Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 KA 5137/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 511/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. November 1998 (Quartal 1/95) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten des Berufungverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kürzung des vom Kläger angeforderten Honorars im Quartal I/95 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.
Der Kläger ist als Zahnarzt in München niedergelassen und als Vertragszahnarzt zugelassen. Am 18. März 1996 beantragten die Landesverbände der bayerischen Primärkassen und der VdAK/AEV, die Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal I/95 auf ihre Wirschaftlichkeit hin zu überprüfen. Die Gesamtfallzahl des Klägers betrage 191 Fälle gegenüber dem Landesdurchschnitt von 432,6 Fällen. Hier liege eine Unterschreitung um 56 % vor. Je Fall fordere der Kläger 185 Punkte an, während der Landesdurchschnitt 96 Punkte betrage und vom Kläger somit um 93 % überschritten werde. Das Honorar je Fall betrage beim Kläger 301,00 DM, während der Landesdurchschnitt 150,00 DM betrage. Hier liege eine Überschreitung um 101 % vor. Damit liege die prozentual Abweichung beim Gesamtfallwert im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses.
Mit Schreiben vom 20. März 1996 wurde der Kläger vom Prüfantrag der Krankenkassen informiert. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, zu den Prüfantrag eine praxisbezogene, fachliche Stellungnahme einzureichen. Bis zur mündlichen Verhandlung des Prüfungsausschusses, von der der Kläger informiert wurde, ging eine solche Stellungnahme beim Prüfungsausschuss nicht ein.
Mit Prüfbescheid vom 8. Januar 1997 kürzte der Prüfungsausschuss 65 % der Leistungen der Bema-Nr.10, 55 % der Leistungen der Bema-Nr.25, 35 % der Leistungen der Bema-Nr.49 und 30 % der Leistungen der Bema-Nr.106. Daneben fanden noch mehrere Umsetzungen bei der Bema-Nr.935d und der Bema-Nr.525d statt und es wurden 10 Leistungen der Bema-Nr.935d abgesetzt. Die Vergütungberichtigung belief sich auf insgesamt 4.739,58 DM. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund einer fehlenden Stellungnahme seien dem Prüfungsausschuss keine Praxisbesonderheiten bzw. besondere Behandlungsmethoden bekannt, die die prozentuale Abweichungen erklären könnten.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er hinsichtlich der Kürzung bei den Leistungen den Bema Nrn.10, 25, 49 und 106 ausführte, er habe in seiner Praxis eine hochqualifizierte Mundhygienikerin angestellt. Deren Aufgabe sei, nicht nur Individualprophylaxe zu betreiben, die direkt mit dem Patienten abgerechnet würde, sondern auch in der Hygienephase vor einer geplanten Behandlung den Patienten gemäß dem Stand der Wissenschaft vorzubehandeln. Dazu gehöre, dass nicht nur Zahnstein entfernt und die Zähne poliert würden, sondern auch, dass die Zähne vor und am Ende einer Behandlung fluoridiert würden. Dies werde über die Bema-Nr.10 abgerechnet. Am Ende einer jeden Therapie würden die Zähne nochmals poliert und dann wiederholt mit Fluoridlack versiegelt. Dies erkläre den hohen Anteil an Leistungen nach der Bema-Nr.10 im Vergleich zu anderen Praxen. Hinsichtlich der Bema-Nr.25 sei festzustellen, dass er pro Jahr ca. 43 Seminare in ganz Deutschland zum Thema Ästhetische Zahnmedizin und Klebetechnik gebe. Der Stand der Wissenschaft sei, dass vor jeder Füllungstherapie eine Hybridschicht aufgebaut werde. Bei dieser Hybridschicht werde zunächst die Dentinoberfläche mit Phosphorsäure konditioniert, anschließend mit einem speziellen hydrophilen Kunststoff imprägniert und mit einem BisGMA versiegelt. Der gesamte Vorgang werde Hybridisierung genannt. Diese Hybridisierung sei die Zeitgemäße cp-Therapie. In sehr vielen Fällen werde zur Vorbereitung einer Abdrucknahme mit dem Elektrotom die Gingiva leicht entfernt. Diese Leistung werde mit der Bema-Nr.49 abgerechnet. In der Hygienephase einer zahnärztlichen Behandlung und in einer Betreuungsphase würden auch regelmäßig Okklusionskontrollen durchgeführt und falls erforderlich, die Zähne leicht eingeschliffen. Diese Leistung werde mit der Bema-Nr.106 abgerechnet. Im Übrigen bezogen sich die Einlassungen des Klägers im Widerspruchsverfahren auf die nicht mehr streitigen Berichtigungen bei den Röntgenleistungen.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1997 - beschlossen am 9. April 1997 - wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Bezüglich der im Berufungsverfahren noch streitigen Gebührenordnungsziffern wurde folgendes ausgeführt: Bema-Nr.10 (üZ): Der Kläger rechne bei 191 Behandlungsfällen 119 Leistungen nach dieser Nummer ab, d.h. 62,3 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 10,2 Leistungen auf 100 Fälle und überschreite damit den Landesdurchschnitt um 511 %. Bei der Anzahl abgerechneten Leistungen sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Nach der Vergütungsberichtigung bleibe eine Mehrabrechnung von ca. 100 % über den Landesdurchschnitt. Damit sei die Stellungnahme des Klägers berücksichtigt. Der Kläger werde ersucht, die Abrechnungsbestimmungen zur Bema-Nr.10 zu beachten, da Pinselungen mit Natriumfluorid keine Leistungen nach diesem Vertrag seien.
Zur Bema-Nr.25 (Cp): Der Kläger rechne bei 191 Behandlungsfällen 240 Leistungen nach dieser Nummer ab. Dies bedeute 125,7 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 22 Leistungen auf 100 Fälle und eine Überschreitung des Landesdurchschnitts um 471 %. Auch hier sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich und zumutbar. Besondere Gründe für die Überschreitung lägen nicht vor. Nach der Vergütungsberichtigung durch den Prüfungsausschuss verbleibe noch ein Abrechnungswert, der nach wie vor im unwirtschaftlichen Bereich liege. Die Bema- Nr.25 sei die indirekte Überkappung zur Erhaltung der gefährdeten Pulpa einschließlich des provisorischen oder temporären Verschlusses der Kavität. Die Anwendung der Bema-Nr.25 sei nur dann angebracht, wenn es durch sie allein möglich sei, die Devitalisierung der Pulpa eines Zahnes zu vermeiden, der erhaltungswürdig und erhaltungsfähig sei.
Zur Bema-Nr.49 (Exc 1): Nach dieser Nummer rechne der Kläger bei 191 Behandlungsfällen 111 Leistungen ab, d.h. 58,1 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 7,9 Leistungen auf 100 Fällen. Hier betrage die Überschreitung des Landesdurchschnittes 635 %. Auch hier sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Die nach der Vergütungsberichtigung verbleibende Abweichung liege nach wie vor im überhöhten Bereich. Die Stellungnahme des Klägers sei durch die verbleibende Mehrabrechnung berücksichtigt. Ebenso sei berücksichtigt, dass parodontale Erkrankungen über syst. Par-Behandlung (24 Fälle) abgerechnet würden.
Zu Bema-Nr.106 (sK): Diese Nummer rechne der Kläger bei 191 Behandlungsfällen 118 mal ab, d.h. 61,8 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 20,3 Leistungen auf 100 Fälle. Hier betrage die Überschreitung 204 %. Auch hier sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Besondere Gründe für die Überschreitung lägen nicht vor. Nach der Vergütungsberichtigung verbleibe ein Abrechnungswert, der noch mehr als das Doppelte des bayerischen Durchschnitts betrage.
Die gegen den am 20. Mai 1997 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhobene Klage ging am 20. Juni 1997 beim SG München ein. Zur ihrer Begründung verwies der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst auf die Ausführungen im Prüfungsverfahren. Der vermehrte Anfall der gekürzten Leistungen nach den Bema-Nrn.10, 25, 49 und 106 sei Folge einer vom Kläger praktizierten Therapieweise, die entsprechend den neuesten wissenschafltichen Kenntnissen konsequent auf Schonung der Zahnsubstanz und auf Zahnerhaltung ausgerichtet sei und damit notwendig, wirtschaftlich und zweckmäßig. Ersichtlich werde dies in der Statistik durch einen unterdurchschnittlichen Anfall von Extrationsleistungen (Bema Nrn. 43 bis 45) und folgegemäß auch bei Brücken und Teilprothesen (Bema Nrn.91 bis 93). Damit hätte sich der Beklagte auseinandersetzen müssen, nachdem der Kläger in der Sitzung den von ihm praktizierten Therapieverlauf dargestellt habe. Die Einsparungen würden bei weitem den Mehraufwand der gekürzten konservativen Leistungen überwiegen. Dies sei umsomehr beachtlich, als der Kläger neben der konservierenden Zahnerhaltung auch einen Tätigkeitsschwerpunkt im Zahnersatz bei Kronen und Teilkronen habe. Wie aus dem Abrechnungsverhalten im Prothetikbereich ersichtlich werde, führten die vom Kläger konsequent betriebenen, konservativen und parodontologischen Vorbehandlungen zu einem weit überdurchschnittlichen Erhalt von Zähnen, ersichtlich an dem überdurchschnittlichen Anfall von Kronen und der unterdurchschnittliche Anzahl von Brücken und Prothesen. Der häufige Ansatz der Leistung nach der Bema-Nr.49 hänge mit den überdurchschnittlich vielen Teilkronen zusammen, die der Kläger angefertigt habe. Hierzu sei es entsprechend häufiger notwendig, störendes Granulationsgewebe und Schleimhaut in der Präparationssitzung zu entfernen. Der Beklagte hätte demnach ein besonderes Kontigent an Leistungen nach der Bema-Nr.49 vor Ermittlung eines offensichtlichen Missverhältnisses berücksichtigen müssen. Dieser Zusammenhang sei angesichts der abgerechneten Fallzahlen offenkundig. Damit hätte sich der Beklagte in seinem Bescheid auseinandersetzen müssen. Von daher sei der angegriffene Bescheid wegen fehlerhaftem Ermessensgebrauch aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung am 12. November 1998 verband das Sozialgericht den vorliegenden Rechtsstreit mit zwei weiteren Streitsachen des Klägers zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Hinsichtlich der Einzelfallberichtigungen bei den Röntgenleistungen nahm der Kläger die Klagen zurück. Der Kläger beantragte, den Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 1997 (9. April 1997) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu verbescheiden.
Mit Urteil vom 12. November 1998 wies das Sozialgericht u.a. die Klage, das 1. Quartal 1995 betreffend, ab. Es bestehe kein Zweifel, dass der Kläger mit den übrigen bayerischen Vertragszahnärzten vergleichbar sei. Auch wenn er sich selbst als einen Spezialisten für Ästhetische Zahnmedizin und Klebetechnik bezeichne und insbesonder der Vorbereitung von Füllungen besondere Aufmerksamkeit schenke, so sei dies keine Praxisbesonderheit, die einen Vergleich mit den anderen Zahnärzten in Bayern ausschließen würde. Dasselbe gelte hinsichtlich der Beschäftigung einer angestellten Mundhygienikerin in der Praxis. Eine besondere Behandlungsweise sei als solche grundsätzlich keine Praxisbesonderheit. Dass beim Kläger ein besonderes Patientengut vorliege, sei weder erkennbar noch von ihm geltend gemacht worden. Ein besonderes Leistungsangebot eines Zahnarztes könne keine Praxisbesonderheit im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes sein. Für die Frage der Wirtschaftlichkeit komme es nämlich nicht auf die Fähigkeiten oder das Leistungsangebot des Arztes an, sonderen allein auf den Behandlungsbedarf der Patienten. Dieser orientiere sich in der gesetzlichen Krankenversicherung allein an der Notwendigkeit und nicht an etwaigen besonderen Fähigkeiten oder Vorlieben des Behandlers. Letztlich laufe die Darstellung des Klägers, wonach er eine besonders qualifizierte Zahnmedizin biete, daraufhinaus, dass seine Behandlung besser, sorgfältiger und mehr auf dem Stand der Wissenschaft seien als die seiner Vergleichsgruppe, also der Allgemeinheit der Vertragszahnärzte in Bayern. Ein derartiges Vorbringen sei nach der Rechtsprechung des BSG insofern unschlüssig, als vorausgesetzt werden dürfe, dass im Verhältnis zum geprüften Zahnarzt der Durchschnitt aller bayerischen Vertragszahnärzte, die zumindestens grundsätzlich über die gleiche Berufsausbildung verfügten, nicht ein solches Maß von weniger qualifizierten Leistungen erbringen werde, dass damit die enormen Durchschnittsüberschreitungen des Klägers, die bei weitem im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses lägen, erklärt werden könnten. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte auf Kürzungen einzelner Gebührenordnungspositionen beschränkt habe. Es handelt sich um Leistungen, die von praktisch allen Zahnärzten in großem Umfang abgerechnet würden, so dass eine statistische Vergleichbarkeit gegeben sei. Es seien Durchschnittsüberschreitungen um mindestens 204 % festgestellt worden und zur Grundlage der Kürzung gemacht. Der Kläger habe diese Positionen mindestens im dreifachen Umfang seiner Vergleichsgruppe abgerechnet. Damit liege zweifelsfrei ein sogenanntes offensichtliches Missverhältnis vor, das die Vermutung der unwirtschaftlichen Behandlungsweise begründe. Der Kläger könne auch nicht mit seiner Behauptung durchdringen, seine sehr sorgfältige Behandlungsweise führe langfristig zu Einsparungen bei Extraktionen und im prothetischen Bereich. Es treffe zwar zu, dass die Extraktionsziffern des Klägers ingesamt relativ niedrig seien, dabei müsse allerdings auch berücksichtigt werden, dass sein Röntgenanteil weit unterdurchschnittlich sei. Mit den Abrechnungswerten der Prothetik liege der Kläger pro Fall weit über den Landesdurchschnitt. Es sei im Hinblick auf die exorbitanten Durchschnittsüberschreitungen deshalb nicht zu beanstanden, dass die Prüfinstanzen ein sogenanntes offensichtliches Missverhältnis angenommen und daraus auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise geschlossen hätten. Bei den Honorarkürzungen seien sie durchaus maßvoll gewesen, indem sie dem Kläger Restüberschreitungen belassen hätten, die durchwegs noch über den doppelten Landesdurchschnittswerten lägen. Ein Ermessensmissbrauch sei deshalb insofern nicht erkennbar.
Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10. Februar 1999 zugestellt. Die dagegen eingelegte Berufung ging am 4. Februar 1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein. Mit Beschluss vom 26. Juli 1999 trennte der Senat die vom Sozialgericht verbundenen Verfahren für das Berufungsverfahren wieder. Zur Begründung der Berufung wird vorgetragen: Grund für die Überschreitung bei den gekürzten Gebührungsordnungspositionen sei die vom Kläger praktizierte Therapieform, die entsprechend den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen konsequent auf Schonung der Zahnsubstanz und auf Zahnerhaltung ausgelegt sei. Der Zahnarzt hafte gegenüber dem Kassenpatienten nach allgemeinen vertrags- und deliktsrechtlichen Grundsätzen. Es sei deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt vom Zahnarzt zu beachten. Im medizinischen Bereich erhöhten sich diese Sorgfaltsanforderungen in dem Maße, in dem der Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft fortschreite. Ein erhöhter wissenschaftlicher Standard und Wissensstand des Behandlers sei daher zugunsten des Patienten einzubringen. Bei den vom Kläger angewandten Behandlungsmethoden und Behandlungsverfahren handele es sich nicht um Außenseitermethoden, die wissenschaftlich - jedenfalls derzeit - nicht nachvollziehbar wären. Als Standard werde die objektiv in wissenschaftlicher Auseinandersetzung und praktischer Bewährung gute, verantworungsbewusste zahnärztliche Übung bezeichnet, die in den fachlichen Fachkreisen als der richtige und sichere Weg zum therapeutischen Erfolg anerkannt sei und subjektiv einem durchschnittlich befähigten und gewissenhaften Zahnarzt auf der jeweiligen Versorgungsstufe erwartet werden könne. Die Praxis des Klägers sei spezialisiert auf Zahnerhaltung, speziell Parodontologie, präventive und restaurative Zahnmedizin. Der Kläger sei Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen und Referent regelmäßiger Seminare auf diesem Gebiet. Er habe zahlreiche, teils mehrmonatige Fortbildungen bei dem international führenden Parodontologen Prof.R ... an der Universität Ann Arbor, Michigan besucht, ferner spezielle Ausbildungen für Goldguß bei Prof.T ... und für Okklusion und Kiefergelenksbehandlungen bei Prof.A ..., beide ebenfalls in Ann Arbor. Er habe seit 1976 mehrere 100 Seminare organisiert und durchgeführt. Er sei Mitglied zahlreicher Gesellschaften und Herausgeber einer wissenschaftlich anerkannten Fachzeitschrift für ästhetische Zahnmedizin. Gemäß seiner Ausbildung und seines Werdegangs sei er inzwischen selbst führend in präventiver Zahnmedizin. Aus diesem Grund würden ihm zahlreiche Patienten aus ganz Deutschland in seinen Spezialbereichen zugewiesen. Der Kläger sei überzeugter Propagandist der Tatsache, dass überdurchnittlicher Hygiene- und Erhaltungsaufwand zu zukünftigen Einsparungen beim Zahnersatz führen werde. Der Gesetzgeber habe dies in der Vergangenheit durch Aufwertung der konservierenden und parondontoloischen Leistungen zu Lasten der Prothetik nachvollzogen. Im Übrigen wiederholte er das Vorbringen des Klägers zur Begründung des Widerspruchs.
Der Berufungsbegründung war ein Internetausdruck der deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde beigelegt, der die Cp-Behandlung/Versorgung pulpanahen Dentins betrifft.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12. November 1998 und des Bescheides des Beklagten vom 20.05.1997, das Quartal I/95 betreffend, verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 08.01.1997 (Quartal I/95) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.
Die Vertreter der Beigeladenen zu 1), 2) und 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie die Klageakte, Az.: S 33 KA 5137/97, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 511/99, zur Entscheidung vor. Auf deren Inhalt, insbesondere der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 1997 (Quartal I/95), der allein Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist, hält einer rechtlichen Prüfung stand. Das Sozialgericht hat deshalb in dem angefochtenen Urteil vom 12. November 1998 die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnittswerten ist in dem streitigen Quartal I/95 § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V i.V.m. den ergänzenden vertraglichen Bestimmungen der Anlage 4a zum Bayerischen Gesamtvertrag-Zahnärzte (GV-2) vom 27. Juli 1983. Mit dem seit 1. Januar 1989 geltenden § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V hat der Gesetzgeber die in der Praxis seit langem angewandte, bis dahin aber im Gesetz nicht verankerte und lediglich durch Richterrecht sanktionierte Methode des statistischen Kostenvergleichs als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der (zahn-) ärztlichen Tätigkeit anerkannt und als Regelprüfmethode übernommen. Er hat zugleich die zur Legimitation einer statistischen Vergleichsprüfung unerlässlicher Annahme gebilligt, dass die Gesamtheit aller (Zahn-) Ärzte im Durchschnitt gesehen wirtschaftlich behandelt, jedenfalls das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen nicht unterschreitet und dass deshalb der durchschnittliche Behandlungsaufwand grundsätzlich ein geeigneter Maßstab für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 § 124).
Von der Methode des statistischen Kostenvergleichs ist der Beklagte auch in dem angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 1997 ausgegangen.
Die statistischen Überschreitungswerte sowohl beim Gesamtfallwert bei den konservierenden-chirurgischen Leistungen als auch bei den gekürzten Leistungspositionen nach dem Bema-Nrn. 10, 25 49 und 106 mit + 101 % (Gesamtfallwert), + 511 % (Nr.10), + 471 % (Nr.25) + 635 % (Nr.49) und + 204 % (Nr.106) legen den Schluss auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte beurteilungsfehlerhaft von einem offensichtlichen Missverhältnis ausgegangen ist, zumal er zutreffend angenommen hat, dass gewisse Überschreitungen nicht durch Praxisbesonderheiten oder kausale Einsparungen in anderen Bereichen gerechtfertigt sind. Der Kläger hat jedenfalls im Verwaltungsverfahren Praxisbesonderheiten bzw. kausale Einsparungen nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
Zur Abrechnung der Leistungen nach der Bema-Nr.10 (ÜZ: "Behandlung überempfindlicher Zahnflächen, für jede Sitzung", bewertet mit 6 Punkten) hat der Kläger im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen ausgeführt, der hohe Anteil an ÜZ im Vergleich zu anderen Praxen erkläre sich daraus, dass er nicht nur Zahnstein entferne und Zähne poliere, sondern die Zähne vor und am Ende einer jeden Therapie nochmals poliere und dann wiederholt mit Fluoridlack versiegle. Damit hat er jedoch keine Praxisbesonderheit im Sinne der Behandlung eines von der Vergleichsgruppe abweichende atypischen besonderen Patientenguts oder einer von der Vergleichsgruppe abweichenden atypischen speziellen Behandlungsausrichtung dargelegt. Das Vorbringen legt vielmehr den Schluss nahe, dass der Kläger den Inhalt der Leistungslegende dcer Nr.10 verkannt und diese Leistung zu häufig angesetzt hat. Nach den vereinbarten Abrechnungsbestimmungen zur Bema-Nr.10 sind prophylaktische Maßnahmen zur Kariesverhütung (z.B. Pinselungen mit Natriumflorid) keine Leistungen im Sinne dieser Leistungsposition. Lediglich die Behandlung eines krankhaften Zustandes mit solchen Mitteln als therapeutische Maßnahme ist abrechnungsfähig. Zudem sind innerhalb einer Sitzung alle vorhandenen überempfindlichen Zahnflächen zu behandeln. Eine mehrfache Abrechnung ist nur zulässig, wenn dieselben Zahnflächen in zeitlichen Abständen (mehreren Sitzungen) wiederholt behandelt werden (vgl. Liebold/Raff/Wissing, Bema, Anm. zur Nr.10). Der Beklagte hat deshalb den Kläger zutreffend darauf hingewiesen, die Abrechnungsbestimmungen zur Bema-Nr.10 zu beachten.
Zur Abrechnung der Bema-Nr.25 (Cp-Behandlung einer tief liegenden Karies:"Indirekte Überkappung zur Erhaltung der gefährdeten Pulpa, ggf. einschließlich des provisorischen oder temporären Verschlusses der Kavität", bewertet mit 12 Punkten), hat er im Wesentlichen vorgebracht, die von ihm durchgeführten Hybridisierung sei die zeitgemäße Cp-Therapie. Damit hat er ebenfalls keine Praxisbesonderheit im vorgenannten Sinne dargelegt, die den im Vergleich zum Durchschnitt aller Zahnärzte Bayerns zu häufigem Ansatz der Nr.25 rechtfertigen könnte. Nach den Abrechnungsbestimmungen können Leistungen nach der Bema-Nr. 25 nur dann abgerechnet werden, wenn es durch sie allein möglich ist, die Devitalisierung der Pulp eines Zahnes zu vermeiden, der erhaltungswürdig und erhaltensfähig ist (vgl. Liebold/ Raff/Wissing, a.a.O., Anm. Nr.1 zu Nr.25). Auch darauf hat der Beklagte den Kläger zutreffend hingewiesen.
Zur Abrechnung der Leistungen nach der Bema-Nr.49 (Exc1: "Eccision von Schleimhaut oder Granulationsgewebe für das Gebiet eines Zahnes", bewertet mit 10 Punkten) hat der Kläger im Verwaltungsverfahren ausgeführt, er habe in sehr vielen Fällen zur Vorbereitung einer Abdrucknahme mit dem Elektrotom die Gingiva leicht entfernt. Damit hat er ebenfalls keine Praxisbesonderheit im vorgenannten Sinne dargelegt, die den häufigen Ansatz der Leistungsposition rechtfertigen würde. Auch ein Kausalzusammenhang zwischen dem beanstandeten Mehraufwand und dem Minderaufwand in anderen Bereichen wurde vom Kläger im Verwaltungsverfahren nicht substantiiert vorgetragen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Beklagte mit seinen Ausführungen: "bei dieser Entscheidung wurde mitberücksichtigt, dass prardontale Erkrankungen über sytematische Par-Behandlung (24 Fälle) abgerechnet werden", kausale Einsparungen anerkennen wollte, so dass auch unschädlich ist, dass der Beklagte insoweit keinen wirtschaftlichen Mehraufwand festgestellt und vorab insoweit dem Fallwert des Klägers bereinigt hat.
Hinsichtlich der Abrechnung der Bema-Nr.106 (sK: "Beseitigen scharfer Zahnkanten oder störender Prothesenränder oder ähnliches, Ätzungen flächenhafter Milchzahn-Karies, je Sitzung", bewertet mit 10 Punkten) hat der Kläger im Widerspruchsverfahren vorgetragen, in der hygienephase einer zahnärztlichen Behandlung und auch in einer Betreuungsphase würden auch regelmäßig Okklusionskontrollen durchgeführt und, falls erforderlich, die Zähne leicht eingeschliffen, diese Leistung sei nach sK abgerechnet worden. Zu Recht hat der Beklagte dieses Vorgehen des Klägers ebenfalls nicht als Praxisbesonderheit gewertet, die den erhöhten Ansatz der Bema-Nr.106 rechtfertigen könnte. Wie die Vergleichswertüberschreitung und der daraus ersichtliche dreimal so häufige Ansatz der Bema-Nr.106 zeigt, rechnet der Kläger offensichtlich diese Nummer nicht nur dann ab, wenn dies objektiv erforderlich ist, weil dies der Zahnzustand der Patienten erfordert. Jedenfalls hat er nicht dargetan, dass sich sein Patientenstamm von dem der durchschnittlichen Patienten in dem bayerischen Zahnarztpraxen unterscheidet und deshalb den dreifachen Ansatz der Bema-Nr.106 gegeüber dem Landesdurchschnitt erforderlich macht. Bei der Bema-Nr.106 handelt es sich um einer Leistung die in der Regel von allen Zahnärzten abgerechnet wird.
Unerheblich ist auch das Vorbringen des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren, wonach er eine besonders qualifizierte Zahnmedizin nach dem neuesten Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft anbiete. Denn die Behauptung, besser, sorgfältiger und gründlicher als seine Fachkollegen zu arbeiten, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schon unschlüssig. Die über die gleiche Berufsausbildung verfügenden Zahnärzte der Vergleichsgruppe erbringe nicht ein solches Maß an weniger qualifizierten Leistungen, dass damit die Überschreitungen erklärt würden (vgl. BSGE 55, 110, 113 = SozR 2200 § 368 Nr.27 S.84). Darauf hat auch schon zutreffend das Sozialgericht hingewiesen.
Ebenfalls nicht von Belang sind die Ausführungen des Bevollmächtigen des Klägers im Berufungsverfahren, die sinngemäß darauf hinauslaufen, dass die Prüfungen der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnittswerten zivilrechtlichen Haftungssätzen widerspricht. Dem ist nicht so. Im Zivilrecht gilt ein objektiver Fahrlässigkeitsbegriff. Der Zahnarzt muss diejenigen Maßnahmen ergreifen, die von einem gewissenhaften und aufmerksamen Zahnarzt aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs vorausgesetzt und erwartet werden (vgl. Müller, Spielregeln für den Arzthaftungsprozess, DRiZ 2000, S.259, 261 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGH). Zivilrechtlicher Sorgfaltsmaßstab ist demnach der jeweilige fachmedizinische Standard. Der zivilrechtliche Sorgfaltsmaßstab deckt sich demnach mit dem Begriff der "Wirtschaftlichkeit" (vgl. zum Verhältnis des zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstabs und der Wirtschaftlichkeitsprüfung Clemens, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1 Krankenversicherungsheft, § 35 Rdnr.15 ff.). Als unwirtschaftlich darf nicht das qualifiziert werden, was nach dem allgemein anerkannten Erkenntnisstand geboten ist. Letztlich ist entscheidend, welcher Behandlungsbedarf medizinisch veranlasst ist. Dabei ist das Abstellen auf die Gesamtheit der zahnärztlichen Fachgruppe eine durch Richterrecht anerkannte und vom Gesetzgeber in § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V übernommene, geeignete Prüfmethode zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 S.124).
Die Höhe der Kürzung ist ebenfalls nicht ermessens- oder begründungsfehlerhaft erfolgt, auch wenn der Beklagte nicht im einzelnen genau berechnet hat, welche Überschreitungen nach Kürzung belassen wurden. Es sind aber sowohl beim Gesamtfallwert der konservierend-chirurgischen Leistungen mit + 84 % als auch bei den einzeln beanstandeten Leistungen mit + 113 % (Nr.10), + 157 & % (Nr.25), + 378,2 % (Nr.49) und + 113 (Nr.106) Überschreitungen belassen worden, die immer noch eindeutig im Bereich des offensichtlichen Missverhältnis liegen. Die Höhe der Kürzung brauchte deshalb auch vom Beklagten nicht besonders begründet zu werden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.36 S.207).
Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. November 1998 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten des Berufungverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kürzung des vom Kläger angeforderten Honorars im Quartal I/95 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.
Der Kläger ist als Zahnarzt in München niedergelassen und als Vertragszahnarzt zugelassen. Am 18. März 1996 beantragten die Landesverbände der bayerischen Primärkassen und der VdAK/AEV, die Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal I/95 auf ihre Wirschaftlichkeit hin zu überprüfen. Die Gesamtfallzahl des Klägers betrage 191 Fälle gegenüber dem Landesdurchschnitt von 432,6 Fällen. Hier liege eine Unterschreitung um 56 % vor. Je Fall fordere der Kläger 185 Punkte an, während der Landesdurchschnitt 96 Punkte betrage und vom Kläger somit um 93 % überschritten werde. Das Honorar je Fall betrage beim Kläger 301,00 DM, während der Landesdurchschnitt 150,00 DM betrage. Hier liege eine Überschreitung um 101 % vor. Damit liege die prozentual Abweichung beim Gesamtfallwert im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses.
Mit Schreiben vom 20. März 1996 wurde der Kläger vom Prüfantrag der Krankenkassen informiert. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, zu den Prüfantrag eine praxisbezogene, fachliche Stellungnahme einzureichen. Bis zur mündlichen Verhandlung des Prüfungsausschusses, von der der Kläger informiert wurde, ging eine solche Stellungnahme beim Prüfungsausschuss nicht ein.
Mit Prüfbescheid vom 8. Januar 1997 kürzte der Prüfungsausschuss 65 % der Leistungen der Bema-Nr.10, 55 % der Leistungen der Bema-Nr.25, 35 % der Leistungen der Bema-Nr.49 und 30 % der Leistungen der Bema-Nr.106. Daneben fanden noch mehrere Umsetzungen bei der Bema-Nr.935d und der Bema-Nr.525d statt und es wurden 10 Leistungen der Bema-Nr.935d abgesetzt. Die Vergütungberichtigung belief sich auf insgesamt 4.739,58 DM. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund einer fehlenden Stellungnahme seien dem Prüfungsausschuss keine Praxisbesonderheiten bzw. besondere Behandlungsmethoden bekannt, die die prozentuale Abweichungen erklären könnten.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er hinsichtlich der Kürzung bei den Leistungen den Bema Nrn.10, 25, 49 und 106 ausführte, er habe in seiner Praxis eine hochqualifizierte Mundhygienikerin angestellt. Deren Aufgabe sei, nicht nur Individualprophylaxe zu betreiben, die direkt mit dem Patienten abgerechnet würde, sondern auch in der Hygienephase vor einer geplanten Behandlung den Patienten gemäß dem Stand der Wissenschaft vorzubehandeln. Dazu gehöre, dass nicht nur Zahnstein entfernt und die Zähne poliert würden, sondern auch, dass die Zähne vor und am Ende einer Behandlung fluoridiert würden. Dies werde über die Bema-Nr.10 abgerechnet. Am Ende einer jeden Therapie würden die Zähne nochmals poliert und dann wiederholt mit Fluoridlack versiegelt. Dies erkläre den hohen Anteil an Leistungen nach der Bema-Nr.10 im Vergleich zu anderen Praxen. Hinsichtlich der Bema-Nr.25 sei festzustellen, dass er pro Jahr ca. 43 Seminare in ganz Deutschland zum Thema Ästhetische Zahnmedizin und Klebetechnik gebe. Der Stand der Wissenschaft sei, dass vor jeder Füllungstherapie eine Hybridschicht aufgebaut werde. Bei dieser Hybridschicht werde zunächst die Dentinoberfläche mit Phosphorsäure konditioniert, anschließend mit einem speziellen hydrophilen Kunststoff imprägniert und mit einem BisGMA versiegelt. Der gesamte Vorgang werde Hybridisierung genannt. Diese Hybridisierung sei die Zeitgemäße cp-Therapie. In sehr vielen Fällen werde zur Vorbereitung einer Abdrucknahme mit dem Elektrotom die Gingiva leicht entfernt. Diese Leistung werde mit der Bema-Nr.49 abgerechnet. In der Hygienephase einer zahnärztlichen Behandlung und in einer Betreuungsphase würden auch regelmäßig Okklusionskontrollen durchgeführt und falls erforderlich, die Zähne leicht eingeschliffen. Diese Leistung werde mit der Bema-Nr.106 abgerechnet. Im Übrigen bezogen sich die Einlassungen des Klägers im Widerspruchsverfahren auf die nicht mehr streitigen Berichtigungen bei den Röntgenleistungen.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1997 - beschlossen am 9. April 1997 - wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Bezüglich der im Berufungsverfahren noch streitigen Gebührenordnungsziffern wurde folgendes ausgeführt: Bema-Nr.10 (üZ): Der Kläger rechne bei 191 Behandlungsfällen 119 Leistungen nach dieser Nummer ab, d.h. 62,3 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 10,2 Leistungen auf 100 Fälle und überschreite damit den Landesdurchschnitt um 511 %. Bei der Anzahl abgerechneten Leistungen sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Nach der Vergütungsberichtigung bleibe eine Mehrabrechnung von ca. 100 % über den Landesdurchschnitt. Damit sei die Stellungnahme des Klägers berücksichtigt. Der Kläger werde ersucht, die Abrechnungsbestimmungen zur Bema-Nr.10 zu beachten, da Pinselungen mit Natriumfluorid keine Leistungen nach diesem Vertrag seien.
Zur Bema-Nr.25 (Cp): Der Kläger rechne bei 191 Behandlungsfällen 240 Leistungen nach dieser Nummer ab. Dies bedeute 125,7 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 22 Leistungen auf 100 Fälle und eine Überschreitung des Landesdurchschnitts um 471 %. Auch hier sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich und zumutbar. Besondere Gründe für die Überschreitung lägen nicht vor. Nach der Vergütungsberichtigung durch den Prüfungsausschuss verbleibe noch ein Abrechnungswert, der nach wie vor im unwirtschaftlichen Bereich liege. Die Bema- Nr.25 sei die indirekte Überkappung zur Erhaltung der gefährdeten Pulpa einschließlich des provisorischen oder temporären Verschlusses der Kavität. Die Anwendung der Bema-Nr.25 sei nur dann angebracht, wenn es durch sie allein möglich sei, die Devitalisierung der Pulpa eines Zahnes zu vermeiden, der erhaltungswürdig und erhaltungsfähig sei.
Zur Bema-Nr.49 (Exc 1): Nach dieser Nummer rechne der Kläger bei 191 Behandlungsfällen 111 Leistungen ab, d.h. 58,1 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 7,9 Leistungen auf 100 Fällen. Hier betrage die Überschreitung des Landesdurchschnittes 635 %. Auch hier sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Die nach der Vergütungsberichtigung verbleibende Abweichung liege nach wie vor im überhöhten Bereich. Die Stellungnahme des Klägers sei durch die verbleibende Mehrabrechnung berücksichtigt. Ebenso sei berücksichtigt, dass parodontale Erkrankungen über syst. Par-Behandlung (24 Fälle) abgerechnet würden.
Zu Bema-Nr.106 (sK): Diese Nummer rechne der Kläger bei 191 Behandlungsfällen 118 mal ab, d.h. 61,8 Leistungen auf 100 Fälle gegenüber einem Landesdurchschnitt von 20,3 Leistungen auf 100 Fälle. Hier betrage die Überschreitung 204 %. Auch hier sei eine Einzelfallprüfung nicht möglich. Besondere Gründe für die Überschreitung lägen nicht vor. Nach der Vergütungsberichtigung verbleibe ein Abrechnungswert, der noch mehr als das Doppelte des bayerischen Durchschnitts betrage.
Die gegen den am 20. Mai 1997 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhobene Klage ging am 20. Juni 1997 beim SG München ein. Zur ihrer Begründung verwies der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst auf die Ausführungen im Prüfungsverfahren. Der vermehrte Anfall der gekürzten Leistungen nach den Bema-Nrn.10, 25, 49 und 106 sei Folge einer vom Kläger praktizierten Therapieweise, die entsprechend den neuesten wissenschafltichen Kenntnissen konsequent auf Schonung der Zahnsubstanz und auf Zahnerhaltung ausgerichtet sei und damit notwendig, wirtschaftlich und zweckmäßig. Ersichtlich werde dies in der Statistik durch einen unterdurchschnittlichen Anfall von Extrationsleistungen (Bema Nrn. 43 bis 45) und folgegemäß auch bei Brücken und Teilprothesen (Bema Nrn.91 bis 93). Damit hätte sich der Beklagte auseinandersetzen müssen, nachdem der Kläger in der Sitzung den von ihm praktizierten Therapieverlauf dargestellt habe. Die Einsparungen würden bei weitem den Mehraufwand der gekürzten konservativen Leistungen überwiegen. Dies sei umsomehr beachtlich, als der Kläger neben der konservierenden Zahnerhaltung auch einen Tätigkeitsschwerpunkt im Zahnersatz bei Kronen und Teilkronen habe. Wie aus dem Abrechnungsverhalten im Prothetikbereich ersichtlich werde, führten die vom Kläger konsequent betriebenen, konservativen und parodontologischen Vorbehandlungen zu einem weit überdurchschnittlichen Erhalt von Zähnen, ersichtlich an dem überdurchschnittlichen Anfall von Kronen und der unterdurchschnittliche Anzahl von Brücken und Prothesen. Der häufige Ansatz der Leistung nach der Bema-Nr.49 hänge mit den überdurchschnittlich vielen Teilkronen zusammen, die der Kläger angefertigt habe. Hierzu sei es entsprechend häufiger notwendig, störendes Granulationsgewebe und Schleimhaut in der Präparationssitzung zu entfernen. Der Beklagte hätte demnach ein besonderes Kontigent an Leistungen nach der Bema-Nr.49 vor Ermittlung eines offensichtlichen Missverhältnisses berücksichtigen müssen. Dieser Zusammenhang sei angesichts der abgerechneten Fallzahlen offenkundig. Damit hätte sich der Beklagte in seinem Bescheid auseinandersetzen müssen. Von daher sei der angegriffene Bescheid wegen fehlerhaftem Ermessensgebrauch aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung am 12. November 1998 verband das Sozialgericht den vorliegenden Rechtsstreit mit zwei weiteren Streitsachen des Klägers zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Hinsichtlich der Einzelfallberichtigungen bei den Röntgenleistungen nahm der Kläger die Klagen zurück. Der Kläger beantragte, den Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 1997 (9. April 1997) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu verbescheiden.
Mit Urteil vom 12. November 1998 wies das Sozialgericht u.a. die Klage, das 1. Quartal 1995 betreffend, ab. Es bestehe kein Zweifel, dass der Kläger mit den übrigen bayerischen Vertragszahnärzten vergleichbar sei. Auch wenn er sich selbst als einen Spezialisten für Ästhetische Zahnmedizin und Klebetechnik bezeichne und insbesonder der Vorbereitung von Füllungen besondere Aufmerksamkeit schenke, so sei dies keine Praxisbesonderheit, die einen Vergleich mit den anderen Zahnärzten in Bayern ausschließen würde. Dasselbe gelte hinsichtlich der Beschäftigung einer angestellten Mundhygienikerin in der Praxis. Eine besondere Behandlungsweise sei als solche grundsätzlich keine Praxisbesonderheit. Dass beim Kläger ein besonderes Patientengut vorliege, sei weder erkennbar noch von ihm geltend gemacht worden. Ein besonderes Leistungsangebot eines Zahnarztes könne keine Praxisbesonderheit im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes sein. Für die Frage der Wirtschaftlichkeit komme es nämlich nicht auf die Fähigkeiten oder das Leistungsangebot des Arztes an, sonderen allein auf den Behandlungsbedarf der Patienten. Dieser orientiere sich in der gesetzlichen Krankenversicherung allein an der Notwendigkeit und nicht an etwaigen besonderen Fähigkeiten oder Vorlieben des Behandlers. Letztlich laufe die Darstellung des Klägers, wonach er eine besonders qualifizierte Zahnmedizin biete, daraufhinaus, dass seine Behandlung besser, sorgfältiger und mehr auf dem Stand der Wissenschaft seien als die seiner Vergleichsgruppe, also der Allgemeinheit der Vertragszahnärzte in Bayern. Ein derartiges Vorbringen sei nach der Rechtsprechung des BSG insofern unschlüssig, als vorausgesetzt werden dürfe, dass im Verhältnis zum geprüften Zahnarzt der Durchschnitt aller bayerischen Vertragszahnärzte, die zumindestens grundsätzlich über die gleiche Berufsausbildung verfügten, nicht ein solches Maß von weniger qualifizierten Leistungen erbringen werde, dass damit die enormen Durchschnittsüberschreitungen des Klägers, die bei weitem im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses lägen, erklärt werden könnten. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte auf Kürzungen einzelner Gebührenordnungspositionen beschränkt habe. Es handelt sich um Leistungen, die von praktisch allen Zahnärzten in großem Umfang abgerechnet würden, so dass eine statistische Vergleichbarkeit gegeben sei. Es seien Durchschnittsüberschreitungen um mindestens 204 % festgestellt worden und zur Grundlage der Kürzung gemacht. Der Kläger habe diese Positionen mindestens im dreifachen Umfang seiner Vergleichsgruppe abgerechnet. Damit liege zweifelsfrei ein sogenanntes offensichtliches Missverhältnis vor, das die Vermutung der unwirtschaftlichen Behandlungsweise begründe. Der Kläger könne auch nicht mit seiner Behauptung durchdringen, seine sehr sorgfältige Behandlungsweise führe langfristig zu Einsparungen bei Extraktionen und im prothetischen Bereich. Es treffe zwar zu, dass die Extraktionsziffern des Klägers ingesamt relativ niedrig seien, dabei müsse allerdings auch berücksichtigt werden, dass sein Röntgenanteil weit unterdurchschnittlich sei. Mit den Abrechnungswerten der Prothetik liege der Kläger pro Fall weit über den Landesdurchschnitt. Es sei im Hinblick auf die exorbitanten Durchschnittsüberschreitungen deshalb nicht zu beanstanden, dass die Prüfinstanzen ein sogenanntes offensichtliches Missverhältnis angenommen und daraus auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise geschlossen hätten. Bei den Honorarkürzungen seien sie durchaus maßvoll gewesen, indem sie dem Kläger Restüberschreitungen belassen hätten, die durchwegs noch über den doppelten Landesdurchschnittswerten lägen. Ein Ermessensmissbrauch sei deshalb insofern nicht erkennbar.
Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10. Februar 1999 zugestellt. Die dagegen eingelegte Berufung ging am 4. Februar 1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein. Mit Beschluss vom 26. Juli 1999 trennte der Senat die vom Sozialgericht verbundenen Verfahren für das Berufungsverfahren wieder. Zur Begründung der Berufung wird vorgetragen: Grund für die Überschreitung bei den gekürzten Gebührungsordnungspositionen sei die vom Kläger praktizierte Therapieform, die entsprechend den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen konsequent auf Schonung der Zahnsubstanz und auf Zahnerhaltung ausgelegt sei. Der Zahnarzt hafte gegenüber dem Kassenpatienten nach allgemeinen vertrags- und deliktsrechtlichen Grundsätzen. Es sei deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt vom Zahnarzt zu beachten. Im medizinischen Bereich erhöhten sich diese Sorgfaltsanforderungen in dem Maße, in dem der Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft fortschreite. Ein erhöhter wissenschaftlicher Standard und Wissensstand des Behandlers sei daher zugunsten des Patienten einzubringen. Bei den vom Kläger angewandten Behandlungsmethoden und Behandlungsverfahren handele es sich nicht um Außenseitermethoden, die wissenschaftlich - jedenfalls derzeit - nicht nachvollziehbar wären. Als Standard werde die objektiv in wissenschaftlicher Auseinandersetzung und praktischer Bewährung gute, verantworungsbewusste zahnärztliche Übung bezeichnet, die in den fachlichen Fachkreisen als der richtige und sichere Weg zum therapeutischen Erfolg anerkannt sei und subjektiv einem durchschnittlich befähigten und gewissenhaften Zahnarzt auf der jeweiligen Versorgungsstufe erwartet werden könne. Die Praxis des Klägers sei spezialisiert auf Zahnerhaltung, speziell Parodontologie, präventive und restaurative Zahnmedizin. Der Kläger sei Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen und Referent regelmäßiger Seminare auf diesem Gebiet. Er habe zahlreiche, teils mehrmonatige Fortbildungen bei dem international führenden Parodontologen Prof.R ... an der Universität Ann Arbor, Michigan besucht, ferner spezielle Ausbildungen für Goldguß bei Prof.T ... und für Okklusion und Kiefergelenksbehandlungen bei Prof.A ..., beide ebenfalls in Ann Arbor. Er habe seit 1976 mehrere 100 Seminare organisiert und durchgeführt. Er sei Mitglied zahlreicher Gesellschaften und Herausgeber einer wissenschaftlich anerkannten Fachzeitschrift für ästhetische Zahnmedizin. Gemäß seiner Ausbildung und seines Werdegangs sei er inzwischen selbst führend in präventiver Zahnmedizin. Aus diesem Grund würden ihm zahlreiche Patienten aus ganz Deutschland in seinen Spezialbereichen zugewiesen. Der Kläger sei überzeugter Propagandist der Tatsache, dass überdurchnittlicher Hygiene- und Erhaltungsaufwand zu zukünftigen Einsparungen beim Zahnersatz führen werde. Der Gesetzgeber habe dies in der Vergangenheit durch Aufwertung der konservierenden und parondontoloischen Leistungen zu Lasten der Prothetik nachvollzogen. Im Übrigen wiederholte er das Vorbringen des Klägers zur Begründung des Widerspruchs.
Der Berufungsbegründung war ein Internetausdruck der deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde beigelegt, der die Cp-Behandlung/Versorgung pulpanahen Dentins betrifft.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12. November 1998 und des Bescheides des Beklagten vom 20.05.1997, das Quartal I/95 betreffend, verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 08.01.1997 (Quartal I/95) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.
Die Vertreter der Beigeladenen zu 1), 2) und 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie die Klageakte, Az.: S 33 KA 5137/97, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 511/99, zur Entscheidung vor. Auf deren Inhalt, insbesondere der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 1997 (Quartal I/95), der allein Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist, hält einer rechtlichen Prüfung stand. Das Sozialgericht hat deshalb in dem angefochtenen Urteil vom 12. November 1998 die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnittswerten ist in dem streitigen Quartal I/95 § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V i.V.m. den ergänzenden vertraglichen Bestimmungen der Anlage 4a zum Bayerischen Gesamtvertrag-Zahnärzte (GV-2) vom 27. Juli 1983. Mit dem seit 1. Januar 1989 geltenden § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V hat der Gesetzgeber die in der Praxis seit langem angewandte, bis dahin aber im Gesetz nicht verankerte und lediglich durch Richterrecht sanktionierte Methode des statistischen Kostenvergleichs als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der (zahn-) ärztlichen Tätigkeit anerkannt und als Regelprüfmethode übernommen. Er hat zugleich die zur Legimitation einer statistischen Vergleichsprüfung unerlässlicher Annahme gebilligt, dass die Gesamtheit aller (Zahn-) Ärzte im Durchschnitt gesehen wirtschaftlich behandelt, jedenfalls das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen nicht unterschreitet und dass deshalb der durchschnittliche Behandlungsaufwand grundsätzlich ein geeigneter Maßstab für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 § 124).
Von der Methode des statistischen Kostenvergleichs ist der Beklagte auch in dem angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 1997 ausgegangen.
Die statistischen Überschreitungswerte sowohl beim Gesamtfallwert bei den konservierenden-chirurgischen Leistungen als auch bei den gekürzten Leistungspositionen nach dem Bema-Nrn. 10, 25 49 und 106 mit + 101 % (Gesamtfallwert), + 511 % (Nr.10), + 471 % (Nr.25) + 635 % (Nr.49) und + 204 % (Nr.106) legen den Schluss auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte beurteilungsfehlerhaft von einem offensichtlichen Missverhältnis ausgegangen ist, zumal er zutreffend angenommen hat, dass gewisse Überschreitungen nicht durch Praxisbesonderheiten oder kausale Einsparungen in anderen Bereichen gerechtfertigt sind. Der Kläger hat jedenfalls im Verwaltungsverfahren Praxisbesonderheiten bzw. kausale Einsparungen nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
Zur Abrechnung der Leistungen nach der Bema-Nr.10 (ÜZ: "Behandlung überempfindlicher Zahnflächen, für jede Sitzung", bewertet mit 6 Punkten) hat der Kläger im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen ausgeführt, der hohe Anteil an ÜZ im Vergleich zu anderen Praxen erkläre sich daraus, dass er nicht nur Zahnstein entferne und Zähne poliere, sondern die Zähne vor und am Ende einer jeden Therapie nochmals poliere und dann wiederholt mit Fluoridlack versiegle. Damit hat er jedoch keine Praxisbesonderheit im Sinne der Behandlung eines von der Vergleichsgruppe abweichende atypischen besonderen Patientenguts oder einer von der Vergleichsgruppe abweichenden atypischen speziellen Behandlungsausrichtung dargelegt. Das Vorbringen legt vielmehr den Schluss nahe, dass der Kläger den Inhalt der Leistungslegende dcer Nr.10 verkannt und diese Leistung zu häufig angesetzt hat. Nach den vereinbarten Abrechnungsbestimmungen zur Bema-Nr.10 sind prophylaktische Maßnahmen zur Kariesverhütung (z.B. Pinselungen mit Natriumflorid) keine Leistungen im Sinne dieser Leistungsposition. Lediglich die Behandlung eines krankhaften Zustandes mit solchen Mitteln als therapeutische Maßnahme ist abrechnungsfähig. Zudem sind innerhalb einer Sitzung alle vorhandenen überempfindlichen Zahnflächen zu behandeln. Eine mehrfache Abrechnung ist nur zulässig, wenn dieselben Zahnflächen in zeitlichen Abständen (mehreren Sitzungen) wiederholt behandelt werden (vgl. Liebold/Raff/Wissing, Bema, Anm. zur Nr.10). Der Beklagte hat deshalb den Kläger zutreffend darauf hingewiesen, die Abrechnungsbestimmungen zur Bema-Nr.10 zu beachten.
Zur Abrechnung der Bema-Nr.25 (Cp-Behandlung einer tief liegenden Karies:"Indirekte Überkappung zur Erhaltung der gefährdeten Pulpa, ggf. einschließlich des provisorischen oder temporären Verschlusses der Kavität", bewertet mit 12 Punkten), hat er im Wesentlichen vorgebracht, die von ihm durchgeführten Hybridisierung sei die zeitgemäße Cp-Therapie. Damit hat er ebenfalls keine Praxisbesonderheit im vorgenannten Sinne dargelegt, die den im Vergleich zum Durchschnitt aller Zahnärzte Bayerns zu häufigem Ansatz der Nr.25 rechtfertigen könnte. Nach den Abrechnungsbestimmungen können Leistungen nach der Bema-Nr. 25 nur dann abgerechnet werden, wenn es durch sie allein möglich ist, die Devitalisierung der Pulp eines Zahnes zu vermeiden, der erhaltungswürdig und erhaltensfähig ist (vgl. Liebold/ Raff/Wissing, a.a.O., Anm. Nr.1 zu Nr.25). Auch darauf hat der Beklagte den Kläger zutreffend hingewiesen.
Zur Abrechnung der Leistungen nach der Bema-Nr.49 (Exc1: "Eccision von Schleimhaut oder Granulationsgewebe für das Gebiet eines Zahnes", bewertet mit 10 Punkten) hat der Kläger im Verwaltungsverfahren ausgeführt, er habe in sehr vielen Fällen zur Vorbereitung einer Abdrucknahme mit dem Elektrotom die Gingiva leicht entfernt. Damit hat er ebenfalls keine Praxisbesonderheit im vorgenannten Sinne dargelegt, die den häufigen Ansatz der Leistungsposition rechtfertigen würde. Auch ein Kausalzusammenhang zwischen dem beanstandeten Mehraufwand und dem Minderaufwand in anderen Bereichen wurde vom Kläger im Verwaltungsverfahren nicht substantiiert vorgetragen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Beklagte mit seinen Ausführungen: "bei dieser Entscheidung wurde mitberücksichtigt, dass prardontale Erkrankungen über sytematische Par-Behandlung (24 Fälle) abgerechnet werden", kausale Einsparungen anerkennen wollte, so dass auch unschädlich ist, dass der Beklagte insoweit keinen wirtschaftlichen Mehraufwand festgestellt und vorab insoweit dem Fallwert des Klägers bereinigt hat.
Hinsichtlich der Abrechnung der Bema-Nr.106 (sK: "Beseitigen scharfer Zahnkanten oder störender Prothesenränder oder ähnliches, Ätzungen flächenhafter Milchzahn-Karies, je Sitzung", bewertet mit 10 Punkten) hat der Kläger im Widerspruchsverfahren vorgetragen, in der hygienephase einer zahnärztlichen Behandlung und auch in einer Betreuungsphase würden auch regelmäßig Okklusionskontrollen durchgeführt und, falls erforderlich, die Zähne leicht eingeschliffen, diese Leistung sei nach sK abgerechnet worden. Zu Recht hat der Beklagte dieses Vorgehen des Klägers ebenfalls nicht als Praxisbesonderheit gewertet, die den erhöhten Ansatz der Bema-Nr.106 rechtfertigen könnte. Wie die Vergleichswertüberschreitung und der daraus ersichtliche dreimal so häufige Ansatz der Bema-Nr.106 zeigt, rechnet der Kläger offensichtlich diese Nummer nicht nur dann ab, wenn dies objektiv erforderlich ist, weil dies der Zahnzustand der Patienten erfordert. Jedenfalls hat er nicht dargetan, dass sich sein Patientenstamm von dem der durchschnittlichen Patienten in dem bayerischen Zahnarztpraxen unterscheidet und deshalb den dreifachen Ansatz der Bema-Nr.106 gegeüber dem Landesdurchschnitt erforderlich macht. Bei der Bema-Nr.106 handelt es sich um einer Leistung die in der Regel von allen Zahnärzten abgerechnet wird.
Unerheblich ist auch das Vorbringen des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren, wonach er eine besonders qualifizierte Zahnmedizin nach dem neuesten Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft anbiete. Denn die Behauptung, besser, sorgfältiger und gründlicher als seine Fachkollegen zu arbeiten, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schon unschlüssig. Die über die gleiche Berufsausbildung verfügenden Zahnärzte der Vergleichsgruppe erbringe nicht ein solches Maß an weniger qualifizierten Leistungen, dass damit die Überschreitungen erklärt würden (vgl. BSGE 55, 110, 113 = SozR 2200 § 368 Nr.27 S.84). Darauf hat auch schon zutreffend das Sozialgericht hingewiesen.
Ebenfalls nicht von Belang sind die Ausführungen des Bevollmächtigen des Klägers im Berufungsverfahren, die sinngemäß darauf hinauslaufen, dass die Prüfungen der Wirtschaftlichkeit nach Durchschnittswerten zivilrechtlichen Haftungssätzen widerspricht. Dem ist nicht so. Im Zivilrecht gilt ein objektiver Fahrlässigkeitsbegriff. Der Zahnarzt muss diejenigen Maßnahmen ergreifen, die von einem gewissenhaften und aufmerksamen Zahnarzt aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs vorausgesetzt und erwartet werden (vgl. Müller, Spielregeln für den Arzthaftungsprozess, DRiZ 2000, S.259, 261 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGH). Zivilrechtlicher Sorgfaltsmaßstab ist demnach der jeweilige fachmedizinische Standard. Der zivilrechtliche Sorgfaltsmaßstab deckt sich demnach mit dem Begriff der "Wirtschaftlichkeit" (vgl. zum Verhältnis des zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstabs und der Wirtschaftlichkeitsprüfung Clemens, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1 Krankenversicherungsheft, § 35 Rdnr.15 ff.). Als unwirtschaftlich darf nicht das qualifiziert werden, was nach dem allgemein anerkannten Erkenntnisstand geboten ist. Letztlich ist entscheidend, welcher Behandlungsbedarf medizinisch veranlasst ist. Dabei ist das Abstellen auf die Gesamtheit der zahnärztlichen Fachgruppe eine durch Richterrecht anerkannte und vom Gesetzgeber in § 106 Abs.2 Satz 1 Nr.1 SGB V übernommene, geeignete Prüfmethode zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.23 S.124).
Die Höhe der Kürzung ist ebenfalls nicht ermessens- oder begründungsfehlerhaft erfolgt, auch wenn der Beklagte nicht im einzelnen genau berechnet hat, welche Überschreitungen nach Kürzung belassen wurden. Es sind aber sowohl beim Gesamtfallwert der konservierend-chirurgischen Leistungen mit + 84 % als auch bei den einzeln beanstandeten Leistungen mit + 113 % (Nr.10), + 157 & % (Nr.25), + 378,2 % (Nr.49) und + 113 (Nr.106) Überschreitungen belassen worden, die immer noch eindeutig im Bereich des offensichtlichen Missverhältnis liegen. Die Höhe der Kürzung brauchte deshalb auch vom Beklagten nicht besonders begründet zu werden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.36 S.207).
Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. November 1998 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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