Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 Kg 49/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 2/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21. April 1997 wird, soweit es einen Kindergeldanspruch des Klägers ab 1. Januar 1996 betrifft, in der Hauptsache und im Kostenpunkt aufgehoben; insoweit wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
II. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8. September 1997 wird aufgehoben.
III. Die erneute Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. August 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 wegen Kindergelds von Juli bis Dezember 1995 wird abgewiesen.
IV. Die Klage wegen Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Verbescheidung eines für Juli bis Dezember 1995 verbindlich abgelehnten Kindergeldanspruchs wird abgewiesen.
V. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Prozessbeteiligten sind die Fragen, ob dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld dem Grunde nach für die Zeit ab Juli 1995 zusteht (Bezug: Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 - 8 Kg 49/95) und ob diese Entscheidung entgegen dem Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.1997 - 8 Kg 49/95 hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs für die Zeit ab April 1997 gemäß § 140 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu ergänzen ist.
Der Kläger, ein im Jahre 1961 geborener polnischer Staatsangehöriger, reiste am 03.02.1987 mit einem Besuchersichtvermerk in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein. Ein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtiger wurde Ende des Jahres 1987 bindend abgelehnt. Danach wurde dem Kläger aufgrund der "Ostblockbeschlüsse" der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder wiederholt eine Duldung erteilt, am 14.11.1989 und am 25.10.1990 befristete Aufenthaltserlaubnisse nach dem Ausländergesetz (AuslG) a.F. Die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis galt aufgrund des ab 01.01.1991 geänderten Ausländerrechts als Aufenthaltsbefugnis fort (§ 94 Abs.3 Nr.3 AuslG n.F.) und wurde im zweijährigen Turnus verlängert. Am 07.04. 1997 erteilte die Ausländerbehörde eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Bestrebungen des Klägers beim Landratsamt M ... und Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg um Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis bereits für die Zeit ab November 1996 blieben ohne Erfolg (klageabweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12.03.1998 - W 7 K 97.107).
Der Kläger, der seit 15.03.1990 mit einer polnischen Staatsangehörigen mit ähnlichem aufenthaltsrechtlichen Status verheiratet ist, beantragte im Juli 1995 bei der Beklagten die Gewährung des Kindergelds für die am 24.07.1995 geborene Tochter A ... Mit Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 wurde die Bewilligung von Leistungen abgelehnt, weil der Kläger nicht über eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§ 1 Abs.3 Bundeskindergeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachtung vom 31.01.1994, BGBl.I S.168 - BKGG a.F.) verfüge.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg machte er geltend, die ihm erteilte Aufenthaltsbefugnis entspreche einer Aufenthaltserlaubnis. Im Übrigen sei § 1 BKGG, der an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfe, so zu interpretieren, dass für einen Anspruch auf Kindergeld die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit maßgebend sei. Der Ausschluss vom Kindergeld sei diskriminierend und verfassungswidrig (Art.1, 3 und 20 Abs.3 des Grundgesetzes - GG) und verletzte die Menschenrechte.
Laut Sitzungsniederschrift vom 21.04.1997 erklärte der Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit, diese sei unter Abänderung der angefochtenen Bescheide bereit, dem Kläger Kindergeld ab April 1997 zu gewähren, und die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend, dass Gegenstand des Rechtsstreits nur noch das Kindergeld vor April 1997 sei. Die Klage - laut Niederschrift wegen Gewährung von Kindergeld für A ... von der Geburt bis März 1997 - wurde mit Urteil des Sozialgerichts vom 21.04.1997 - S 8 KG 49/95 abgewiesen. Im streitigen Zeitraum bis einschließlich März 1997 sei der Kläger nicht im Besitz eines Verwaltungsakts gewesen, mit dem eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ausgesprochen worden sei. Dies erfordere aber § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung bzw. § 1 Abs.3 Satz 1 BKGG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 bzw. § 62 Abs.2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung. § 1 Abs.3 BKGG sei auch verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 31.10.1995 (SozR 3-5870 § 1 Nr.6) festgestellt habe. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht ersichtlich, da der Gesetzgeber den Kindergeldanspruch auf solche Ausländer begrenzen wollte, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben würden. Die Anknüpfung hierbei an Aufenthaltsberechtigung und Aufenthaltserlaubnis sei sachgerecht.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung (ehemals nur unter L 14 KG 48/97 geführt) wandte sich der Kläger hiergegen. Gleichzeitig beantragte er beim Sozialgericht Würzburg, Unrichtigkeiten des Urteils und der Niederschrift zu berichtigen und wegen eines übergangenen Anspruchs gemäß § 140 SGG ein Ergänzungsurteil zu erlassen. Es habe keine Einigkeit bestanden, dass der Rechtsstreit für die Zeit ab 01.04.1997 erledigt sei. Er streite auch nicht um Kindergeld seit Juli 1995, sondern seit Geburt des Kindes.
Mit Beschluss vom 29.08.1997 hat das Sozialgericht Berichtigungen abgelehnt, mit Urteil vom 08.09.1997 - S 8 KG 49/95 den Antrag auf Ergänzung des Urteils hinsichtlich eines ab 01.04.1997 behaupteten Kindergeldanspruchs zurückgewiesen. Auch hiergegen legte der Kläger Berufung (ehemals unter L 14 KG 70/97 geführt) ein.
Der Senat hat in der Berufung L 14 KG 48/97 die Streitsache in ein Verfahren hinsichtlich des bis 31.12.1995 beanspruchten Kindergelds (unter dem Az.: L 14 KG 48/97) und in ein Verfahren hinsichtlich des ab 01.01.1996 geltend gemachten Anspruchs (unter dem Az.: L 14 KG 2/98) getrennt (Beschlüsse vom 22.01. und 23.04.1998). Außerdem ist die Berufung wegen Urteilsergänzung (L 14 KG 70/97) mit dem Verfahren L 14 KG 2/98 verbunden und zum führenden Aktenzeichen für beide Streitsachen das Aktenzeichen L 14 KG 2/98 bestimmt worden.
In dem Verfahren hinsichtlich des Kindergeldanspruchs bis 31.12.1995 hat der Senat mit Urteil vom 23.04.1998 - L 14 KG 48/97 die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen sowie mit weiterem Urteil vom 24.09.1998 - L 14 KG 48/97 den vom Kläger gestellten Antrag, das Verfahren L 14 KG 48/97 fortzusetzen und das Urteil vom 23.04.1998 hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs für die Zeit ab 01.01.1996 zu ergänzen, als unzulässig verworfen. Die gegen das Urteil vom 23.04.1998 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 18.03.1999 - B 14 KG 11/98 B zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss und das Urteil vom 23.04.1998 gerichtete Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.10.1999 - 1 BvR 607/99).
In der noch offenen Berufung L 14 KG 2/98 bringt der Kläger vor, vom Sozialgericht sei verkannt worden, dass er um Kindergeld für seine Tochter seit Geburt bis in die Zukunft streite. Die Urteile des Sozialgerichts seien rassistisch und ausländerfeindlich, § 1 Abs.3 BKGG a.F. sei verfassungs- und völkerrechtswidrig. Für Ausländer, die in Deutschland wohnten, dürfe es nach dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung und den allgemeinen Völkerrechtsregeln keine Benachteiligung gegenüber Deutschen geben. Hätte das Sozialgericht seine Ausführungen nicht ignoriert, wäre es im Übrigen zu dem Schluss gekommen, dass er auf Dauer in der BRD verweile. Seit Einreise sei sein Daueraufenthalt in der BRD als Flüchtling aus den Ostblockstaaten gesichert gewesen; es habe festgestanden, dass er die befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten werde.
Mittlerweile habe ihm die "Beklagte" mit Bescheid vom 22.05.1997 das Kindergeld ab April 1997 gewährt. Hierfür habe keine Rechtsgrundlage bestanden; der Bescheid sei rechtswidrig und sogar nichtig (§ 40 des Sozialgesetzbuches Teil X - SGB X), weil er an einem schwerwiegenden Fehler leide. Trotz seiner Warnungen und Hinweise habe die Beklagte ab 26.05.1997 (gemeint: ab 01.04.1997) willkürlich für einen unbestimmten Zeitraum Leistungen überwiesen und gleichzeitig verlangt, Antragsvordrucke auszufüllen, dann erst könne über einen Anspruch ab April 1997 entschieden werden. Nachdem er die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass über das Kindergeld jetzt das Gericht zu entscheiden habe, habe die Beklagte die willkürliche Zahlung der Leistungen eingestellt und angedroht, "rechtswidrig gezahltes Geld" zurückzufordern.
Das Sozialgericht Würzburg hätte über seinen Kindergeldanspruch ab Juli 1995 - auch für die Zeit ab 01.04.1997 - entscheiden müssen. Das zweite Urteil des Sozialgerichts vom 08.09.1997 sei auch deswegen fehlerhaft, weil hieran andere Richter als beim Urteil vom 21.04.1997 mitgewirkt hätten. Es sei jetzt Aufgabe der Berufungsinstanz, über seinen Kindergeldanspruch durchgehend ab Juli 1995 zu entscheiden.
Soweit bisher die Unzuständigkeit der Sozialgerichte für einen Kindergeldanspruch ab 01.01.1996 und die Zuständigkeit der Finanzgerichte angesprochen worden sei, müsse er darauf hinweisen, dass für Berufungen gegen Urteile des Sozialgerichts das Landessozialgericht zuständig sei (§ 29 SGG) und das Landessozialgericht die Frage der Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen habe (§§ 17, 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - i.V.m. § 98 SGG). Außerdem würden gemäß § 19 Abs.4 BKGG n.F. Verfahren, die am 01.01.1996 noch anhängig seien, nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches und des BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung zu Ende geführt werden. Dies gelte auch für die ihm ab 01.01.1996 zustehenden Kindergeldansprüche. Gemäß Art.101 GG dürfe niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Der Senat sei nicht befugt, ohne seine Einwilligung den ab Geburt der Tochter geltend gemachten Kindergeldanspruch zu beschränken und/oder Änderungen der Berufung vorzunehmen.
Auch nach Zustellung des Urteils des Senats vom 23.04.1998 - L 14 KG 48/97 (und des Urteils vom 24.09.1998 - L 14 KG 48/97) beharrt der Kläger trotz richterlicher Hinweise in seinen von November 1998 bis Februar 1999 gefertigten Schriftsätzen darauf, dass sein Anspruch auf Kindergeld nicht teilbar sei und an seinen ehemaligen Berufungsanträgen festgehalten werde. Es habe keine Berufung hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs bis zum 31.12.1995 gegeben. Eine Beschränkung seines Klageanspruchs könne auch im Verfahren L 14 KG 2/98 nicht erfolgen.
Die Beklagte bringt vor, "steuerrechtliches" Kindergeld sei dem Kläger ab April 1997 gezahlt und dann wegen mangelnder Mitwirkung ab 01.08.1997 eingestellt worden. Es liege auf der Hand, dass die gerichtliche Nachprüfung der Leistungen ab 01.01.1996 den einschlägigen Fachgerichten der Finanzgerichtsbarkeit zukomme. Das Sozialgericht habe wohl den Aspekt der sachlichen Zuständigkeit übersehen. Der Kindergeldbezug (jetzt) vom Januar 1996 bis März 1997 scheitere am aufenthaltsrechtlichen Status des Klägers. Sollte dem Kläger bei Nachholung der Mitwirkung Kindergeld ab April 1997 (bzw. ab August 1997) materiell-rechtlich nicht zustehen, wäre er auf die gegebenen Rechtsbehelfe - Einspruch nach der Abgabenordnung (AO), gegebenenfalls Klage zum Finanzgericht - gegen die entsprechenden Verwaltungsentscheidungen zu verweisen. Die erneute Klage wegen des Kindergelds für das Jahr 1995 sei unzulässig.
Der Senat hat die Kindergeldakte der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamts Aschaffenburg sowie auszugsweise Kopien aus zwei Band Prozessakten des Verwaltungsgerichts Würzburg mit Ausländerakten beigezogen. Aus der Leistungsakte (Stand Dezember 1997) ergibt sich, dass der Kläger nach einer Sperrfrist Arbeitslosengeld vom 23.02. bis 29.11.1995 und ab 30.11.1995 bis zumindest Ende 1997 Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Laut Einkommensteuerbescheid vom 22.02.1996 für das Veranlagungsjahr 1995 (in der Kindergeldakte) beliefen sich die Einkünfte des Klägers auf 0,00 DM, die seiner Ehefrau auf 32.855,00 DM. Nach Abzug von Sonderausgaben, Versicherungsbeiträgen und Freibeträgen gemäß § 33a/b EStG wurde das Einkommen mit 10.055,00 DM berechnet. Das zu versteuernde Einkommen betrug unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags (4.104,00 DM) 5.951,00 DM. Die Einkommensteuer hieraus wurde mit Progressionsvorbehalt nach der Splittingtabelle auf 684,00 DM festgesetzt.
Aus der Kindergeldakte (Stand 1997), den Angaben des Klägers und der Beklagten sowie einer eingeholten Auskunft des Arbeitsamts Aschaffenburg (Familienkasse) vom 18.06.1998 ergibt sich folgender Sachverhalt für die Zeit ab 01.01.1996: Mit einem beim Arbeitsamt am 17.01.1997 eingegangenen Schreiben vom 14.01.1997 hat der Kläger mitgeteilt, er beantrage zu dem Kindergeld den Zuschlag für das Jahr 1995. Mit weiterem Schreiben vom 10.02.1997 zeigte er an, dass er am 11.11.1996 einen Antrag auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis gestellt habe und daher seinen im Juli 1995 gestellten Kindergeldantrag für begründet halte.
Die Familienkasse wertete dies als erneuten Kindergeldantrag und lehnte ihn mit Bescheid vom 12.03.1997 unter dem Betreff: "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)" mit der Begründung ab, dass ein ausländischer Staatsangehöriger nur dann Anspruch auf Kindergeld habe, wenn er im Besitz einer gültigen Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei (§ 62 EStG). Dieser Bescheid könne mit Einspruch angefochten werden.
Einspruch hiergegen wurde - zumindest ausdrücklich - nicht eingelegt. Vielmehr zeigte der Kläger mit weiterem Schreiben vom 08.04.1997 der Familienkasse an, dass ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei. Sein Schreiben vom 10.02.1997 solle nicht als neuer Kindergeldantrag angesehen werden, vielmehr solle der ablehnende Bescheid vom 18.08.1995 durch einen neuen Bescheid abgeändert oder ersetzt werden sowie eine Abschrift dieses Bescheids dem Sozialgericht gemäß § 96 Abs.2 SGG übermittelt werden.
Die Beklagte ermittelte daraufhin, dass der Tochter des Klägers am 07.04.1997 eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 23.07.2003 erteilt worden sei, und forderte den Kläger mit Schreiben vom 25.04.1997 auf, die dem Schreiben beigelegten Antragsunterlagen zu übersenden, damit über die Zahlung des Kindergelds ab April 1997 entschieden werden könne. Der Kläger weigerte sich (Schreiben vom April 1997), weil das Arbeitsamt einen neuen Bescheid zu erteilen habe, der dann zum Gegenstand des Klageverfahrens werde.
Die Familienkasse wies mit akteninterner Bewilligung vom 16.05.1997 dem Kläger Kindergeld von monatlich 220,00 DM ab 01.04.1997 an und teilte ihm mit (Schreiben vom 22.05.1997), dass die Zahlung aufgrund des Verhandlungsergebnisses aus der Sitzung des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 erfolge; der Kläger werde, nachdem die vorliegenden Antragsunterlagen aus dem Jahre 1995 datierten, gebeten, die beigefügten Fragebögen für Kindergeld zur regelmäßigen Überprüfung des Kindergeldanspruchs mit seiner Gattin auszufüllen.
Gegen die Entscheidung vom 22.05.1997 erhob der Kläger Widerspruch, weil es kein Verhandlungsergebnis gebe, seine Kindergeldstreitsache noch rechtshängig sei und das Gericht - und nicht die Beklagte in eigenwilliger Weise - hierüber zu befinden habe.
Nach weiterer Aufforderung zur Erteilung von Auskünften (Fragebögen) zur Überprüfung des Kindergeldanspruchs ab 01.07.1997 (Schreiben vom 27.06.1997) hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeld für A ... wegen unterlassener Mitwirkung gemäß § 70 Abs.2 EStG, §§ 90 bis 95, 97 AO mit Wirkung ab 01.08.1997 auf (Bescheid vom 18.06.1998 mit der Rechtsbehelfsbelehrung über einen hiergegen zu erhebenden Einspruch).
Auf wiederholte Schreiben des Senats, ob der Kläger ab 01.01. 1996 in einem Arbeitsverhältnis stehe, und auf Aufforderung zur Vorlage der Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 hat er nur mit der wiederholten "Erklärung gemäß § 60 Abs.2 des Sozialgesetzbuches Teil I - SGB I" reagiert, in seinen Verhältnissen hätten sich keine Änderungen ergeben.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 und 08.09.1997 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids vom 18.08.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 zu verurteilen, gemäß § 20 Abs.5 BKGG a.F. i.V.m. § 19 Abs.4 BKGG n.F. ihm das Kindergeld für seine Tochter A ... von deren Geburt an, d.h. Juli 1995, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise, beide Urteile des Sozialgerichts Würzburg aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, weiterhin die erneute Klage wegen Kindergelds für das Jahr 1995 als unzulässig abzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die aktuellen und abgeschlossenen Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vortrags des Klägers, wird hierauf sowie auf die zu Beweiszwecken beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 21.04. 1997, soweit hierin über einen Kindergeldanspruch für die Zeit ab 01.01.1996 entschieden worden ist, und die Berufung gegen hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs ab 01.04.1997 zu ergänzen) sind form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§§ 143 f., 151 SGG).
Die erste Berufung ist insoweit begründet, als das Urteil vom 21.04.1997 teilweise (soweit es nicht den Kindergeldanspruch bis zum 31.12.1995 betrifft und bereits rechtskräftig ist) aufzuheben und die Streitsache an das Sozialgericht zurückzuverweisen ist, weil das Urteil unter wesentlichen Verfahrensmängeln zustande gekommen ist (§ 159 Abs.1 Nr.2 SGG). Die zweite Berufung gegen das Urteil vom 08.09.1997 ist in vollem Umfange begründet. Der vom Kläger vorgebrachte Verfahrensmangel, dass das Sozialgericht in falscher Besetzung entschieden hätte, liegt zwar nicht vor. Das Urteil vom 21.04.1997, das nach Ansicht des Klägers für die Zeit ab 01.04.1997 um einen Ausspruch ergänzt werden sollte, existiert aber mit seiner (teilweisen) Aufhebung nicht mehr, so dass auch die Ablehnung der Urteilsergänzung obsolet ist. In dem zurückverwiesenen Rechtsstreit steht das gesamte Vorbringen des Klägers - auch ob ehemals eine Beschränkung der Klage auf die Zeit bis zum 31.03.1997 vorgelegen hat, eventuell, ob die Klage später in zulässiger Weise geändert worden ist - zur Prüfung und gegebenenfalls zur Entscheidung an.
Der Senat hat bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung beachtet, dass er nicht zu "prüfen" hat, ob der (hinsichtlich des ab 01.01.1996 geltend gemachten Kindergeldanspruchs) beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten zulässig war bzw. ist (§ 17a GVG). Die §§ 17 f. GVG gelten zwar nicht, wie der Kläger gemeint hat, aufgrund der Bezug nehmenden Vorschrift des § 98 SGG. Diese Norm regelt nur die Verfahrensweise bei sachlicher und örtlicher Unzuständigkeit innerhalb des Bereichs der Sozialgerichtsbarkeit. Im Verhältnis der Sozialgerichte zu den Gerichten anderer Gerichtsbarkeiten gelten vielmehr §§ 17 f. GVG gemäß § 202 SGG, weil das SGG insoweit keine Vorschriften enthält. Das Ergebnis ist im Wesentlichen dasselbe, wird von der Möglichkeit der Überprüfung von Verweisungsbeschlüssen in höherer Instanz abgesehen.
Gemäß § 17a Abs.2 und 3 GVG hat das Sozialgericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zu prüfen und kann hierüber eine Entscheidung nicht nur in einem Urteil treffen, sondern auch durch Beschluss vorab entscheiden, sei es, dass es den Rechtsweg für zulässig erklärt, sei es, dass es ihn für unzulässig erklärt und zugleich den Rechtsstreit an das zuständige Gericht verweist. Das Sozialgericht muss vorweg durch Beschluss entscheiden, wenn sich das pflichtgemäße Ermessen auf null reduziert oder eine Partei die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt. Der Beschluss kann dann mit Beschwerde angefochten und einer Überprüfung zugeführt werden (Ausnahme § 48 Satz 2 SGG a.F.). § 17a Abs.5 GVG bestimmt, dass im Gegensatz hierzu das Gericht, das nicht im Beschwerdeverfahren entscheidet, sondern über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache, nicht "prüft", ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die so gebotene Unterlassung der "Prüfung" bedeutet nicht, dass dem Senat die Nachprüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs generell verwehrt ist; schließlich sind auch im Hauptsacheverfahren zweiter Instanz nicht angefochtene (oder gemäß § 98 Satz 2 SGG unanfechtbare) Beschlüsse über den Rechtsweg gemäß § 17a Abs.2 und 3 GVG - und damit erst recht die irrtümliche Annahme des Rechtswegs in einem Urteil - daraufhin zu prüfen, ob das Erstgericht in einem besonders gelagerten Ausnahmefall gegen eine den Rechtsweg regelnde Vorschrift (hier: § 51 SGG) verstoßen hat und so der Beschluss - und erst recht die Annahme der Zuständigkeit in einem Urteil - unwirksam sind und "übergangen" werden dürfen (BSG vom 25.02.1999 - B 1 SF 9/98 S in SozR 3-1720 § 17a Nr.11; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, Rdz.9 und 9a zu § 98).
Mithin sind Überlegungen zum Rechtsweg und dann zum Vorliegen einer offensichtlichen Fehlentscheidung in erster Instanz zulässig. Wird eine derartige Entscheidung verneint, bewirkt das Verbot der "Prüfung" - allein das ist sein wahrer Inhalt -, dass die Unzulässigkeit des Rechtswegs (Prozessvoraussetzung) in zweiter Instanz unbeachtlich und hierauf nicht eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts beruhen darf.
Der Senat stellt insoweit fest, dass ein Beschluss des Sozialgerichts hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten (§ 17a Abs.3 GVG) nicht vorliegt, vielmehr das Sozialgericht sich hierzu - auch in seinem Urteil - keinerlei Gedanken gemacht oder möglicherweise stillschweigend, nachdem das Urteil nichts hierüber aussagt, seine Zuständigkeit bejaht hat. Das wie auch immer geartete Verhalten des Sozialgerichts ist trotz der auf der Hand liegenden Möglichkeit des Rechtswegs zu den Finanzgerichten bei Kindergeldansprüchen für die Zeit ab 01.01.1996 (§ 33 Abs.1 Nr.1 und Abs.2 Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. §§ 67 bis 78 EStG n.F.) nicht "willkürlich" oder "elementare Verfahrensgrundsätze missachtend". Ein offensichtlicher Gesetzesverstoß gegen § 51 SGG allein ist nicht ausreichend, um die in erster Instanz erfolgte "Annahme" des Rechtswegs zu den Sozialgerichten als unbeachtlich anzusehen. Vielmehr müsste hierzu "jegliche Rechtsgrundlage fehlen" (BSG, a.a.O.).
Mit dem Merkmal des Fehlens jeglicher Rechtsgrundlage ist die Rechtsprechung zurückhaltend; dies ist in der Regel nur in extremen Ausnahmefällen verneint worden. Darunter zählt zwar auch der Fall, dass ein Gericht - obwohl eine Rüge der Unzuständigkeit in erster Instanz erhoben worden ist - nicht pflichtgemäß durch Beschluss vorab entschieden hatte und mit einem Urteil die Rechtsmittelinstanz hinsichtlich des Rechtswegs bindet (§ 17a Abs.5 GVG), damit die Überprüfungsmöglichkeiten der zweiten Instanz, die im Falle eines beschwerdefähigen Beschlusses gegeben wären, zunichte macht. Anders liegt aber der Sachverhalt, wenn die Rüge nicht oder nicht rechtzeitig erfolgte und daher in erster Instanz kein Beschluss ergehen musste. Die konkludente, stillschweigend oder auch aus Gedankenlosigkeit irrtümlich unterstellte Zulässigkeit des Rechtswegs stellt keinen Verstoß gegen übergreifende Verfahrensgrundsätze dar (Bundesgerichtshof vom 23.09.1992 - I ZB 3/92 und vom 12.11.1992 - V ZR 230/91 in BGHZ 119, 246 und 120, 204; vgl. auch Thomas-Putzo, ZPO, 21. Auflage, Rdz.22 f. zu § 17a GVG).
Der Senat sieht sich vorliegend durch § 17a Abs.5 GVG gebunden und kann (und will) anlässlich der Zurückverweisung des Rechtsstreits dem Sozialgericht keine im Sinne des § 159 Abs.2 SGG bindenden Hinweise zur Zulässigkeit des Rechtswegs geben.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang der Kläger darauf hinzuweisen, dass § 17a Abs.5 GVG in keiner Weise den Senat hinsichtlich der Frage bindet, nach welchem Recht (BKGG a.F., BKGG n.F., EStG n.F., SGB I und X, AO) der geltend gemachte Kindergeldanspruch zu beurteilen ist. Er kann einen "Klageanspruch" hinsichtlich des Kindergelds geltend machen, aber nicht das von den Gerichten zu prüfende und anzuwendende Recht, z.B. auf das BKGG a.F., einschränken. Ebenso wenig ist das Gericht gehalten, alle Formulierungen des Klägers in seinen Anträgen zu beachten. Vielmehr entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG). Sein Vorbringen ist bei Widersprüchlichkeiten und prozessualen Ungereimtheiten auszulegen.
In der Hauptsache musste der Senat nicht abschließend entscheiden, weil dem Sozialgericht erhebliche Verfahrensfehler unterlaufen sind und Veranlassung bestand, deswegen das Urteil (teilweise) aufzuheben und den Rechtsstreit zurückzuverweisen.
1.1 Zunächst hat das Sozialgericht die Behörde der Finanzverwaltung bzw. den Rechtsträger, der gegebenenfalls das Kindergeld für die Zeit ab 01.01.1996 zu zahlen hatte, nicht beigeladen, obwohl die Beiladung notwendig gewesen ist. Gemäß § 75 Abs.2, 1. Alternative SGG (entsprechend § 60 Abs.3 Satz 1 FGO) muss die Beiladung erfolgen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Notwendigkeit der Beiladung ergibt sich vorliegend vor allem aus dem ab 01.01.1996 anzuwendenden materiellen Recht und den Vorschriften über das Verwaltungsverfahren. Im Falle des Klägers ist für die Zeit ab 01.01.1996 die Anwendung der Normen des BKGG a.F. und n.F. ausgeschlossen und sind ausschließlich steuerrechtliche Normen maßgebend.
Das BKGG a.F. ist mit dem 31.12.1995 außer Kraft getreten und auch nicht aufgrund irgendwelcher Übergangsvorschriften auf die Kindergeldansprüche des Klägers ab 01.01.1996 anwendbar. Das ab 01.01.1996 geltende BKGG n.F. kommt nicht zum Zuge, weil der zu beurteilende Lebenssachverhalt allein nach den Vorschriften des EStG n.F., die diejenigen des BKGG n.F. (und damit auch die Anwendung der Normen des Sozialgesetzbuches - vgl. § 18 BKGG n.F.) ausschließen, zu beurteilen ist.
Art.41 Abs.7 und 8 des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 (BGBl.1995 I, 1250 f.) bestimmt, dass Art.2 dieses Gesetzes (enthaltend das BKGG n.F.) am 01.01.1996 in Kraft tritt und mit diesem Ereignis das bisher geltende Bundeskindergeldgesetz (BKGG a.F.) außer Kraft tritt. Zum EStG n.F. (in Art.1 des Jahressteuergesetzes 1996) ist vorgeschrieben, dass es am Tag der Verkündung (20.10.1995) in Kraft tritt, soweit in Art.41 Abs.2 bis 8 des Jahressteuergesetzes 1996 nichts anderes bestimmt ist. Damit gelten die kinderbezogenen Regelungen des EStG n.F. (u.a. §§ 31, 32, 62, 63, 70) auch erst ab 01.01.1996.
§ 31 EStG n.F. schreibt vor, dass die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 oder durch Kindergeld geeigneten Zeit durchaus die Frage stellen könnte, ob dem Kläger ab dem Jahre 1996 der steuerliche Kinderfreibetrag, der bereits im Jahre 1995 Berücksichtigung fand, zugute gekommen ist und dieser Vorteil das fehlende Kindergeld - ganz oder teilweise - ausgeglichen hat).
In § 62 Abs.1 EStG n.F. ist geregelt, dass derjenige für Kinder im Sinne des § 63 EStG einen Anspruch auf Kindergeld hat, der im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder auch ohne diese Voraussetzungen nach § 1 Abs.2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder nach § 1 Abs.3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. § 62 Abs.2 EStG n.F. in den ab Januar 1996, April 1997 und ab Januar 1998 geltenden Fassungen enthält eine Ausnahmeregelung für bestimmte Gruppen von Ausländern, die die Voraussetzungen des § 62 Abs.1 EStG n.F. erfüllen, aber bei Vorliegen bestimmter Umstände kein Kindergeld erhalten sollen.
In § 1 Abs.1 BKGG n.F. ist geregelt, dass Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Abs.1 und 2 des EStG nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird; in den Nrn.1 bis 3 bzw. 1 bis 4 des § 1 Abs.1 BKGG n.F. (in den ab 01.01.1996 mehrmals geänderten Fassungen) sind zusätzliche Voraussetzungen für den Kindergeldbezug enumerativ aufgeführt. § 1 Abs.3 BKGG n.F. regelt bestimmte Fälle, in denen Ausländer kein Kindergeld beziehen sollen.
Aus dem Inhalt und der Wechselwirkung von § 62 Abs.1 EStG n.F. und § 1 Abs.1 BKGG n.F. geht hervor, dass das BKGG n.F. nie zur Anwendung kommt, wenn der Antragsteller - gleich ob Deutscher oder Ausländer - seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hat, wobei der in § 62 Abs.1 EStG n.F. erwähnte Wohnsitz in §§ 8 und 9 AO definiert wird und im Falle des Klägers bereits aufgrund seines langjährigen und ausschließlichen Wohnens in der BRD anzunehmen ist. Der Kläger hat eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und nutzen wird (§ 8 AO).
Die Ausschlusswirkung des EStG n.F. im Bezug auf die Normen des BKGG n.F. im Falle des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers in der BRD ist im Übrigen auch daran erkennbar, dass in § 2 Abs.4 BKGG n.F. bestimmt ist, dass die nach diesem Gesetz Kindergeldberechtigten kein Kindergeld erhalten für Kinder, für die einer anderen (im Inland wohnenden bzw. sich aufhaltenden) Person nach dem Einkommensteuergesetz das Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht.
Aufgrund der Rechtslage ergibt sich vorliegend, dass sich die Frage, ob der Kläger ab 01.01.1996 einen Kindergeldanspruch hat, ausschließlich nach dem EStG n.F., gegebenenfalls in Verbindung mit höherrangigem Recht, richtet und Einwendungen gegen den Ausschluss bestimmter Gruppen von Ausländern vom Kindergeldbezug aus der Verfassung, den Normen des Europäischen Gemeinschaftsrechts oder der Menschenrechtskonvention im Rahmen des § 62 Abs.2 EStG n.F. zu prüfen sind. Die Geltung der Vorschriften des BKGG a.F. und n.F. ist von vornherein ausgeschlossen.
Das BKGG a.F. ist auch nicht wegen der Übergangsvorschrift des § 19 Abs.4 BKGG n.F. anwendbar. Diese regelt, dass Verfahren, die am 1. Januar 1996 anhängig sind, nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches und des Bundeskindergeldgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung zu Ende geführt werden, soweit in § 77 des Einkommensteuergesetzes (Kostenregelung für das Widerspruchsverfahren) nichts anderes bestimmt ist. § 19 Abs.4 BKGG n.F. besagt keineswegs, dass im Falle eines noch offenen Verwaltungs- oder Sozialgerichtsverfahrens in einer Kindergeldangelegenheit nach dem BKGG a.F. auch für Kindergeldansprüche, die ab 01.01.1996 entstehen können, das BKGG a.F. und das SGB weiterhin zur Anwendung kommen, wie der Kläger gemeint hat, wobei er offenbar die Konsequenz nicht gesehen hat, dass Kindergeld nach dem BKGG a.F. in geringerer Höhe als nach dem EStG gezahlt werden würde. Die Vorschriften des § 19 Abs.4 BKGG n.F. und des § 78 EStG n.F. sind vielmehr deswegen notwendig geworden, weil (bei Personen mit Wohnsitz im Inland) der Kindergeldanspruch nach dem BKGG a.F. endet und ein Anspruch ab 01.01.1996 nur nach einer neuen Rechtsmaterie von einem anderen "Leistungsträger" unter Beachtung anderer Vorschriften über das Verwaltungsverfahren (und Gerichtsverfahren) gewährt werden kann.
Gemäß § 78 Abs.1 Satz 1 EStG n.F. gilt das Kindergeld, das bis zum 31.12.1995 nach den Vorschriften des BKGG a.F. gezahlt wurde, als nach den Vorschriften dieses Gesetzes (d.h. des EStG) festgesetzt. Dies bedeutet zunächst, dass das bereits vor dem 01.01.1996 gezahlte Kindergeld auf einer neuen Rechtsgrundlage nahtlos weitergezahlt werden kann (bis eine abweichende Entscheidung der Finanzverwaltung ergeht). Die Fiktion in § 78 Abs.1 Satz 1 EStG n.F. bewirkt auch, dass die Finanzbehörde, die ansonsten in jedem Falle das Kindergeld ab 01.01.1996 erstmalig neu festsetzen und verbescheiden müsste (§ 70 Abs.1 EStG n.F.), mit Wirkung ab 01.01.1996 die Vorschriften der §§ 173 f. AO (und des § 70 Abs.2 EStG n.F.) über die Änderung von Verhältnissen anwenden darf, als wenn das bisher gezahlte Kindergeld bereits nach dem EStG n.F. und der AO (und nicht nach dem BKGG a.F. und dem SGB X) festgesetzt worden wäre. Mithin kann teilweise - soweit sich nach dem EStG n.F. weiterhin ein Kindergeldanspruch ergibt, eine Verbescheidung entfallen; soweit sich eine Änderung ergibt, schafft die Fiktion des § 78 Abs.1 Satz 1 EStG die Voraussetzungen, dass steuerrechtliche Verfahrensvorschriften auf Sachverhalte Anwendung finden, die vor dem 01.01.1996 lagen und sonst nicht mit diesen Vorschriften über eine wesentliche Änderung der Rechtslage im Bereich des Steuerrechts erfassbar wären. (§ 70 Abs.2 EStG n.F. spricht insoweit nicht von einer wesentlichen Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse, wie sie einem Kindergeld bewilligenden Verwaltungsakt zugrunde lagen, sondern der Änderung in der für die Zahlung des Kindergelds wesentlichen Umständen.)
Gerade die Vorschrift des § 78 EStG n.F. bestätigt, dass ein Kindergeldanspruch nach dem BKGG n.F. mit dem 31.12.1995 endet und bewilligende Dauerverwaltungsakte nach dem SGB X ihre Wirkung für die Zukunft mit dem 31.12.1995 verlieren (§ 39 Abs.2 SGB X), und stellt klar, dass das Verfahrensrecht der Finanzbehörden dem materiellen Recht des EStG n.F. folgt. Im Gegenzug bestimmt § 19 Abs.4 BKGG n.F., dass das BKGG a.F. und das SGB X (nur) für Kindergeldansprüche bis zum 31.12.1995 gilt, aber insoweit anwendbar bleibt, wenn die Behörden (oder Gerichte) über einen Antrag (oder über eine Neufeststellung von Amts wegen gemäß § 44 f. SGB X, eine Aufrechnung, eine Rückforderung usw.) noch nicht entschieden haben. Es ist klar und offensichtlich, dass § 19 Abs.4 BKGG n.F. und § 78 Abs.1 EStG n.F. nicht die Vorschriften über das In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten der jeweiligen Gesetze zum 31.12.1995 bzw. 01.01.1996 abändern, nicht eine Zuweisung zur Anwendung des materiellen Rechts vornehmen, sondern nur den Grundsatz des intertemporalen Verwaltungsrechts anordnen, nämlich dass im Zweifel das Verfahrensrecht in der Form gilt, wie es im streitigen Zeitraum in Kraft gewesen ist (vgl. BSG vom 15.07.1997 - 14 RS 1/97 in SozR 3-1500 § 51 Nr.21 mit dem weiteren Schluss, dass die Rechtswegzuständigkeit dieser materiellen Rechtslage folgt).
Damit gilt jedenfalls für den vom Kläger ab 01.01.1996 geltend gemachten Kindergeldanspruch das EStG n.F. und die AO, nicht das BKGG a.F. und das SGB X. Hieran ändert sich auch - für die Zeit ab 01.04.1997 - nichts dadurch, dass im sozialgerichtlichen Verfahren S 8 Kg 49/95 ein Bevollmächtigter der Bundesanstalt für Arbeit - Kindergeldkasse - (möglicherweise in der gleichzeitigen, aber aktenkundig nicht festgehaltenen Eigenschaft als Bevollmächtigter der Finanzbehörde) zugesichert hat, die "Beklagte" sei unter Abänderung der "angefochtenen Bescheide" bereit, dem Kläger Kindergeld ab April 1997 zu gewähren. Damit ist nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, erklärt worden, Kindergeld nach dem BKGG a.F. oder n.F. bewilligen zu wollen. Im Übrigen ist diese Zusicherung im Rahmen des nach den Gesetzen Möglichen und Machbaren dahingehend auszulegen, dass das Kindergeld unter Zugrundelegung der jeweils geltenden und einschlägigen Vorschriften gewährt werden sollte.
Dem Bundesamt für Finanzen - einer Bundesoberbehörde - ist die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 EStG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung übertragen (§ 5 Abs.1 Nr.11 Satz 1 des Gesetzes über die Finanzverwaltung - FVG - in der durch Art.3 Nr.1 Jahressteuergesetz 1996 geänderten Fassung). Die Bundesanstalt für Arbeit stellt dem Bundesamt für Finanzen zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Behörden als Familienkassen zur Verfügung, die insoweit Bundesfinanzbehörden sind; die Fachaufsicht obliegt dem Bundesamt für Finanzen. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt (§ 5 Abs.1 Nr.11 Satz 2 und Satz 3 FVG). Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung werden die Arbeitsämter und Landesarbeitsämter für das Bundesamt für Finanzen nur im Wege der Organleihe tätig. Für das Kindergeld nach dem EStG n.F. ist und bleibt die "Finanzverwaltung" zuständig; tätig werden die Bundesfinanzbehörden, die zum Bundesamt für Finanzen gehören, oder Behörden, die kraft Gesetzes als solche gelten.
Davon zu unterscheiden ist die Durchführung der Vorschriften über das "sozialrechtliche" Kindergeld. Insoweit ist die Bundesanstalt für Arbeit zuständig. Diese und die ihr zugehörigen Behörden (Arbeitsämter, Landesarbeitsämter) führen im Bezug auf das bis zum 31.12.1995 zu gewährende Kindergeld die Bezeichnung "Kindergeldkasse" (§ 15 Abs.2 BKGG a.F.) und im Bezug auf die für die Zeit ab 01.01.1996 nach dem BKGG n.F. zu gewährenden Leistungen die Bezeichnung "Familienkasse" (§ 7 Abs.2 BKGG n.F.).
Die Bezeichnung als Kindergeldkasse oder Familienkasse selbst weist nur auf bestimmte Funktionen hin, damit ist aber nicht zwingend und unverwechselbar die einen Verwaltungsakt erteilende Stelle und der an einem Gerichtsverfahren zu Beteiligende gekennzeichnet (hinzu kommt, dass die Arbeitsämter ihre Briefköpfe umgestellt haben und so auch unter der unrichtigen zusätzlichen Bezeichnung "Familienkasse" Bescheide über Leistungen nach dem BKGG a.F. erteilen.). Aus rechtlicher Sicht aber ist streng zu differenzieren, ob die Arbeitsämter als eigene Behörden der Bundesanstalt für Arbeit (BKGG a.F. und n.F.) oder als Bundesfinanzbehörden tätig werden. Genau unterschieden werden muss auch im sozialgerichtlichen Verfahren. Ähnlich wie in der Zivilprozessordnung sind die möglichen Verfahrensbeteiligten (§ 69 SGG: Kläger, Beklagte und Beigeladene) nur dann fähig, an Streitverfahren beteiligt zu sein, wenn es sich um natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, soweit das Landesrecht dies bestimmt, oder die in § 51 Abs.2 Satz 1 SGG genannten Entscheidungsgremien (von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern usw.) handelt (§ 70 Nrn.1 bis 4 SGG).
Die Bundesanstalt für Arbeit ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts und beteiligungsfähig (vorliegend als Beklagte); nicht beteiligungsfähig im sozialgerichtlichen Verfahren wären die Arbeitsämter, gleich ob sie als Kindergeldkasse oder als Familienkasse, insoweit wiederum als "Sozialbehörde" oder als Bundesfinanzbehörde, tätig werden. Vorliegend war bei Beginn des sozialgerichtlichen Rechtsstreits im November 1995 Beklagte allein die Bundesanstalt für Arbeit. Im Laufe des Verfahrens, als der Kläger seine ursprüngliche Klage ("die Beklagte wird verurteilt, meinen Antrag auf Kindergeld zu genehmigen") präzisierte und auf das Kindergeld ab 01.01.1996 erstreckte, hätte das Sozialgericht aufgrund der Rechtsänderung zur Jahreswende 1995/1996 eine Beiladung aussprechen müssen. Die Bundesanstalt für Arbeit als juristische Person selbst hat keine Doppelfunktion, so dass sich Diskussionen darüber erübrigen, ob sie auch für die Finanzverwaltung als Beklagte fungieren könne. Es muss beachtet werden, dass die Bundesanstalt für Arbeit selbst keine Bundesfinanzbehörde ist oder als solche gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 Satz 2 FVG gilt, sondern nur die der juristischen Person unterstellten Behörden solche sein können, wenn sie Aufgaben nach §§ 31, 68 f. EStG n.F. durchführen. Die "Finanzverwaltung" wiederum ist nicht Rechtsnachfolgerin der Bundesanstalt für Arbeit und tritt nicht kraft Gesetzes in die prozessrechtliche Stellung dieser juristischen Person ein.
Das Klageverfahren beim Sozialgericht Würzburg ist bis zum Urteil durchgeführt worden, ohne die für einen Kindergeldanspruch des Klägers ab 01.01.1996 zuständige Finanzverwaltung zu beteiligen. Die Beiladung war aber notwendig, wenn die Entscheidung des Gerichts in die Rechtssphäre eines Dritten unmittelbar eingreift, belastende Auswirkungen haben kann (vgl. im Einzelnen Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.10 zu § 75). Dies ist stets der Fall, wenn ein anderer Leistungspflichtiger in Betracht kommt, wobei es nicht erforderlich ist, dass der Anspruch gegen Beklagte und Beigeladene inhaltlich identisch ist, wenn sich die Ansprüche nur gegenseitig ausschließen (BSG vom 25.03.1982 - 10 RAr 12/81 in Breithaupt 1983, 90. Zu einem dem vorliegenden Falle sehr ähnlichen Sachverhalt vgl. BSG vom 20.01.1982 - 3 RK 62/80 in USK 8204, in dem die Zuständigkeit der Krankenkasse für das Krankengeld ab einem bestimmten Zeitpunkt wechselte, weil der Kläger zuerst nach der Reichsversicherungsordnung und dann nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte versichert gewesen ist).
Die Bedeutung der Beiladung ist erheblich. Sie dient sowohl dem Interesse des Beigeladenen, dem die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Prozess gegeben wird, als auch dem öffentlich-rechtlichen Interesse der Prozessökonomie; der Kläger wird in Stand gesetzt, seine Ansprüche gegen einen Dritten, der verurteilt werden kann, zu verfolgen. Wichtig ist auch, dass die formelle und materielle Rechtskraft eines Urteils nur gegenüber den am Streitverfahren Beteiligten eintritt. Vorliegend wäre daher mit Einschränkung eine Beiladung nur dann nicht erforderlich, wenn der Kläger - nach gerichtlicher Aufklärung - von vornherein auf die Stellung von prozessuellen Anträgen auch gegenüber der Finanzverwaltung ausdrücklich verzichtet hätte. Dies ist aber zu seinem Nachteil nicht schon deshalb anzunehmen, weil er glaubt, sein Kindergeldanspruch beruhe auch für die Zeit ab 01.01.1996 auf dem BKGG a.F.
Die Verletzung der Vorschrift des § 75 Abs.2 SGG ist wesentlich. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch bei Zugrundelegung der Ansicht des Sozialgerichts, das in undifferenzierter Weise über das "sozialrechtliche" und das "steuerrechtliche" Kindergeld ab 01.01.1996 entschieden hat, sein Urteil nicht im Verhältnis Kläger-Finanzverwaltung wirken kann. Im Übrigen hätte das Urteil des Sozialgerichts in der Hauptsache auch anders ausfallen können, d.h. (ohne Verweisung des Rechtsstreits) auf anderer Grundlage ergehen können; die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren lediglich mit Schriftsatz vom 30.11.1995 auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 hingewiesen, mithin nur zum Anspruch des Klägers im Rahmen des BKGG a.F. vorgetragen. Bei Beiladung wäre auch ein Vortrag zur steuerrechtlichen Lage ab 01.01.1996 zu erwarten gewesen, im Übrigen der (in erster Instanz) nicht erfolgte Hinweis, dass die Familienkasse den Kindergeldanspruch für die Zeit ab 01.01.1996 bereits mit Bescheid vom 12.03.1997 abgelehnt und der Kläger hiergegen keinen Einspruch eingelegt hat. Dieser Bescheid war dem Sozialgericht bis zum Erlass des Urteils vom 21.04.1997 nicht bekannt. Weder die Beklagte noch der Kläger haben ihn dem Sozialgericht vorgelegt. In der dem Sozialgericht übersandten Kindergeldakte war dieser Bescheid ehemals nicht enthalten, da die Beklagte dem Sozialgericht die Kindergeldakte (nach dem damaligen Stand) mit Schriftsatz vom 30.11.1995 vorgelegt hat, erst nach Abschluss des Verfahrens die Akte zurück erhielt (mit Anschreiben der Geschäftsstelle des Sozialgerichts vom April 1997) und dann die angefallenen und noch anfallenden Unterlagen, die auch das steuerrechtliche Kindergeld betrafen, zur Akte heftete.
1.2 Neben dem Verstoß gegen § 75 Abs.2 SGG ist zugleich ein Verstoß gegen § 103 SGG gegeben, der vorschreibt, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, wozu auch gehört, dass die vollständigen Akten der Beklagten (einschließlich der in den letzten eineinhalb Jahren angefallenen Unterlagen zum steuerrechtlichen Kindergeld) beigezogen werden. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass maßgebende Verwaltungsakte und sonstige relevante Umstände übersehen werden können. Vorliegend ist ein Verfahrensfehler begründet, da das Sozialgericht seine Entscheidung in der Hauptsache nicht auf die Zeit bis zum 31.12.1995 begrenzt, sondern auch auf die Zeit ab 01.01.1996 erstreckt hat und gleichwohl wesentliche Unterlagen der Beklagten hierzu nicht beigezogen hat. In Kenntnis aller Umstände hätte ein Urteil anders ausfallen können, und der Verfahrensmangel ist daher wesentlich.
1.3 Ein dritter Verfahrensfehler liegt vor, weil das Sozialgericht den das "steuerrechtliche" Kindergeld betreffenden Bescheid vom 12.03.1997 nicht in sein Urteil einbezogen hat. Bereits der Urteilstenor ("die Klage wird abgewiesen"), der allein in Rechtskraft erwachsen kann und aus sich selbst heraus verständlich sein sollte, ist äußerst vage, aber immerhin noch nach dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen auslegungsfähig (Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.5d zu § 136), und zwar dahingehend, dass es sich um eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 handelt. Der Bescheid vom 12.03.1997, der unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts über seine Zuständigkeit und das Begehren des Klägers Gegenstand einer Anfechtungsklage sein musste (vgl. § 54 Abs.1, § 131 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 SGG), ist in den Ausführungen des Urteils an keiner Stelle erwähnt, und es wird nicht ersichtlich, welche Art von Klage das Sozialgericht hinsichtlich des Anspruchs auf Kindergeld ab 01.01.1996 angenommen hat und warum sie zulässig sein sollte.
Fest steht jedenfalls, dass der Kläger mit seiner erstmals in der Sitzungsniederschrift vom 21.04.1997 präzisierten bzw. erweiterten Klage Kindergeld über den 31.12.1995 hinaus begehrt hat. Da der Bescheid vom 12.03.1997 den Zeitraum ab 01.01.1996 betrifft und den Kindergeldanspruch definitiv regelt, musste das Sozialgericht, wenn es insoweit den Rechtsstreit nicht an das Finanzgericht verweist, auch einen Urteilsausspruch treffen. Der Bescheid vom 12.03.1997 ist zwar nicht gemäß § 98 Abs.2 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, muss aber vom Sozialgericht, da er dem Begehren des Klägers entgegensteht, im Urteilstenor (gegebenenfalls in einem Tenor, der nach Tatbestand und Urteilsbegründung dahingehend auslegungsfähig ist, dass sich Klage auch gegen diesen Bescheid richtet) erfasst werden. Dies gebieten der Grundsatz der umfassenden Sachentscheidung (vgl. hierzu §§ 123, 140 SGG) und die Vorschriften über die formelle und materielle Rechtskraft (§§ 141, 77 SGG). Es geht nicht an, dass zwar in einer sachlichen Entscheidung über den materiell-rechtlichen Kindergeldanspruch entschieden wird, nicht aber über die diesen Anspruch regelnden Verwaltungsakte. Das Sozialgericht hat umfassend über den erhobenen Klageanspruch (§ 123 SGG) unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Verwaltungsakte zu entscheiden, wenn es glaubt, hierfür zuständig zu sein, und die Klage auch für zulässig hält.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts, soweit sie im Urteil vom 21.04.1997 überhaupt ersichtlich wird, vor; das Urteil hätte bei Beachtung der Verfahrensvorschriften anders ausfallen können und müssen, so dass der Verfahrensmangel, das Fehlen einer umfassenden Entscheidung, wesentlich ist.
Der Senat hat von dem Recht Gebrauch gemacht, den Rechtsstreit zurückzuverweisen. Die Streitsache ist in zweiter Instanz nicht entscheidungsreif. Es wären im Berufungsverfahren umfangreiche Ermittlungen zu den Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs bis ins Jahr 2001 anzustellen, der Sachverhalt ist weiter aufzuklären und vor allem ist auch zu allen Verwaltungsvorgängen zu ermitteln. Dies kann ebenso gut in erster Instanz erfolgen, sofern das Sozialgericht sich für zuständig und die Klage für zulässig hält, so dass den Beteiligten jedenfalls die Rechtsmittelinstanz nicht verloren geht.
Mit seiner Entscheidung bindet der Senat das Sozialgericht nicht hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage. Vielmehr ist vorausgehend dargestellt worden, dass das Urteil vom 21.04.1997, so wie es ergangen ist, verfahrensfehlerhaft gewesen ist.
Da das Sozialgericht bisher keinen Beschluss über den Rechtsweg erlassen hat, sondern vielmehr die Annahme seiner Zuständigkeit "konkludent" erst im Urteil vom 21.04.1997 erfolgt ist, das ohnehin aus anderen Gründen (teilweise) aufgehoben werden musste, steht dem Sozialgericht künftig mehr als nur eine Möglichkeit der Entscheidung offen; es ist nicht an einen Beschluss über den Rechtsweg (§ 17a Abs.2 Satz 1 und Abs.3 Satz 1 GVG) gebunden. Zu beachten hat das Sozialgericht gemäß § 159 Abs.2 SGG bei einer künftigen Entscheidung, gleich wie sie ausfällt, dass das BKGG a.F. und n.F. und das SGB X nicht auf den streitigen Kindergeldanspruch ab 01.01.1996 Anwendung finden dürfen, sondern das EStG n.F. und die AO gelten. Kommt es künftig zu einer Rechtswegeverweisung, muss die "Finanzverwaltung" nicht beigeladen werden (vgl. BSG vom 25.02.1999 - B 1 SF 9/98 S in SozR 3-1720 § 17a Nr.11), anderenfalls ist die zuständige "juristische Person" im Sinne von § 70 Nr.1 SGG notwendig beizuladen (geprüft werden sollte dann auch - dies wird von dem noch zu ermittelnden Sachverhalt für die Zeit ab 01.01.1996 abhängen -, ob die Beiladung der Ehefrau des Klägers geboten ist). Sollte es zu einem Urteil kommen, sind außerdem - nach Ermittlung des vollständigen Sachverhalts ab 01.01.1996 - alle Verwaltungsakte der Finanzverwaltung daraufhin zu prüfen, ob sie dem geltend gemachten Kindergeldanspruch entgegenstehen oder aus einem sonstigen Grunde in die Entscheidung einzubeziehen sind. Auch in dem Falle, dass hinsichtlich des Streitgegenstands ganz oder teilweise ein Prozessurteil wegen eventueller Unzulässigkeit der Klage ergeht, ist kenntlich zu machen, gegen welche Bescheide sich die Klage gerichtet hat.
2. Soweit der Kläger erneut, nach Trennung des Streitverfahrens in ein solches betreffend den Kindergeldanspruch bis 31.12.1995 (L 14 KG 48/97) und ein solches betreffend den Anspruch ab 01.01.1996 (L 14 KG 2/98) im jetzigen Verfahren L 14 KG 2/98 begehrt, den Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 und insoweit auch das Urteil vom 21.04.1997 - S 8 Kg 49/95 aufzuheben und ihm Kindergeld für Juli bis Dezember 1995 zu zahlen, war in zweiter Instanz die Klage wegen Unzulässigkeit der Klageänderung abzuweisen.
Der Senat hatte den Streitgegenstand insoweit dem Verfahren L 14 KG 48/97 zugewiesen, und hierüber ist rechtskräftig entschieden worden. Der Kläger hat dies nicht respektiert, sondern ausdrücklich - nach dem Urteil des Senats vom 23.04.1998 - sein Begehren über die sachliche Entscheidung über das Kindergeld bis zum 31.12.1995 in das Verfahren L 14 KG 2/98 eingebracht. Es handelt sich hier um eine neue Klage. Der das jetzige Streitverfahren betreffende Gegenstand (Kindergeld ab 01.01. 1996) wurde vom Kläger im Sinne der Erweiterung (Kindergeld auch von Juli bis Dezember 1995) geändert. Die Änderung ist nicht zulässig (§ 99 Abs.1 SGG). Die Beklagte hat in die Änderung nicht eingewilligt oder - ohne der Änderung zu widersprechen - sich auf die abgeänderte Klage eingelassen (§ 99 Abs.2 und Abs.1 SGG). Der Senat kann nicht die Änderung für sachdienlich halten (§ 99 Abs.1, 2. Alternative SGG), weil eine (erneute) Klage gegen die genannten Bescheide der Beklagten wegen Versäumnis der Klagefrist unzulässig wäre. Darüber hinaus könnte über die Klage sachlich nicht entschieden werden, weil bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Insoweit ist nicht mehr von ausschlaggebender Bedeutung, ob die abgeänderte Klage wegen Unzulässigkeit (so der Senat und BSG vom 13.12.1960 - 2 RU 189/56 in BSGE 13, 181) oder ohne weitere Prüfung wegen Unbegründetheit abzuweisen wäre (vgl. zum Theorienstreit Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.3a und 6 zu § 141).
3. Auch die Klage, wegen Kindergelds von Juli bis Dezember 1995 gemäß § 20 Abs.5 BKGG a.F. zu entscheiden, war wegen Unzulässigkeit abzuweisen.
Der Senat hat den in sich widersprüchlichen Antrag des Klägers, den Bescheid vom 18.08.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 aufzuheben und die Beklagte zur Kindergeldzahlung "gemäß § 20 Abs.5 BKGG a.F." zu verurteilen, einerseits als Anfechtungs- und Leistungsklage gewertet (hierzu siehe oben Ziffer 2.), weil diese Klageart allein dem Leistungsbegehren des Klägers Rechnung tragen konnte und es nicht auf die vom Kläger zitierten Rechtsnormen, die er ohnehin zum Teil missversteht, ankam (§ 123 SGG). Andererseits durfte nicht völlig unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger § 20 Abs.5 BKGG a.F. zitiert hat, mithin eine Verpflichtungsklage, die sich allerdings nicht auf die Zahlung des Kindergelds selbst richten darf, in Frage kam. Nachdem der Kläger an seinen vorformulierten Anträgen festgehalten hatte, legte der Senat sein Begehren im weitestgehenden Sinne dahin aus, dass er sowohl Anfechtungs- und Leistungsklage als auch Verpflichtungsklage (§ 54 Abs.1, 1. und 2. Alternative SGG) erheben wollte.
§ 20 Abs.5 BKGG a.F. bestimmt, dass dann, wenn ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt zurücknehmbar ist, der Leistungsträger hierzu abweichend von § 44 Abs.1 SGB X nur mit Wirkung für die Zukunft (vorliegend: ab dem Zeitpunkt eines dementsprechenden Antrags des Klägers) verpflichtet ist; für die Vergangenheit, d.h. hinsichtlich des Kindergelds von Juli bis Dezember 1995, kann der Verwaltungsakt ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Damit wird § 44 Abs.1 SGB X modifiziert und die Rechtshandhabung den sonstigen Fällen der Rücknahme gemäß § 44 Abs.2 SGB X angeglichen, in denen die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit im (pflichtgemäßen) Ermessen der Kindergeldkasse steht. Dies bedeutet, dass die ursprüngliche Rechtswidrigkeit des betreffenden Verwaltungsakts, falls gegeben, nicht zwangsläufig zur rückwirkenden Kindergeldgewährung führen muss.
Das Ermessen, das dem Leistungsträger nach § 44 Abs.1 und Abs.2 SGB X, § 20 Abs.5 BKGG a.F. eingeräumt wird, darf nicht durch eine Ermessensentscheidung des Gerichts ersetzt werden. Weiterhin ist zu beachten, dass das Ziel der Klage (nach ablehnender Verbescheidung durch die Kindergeldkasse) grundsätzlich nicht auf die Verurteilung der Beklagten zur Leistung gerichtet sein kann, sondern nur auf eine erneute ermessensgerechte Verbescheidung, gegebenenfalls unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Da kein Antrag des Klägers gemäß § 44 SGB X bei der Beklagten gestellt worden ist und kein Bescheid und Widerspruchsbescheid über die Ablehnung des Überprüfungsantrages bzw. der rückwirkenden Gewährung von Leistungen vorliegen, ist die Verpflichtungsklage unzulässig. Bereits deshalb ist eine Klageänderung ("Klageerweiterung") im Berufungsverfahren nicht sachdienlich und unzulässig (§ 99 Abs.1 SGG). Eine Zustimmung oder eine widerspruchslose Einlassung der Beklagten hierauf liegen nicht vor (§ 99 Abs.2 und Abs.1 SGG); diese wären vorliegend auch im Hinblick auf das Ergebnis unerheblich, weil die Verpflichtungsklage mangels vorausgehender Verwaltungsakte (mit Ermessensentscheidung) unzulässig bliebe. Die Prozessbeteiligten können zwar in bestimmtem Umfang den Streitgegenstand willentlich erweitern; dies bewirkt aber nicht, dass alle Prozessvoraussetzungen erfüllt sind oder als erfüllt zu behandeln sind.
Den diversen Beweisanträgen des Klägers (u.a. Einvernahme seiner Person und Dritter, Einholung eines Rechtsgutachtens), die ohnehin großteils "unzulässig" und unzweckmäßig erschienen, war schon deshalb nicht nachzukommen, weil sie in Hinblick auf das jetzige Urteil des Senats keinerlei Bedeutung erlangen konnten.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten war eine Entscheidung nicht zu treffen. Auch bei teilweiser Zurückverweisung ist die Einheitlichkeit der Kostenentscheidung zu beachten und bleibt diese dem Gericht vorbehalten, das die Endentscheidung trifft.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8. September 1997 wird aufgehoben.
III. Die erneute Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. August 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 wegen Kindergelds von Juli bis Dezember 1995 wird abgewiesen.
IV. Die Klage wegen Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Verbescheidung eines für Juli bis Dezember 1995 verbindlich abgelehnten Kindergeldanspruchs wird abgewiesen.
V. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Prozessbeteiligten sind die Fragen, ob dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld dem Grunde nach für die Zeit ab Juli 1995 zusteht (Bezug: Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 - 8 Kg 49/95) und ob diese Entscheidung entgegen dem Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.1997 - 8 Kg 49/95 hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs für die Zeit ab April 1997 gemäß § 140 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu ergänzen ist.
Der Kläger, ein im Jahre 1961 geborener polnischer Staatsangehöriger, reiste am 03.02.1987 mit einem Besuchersichtvermerk in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein. Ein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtiger wurde Ende des Jahres 1987 bindend abgelehnt. Danach wurde dem Kläger aufgrund der "Ostblockbeschlüsse" der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder wiederholt eine Duldung erteilt, am 14.11.1989 und am 25.10.1990 befristete Aufenthaltserlaubnisse nach dem Ausländergesetz (AuslG) a.F. Die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis galt aufgrund des ab 01.01.1991 geänderten Ausländerrechts als Aufenthaltsbefugnis fort (§ 94 Abs.3 Nr.3 AuslG n.F.) und wurde im zweijährigen Turnus verlängert. Am 07.04. 1997 erteilte die Ausländerbehörde eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Bestrebungen des Klägers beim Landratsamt M ... und Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg um Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis bereits für die Zeit ab November 1996 blieben ohne Erfolg (klageabweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12.03.1998 - W 7 K 97.107).
Der Kläger, der seit 15.03.1990 mit einer polnischen Staatsangehörigen mit ähnlichem aufenthaltsrechtlichen Status verheiratet ist, beantragte im Juli 1995 bei der Beklagten die Gewährung des Kindergelds für die am 24.07.1995 geborene Tochter A ... Mit Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 wurde die Bewilligung von Leistungen abgelehnt, weil der Kläger nicht über eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§ 1 Abs.3 Bundeskindergeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachtung vom 31.01.1994, BGBl.I S.168 - BKGG a.F.) verfüge.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg machte er geltend, die ihm erteilte Aufenthaltsbefugnis entspreche einer Aufenthaltserlaubnis. Im Übrigen sei § 1 BKGG, der an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfe, so zu interpretieren, dass für einen Anspruch auf Kindergeld die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit maßgebend sei. Der Ausschluss vom Kindergeld sei diskriminierend und verfassungswidrig (Art.1, 3 und 20 Abs.3 des Grundgesetzes - GG) und verletzte die Menschenrechte.
Laut Sitzungsniederschrift vom 21.04.1997 erklärte der Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit, diese sei unter Abänderung der angefochtenen Bescheide bereit, dem Kläger Kindergeld ab April 1997 zu gewähren, und die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend, dass Gegenstand des Rechtsstreits nur noch das Kindergeld vor April 1997 sei. Die Klage - laut Niederschrift wegen Gewährung von Kindergeld für A ... von der Geburt bis März 1997 - wurde mit Urteil des Sozialgerichts vom 21.04.1997 - S 8 KG 49/95 abgewiesen. Im streitigen Zeitraum bis einschließlich März 1997 sei der Kläger nicht im Besitz eines Verwaltungsakts gewesen, mit dem eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ausgesprochen worden sei. Dies erfordere aber § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung bzw. § 1 Abs.3 Satz 1 BKGG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 bzw. § 62 Abs.2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung. § 1 Abs.3 BKGG sei auch verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 31.10.1995 (SozR 3-5870 § 1 Nr.6) festgestellt habe. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht ersichtlich, da der Gesetzgeber den Kindergeldanspruch auf solche Ausländer begrenzen wollte, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben würden. Die Anknüpfung hierbei an Aufenthaltsberechtigung und Aufenthaltserlaubnis sei sachgerecht.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung (ehemals nur unter L 14 KG 48/97 geführt) wandte sich der Kläger hiergegen. Gleichzeitig beantragte er beim Sozialgericht Würzburg, Unrichtigkeiten des Urteils und der Niederschrift zu berichtigen und wegen eines übergangenen Anspruchs gemäß § 140 SGG ein Ergänzungsurteil zu erlassen. Es habe keine Einigkeit bestanden, dass der Rechtsstreit für die Zeit ab 01.04.1997 erledigt sei. Er streite auch nicht um Kindergeld seit Juli 1995, sondern seit Geburt des Kindes.
Mit Beschluss vom 29.08.1997 hat das Sozialgericht Berichtigungen abgelehnt, mit Urteil vom 08.09.1997 - S 8 KG 49/95 den Antrag auf Ergänzung des Urteils hinsichtlich eines ab 01.04.1997 behaupteten Kindergeldanspruchs zurückgewiesen. Auch hiergegen legte der Kläger Berufung (ehemals unter L 14 KG 70/97 geführt) ein.
Der Senat hat in der Berufung L 14 KG 48/97 die Streitsache in ein Verfahren hinsichtlich des bis 31.12.1995 beanspruchten Kindergelds (unter dem Az.: L 14 KG 48/97) und in ein Verfahren hinsichtlich des ab 01.01.1996 geltend gemachten Anspruchs (unter dem Az.: L 14 KG 2/98) getrennt (Beschlüsse vom 22.01. und 23.04.1998). Außerdem ist die Berufung wegen Urteilsergänzung (L 14 KG 70/97) mit dem Verfahren L 14 KG 2/98 verbunden und zum führenden Aktenzeichen für beide Streitsachen das Aktenzeichen L 14 KG 2/98 bestimmt worden.
In dem Verfahren hinsichtlich des Kindergeldanspruchs bis 31.12.1995 hat der Senat mit Urteil vom 23.04.1998 - L 14 KG 48/97 die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen sowie mit weiterem Urteil vom 24.09.1998 - L 14 KG 48/97 den vom Kläger gestellten Antrag, das Verfahren L 14 KG 48/97 fortzusetzen und das Urteil vom 23.04.1998 hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs für die Zeit ab 01.01.1996 zu ergänzen, als unzulässig verworfen. Die gegen das Urteil vom 23.04.1998 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 18.03.1999 - B 14 KG 11/98 B zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss und das Urteil vom 23.04.1998 gerichtete Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.10.1999 - 1 BvR 607/99).
In der noch offenen Berufung L 14 KG 2/98 bringt der Kläger vor, vom Sozialgericht sei verkannt worden, dass er um Kindergeld für seine Tochter seit Geburt bis in die Zukunft streite. Die Urteile des Sozialgerichts seien rassistisch und ausländerfeindlich, § 1 Abs.3 BKGG a.F. sei verfassungs- und völkerrechtswidrig. Für Ausländer, die in Deutschland wohnten, dürfe es nach dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung und den allgemeinen Völkerrechtsregeln keine Benachteiligung gegenüber Deutschen geben. Hätte das Sozialgericht seine Ausführungen nicht ignoriert, wäre es im Übrigen zu dem Schluss gekommen, dass er auf Dauer in der BRD verweile. Seit Einreise sei sein Daueraufenthalt in der BRD als Flüchtling aus den Ostblockstaaten gesichert gewesen; es habe festgestanden, dass er die befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten werde.
Mittlerweile habe ihm die "Beklagte" mit Bescheid vom 22.05.1997 das Kindergeld ab April 1997 gewährt. Hierfür habe keine Rechtsgrundlage bestanden; der Bescheid sei rechtswidrig und sogar nichtig (§ 40 des Sozialgesetzbuches Teil X - SGB X), weil er an einem schwerwiegenden Fehler leide. Trotz seiner Warnungen und Hinweise habe die Beklagte ab 26.05.1997 (gemeint: ab 01.04.1997) willkürlich für einen unbestimmten Zeitraum Leistungen überwiesen und gleichzeitig verlangt, Antragsvordrucke auszufüllen, dann erst könne über einen Anspruch ab April 1997 entschieden werden. Nachdem er die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass über das Kindergeld jetzt das Gericht zu entscheiden habe, habe die Beklagte die willkürliche Zahlung der Leistungen eingestellt und angedroht, "rechtswidrig gezahltes Geld" zurückzufordern.
Das Sozialgericht Würzburg hätte über seinen Kindergeldanspruch ab Juli 1995 - auch für die Zeit ab 01.04.1997 - entscheiden müssen. Das zweite Urteil des Sozialgerichts vom 08.09.1997 sei auch deswegen fehlerhaft, weil hieran andere Richter als beim Urteil vom 21.04.1997 mitgewirkt hätten. Es sei jetzt Aufgabe der Berufungsinstanz, über seinen Kindergeldanspruch durchgehend ab Juli 1995 zu entscheiden.
Soweit bisher die Unzuständigkeit der Sozialgerichte für einen Kindergeldanspruch ab 01.01.1996 und die Zuständigkeit der Finanzgerichte angesprochen worden sei, müsse er darauf hinweisen, dass für Berufungen gegen Urteile des Sozialgerichts das Landessozialgericht zuständig sei (§ 29 SGG) und das Landessozialgericht die Frage der Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen habe (§§ 17, 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - i.V.m. § 98 SGG). Außerdem würden gemäß § 19 Abs.4 BKGG n.F. Verfahren, die am 01.01.1996 noch anhängig seien, nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches und des BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung zu Ende geführt werden. Dies gelte auch für die ihm ab 01.01.1996 zustehenden Kindergeldansprüche. Gemäß Art.101 GG dürfe niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Der Senat sei nicht befugt, ohne seine Einwilligung den ab Geburt der Tochter geltend gemachten Kindergeldanspruch zu beschränken und/oder Änderungen der Berufung vorzunehmen.
Auch nach Zustellung des Urteils des Senats vom 23.04.1998 - L 14 KG 48/97 (und des Urteils vom 24.09.1998 - L 14 KG 48/97) beharrt der Kläger trotz richterlicher Hinweise in seinen von November 1998 bis Februar 1999 gefertigten Schriftsätzen darauf, dass sein Anspruch auf Kindergeld nicht teilbar sei und an seinen ehemaligen Berufungsanträgen festgehalten werde. Es habe keine Berufung hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs bis zum 31.12.1995 gegeben. Eine Beschränkung seines Klageanspruchs könne auch im Verfahren L 14 KG 2/98 nicht erfolgen.
Die Beklagte bringt vor, "steuerrechtliches" Kindergeld sei dem Kläger ab April 1997 gezahlt und dann wegen mangelnder Mitwirkung ab 01.08.1997 eingestellt worden. Es liege auf der Hand, dass die gerichtliche Nachprüfung der Leistungen ab 01.01.1996 den einschlägigen Fachgerichten der Finanzgerichtsbarkeit zukomme. Das Sozialgericht habe wohl den Aspekt der sachlichen Zuständigkeit übersehen. Der Kindergeldbezug (jetzt) vom Januar 1996 bis März 1997 scheitere am aufenthaltsrechtlichen Status des Klägers. Sollte dem Kläger bei Nachholung der Mitwirkung Kindergeld ab April 1997 (bzw. ab August 1997) materiell-rechtlich nicht zustehen, wäre er auf die gegebenen Rechtsbehelfe - Einspruch nach der Abgabenordnung (AO), gegebenenfalls Klage zum Finanzgericht - gegen die entsprechenden Verwaltungsentscheidungen zu verweisen. Die erneute Klage wegen des Kindergelds für das Jahr 1995 sei unzulässig.
Der Senat hat die Kindergeldakte der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamts Aschaffenburg sowie auszugsweise Kopien aus zwei Band Prozessakten des Verwaltungsgerichts Würzburg mit Ausländerakten beigezogen. Aus der Leistungsakte (Stand Dezember 1997) ergibt sich, dass der Kläger nach einer Sperrfrist Arbeitslosengeld vom 23.02. bis 29.11.1995 und ab 30.11.1995 bis zumindest Ende 1997 Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Laut Einkommensteuerbescheid vom 22.02.1996 für das Veranlagungsjahr 1995 (in der Kindergeldakte) beliefen sich die Einkünfte des Klägers auf 0,00 DM, die seiner Ehefrau auf 32.855,00 DM. Nach Abzug von Sonderausgaben, Versicherungsbeiträgen und Freibeträgen gemäß § 33a/b EStG wurde das Einkommen mit 10.055,00 DM berechnet. Das zu versteuernde Einkommen betrug unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrags (4.104,00 DM) 5.951,00 DM. Die Einkommensteuer hieraus wurde mit Progressionsvorbehalt nach der Splittingtabelle auf 684,00 DM festgesetzt.
Aus der Kindergeldakte (Stand 1997), den Angaben des Klägers und der Beklagten sowie einer eingeholten Auskunft des Arbeitsamts Aschaffenburg (Familienkasse) vom 18.06.1998 ergibt sich folgender Sachverhalt für die Zeit ab 01.01.1996: Mit einem beim Arbeitsamt am 17.01.1997 eingegangenen Schreiben vom 14.01.1997 hat der Kläger mitgeteilt, er beantrage zu dem Kindergeld den Zuschlag für das Jahr 1995. Mit weiterem Schreiben vom 10.02.1997 zeigte er an, dass er am 11.11.1996 einen Antrag auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis gestellt habe und daher seinen im Juli 1995 gestellten Kindergeldantrag für begründet halte.
Die Familienkasse wertete dies als erneuten Kindergeldantrag und lehnte ihn mit Bescheid vom 12.03.1997 unter dem Betreff: "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG)" mit der Begründung ab, dass ein ausländischer Staatsangehöriger nur dann Anspruch auf Kindergeld habe, wenn er im Besitz einer gültigen Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei (§ 62 EStG). Dieser Bescheid könne mit Einspruch angefochten werden.
Einspruch hiergegen wurde - zumindest ausdrücklich - nicht eingelegt. Vielmehr zeigte der Kläger mit weiterem Schreiben vom 08.04.1997 der Familienkasse an, dass ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei. Sein Schreiben vom 10.02.1997 solle nicht als neuer Kindergeldantrag angesehen werden, vielmehr solle der ablehnende Bescheid vom 18.08.1995 durch einen neuen Bescheid abgeändert oder ersetzt werden sowie eine Abschrift dieses Bescheids dem Sozialgericht gemäß § 96 Abs.2 SGG übermittelt werden.
Die Beklagte ermittelte daraufhin, dass der Tochter des Klägers am 07.04.1997 eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 23.07.2003 erteilt worden sei, und forderte den Kläger mit Schreiben vom 25.04.1997 auf, die dem Schreiben beigelegten Antragsunterlagen zu übersenden, damit über die Zahlung des Kindergelds ab April 1997 entschieden werden könne. Der Kläger weigerte sich (Schreiben vom April 1997), weil das Arbeitsamt einen neuen Bescheid zu erteilen habe, der dann zum Gegenstand des Klageverfahrens werde.
Die Familienkasse wies mit akteninterner Bewilligung vom 16.05.1997 dem Kläger Kindergeld von monatlich 220,00 DM ab 01.04.1997 an und teilte ihm mit (Schreiben vom 22.05.1997), dass die Zahlung aufgrund des Verhandlungsergebnisses aus der Sitzung des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 erfolge; der Kläger werde, nachdem die vorliegenden Antragsunterlagen aus dem Jahre 1995 datierten, gebeten, die beigefügten Fragebögen für Kindergeld zur regelmäßigen Überprüfung des Kindergeldanspruchs mit seiner Gattin auszufüllen.
Gegen die Entscheidung vom 22.05.1997 erhob der Kläger Widerspruch, weil es kein Verhandlungsergebnis gebe, seine Kindergeldstreitsache noch rechtshängig sei und das Gericht - und nicht die Beklagte in eigenwilliger Weise - hierüber zu befinden habe.
Nach weiterer Aufforderung zur Erteilung von Auskünften (Fragebögen) zur Überprüfung des Kindergeldanspruchs ab 01.07.1997 (Schreiben vom 27.06.1997) hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeld für A ... wegen unterlassener Mitwirkung gemäß § 70 Abs.2 EStG, §§ 90 bis 95, 97 AO mit Wirkung ab 01.08.1997 auf (Bescheid vom 18.06.1998 mit der Rechtsbehelfsbelehrung über einen hiergegen zu erhebenden Einspruch).
Auf wiederholte Schreiben des Senats, ob der Kläger ab 01.01. 1996 in einem Arbeitsverhältnis stehe, und auf Aufforderung zur Vorlage der Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 hat er nur mit der wiederholten "Erklärung gemäß § 60 Abs.2 des Sozialgesetzbuches Teil I - SGB I" reagiert, in seinen Verhältnissen hätten sich keine Änderungen ergeben.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 und 08.09.1997 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids vom 18.08.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 zu verurteilen, gemäß § 20 Abs.5 BKGG a.F. i.V.m. § 19 Abs.4 BKGG n.F. ihm das Kindergeld für seine Tochter A ... von deren Geburt an, d.h. Juli 1995, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise, beide Urteile des Sozialgerichts Würzburg aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, weiterhin die erneute Klage wegen Kindergelds für das Jahr 1995 als unzulässig abzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die aktuellen und abgeschlossenen Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vortrags des Klägers, wird hierauf sowie auf die zu Beweiszwecken beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 21.04. 1997, soweit hierin über einen Kindergeldanspruch für die Zeit ab 01.01.1996 entschieden worden ist, und die Berufung gegen hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs ab 01.04.1997 zu ergänzen) sind form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§§ 143 f., 151 SGG).
Die erste Berufung ist insoweit begründet, als das Urteil vom 21.04.1997 teilweise (soweit es nicht den Kindergeldanspruch bis zum 31.12.1995 betrifft und bereits rechtskräftig ist) aufzuheben und die Streitsache an das Sozialgericht zurückzuverweisen ist, weil das Urteil unter wesentlichen Verfahrensmängeln zustande gekommen ist (§ 159 Abs.1 Nr.2 SGG). Die zweite Berufung gegen das Urteil vom 08.09.1997 ist in vollem Umfange begründet. Der vom Kläger vorgebrachte Verfahrensmangel, dass das Sozialgericht in falscher Besetzung entschieden hätte, liegt zwar nicht vor. Das Urteil vom 21.04.1997, das nach Ansicht des Klägers für die Zeit ab 01.04.1997 um einen Ausspruch ergänzt werden sollte, existiert aber mit seiner (teilweisen) Aufhebung nicht mehr, so dass auch die Ablehnung der Urteilsergänzung obsolet ist. In dem zurückverwiesenen Rechtsstreit steht das gesamte Vorbringen des Klägers - auch ob ehemals eine Beschränkung der Klage auf die Zeit bis zum 31.03.1997 vorgelegen hat, eventuell, ob die Klage später in zulässiger Weise geändert worden ist - zur Prüfung und gegebenenfalls zur Entscheidung an.
Der Senat hat bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung beachtet, dass er nicht zu "prüfen" hat, ob der (hinsichtlich des ab 01.01.1996 geltend gemachten Kindergeldanspruchs) beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten zulässig war bzw. ist (§ 17a GVG). Die §§ 17 f. GVG gelten zwar nicht, wie der Kläger gemeint hat, aufgrund der Bezug nehmenden Vorschrift des § 98 SGG. Diese Norm regelt nur die Verfahrensweise bei sachlicher und örtlicher Unzuständigkeit innerhalb des Bereichs der Sozialgerichtsbarkeit. Im Verhältnis der Sozialgerichte zu den Gerichten anderer Gerichtsbarkeiten gelten vielmehr §§ 17 f. GVG gemäß § 202 SGG, weil das SGG insoweit keine Vorschriften enthält. Das Ergebnis ist im Wesentlichen dasselbe, wird von der Möglichkeit der Überprüfung von Verweisungsbeschlüssen in höherer Instanz abgesehen.
Gemäß § 17a Abs.2 und 3 GVG hat das Sozialgericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zu prüfen und kann hierüber eine Entscheidung nicht nur in einem Urteil treffen, sondern auch durch Beschluss vorab entscheiden, sei es, dass es den Rechtsweg für zulässig erklärt, sei es, dass es ihn für unzulässig erklärt und zugleich den Rechtsstreit an das zuständige Gericht verweist. Das Sozialgericht muss vorweg durch Beschluss entscheiden, wenn sich das pflichtgemäße Ermessen auf null reduziert oder eine Partei die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt. Der Beschluss kann dann mit Beschwerde angefochten und einer Überprüfung zugeführt werden (Ausnahme § 48 Satz 2 SGG a.F.). § 17a Abs.5 GVG bestimmt, dass im Gegensatz hierzu das Gericht, das nicht im Beschwerdeverfahren entscheidet, sondern über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache, nicht "prüft", ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die so gebotene Unterlassung der "Prüfung" bedeutet nicht, dass dem Senat die Nachprüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs generell verwehrt ist; schließlich sind auch im Hauptsacheverfahren zweiter Instanz nicht angefochtene (oder gemäß § 98 Satz 2 SGG unanfechtbare) Beschlüsse über den Rechtsweg gemäß § 17a Abs.2 und 3 GVG - und damit erst recht die irrtümliche Annahme des Rechtswegs in einem Urteil - daraufhin zu prüfen, ob das Erstgericht in einem besonders gelagerten Ausnahmefall gegen eine den Rechtsweg regelnde Vorschrift (hier: § 51 SGG) verstoßen hat und so der Beschluss - und erst recht die Annahme der Zuständigkeit in einem Urteil - unwirksam sind und "übergangen" werden dürfen (BSG vom 25.02.1999 - B 1 SF 9/98 S in SozR 3-1720 § 17a Nr.11; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, Rdz.9 und 9a zu § 98).
Mithin sind Überlegungen zum Rechtsweg und dann zum Vorliegen einer offensichtlichen Fehlentscheidung in erster Instanz zulässig. Wird eine derartige Entscheidung verneint, bewirkt das Verbot der "Prüfung" - allein das ist sein wahrer Inhalt -, dass die Unzulässigkeit des Rechtswegs (Prozessvoraussetzung) in zweiter Instanz unbeachtlich und hierauf nicht eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts beruhen darf.
Der Senat stellt insoweit fest, dass ein Beschluss des Sozialgerichts hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten (§ 17a Abs.3 GVG) nicht vorliegt, vielmehr das Sozialgericht sich hierzu - auch in seinem Urteil - keinerlei Gedanken gemacht oder möglicherweise stillschweigend, nachdem das Urteil nichts hierüber aussagt, seine Zuständigkeit bejaht hat. Das wie auch immer geartete Verhalten des Sozialgerichts ist trotz der auf der Hand liegenden Möglichkeit des Rechtswegs zu den Finanzgerichten bei Kindergeldansprüchen für die Zeit ab 01.01.1996 (§ 33 Abs.1 Nr.1 und Abs.2 Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. §§ 67 bis 78 EStG n.F.) nicht "willkürlich" oder "elementare Verfahrensgrundsätze missachtend". Ein offensichtlicher Gesetzesverstoß gegen § 51 SGG allein ist nicht ausreichend, um die in erster Instanz erfolgte "Annahme" des Rechtswegs zu den Sozialgerichten als unbeachtlich anzusehen. Vielmehr müsste hierzu "jegliche Rechtsgrundlage fehlen" (BSG, a.a.O.).
Mit dem Merkmal des Fehlens jeglicher Rechtsgrundlage ist die Rechtsprechung zurückhaltend; dies ist in der Regel nur in extremen Ausnahmefällen verneint worden. Darunter zählt zwar auch der Fall, dass ein Gericht - obwohl eine Rüge der Unzuständigkeit in erster Instanz erhoben worden ist - nicht pflichtgemäß durch Beschluss vorab entschieden hatte und mit einem Urteil die Rechtsmittelinstanz hinsichtlich des Rechtswegs bindet (§ 17a Abs.5 GVG), damit die Überprüfungsmöglichkeiten der zweiten Instanz, die im Falle eines beschwerdefähigen Beschlusses gegeben wären, zunichte macht. Anders liegt aber der Sachverhalt, wenn die Rüge nicht oder nicht rechtzeitig erfolgte und daher in erster Instanz kein Beschluss ergehen musste. Die konkludente, stillschweigend oder auch aus Gedankenlosigkeit irrtümlich unterstellte Zulässigkeit des Rechtswegs stellt keinen Verstoß gegen übergreifende Verfahrensgrundsätze dar (Bundesgerichtshof vom 23.09.1992 - I ZB 3/92 und vom 12.11.1992 - V ZR 230/91 in BGHZ 119, 246 und 120, 204; vgl. auch Thomas-Putzo, ZPO, 21. Auflage, Rdz.22 f. zu § 17a GVG).
Der Senat sieht sich vorliegend durch § 17a Abs.5 GVG gebunden und kann (und will) anlässlich der Zurückverweisung des Rechtsstreits dem Sozialgericht keine im Sinne des § 159 Abs.2 SGG bindenden Hinweise zur Zulässigkeit des Rechtswegs geben.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang der Kläger darauf hinzuweisen, dass § 17a Abs.5 GVG in keiner Weise den Senat hinsichtlich der Frage bindet, nach welchem Recht (BKGG a.F., BKGG n.F., EStG n.F., SGB I und X, AO) der geltend gemachte Kindergeldanspruch zu beurteilen ist. Er kann einen "Klageanspruch" hinsichtlich des Kindergelds geltend machen, aber nicht das von den Gerichten zu prüfende und anzuwendende Recht, z.B. auf das BKGG a.F., einschränken. Ebenso wenig ist das Gericht gehalten, alle Formulierungen des Klägers in seinen Anträgen zu beachten. Vielmehr entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG). Sein Vorbringen ist bei Widersprüchlichkeiten und prozessualen Ungereimtheiten auszulegen.
In der Hauptsache musste der Senat nicht abschließend entscheiden, weil dem Sozialgericht erhebliche Verfahrensfehler unterlaufen sind und Veranlassung bestand, deswegen das Urteil (teilweise) aufzuheben und den Rechtsstreit zurückzuverweisen.
1.1 Zunächst hat das Sozialgericht die Behörde der Finanzverwaltung bzw. den Rechtsträger, der gegebenenfalls das Kindergeld für die Zeit ab 01.01.1996 zu zahlen hatte, nicht beigeladen, obwohl die Beiladung notwendig gewesen ist. Gemäß § 75 Abs.2, 1. Alternative SGG (entsprechend § 60 Abs.3 Satz 1 FGO) muss die Beiladung erfolgen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Die Notwendigkeit der Beiladung ergibt sich vorliegend vor allem aus dem ab 01.01.1996 anzuwendenden materiellen Recht und den Vorschriften über das Verwaltungsverfahren. Im Falle des Klägers ist für die Zeit ab 01.01.1996 die Anwendung der Normen des BKGG a.F. und n.F. ausgeschlossen und sind ausschließlich steuerrechtliche Normen maßgebend.
Das BKGG a.F. ist mit dem 31.12.1995 außer Kraft getreten und auch nicht aufgrund irgendwelcher Übergangsvorschriften auf die Kindergeldansprüche des Klägers ab 01.01.1996 anwendbar. Das ab 01.01.1996 geltende BKGG n.F. kommt nicht zum Zuge, weil der zu beurteilende Lebenssachverhalt allein nach den Vorschriften des EStG n.F., die diejenigen des BKGG n.F. (und damit auch die Anwendung der Normen des Sozialgesetzbuches - vgl. § 18 BKGG n.F.) ausschließen, zu beurteilen ist.
Art.41 Abs.7 und 8 des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 (BGBl.1995 I, 1250 f.) bestimmt, dass Art.2 dieses Gesetzes (enthaltend das BKGG n.F.) am 01.01.1996 in Kraft tritt und mit diesem Ereignis das bisher geltende Bundeskindergeldgesetz (BKGG a.F.) außer Kraft tritt. Zum EStG n.F. (in Art.1 des Jahressteuergesetzes 1996) ist vorgeschrieben, dass es am Tag der Verkündung (20.10.1995) in Kraft tritt, soweit in Art.41 Abs.2 bis 8 des Jahressteuergesetzes 1996 nichts anderes bestimmt ist. Damit gelten die kinderbezogenen Regelungen des EStG n.F. (u.a. §§ 31, 32, 62, 63, 70) auch erst ab 01.01.1996.
§ 31 EStG n.F. schreibt vor, dass die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 oder durch Kindergeld geeigneten Zeit durchaus die Frage stellen könnte, ob dem Kläger ab dem Jahre 1996 der steuerliche Kinderfreibetrag, der bereits im Jahre 1995 Berücksichtigung fand, zugute gekommen ist und dieser Vorteil das fehlende Kindergeld - ganz oder teilweise - ausgeglichen hat).
In § 62 Abs.1 EStG n.F. ist geregelt, dass derjenige für Kinder im Sinne des § 63 EStG einen Anspruch auf Kindergeld hat, der im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder auch ohne diese Voraussetzungen nach § 1 Abs.2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder nach § 1 Abs.3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. § 62 Abs.2 EStG n.F. in den ab Januar 1996, April 1997 und ab Januar 1998 geltenden Fassungen enthält eine Ausnahmeregelung für bestimmte Gruppen von Ausländern, die die Voraussetzungen des § 62 Abs.1 EStG n.F. erfüllen, aber bei Vorliegen bestimmter Umstände kein Kindergeld erhalten sollen.
In § 1 Abs.1 BKGG n.F. ist geregelt, dass Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Abs.1 und 2 des EStG nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird; in den Nrn.1 bis 3 bzw. 1 bis 4 des § 1 Abs.1 BKGG n.F. (in den ab 01.01.1996 mehrmals geänderten Fassungen) sind zusätzliche Voraussetzungen für den Kindergeldbezug enumerativ aufgeführt. § 1 Abs.3 BKGG n.F. regelt bestimmte Fälle, in denen Ausländer kein Kindergeld beziehen sollen.
Aus dem Inhalt und der Wechselwirkung von § 62 Abs.1 EStG n.F. und § 1 Abs.1 BKGG n.F. geht hervor, dass das BKGG n.F. nie zur Anwendung kommt, wenn der Antragsteller - gleich ob Deutscher oder Ausländer - seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hat, wobei der in § 62 Abs.1 EStG n.F. erwähnte Wohnsitz in §§ 8 und 9 AO definiert wird und im Falle des Klägers bereits aufgrund seines langjährigen und ausschließlichen Wohnens in der BRD anzunehmen ist. Der Kläger hat eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und nutzen wird (§ 8 AO).
Die Ausschlusswirkung des EStG n.F. im Bezug auf die Normen des BKGG n.F. im Falle des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers in der BRD ist im Übrigen auch daran erkennbar, dass in § 2 Abs.4 BKGG n.F. bestimmt ist, dass die nach diesem Gesetz Kindergeldberechtigten kein Kindergeld erhalten für Kinder, für die einer anderen (im Inland wohnenden bzw. sich aufhaltenden) Person nach dem Einkommensteuergesetz das Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht.
Aufgrund der Rechtslage ergibt sich vorliegend, dass sich die Frage, ob der Kläger ab 01.01.1996 einen Kindergeldanspruch hat, ausschließlich nach dem EStG n.F., gegebenenfalls in Verbindung mit höherrangigem Recht, richtet und Einwendungen gegen den Ausschluss bestimmter Gruppen von Ausländern vom Kindergeldbezug aus der Verfassung, den Normen des Europäischen Gemeinschaftsrechts oder der Menschenrechtskonvention im Rahmen des § 62 Abs.2 EStG n.F. zu prüfen sind. Die Geltung der Vorschriften des BKGG a.F. und n.F. ist von vornherein ausgeschlossen.
Das BKGG a.F. ist auch nicht wegen der Übergangsvorschrift des § 19 Abs.4 BKGG n.F. anwendbar. Diese regelt, dass Verfahren, die am 1. Januar 1996 anhängig sind, nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches und des Bundeskindergeldgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung zu Ende geführt werden, soweit in § 77 des Einkommensteuergesetzes (Kostenregelung für das Widerspruchsverfahren) nichts anderes bestimmt ist. § 19 Abs.4 BKGG n.F. besagt keineswegs, dass im Falle eines noch offenen Verwaltungs- oder Sozialgerichtsverfahrens in einer Kindergeldangelegenheit nach dem BKGG a.F. auch für Kindergeldansprüche, die ab 01.01.1996 entstehen können, das BKGG a.F. und das SGB weiterhin zur Anwendung kommen, wie der Kläger gemeint hat, wobei er offenbar die Konsequenz nicht gesehen hat, dass Kindergeld nach dem BKGG a.F. in geringerer Höhe als nach dem EStG gezahlt werden würde. Die Vorschriften des § 19 Abs.4 BKGG n.F. und des § 78 EStG n.F. sind vielmehr deswegen notwendig geworden, weil (bei Personen mit Wohnsitz im Inland) der Kindergeldanspruch nach dem BKGG a.F. endet und ein Anspruch ab 01.01.1996 nur nach einer neuen Rechtsmaterie von einem anderen "Leistungsträger" unter Beachtung anderer Vorschriften über das Verwaltungsverfahren (und Gerichtsverfahren) gewährt werden kann.
Gemäß § 78 Abs.1 Satz 1 EStG n.F. gilt das Kindergeld, das bis zum 31.12.1995 nach den Vorschriften des BKGG a.F. gezahlt wurde, als nach den Vorschriften dieses Gesetzes (d.h. des EStG) festgesetzt. Dies bedeutet zunächst, dass das bereits vor dem 01.01.1996 gezahlte Kindergeld auf einer neuen Rechtsgrundlage nahtlos weitergezahlt werden kann (bis eine abweichende Entscheidung der Finanzverwaltung ergeht). Die Fiktion in § 78 Abs.1 Satz 1 EStG n.F. bewirkt auch, dass die Finanzbehörde, die ansonsten in jedem Falle das Kindergeld ab 01.01.1996 erstmalig neu festsetzen und verbescheiden müsste (§ 70 Abs.1 EStG n.F.), mit Wirkung ab 01.01.1996 die Vorschriften der §§ 173 f. AO (und des § 70 Abs.2 EStG n.F.) über die Änderung von Verhältnissen anwenden darf, als wenn das bisher gezahlte Kindergeld bereits nach dem EStG n.F. und der AO (und nicht nach dem BKGG a.F. und dem SGB X) festgesetzt worden wäre. Mithin kann teilweise - soweit sich nach dem EStG n.F. weiterhin ein Kindergeldanspruch ergibt, eine Verbescheidung entfallen; soweit sich eine Änderung ergibt, schafft die Fiktion des § 78 Abs.1 Satz 1 EStG die Voraussetzungen, dass steuerrechtliche Verfahrensvorschriften auf Sachverhalte Anwendung finden, die vor dem 01.01.1996 lagen und sonst nicht mit diesen Vorschriften über eine wesentliche Änderung der Rechtslage im Bereich des Steuerrechts erfassbar wären. (§ 70 Abs.2 EStG n.F. spricht insoweit nicht von einer wesentlichen Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse, wie sie einem Kindergeld bewilligenden Verwaltungsakt zugrunde lagen, sondern der Änderung in der für die Zahlung des Kindergelds wesentlichen Umständen.)
Gerade die Vorschrift des § 78 EStG n.F. bestätigt, dass ein Kindergeldanspruch nach dem BKGG n.F. mit dem 31.12.1995 endet und bewilligende Dauerverwaltungsakte nach dem SGB X ihre Wirkung für die Zukunft mit dem 31.12.1995 verlieren (§ 39 Abs.2 SGB X), und stellt klar, dass das Verfahrensrecht der Finanzbehörden dem materiellen Recht des EStG n.F. folgt. Im Gegenzug bestimmt § 19 Abs.4 BKGG n.F., dass das BKGG a.F. und das SGB X (nur) für Kindergeldansprüche bis zum 31.12.1995 gilt, aber insoweit anwendbar bleibt, wenn die Behörden (oder Gerichte) über einen Antrag (oder über eine Neufeststellung von Amts wegen gemäß § 44 f. SGB X, eine Aufrechnung, eine Rückforderung usw.) noch nicht entschieden haben. Es ist klar und offensichtlich, dass § 19 Abs.4 BKGG n.F. und § 78 Abs.1 EStG n.F. nicht die Vorschriften über das In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten der jeweiligen Gesetze zum 31.12.1995 bzw. 01.01.1996 abändern, nicht eine Zuweisung zur Anwendung des materiellen Rechts vornehmen, sondern nur den Grundsatz des intertemporalen Verwaltungsrechts anordnen, nämlich dass im Zweifel das Verfahrensrecht in der Form gilt, wie es im streitigen Zeitraum in Kraft gewesen ist (vgl. BSG vom 15.07.1997 - 14 RS 1/97 in SozR 3-1500 § 51 Nr.21 mit dem weiteren Schluss, dass die Rechtswegzuständigkeit dieser materiellen Rechtslage folgt).
Damit gilt jedenfalls für den vom Kläger ab 01.01.1996 geltend gemachten Kindergeldanspruch das EStG n.F. und die AO, nicht das BKGG a.F. und das SGB X. Hieran ändert sich auch - für die Zeit ab 01.04.1997 - nichts dadurch, dass im sozialgerichtlichen Verfahren S 8 Kg 49/95 ein Bevollmächtigter der Bundesanstalt für Arbeit - Kindergeldkasse - (möglicherweise in der gleichzeitigen, aber aktenkundig nicht festgehaltenen Eigenschaft als Bevollmächtigter der Finanzbehörde) zugesichert hat, die "Beklagte" sei unter Abänderung der "angefochtenen Bescheide" bereit, dem Kläger Kindergeld ab April 1997 zu gewähren. Damit ist nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, erklärt worden, Kindergeld nach dem BKGG a.F. oder n.F. bewilligen zu wollen. Im Übrigen ist diese Zusicherung im Rahmen des nach den Gesetzen Möglichen und Machbaren dahingehend auszulegen, dass das Kindergeld unter Zugrundelegung der jeweils geltenden und einschlägigen Vorschriften gewährt werden sollte.
Dem Bundesamt für Finanzen - einer Bundesoberbehörde - ist die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 EStG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung übertragen (§ 5 Abs.1 Nr.11 Satz 1 des Gesetzes über die Finanzverwaltung - FVG - in der durch Art.3 Nr.1 Jahressteuergesetz 1996 geänderten Fassung). Die Bundesanstalt für Arbeit stellt dem Bundesamt für Finanzen zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Behörden als Familienkassen zur Verfügung, die insoweit Bundesfinanzbehörden sind; die Fachaufsicht obliegt dem Bundesamt für Finanzen. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt (§ 5 Abs.1 Nr.11 Satz 2 und Satz 3 FVG). Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung werden die Arbeitsämter und Landesarbeitsämter für das Bundesamt für Finanzen nur im Wege der Organleihe tätig. Für das Kindergeld nach dem EStG n.F. ist und bleibt die "Finanzverwaltung" zuständig; tätig werden die Bundesfinanzbehörden, die zum Bundesamt für Finanzen gehören, oder Behörden, die kraft Gesetzes als solche gelten.
Davon zu unterscheiden ist die Durchführung der Vorschriften über das "sozialrechtliche" Kindergeld. Insoweit ist die Bundesanstalt für Arbeit zuständig. Diese und die ihr zugehörigen Behörden (Arbeitsämter, Landesarbeitsämter) führen im Bezug auf das bis zum 31.12.1995 zu gewährende Kindergeld die Bezeichnung "Kindergeldkasse" (§ 15 Abs.2 BKGG a.F.) und im Bezug auf die für die Zeit ab 01.01.1996 nach dem BKGG n.F. zu gewährenden Leistungen die Bezeichnung "Familienkasse" (§ 7 Abs.2 BKGG n.F.).
Die Bezeichnung als Kindergeldkasse oder Familienkasse selbst weist nur auf bestimmte Funktionen hin, damit ist aber nicht zwingend und unverwechselbar die einen Verwaltungsakt erteilende Stelle und der an einem Gerichtsverfahren zu Beteiligende gekennzeichnet (hinzu kommt, dass die Arbeitsämter ihre Briefköpfe umgestellt haben und so auch unter der unrichtigen zusätzlichen Bezeichnung "Familienkasse" Bescheide über Leistungen nach dem BKGG a.F. erteilen.). Aus rechtlicher Sicht aber ist streng zu differenzieren, ob die Arbeitsämter als eigene Behörden der Bundesanstalt für Arbeit (BKGG a.F. und n.F.) oder als Bundesfinanzbehörden tätig werden. Genau unterschieden werden muss auch im sozialgerichtlichen Verfahren. Ähnlich wie in der Zivilprozessordnung sind die möglichen Verfahrensbeteiligten (§ 69 SGG: Kläger, Beklagte und Beigeladene) nur dann fähig, an Streitverfahren beteiligt zu sein, wenn es sich um natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, soweit das Landesrecht dies bestimmt, oder die in § 51 Abs.2 Satz 1 SGG genannten Entscheidungsgremien (von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern usw.) handelt (§ 70 Nrn.1 bis 4 SGG).
Die Bundesanstalt für Arbeit ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts und beteiligungsfähig (vorliegend als Beklagte); nicht beteiligungsfähig im sozialgerichtlichen Verfahren wären die Arbeitsämter, gleich ob sie als Kindergeldkasse oder als Familienkasse, insoweit wiederum als "Sozialbehörde" oder als Bundesfinanzbehörde, tätig werden. Vorliegend war bei Beginn des sozialgerichtlichen Rechtsstreits im November 1995 Beklagte allein die Bundesanstalt für Arbeit. Im Laufe des Verfahrens, als der Kläger seine ursprüngliche Klage ("die Beklagte wird verurteilt, meinen Antrag auf Kindergeld zu genehmigen") präzisierte und auf das Kindergeld ab 01.01.1996 erstreckte, hätte das Sozialgericht aufgrund der Rechtsänderung zur Jahreswende 1995/1996 eine Beiladung aussprechen müssen. Die Bundesanstalt für Arbeit als juristische Person selbst hat keine Doppelfunktion, so dass sich Diskussionen darüber erübrigen, ob sie auch für die Finanzverwaltung als Beklagte fungieren könne. Es muss beachtet werden, dass die Bundesanstalt für Arbeit selbst keine Bundesfinanzbehörde ist oder als solche gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 Satz 2 FVG gilt, sondern nur die der juristischen Person unterstellten Behörden solche sein können, wenn sie Aufgaben nach §§ 31, 68 f. EStG n.F. durchführen. Die "Finanzverwaltung" wiederum ist nicht Rechtsnachfolgerin der Bundesanstalt für Arbeit und tritt nicht kraft Gesetzes in die prozessrechtliche Stellung dieser juristischen Person ein.
Das Klageverfahren beim Sozialgericht Würzburg ist bis zum Urteil durchgeführt worden, ohne die für einen Kindergeldanspruch des Klägers ab 01.01.1996 zuständige Finanzverwaltung zu beteiligen. Die Beiladung war aber notwendig, wenn die Entscheidung des Gerichts in die Rechtssphäre eines Dritten unmittelbar eingreift, belastende Auswirkungen haben kann (vgl. im Einzelnen Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.10 zu § 75). Dies ist stets der Fall, wenn ein anderer Leistungspflichtiger in Betracht kommt, wobei es nicht erforderlich ist, dass der Anspruch gegen Beklagte und Beigeladene inhaltlich identisch ist, wenn sich die Ansprüche nur gegenseitig ausschließen (BSG vom 25.03.1982 - 10 RAr 12/81 in Breithaupt 1983, 90. Zu einem dem vorliegenden Falle sehr ähnlichen Sachverhalt vgl. BSG vom 20.01.1982 - 3 RK 62/80 in USK 8204, in dem die Zuständigkeit der Krankenkasse für das Krankengeld ab einem bestimmten Zeitpunkt wechselte, weil der Kläger zuerst nach der Reichsversicherungsordnung und dann nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte versichert gewesen ist).
Die Bedeutung der Beiladung ist erheblich. Sie dient sowohl dem Interesse des Beigeladenen, dem die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Prozess gegeben wird, als auch dem öffentlich-rechtlichen Interesse der Prozessökonomie; der Kläger wird in Stand gesetzt, seine Ansprüche gegen einen Dritten, der verurteilt werden kann, zu verfolgen. Wichtig ist auch, dass die formelle und materielle Rechtskraft eines Urteils nur gegenüber den am Streitverfahren Beteiligten eintritt. Vorliegend wäre daher mit Einschränkung eine Beiladung nur dann nicht erforderlich, wenn der Kläger - nach gerichtlicher Aufklärung - von vornherein auf die Stellung von prozessuellen Anträgen auch gegenüber der Finanzverwaltung ausdrücklich verzichtet hätte. Dies ist aber zu seinem Nachteil nicht schon deshalb anzunehmen, weil er glaubt, sein Kindergeldanspruch beruhe auch für die Zeit ab 01.01.1996 auf dem BKGG a.F.
Die Verletzung der Vorschrift des § 75 Abs.2 SGG ist wesentlich. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch bei Zugrundelegung der Ansicht des Sozialgerichts, das in undifferenzierter Weise über das "sozialrechtliche" und das "steuerrechtliche" Kindergeld ab 01.01.1996 entschieden hat, sein Urteil nicht im Verhältnis Kläger-Finanzverwaltung wirken kann. Im Übrigen hätte das Urteil des Sozialgerichts in der Hauptsache auch anders ausfallen können, d.h. (ohne Verweisung des Rechtsstreits) auf anderer Grundlage ergehen können; die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren lediglich mit Schriftsatz vom 30.11.1995 auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 hingewiesen, mithin nur zum Anspruch des Klägers im Rahmen des BKGG a.F. vorgetragen. Bei Beiladung wäre auch ein Vortrag zur steuerrechtlichen Lage ab 01.01.1996 zu erwarten gewesen, im Übrigen der (in erster Instanz) nicht erfolgte Hinweis, dass die Familienkasse den Kindergeldanspruch für die Zeit ab 01.01.1996 bereits mit Bescheid vom 12.03.1997 abgelehnt und der Kläger hiergegen keinen Einspruch eingelegt hat. Dieser Bescheid war dem Sozialgericht bis zum Erlass des Urteils vom 21.04.1997 nicht bekannt. Weder die Beklagte noch der Kläger haben ihn dem Sozialgericht vorgelegt. In der dem Sozialgericht übersandten Kindergeldakte war dieser Bescheid ehemals nicht enthalten, da die Beklagte dem Sozialgericht die Kindergeldakte (nach dem damaligen Stand) mit Schriftsatz vom 30.11.1995 vorgelegt hat, erst nach Abschluss des Verfahrens die Akte zurück erhielt (mit Anschreiben der Geschäftsstelle des Sozialgerichts vom April 1997) und dann die angefallenen und noch anfallenden Unterlagen, die auch das steuerrechtliche Kindergeld betrafen, zur Akte heftete.
1.2 Neben dem Verstoß gegen § 75 Abs.2 SGG ist zugleich ein Verstoß gegen § 103 SGG gegeben, der vorschreibt, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, wozu auch gehört, dass die vollständigen Akten der Beklagten (einschließlich der in den letzten eineinhalb Jahren angefallenen Unterlagen zum steuerrechtlichen Kindergeld) beigezogen werden. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass maßgebende Verwaltungsakte und sonstige relevante Umstände übersehen werden können. Vorliegend ist ein Verfahrensfehler begründet, da das Sozialgericht seine Entscheidung in der Hauptsache nicht auf die Zeit bis zum 31.12.1995 begrenzt, sondern auch auf die Zeit ab 01.01.1996 erstreckt hat und gleichwohl wesentliche Unterlagen der Beklagten hierzu nicht beigezogen hat. In Kenntnis aller Umstände hätte ein Urteil anders ausfallen können, und der Verfahrensmangel ist daher wesentlich.
1.3 Ein dritter Verfahrensfehler liegt vor, weil das Sozialgericht den das "steuerrechtliche" Kindergeld betreffenden Bescheid vom 12.03.1997 nicht in sein Urteil einbezogen hat. Bereits der Urteilstenor ("die Klage wird abgewiesen"), der allein in Rechtskraft erwachsen kann und aus sich selbst heraus verständlich sein sollte, ist äußerst vage, aber immerhin noch nach dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen auslegungsfähig (Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.5d zu § 136), und zwar dahingehend, dass es sich um eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 handelt. Der Bescheid vom 12.03.1997, der unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts über seine Zuständigkeit und das Begehren des Klägers Gegenstand einer Anfechtungsklage sein musste (vgl. § 54 Abs.1, § 131 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 SGG), ist in den Ausführungen des Urteils an keiner Stelle erwähnt, und es wird nicht ersichtlich, welche Art von Klage das Sozialgericht hinsichtlich des Anspruchs auf Kindergeld ab 01.01.1996 angenommen hat und warum sie zulässig sein sollte.
Fest steht jedenfalls, dass der Kläger mit seiner erstmals in der Sitzungsniederschrift vom 21.04.1997 präzisierten bzw. erweiterten Klage Kindergeld über den 31.12.1995 hinaus begehrt hat. Da der Bescheid vom 12.03.1997 den Zeitraum ab 01.01.1996 betrifft und den Kindergeldanspruch definitiv regelt, musste das Sozialgericht, wenn es insoweit den Rechtsstreit nicht an das Finanzgericht verweist, auch einen Urteilsausspruch treffen. Der Bescheid vom 12.03.1997 ist zwar nicht gemäß § 98 Abs.2 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, muss aber vom Sozialgericht, da er dem Begehren des Klägers entgegensteht, im Urteilstenor (gegebenenfalls in einem Tenor, der nach Tatbestand und Urteilsbegründung dahingehend auslegungsfähig ist, dass sich Klage auch gegen diesen Bescheid richtet) erfasst werden. Dies gebieten der Grundsatz der umfassenden Sachentscheidung (vgl. hierzu §§ 123, 140 SGG) und die Vorschriften über die formelle und materielle Rechtskraft (§§ 141, 77 SGG). Es geht nicht an, dass zwar in einer sachlichen Entscheidung über den materiell-rechtlichen Kindergeldanspruch entschieden wird, nicht aber über die diesen Anspruch regelnden Verwaltungsakte. Das Sozialgericht hat umfassend über den erhobenen Klageanspruch (§ 123 SGG) unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Verwaltungsakte zu entscheiden, wenn es glaubt, hierfür zuständig zu sein, und die Klage auch für zulässig hält.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts, soweit sie im Urteil vom 21.04.1997 überhaupt ersichtlich wird, vor; das Urteil hätte bei Beachtung der Verfahrensvorschriften anders ausfallen können und müssen, so dass der Verfahrensmangel, das Fehlen einer umfassenden Entscheidung, wesentlich ist.
Der Senat hat von dem Recht Gebrauch gemacht, den Rechtsstreit zurückzuverweisen. Die Streitsache ist in zweiter Instanz nicht entscheidungsreif. Es wären im Berufungsverfahren umfangreiche Ermittlungen zu den Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs bis ins Jahr 2001 anzustellen, der Sachverhalt ist weiter aufzuklären und vor allem ist auch zu allen Verwaltungsvorgängen zu ermitteln. Dies kann ebenso gut in erster Instanz erfolgen, sofern das Sozialgericht sich für zuständig und die Klage für zulässig hält, so dass den Beteiligten jedenfalls die Rechtsmittelinstanz nicht verloren geht.
Mit seiner Entscheidung bindet der Senat das Sozialgericht nicht hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage. Vielmehr ist vorausgehend dargestellt worden, dass das Urteil vom 21.04.1997, so wie es ergangen ist, verfahrensfehlerhaft gewesen ist.
Da das Sozialgericht bisher keinen Beschluss über den Rechtsweg erlassen hat, sondern vielmehr die Annahme seiner Zuständigkeit "konkludent" erst im Urteil vom 21.04.1997 erfolgt ist, das ohnehin aus anderen Gründen (teilweise) aufgehoben werden musste, steht dem Sozialgericht künftig mehr als nur eine Möglichkeit der Entscheidung offen; es ist nicht an einen Beschluss über den Rechtsweg (§ 17a Abs.2 Satz 1 und Abs.3 Satz 1 GVG) gebunden. Zu beachten hat das Sozialgericht gemäß § 159 Abs.2 SGG bei einer künftigen Entscheidung, gleich wie sie ausfällt, dass das BKGG a.F. und n.F. und das SGB X nicht auf den streitigen Kindergeldanspruch ab 01.01.1996 Anwendung finden dürfen, sondern das EStG n.F. und die AO gelten. Kommt es künftig zu einer Rechtswegeverweisung, muss die "Finanzverwaltung" nicht beigeladen werden (vgl. BSG vom 25.02.1999 - B 1 SF 9/98 S in SozR 3-1720 § 17a Nr.11), anderenfalls ist die zuständige "juristische Person" im Sinne von § 70 Nr.1 SGG notwendig beizuladen (geprüft werden sollte dann auch - dies wird von dem noch zu ermittelnden Sachverhalt für die Zeit ab 01.01.1996 abhängen -, ob die Beiladung der Ehefrau des Klägers geboten ist). Sollte es zu einem Urteil kommen, sind außerdem - nach Ermittlung des vollständigen Sachverhalts ab 01.01.1996 - alle Verwaltungsakte der Finanzverwaltung daraufhin zu prüfen, ob sie dem geltend gemachten Kindergeldanspruch entgegenstehen oder aus einem sonstigen Grunde in die Entscheidung einzubeziehen sind. Auch in dem Falle, dass hinsichtlich des Streitgegenstands ganz oder teilweise ein Prozessurteil wegen eventueller Unzulässigkeit der Klage ergeht, ist kenntlich zu machen, gegen welche Bescheide sich die Klage gerichtet hat.
2. Soweit der Kläger erneut, nach Trennung des Streitverfahrens in ein solches betreffend den Kindergeldanspruch bis 31.12.1995 (L 14 KG 48/97) und ein solches betreffend den Anspruch ab 01.01.1996 (L 14 KG 2/98) im jetzigen Verfahren L 14 KG 2/98 begehrt, den Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 und insoweit auch das Urteil vom 21.04.1997 - S 8 Kg 49/95 aufzuheben und ihm Kindergeld für Juli bis Dezember 1995 zu zahlen, war in zweiter Instanz die Klage wegen Unzulässigkeit der Klageänderung abzuweisen.
Der Senat hatte den Streitgegenstand insoweit dem Verfahren L 14 KG 48/97 zugewiesen, und hierüber ist rechtskräftig entschieden worden. Der Kläger hat dies nicht respektiert, sondern ausdrücklich - nach dem Urteil des Senats vom 23.04.1998 - sein Begehren über die sachliche Entscheidung über das Kindergeld bis zum 31.12.1995 in das Verfahren L 14 KG 2/98 eingebracht. Es handelt sich hier um eine neue Klage. Der das jetzige Streitverfahren betreffende Gegenstand (Kindergeld ab 01.01. 1996) wurde vom Kläger im Sinne der Erweiterung (Kindergeld auch von Juli bis Dezember 1995) geändert. Die Änderung ist nicht zulässig (§ 99 Abs.1 SGG). Die Beklagte hat in die Änderung nicht eingewilligt oder - ohne der Änderung zu widersprechen - sich auf die abgeänderte Klage eingelassen (§ 99 Abs.2 und Abs.1 SGG). Der Senat kann nicht die Änderung für sachdienlich halten (§ 99 Abs.1, 2. Alternative SGG), weil eine (erneute) Klage gegen die genannten Bescheide der Beklagten wegen Versäumnis der Klagefrist unzulässig wäre. Darüber hinaus könnte über die Klage sachlich nicht entschieden werden, weil bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Insoweit ist nicht mehr von ausschlaggebender Bedeutung, ob die abgeänderte Klage wegen Unzulässigkeit (so der Senat und BSG vom 13.12.1960 - 2 RU 189/56 in BSGE 13, 181) oder ohne weitere Prüfung wegen Unbegründetheit abzuweisen wäre (vgl. zum Theorienstreit Meyer-Ladewig, a.a.O., Rdz.3a und 6 zu § 141).
3. Auch die Klage, wegen Kindergelds von Juli bis Dezember 1995 gemäß § 20 Abs.5 BKGG a.F. zu entscheiden, war wegen Unzulässigkeit abzuweisen.
Der Senat hat den in sich widersprüchlichen Antrag des Klägers, den Bescheid vom 18.08.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 aufzuheben und die Beklagte zur Kindergeldzahlung "gemäß § 20 Abs.5 BKGG a.F." zu verurteilen, einerseits als Anfechtungs- und Leistungsklage gewertet (hierzu siehe oben Ziffer 2.), weil diese Klageart allein dem Leistungsbegehren des Klägers Rechnung tragen konnte und es nicht auf die vom Kläger zitierten Rechtsnormen, die er ohnehin zum Teil missversteht, ankam (§ 123 SGG). Andererseits durfte nicht völlig unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger § 20 Abs.5 BKGG a.F. zitiert hat, mithin eine Verpflichtungsklage, die sich allerdings nicht auf die Zahlung des Kindergelds selbst richten darf, in Frage kam. Nachdem der Kläger an seinen vorformulierten Anträgen festgehalten hatte, legte der Senat sein Begehren im weitestgehenden Sinne dahin aus, dass er sowohl Anfechtungs- und Leistungsklage als auch Verpflichtungsklage (§ 54 Abs.1, 1. und 2. Alternative SGG) erheben wollte.
§ 20 Abs.5 BKGG a.F. bestimmt, dass dann, wenn ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt zurücknehmbar ist, der Leistungsträger hierzu abweichend von § 44 Abs.1 SGB X nur mit Wirkung für die Zukunft (vorliegend: ab dem Zeitpunkt eines dementsprechenden Antrags des Klägers) verpflichtet ist; für die Vergangenheit, d.h. hinsichtlich des Kindergelds von Juli bis Dezember 1995, kann der Verwaltungsakt ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Damit wird § 44 Abs.1 SGB X modifiziert und die Rechtshandhabung den sonstigen Fällen der Rücknahme gemäß § 44 Abs.2 SGB X angeglichen, in denen die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit im (pflichtgemäßen) Ermessen der Kindergeldkasse steht. Dies bedeutet, dass die ursprüngliche Rechtswidrigkeit des betreffenden Verwaltungsakts, falls gegeben, nicht zwangsläufig zur rückwirkenden Kindergeldgewährung führen muss.
Das Ermessen, das dem Leistungsträger nach § 44 Abs.1 und Abs.2 SGB X, § 20 Abs.5 BKGG a.F. eingeräumt wird, darf nicht durch eine Ermessensentscheidung des Gerichts ersetzt werden. Weiterhin ist zu beachten, dass das Ziel der Klage (nach ablehnender Verbescheidung durch die Kindergeldkasse) grundsätzlich nicht auf die Verurteilung der Beklagten zur Leistung gerichtet sein kann, sondern nur auf eine erneute ermessensgerechte Verbescheidung, gegebenenfalls unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Da kein Antrag des Klägers gemäß § 44 SGB X bei der Beklagten gestellt worden ist und kein Bescheid und Widerspruchsbescheid über die Ablehnung des Überprüfungsantrages bzw. der rückwirkenden Gewährung von Leistungen vorliegen, ist die Verpflichtungsklage unzulässig. Bereits deshalb ist eine Klageänderung ("Klageerweiterung") im Berufungsverfahren nicht sachdienlich und unzulässig (§ 99 Abs.1 SGG). Eine Zustimmung oder eine widerspruchslose Einlassung der Beklagten hierauf liegen nicht vor (§ 99 Abs.2 und Abs.1 SGG); diese wären vorliegend auch im Hinblick auf das Ergebnis unerheblich, weil die Verpflichtungsklage mangels vorausgehender Verwaltungsakte (mit Ermessensentscheidung) unzulässig bliebe. Die Prozessbeteiligten können zwar in bestimmtem Umfang den Streitgegenstand willentlich erweitern; dies bewirkt aber nicht, dass alle Prozessvoraussetzungen erfüllt sind oder als erfüllt zu behandeln sind.
Den diversen Beweisanträgen des Klägers (u.a. Einvernahme seiner Person und Dritter, Einholung eines Rechtsgutachtens), die ohnehin großteils "unzulässig" und unzweckmäßig erschienen, war schon deshalb nicht nachzukommen, weil sie in Hinblick auf das jetzige Urteil des Senats keinerlei Bedeutung erlangen konnten.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten war eine Entscheidung nicht zu treffen. Auch bei teilweiser Zurückverweisung ist die Einheitlichkeit der Kostenentscheidung zu beachten und bleibt diese dem Gericht vorbehalten, das die Endentscheidung trifft.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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