Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 943/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 19/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines vom Beklagten gegen die Klägerin bestätigten Arzneimittelregresses streitig, den der Prüfungsausschuss in Höhe von 10 % der Einzelverordnungen im Quartal II/95 wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise festgesetzt hatte.
Die Klägerin ist als Kinderärztin in ... niedergelassen und als Vertragsärztin zugelassen. Sie rechnete im Quartal II/95 ingesamt 954 Fälle von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beigeladenen zu 1) ab. Der Durchschnitt der Vergleichsgruppe brachte 1.125 Fälle zur Abrechnung, so dass die Klägerin mit ihrer Fallzahl um 15,2 % unter dem Durchschnitt lag. Mit ihrer Honoraranforderung von 988.260 Punkten erzielte sie einen Fallwert von 1.035,9 Punkten, der den Durchschnittsfallwert der Vergleichsgruppe von 725,1 Punkten um 310,7 Punkte oder 42,9 % übertraf. Ihre Honoraranforderung lag in allen Leistungsgruppen über dem Durchschnittswert der Vergleichsgruppe, mit Ausnahme der speziellen Laboruntersuchungen und radiologischen Leistungen, die sie nicht abrechnete. Auffällig ist die Überschreitung der Vergleichswerte bei den Besuchen (+ 111,6 %) und den physikalisch-medizinischen Leistungen (+ 794,9 %). Während die Klägerin einen Anteil von 4,0 Prozent an Aktivüberweisungen hatte, beträgt der Vergleichswert der Fachgruppe 5,6 %.
Im Quartal II/95 verordnete die Klägerin Arzneikosten in Höhe von 51.833,59 DM. Dies führte zu einem Fallwert von 55,86 DM gegenüber den durchschnittlichen Verordnungskosten der Arztgruppe von 34,08 DM. Damit wurde der Vergleichswert um 63,9 % überschritten. Der Sprechstundenbedarf der Klägerin betrug in diesem Quartal 1.626,99 DM, dies ergibt einen Fallwert von 1,75 DM. Der Fallwert der Vergleichsgruppe beträgt 2,76 DM und wird somit von Klägerin um 36,6 % unterschritten. Insgesamt verordnete die Klägerin physikalisch-medizinische Leistungen im Wert von 1.186,20 DM. Der erzielte Fallwert von 1,59 DM unterschreitet den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe von 6,28 DM um 74,7 %.
Mit Schreiben vom 20.12.1995 bzw. 22.01.1996 beantragten die Beigeladenen zu 2) und 3) die Verordnungsweise der Klägerin auf ihre Wirtschaftlichkeit hin durch eine Prüfung nach Durchschnittswerten zu überprüfen. Sie wiesen dabei auf die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes um 63,9 % hin und legten die Leistungsnachweise und Verordnungsblätter vor. Die Klägerin wurde von den Anträgen der Beigeladenen informiert und es wurde ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1996, beschlossen in der Sitzung am 31. Juli 1996, sprach der Prüfungsausschuss Ärzte, Niederbayern bei den Einzelverordnungen einen Regress in Höhe von 10 % aus. Entsprechend den Erkenntnissen im Vorquartal habe auch die neuerliche Durchsicht der Verordnungsblätter der AOK Bayern (Fallnr. 1 bis 63) im Wesentlichen die Feststellungen aus dem Quartal I/95 bestätigt. Es wurden dann sechs Fälle namentlich benannt aus denen sich ergebe, dass häufig Medikamente ohne ausreichende bzw. fehlende Diagnose bzw. ohne Leistungseintrag verordnet worden seien. Die Benennung von Fällen mit entsprechender Unwirtschaftlichkeit wäre noch weiter fortsetzbar, jedoch sei im Hinblick auf die Überschreitungen im offensichtlichen Missverhältnis davon abgesehen worden, nachdem eine Praxisbesonderheit, die einen Mehraufwand erfordere, in dem überprüften Bereich nicht feststellbar gewesen sei. Der Regress betrage für die antragstellende Kassen 3.992,17 DM.
Gegen diesen Bescheid lies die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen. Zur Begründung des Widerspruchs wurde vorgetragen die Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts sei zunächst auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen. Die spezielle Ausbildung der Klägerin und die Praxislage führten zu einem speziell selektierten Patientengut. Sie behandle insbesondere Frühgeburten, Kinder mit Entwicklungsstörungen, Allergiker, Neurodermitiker und Patienten mit psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerdebildern. Insbesondere seien in dem Quartal II/95 40 Patientenkinder betreut worden, bei denen aufgrund der multiplen Erkrankungen eine Darmsanierung erforderlich gewesen sei. Die Kosten hierfür wirkten sich pro Fall mit 9,22 DM aus, die als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen seien. Daneben habe die Klägerin kompensatorische Einsparungen bei den physikalisch-medizinischen Verordnungen erzielt, die sich pro Fall mit 5,70 DM auswirkten. Bei Berücksichtigung dieser Umstände ergebe sich ein bereinigter Fallwert von 40,94 DM der nurmehr um 18,49 % über dem Vergleichwert liege und damit im Bereich der Übergangszone. Ein Arzneimittelregress sei deshalb nicht gerechtfertigt.
Mit Bescheid vom 19. Juni 1997 (beschlossen am 19. März 1997) wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Auf Antrag der Beigeladenen sei in der Sitzung eine eingehende Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt worden. Dabei sei die Methode des statistischen Fallkostenvergleichs mit der Fachgruppe der "Kinderärzte Bayerns" unter Zurgrundelegung des arithmetischen Mittelwertes als sachgerechte und praktikable Prüfmethode gewählt worden. Im Hinblick auf die Fallzahl und die Überschreitungswerte sei eine Einzelfallprüfung nicht durchzuführen gewesen. Dabei sei bei der Arzneitmittelverordnung die Grenze zum sogenannten offensichtlichen Missverhältnis überschritten worden, dies begründe die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Praxisbesonderheiten und kompensatorische Einsparungen, die die Überschreitung rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar gewesen. Die Auffassung der Klägerin, dass sich ihr Patientengut so ungewöhnlich zusammensetze, das die Prämisse der statistischen Wirtschaftlichkeitsbeweises, wonach die Häufigkeit der indizierten Behandlungen bei gleicher ärztlicher Spezialisierung gleich sei, nicht mehr zutreffe, habe sich nach Durchsicht der Behandlungsausweise nicht bestätigt. Allein der pauschale Hinweis auf Frühgeburten, Kinder mit Entwicklungsstörungen, Allergiker, Neurodermitiker und Patienten mit psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerdebildern sei zum Nachweis eines außergewöhnlichen Patientengutes nicht ausreichend. Die Behandlung von Kindern mit diesen Beschwerdebildern sei für die kinderärztliche Praxis üblich und typisch. Auch für die Kosten der behaupteten "Darmsanierung" bei 40 Patientenkindern könne ein Mehraufwand nicht anerkannt werden. Es sei nicht einmal ansatzweise dargelegt worden, inwieweit die "multiplen Erkrankungen" eine Darmsanierung erforderlich machten und inwieweit dadurch ein Mehraufwand an Medikamentenkosten verursacht worden sei. Zur Behandlung von Patienten mit einer Darmmykose sei festzustellen, dass ca. 80 % aller Menschen und Kinder an einem Darmpilzbefall leiden. Die Behandlung dieser Erkrankung sei nur extrem selten notwendig. Eine Heilung sei nahezu nicht möglich. Die vom Prüfungsausschuss dargelegten Fälle (1 bis 63 der AOK Bayern) seien nochmals einer Prüfung unterzogen worden unter Berücksichtigung der Argumente der Klägerin. Zusammenfassend sei festzustellen, dass es sich bei den überprüften Fällen um ein für kinderärztliche Praxen durchaus übliches Patientengut handle. Die vom Prüfungsausschuss festgestellten Unwirtschaftlichkeiten hätten sich bestätigt: "Mehrfachverordnungen gleichsinnig wirkender Mittel sowie Verordnungen, ohne dass aus den verzeichneten Diagnosen eine entsprechende Indikation ersichtlich sei". Es sei davon auszugehen, dass der Mehraufwand bei den einzelnen Verordnungen aus einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise resultiere.
Die Unterschreitung beim Sprechstundenbedarf sei nicht relevant und werde durch die vorliegende erhebliche Überschreitung bei den Einzelverordnungen in Höhe von etwa 20.200,00 DM relativiert. Im Hinblick auf die massive Überschreitung beim Gesamthonorar in Höhe von etwa 24.000,00 DM sei die Unterschreitung beim Sprechstundenbedarf auch nicht nachvollziehbar, nachdem eine erhöhte Behandlungstätigkeit auch eine vermehrte Anforderung von Sprechstundenbedarf nach sich hätte ziehen müssen. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit die Unterschreitung bei den veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen die Folge der Mehraufwendungen bei den Einzelverordnungen sei. Die Klägerin habe hierzu keinen kausalen Nachweis erbracht. Hier sei auch die Überschreitung bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen miteinzubeziehen. Dabei werde die im vorliegenden Prüfquartal festgestellte Unterschreitung bei den veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen in Höhe von etwa 3.500,00 DM durch die in der Leistungsgruppe 9 vorliegenden Überschreitung in Höhe von etwa 2.395,00 DM nahezu aufgewogen. Auch die feststellbaren Unterschreitungen bei den Krankenhauseinweisungen und den veranlassten Überweisungen ständen in keinem offensichtlichen Kausalzusammenhang mit der Verordnungstätigkeit. Hier habe es die Klägerin versäumt, anhand von Einzelfällen eine konkrete Kausalbeziehung herzustellen. Nach Kürzung verbleibe der Klägerin eine Überschreitung des Vergleichswertes von 51,2 %, die einem Betrag von etwa 16.200,00 DM entspreche. Diese Restüberschreitung sei auf der Basis vom Fallwert der Klägerin nach Abzug des tatsächlichen Regressbetrages für die am Verfahren beteiligten Krankenkassen berechnet worden. Auch die Berechnung der Restüberschreitung auf der Grundlage des im Tenor angegebenenen Prozentsatzes des Regeresses ergebe eine Restüberschreitung von 47,5 % oder etwa 15.022,00 DM, die damit ebenfalls nach wie vor im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege. Nachdem bereits im Vorquartal I/95 eine Prüfmaßnahme in Form einer schriftlichen Beratung ausgesprochen worden sei, sei in den Folgequartalen zwar eine rückläufige Tendenz bei den Arzneiverordnungen feststellbar. Mit den vorliegenden Abweichungen von 43,5 % bzw. 34,8 % in den Quartalen III und IV/95 lägen aber immer noch erhebliche Überschreitungen vor.
Der Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 20. Juni 1997 zugestellt.
Die dagegen erhobene Klage ging am 25. Juni 1997 beim Sozialgericht München ein. Zur Begründung der Klage wiederholten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Wesentlichen die Widerspruchsbegründung. Der Beklagte habe die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Praxisbesonderheiten und Einsparungen zu Unrecht nicht berücksichtigt. Der Klagebegründung lag eine Stellungnahme der Klägerin zu den beanstandeten Einzelfällen bei.
Mit Urteil vom 9. Dezember 1998 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klägerin sei im Rahmen der zulässigen statistischen Vergleichsprüfung zutreffend mit den Kinderärzten verglichen worden. Da ihre Verordnungsweise pro Fall den durchschnittlichen Verordnungswert der Kinderärzte Bayerns in einem Maße überschreite, der im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege, sei die Vermutung einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise gerechtfertigt. Die Klägerin habe diese Vermutung weder durch das Vorliegen von Praxisbesonderheiten noch durch nachgewiesene kausale Einsparungen wiederlegen können. In seinem Urteil ging das Sozialgericht dann vor allem auf die Frage ein, ob Praxisbesonderheiten und kausale Einsparungen bereits auf der ersten Stufe der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder auf einer sogenannten dritten Stufe zu berücksichtigen seien. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. März 1999 zugestellt.
Die dagegen eingelegte Berufung ging am 17. März 1999 beim Bayerischen Landessozialgericht ein. Zur Begründung der Berufung wurde zunächst ausgeführt, das Urteil des Sozialgerichts München könne keinen Bestand haben, da es die vom BSG aufgestellten Grundsätze zur Darlegung und Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten verkenne und zu Unrecht davon ausgehe, dass der Bescheid des Beschwerdeausschusses ermessensfehlerfrei sei. Der Beklagte hätte bereits auf der ersten Stufe der Wirtschaftlichkeitsprüfung berücksichtigen müssen, dass in der Praxis der Klägerin Praxisbesonderheiten gegeben seien, die den Überschreitungswert bei den Verordnungskosten erklärten, so dass die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit widerlegt sei. Die Klägerin habe bereits im Widerspruchsverfahren dargelegt, dass die hohen Verordnungskosten auf einige schwere Fälle zurückzuführen seien. Es handle sich dabei um 40 Patienten mit mutiplen Erkrankungen (Infektanfälligkeit, Asthmoide Bronchitis, Neurodermitis, chronische Infekte und allergische Erkrankungen). Bei diesen Patienten habe eine aufwende Darmsanierung durchgeführt werden müssen. Die Verordnungkosten für diese Darmsanierung hätten etwa 220,00 DM je Fall betragen, insgesamt also 8.800,00 DM. Dies ergebe einen berechtigten Mehraufwand von 9,22 DM je Fall, welche vorab von dem Fallwert bei den Verordnungskosten abzuziehen sei. Dabei habe es sich um ein atypisches Patientenklientel gehandelt, welches zu einem erheblichen höheren Aufwand an Verordnungskosten führe und daher als Praxisbesonderheit einzustufen sei. Auf diesen Umstand sei bereits in der Widerspruchsbegründung hingewiesen worden, dabei sei die Diagnose, die Therapie, sowie der dadurch verursachte Mehraufwand dargelegt worden. Auch wenn die Patienten nicht namentlich in einer Liste aufgeführt worden seien, so sei dies ganz offensichtlich nicht der Grund dafür, dass der Beklagte diese Patienten nicht als Praxisbesonderheit anerkannt habe. Er habe vielmehr ausgeführt, zusätzlich müsse geklärt werden, ob durch die Darmsanierung überhaupt ein Behandlungserfolg, das heißt eine Heilung eingetreten sei. Diese Erwägungen seien sachfremd. Der Heilungserfolg sei nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit, könne dies auch gar nicht sein. Ein Nachweis der Kausalität zwischen Therapie und Heilungserfolg sei regelmäßig nicht möglich und auch nicht gefordert. Ausreichend sei vielmehr, dass entsprechende Diagnosen vorlägen und eine dazu passende Therapie durchgeführt worden sei. Dies sei der Fall. Allein bei Berücksichtigung des durch die Darmsanierung erforderlichen Mehraufwandes mit 9,22 DM pro Fall ergebe sich ein bereinigter Fallwert von 46,64 DM der nurmehr um 12,09 DM über dem Wert der Vergleichsgruppe von 34,55 DM liege. Mit der daraus resultierenden Vergleichswertüberschreitung von 34,9 % läge die Klägerin im Bereich der Übergangszone und das offensichtliche Missverhältnis entfalle damit, so dass die Unwirtschaftlichkeit nicht mehr indiziert sei. Zu Unrecht nehme das Sozialgericht auch an, dass keine kausalen Einsparungen vorlägen. Die Einsparungen bei den Kosten für Sprechstundenbedarf hätten berücksichtigt werden müssen. Hier verbrauche die Klägerin 1,01 DM weniger pro Fall als die Vergleichsgruppe. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Einsparungen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie niedrig seien. Die Erwägung des Beklagten, dass die Einsparung allein wegen ihrer geringen Höhe nicht relevant sei, sei sachfremd. Zwischen den Verordnungskosten bei Arznei und den Kosten beim Sprechstundenbedarf läge ein offensichtlicher und sachlicher Zusammenhang vor, so dass die Kausalität gegeben sei. Wolle man den Nachweis im Einzelfall verlangen, so würde man die Mitwirkungspflicht des Vertragsarztes überspannen. Ein offensichtlicher Zusammenhang könne von den Prüfgremien nicht ignoriert werden. Bei Berücksichtigung der Einsparungen beim Sprechstundenbedarf würde der Überschreitungswert weiter zurückgehen, und zwar auf 32,1 %. Der Beklagte hätte auch berücksichtigen müssen, dass die im Vorquartal ausgesprochene schriftliche Beratung sich in dem hier streitgegenständlichen Quartal noch nicht auswirken konnte. Immerhin zeigten die Werte in den Folgequartalen, dass die Klägerin ihr Verordnungsverhalten umgestellt habe. Die Werte seien stark nach unten gegangen. Im Quartal IV/95 habe nur noch eine Überschreitung der Arzneikosten in Höhe von 29,2 % vorgelegen. Schließlich liege auch ein Begründungsmangel hinsichtlich der Höhe der Kürzungsmaßnahme vor. Nach Abzug des Regresses verbleibe es bei einer Restüberschreitung von 47,5 %, d.h. bei einem Überschreitungswert in der Übergangszone. Nach der Rechtsprechung des BSG hätte der Beklagte deshalb begründen müssen, warum die Kürzungsmaßnahme so und nicht anders ausfalle. Hätte nämlich eine Überschreitung von lediglich 50 % vorgelegen, wäre die Klägerin gar nicht erst in ein Prüfungsverfahren gekommen, so dass sie nun schlechter dastehe, als bei einer ursprünglich höheren Überschreitung. Das Fehlen einer Begründung bei Ermessensentscheidungen, d.h. das Fehlen der Darlegung der wesentlichen Ermessenserwägungen sie nach der Rechtsprechung regelmäßig ein Indiz für das Vorliegen eines Ermessensfehlers. Insofern liege selbst dann noch ein Begründungmangel und damit ein Ermessensfehler vor, wenn man annehme, dass die Restüberschreitung sich noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses bewege. Der Beklagte sei verpflichtet, zumindestens kurz darzulegen, wie er gerade zu der verfügten Kürzungshöhe gekommen sei.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Dezember 1998 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24. Oktober 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin habe auch in ihrer Berufungsbegründung versäumt, Praxisbesonderheiten substantiiert darzulegen. Dem Klägervortrag sei weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren zu entnehmen, in welcher Weise sich die Zusammensetzung des Patientengutes von dem der Vergleichsgruppe wesentlich unterscheide; insbesondere ließen die Ausführungen der Klägerin eine Erläuterung von Einzelfällen vermissen. Bei den als Praxisbesonderheiten pauschal angeführten 40 Patienten mit multiplen Erkrankungen habe es die Klägerin unterlassen aufzuzeigen, inwieweit eine Darmsanierung erforderlich gewesen sei und hierdurch ein Mehraufwand an Medikamenten verursacht worden sei. Die Ansicht der Klägerin, der Beklagte habe sich bei der Entscheidungsfindung am Behandlungserfolg orientiert, sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe bereits die Erforderlichkeit der Darmsanierung gemessen an der Diagnose nicht darlegen können. Der pauschale Hinweis auf den Ausbildungsstand der Klägerin und die Praxislage können für sich gesehen keine Begründung darstellen, um aus objektiver Sicht eine Praxisbesonderheit festzustellen und berücksichtigen zu können. Praxisbesonderheiten hätte der Beklagte auch bei Durchsicht der Verordnungsblätter nicht erkennen können. Die Durchsicht der Verordnungsblätter sei nicht nur im Rahmen der Amtsermittlungspflicht, sondern vor allem als Hilfestellung in dem Bemühen um eine wirtschaftliche Versorgungsweise der Klägerin erfolgt. Sie habe gezeigt, dass die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes auf einen nicht unerheblichen Anteil unwirtschaftlicher Verordnungen zurückzuführen sei und nicht wie von der Klägerin behauptet durch Praxisbesonderheiten bedingt sei. Es wäre die Aufgabe der Klägerin gewesen, die individuellen Umstände, die atypische Zusammensetzung ihres Patientenklientels, vorzutragen, um den Anschein der Unwirtschaftlichkeit ausräumen zu können. Von Amts wegen hätten keine Praxisbesonderheiten festgestellt werden können, der Klägervortrag weise ebenfalls keine zu berücksichtigenden Besonderheiten auf, die den Anschein der unwirtschaftlichen Verordnungsweise beseitigen könnten.
Die Beigeladene zu 2) und 3) beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie die Klageakte, Az.: S 32 KA 943/97, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 19/99, vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie statthafte (§ 143 i.V.m. § 144 Abs.1 Nr.1 SGG) Berufung ist zwar zulässig aber unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 1997, der allein Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat mit dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 9. Dezember 1998 im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes und auch der Klägerin ist es aber in dem vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung, ob die Praxisbesonderheiten bzw. kausalen Einsparungen bereits auf der ersten Prüfungsstufe zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte zutreffend das Vorliegen von Praxisbesonderheiten und kausalen Einsparungen zu Recht verneint hat.
Nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung unter anderem durch die arztbezogene Prüfung und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die in der Praxis der Prüfgremien entwickelte und durch die Rechtsprechung bestätigte Methode des statistischen Kostenvergleichs als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Tätigkeit anerkannt und als Regelprüfmethode übernommen (ständige Rechtsprechung des Senates und des BSG siehe auch SozR 3-2500 § 106 Nr.26 S.145).
Die Prüfung nach Durchschnittswerten bei den Verordnungskosten erfolgt dabei im Wege einer Gegenüberstellung der durchschnittlich pro Fall durch die Verordnungen verursachten Kosten des geprüften Arztes einerseits und die der Gruppe vergleichbarer Ärzte andererseits. Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist somit der durchschnittliche Behandlungsaufwand der Ärzte der Vergleichsgruppe in dem zu prüfenden Quartal. Eine Unwirtschaftlichkeit ist dann anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und in Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann. Wann diesem der Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichneten Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte bei einer Überschreitung des Vergleichswertes von 63,9 % bei den von der Klägerin verordneten Arzneikosten von einem offensichtlichen Missverhältnis ausgeht. Es ist dabei nicht zulässig, die Wirtschaftlichkeitsprüfung auf eine ausschließlich statistische Untersuchung zu verkürzen (BSG a.a.O. S.147). Die statistische Betrachtung macht somit nur einen Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung aus und ist durch eine intellektuelle Prüfung und Entscheidung zu ergänzen, bei der die für die Frage der Wirtschaftlichkeit relevanten medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkte in Rechnung zu stellen sind (siehe BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 S.125). Das Gesetz hat der Bedeutung der Berücksichtigung medizinisch-ärztlicher Gesichtspunkte bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung dadurch Ausdruck verliehen, dass es diese Prüfung besonderen, von den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen zu bildenden Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen übertragen und für diese eine sachkundige Besetzung mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen vorgeschrieben hat (§ 106 Abs.4 Satz 2 SGB V). Hätten die Prüfgremien ausschließlich Ergebnisse statistischer Untersuchungen nachzuvollziehen, hätte es einer derartigen sachkundigen Besetzung nicht bedurft.
Zutreffend hat der fachkundig besetzte Beklagte nach Überprüfung der Unterlagen festgestellt, dass der von der Klägerin verursachte hohe Arzneimittelaufwand weder durch Praxisbesonderheiten noch durch kausale Einsparungen verursacht ist, sondern auf eine unwirtschaftliche Verordnungsweise der Klägerin zurückzuführen ist. Als Praxisbesonderheiten des geprüften Arztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in der selben Häufigkeit anzutreffen sind. Für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit ist es deshalb nicht ausreichend, dass bestimmte Leistungen in der Praxis eines Arztes erbracht werden. Es wäre deshalb Aufgabe der Klägerin gewesen, substantiiert darzutun, inwiefern sich ihre Praxis gerade in Bezug auf diese Merkmale von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet. Die Ausbildung und die Praxislage der Klägerin allein rechtfertigt die Annahme von Praxisbesonderheiten nicht. Frühgeburten, Kinder mit Entwicklungsstörungen, Allergiker, Neurodermitiker und Patienten mit psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerdebildern sind, wie der Beklagte zutreffend festgestellt hat, für die kinderärztliche Praxis üblich und typisch. In kinderärztlichen Praxen werden auch "Darmsanierungen" durchgeführt, wenn eine entsprechende Indikation vorliegt. Die Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb sich ihr Patientengut von dem Patientengut der Vergleichsgruppe so erheblich unterscheidet, dass bei ihr der Anteil an Patienten, bei denen eine Darmsanierung erforderlich ist, erheblich höher als in der Vergleichsgruppe ist. Der Hinweis auf die mutiplen Erkrankungen (Infektanfälligkeit, Asthmoide Bronchitis, Neurodermitis, chronische Infekte, allergische Erkrankungen etc.) weist auf kein besonderes Patientengut hin, vielmehr sind auch diese Erkrankungen für das Patientengut einer kinderärztlichen Praxis typisch. Die Klägerin hat es unterlassen, dezidiert Einzelfälle anzugeben, die es rechtfertigen, von einer Besonderheit in ihrer Praxis auszugehen.
Zutreffend hat der Beklagte auch einen Kausalzusammenhang zwischen dem Minderaufwand bei der Verordnung physikalisch-medizinischer Leistungen im Vergleich zum Fallwert der Verordnungsweise der Klägerin festgestellt. Dieser Minderaufwand ist im Wesentlichen bedingt durch die erhöhte Behandlungstätigkeit der Klägerin im Bereich der physikalisch-medizinischen Leistungen. Ihre Honoraranforderung für derartige Leistungen überschreitet den Vergleichswert um 794,9 %, die Klägerin hat auch nicht ansatzweise dargelegt, inwieweit sie durch erhöhte Verordnungen physikalisch-medizinische Leistungen eingespart hat. Entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten ist auch ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem geringeren Sprechstundenbedarf der Klägerin und der erhöhten Verordnungsweise nicht offensichtlich. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte darauf hinweist, dass bei der erhöhten Honoraranforderung der Klägerin die Unterschreitung beim Sprechstundenbedarf nicht nachvollziehbar sei, da eine erhöhte Behandlungstätigkeit auch eine vermehrte Anforderung von Sprechstundenbedarf nach sich ziehen müsste und daraus den Schluss gezogen hat, dass die Verordnungstätigkeit der Klägerin wohl in erster Linie auf den Bereich der Einzelverordnungen beschränkt sei. Dies spreche für eine unwirtschaftliche Verordnungsweise.
Da Praxisbesonderheiten und kausale Einsparungen vom Beklagten zutreffend verneint wurden, ist es nicht zu beanstanden, wenn er im Hinblick auf die Überschreitung des Vergleichswertes von einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise ausging und einen Regress aussprach. Da auch nach Berücksichtigung des festgesetzten Regresses der Verordnungswert der Klägerin den Vergleichswert der Fachgruppe noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses überschreitet, sind entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten keine höheren Anforderungen an die Begründung bei der Festsetzung des Kürzungsbetrages zu stellen. Der Beklagte hat vielmehr seine Entscheidung hinreichend und ausführlich begründet. Es ist nicht beurteilungsfehlerhaft, wenn er im vorliegenden Fall die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis mit 47,5 % festgelegt hat.
Die Berufung der Klägerin erweist sich somit als unbegründet.
Bei der Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 Abs.1 und 4 SGG ist zu berücksichtigen, dass die Berufung der Klägerin erfolglos blieb.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines vom Beklagten gegen die Klägerin bestätigten Arzneimittelregresses streitig, den der Prüfungsausschuss in Höhe von 10 % der Einzelverordnungen im Quartal II/95 wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise festgesetzt hatte.
Die Klägerin ist als Kinderärztin in ... niedergelassen und als Vertragsärztin zugelassen. Sie rechnete im Quartal II/95 ingesamt 954 Fälle von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beigeladenen zu 1) ab. Der Durchschnitt der Vergleichsgruppe brachte 1.125 Fälle zur Abrechnung, so dass die Klägerin mit ihrer Fallzahl um 15,2 % unter dem Durchschnitt lag. Mit ihrer Honoraranforderung von 988.260 Punkten erzielte sie einen Fallwert von 1.035,9 Punkten, der den Durchschnittsfallwert der Vergleichsgruppe von 725,1 Punkten um 310,7 Punkte oder 42,9 % übertraf. Ihre Honoraranforderung lag in allen Leistungsgruppen über dem Durchschnittswert der Vergleichsgruppe, mit Ausnahme der speziellen Laboruntersuchungen und radiologischen Leistungen, die sie nicht abrechnete. Auffällig ist die Überschreitung der Vergleichswerte bei den Besuchen (+ 111,6 %) und den physikalisch-medizinischen Leistungen (+ 794,9 %). Während die Klägerin einen Anteil von 4,0 Prozent an Aktivüberweisungen hatte, beträgt der Vergleichswert der Fachgruppe 5,6 %.
Im Quartal II/95 verordnete die Klägerin Arzneikosten in Höhe von 51.833,59 DM. Dies führte zu einem Fallwert von 55,86 DM gegenüber den durchschnittlichen Verordnungskosten der Arztgruppe von 34,08 DM. Damit wurde der Vergleichswert um 63,9 % überschritten. Der Sprechstundenbedarf der Klägerin betrug in diesem Quartal 1.626,99 DM, dies ergibt einen Fallwert von 1,75 DM. Der Fallwert der Vergleichsgruppe beträgt 2,76 DM und wird somit von Klägerin um 36,6 % unterschritten. Insgesamt verordnete die Klägerin physikalisch-medizinische Leistungen im Wert von 1.186,20 DM. Der erzielte Fallwert von 1,59 DM unterschreitet den durchschnittlichen Fallwert der Arztgruppe von 6,28 DM um 74,7 %.
Mit Schreiben vom 20.12.1995 bzw. 22.01.1996 beantragten die Beigeladenen zu 2) und 3) die Verordnungsweise der Klägerin auf ihre Wirtschaftlichkeit hin durch eine Prüfung nach Durchschnittswerten zu überprüfen. Sie wiesen dabei auf die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes um 63,9 % hin und legten die Leistungsnachweise und Verordnungsblätter vor. Die Klägerin wurde von den Anträgen der Beigeladenen informiert und es wurde ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1996, beschlossen in der Sitzung am 31. Juli 1996, sprach der Prüfungsausschuss Ärzte, Niederbayern bei den Einzelverordnungen einen Regress in Höhe von 10 % aus. Entsprechend den Erkenntnissen im Vorquartal habe auch die neuerliche Durchsicht der Verordnungsblätter der AOK Bayern (Fallnr. 1 bis 63) im Wesentlichen die Feststellungen aus dem Quartal I/95 bestätigt. Es wurden dann sechs Fälle namentlich benannt aus denen sich ergebe, dass häufig Medikamente ohne ausreichende bzw. fehlende Diagnose bzw. ohne Leistungseintrag verordnet worden seien. Die Benennung von Fällen mit entsprechender Unwirtschaftlichkeit wäre noch weiter fortsetzbar, jedoch sei im Hinblick auf die Überschreitungen im offensichtlichen Missverhältnis davon abgesehen worden, nachdem eine Praxisbesonderheit, die einen Mehraufwand erfordere, in dem überprüften Bereich nicht feststellbar gewesen sei. Der Regress betrage für die antragstellende Kassen 3.992,17 DM.
Gegen diesen Bescheid lies die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen. Zur Begründung des Widerspruchs wurde vorgetragen die Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts sei zunächst auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen. Die spezielle Ausbildung der Klägerin und die Praxislage führten zu einem speziell selektierten Patientengut. Sie behandle insbesondere Frühgeburten, Kinder mit Entwicklungsstörungen, Allergiker, Neurodermitiker und Patienten mit psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerdebildern. Insbesondere seien in dem Quartal II/95 40 Patientenkinder betreut worden, bei denen aufgrund der multiplen Erkrankungen eine Darmsanierung erforderlich gewesen sei. Die Kosten hierfür wirkten sich pro Fall mit 9,22 DM aus, die als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen seien. Daneben habe die Klägerin kompensatorische Einsparungen bei den physikalisch-medizinischen Verordnungen erzielt, die sich pro Fall mit 5,70 DM auswirkten. Bei Berücksichtigung dieser Umstände ergebe sich ein bereinigter Fallwert von 40,94 DM der nurmehr um 18,49 % über dem Vergleichwert liege und damit im Bereich der Übergangszone. Ein Arzneimittelregress sei deshalb nicht gerechtfertigt.
Mit Bescheid vom 19. Juni 1997 (beschlossen am 19. März 1997) wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Auf Antrag der Beigeladenen sei in der Sitzung eine eingehende Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt worden. Dabei sei die Methode des statistischen Fallkostenvergleichs mit der Fachgruppe der "Kinderärzte Bayerns" unter Zurgrundelegung des arithmetischen Mittelwertes als sachgerechte und praktikable Prüfmethode gewählt worden. Im Hinblick auf die Fallzahl und die Überschreitungswerte sei eine Einzelfallprüfung nicht durchzuführen gewesen. Dabei sei bei der Arzneitmittelverordnung die Grenze zum sogenannten offensichtlichen Missverhältnis überschritten worden, dies begründe die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Praxisbesonderheiten und kompensatorische Einsparungen, die die Überschreitung rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar gewesen. Die Auffassung der Klägerin, dass sich ihr Patientengut so ungewöhnlich zusammensetze, das die Prämisse der statistischen Wirtschaftlichkeitsbeweises, wonach die Häufigkeit der indizierten Behandlungen bei gleicher ärztlicher Spezialisierung gleich sei, nicht mehr zutreffe, habe sich nach Durchsicht der Behandlungsausweise nicht bestätigt. Allein der pauschale Hinweis auf Frühgeburten, Kinder mit Entwicklungsstörungen, Allergiker, Neurodermitiker und Patienten mit psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerdebildern sei zum Nachweis eines außergewöhnlichen Patientengutes nicht ausreichend. Die Behandlung von Kindern mit diesen Beschwerdebildern sei für die kinderärztliche Praxis üblich und typisch. Auch für die Kosten der behaupteten "Darmsanierung" bei 40 Patientenkindern könne ein Mehraufwand nicht anerkannt werden. Es sei nicht einmal ansatzweise dargelegt worden, inwieweit die "multiplen Erkrankungen" eine Darmsanierung erforderlich machten und inwieweit dadurch ein Mehraufwand an Medikamentenkosten verursacht worden sei. Zur Behandlung von Patienten mit einer Darmmykose sei festzustellen, dass ca. 80 % aller Menschen und Kinder an einem Darmpilzbefall leiden. Die Behandlung dieser Erkrankung sei nur extrem selten notwendig. Eine Heilung sei nahezu nicht möglich. Die vom Prüfungsausschuss dargelegten Fälle (1 bis 63 der AOK Bayern) seien nochmals einer Prüfung unterzogen worden unter Berücksichtigung der Argumente der Klägerin. Zusammenfassend sei festzustellen, dass es sich bei den überprüften Fällen um ein für kinderärztliche Praxen durchaus übliches Patientengut handle. Die vom Prüfungsausschuss festgestellten Unwirtschaftlichkeiten hätten sich bestätigt: "Mehrfachverordnungen gleichsinnig wirkender Mittel sowie Verordnungen, ohne dass aus den verzeichneten Diagnosen eine entsprechende Indikation ersichtlich sei". Es sei davon auszugehen, dass der Mehraufwand bei den einzelnen Verordnungen aus einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise resultiere.
Die Unterschreitung beim Sprechstundenbedarf sei nicht relevant und werde durch die vorliegende erhebliche Überschreitung bei den Einzelverordnungen in Höhe von etwa 20.200,00 DM relativiert. Im Hinblick auf die massive Überschreitung beim Gesamthonorar in Höhe von etwa 24.000,00 DM sei die Unterschreitung beim Sprechstundenbedarf auch nicht nachvollziehbar, nachdem eine erhöhte Behandlungstätigkeit auch eine vermehrte Anforderung von Sprechstundenbedarf nach sich hätte ziehen müssen. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit die Unterschreitung bei den veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen die Folge der Mehraufwendungen bei den Einzelverordnungen sei. Die Klägerin habe hierzu keinen kausalen Nachweis erbracht. Hier sei auch die Überschreitung bei den in eigener Praxis erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen miteinzubeziehen. Dabei werde die im vorliegenden Prüfquartal festgestellte Unterschreitung bei den veranlassten physikalisch-medizinischen Leistungen in Höhe von etwa 3.500,00 DM durch die in der Leistungsgruppe 9 vorliegenden Überschreitung in Höhe von etwa 2.395,00 DM nahezu aufgewogen. Auch die feststellbaren Unterschreitungen bei den Krankenhauseinweisungen und den veranlassten Überweisungen ständen in keinem offensichtlichen Kausalzusammenhang mit der Verordnungstätigkeit. Hier habe es die Klägerin versäumt, anhand von Einzelfällen eine konkrete Kausalbeziehung herzustellen. Nach Kürzung verbleibe der Klägerin eine Überschreitung des Vergleichswertes von 51,2 %, die einem Betrag von etwa 16.200,00 DM entspreche. Diese Restüberschreitung sei auf der Basis vom Fallwert der Klägerin nach Abzug des tatsächlichen Regressbetrages für die am Verfahren beteiligten Krankenkassen berechnet worden. Auch die Berechnung der Restüberschreitung auf der Grundlage des im Tenor angegebenenen Prozentsatzes des Regeresses ergebe eine Restüberschreitung von 47,5 % oder etwa 15.022,00 DM, die damit ebenfalls nach wie vor im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege. Nachdem bereits im Vorquartal I/95 eine Prüfmaßnahme in Form einer schriftlichen Beratung ausgesprochen worden sei, sei in den Folgequartalen zwar eine rückläufige Tendenz bei den Arzneiverordnungen feststellbar. Mit den vorliegenden Abweichungen von 43,5 % bzw. 34,8 % in den Quartalen III und IV/95 lägen aber immer noch erhebliche Überschreitungen vor.
Der Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 20. Juni 1997 zugestellt.
Die dagegen erhobene Klage ging am 25. Juni 1997 beim Sozialgericht München ein. Zur Begründung der Klage wiederholten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Wesentlichen die Widerspruchsbegründung. Der Beklagte habe die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Praxisbesonderheiten und Einsparungen zu Unrecht nicht berücksichtigt. Der Klagebegründung lag eine Stellungnahme der Klägerin zu den beanstandeten Einzelfällen bei.
Mit Urteil vom 9. Dezember 1998 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klägerin sei im Rahmen der zulässigen statistischen Vergleichsprüfung zutreffend mit den Kinderärzten verglichen worden. Da ihre Verordnungsweise pro Fall den durchschnittlichen Verordnungswert der Kinderärzte Bayerns in einem Maße überschreite, der im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses liege, sei die Vermutung einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise gerechtfertigt. Die Klägerin habe diese Vermutung weder durch das Vorliegen von Praxisbesonderheiten noch durch nachgewiesene kausale Einsparungen wiederlegen können. In seinem Urteil ging das Sozialgericht dann vor allem auf die Frage ein, ob Praxisbesonderheiten und kausale Einsparungen bereits auf der ersten Stufe der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder auf einer sogenannten dritten Stufe zu berücksichtigen seien. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. März 1999 zugestellt.
Die dagegen eingelegte Berufung ging am 17. März 1999 beim Bayerischen Landessozialgericht ein. Zur Begründung der Berufung wurde zunächst ausgeführt, das Urteil des Sozialgerichts München könne keinen Bestand haben, da es die vom BSG aufgestellten Grundsätze zur Darlegung und Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten verkenne und zu Unrecht davon ausgehe, dass der Bescheid des Beschwerdeausschusses ermessensfehlerfrei sei. Der Beklagte hätte bereits auf der ersten Stufe der Wirtschaftlichkeitsprüfung berücksichtigen müssen, dass in der Praxis der Klägerin Praxisbesonderheiten gegeben seien, die den Überschreitungswert bei den Verordnungskosten erklärten, so dass die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit widerlegt sei. Die Klägerin habe bereits im Widerspruchsverfahren dargelegt, dass die hohen Verordnungskosten auf einige schwere Fälle zurückzuführen seien. Es handle sich dabei um 40 Patienten mit mutiplen Erkrankungen (Infektanfälligkeit, Asthmoide Bronchitis, Neurodermitis, chronische Infekte und allergische Erkrankungen). Bei diesen Patienten habe eine aufwende Darmsanierung durchgeführt werden müssen. Die Verordnungkosten für diese Darmsanierung hätten etwa 220,00 DM je Fall betragen, insgesamt also 8.800,00 DM. Dies ergebe einen berechtigten Mehraufwand von 9,22 DM je Fall, welche vorab von dem Fallwert bei den Verordnungskosten abzuziehen sei. Dabei habe es sich um ein atypisches Patientenklientel gehandelt, welches zu einem erheblichen höheren Aufwand an Verordnungskosten führe und daher als Praxisbesonderheit einzustufen sei. Auf diesen Umstand sei bereits in der Widerspruchsbegründung hingewiesen worden, dabei sei die Diagnose, die Therapie, sowie der dadurch verursachte Mehraufwand dargelegt worden. Auch wenn die Patienten nicht namentlich in einer Liste aufgeführt worden seien, so sei dies ganz offensichtlich nicht der Grund dafür, dass der Beklagte diese Patienten nicht als Praxisbesonderheit anerkannt habe. Er habe vielmehr ausgeführt, zusätzlich müsse geklärt werden, ob durch die Darmsanierung überhaupt ein Behandlungserfolg, das heißt eine Heilung eingetreten sei. Diese Erwägungen seien sachfremd. Der Heilungserfolg sei nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit, könne dies auch gar nicht sein. Ein Nachweis der Kausalität zwischen Therapie und Heilungserfolg sei regelmäßig nicht möglich und auch nicht gefordert. Ausreichend sei vielmehr, dass entsprechende Diagnosen vorlägen und eine dazu passende Therapie durchgeführt worden sei. Dies sei der Fall. Allein bei Berücksichtigung des durch die Darmsanierung erforderlichen Mehraufwandes mit 9,22 DM pro Fall ergebe sich ein bereinigter Fallwert von 46,64 DM der nurmehr um 12,09 DM über dem Wert der Vergleichsgruppe von 34,55 DM liege. Mit der daraus resultierenden Vergleichswertüberschreitung von 34,9 % läge die Klägerin im Bereich der Übergangszone und das offensichtliche Missverhältnis entfalle damit, so dass die Unwirtschaftlichkeit nicht mehr indiziert sei. Zu Unrecht nehme das Sozialgericht auch an, dass keine kausalen Einsparungen vorlägen. Die Einsparungen bei den Kosten für Sprechstundenbedarf hätten berücksichtigt werden müssen. Hier verbrauche die Klägerin 1,01 DM weniger pro Fall als die Vergleichsgruppe. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Einsparungen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie niedrig seien. Die Erwägung des Beklagten, dass die Einsparung allein wegen ihrer geringen Höhe nicht relevant sei, sei sachfremd. Zwischen den Verordnungskosten bei Arznei und den Kosten beim Sprechstundenbedarf läge ein offensichtlicher und sachlicher Zusammenhang vor, so dass die Kausalität gegeben sei. Wolle man den Nachweis im Einzelfall verlangen, so würde man die Mitwirkungspflicht des Vertragsarztes überspannen. Ein offensichtlicher Zusammenhang könne von den Prüfgremien nicht ignoriert werden. Bei Berücksichtigung der Einsparungen beim Sprechstundenbedarf würde der Überschreitungswert weiter zurückgehen, und zwar auf 32,1 %. Der Beklagte hätte auch berücksichtigen müssen, dass die im Vorquartal ausgesprochene schriftliche Beratung sich in dem hier streitgegenständlichen Quartal noch nicht auswirken konnte. Immerhin zeigten die Werte in den Folgequartalen, dass die Klägerin ihr Verordnungsverhalten umgestellt habe. Die Werte seien stark nach unten gegangen. Im Quartal IV/95 habe nur noch eine Überschreitung der Arzneikosten in Höhe von 29,2 % vorgelegen. Schließlich liege auch ein Begründungsmangel hinsichtlich der Höhe der Kürzungsmaßnahme vor. Nach Abzug des Regresses verbleibe es bei einer Restüberschreitung von 47,5 %, d.h. bei einem Überschreitungswert in der Übergangszone. Nach der Rechtsprechung des BSG hätte der Beklagte deshalb begründen müssen, warum die Kürzungsmaßnahme so und nicht anders ausfalle. Hätte nämlich eine Überschreitung von lediglich 50 % vorgelegen, wäre die Klägerin gar nicht erst in ein Prüfungsverfahren gekommen, so dass sie nun schlechter dastehe, als bei einer ursprünglich höheren Überschreitung. Das Fehlen einer Begründung bei Ermessensentscheidungen, d.h. das Fehlen der Darlegung der wesentlichen Ermessenserwägungen sie nach der Rechtsprechung regelmäßig ein Indiz für das Vorliegen eines Ermessensfehlers. Insofern liege selbst dann noch ein Begründungmangel und damit ein Ermessensfehler vor, wenn man annehme, dass die Restüberschreitung sich noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses bewege. Der Beklagte sei verpflichtet, zumindestens kurz darzulegen, wie er gerade zu der verfügten Kürzungshöhe gekommen sei.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Dezember 1998 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24. Oktober 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin habe auch in ihrer Berufungsbegründung versäumt, Praxisbesonderheiten substantiiert darzulegen. Dem Klägervortrag sei weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren zu entnehmen, in welcher Weise sich die Zusammensetzung des Patientengutes von dem der Vergleichsgruppe wesentlich unterscheide; insbesondere ließen die Ausführungen der Klägerin eine Erläuterung von Einzelfällen vermissen. Bei den als Praxisbesonderheiten pauschal angeführten 40 Patienten mit multiplen Erkrankungen habe es die Klägerin unterlassen aufzuzeigen, inwieweit eine Darmsanierung erforderlich gewesen sei und hierdurch ein Mehraufwand an Medikamenten verursacht worden sei. Die Ansicht der Klägerin, der Beklagte habe sich bei der Entscheidungsfindung am Behandlungserfolg orientiert, sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe bereits die Erforderlichkeit der Darmsanierung gemessen an der Diagnose nicht darlegen können. Der pauschale Hinweis auf den Ausbildungsstand der Klägerin und die Praxislage können für sich gesehen keine Begründung darstellen, um aus objektiver Sicht eine Praxisbesonderheit festzustellen und berücksichtigen zu können. Praxisbesonderheiten hätte der Beklagte auch bei Durchsicht der Verordnungsblätter nicht erkennen können. Die Durchsicht der Verordnungsblätter sei nicht nur im Rahmen der Amtsermittlungspflicht, sondern vor allem als Hilfestellung in dem Bemühen um eine wirtschaftliche Versorgungsweise der Klägerin erfolgt. Sie habe gezeigt, dass die Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes auf einen nicht unerheblichen Anteil unwirtschaftlicher Verordnungen zurückzuführen sei und nicht wie von der Klägerin behauptet durch Praxisbesonderheiten bedingt sei. Es wäre die Aufgabe der Klägerin gewesen, die individuellen Umstände, die atypische Zusammensetzung ihres Patientenklientels, vorzutragen, um den Anschein der Unwirtschaftlichkeit ausräumen zu können. Von Amts wegen hätten keine Praxisbesonderheiten festgestellt werden können, der Klägervortrag weise ebenfalls keine zu berücksichtigenden Besonderheiten auf, die den Anschein der unwirtschaftlichen Verordnungsweise beseitigen könnten.
Die Beigeladene zu 2) und 3) beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie die Klageakte, Az.: S 32 KA 943/97, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 19/99, vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie statthafte (§ 143 i.V.m. § 144 Abs.1 Nr.1 SGG) Berufung ist zwar zulässig aber unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 1997, der allein Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat mit dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 9. Dezember 1998 im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes und auch der Klägerin ist es aber in dem vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung, ob die Praxisbesonderheiten bzw. kausalen Einsparungen bereits auf der ersten Prüfungsstufe zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist vielmehr, dass der Beklagte zutreffend das Vorliegen von Praxisbesonderheiten und kausalen Einsparungen zu Recht verneint hat.
Nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung unter anderem durch die arztbezogene Prüfung und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten geprüft. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die in der Praxis der Prüfgremien entwickelte und durch die Rechtsprechung bestätigte Methode des statistischen Kostenvergleichs als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Tätigkeit anerkannt und als Regelprüfmethode übernommen (ständige Rechtsprechung des Senates und des BSG siehe auch SozR 3-2500 § 106 Nr.26 S.145).
Die Prüfung nach Durchschnittswerten bei den Verordnungskosten erfolgt dabei im Wege einer Gegenüberstellung der durchschnittlich pro Fall durch die Verordnungen verursachten Kosten des geprüften Arztes einerseits und die der Gruppe vergleichbarer Ärzte andererseits. Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist somit der durchschnittliche Behandlungsaufwand der Ärzte der Vergleichsgruppe in dem zu prüfenden Quartal. Eine Unwirtschaftlichkeit ist dann anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und in Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann. Wann diesem der Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichneten Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemein verbindlichen Festlegung. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte bei einer Überschreitung des Vergleichswertes von 63,9 % bei den von der Klägerin verordneten Arzneikosten von einem offensichtlichen Missverhältnis ausgeht. Es ist dabei nicht zulässig, die Wirtschaftlichkeitsprüfung auf eine ausschließlich statistische Untersuchung zu verkürzen (BSG a.a.O. S.147). Die statistische Betrachtung macht somit nur einen Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung aus und ist durch eine intellektuelle Prüfung und Entscheidung zu ergänzen, bei der die für die Frage der Wirtschaftlichkeit relevanten medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkte in Rechnung zu stellen sind (siehe BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 S.125). Das Gesetz hat der Bedeutung der Berücksichtigung medizinisch-ärztlicher Gesichtspunkte bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung dadurch Ausdruck verliehen, dass es diese Prüfung besonderen, von den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen zu bildenden Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen übertragen und für diese eine sachkundige Besetzung mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen vorgeschrieben hat (§ 106 Abs.4 Satz 2 SGB V). Hätten die Prüfgremien ausschließlich Ergebnisse statistischer Untersuchungen nachzuvollziehen, hätte es einer derartigen sachkundigen Besetzung nicht bedurft.
Zutreffend hat der fachkundig besetzte Beklagte nach Überprüfung der Unterlagen festgestellt, dass der von der Klägerin verursachte hohe Arzneimittelaufwand weder durch Praxisbesonderheiten noch durch kausale Einsparungen verursacht ist, sondern auf eine unwirtschaftliche Verordnungsweise der Klägerin zurückzuführen ist. Als Praxisbesonderheiten des geprüften Arztes kommen nur solche Umstände in Betracht, die sich auf das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe typischerweise nicht oder nicht in der selben Häufigkeit anzutreffen sind. Für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit ist es deshalb nicht ausreichend, dass bestimmte Leistungen in der Praxis eines Arztes erbracht werden. Es wäre deshalb Aufgabe der Klägerin gewesen, substantiiert darzutun, inwiefern sich ihre Praxis gerade in Bezug auf diese Merkmale von den anderen Praxen der Fachgruppe unterscheidet. Die Ausbildung und die Praxislage der Klägerin allein rechtfertigt die Annahme von Praxisbesonderheiten nicht. Frühgeburten, Kinder mit Entwicklungsstörungen, Allergiker, Neurodermitiker und Patienten mit psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerdebildern sind, wie der Beklagte zutreffend festgestellt hat, für die kinderärztliche Praxis üblich und typisch. In kinderärztlichen Praxen werden auch "Darmsanierungen" durchgeführt, wenn eine entsprechende Indikation vorliegt. Die Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb sich ihr Patientengut von dem Patientengut der Vergleichsgruppe so erheblich unterscheidet, dass bei ihr der Anteil an Patienten, bei denen eine Darmsanierung erforderlich ist, erheblich höher als in der Vergleichsgruppe ist. Der Hinweis auf die mutiplen Erkrankungen (Infektanfälligkeit, Asthmoide Bronchitis, Neurodermitis, chronische Infekte, allergische Erkrankungen etc.) weist auf kein besonderes Patientengut hin, vielmehr sind auch diese Erkrankungen für das Patientengut einer kinderärztlichen Praxis typisch. Die Klägerin hat es unterlassen, dezidiert Einzelfälle anzugeben, die es rechtfertigen, von einer Besonderheit in ihrer Praxis auszugehen.
Zutreffend hat der Beklagte auch einen Kausalzusammenhang zwischen dem Minderaufwand bei der Verordnung physikalisch-medizinischer Leistungen im Vergleich zum Fallwert der Verordnungsweise der Klägerin festgestellt. Dieser Minderaufwand ist im Wesentlichen bedingt durch die erhöhte Behandlungstätigkeit der Klägerin im Bereich der physikalisch-medizinischen Leistungen. Ihre Honoraranforderung für derartige Leistungen überschreitet den Vergleichswert um 794,9 %, die Klägerin hat auch nicht ansatzweise dargelegt, inwieweit sie durch erhöhte Verordnungen physikalisch-medizinische Leistungen eingespart hat. Entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten ist auch ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem geringeren Sprechstundenbedarf der Klägerin und der erhöhten Verordnungsweise nicht offensichtlich. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte darauf hinweist, dass bei der erhöhten Honoraranforderung der Klägerin die Unterschreitung beim Sprechstundenbedarf nicht nachvollziehbar sei, da eine erhöhte Behandlungstätigkeit auch eine vermehrte Anforderung von Sprechstundenbedarf nach sich ziehen müsste und daraus den Schluss gezogen hat, dass die Verordnungstätigkeit der Klägerin wohl in erster Linie auf den Bereich der Einzelverordnungen beschränkt sei. Dies spreche für eine unwirtschaftliche Verordnungsweise.
Da Praxisbesonderheiten und kausale Einsparungen vom Beklagten zutreffend verneint wurden, ist es nicht zu beanstanden, wenn er im Hinblick auf die Überschreitung des Vergleichswertes von einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise ausging und einen Regress aussprach. Da auch nach Berücksichtigung des festgesetzten Regresses der Verordnungswert der Klägerin den Vergleichswert der Fachgruppe noch im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses überschreitet, sind entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten keine höheren Anforderungen an die Begründung bei der Festsetzung des Kürzungsbetrages zu stellen. Der Beklagte hat vielmehr seine Entscheidung hinreichend und ausführlich begründet. Es ist nicht beurteilungsfehlerhaft, wenn er im vorliegenden Fall die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis mit 47,5 % festgelegt hat.
Die Berufung der Klägerin erweist sich somit als unbegründet.
Bei der Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 Abs.1 und 4 SGG ist zu berücksichtigen, dass die Berufung der Klägerin erfolglos blieb.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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