Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 93/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 155/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 10. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Krankengeld vom 22.08.1995 bis 15.02.1996.
Der am ...1956 geborene und bei der Beklagten pflichtversicherte Kläger arbeitete zuletzt bei der Firma in der Endkontrolle der Lackiererei als Helfer.
Der praktische Arzt Dr. attestierte mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (ohne Datum) Arbeitunfähigkeit vom 14.11.1994 bis voraussichtlich 31.12.1994 mit der Diagnose "PHS bei Polyarthrose"; daran schlossen sich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 02.01.1995, 26.01.1995, 28.02.1995, 17.03. 1995, 31.03.1995, 30.04.1995, 02.05.1995, 15.05.1995 und 12.06.1995 an. Der Kläger erhielt Lohnfortzahlung bis 25.12. 1994 und ab 26.12. 1994 Krankengeld.
Die von der LVA Niederbayern/Oberpfalz bewilligte stationäre Heilbehandlung für 4 Wochen in der Fachklinik für Atemwegserkrankungen und Allergien, Bad Reichenhall, wurde vom Kläger abgebrochen.
Die Betriebsärztin der Firma Dr. stellte am 11.05.1995 fest, der Kläger sei auf Dauer für folgende Tätigkeiten nicht mehr geeignet: Einseitige Belastung für die Wirbelsäule, Heben und Tragen von Lasten regelmäßig mehr als 8 kg, Tätigkeiten mit hoher Kraftaufwendung für beide Schultergelenke, Tätigkeiten mit die Atemwege reizenden Gasen, Dämpfen oder Stäuben. Der Kläger und die Firma beendeten das Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer Abfindung einvernehmlich am 30.06.1995.
Das von der Beklagten eingeholte Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) von Dr. vom 29.06.1995 gelangte aufgrund einer Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass er an Schmerzen am Bewegungsapparat, zum Teil mit Funktionseinbußen der Wirbelsäule bei mitarbeitsabhängigen Untersuchungen, einer chronischen Bronchitis, zeitweise mit leichter Obstruktion, und einem Zustand nach früherem Alkoholabusus leide. Der Kläger sei vollschichtig für körperlich leichte und bis zu 50 % der Arbeitszeit auch für mittelschwere Männerarbeiten in Tagesschicht geeignet. Wegen der Beschwerden am Bewegungsapparat kämen keine monotonen Körperhaltungen in Frage. Er benötige einen Arbeitsplatz mit Wechselpositionierung und von Arbeiten mit längeren Zwangshaltungen sei abzusehen. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.1995 das Krankengeld zum 07.07.1995 zunächst ein.
Der Kläger legte dagegen am 11.07.1995 Widerspruch unter Vorlage eines Attestes von Dr. ein, der wieder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übersandte (05.07.1995, 24.07. 1995). Das weitere Gutachten des MDK von Dr. vom 01.08.1995 verneinte Arbeitsunfähigkeit über den 21.08.1995 hinaus. Der Gutachter hielt eine Verbesserung der Wirbelsäulenfehlhaltung und -fehlstellung durch Krankengymnastik für möglich. Dem Kläger seien noch Tätigkeiten ohne einseitige dauernde Körperhaltung, sowie ohne Über-Kopf-Arbeiten vollschichtig zumutbar; dies gelte für leichte bis auch mittelschwere Tätigkeiten. Der Kläger meldete sich arbeitssuchend und erhielt Arbeitlosengeld vom 22.08.1995 bis 19.08.1996. Dr. erstellte weitere Folgebescheinigungen vom 07.08.1995, 13.09.1995 und 02.10.1995.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.1995 den Widerspruch unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK von Dr. mit der Begründung zurück, die Arbeitsunfähigkeit habe zum 21.08.1995 geendet. Sie zahlte Krankengeld bis zu diesem Tag.
Aus einem Bericht des Klinikums der Universität Regensburg (Klinik für Anästhesiologie-Schmerzambulanz) vom 04.10.1995 ergibt sich die Diagnose muskuloskelettaler Schmerz sowie die Empfehlung, eine Schmerztherapie bestehe nicht aus der Einnahme von Medikamenten, sondern auch aus einer Kombination dieser Medikamente mit Physiotherapie und psychologischer Begleittherapie sowie einer Reduktion des Nikotinabusus. Dr. bescheinigte mit Attest vom 30.10.1995 weiterhin Arbeitsunfähigkeit.
Der Kläger hat mit der Klage vom 24.10.1995 beim Sozialgericht Regensburg (SG) geltend gemacht, er sei auch über den 21.08. 1995 hinaus arbeitsunfähig. Die Betriebsärztin Dr. und der behandelnde Arzt Dr. hätten sein Arbeitsvermögen als eingeschränkt bezeichnet bzw. Arbeitsunfähigkeit auch bei leichten körperlichen Tätigkeiten bescheinigt. Dr. erstellte weitere Folgebescheinigungen der Arbeitunfähigkeit am 21.11.1995, 12.12.1995 und 30.01.1996, zuletzt bis 15.02.1996. Der Kläger befand sich in Behandlung des Neurologen und Psychiaters Dr. von Oktober 1995 bis November 1996. Auch er gab als Ende der Abeitsunfähigkeit den 15.02.1996 an.
Die Beklagte äußerte mit Schreiben vom 16.11.1995, der Kläger habe sich nicht gezielt fachärztlich behandeln lassen. Er habe einem Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, er habe grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld für 78 Wochen, also bis Ende Juni 1996. Er plane Mitte 1996 einen ambulanten Pflegedienst zu eröffnen; bis dahin solle das Krankengeld gezahlt werden. Nach Beendigung des Arbeitlosengeldes am 19.08.1996 erhielt der Kläger Arbeitlosenhilfe vom 20.08.1996 bis 19.08.1997.
Das SG vertagte am 31.10.1996 die mündliche Verhandlung und gab der Beklagten auf, sich schriftsätzlich zu den möglichen Verweisungstätigkeiten zu äußern. In der weiteren Stellungnahme vom 14.02.1997 teilte die Beklagte mit, die Betriebsärztin der Firma , Dr. , habe im Leistungsprofil festgestellt, dass eine Beschäftigung im Bereich der Vormontage bei möglich gewesen wäre. Die Arbeit erfolge im Einzelakkord und nicht wie in der letzten Stellung des Klägers im Gruppenakkord. Auch der Lohn in dieser Stelle hätte dem vorher bezogenen Lohn entsprochen (3.800,00 DM bis 3.900,00 DM). Eine innerbetriebliche Umsetzung sei nicht in Betracht gekommen, da zum damaligen Zeitpunkt kein entsprechender Arbeitsplatz frei gewesen wäre. Der Kläger habe daraufhin den Aufhebungsvertrag mit der Firma AG geschlossen.
Das SG hat mit Urteil vom 10.07.1998 festgestellt, der Klageantrag sei dahingehend auszulegen, dass für den Zeitraum ab 19.05.1994 nicht Krankengeld in der bis zum 21.08.1995 bestehenden Höhe, sondern in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Krankengeld und den Leistungen des Arbeitsamtes begehrt werde. Aber auch ein Anspruch des Klägers auf Ausgleich dieser Differenz sei nicht gegeben, da dieser Anspruch voraussetze, dass beim Kläger über den 30.04.1994 hinaus durchgehend weitere Arbeitsunfähigkeit und damit Anspruch auf Krankengeld gegen die Beklagte bestanden hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Da zum behaupteten Ende der Arbeitunfähigkeit der Kläger seinen Arbeitsplatz bereits gekündigt habe, sei hinsichtlich der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit auf der früheren Tätigkeit ähnliche und gleichgeartete Tätigkeiten abzustellen. An die Verweisungstätigkeiten seien keine allzu großen Ansprüche zu stellen, da der Kläger zuletzt keine gelernte Tätigkeit ausgeübt habe. Die Art der Tätigkeit müsse lediglich nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten mit der zuletzt ausgeübten Tätikeit grundsätzlich übereinstimmen. Der Kläger sei in der Lage, eine seiner bisherigen Tätigkeit ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten auszuüben. Dies ergebe sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung der Betriebsärztin und den Gutachten des MDK.
Der Kläger hat mit der Berufung vom 21.09.1998 geltend gemacht, die Beklagte habe Arbeitsunfähigkeit über den 21.08.1995 bis 25.02.1996 festzustellen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Dies folge aus dem Bericht des behandelnden Arztes Dr. sowie dem Bericht der Universitätsklinik Regensburg vom 04.10.1995. Die LVA Niederbayern-Oberpfalz hat mit Bescheid vom 14.02.2000 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Hinblick auf das vollschichtige Arbeitsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 10.07.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 04.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 22.08. 1995 bis 15.02.1996 Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger habe sich nicht einer spezifischen Behandlung seiner Wirbelsäulenbeschwerden unterzogen. Er habe auch die bewilligte psychotherapeutische Behandlung durch Dr. nicht vollständig ausgeschöpft.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten, der LVA Niederbayern-Oberpfalz, des Arbeitsamtes Regensburg und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten sowie die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Da der Kläger mit der Berufung ausdrücklich, wie beim SG, Krankengeld über den 21.08.1995 hinaus geltend gemacht hat, besteht kein Anlass, auf die Höhe des Krankengelds in der davorliegenden Zeit einzugehen. Denn gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Da auch die Niederschrift über die letzte mündliche Verhandlung vor dem SG keine entgegenstehenden Hinweise enthält und der gestellte Antrag auch nicht auslegungsbedürftig ist (§ 92 SGG), ist Streitgegenstand lediglich die Zahlung des Krankengelds in der Zeit vom 22.08.1995 bis 15.02.1996.
Gemäß § 44 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Kläger war im streitigen Zeitraum versichert. Zunächst bestand seine Versicherung als Arbeiter gemäß § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V, die nach § 192 Abs.1 Nr.2 SGB V bis zur Einstellung des Krankengelds erhalten blieb. Daran schloss sich eine Versicherung gemäß § 5 Abs.1 Nr.2 SGB V wegen eines Leistungbezugs nach dem Arbeitsförderungsgesetz an.
Dem Kläger steht Krankengeld im streitigen Zeitraum nicht zu, weil er nicht arbeitsunfähig gewesen ist. Nach allgemeiner Meinung ist ein Versicherter arbeitsunfähig, wenn er seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern verrichten kann (Bundessozialgericht (BSG) vom 15.11.1984 BSGE 57, 227; BSG vom 09.12.1986 BSGE 61, 66; KassKomm-Höfler, § 44 SGB V, Rdnr.10 m.w.N. auf die höchstrichterliche Rechtsprechung).
Wegen des Zwecks des Krankengelds, den vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Lebenstandard der Versicherten zu sichern, kommt als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht. Darunter ist die unmittelbar vor Eintritt der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung zu verstehen (KassKomm-Höfler, a.a.O., Rdnr.11 m.w.N.).
Dieses Bezugsfeld wird bei einem beendeten Arbeitsverhältnis insofern erweitert, als hier auf ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten abgestellt wird. Die Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich danach zu beurteilen, welche Bedingungen das bisherige Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen geprägt haben und welche ähnlichen oder dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeiten in Betracht kommen (BSG vom 15.11.1984, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 61, 66) liegt Arbeitsunfähigkeit - jedenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nicht vor, wenn der Versicherte andere Tätigkeiten verrichten kann, die seiner bisherigen Erwerbstätigkeiten nach Art und Entgelt entsprechen. Solche Tätigkeiten müssen auf dem Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden und für den Versicherten zumutbar zu erreichen sein. Allerdings sind bei Versicherten, die eine ungelernte Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, die Verweisungsmöglichkeiten schon deshalb größer, weil die Verweisung nicht nur in den engen Grenzen eines Ausbildungsberufs zu folgen hat. Daran hat die neueste Rechtsprechung des BSG festgehalten (Urteil vom 08.02.2000 B 1 KR 11/99, s. Presse-Mitteilung vom 09.02.2000, Nr.10/00). Arbeitsunfähig ist danach ein Versicherter, solange er die zuletzt ausgeübte bzw. eine gleich oder ähnlich geartete Tätigkeit nicht (mehr) verrichten kann. Eine Verweisung auf gesundheitlich zumutbare Arbeiten außerhalb des bisherigen Berufsbereiches, wie in der Rentenversicherung, kommt nicht in Betracht.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 61, 66) hängt die Zulässigkeit der Verweisung nicht nur von der Art der Arbeit, sondern wegen der Entgeltersatzfunktion des Krankengelds auch von deren Entlohnung ab. Mit Sinn und Zweck der Krankengeldregelung sind geringfügige Schwankungen des Einkommens vereinbar, solange die Verweisungstätigkeit als wirtschaftlich gleichwertig angesehen werden kann. Demzufolge sind Einkommenseinbußen unter 10 % unerheblich. Dabei ist es rechtlich jedoch nicht von Belang, ob ein derartiger offener Arbeitsplatz nachgewiesen werden kann, der der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nach Art und Lohn entspricht und vom Versicherten ohne Gefährdung der Gesundheit übernommen werden könnte. Es genügt vielmehr, wenn auf dem Arbeitsmarkt Arbeitsstellen für ähnliche Tätigkeiten in nennenswerter Zahl vorhanden sind, die täglich zumutbar zu erreichen sind.
Der Kläger hat bei der Begutachtung durch Dr. am 29.06.1995 angegeben er habe zuletzt eine "sehr beneidenswerte" Tätigkeit gehabt, die in der Kontrolle der Fahrzeuge auf Lackschäden und in der Entfernung von Tür- und Schlosshaken und von Lack-Premit (Datenträger der Lackiererei) bestanden habe. Die letztgenannte Tätigkeit sei mit einer bückenden Arbeit unter Zurhilfenahme eines Preßluftschraubers verbunden gewesen. In der Arbeitsplatzbeschreibung der Firma AG werden schwere Arbeiten in angespannter Körperhaltung, Steigen unter mittelschweren Lasten und Handhaben von Werkzeugen über 3 kg Gewicht sowie Heben und Tragen von mittleren Lasten in der Ebene (10 bis 15 kg) oder Hantieren, die den gleichen Kraftaufwand erfordern angegeben, jedoch eingeschränkt auf einmal in der Woche.
Demgegenüber beurteilen die Gutachter des MDK das Leistungvermögen des Klägers folgendermaßen: Dr. hält den Kläger aufgrund der Untersuchung vollschichtig für körperlich leichte und bis zu 50 % der Arbeitszeit auch für mittelschwere Männerarbeiten in Tagesschicht einsetzbar. Wechselschichten, monotone Körperhaltungen, d.h. ganztägig stehende oder ganztägig sitzende Arbeiten, und Arbeiten mit engeren Zwangshaltungen kommen nicht in Frage. Der Gutachter weist zudem darauf hin, dass weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich der großen Gelenke so gravierende Veränderungen festgestellt worden sind, dass dadurch die erheblichen subjektiven Beschwerden des Klägers befriedigend erklärt werden könnten. Die orientierende neurologische Untersuchung ist unauffällig gewesen. Es haben allenfalls endgradige Funktionseinschränkungen bestanden. Der Gutachter hat einen Arbeitsversuch zumindest in der früheren Tätigkeit für möglich gehalten.
Der Gutachter Dr. kommt gleichfalls zu dem Ergebnis, dass der objektivierbare Befund an der Lendenwirbelsäule nicht sehr ausgeprägt, jedoch eine nochmalige Vorstellung bei einem Orthopäden zu einer gezielten Therapie erforderlich ist. Dem Kläger sind leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne einseitige dauernde Körperhaltung sowie ohne Über-Kopf-Arbeiten vollschichtig zumutbar gewesen.
Diesem eingeschränkten Leistungsvermögen entsprechen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, die nicht mit einer nennenswerten Einkommenseinbuße verbunden sind. Zu einer Verweisungstätigkeit hat die Beklagte festgestellt, dass dem Kläger eine Beschäftigung in der Vormontage bei der Firma AG hätte angeboten werden können. Diese Tätigkeit erfolgt im Einzelakkord und nicht wie in der früheren Tätigkeit im Gruppenakkord. Der Arbeitsablauf im Bereich der Vormontage ist nach Aussage des betreuenden Meisters innerhalb eines Tages zu erlernen. Die Tätigkeit entspricht hinsichtlich der Lohneinstufung der zuletzt ausgeübten. Eine innerbetriebliche Umsetzung ist aber daran gescheitert, dass zum damaligen Zeitpunkt ein zu besetzender Arbeitsplatz im Bereich der Vormontage nicht frei gewesen war und daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Willen des Klägers beendet wurde. Die Verwendbarkeit des Klägers auf diesem Arbeitsplatz wurde von der Betriebsärztin festgestellt.
Die medizinischen Feststellungen von Dr. und Dr. führen nicht zu einer anderen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Klägers. Das BSG hat mit Beschluss vom 31.03.1998 (B 1 KR 56/96 B, unveröffentlicht) festgestellt, dass ärztliche Atteste mit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme haben, die die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Kasse bilden. Krankenkasse und Gerichte sind an die ärztliche Bescheinigung nicht gebunden. Lässt sich die Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Krankengeldanspruch nach Ausschöpfung aller erreichbaren Beweismitteln nicht feststellen, geht dies zu Lasten des Versicherten, der das Krankengeld beantragt. Dies hat im Übrigen das BSG auch mit Urteil vom 23.06.1992 (SozR 3-2200 § 182 Nr.12) für Recht erkannt.
Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang daher zu Unrecht auf das ärztliche Attest von Dr. vom 27.07.1995, der den Kläger wegen der Schmerzzustände für arbeitsunfähig hält. Denn hierzu hat schon Dr. ausgeführt, dass die erhobenen orthopädischen Befunde nicht auf die vom Kläger angegebenen Schmerzen schließen lassen. Der Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. hat ferner keine Befunde festgestellt, die einen Hinweis auf eine besondere Schmerzsymptomatik geben. Er verweist lediglich auf die Feststellungen des Hausarztes Dr. sowie den Bericht des Klinikum der Universität Regensburg. Daraus geht nur hervor, dass der Kläger sich im Oktober 1995 mehrmals zur ambulanten Behandlung eingefunden hat. Die Krankenhausärzte erläuterten hierbei die Maßnahmen einer möglichen Schmerztherapie, gaben jedoch eine Arbeitsunfähigkeit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 60 Abs.2 Nr. 1, 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Krankengeld vom 22.08.1995 bis 15.02.1996.
Der am ...1956 geborene und bei der Beklagten pflichtversicherte Kläger arbeitete zuletzt bei der Firma in der Endkontrolle der Lackiererei als Helfer.
Der praktische Arzt Dr. attestierte mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (ohne Datum) Arbeitunfähigkeit vom 14.11.1994 bis voraussichtlich 31.12.1994 mit der Diagnose "PHS bei Polyarthrose"; daran schlossen sich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 02.01.1995, 26.01.1995, 28.02.1995, 17.03. 1995, 31.03.1995, 30.04.1995, 02.05.1995, 15.05.1995 und 12.06.1995 an. Der Kläger erhielt Lohnfortzahlung bis 25.12. 1994 und ab 26.12. 1994 Krankengeld.
Die von der LVA Niederbayern/Oberpfalz bewilligte stationäre Heilbehandlung für 4 Wochen in der Fachklinik für Atemwegserkrankungen und Allergien, Bad Reichenhall, wurde vom Kläger abgebrochen.
Die Betriebsärztin der Firma Dr. stellte am 11.05.1995 fest, der Kläger sei auf Dauer für folgende Tätigkeiten nicht mehr geeignet: Einseitige Belastung für die Wirbelsäule, Heben und Tragen von Lasten regelmäßig mehr als 8 kg, Tätigkeiten mit hoher Kraftaufwendung für beide Schultergelenke, Tätigkeiten mit die Atemwege reizenden Gasen, Dämpfen oder Stäuben. Der Kläger und die Firma beendeten das Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer Abfindung einvernehmlich am 30.06.1995.
Das von der Beklagten eingeholte Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) von Dr. vom 29.06.1995 gelangte aufgrund einer Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass er an Schmerzen am Bewegungsapparat, zum Teil mit Funktionseinbußen der Wirbelsäule bei mitarbeitsabhängigen Untersuchungen, einer chronischen Bronchitis, zeitweise mit leichter Obstruktion, und einem Zustand nach früherem Alkoholabusus leide. Der Kläger sei vollschichtig für körperlich leichte und bis zu 50 % der Arbeitszeit auch für mittelschwere Männerarbeiten in Tagesschicht geeignet. Wegen der Beschwerden am Bewegungsapparat kämen keine monotonen Körperhaltungen in Frage. Er benötige einen Arbeitsplatz mit Wechselpositionierung und von Arbeiten mit längeren Zwangshaltungen sei abzusehen. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.1995 das Krankengeld zum 07.07.1995 zunächst ein.
Der Kläger legte dagegen am 11.07.1995 Widerspruch unter Vorlage eines Attestes von Dr. ein, der wieder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übersandte (05.07.1995, 24.07. 1995). Das weitere Gutachten des MDK von Dr. vom 01.08.1995 verneinte Arbeitsunfähigkeit über den 21.08.1995 hinaus. Der Gutachter hielt eine Verbesserung der Wirbelsäulenfehlhaltung und -fehlstellung durch Krankengymnastik für möglich. Dem Kläger seien noch Tätigkeiten ohne einseitige dauernde Körperhaltung, sowie ohne Über-Kopf-Arbeiten vollschichtig zumutbar; dies gelte für leichte bis auch mittelschwere Tätigkeiten. Der Kläger meldete sich arbeitssuchend und erhielt Arbeitlosengeld vom 22.08.1995 bis 19.08.1996. Dr. erstellte weitere Folgebescheinigungen vom 07.08.1995, 13.09.1995 und 02.10.1995.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.1995 den Widerspruch unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK von Dr. mit der Begründung zurück, die Arbeitsunfähigkeit habe zum 21.08.1995 geendet. Sie zahlte Krankengeld bis zu diesem Tag.
Aus einem Bericht des Klinikums der Universität Regensburg (Klinik für Anästhesiologie-Schmerzambulanz) vom 04.10.1995 ergibt sich die Diagnose muskuloskelettaler Schmerz sowie die Empfehlung, eine Schmerztherapie bestehe nicht aus der Einnahme von Medikamenten, sondern auch aus einer Kombination dieser Medikamente mit Physiotherapie und psychologischer Begleittherapie sowie einer Reduktion des Nikotinabusus. Dr. bescheinigte mit Attest vom 30.10.1995 weiterhin Arbeitsunfähigkeit.
Der Kläger hat mit der Klage vom 24.10.1995 beim Sozialgericht Regensburg (SG) geltend gemacht, er sei auch über den 21.08. 1995 hinaus arbeitsunfähig. Die Betriebsärztin Dr. und der behandelnde Arzt Dr. hätten sein Arbeitsvermögen als eingeschränkt bezeichnet bzw. Arbeitsunfähigkeit auch bei leichten körperlichen Tätigkeiten bescheinigt. Dr. erstellte weitere Folgebescheinigungen der Arbeitunfähigkeit am 21.11.1995, 12.12.1995 und 30.01.1996, zuletzt bis 15.02.1996. Der Kläger befand sich in Behandlung des Neurologen und Psychiaters Dr. von Oktober 1995 bis November 1996. Auch er gab als Ende der Abeitsunfähigkeit den 15.02.1996 an.
Die Beklagte äußerte mit Schreiben vom 16.11.1995, der Kläger habe sich nicht gezielt fachärztlich behandeln lassen. Er habe einem Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, er habe grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld für 78 Wochen, also bis Ende Juni 1996. Er plane Mitte 1996 einen ambulanten Pflegedienst zu eröffnen; bis dahin solle das Krankengeld gezahlt werden. Nach Beendigung des Arbeitlosengeldes am 19.08.1996 erhielt der Kläger Arbeitlosenhilfe vom 20.08.1996 bis 19.08.1997.
Das SG vertagte am 31.10.1996 die mündliche Verhandlung und gab der Beklagten auf, sich schriftsätzlich zu den möglichen Verweisungstätigkeiten zu äußern. In der weiteren Stellungnahme vom 14.02.1997 teilte die Beklagte mit, die Betriebsärztin der Firma , Dr. , habe im Leistungsprofil festgestellt, dass eine Beschäftigung im Bereich der Vormontage bei möglich gewesen wäre. Die Arbeit erfolge im Einzelakkord und nicht wie in der letzten Stellung des Klägers im Gruppenakkord. Auch der Lohn in dieser Stelle hätte dem vorher bezogenen Lohn entsprochen (3.800,00 DM bis 3.900,00 DM). Eine innerbetriebliche Umsetzung sei nicht in Betracht gekommen, da zum damaligen Zeitpunkt kein entsprechender Arbeitsplatz frei gewesen wäre. Der Kläger habe daraufhin den Aufhebungsvertrag mit der Firma AG geschlossen.
Das SG hat mit Urteil vom 10.07.1998 festgestellt, der Klageantrag sei dahingehend auszulegen, dass für den Zeitraum ab 19.05.1994 nicht Krankengeld in der bis zum 21.08.1995 bestehenden Höhe, sondern in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Krankengeld und den Leistungen des Arbeitsamtes begehrt werde. Aber auch ein Anspruch des Klägers auf Ausgleich dieser Differenz sei nicht gegeben, da dieser Anspruch voraussetze, dass beim Kläger über den 30.04.1994 hinaus durchgehend weitere Arbeitsunfähigkeit und damit Anspruch auf Krankengeld gegen die Beklagte bestanden hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Da zum behaupteten Ende der Arbeitunfähigkeit der Kläger seinen Arbeitsplatz bereits gekündigt habe, sei hinsichtlich der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit auf der früheren Tätigkeit ähnliche und gleichgeartete Tätigkeiten abzustellen. An die Verweisungstätigkeiten seien keine allzu großen Ansprüche zu stellen, da der Kläger zuletzt keine gelernte Tätigkeit ausgeübt habe. Die Art der Tätigkeit müsse lediglich nach der Art der Verrichtung sowie nach den erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten mit der zuletzt ausgeübten Tätikeit grundsätzlich übereinstimmen. Der Kläger sei in der Lage, eine seiner bisherigen Tätigkeit ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten auszuüben. Dies ergebe sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung der Betriebsärztin und den Gutachten des MDK.
Der Kläger hat mit der Berufung vom 21.09.1998 geltend gemacht, die Beklagte habe Arbeitsunfähigkeit über den 21.08.1995 bis 25.02.1996 festzustellen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Dies folge aus dem Bericht des behandelnden Arztes Dr. sowie dem Bericht der Universitätsklinik Regensburg vom 04.10.1995. Die LVA Niederbayern-Oberpfalz hat mit Bescheid vom 14.02.2000 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Hinblick auf das vollschichtige Arbeitsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 10.07.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 04.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 22.08. 1995 bis 15.02.1996 Krankengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Kläger habe sich nicht einer spezifischen Behandlung seiner Wirbelsäulenbeschwerden unterzogen. Er habe auch die bewilligte psychotherapeutische Behandlung durch Dr. nicht vollständig ausgeschöpft.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten, der LVA Niederbayern-Oberpfalz, des Arbeitsamtes Regensburg und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten sowie die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Da der Kläger mit der Berufung ausdrücklich, wie beim SG, Krankengeld über den 21.08.1995 hinaus geltend gemacht hat, besteht kein Anlass, auf die Höhe des Krankengelds in der davorliegenden Zeit einzugehen. Denn gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Da auch die Niederschrift über die letzte mündliche Verhandlung vor dem SG keine entgegenstehenden Hinweise enthält und der gestellte Antrag auch nicht auslegungsbedürftig ist (§ 92 SGG), ist Streitgegenstand lediglich die Zahlung des Krankengelds in der Zeit vom 22.08.1995 bis 15.02.1996.
Gemäß § 44 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Kläger war im streitigen Zeitraum versichert. Zunächst bestand seine Versicherung als Arbeiter gemäß § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V, die nach § 192 Abs.1 Nr.2 SGB V bis zur Einstellung des Krankengelds erhalten blieb. Daran schloss sich eine Versicherung gemäß § 5 Abs.1 Nr.2 SGB V wegen eines Leistungbezugs nach dem Arbeitsförderungsgesetz an.
Dem Kläger steht Krankengeld im streitigen Zeitraum nicht zu, weil er nicht arbeitsunfähig gewesen ist. Nach allgemeiner Meinung ist ein Versicherter arbeitsunfähig, wenn er seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern verrichten kann (Bundessozialgericht (BSG) vom 15.11.1984 BSGE 57, 227; BSG vom 09.12.1986 BSGE 61, 66; KassKomm-Höfler, § 44 SGB V, Rdnr.10 m.w.N. auf die höchstrichterliche Rechtsprechung).
Wegen des Zwecks des Krankengelds, den vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Lebenstandard der Versicherten zu sichern, kommt als berufliches Bezugsfeld der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit in Betracht. Darunter ist die unmittelbar vor Eintritt der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung zu verstehen (KassKomm-Höfler, a.a.O., Rdnr.11 m.w.N.).
Dieses Bezugsfeld wird bei einem beendeten Arbeitsverhältnis insofern erweitert, als hier auf ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten abgestellt wird. Die Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich danach zu beurteilen, welche Bedingungen das bisherige Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis im wesentlichen geprägt haben und welche ähnlichen oder dem bisherigen Arbeitsverhältnis gleichgearteten Tätigkeiten in Betracht kommen (BSG vom 15.11.1984, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 61, 66) liegt Arbeitsunfähigkeit - jedenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nicht vor, wenn der Versicherte andere Tätigkeiten verrichten kann, die seiner bisherigen Erwerbstätigkeiten nach Art und Entgelt entsprechen. Solche Tätigkeiten müssen auf dem Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden und für den Versicherten zumutbar zu erreichen sein. Allerdings sind bei Versicherten, die eine ungelernte Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, die Verweisungsmöglichkeiten schon deshalb größer, weil die Verweisung nicht nur in den engen Grenzen eines Ausbildungsberufs zu folgen hat. Daran hat die neueste Rechtsprechung des BSG festgehalten (Urteil vom 08.02.2000 B 1 KR 11/99, s. Presse-Mitteilung vom 09.02.2000, Nr.10/00). Arbeitsunfähig ist danach ein Versicherter, solange er die zuletzt ausgeübte bzw. eine gleich oder ähnlich geartete Tätigkeit nicht (mehr) verrichten kann. Eine Verweisung auf gesundheitlich zumutbare Arbeiten außerhalb des bisherigen Berufsbereiches, wie in der Rentenversicherung, kommt nicht in Betracht.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 61, 66) hängt die Zulässigkeit der Verweisung nicht nur von der Art der Arbeit, sondern wegen der Entgeltersatzfunktion des Krankengelds auch von deren Entlohnung ab. Mit Sinn und Zweck der Krankengeldregelung sind geringfügige Schwankungen des Einkommens vereinbar, solange die Verweisungstätigkeit als wirtschaftlich gleichwertig angesehen werden kann. Demzufolge sind Einkommenseinbußen unter 10 % unerheblich. Dabei ist es rechtlich jedoch nicht von Belang, ob ein derartiger offener Arbeitsplatz nachgewiesen werden kann, der der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nach Art und Lohn entspricht und vom Versicherten ohne Gefährdung der Gesundheit übernommen werden könnte. Es genügt vielmehr, wenn auf dem Arbeitsmarkt Arbeitsstellen für ähnliche Tätigkeiten in nennenswerter Zahl vorhanden sind, die täglich zumutbar zu erreichen sind.
Der Kläger hat bei der Begutachtung durch Dr. am 29.06.1995 angegeben er habe zuletzt eine "sehr beneidenswerte" Tätigkeit gehabt, die in der Kontrolle der Fahrzeuge auf Lackschäden und in der Entfernung von Tür- und Schlosshaken und von Lack-Premit (Datenträger der Lackiererei) bestanden habe. Die letztgenannte Tätigkeit sei mit einer bückenden Arbeit unter Zurhilfenahme eines Preßluftschraubers verbunden gewesen. In der Arbeitsplatzbeschreibung der Firma AG werden schwere Arbeiten in angespannter Körperhaltung, Steigen unter mittelschweren Lasten und Handhaben von Werkzeugen über 3 kg Gewicht sowie Heben und Tragen von mittleren Lasten in der Ebene (10 bis 15 kg) oder Hantieren, die den gleichen Kraftaufwand erfordern angegeben, jedoch eingeschränkt auf einmal in der Woche.
Demgegenüber beurteilen die Gutachter des MDK das Leistungvermögen des Klägers folgendermaßen: Dr. hält den Kläger aufgrund der Untersuchung vollschichtig für körperlich leichte und bis zu 50 % der Arbeitszeit auch für mittelschwere Männerarbeiten in Tagesschicht einsetzbar. Wechselschichten, monotone Körperhaltungen, d.h. ganztägig stehende oder ganztägig sitzende Arbeiten, und Arbeiten mit engeren Zwangshaltungen kommen nicht in Frage. Der Gutachter weist zudem darauf hin, dass weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich der großen Gelenke so gravierende Veränderungen festgestellt worden sind, dass dadurch die erheblichen subjektiven Beschwerden des Klägers befriedigend erklärt werden könnten. Die orientierende neurologische Untersuchung ist unauffällig gewesen. Es haben allenfalls endgradige Funktionseinschränkungen bestanden. Der Gutachter hat einen Arbeitsversuch zumindest in der früheren Tätigkeit für möglich gehalten.
Der Gutachter Dr. kommt gleichfalls zu dem Ergebnis, dass der objektivierbare Befund an der Lendenwirbelsäule nicht sehr ausgeprägt, jedoch eine nochmalige Vorstellung bei einem Orthopäden zu einer gezielten Therapie erforderlich ist. Dem Kläger sind leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne einseitige dauernde Körperhaltung sowie ohne Über-Kopf-Arbeiten vollschichtig zumutbar gewesen.
Diesem eingeschränkten Leistungsvermögen entsprechen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, die nicht mit einer nennenswerten Einkommenseinbuße verbunden sind. Zu einer Verweisungstätigkeit hat die Beklagte festgestellt, dass dem Kläger eine Beschäftigung in der Vormontage bei der Firma AG hätte angeboten werden können. Diese Tätigkeit erfolgt im Einzelakkord und nicht wie in der früheren Tätigkeit im Gruppenakkord. Der Arbeitsablauf im Bereich der Vormontage ist nach Aussage des betreuenden Meisters innerhalb eines Tages zu erlernen. Die Tätigkeit entspricht hinsichtlich der Lohneinstufung der zuletzt ausgeübten. Eine innerbetriebliche Umsetzung ist aber daran gescheitert, dass zum damaligen Zeitpunkt ein zu besetzender Arbeitsplatz im Bereich der Vormontage nicht frei gewesen war und daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Willen des Klägers beendet wurde. Die Verwendbarkeit des Klägers auf diesem Arbeitsplatz wurde von der Betriebsärztin festgestellt.
Die medizinischen Feststellungen von Dr. und Dr. führen nicht zu einer anderen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Klägers. Das BSG hat mit Beschluss vom 31.03.1998 (B 1 KR 56/96 B, unveröffentlicht) festgestellt, dass ärztliche Atteste mit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme haben, die die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Kasse bilden. Krankenkasse und Gerichte sind an die ärztliche Bescheinigung nicht gebunden. Lässt sich die Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Krankengeldanspruch nach Ausschöpfung aller erreichbaren Beweismitteln nicht feststellen, geht dies zu Lasten des Versicherten, der das Krankengeld beantragt. Dies hat im Übrigen das BSG auch mit Urteil vom 23.06.1992 (SozR 3-2200 § 182 Nr.12) für Recht erkannt.
Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang daher zu Unrecht auf das ärztliche Attest von Dr. vom 27.07.1995, der den Kläger wegen der Schmerzzustände für arbeitsunfähig hält. Denn hierzu hat schon Dr. ausgeführt, dass die erhobenen orthopädischen Befunde nicht auf die vom Kläger angegebenen Schmerzen schließen lassen. Der Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. hat ferner keine Befunde festgestellt, die einen Hinweis auf eine besondere Schmerzsymptomatik geben. Er verweist lediglich auf die Feststellungen des Hausarztes Dr. sowie den Bericht des Klinikum der Universität Regensburg. Daraus geht nur hervor, dass der Kläger sich im Oktober 1995 mehrmals zur ambulanten Behandlung eingefunden hat. Die Krankenhausärzte erläuterten hierbei die Maßnahmen einer möglichen Schmerztherapie, gaben jedoch eine Arbeitsunfähigkeit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 60 Abs.2 Nr. 1, 2 SGG).
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