L 4 KR 51/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 135/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 51/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 16. März 1999 und des Bescheides vom 16. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 1997 verurteilt, der Klägerin Mutterschaftsgeld vom 1. September bis 31. Oktober 1996 dem Grunde nach zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Klägerin vom 17. Juni 1996 bis 16. Juli 1996 und vom 1. September 1996 bis 31. August 1999 Pflichtmitglied der Beklagten war.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Mutterschaftsgeld und die Feststellung der Pflichtmitgliedschaft.

Die am 1963 geborene Klägerin, von Beruf Erzieherin, war als Angestellte der evangelisch-lutherischen Gesamtkirchengemeinde Ansbach seit 01.04.1984 versicherungspflichtig beschäftigt. Sie hatte ab 04.05.1993 Mutterschaftsgeld bezogen, das nach Geburt der Tochter Isabelle am 17.06.1993 bis 12.08.1993 gezahlt wurde.

Auf ihren Antrag vom 03.08.1993 gewährte ihr Arbeitgeber Bundeserziehungsurlaub bis 17.06.1996 sowie Sonderurlaub gemäß § 50 Abs.2 BAT vom 18.06.1996 bis 31.08.1996 und bestimmte den ersten Arbeitstag mit dem 01.09.1996.

Die Klägerin meldete sich am 29.05.1996 bei der damaligen AOK Mittelfranken zur Kranken- und Pflegeversicherung mit dem Hinweis, sie scheide am 17.06.1996 aus der Versicherungspflicht aus. Sie trat am 17.06.1996 ihren Sonderurlaub ohne Bezüge an und nahm die Arbeit am 01.09.1996 nicht auf; am 05.09.1996 wurde ihr Sohn Frederik geboren. Aus einer Vorsprache der Klägerin bei der Beklagten am 20.09.1996 ergibt sich, dass sie versicherungspflichtig angemeldet werden und die freiwillige Versicherung aufgehoben werden sollte. Am 07.10.1996 beantragte sie Erziehungsgeld.

Der Arbeitgeber teilte der Klägerin am 23.10.1996 mit, sie sei vom 05.09.1996 bis 31.10.1996 wegen der Entbindung beurlaubt und erhalte Bundeserziehungsurlaub vom 01.11.1996 bis 31.08. 1999. Der erste Arbeitstag sei der 01.09.1999. Für den Monat November 1996 erhielt die Klägerin eine Sonderzuwendung des Arbeitgebers.

Sie beantragte am 01.12.1996 Mutterschaftsgeld, beitragsfreie Mitgliedschaft sowie Rückerstattung der zuviel gezahlten Beiträge. Das Amt für Versorgung und Familienförderung Nürnberg gewährte mit Bescheid vom 05.12.1996 der Klägerin wegen ihres Sohnes Frederik Erziehungsgeld vom 05.09.1996 bis 04.09.1997.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Bescheid vom 16.12.1996 mit, das Krankenversicherungsverhältnis bestehe, solange eine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt werde; im Zeitraum des vereinbarten Erziehungsurlaubs bleibe die Mitgliedschaft krankenversicherungspflichtig erhalten. Die Versicherungspflicht ende, wenn die Entgeltzahlung eingestellt werde, lediglich die Mitgliedschaft bleibe für die Dauer eines Erziehungsurlaubs erhalten. Ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld bestehe nicht, da die Klägerin bei Beginn der Mutterschutzfrist am 25.07.1996 nicht pflichtversichert gewesen sei; es verbleibe daher bei der Zahlung des Entbindungsgeldes. Die freiwillige Mitgliedschaft, die nicht beitragsfrei sei, bleibe weiterhin bestehen.

Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein und reichte am 13.04.1997 eine Eingabe an den Bayerischen Landtag ein. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.1997 den Widerspruch mit der Begründung zurück, ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld bestehe nicht, wenn die Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes in die Zeit eines zwischen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber vereinbarten unbezahlten Urlaubs fallen. Ab dem Eintritt des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld vom 04.05.1993 bis 12.08.1993 sowie für die anschließenden Zeiten des Bundeserziehungsgeldes vom 13.08.1993 bis 16.06.1995, des Landeserziehungsgeldes vom 17.06.1995 bis 16.12.1995 bzw. des Erziehungsurlaubes vom 17.06.1993 bis 16.06.1996 sei lediglich die Mitgliedschaft erhalten geblieben, nicht jedoch die Versicherungspflicht. Da die Klägerin ab 17.06.1996 ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt von dem Arbeitgeber beurlaubt worden, somit weder erneut Versicherungspflicht eingetreten sei, noch ein mitgliedschaftserhaltender Tatbestand vorgelegen habe, sei die Durchführung einer freiwilligen Versicherung ab 17.06.1996 nicht zu beanstanden. Ausgehend von der Geburt des Sohnes errechne sich der Beginn der Schutzfrist bzw. Beginn der sechsten Woche vor der Entbindung zum 25.07.1996. Maßgeblicher Versicherungsfall für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld sei der Beginn der Schutzfrist bzw. der Beginn der sechsten Woche vor der Entbindung, also der 25.07.1996. Ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld könne nur dann entstehen, wenn an diesem Tag eine Mitgliedschaft bestanden habe. Handle es sich - wie vorliegend - dabei um eine Mitgliedschaft ohne Anspruch auf Krankengeld, müsse wenigstens infolge der Schutzfrist der Anspruch auf Arbeitsentgelt verloren worden sein. Ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld könne jedoch nicht entstehen, wenn die Schutzfrist in die Zeit eines zwischen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber vereinbarten unbezahlten Urlaubes falle. Die Klägerin habe für die Zeit vom 17.06.1996 bis 31.08.1996, in die der Beginn der Schutzfrist falle, mit dem Arbeitgeber einen unbezahlten Urlaub vereinbart. Am 01.09.1996 sei ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis wegen Fehlens der Arbeitsleistung und eines Arbeitsentgeltanspruchs nicht zustande gekommen. Die Beitragsfreiheit erstrecke sich auf die Leistungen Krankengeld, Mutterschaftsgeld bzw. Erziehungsgeld.

Die Klägerin hat hiergegen am 20.06.1997 Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Anerkennung einer versicherungspflichtigen Mitgliedschaft sowie die Zahlung von Mutterschaftsgeld ab 25.07.1996 geltend gemacht.

Das SG hat mit Urteil vom 16.03.1999 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe Mutterschaftsgeld nicht zu. Sie sei seit 17.06.1996 freiwilliges Mitglied der Beklagten und ihr Versicherungsverhältnis umfasse keinen Anspruch auf Krankengeld. Die frühere versicherungspflichtige Mitgliedschaft sei während des Bezugs von Mutterschaftsgeld, Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub bis 16.06.1996 erhalten geblieben. Anschließend habe sie eine versicherungspflichtige Tätigkeit nicht mehr aufgenommen. Ferner sei die Nichtzahlung von Arbeitsentgelt nicht auf die Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes zurückzuführen. Ursächlich dafür, dass der Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt zu zahlen hatte, seien nicht die Beschäftigungsverbote, sondern die Vereinbarung der Klägerin und ihres Arbeitgebers über ihren unbezahlten Sonderurlaub. Ihr habe bei Beginn der Schutzfrist kein Arbeitsentgelt zugestanden. Die Schutzfristen konnten sich nicht auf das Arbeitsverhältnis in dem Sinne auswirken, dass ihr das Arbeitsentgelt wegen des Eingreifens des Beschäftigungsverbotes nicht mehr zu zahlen gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 29.04. 1999, mit der sie geltend macht, der Erziehungsurlaub vom 17.06.1993 bis 16.06.1996 habe die Mitgliedschaft erhalten, die dann bis 16.07.1996 fortbestanden habe. Anschließend habe eine Pflichtmitgliedschaft wegen des Sonderurlaubs bestanden. Ab 01.09.1996 sei sie wegen ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung und außerdem bis 31.10.1996 wegen des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld pflichtversichert gewesen. Vom 01.11.1996 bis 04.03.1997 habe eine weitere beitragsfreie Pflichtmitgliedschaft vorgelegen. Die Pflichtmitgliedschaft vom 15.03.1997 bis 04.09.1999 sei allerdings nicht beitragsfrei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.03.1999 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 16.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 01.09. bis 31.10.1996 zu bezahlen und festzustellen, dass die Pflichtmitgliedschaft bis einschließlich 16.07.1996 erhalten blieb und ab 01.09.1996 bis 31.18.1999 erneut bestand.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten, des Amtes für Versorgung und Familienförderung Nürnberg und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist statthaft, da das geltend Amtes für Versorgung und Familienförderung Nürnberg vom 05.12. 1996) im streitigen Zeitraum die Wertgrenze von 1.000,00 DM übersteigt (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG). Im Übrigen richtet sich die Statthaftigkeit der Berufung nach § 143 SGG. Sie ist bezüglich der Pflichtmitgliedschaft auch sonst zulässig, da die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden hierüber entschieden hat und ein entsprechendes Feststellungsinteresse besteht (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG).

Die Berufung ist in beiden Streitpunkten begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 01.09. bis 31.10.1996 gemäß § 200 Abs.1 Reichsversicherungsordnung (RVO). Danach erhalten weibliche Mitglieder Mutterschaftsgeld, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs.2 und § 6 Abs.1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, wenn sie vom Beginn des zehnten bis zum Ende des vierten Monats vor der Entbindung mindestens 12 Wochen Mitglieder waren oder in einem Arbeitsverhältnis standen.

Die Klägerin war bei der Beklagten unstreitig Mitglied und seit 17.06.1996 als freiwilliges Mitglied gemeldet. Die Mitgliedschaft bestand in der Zeit des Versicherungsfalles, d.h. sechs Wochen vor der Entbindung mit Beginn der Schutzfrist am 25.07.1996. Für die Leistung Mutterschaftsgeld besteht der Versicherungsfall in der besonderen Schutzbedürftigkeit der werdenden Mutter vor und nach der Entbindung, beginnend mit der Schutzfrist nach § 3 Abs.2 MuSchG. Diese Zeitspanne ist maßgebend für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen (§ 200 Abs.2 Satz 1 RVO). In der besonderen Schutzbedürftigkeit der werdenden Mutter liegt das Risiko, gegen das das Mitglied durch die Krankenversicherung geschützt ist (Bundessozialgericht (BSG) vom 22.04.1986 SozR 2200 § 205a Nr.3 = USK 8609 m.w.N.; Kasseler Kommentar-Höfler, § 200 RVO Rdnr.8). Der Senat ist entgegen der Beklagten der Auffassung, dass dieser Versicherungsfall sich nicht in einem einmaligen Ereignis erschöpft, sondern während des o.g. Zeitraums ununterbrochen besteht. Denn ein Versicherungsfall ist das besondere Ereignis im Leben des Versicherten, dessen Eintritt den Versicherungsschutz begründet, also hier die besondere Schutzbedürftigkeit der Mutter. Der Zeitpunkt des Eintritt ist für den Leistungsbeginn und damit für die Leistungsdauer maßgebend (Kummer in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd.1, Krankenversicherungsrecht, § 20, Rdnr.3, 4 m.w.Hinw. auf die Rechtsprechung des BSG). Da der Eintritt eines Versicherungsfalles ein Versicherungsverhältnis voraussetzt, kommt es hier darauf an, dass die Klägerin während der Dauer des Versicherungsfalles bei der Beklagten versichert war. Dies ist zu bejahen, wie sich aus dem Folgenden ergibt.

Die Klägerin hatte als freiwilliges Mitglied zwar keinen Anspruch auf Krankengeld (vgl. Anmeldung vom 22.05.1996), sie war aber ein Mitglied, dem wegen der Schutzfristen kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde. Mit dem Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs.1 2.Alternative RVO wird der Zweck verfolgt, das Arbeitsentgelt zu ersetzen, das wegen und während der Beschäftigungsverbote sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung nicht gezahlt wird. Zu dem begünstigten Personenkreis zählen alle weiblichen Mitglieder, die bei Beginn der Schutzfrist in einem Arbeitsverhältnis stehen oder gleichzustellen sind, unabhängig davon, ob sie einen Anspruch auf Krankengeld haben. Ferner wird vorausgesetzt, dass ein ursächlicher Zusammenhang vorliegt zwischen den Schutzfristen und dem Nichtbestehen oder Wegfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt (BSG vom 17.04.1991 SozR 3-2200 § 200 Nr.1).

Der geforderte ursächliche Zusammenhang beurteilt sich nach der im Sozialrecht gebräuchlichen Ursachenlehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung (Relevanztheorie). Danach genügt es hier, wenn der Versicherungsfall wesentlich zum Nichtbestehen oder Wegfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt beigetragen hat. Um den Leistungsanspruch auszulösen, muss das Arbeitsverhältnis von dem Beschäftigungsverbot betroffen werden können. Dies ist auch bei einem, wie vorliegend, in der Rahmenfrist des nach § 200 Abs.1 Satz 2 ruhenden Arbeitsverhältnis der Fall. Denn die Beschäftigungsverbote der §§ 3 Abs.2 und 6 Abs.1 MuSchG sollen verhindern, dass die Arbeitstätigkeit in den Schutzfristen fortgesetzt oder - beim ruhenden Arbeitsverhältnis - wiederaufgenommen wird. Zwar können die Parteien des Arbeitsvertrages regeln, dass die bisher vereinbarte Beurlaubung endet; jedoch wird die Rückkehr der Arbeitnehmerin an den Arbeitsplatz während der Schutzfrist, also das Wiederaufleben der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung, durch die Beschäftigungsverbote für die in § 3 Abs.2 und 6 Abs.1 MuSchG genannten Fristen ausgeschlossen. Damit verliert die Arbeitnehmerin die Möglichkeit, Arbeitsentgelt zu verdienen, so dass die Beschäftigungsverbote sich auch dann auf die finanzielle Situation der werdenden Mutter auswirken können, wenn sie während der Rahmenfrist von ihrem Arbeitgeber beurlaubt worden ist (BSG vom 17.04.1991 a.a.O.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits 1993 die Beurlaubung bis 31.08.1996 begrenzen wollte, wie dem Schreiben des Arbeitgebers vom 25.08.1993 zu entnehmen ist. Sie hatte also schon damals die Absicht, am 01.09.1996 ihre bisherige Tätigkeit wieder aufzunehmen.

Dagegen liegt der ursächliche Zusammenhang nicht vor, wenn die Versicherte mit dem Arbeitgeber einen unbezahlten Sonderurlaub vereinbart hat, der auch die Zeit der Schutzfrist umfasst (BSG vom 08.03.1995 SozR 3-2200 § 200 Nr.3). In diesem Fall kommt es darauf an, ob die Beschäftigungsverbote der §§ 3 Abs.2 und 6 Abs.1 MuSchG die Erfüllung eines bei Beginn der Schutzfristen bestehenden Arbeitsentgeltanspruchs verhindert haben.

Im vorliegenden Fall bestand somit vom 25.07.1996 (Beginn der Schutzfrist) bis 31.08.1996 kein ursächlicher Zusammenhang, da nicht die Beschäftigungsverbote, sondern die Vereinbarung des Sonderurlaubs die Erfüllung des Arbeitsentgeltanspruchs verhindert haben. Ab 01.09.1996, also dem Zeitpunkt der vorgesehenen Wiederaufnahme der Arbeit - an der Ernsthaftigkeit des ursprünglichen Willens dazu hat der Senat angesichts des beruflichen Werdegangs der Klägerin keinen Zweifel -, haben sich jedoch die Schutzfristen auf den Arbeitsentgeltanspruch und damit auf die finanzielle Situation der Klägerin ausgewirkt. Der Versicherungsfall hat ab 01.09.1996 noch bestanden und er hat bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung vorgelegen (§ 6 Abs.1 MuSchG).

Die Klägerin befand sich bei Beginn der Schutzfrist auch in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zur evangelisch-lutherischen Gesamtkirchengemeinde Ansbach. Der vom 17.06.1996 bis 31.08.1996 genommene Sonderurlaub hob das Arbeitsverhältnis nicht auf, auch wenn die Klägerin während dieser Beurlaubung keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte (BSG vom 17.04.1991 a.a.O.). Ab 01.09.1996 war die Klägerin wieder versicherungspflichtiges Mitglied gemäß §§ 5 Abs.1 Nr.1, 186 Abs.1 SGB V, auch wenn sie ihre Arbeit nicht aufnahm. Denn in der Krankenversicherung beginnt bei einer Arbeitnehmerin die Pflichtmitgliedschaft, die während eines unbezahlten Urlaubs geendet hatte, im Zeitpunkt der vereinbarten Wiederaufnahme der Arbeit erneut, wenn der Arbeitsaufnahme das Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz entgegenstand. Dies gilt jedenfalls, wenn ein Anspruch auf Arbeitsentgelt, Mutterschaftsgeld und den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht (BSG vom 10.12.1998 SozR 3-2500 § 186 Nr.7). Das BSG führt hier aus, dass bei Verhinderung des Zugangs zum System der Krankenversicherung aufgrund eines Beschäftigungsverbotes nach dem MuSchG eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gegeben wäre (vgl. Art.4 der Richtlinie 79/7/EWG). Die Klägerin erhielt für den November 1996, also noch innerhalb der Schutzfrist des § 6 Abs.1 MuSchG, von ihrem Arbeitgeber Arbeitsentgelt. Diese Pflichtmitgliedschaft blieb bis zum Ende des Erziehungsurlaubs erhalten, d.h. bis 31.08.1999 (§ 192 Abs.1 Nr.2 SGB V).

Die Klägerin erfüllt auch die Wartezeit, da sie vom Beginn des zehnten bis zum Ende des vierten Monats vor der Entbindung mindestens 12 Wochen Mitglied war. Die Wartezeit begann im November 1995 und endete mit Ablauf des Monats März 1996: Die Klägerin war mit Beginn ihrer Beschäftigung am 01.04.1984 bis 03.05.1993 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten gemäß §§ 165 Abs.1 Nr.2 RVO bzw. 5 Abs.1 Nr.1 SGB V. Danach blieb die Mitgliedschaft vom 04.05.1993 bis 12.08.1993 wegen Bezugs des Mutterschaftsgeldes und anschließend vom 13.08.1993 bis 16.12.1995 wegen Bezugs des Erziehungsgeldes erhalten (§ 192 Abs.1 Nr.2 SGB V). Ein weiterer Tatbestand des Fortbestehens der Mitgliedschaft ergab sich vom 17.06.1993 bis 17.06.1996 wegen Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubes (§ 192 Abs.1 Nr.2 SGB V). Am 17.06.1996 sollte die freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin durch ihren Beitritt beginnen (§ 9 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 188 Abs.1 SGB V). In der Zeit vom 17.06.1996 bis 16.07.1996 bestand jedoch der Tatbestand des Erhalts der Pflichtmitgliedschaft gemäß § 192 Abs.1 Nr.1 SGB V in der bis 1998 geltenden alten Fassung, da das Beschäftigungsverhältnis ohne Entgeltzahlung fortbestand und diese Vorschrift die Mitgliedschaft um einen Monat verlängerte. Diese fortbestehende Pflichtmitgliedschaft war vorrangig gegenüber der freiwilligen Mitgliedschaft (Kassler Kommentar - Peters, § 192 SGB V, Rdnr.200). Die freiwillige Mitgliedschaft ohne Anspruch auf Krankengeld begann erst am 19.07.1996. Die Klägerin war, wie bereits unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 10.12.1998 (a.a.O.) ausgeführt wurde, vom 01.09.1996 bis 31.08.1999 Mitglied der Beklagten (§§ 186 Abs.1, 192 Abs.1 Nr.2 SGB V).

Gemäß § 200 Abs.3 RVO wird das Mutterschaftsgeld für die letzten sechs Wochen vor der Entbindung, den Entbindungstag und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung gezahlt. Da die Klägerin jedoch Mutterschaftsgeld erst ab 01.09.1996 beantragt hat, ist die Leistung insoweit begrenzt. Die Sonderzahlung des Arbeitgebers wirkt sich als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gemäß § 200 Abs.4 Satz 2 RVO nicht auf den Anspruch auf das Mutterschaftsgeld aus.

Wegen § 224 Abs.1 SGB V bestand während der Dauer des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld bzw. des Bezugs von Erziehungsgeld Beitragsfreiheit in dem Sinne, dass diese Leistungen nicht der Beitragsbemessung unterliegen. Im Übrigen ist festzustellen (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG), dass, wie bereits ausgeführt wurde, die Klägerin wegen § 192 Abs.1 Nr.1 SGB V vom 17.06.1996 bis 16.07. 1996 Pflichtmitglied blieb; die Pflichtmitgliedschaft begann wieder am 01.09.1996 und dauerte bis 31.08.1999.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat die Kostenbelastung des Beigeladenen als unerheblich eingeschätzt.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird die Revision zugelassen (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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