B. und ihr jeweiliger Stand somit nicht ermittelt werden konnten, lässt sich auch nicht feststellen, dass bei Einstellung der betrieblichen Tätigkeit ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Es reicht daher auch nicht aus, dass bei dem Pfändungsversuch der Klägerin am 07.12.1993 an der Betriebsstätte der B. in München Vermögensgegenstände nicht festgestellt werden konnten. Weil nach den Angaben der Beigeladenen zu 3) die Firma B. an der Betriebsstätte nur ein Büro, keine Werkstatt, unterhielt, war das Vorhandensein erheblicher Vermögenswerte dort ohnehin nicht zu erwarten. Schließlich sind auch die Angaben der Beigeladenen zu 3) im Rahmen der Bewilligung des Arbeitslosengeldes, wonach die Firma B. Konkurs angemeldet habe, kein hinreichender Nachweis für Masseunzulänglichkeit. Denn diese Angaben konnten durch die Auskünfte des Amtsgerichts München und des Komitatgerichts in Miskolc/Ungarn nicht bestätigt werden.
Die Berufung der Klägerin ist damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte wegen Insolvenz der Firma B. Holz- und Parkett, Handels- und Unternehmungs-GmbH (im Folgenden B.) Sozialversicherungsbeiträge an die Klägerin entrichten muss.
Die B.-GmbH hatte nach einer Auskunft der Landeshauptstadt München aus dem Gewerberegister vom 03.01.1994 ihre Hauptniederlassung in Miskolc/Ungarn und war im dortigen Handelsregister eingetragen. Als Geschäftsführer waren angegeben: C. D. , D. B. B. und G. B ... Angemeldet war die Vermittlung von Werkverträgen, Groß- und Einzelhandel und Import sowie Export von Bodenbelägen. Als "Betriebsanschrift" war in Deutschland: T. straße 31 in München angegeben, als Betriebsbeginn der 01.01.1992 und als Betriebsbeendigung der 07.12.1993. Eine Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht München ließ sich nicht ermitteln. Nach einer in Übersetzung vom 11.02.1994 aus dem Ungarischen vorliegenden Erklärung der Geschäftsführer B. und G. B. sowie C. D. haben diese zum 01.01.1994 in Ungarn Konkurs angemeldet. Pfändungsversuche der Klägerin wegen Beiträgsrückständen am Betriebssitz in München, T. 31, scheiterten; nach den Feststellungen des Vollziehungsbeamten vom 07.12.1993 war in der Wohnung und dem Geschäftslokal keine verwertbare Habe vorhanden.
Am 05.01.1994 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Anspruch auf Pflichtbeiträge an. Die Firma B. habe am 07.12.1993 ihre Betriebstätigkeit eingestellt. Es seien für die Zeit vom 01.04.1992 bis 06.12.1993 Pflichtbeiträge für 16 Arbeitnehmer der B. in Höhe von 32.627,64 DM rückständig, davon laut Aufstellung Beitragsforderungen in Höhe von 30.255,14 DM, Säumniszuschläge gemäß § 24 Absätze 1 und 2 SGB IV in Höhe von 285,20 DM und 1.828,20 DM sowie Mahngebühren und Kosten in Höhe von 107,10 DM und 152,00 DM. Die Beiträge wurden von der Klägerin in einer Aufstellung getrennt nach den einzelnen Arbeitnehmern und jeweiligen Zeiträumen nachgewiesen.
Mit Bescheid vom 26.07.1994 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Hauptsitz der Firma B. sei in Ungarn; dort - nicht aber im Inland - sei sie in das Handelsregister eingetragen. Sie habe daher im Inland weder ihren allgemeinen Gerichtsstand, noch eine gewerbliche Niederlassung. Ihre Insolvenz sei somit nicht nach deutschem Recht zu beurteilen mit der Folge, dass ein Beitragsanspruch nach § 141 n Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ausscheide.
Mit der am 24.08.1994 beim Sozialgericht München erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage trug die Klägerin vor, Voraussetzung für die Gewährung von Konkursausfallgeld (Kaug) und damit für die streitige Beitragspflicht der Beklagten sei nicht das Bestehen einer selbständigen Niederlassung im Inland. Verschiedentlich werde auch eine Betriebsstätte im Inland als ausreichend angesehen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung habe zur Folge, dass Arbeitnehmer von Unternehmen mit Sitz im Ausland für den Fall der Insolvenz nicht geschützt seien, obwohl sie in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig seien.
Die Beklagte machte geltend, Voraussetzung für einen gegenständlich beschränkten Konkurs sei das Bestehen einer selbständigen Niederlassung im Inland, von der aus endgültig und selbständig ein Großteil der Geschäfte abgeschlossen würde. In der vorliegenden Streitsache habe kein Arbeitnehmer einen Kaug-Antrag gestellt; der einzige Antrag stamme von der Klägerin.
Mit Urteil vom 22.08.1996, der Klägerin zugestellt am 05.11. 1996, wies das Sozialgericht die Klage ab. Nach dem in § 30 SGB I normierten Territorialprinzip scheide die Anwendung des § 141 n AFG im vorliegenden Fall aus, denn die Firma B. habe als juristische Person ungarischen Rechts im Zeitpunkt des ungarischen Insolvenzverfahrens keinen Sitz im Inland und außerdem ihre beim Gewerberegister gemeldete Adresse Theresienstraße 31 in München bereits aufgegeben gehabt. Auch nach den Regeln des internationalen Sozialrechts sei § 141 n AFG nicht anwendbar. Der Schwerpunkt der insolvenzbedingten Lohnausfälle liege nicht zwingend im Inland, sondern in Ungarn. Die §§ 141 a ff. AFG seien auch nach dem Gesetzeszweck auf Auslandsinsolvenzen nicht anwendbar, weil der deutsche Gesetzgeber grundsätzlich nur die von ihm selbst im Konkursrecht geschaffenen sozialen Risiken ausgleichen wolle. Eine andere Rechtsauffassung erzwinge auch nicht das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.11.1998 - Az.: 10/8 b RAr 8/80; denn über die zentrale Frage des anzuwendenden Rechts finde sich dort nichts. Im Übrigen habe im dort entschiedenen Fall der Arbeitgeber über eine gewerbliche Niederlassung im Inland verfügt, während die Firma B. lediglich eine Anlaufadresse in München gehabt habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 28.11.1996 beim Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie macht geltend: Gemäß der schon genannten Entscheidung des BSG genüge ein der Konkurseröffnung nach deutschem Recht ähnlicher Vorgang im Ausland. Auf das Vorliegen einer gewerblichen Niederlassung komme es daher nicht an. Im Übrigen könne eine solche Niederlassung im Sinne des § 42 Abs.2 Gewerbeordnung vorgelegen haben, das Sozialgericht habe dies nicht geprüft. Nach dem SGB IV gelte für die Vollstreckung der Beitragsnachweis als Leistungsbescheid; gesonderte Beitragsbescheide seien nicht erteilt worden.
Mit einem Teilvergleich vom 24.08.2000 haben die Beteiligten sich darauf geeinigt, das anhängige Verfahren nur insoweit weiterzuführen, als es Pflichtbeiträge nach § 141 n AFG für die Beigeladenen zu 3) und 4) betrifft. Hinsichtlich der Pflichtbeiträge für die übrigen Arbeitnehmer war die Beklagte bereit, diese Beiträge gegebenenfalls entsprechend dem Ergebnis des weitergeführten Verfahrens zu entrichten. Insoweit wurde das Verfahren für erledigt erklärt. Im Termin vom 24.08.2000 wurden ferner die Beigeladenen zu 3 und 4 angehört; wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt noch,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.08.1996 und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an sie Pflichtbeiträge nach § 141 n AFG für die Beigeladenen zu 3) und 4) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Grundlage eines Beitragsanspruchs nach § 141 n AFG sei eine Entscheidung der Klägerin über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Arbeitnehmer; die alleinige Entgegennahme von Beiträgen reiche nicht aus. Nach der Anhörung der Beigeladenen zu 3) und 4) im Erörterungstermin vom 24.08. 2000 führte die Beklagte aus: Da die gesamte Betriebstätigkeit der Firma B. in München stattgefunden und sie im eigenen Namen und Rechnung, mit eigenem Büro und eigenen Beschäftigten eine gewerbliche Tätigkeit im Inland ausgeübt habe, dürfte jetzt der Annahme einer inländischen gewerberechtlichen Niederlassung und der Möglichkeit eines inländischen Insolvenzereignisses nichts mehr entgegenzuhalten sein. Zwar sei die Betriebstätigkeit zumindest in Deutschland glaubhaft vollständig eingestellt worden. Doch könne nicht weiterverfolgt werden, was aus dem in Ungarn gestellten Konkursantrag geworden sei, so dass mit einem Insolvenzereignis im Ausland keine Masselosigkeit im Inland belegt werden könne. Weitere Beweise für eine Masselosigkeit lägen nicht vor. Die Zahlungsunfähigkeit müsse sich auf die gesamte Firma im In- und Ausland beziehen. Die Beigeladene zu 3) spreche lediglich von Schulden des Ehegatten G. B. , die jedoch nur ihn als natürliche Person betreffen könnten. Auch handle es sich nur um Annahmen. Die Arbeitnehmer hätten keine Anträge auf Kaug gestellt; die Beigeladene zu 3) habe angegeben, ihr Gehalt bis September 1995 erhalten zu haben. Ein Anschein der Masselosigkeit der Firma B. liege nicht vor. Die Feststellungslast für die offensichtliche Masselosigkeit trage jedoch die Klägerin.
Der Senat hat vom Amtsgericht München die Mitteilung erhalten, dass hinsichtlich der Firma B. ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren nicht anhängig gewesen und ein solches Verfahren nicht eröffnet worden sei. Ferner hat der Senat den ehemaligen Steuerberater der Firma B. S. und Rechtsanwalt B. als Zeugen schriftlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die schriftlichen Bekundungen der Zeugen Bezug genommen.
Eine in der Akte der Klägerin genannte Rechtsanwältin N. aus Ungarn hat ebenfalls mitgeteilt, nichts zu Tätigkeit und Ende der Firma B. angeben zu können. Der Geschäftsführer G. B. war an der letzten, der Beigeladenen zu 3) bekannten Anschrift in Ungarn nicht zu erreichen.
Die vom Senat befragten Sparkasse Dachau, Münchener Bank (fusioniert mit Volksbank München) und Volksbank-Raiffeisenkasse Dachau verneinten eine Geschäftsbeziehung mit der Firma B. (Auskünfte vom 26.06.2001, 01.08.2001 und 17.07.2001). Ferner teilte das Komitatsgericht in Miskolc/Ungarn mit Schreiben vom 12.07.2001 mit, dass gegen die Firma B. weder in den Jahren 1993 bis 1994 noch davor oder danach ein Konkursverfahren eingeleitet worden sei. G. und B. B. seien bis 02.01. 1996 Geschäftsführer gewesen, bis 01.06.1999 Gesellschafter; zum 02.01.1996 sei der Name der Firma in C. geändert worden. Diese Firma befinde sich seit April 2001 in Liquidation.
Aus der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten über die Beigeladene zu 3) ergibt sich, dass diese nach ihren Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 10.11.1994 und der Bestätigung der Klägerin vom 01.09. bis 30.09.1992 als Arbeiterin und vom 01.11.1992 bis 06.12.1993 als Angestellte der Firma B. beschäftigt bzw. gemeldet war. Eine Arbeitsbescheinigung der B. wurde nicht vorgelegt, da diese nach Angaben der Beigeladenen zu 3) "Konkurs angemeldet" habe. Nach einer Arbeitsbescheinigung war die Beigeladene zu 3) vom 01.01.1994 bis 30.09.1994 bei J. B. mit einer Arbeitszeit "je nach Bedarf" beschäftigt. Die Beigeladene bezog Arbeitslosengeld ab 10.11.1994 und wurde von Oktober 1998 bis März 1999 zur Altenpflegerin ausgebildet. Mit Schriftsatz vom 20.08.2001 begründete die Klägerin ihr Rechtsmittel weiter.
Dem Senat haben bei seiner Entscheidung die Akten der Beklagten und der Klägerin vorgelegen. Wegen des Vortrags der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin hat zulässig Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs.4 SGG erhoben. Die Beklagte hatte durch Verwaltungsakt über den Antrag der Klägerin auf Beitragsentrichtung nach § 141 n AFG zu entscheiden (BSG SozR 4100 § 141 n AFG Nr.10, 18). Ein Widerspruchsverfahren war nicht erforderlich; die Klägerin durfte als Versicherungsträger nach § 78 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGG auch ohne Vorverfahren Klage beim Sozialgericht erheben.
Nach § 141 n Abs.1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 23.07.1979, BGBl.I S.1189, entrichtete das Arbeitsamt auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit, die auf Arbeitsentgelte für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses entfielen und bei Eröffnung des Konkursverfahrens noch nicht entrichtet worden waren (Satz 1). Die Einzugsstelle hatte dem Arbeitsamt die Beiträge nachzuweisen und dafür zu sorgen, dass die Beschäftigungszeit und das beitragspflichtige Brutto-Arbeitsentgelt einschließlich des Arbeitsentgelts, für das Beiträge nach Satz 1 entrichtet werden, dem zuständigen Rentenversicherungsträger mitgeteilt wurden (Satz 2). Die §§ 141 a ff. AFG und damit § 141 n AFG sind hier anwendbar, da nur Insolvenzereignisse vor dem 01.01.1999 in Betracht kommen (Art.1 § 430 Abs.5 Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24.03. 1997, vgl. BSG Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 30/00 R).
Der Anwendbarkeit der §§ 141 a ff. AFG stehen auch nicht die Grundsätze der Einstrahlung gemäß § 5 SGB IV entgegen. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 3) und 4) kann eine Einstrahlung Erörterungstermin vom 24.08.2000 bereits vor der Tätigkeit für die Firma B. in Deutschland lebten und auch hier ihre Einstellung erfolgt ist, eine "Entsendung" von Ungarn nach Deutschland also schon begrifflich nicht gegeben war (vgl. dazu BSGE 60, 96, 98; 61, 123; KassKomm-Seewald § 4 SGB IV Rdnr.5 - 7). Bei den übrigen Arbeitnehmern, deren Beiträge wegen des Teilvergleichs nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind, könnte der Entsendung von Ungarn nach Deutschland möglicherweise entgegenstehen, dass nach den Angaben der Beigeladenen zu 3) und 4) in Ungarn überhaupt keine Geschäftstätigkeit der Firma B. stattgefunden hat, damit dort auch kein Betrieb bestand und eine Eingliederung der Arbeitnehmer in einen ungarischen Betrieb als wesentliches Merkmal für die Bestimmung, wo der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses gelegen hat, gar nicht gegeben sein konnte (zum Kriterium des Schwerpunkts des Beschäftigungsverhältnisses vgl. BSGE 79, 214; KassKomm-Seewald § 5 SGB IV Rdnr.2). Eine Einstrahlung als Ausnahme vom Territorialprinzip wird dann auch in diesen Fällen nicht feststellbar sein.
Die Voraussetzungen des § 141 n AFG liegen aber nicht vor.
Als Insolvenzfälle kommen im Rahmen des § 141 n AFG diejenigen in Betracht, die zum Bezug von Kaug führen können (vgl. BSG SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.4, 5 = USK 81299).
Anhaltspunkte für die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma B. (§ 141 b Abs.1 AFG) oder für die Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse (§ 141 b Abs.3 Nr.1 AFG) im Inland bestehen jedoch nicht. Denn das Amtsgericht München hat mitgeteilt, dass ein Konkursverfahren nicht anhängig gemacht worden ist.
Unabhängig vom Ergebnis einer Anfrage in Miskolc beim Komitatsgericht genügt die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma B. im Ausland, hier also in Ungarn, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht (SozR 4100 § 141 a Nr.6; Urteil vom 29.06.2000, SozR 3-4100 § 141 a Nr.3 S.15 ff.; Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 30/00 R, Juris Dokument 25169 S.3 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Denn Zweck der Kaug-Ansprüche ist es, die Entgeltansprüche der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu sichern, wobei die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit grundsätzlich in der Hand der deutschen Gerichte liegt. Daher bestehen enge Bezüge zum deutschen Konkursrecht (vgl. im Einzelnen BSG 29.06.2000 und 08.02.2001 a.a.O.).
Dementsprechend kann es auch nicht ausreichen, wenn im Ausland ein Konkursantrag über das Vermögen der Firma B. mangels Masse abgelehnt wird (§ 141 b Abs.3 Nr.1 AFG). Im Übrigen hat das Komitatsgericht mitgeteilt, dass ein Konkursantrag nicht gestellt und ein Konkursverfahren nicht eröffnet worden ist.
Ferner liegt ein Insolvenztatbestand nach § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG nicht vor. Danach stand der Eröffnung des Konkursverfahrens gleich die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich des AFG, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden war und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Diese Regelung galt auch im Rahmen des § 141 n AFG (BSG SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.5); sie konnte auch angewendet werden, wenn der Arbeitgeber ein ausländisches Unternehmen ist (BSG 08.02.2001 a.a.O. S.4; SozR 4100 § 141 a Nr.6).
Wie bereits ausgeführt, wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde im vorliegenden Fall nicht gestellt. Auf die von BSG SozR 3-4100 § 141b Nr.7 S.30, 31 vorgenommene Einschränkung des Antragsbegriffs in § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG (Unbeachtlichkeit von Anträgen, die weder zur Eröffnung des Konkursverfahrens noch zur Abweisung der Eröffnung mangels Masse führen, z.B. unzulässige Konkursanträge) kommt es daher hier nicht mehr an.
Außerdem ist als weitere Voraussetzung des § 141b Abs.3 Nr.2 AFG die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich des AFG gegeben. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass ein Betrieb vorlag, der (mindestens) den Anforderungen entsprach, die an eine gewerbliche Niederlassung im Sinne der §§ 71, 238 Konkursordnung gestellt worden sind (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 08.02.2001 a.a.O. S.4). Diese zu Beginn des anhängigen Verfahrens noch streitige Rechtsfrage ist damit im Sinne der von der Beklagten vertretenen Rechtsposition entschieden worden. In der vorliegenden Streitsache bestehen nach der Anhörung der Beigeladenen zu 3) und 4) keine Zweifel daran, dass in München ein Betrieb vorgelegen hat; auch die Beklagte vertritt dazu keine andere Meinung. Die Firma B. hat in Deutschland mit verschiedenen Arbeitnehmern Bodenbeläge verlegt. Von einer Geschäftstätigkeit der B. in Ungarn war den Beigeladenen zu 3) und 4) nichts bekannt. Die Beigeladene zu 3) gab an, eine solche sei nur geplant, aber nicht ausgeführt worden. Damit hat lediglich in München ein Betrieb der B. bestanden, d.h. die B. hat hier auf ihren Namen und Rechnung ein Gewerbe betrieben, und hier lag auch der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit überhaupt (vgl. BSG 08.02.2001, a.a.O. S.4).
Dafür, dass die Betriebstätigkeit der Firma B. im Dezember 1993 vollständig beendet wurde, sprechen die Abmeldung beim Gewerbeamt der Stadt München vom 09.12.1993 (Auskunft vom 21.08. 2000) sowie die schriftlichen Angaben des Zeugen S. vom 03.08.2000. Letzterer beendete seine Tätigkeit als Steuerberater für die B. zum 30.09.1993 hinsichtlich der Finanzbuchhaltung und im Dezember 1993 bezüglich der Lohnabrechnung. Im März 1994 schließlich holte G. B. die Unterlagen persönlich bei ihm ab. Das spricht dafür, dass keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt wurden und die Betriebstätigkeit beendet war. Dass G. B. nach den Angaben der Beigeladenen zu 3) im Erörterungstermin unter eigenem Namen ein Unternehmen führte, das ebenfalls Bodenbeläge verlegte und die Beigeladene zu 3) nach einer Arbeitsbescheinigung ab 01.01.1994 bei einem J. B. gearbeitet hat, ändert daran nichts. Für eine weitere betriebliche Tätigkeit der Firma B. jedenfalls ergeben sich dadurch keine Spielräume.
Jedoch ist die Frage zu verneinen, ob im Sinne des § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben genügt es wegen des Merkmals "offensichtlich" für die Masseunzulänglichkeit, dass für sie alle äußeren Tatsachen und damit der Anschein sprechen, d.h. der Eindruck eines unvoreingenommenen Betrachters (BSG SozR 4100 § 141 b Nr.21, insbesondere S.80; SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.5). Ferner muß ein der Konkurseröffnung ähnlicher Vorgang im Ausland im Rahmen des § 141 b Abs.3 Nr.2 AFG - nicht bei den anderen Insolvenztatbeständen - im Sinne der Masseunzulänglichkeit gedeutet werden (BSG SozR 4100 § 141 a Nr.6 S.5). Bei der Prüfung der Masseunzulänglichkeit genügt es nicht, wenn der Gemeinschuldner lediglich Schulden nicht beglichen hat; denn dies kann auch auf Zahlungsunwilligkeit beruhen, während es im Rahmen der §§ 141 a ff. AFG auf Zahlungsunfähigkeit ankommt (hierzu insbesondere BSG SozR 3-4100 § 141 b Nr.7 S.32). Als ausreichend für die Feststellung, dass ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam, hat das BSG es angesehen, dass der Arbeitgeber die Zahlung von Arbeitsentgelt unter Hinweis auf Zahlungsunfähigkeit verweigert (SozR 4100 § 141 b Nr.21 S.79 f.). Die Feststellungslast hinsichtlich der Masseunzulänglichkeit trägt die Klägerin (vgl. BSG SozR 3-4100 § 141 b Nr.7 S.31 f.).
Nach diesen Kriterien kann der Senat eine offensichtliche Masseunzulänglichkeit im Dezember 1993 nicht bejahen. Der Zeuge S. und der Beigeladene zu 4) wussten nichts über die Zahlungs(un)fähigkeit und die Vermögensverhältnisse der Firma B. im Dezember 1993. Insbesondere der Beigeladene zu 4) ist bereits vor dieser Zeit aus dem Unternehmen ausgeschieden und hatte zu ihm keinen Kontakt mehr. Der Aufenthaltsort des Geschäftsführers und ehemaligen Hauptakteurs der Firma B. G. B. konnte nicht ausfindig gemacht werden. Die Beigeladene zu 3) hat zwar angegeben, dass G. B. bei zwei Banken in Deutschland Schulden gehabt habe. Die befragten Geldinstitute (Sparkasse Dachau, Münchner Bank, Volksbank-Raiffeisenkasse Dachau) gaben jedoch an, mit der Firma B. ab 1992 in keiner Geschäftsbeziehung gestanden zu haben. Mitgeteilt wurden nur Konten von G. B. und der Beigeladenen zu 3) sowie nicht erfüllte Forderungen der Banken gegen diese Personen. Hinreichende Aufschlüsse auf die finanzielle Lage der Firma B. im Dezember 1993 lassen sich daraus jedoch nicht gewinnen, weil zwischen der Firma B. als juristischer Person und den beteiligten Privatpersonen unterschieden werden muss. Da die betrieblichen Konten der Firma B. und ihr jeweiliger Stand somit nicht ermittelt werden konnten, lässt sich auch nicht feststellen, dass bei Einstellung der betrieblichen Tätigkeit ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Es reicht daher auch nicht aus, dass bei dem Pfändungsversuch der Klägerin am 07.12.1993 an der Betriebsstätte der B. in München Vermögensgegenstände nicht festgestellt werden konnten. Weil nach den Angaben der Beigeladenen zu 3) die Firma B. an der Betriebsstätte nur ein Büro, keine Werkstatt, unterhielt, war das Vorhandensein erheblicher Vermögenswerte dort ohnehin nicht zu erwarten. Schließlich sind auch die Angaben der Beigeladenen zu 3) im Rahmen der Bewilligung des Arbeitslosengeldes, wonach die Firma B. Konkurs angemeldet habe, kein hinreichender Nachweis für Masseunzulänglichkeit. Denn diese Angaben konnten durch die Auskünfte des Amtsgerichts München und des Komitatgerichts in Miskolc/Ungarn nicht bestätigt werden.
Die Berufung der Klägerin ist damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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