Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 EG 20/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 14/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Bundeserziehungsgeld (BErzg) für das zweite Lebensjahr des Kindes K. streitig.
I.
Die am 1969 geborene verheiratete Klägerin, eine philippinische Staatsangehörige, die mit einem Deutschen verheiratet ist, ist die Mutter der am 29.04.1996 auf den Philippinen geborenen K. und eines weiteren Kindes (D. , geb. 1992). Sie ist erstmals im Rahmen eines Besuchs am 12.06. 1991 nach Deutschland eingereist und hat am 16.12.1991 auf den Philippinen geheiratet. Nach der vorliegenden Ausländerakte hat sie sich zunächst vom 12. Juni mit November 1991 und von Februar 1992 bis August 1993 in Berlin aufgehalten, ab 13.05.1994 mit Juni 1994 in Nürnberg, wo sie seither ununterbrochen mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Trotz bis 21.04.1995 gültiger Aufenthaltserlaubnis ist sie erst nach Ablauf derselben am 26.06.1996 erneut in Deutschland eingereist; dort wurde ihr am 24.07.1996 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Laut Telefonvermerk vom 05.02.1997 gab der Schwiegervater der Klägerin an, sie sei mit ihrer Familie seit September 1996 wieder in Asien, die Rückkehr erfolge voraussichtlich im Juni/Juli 1997.
Nachdem die Klägerin aufgrund eines Bescheides vom 30.07.1996 ab 24.07.1996 BErzg bezogen hatte, beantragte sie am 18.03.1997 die Leistungen für den 13. mit 24. Lebensmonat des Kindes. Sie gab an, seit Juni 1991 im Inland ihren Wohnsitz zu haben und während des Bezuges von BErzg keine Erwerbstätigkeit auszuüben. Im Einkommensfragebogen, der als Ortsangabe die Philippinen ausweist, wurde angegeben, dass Einkommen nicht erzielt werde. Durch Bescheid vom 26.06.1997 wurde der Zweitantrag mit der Begründung abgelehnt, ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG sei im geltend gemachten Zeitraum nicht gegeben. Seit 01.09.1995 lebe die Klägerin auf den Phi- lippinen und halte sich lediglich kurzfristig in Deutschland auf. Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf, mit dem vorgetragen wurde, der Wohnsitz bestehe seit 1991 ununterbrochen in Deutschland und sei nie aufgegeben worden, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.10.1997). Die in Nürnberg angemietete Wohnung, unter deren Adresse ein erster Wohnsitz begründet worden sei, werde nur zu vorübergehenden kurzfristigen Aufenthalten genutzt. Dies sei für die Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes in Deutschland nicht ausreichend, zumal auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt werden müsse.
Im Klageverfahren wurde hiergegen eingewandt, die Wohnung in Nürnberg befinde sich in einem ausgebauten Dachgeschoss mit separatem Eingang. Demgegenüber verwies der Beklagte darauf, dass ein Wohnsitz nur vorliege, solange eine Wohnung vorhanden sei, die der Antragstellerin jederzeit zur Benutzung zur Verfügung stehe und mit einer gewissen Regelmäßigkeit tatsächlich auch genutzt werde. Auf die polizeiliche Meldung sei nicht abzustellen. Nach den vorliegenden Unterlagen befinde sich die Familie der Klägerin seit über zwei Jahren überwiegend im Ausland. Ein Rückkehrzeitpunkt habe nicht konkretisiert werden können. Der Ehemann der Klägerin führte aus, dass er in Nürnberg mit seinen Eltern eine gemeinsame Küche teile und dennoch hier einen Familienwohnsitz unterhalte.
Nachdem der Rechtsstreit durch Beschluss vom 23.03.1998 an das SG München verwiesen worden war, verband letzteres dieses Verfahren mit dem Verfahren über die Rücknahme der Erziehungsgeldbewilligung ab 24.07.1996 (Bescheid vom 30.07.1996, Widerspruchsbescheid vom 24.10.1997), Az.: S 29 EG 21/98. Aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14.02.2001 wurde die Klage durch Urteil vom 14.02.2001 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin halte sich seit 1995 bis heute hauptsächlich auf den Philippinen auf, so dass auch unter Berücksichtigung einer kurzzeitigen Rückkehr, die nicht jedes Jahr stattfinde, nicht mehr von einem Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs.3 SGB I ausgegangen werden könne. Das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens habe den BErzg für das zweite Lebensjahr versagenden Bescheid bestätigt. Auf dessen Begründung werde deshalb im Sinne des § 136 Abs.3 SGG verwiesen. Über das mit vorgenanntem Streitgegenstand verbundene Verfahren hinsichtlich der Rücknahme der BErzg-Bewilligung ab 24.07.1996 entschied das Erstgericht nicht.
II.
Mit der am 09.04.2001 zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung wendet die Klägerin ein, der Wohnsitz im Sinne des SGB I sei mit dem Wohnsitzbegriff im Sinne des § 1 BErzGG nicht zu vereinbaren. Sie habe ihren Wohnsitz dort, wo ihr bevollmächtigter Ehemann seinen Wohnsitz unterhalte, für diesen als deutschen Staatsbürger gelte das Territorialitätsprinzip. Im Übrigen bezog sie sich auf dessen Vortrag im Berufungsverfahren L 9 EG 19/00.
Dort hatte der Ehemann als Beteiligter im Wesentlichen eingewandt, er sei mit Wohnsitz in Nürnberg gemeldet. Auf Aufforderung des Senats überreichte er die Pläne der im Anwesen K.straße in Nürnberg angemieteten 140 qm großen Wohnung, die aus zwei durch ein dazwischen liegendes Stockwerk getrennnten Einheiten besteht. Die größere werde von seinen Eltern und die kleinere von ihm bewohnt. Auf die Einzelheiten wird verwiesen.
Der Senat hat neben den Verfahrensakten beider Rechtszüge die Erziehungsgeldakte des Beklagten, die Ausländerakte der Stadt Nürnberg sowie die Akten des Berufungsverfahrens des Ehemannes der Klägerin L 9 EG 19/00 beigezogen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG München vom 14.02.2001 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1997 zu verurteilen, ihr für den 13. mit 24. Lebensmonat des Kindes K. Bundeserziehungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 14.02.2001 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge, der Erziehungsgeldakte des Beklagten, der Ausländerakte der Stadt Nürnberg sowie auf das Urteil des Senats vom 13.09.2001 (Az.: L 9 EG 19/00) Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 28.02.2001.
Entscheidungsgründe:
Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung, §§ 143 ff. SGG, erweist sich in der Sache als nicht begründet. Zu Recht hat das SG die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nämlich nicht zu.
Der Senat entscheidet trotz klägerischen Ausbleibens im Termin vom 28.02.2001, denn die Klägerin wurde in der ihrem Bevollmächtigten am 12.02.2002 durch Niederlegung bei der Ausgabestelle der Deutschen Post AG 90402 Nürnberg 1 zugestellten Terminsmitteilung vom 08.02.2002 ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Hinsichtlich des in erster Instanz hinzuverbundenen Streitgegenstandes S 29 EG 21/98 hat das SG zur Überzeugung des Senats das Verfahren konkludent abgetrennt und nicht etwa absichtlich übergangen, so dass die Anhängigkeit vor der ersten Instanz erhalten geblieben ist, vgl. BSGE 17.11 (14). Der sogenannte Prozessrest wurde von den Beteiligten auch nicht in das Berufungsverfahren einbezogen, so dass eine Mitentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen nicht in Betracht gekommen ist, vgl. BSGE 45.49; BGHZ 97.280.
Gemäß § 1 Abs.1 BErzGG hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer u.a. seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat (Ziffer 1), das Kind selbst betreut und erzieht (Ziffer 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Ziffer 4).
Wie der Senat im Urteil vom 13.09.2001 (L 9 EG 19/00) in Sachen des Ehemannes der Klägerin im Einzelnen dargelegt hat, gilt für das Erziehungsgeld ebenso wie im übrigen Sozialleistungsbereich grundsätzlich, dass die Berechtigte einen Wohnsitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG haben muss, also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der spezielle Zweck des Abs.1 Nr.1 der Vorschrift besteht darin, diejenigen Personen von der Anwendung des BErzGG auszunehmen, die entweder den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse im Ausland haben oder deren Verweilen im Inland wegen einer konkreten Auslandsbeziehung rechtlich nur vorübergehender Natur ist, vgl. BSG vom 21.03. 1992, 4 REg 21/89.
Nach der Rechtsprechung erfordert die Unterhaltung eines Wohnsitzes wie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt, vgl. BSG SozR 5870 § 2 Nr.44. Entscheidend sind die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Wohnsitz bedeutet nicht nur eine räumliche Bleibe, sondern den räumlichen Bereich, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.
Die seit 16.12.1991 verheiratete Klägerin hat sich mit ihrer Familie in Nürnberg nur vom 13.05. mit Juni 1994 sowie vom 26.06. bis längstens 31.08.1996 aufgehalten. Die dortige ins- gesamt ca. 140 qm große Wohnung der Schwiegereltern besteht aus zwei durch ein dazwischen liegendes Stockwerk getrennten Einheiten (ca. 110 qm und ca.30 qm), von denen nur die größe- re von den Schwiegereltern selbst genutzte über eine Küche und ein Bad verfügt. Die kleinere Wohnung ist das "Refugium" des Ehemannes der Klägerin. Das ergibt sich unstreitig aus dessen Einlassungen im Parallelverfahren, den Äußerungen dessen Vaters im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.03.1998 sowie schließlich aus der Ausländerakte der Stadt Nürnberg.
Selbst im Jahre 1996 ist die - nunmehr - vierköpfige Familie lediglich im Zeitraum vom 26.06. bis vermutlich Ende August in Deutschland gewesen, wo sich der Ehemann der Klägerin vom 18. mit 22.07.1996 einem operativen Eingriff unterzogen hat. Ansonsten hat sie sich seit September 1993 nicht ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen Zwecken auf den Philippinen aufgehalten.
Angesichts dessen kann der Senat die vom SG bestätigte Auffassung des Beklagten nicht beanstanden, dass die Klägerin, ebenso wie im Berufungsverfahren ihres Ehemannes entschieden, in der Wohnung ihrer Schwiegereltern mit ihrer vierköpfigen Familie während des geltend gemachten Anspruchszeitraums den Lebensmittelpunkt der Familie nicht unterhalten hat. Denn es ist nicht ersichtlich, dass sie dort eine Wohnung unter Umständen innegehabt hat, welche darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und nutzen werde.
Auch sind im Wege der vorausschauenden Betrachtung Anhaltspunkte für einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I im Geltungsbereich des BErzGG nicht ersichtlich, vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, § 30 SGB I Anm.10. Denn Umstände dafür sind nicht erkennbar, dass die Familie der Klägerin in der Wohnung ihrer Schwiegereltern zumindest im Anspruchszeitraum nicht nur vorübergehend verweilt hat. Insbesondere weist angesichts der dokumentierten Familienaufenthalte nichts auf eine zumindest regelmäßige Nutzung der Räume durch die Klägerin und ihre Familie hin, die wegen der fehlenden Küche keine eigene abgeschlossene Wohnung darstellen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird abschließend auf die einschlägigen Darlegungen im Senatsurteil vom 13.09.2001 voll- inhaltlich Bezug genommen.
Nach allem sind die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten ebensowenig zu beanstanden wie die angefochtene Entscheidung des SG.
Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte der Beklagte, welcher für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Bundeserziehungsgeld (BErzg) für das zweite Lebensjahr des Kindes K. streitig.
I.
Die am 1969 geborene verheiratete Klägerin, eine philippinische Staatsangehörige, die mit einem Deutschen verheiratet ist, ist die Mutter der am 29.04.1996 auf den Philippinen geborenen K. und eines weiteren Kindes (D. , geb. 1992). Sie ist erstmals im Rahmen eines Besuchs am 12.06. 1991 nach Deutschland eingereist und hat am 16.12.1991 auf den Philippinen geheiratet. Nach der vorliegenden Ausländerakte hat sie sich zunächst vom 12. Juni mit November 1991 und von Februar 1992 bis August 1993 in Berlin aufgehalten, ab 13.05.1994 mit Juni 1994 in Nürnberg, wo sie seither ununterbrochen mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Trotz bis 21.04.1995 gültiger Aufenthaltserlaubnis ist sie erst nach Ablauf derselben am 26.06.1996 erneut in Deutschland eingereist; dort wurde ihr am 24.07.1996 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Laut Telefonvermerk vom 05.02.1997 gab der Schwiegervater der Klägerin an, sie sei mit ihrer Familie seit September 1996 wieder in Asien, die Rückkehr erfolge voraussichtlich im Juni/Juli 1997.
Nachdem die Klägerin aufgrund eines Bescheides vom 30.07.1996 ab 24.07.1996 BErzg bezogen hatte, beantragte sie am 18.03.1997 die Leistungen für den 13. mit 24. Lebensmonat des Kindes. Sie gab an, seit Juni 1991 im Inland ihren Wohnsitz zu haben und während des Bezuges von BErzg keine Erwerbstätigkeit auszuüben. Im Einkommensfragebogen, der als Ortsangabe die Philippinen ausweist, wurde angegeben, dass Einkommen nicht erzielt werde. Durch Bescheid vom 26.06.1997 wurde der Zweitantrag mit der Begründung abgelehnt, ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG sei im geltend gemachten Zeitraum nicht gegeben. Seit 01.09.1995 lebe die Klägerin auf den Phi- lippinen und halte sich lediglich kurzfristig in Deutschland auf. Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf, mit dem vorgetragen wurde, der Wohnsitz bestehe seit 1991 ununterbrochen in Deutschland und sei nie aufgegeben worden, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.10.1997). Die in Nürnberg angemietete Wohnung, unter deren Adresse ein erster Wohnsitz begründet worden sei, werde nur zu vorübergehenden kurzfristigen Aufenthalten genutzt. Dies sei für die Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes in Deutschland nicht ausreichend, zumal auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt werden müsse.
Im Klageverfahren wurde hiergegen eingewandt, die Wohnung in Nürnberg befinde sich in einem ausgebauten Dachgeschoss mit separatem Eingang. Demgegenüber verwies der Beklagte darauf, dass ein Wohnsitz nur vorliege, solange eine Wohnung vorhanden sei, die der Antragstellerin jederzeit zur Benutzung zur Verfügung stehe und mit einer gewissen Regelmäßigkeit tatsächlich auch genutzt werde. Auf die polizeiliche Meldung sei nicht abzustellen. Nach den vorliegenden Unterlagen befinde sich die Familie der Klägerin seit über zwei Jahren überwiegend im Ausland. Ein Rückkehrzeitpunkt habe nicht konkretisiert werden können. Der Ehemann der Klägerin führte aus, dass er in Nürnberg mit seinen Eltern eine gemeinsame Küche teile und dennoch hier einen Familienwohnsitz unterhalte.
Nachdem der Rechtsstreit durch Beschluss vom 23.03.1998 an das SG München verwiesen worden war, verband letzteres dieses Verfahren mit dem Verfahren über die Rücknahme der Erziehungsgeldbewilligung ab 24.07.1996 (Bescheid vom 30.07.1996, Widerspruchsbescheid vom 24.10.1997), Az.: S 29 EG 21/98. Aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14.02.2001 wurde die Klage durch Urteil vom 14.02.2001 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin halte sich seit 1995 bis heute hauptsächlich auf den Philippinen auf, so dass auch unter Berücksichtigung einer kurzzeitigen Rückkehr, die nicht jedes Jahr stattfinde, nicht mehr von einem Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs.3 SGB I ausgegangen werden könne. Das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens habe den BErzg für das zweite Lebensjahr versagenden Bescheid bestätigt. Auf dessen Begründung werde deshalb im Sinne des § 136 Abs.3 SGG verwiesen. Über das mit vorgenanntem Streitgegenstand verbundene Verfahren hinsichtlich der Rücknahme der BErzg-Bewilligung ab 24.07.1996 entschied das Erstgericht nicht.
II.
Mit der am 09.04.2001 zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung wendet die Klägerin ein, der Wohnsitz im Sinne des SGB I sei mit dem Wohnsitzbegriff im Sinne des § 1 BErzGG nicht zu vereinbaren. Sie habe ihren Wohnsitz dort, wo ihr bevollmächtigter Ehemann seinen Wohnsitz unterhalte, für diesen als deutschen Staatsbürger gelte das Territorialitätsprinzip. Im Übrigen bezog sie sich auf dessen Vortrag im Berufungsverfahren L 9 EG 19/00.
Dort hatte der Ehemann als Beteiligter im Wesentlichen eingewandt, er sei mit Wohnsitz in Nürnberg gemeldet. Auf Aufforderung des Senats überreichte er die Pläne der im Anwesen K.straße in Nürnberg angemieteten 140 qm großen Wohnung, die aus zwei durch ein dazwischen liegendes Stockwerk getrennnten Einheiten besteht. Die größere werde von seinen Eltern und die kleinere von ihm bewohnt. Auf die Einzelheiten wird verwiesen.
Der Senat hat neben den Verfahrensakten beider Rechtszüge die Erziehungsgeldakte des Beklagten, die Ausländerakte der Stadt Nürnberg sowie die Akten des Berufungsverfahrens des Ehemannes der Klägerin L 9 EG 19/00 beigezogen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG München vom 14.02.2001 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1997 zu verurteilen, ihr für den 13. mit 24. Lebensmonat des Kindes K. Bundeserziehungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 14.02.2001 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge, der Erziehungsgeldakte des Beklagten, der Ausländerakte der Stadt Nürnberg sowie auf das Urteil des Senats vom 13.09.2001 (Az.: L 9 EG 19/00) Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 28.02.2001.
Entscheidungsgründe:
Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung, §§ 143 ff. SGG, erweist sich in der Sache als nicht begründet. Zu Recht hat das SG die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nämlich nicht zu.
Der Senat entscheidet trotz klägerischen Ausbleibens im Termin vom 28.02.2001, denn die Klägerin wurde in der ihrem Bevollmächtigten am 12.02.2002 durch Niederlegung bei der Ausgabestelle der Deutschen Post AG 90402 Nürnberg 1 zugestellten Terminsmitteilung vom 08.02.2002 ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Hinsichtlich des in erster Instanz hinzuverbundenen Streitgegenstandes S 29 EG 21/98 hat das SG zur Überzeugung des Senats das Verfahren konkludent abgetrennt und nicht etwa absichtlich übergangen, so dass die Anhängigkeit vor der ersten Instanz erhalten geblieben ist, vgl. BSGE 17.11 (14). Der sogenannte Prozessrest wurde von den Beteiligten auch nicht in das Berufungsverfahren einbezogen, so dass eine Mitentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen nicht in Betracht gekommen ist, vgl. BSGE 45.49; BGHZ 97.280.
Gemäß § 1 Abs.1 BErzGG hat Anspruch auf Erziehungsgeld, wer u.a. seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat (Ziffer 1), das Kind selbst betreut und erzieht (Ziffer 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Ziffer 4).
Wie der Senat im Urteil vom 13.09.2001 (L 9 EG 19/00) in Sachen des Ehemannes der Klägerin im Einzelnen dargelegt hat, gilt für das Erziehungsgeld ebenso wie im übrigen Sozialleistungsbereich grundsätzlich, dass die Berechtigte einen Wohnsitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG haben muss, also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der spezielle Zweck des Abs.1 Nr.1 der Vorschrift besteht darin, diejenigen Personen von der Anwendung des BErzGG auszunehmen, die entweder den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse im Ausland haben oder deren Verweilen im Inland wegen einer konkreten Auslandsbeziehung rechtlich nur vorübergehender Natur ist, vgl. BSG vom 21.03. 1992, 4 REg 21/89.
Nach der Rechtsprechung erfordert die Unterhaltung eines Wohnsitzes wie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt, vgl. BSG SozR 5870 § 2 Nr.44. Entscheidend sind die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Wohnsitz bedeutet nicht nur eine räumliche Bleibe, sondern den räumlichen Bereich, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.
Die seit 16.12.1991 verheiratete Klägerin hat sich mit ihrer Familie in Nürnberg nur vom 13.05. mit Juni 1994 sowie vom 26.06. bis längstens 31.08.1996 aufgehalten. Die dortige ins- gesamt ca. 140 qm große Wohnung der Schwiegereltern besteht aus zwei durch ein dazwischen liegendes Stockwerk getrennten Einheiten (ca. 110 qm und ca.30 qm), von denen nur die größe- re von den Schwiegereltern selbst genutzte über eine Küche und ein Bad verfügt. Die kleinere Wohnung ist das "Refugium" des Ehemannes der Klägerin. Das ergibt sich unstreitig aus dessen Einlassungen im Parallelverfahren, den Äußerungen dessen Vaters im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.03.1998 sowie schließlich aus der Ausländerakte der Stadt Nürnberg.
Selbst im Jahre 1996 ist die - nunmehr - vierköpfige Familie lediglich im Zeitraum vom 26.06. bis vermutlich Ende August in Deutschland gewesen, wo sich der Ehemann der Klägerin vom 18. mit 22.07.1996 einem operativen Eingriff unterzogen hat. Ansonsten hat sie sich seit September 1993 nicht ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen Zwecken auf den Philippinen aufgehalten.
Angesichts dessen kann der Senat die vom SG bestätigte Auffassung des Beklagten nicht beanstanden, dass die Klägerin, ebenso wie im Berufungsverfahren ihres Ehemannes entschieden, in der Wohnung ihrer Schwiegereltern mit ihrer vierköpfigen Familie während des geltend gemachten Anspruchszeitraums den Lebensmittelpunkt der Familie nicht unterhalten hat. Denn es ist nicht ersichtlich, dass sie dort eine Wohnung unter Umständen innegehabt hat, welche darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und nutzen werde.
Auch sind im Wege der vorausschauenden Betrachtung Anhaltspunkte für einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I im Geltungsbereich des BErzGG nicht ersichtlich, vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, § 30 SGB I Anm.10. Denn Umstände dafür sind nicht erkennbar, dass die Familie der Klägerin in der Wohnung ihrer Schwiegereltern zumindest im Anspruchszeitraum nicht nur vorübergehend verweilt hat. Insbesondere weist angesichts der dokumentierten Familienaufenthalte nichts auf eine zumindest regelmäßige Nutzung der Räume durch die Klägerin und ihre Familie hin, die wegen der fehlenden Küche keine eigene abgeschlossene Wohnung darstellen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird abschließend auf die einschlägigen Darlegungen im Senatsurteil vom 13.09.2001 voll- inhaltlich Bezug genommen.
Nach allem sind die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten ebensowenig zu beanstanden wie die angefochtene Entscheidung des SG.
Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte der Beklagte, welcher für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved