L 12 Ka 141/96

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 Ka 142/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 Ka 141/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, wenn ein Beschluß des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, mit dem eine Zulassungsbeschränkung aufgehoben wird, mit der Auflage versehen wird, daß Zulassungen nur bis zum erneuten Eintritt einer Überversorgung erfolgen dürfen und dabei die Reihenfolge des Eingangs der Anträge maßgebend ist.
I. Auf die Berufungen des Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 8) wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. September 1996 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 17. Januar 1996 in vollem Umfang abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. September 1996 wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Der Klägerin sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als Hautärztin zur vertragsärztlichen Tätigkeit für den Vertragsarztsitz Augsburg zuzulassen ist.

Für den Planungsbereich Stadt Augsburg bestand für Hautärzte eine Zulassungsbeschränkung, die der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in Bayern mit Beschluss vom 15. Mai 1995 aufgehoben hat. Der Aufhebungsbeschluß erging unter der Auflage, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürften, bis in diesem Planungsbereich für Hautärzte eine Überversorgung eingetreten sei. Über Zulassungsanträge sei in der Reihenfolge ihres Eingangs beim Zulassungsausschuß zu entscheiden. In den Gründen dieses Beschlusses wurde dann ausgeführt, daß sich unter Zugrundelegung der Daten zum Prüfungstermin 5. Mai 1995 im entsperrten Planungsbereich Stadt Augsburg ein zu besetzender Vertragsarztsitz für einen Hautarzt ergebe.

Am 1. Juni 1995 ging beim Zulassungsausschuß für Ärzte bei der KVB, Bezirksstelle Schwaben, der Antrag der Klägerin auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Hautärztin in Augsburg ein. Die Klägerin wies darauf hin, daß sie die Facharzt-Zulassungsprüfung am 21. Juni 1995 ablegen werde und die entsprechenden Unterlagen sofort nachgereicht würden. Zugleich beantragte die Klägerin, ihre Tätigkeit als Hautärztin in Gemeinschaftspraxis mit der in Augsburg niedergelassenen und zugelassenen Hautärztin Dr ... ausüben zu dürfen.

Mit Bescheid vom 2. August 1995, beschlossen am 19. Juli 1995, lehnte der Zulassungsausschuß Ärzte den Antrag der Klägerin auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Hautärztin in Augsburg ab. Nach Prüfung der Unterlagen sei festzustellen, daß der Zulassungsantrag der Klägerin an dritter Stelle nach partieller Öffnung des Planungsbereiches Stadt Augsburg für einen Hautarztsitz beim Zulassungsausschuß für Ärzte - Schwaben - eingegangen sei. Da bereits demjenigen Zulassungsantrag, welcher wirksam (Kriterien: Schriftform, Benennung der Facharztbezeichnung sowie des Planungsbereiches) an erster Stelle beim Zulassungsausschuß nach der partiellen Öffnung des Planungsbereiches Stadt Augsburg für Hautärzte eingegangen sei, entsprochen worden sei, habe keine Zulassungsmöglichkeit mehr für weitere diesbezügliche Anträge bestanden.

Gegen diesen der Klägerin am 11. August 1995 zugestellten Bescheid legte diese Widerspruch ein, der am 30. August 1995 beim Beklagten einging. Zur Begründung dieses Widerspruches trug der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin vor, dem Zulassungsantrag der Klägerin vom 1. Juni 1995 müsse entsprochen werden, da zu diesem Zeitpunkt der Planungsbereich für das Fachgebiet "Hautkrankheiten" nicht wirksam wegen Überversorgung gesperrt gewesen sei. Der Landesausschuß habe am 15. Mai 1995 die Zulassungsbeschränkungen für Hautärzte im Planungsbereich Stadt Augsburg aufgehoben. Daß diese Aufhebung nur unter der Maßgabe erfolgt sei, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürften, bis in dem genannten Planungsbereich für die Arztgruppe der Hautärzte eine Überversorgung eingetreten sei, sei unbeachtlich, weil diese Maßgabe keine Rechtsgrundlage habe. Der Regelung in Nr.23 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte fehle die für eine Durchführungsbestimmung dieses Gewichtes erforderliche Ermächtigung durch ein formelles Gesetz. § 103 Abs.2 SGB V ordne knapp und deutlich an, daß Zulassungsbeschränkungen aufzuheben seien, wenn die Voraussetzungen für die Überversorgung entfallen seien. Im übrigen sei die Vorenthaltung der beantragten Zulassung auch verfassungswidrig, da sie sich auf gesetzliche Regelungen stütze, die das Grundrecht der freien Berufswahl (Art.12 GG) mißachteten.

Die beigeladene KVB führte in einer Stellungnahme zum Widerspruch der Klägerin aus, nach Öffnung des Zulassungsbereiches "Stadt Augsburg" für einen Hautarztsitz seien vier Anträge von Hautärzten auf Zulassung eingegangen, wobei nach dem Posteingangsstempel der Antrag der Kläger an dritter Stelle stehe. Dem an erster Stelle stehenden Antragsteller sei am 19. Juli 1995 die Zulassung erteilt worden, die Anträge der anderen Bewerber, darunter der der Klägerin, hätten deshalb abgelehnt werden müssen. Die rechtstheoretischen Überlegungen zur Begründung des Widerspruches seien nach Auffassung der KV unzutreffend.

Mit Bescheid vom 17. Januar 1996, beschlossen am 12. Dezember 1995, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beklagte sei ebenso wie der Zulassungsausschuß als Behörde an Gesetz und Recht gebunden und habe die bestehenden Gesetze anzuwenden. Es bestehe keine Möglichkeit, ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankomme, durch Vorlage an das Bundesverfassungsgericht auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Die mit einer Auflage versehende Aufhebung der Zulassungsbeschränkung für den Planungsbereich Stadt Augsburg bei den Hautärzten stehe mit Nr.23 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte in Übereinstimmung und sei deshalb von den Zulassungsgremien zu beachten. Soweit es zu Mißverständnissen bezüglich der Vollständigkeit von Antragsunterlagen gekommen sei, sei die tatsächliche, im Verhältnis zu ihren Mitbewerbern, verspätete Antragstellung der Klägerin nicht auf eine unzutreffende Rechtsauskunft von Bediensteten der Bezirksstelle Schwaben der beigeladenen KVB zurückzuführen. Da der Zulassungsausschuß der Auflage des Landesausschusses habe folgen müssen, über die Anträge in der Reihenfolge ihres Einganges zu entscheiden, habe der von der Klägerin gestellte Antrag zurückgewiesen werden müssen, weil ihr zwei andere Bewerber vorgegangen seien. Aus diesem Grunde sei auch der Widerspruch zurückzuweisen.

Dieser Bescheid wurde den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 22. Januar 1996 zugestellt. Die dagegen erhobene Klage ging am 26. Januar 1996 beim Sozialgericht München ein. Die Prozeß- bevollmächtigten der Klägerin wiesen zur Begründung der Klage erneut darauf hin, daß § 103 Abs.3 SGB V lediglich bestimme: "Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind". Weder im SGB V noch in der Zulassungsordnung-Ärzte gebe es auch nur eine einzige Bestimmung, die diese Regelung modifiziere. Nr.23 der Bedarfsplanungsrichtlinien sei demnach ohne Rechtsgrundlage, der Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen habe mit der in Nr.23 der Richtlinien getroffenen Regelung seine Regelungskompetenz weit überschritten. Eine vorsorgliche Sperrung von offenen Planungsbereichen sehe der Gesetzgeber nicht vor. Bis zu einer erneuten Sperrung könnten beliebig viele Ärzte ihr Zulassung mit Erfolg beantragen, möge auch die Zulassung nur eines Arztes zur Überversorgung führen und es voraussehbar sein, daß diese Überversorgung eintrete. "Noch offene" und "freigegebene" behandle der Gesetzgeber nicht unterschiedlich. Dies könnten auch die "Richtlinien" nicht tun. Die Vorenthaltung der beantragten Zulassung der Klägerin auf einen Vertragsarztsitz in Augsburg - Stadt - sei auch deshalb verfassungswidrig, weil sie sich auf gesetzliche Bestimmungen stütze, die das Grundrecht der freien Berufswahl (Art.12 GG) verletzten.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte, den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Januar 1996 und den Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - Schwaben - vom 2. August 1995 aufzuheben und die Klägerin im Planungsbereich Stadt Augsburg als Hautärztin (Zusatzbezeichnung Allergologie) zur vertragsärztlichen Tätigkeit zuzulassen.

Mit Urteil vom 25. September 1996 hob das Sozialgericht auf die Klage hin den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. Januar 1996 auf. Der Beklagte wurde verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Zulassungsbeschränkungen gemäß § 103 Abs.1 und 2 SGB V verfassungswidrig oder verfassungskonform seien. Maßgeblich sei, daß es im streitgegenständlichen Verfahren keine Zulassungsbeschränkung mehr gegeben habe; diese sei vielmehr vom Landesausschuß für Ärzte und Krankenkassen mit Beschluss vom 15. Mai 1995 gemäß § 103 Abs.3 SGB V beseitigt worden. Die dem Aufhebungsbeschluß beigefügte Maßgabe, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürften, bis in dem betreffenden Planungsbereich eine Überversorgung eingetreten sei, sei rechtswidrig. Der Zulassungsausschuß und der Beklagte hätten sich bei der Auswahl der Bewerber nicht von der vom Landesausschuß beschränkten Ermöglichung der Zulassung leiten lassen dürfen, da die Aufhebung der Zulassungssperre nicht durch den "Maßgabevorbehalt" (Auflage) erfolgen durfte. Durch diesen "Maßgabevorbehalt" sei die Zuständigkeit für die Feststellung, ob und wann eine Überversorgung vorliege, auf die Zulassungsgremien verlagert worden. Nach § 103 Abs.1 Sätze 1 und 2 SGB V sei aber allein der Landesausschuß für die Feststellung einer Überversorgung und die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen zuständig. Nr.23 der Bedarfsplanungsrichtlinien übertrage die Feststellung, ob für die betreffende Arztgruppe eines bestimmten Planungsbereiches eine Überversorgung vorliege, unzulässigerweise auf den Zulassungsausschuß. Die Vorschrift der Nr.23 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte sei überdies in sich widersprüchlich und verlange vom Zulassungsausschuß Unmögliches. Nach § 103 Abs.3 SGB V, § 16 b Abs.3 Satz 2 Zulassungsverordnung Ärzte bestehe nur dann eine Verpflichtung und Berechtigung des Landesausschusses Zulassungsbeschränkungen aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der Annahme einer Überversorgung entfallen seien. Sie seien aber nicht entfallen, wenn eine "Sollzahl" als einer bestimmten Höchstanzahl von Ärzten weiterhin gelten solle. Dann dürfe der Landesausschuß die Zulassungsbeschränkung nicht aufheben. Es sei dann Sache primär des Landesausschusses bzw. der KVB und sekundär der Zulassungsgremien, in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, daß die Anzahl der Ärzte die Grenze zur Überversorgung "zur Zeit" nicht erreiche und deshalb noch eine bestimmte Anzahl an Ärzten zugelassen werden könne. Wenn der Landesausschuß demzufolge seinen unrichtigen Beschluss über die Aufhebung der Zulassungsbeschränkung ex tunc aufhebe und ggf. selbst die Anzahl der die Grenze zur Überversorgung noch nicht erreichenden Ärzte angebe, gelte die Zulassungssperre wieder. § 19 Abs.1 Satz 2 der Zulassungsverordnung Ärzte hindere dann eine Ablehnung des Zulassungsantrages nicht. Falls der Landesausschuß nicht erneut entscheide, habe der Berufungsausschuß davon auszugehen, daß eine Zulassungsbeschränkung im Zeitpunkt der Antragstellung nicht bestanden habe und die "Auflage" unwirksam gewesen sei. Nach einer erneuten Entscheidung des Landesausschusses habe der Berufungsausschuß im Rahmen seiner Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin gemäß § 103 Abs.5 SGB V die Reihenfolge des Einganges der Anträge beim Zulassungsausschuß zu berücksichtigen. Dabei habe der Beklagte auch zu prüfen, ob die verspätete Antragstellung durch die Klägerin auf eine angebliche Falschinformierung durch die KVB zurückzuführen sei. Falls der Beklagte den Antrag der Klägerin erneut abweisen sollte, müßte das Gericht - auf eine erneute Klage der Klägerin hin - den Rechtsstreit gemäß Art.100 Abs.1 Satz 1 GG aussetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, weil die gesetzlich geschaffenen Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung verfassungswidrig seien.

Das Urteil wurde der Klägerin sowie den Beigeladenen zu 3) und 4) am 15. November 1996, der Beigeladenen zu 2) am 18. November 1996, dem Beklagten und der Beigeladenen zu 1) am 19. November 1996 und dem Beigeladenen zu 8) am 21. November 1996 zugestellt. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) gingen am 5. Dezember 1996, die der Beigeladenen zu 2) und 3) am 11. Dezember 1996, die der Klägerin und des Beigeladenen zu 8) am 13. Dezember 1996 und die des Beigeladenen zu 4) am 17. Dezember 1996 beim Bayer. Landessozialgericht ein.

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor, daß die Zulassungsinstanzen die geltenden Vorschriften des SGB V, der Zulassungsverordnung und der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte anzuwenden hätten, von deren Verfassungsmäßigkeit sie auszugehen hätten. Eine Überversorgung als Voraussetzung für die Verhängung von Zulassungsbeschränkungen entfalle in dem Zeitpunkt, in dem sie, d.h. Überschreitung des bedarfsgerechten Versorgungsgrades, nicht mehr bestehe; daraus sei zu folgern, daß die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen insoweit beschränkt werden dürfe, als die den Überbedarf bildende Zahl von Vertragsarztsitzen entfalle. Vorliegend sei daraus zu folgern, daß nur eine Zulassung habe ausgesprochen werden können; da nach der Reihenfolge des Eingangs der Zulassungsanträge beim Zulassungsausschuß zu entscheiden war, habe der an dritter Stelle stehende Antrag der Klägerin abgelehnt werden müssen. Den Überlegungen des Sozialgerichtes könne nicht gefolgt werden. Völlig unverständlich sei es, daß im Urteil ausgeführt werde, der Beklagte habe "aufgrund einer zu erwartenden Neuentscheidung des Landesausschusses" eine für die Klägerin positive Entscheidung zu treffen. Der beigeladene Landesausschuß könne nicht verurteilt werden, er sei nicht Partei. Die Ausführungen des Gerichtes gingen ins Leere, weil auch der Landesausschuß Berufung eingelegt habe. Da der Landesausschuß nicht erneut entscheide, habe es aus der Sicht des Beklagten bei seiner bisherigen Entscheidung zu bleiben.

Die Beigeladene zu 1) trägt vor, das Urteil des Sozialgerichts sei in der vorliegenden Form nicht umsetzbar. Die Ausführungen des Sozialgerichtes zum Ermessen des Landesausschusses bei der Beurteilung der Frage, ob Überversorgung vorliege oder nicht, seien nicht nachvollziehbar. Die Kriterien, anhand derer der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad gemessen werde, seien in den Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte eindeutig festgelegt. Das Ermessen des Landesausschusses sei insoweit nahezu auf Null reduziert, nachdem es sich hier um eine reine Berechnung aufgrund vorgegebener Zahlen handle. Nachdem es nach Ansicht des Gerichtes maßgeblich auf das Verhalten des Landesausschusses ankomme, könne der Beklagte nach derzeitiger Sachlage unter Berücksichtigung von Recht und Gesetz keine andere als die vorliegende Entscheidung treffen. Der Landesausschuß habe nämlich aus dem Urteil keine Konsequenzen für sich selbst gezogen habe. Die Entscheidung des SG München vom 25. September 1996 sei deshalb wegen mangelnder Umsetzbarkeit aufzuheben.

Die Beigeladene zu 2) trägt vor, das erstinstanzliche Gericht gehe davon aus, daß die Bedarfsplanungs-Richtlinien in Ziffer 23 fehlerhaft seien und deshalb sowohl die bedingte Öffnung des Planungsbereiches als auch die Versagung der Zulassung nicht rechtmäßig sein könnten. Die Zulassungsgremien könnten sich aber von der Bindungswirkung nicht befreien. Nach der Rechtsprechung des BSG zu den NUB-Richtlinien entfalten die Bedarfsplanungs-Richtlinien Bindungswirkung für die Ausschüsse und die Zulassungsinstanzen, solange sie mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Die Bedarfsplanungs-Richtlinien ständen im Einklang mit § 101 SGB V und für die Wirksamkeit des Instrumentes Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung sei die Einhaltung der Grenze der Überversorgung dringend erforderlich. Da die Bedarfsplanung in die Niederlassungsfreiheit eingreife, müsse ein Eingriff so gering wie möglich vorgenommen werden. Dies bedeute, daß Zulassungsbeschränkungen aufzuheben seien, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfielen. Gleichzeitig müsse aber der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit im Interesse der geordneten vertragsärztlichen Versorgung so effektiv wie nötig sein, um das Ziel des § 101 SGB V zu erreichen. Weder die gesetzlichen Bestimmungen, noch die Zulassungsverordnung schlössen den Erlaß der Bedarfsplanungs-Richtlinien mit der Ziffer 23 aus. Es sei dem Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen überlassen worden, eine Regelung zu finden, die das Ziel, die Eindämmung einer ausufernden Überversorgung, sachgerecht umsetze. Mit den beschriebenen Vorschriften über die Pflicht zur Anordnung von Zulassungsbeschränkungen seien nur die Eckpunkte vom Verordungsgeber und vom Gesetzgeber beschrieben worden. Der Bereich dazwischen sei durch die Richtlinien entsprechend auszufüllen. Eine Kompentenzüberschreitung des Landesausschusses bzw. der Zulassungsinstanzen sei nicht ersichtlich, da der Beschluss des Landesausschusses eindeutig und ohne weiteres im Zulassungsverfahren umzusetzen sei.

Die Beigeladenen zu 6) und 7) führen zur Begründung ihrer Berufung aus, Nr.23 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte sei nicht rechtswidrig, sondern entspreche der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs.3 SGB V, wonach Zulassungsbeschränkungen aufzuheben seien, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen seien. Um den gesetzlichen Voraussetzungen des § 101 Satz 2 SGB V gerecht zu werden, sei es sinnvoll, den Aufhebungsbeschluß des Landesausschusses mit einer "Auflage" zu versehen, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürften, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten sei. Vorliegend habe deshalb nur ein weiterer Arzt zugelassen werden können. Da davon auszugehen sei, daß die beiden zeitlich vorrangigen Bewerber der Klägerin nicht willkürlich vorgezogen worden seien, bzw. daß diese die Voraussetzungen für eine Zulassung im Zeitpunkt der Antragstellung sämtlich erfüllten, sei der Antrag der Klägerin vom Beklagten zu Recht abgelehnt worden.

Der Beigeladene zu 8) trägt vor, das Urteil widerspreche der Sach- und Rechtslage. Die Urteilsgründe seien widersprüchlich, nicht nachvollziehbar und in der Praxis sei die vom Gericht vorgeschlagene Verfahrensweise nicht umsetzbar. Die vom Gericht aufgezeigten Handlungsanweisungen würden auch dem eigenverantwortlichen gesetzlich vorgegebenen Gestaltungsauftrag der Selbstverwaltung in unzulässiger Weise einengen. Das Sozialgericht verkenne vor allem die Bedeutung der autonomen Rechtsgestaltung der Selbstverwaltung und die Bindungswirkung von Selbstverwaltungsnormen für die Beteiligten. Die dem Beschluss vom 15. Mai 1995 beigefügte Nebenbestimmung entspreche Nr.23 des 4. Abschnittes der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. In den Gründen des Beschlusses sei darauf hingewiesen worden, daß sich unter Zugrundelegung der Daten zum Prüfungstermin 5. Mai 1995 in dem entsperrten Planungsbereich Augsburg Stadt ein zu besetzender Vertragsarztsitz ergebe. Rechtsgrundlage für die Auflage seien § 103 Abs.1 und 3, § 98 SGB V, § 16 b Abs.2 und 3 Ärzte-ZV. Danach sei es Aufgabe des Landesausschusses, von Amts wegen zu überprüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliege und spätestens nach jeweils sechs Monaten festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbeständen. Entfielen die Voraussetzungen, so habe der Landesausschuß mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben (§ 16 b Abs.3 Satz 2 Ärzte-ZV). Nur durch die Aufnahme einer Nebenbestimmung in dem Aufhebungsbeschluß könne letztlich sichergestellt werden, daß der Landesausschuß seiner Verpflichtung der ständigen Überprüfung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades sachgerecht nachkomme und bei Überversorgung mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse Zulassungsbeschränkungen wieder anordnen könne (§ 103 Abs.1 Abs.3 SGB V, § 16 Abs.2 Ärzte-ZV). Aufhebung der Zulassungssperre und Anordnung von Zulassungssperren stünden deshalb in einer wechselseitigen Beziehung. Nur durch die Aufnahme von Nebenbestimmungen lasse sich sicherstellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für entsprechende Anordnungen erfüllt werden könnten. Eine andere Betrachtungsweise stehe im Widerspruch zum Gesetzeszweck, weil die Aufhebung einer einmal angeordneten Zulassungssperre in der Praxis nicht mehr möglich wäre, solle ein uneingeschränkter Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung verhindert werden. Die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte hätten Normqualität und seien deshalb für den Landesausschuß verbindlich. Der Handlungsrahmen für Zulassungs- und Berufungsausschuß sei eindeutig abgesteckt, ein eigenständiger Entscheidungsspielraum für diese Gremien bestehe nicht. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht meine, daß Zuständigkeiten für die Feststellung, ob und wann eine Überversorgung vorliege, auf die Zulassungsgremien in unzulässiger Weise übertragen worden seien. Die getroffene Nebenbestimmung sei auch im übrigen nicht rechtswidrig. Sie beruhe auf gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, die hinreichend bestimmt seien und deren Inhalt, Zweck und Ausmaß insbesondere ausreichend umgrenzt seien. Der Bundesausschuß habe aus den gesetzlichen Bestimmungen den Handlungsrahmen für seine Richtlinienkompetenz klar entnehmen können. Absicht des Gesetzgebers sei, Überversorgung in einzelnen Planungsbereichen zu verhindern, um andererseits eine gleichmäßige, bedarfsgerechte Versorgung in nicht überversorgten Gebieten zu erreichen. Diese Verteilungssteuerung würde beseitigt werden, wenn bei Aufhebung einer Zulassungssperre zunächst ein uneingeschränkter Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung eröffnet werden solle. Da der Beschluss vom 15. Mai 1995 rechtmäßig sei und sich mit den normativen Vorgaben decke, bestehe keine Veranlassung, den entsprechenden Beschluss aufzuheben.

Die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin verweisen auf ihre Klagebegründung, mit der sich das Sozialgericht nur unzureichend auseinandergesetzt habe. Die in Nr.23 der Richtlinien vorgesehene Auflage zur Aufhebung der Zulassungssperre wäre nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber im Wege der Bedarfsplanung die prospektive Sperrung von Planungsbereichen für den Fall vorgesehen hätte, daß sich dort das "Ist" über ein gewolltes "Soll" hinaus entwickle. Dies sei aber nicht geschehen. Nach § 103 Abs.1 SGB V stellten die Landesausschüsse fest, "ob" eine Überversorgung vorliege, nicht "ab wann" sie in einem Planungsbereich für eine Arztgruppe gegeben sei oder wäre.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Vertreter der Beigeladenen zu 1), 2), 3) 4) und 8) beantragen,

in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 25.09.1996 die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Rein vorsorglich beantragen sie, die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Die Vertreter der Beigeladenen zu 5), 6) und 7) schließen sich den Anträgen der beigeladenen Berufungsführer an.

Der Prozeßbevollmächtige der Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 25.09.1996 zu verurteilen, die Klägerin auf ihren Widerspruch hin im Planungsbereich Augsburg Stadt als Hautärztin (Zusatzbezeichnung Allergologie) zur vertragsärztlichen Tätigkeit zuzulassen. Desweiteren beantragt er, die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 8) als unbegründet zurückzuweisen. Rein vorsorglich wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beantragt, die Revision zuzulassen.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie die Klageakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Klägerin, des Beklagten und der Beigeladenen zu 1), 2), 3) und 8) wurden form- und fristgerecht erhoben. Sie sind auch statthaft, da eine Beschränkung der Berufung nach § 144 Abs.1 SGG nicht vorliegt (§ 143 SGG). Die Berufung des Beigeladenen zu 4) ist zwar verfristet, aber als unselbständige Anschlußberufung zulässig. Dem Beigeladenen zu 4) wurde das Urteil des Sozialgerichts München am 15. November zugestellt, seine Berufung ging erst am 17. Dezember beim Bayer. Landessozialgericht ein. Da der 15. Dezember ein Sonntag war, lief die Frist zur Einlegung der Berufung bereits am 16. Dezember 1996 ab (§ 64 Abs.3 SGG).

Die Beigeladenen zu 1) bis 4) und 8) sind durch das Urteil des Sozialgerichts auch materiell beschwert.

Die Berufungen des Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 8) sind auch begründet, da der Bescheid des Beklagten vom 17. Januar 1996 - beschlossen am 12. Dezember 1995 - nicht zu beanstanden ist. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. September 1996 ist deshalb aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Berufung der Klägerin erweist sich demzufolge als unbegründet und ist zurückzuweisen.

Mit dem Beschluss des Beigeladenen zu 8) vom 15. Mai 1996 wurde die Zulassungssperre für den Planungsbereich Augsburg Stadt aufgehoben. Zugleich wurde gemäß Nr.23 des 4. Abschnittes der Bedarfsplanungs-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 9. März 1993 mit Änderung vom 17. Dezember 1993 (Bundesanzeige vom 18. Juni 1983, S.5564 Nr.110 a und vom 22. März 1994, S.2945) der Aufhebungsbeschluß des Beigeladenen zu 8) mit der Auflage versehen, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten sei und daß über die Anträge nach Maßgabe der Reihenfolge ihres Einganges beim Zulassungsausschuß zu entscheiden sei. In den Gründen seines Beschlusses legte der Beigeladene zu 8) auch dar, daß sich so für den Planungsbereich Augsburg Stadt nur eine zu besetzende Stelle für einen Dermatologen ergebe. Dieser Beschluss wurde im Bayerischen Ärzteblatt veröffentlicht. Die Festlegung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen durch den Beigeladenen zu 8) haben nach § 16 b der Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) idF vom 1. Januar 1994 verbindliche Wirkung für Zulassungsausschüsse. Da die Klägerin unstreitig ihren Zulassungsantrag vom 1. Juni 1996 erst nach Eingang von zwei weiteren vorhergehenden Zulassungsanträgen nach Öffnung des Planungsbereiches beim Zulassungsausschuß eingereicht hatte und der Zulassungsausschuß dem Zulassungsantrag, der an erster Stelle eingereicht worden war, bereits entsprochen hatte, wurde der Antrag der Klägerin vom Zulassungsausschuß zutreffend abgelehnt und der Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

Daß die Entscheidung des Beigeladenen zu 8) auf unzutreffendem Zahlenmaterial beruht und aus diesem Grunde die Zulassungssperre zu Unrecht nur partiell für eine Stelle aufgehoben wurde, wurde von der Klägerin nicht gerügt, Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Gegen die Zulassung des an erster Stelle stehenden Mitbewerbers hat die Klägerin keinen Rechtsbehelf eingelegt, so daß dessen Zulassung bestandskräftig und rechtswirksam ist.

Nr.23 der Bedarfsplanungsrichtlinien verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Nach § 103 Abs.1 SGB V hat der Beigeladene zu 8) nach den Vorschriften der Ärzte-ZV und unter Berücksichtigung der Bedarfsplanungs-Richtlinien des Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen, wenn er festgestellt hat, daß eine Überversorgung vorliegt. Nach § 103 Abs.3 SGB V hat er diese Zulassungsbeschränkungen aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind. Hinsichtlich der normativen Voraussetzungen zur Feststellung von Überversorgung hat der Gesetzgeber in § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.9 und in § 101 SGB V die Bundesausschüsse gemäß § 91 SGB V zum Erlaß von Richtlinien ermächtigt. Gegen die Übertragung der Befugnisse zur Normenkonkretisierung auf ein Gremium der gemeinsamen Verwaltung von Ärzten und Krankenkassen bestehen nach Auffassung des BSG (Urteil vom 19. März 1997, Az.: 6 RKa 43/96, Urteil vom 20. März 1996, Az.: 6 RKa 62/94, SozR 3-2500 § 92 Nr.6 = BSGE 78, 70, 74 ff.) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat teilt diese Auffassung und bejaht ebenfalls die Rechtsnormqualität der vom Bundesausschuß aufgrund gesetzlicher Ermächtigung erlassenen Richtlinien. Dies gilt auch hinsichtlich der Nr.23 des Abschnittes 4 der Bedarfsplanungs-Richtlinien, die die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen bei Wegfall einer zuvor festgestellten Überversorgung regelt und bestimmt, daß der Aufhebungsbeschluß mit der Auflage zu versehen ist, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist. Nicht zu beanstanden ist auch, daß die Auflage die Bestimmung zu enthalten hat, daß über die Anträge nach Maßgabe der Reihenfolge ihres Einganges beim Zulassungsausschuß zu entscheiden ist.

Wie der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 21. November 1995, Az.: L 12 B 211/95.Ka-VR (NZS 1996, 93 ff.) und 16. Dezember 1996, Az.: L 12 B 244/96.Ka-VR entschieden hat, verstoßen die räumlichen Zulassungsbeschränkungen bei vertragsärztlicher Überversorgungssituation nicht gegen Art.12 Abs.1 GG (siehe auch Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 1996, Az.: L 11 Ka 143/95, E-LSG Ka-039 und BSG, Urteile vom 2. Oktober 1996, Az.: 6 RKa 52/95, SozR 3-2500 § 103 Nr.1; vom 24. November 1993, Az.: 6 RKa 26/91, SozR 3-5520 Nr.1; vom 24. November 1993, Az.: 6 RKa 36/92, SozR 3-2500 § 98 Nr.3 und vom 18. Dezember 1996, Az.: 6 RKa 73/96). Es handelt sich hierbei um einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung, da die derzeitigen Regelungen der Zulassungsbeschränkung keine objektive Sperre für die Zulassung als Vertragsarzt bewirken, sondern lediglich die Wahl des Ortes für eine Vertragsarztzulassung einschränken, jedenfalls solange es noch nicht wegen Überversorgung gesperrte Gebiete gibt. Der Senat hat auch bereits in einem anderen Zusammenhang entschieden, daß es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einem Arzt zumutbar ist, eine vertragsärztliche Tätigkeit an einem anderen (nicht gesperrten) Ort aufzunehmen (Urteil des Senats vom 19. Juli 1995 - Az.: L 12 Ka 63/93, NZS 1996, 136). Dieser Eingriff in das Grundrecht des Art.12 Abs.1 GG ist durch übergeordnete Gemeinwohlbelange gerechtfertigt. Wie das BSG bereits in mehreren Entscheidungen (Urteile vom 24. November 1993 und vom 18. Dezember 1996 aaO) dargelegt hat, ist die Einschätzung des Gesetzgebers, steigende Arztzahlen führen zu einer medizinisch nicht indizierten Leistungsmengenausweitung und damit letztlich zu einer Gefährdung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht zu beanstanden.

Einschränkungen der Berufsausübung können jedoch nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (Art.12 Abs.1 Satz 2 GG). Es stellt sich deshalb die Frage, ob für die verfahrensrechtliche Regelung der Nr.23 des 4. Abschnittes der Bedarfsplanungs-Richtlinien eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung vorliegt. Durch diese Regelung wird das Recht eines Bewerbers auf Zulassung in einem Planungsbereich für den die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind (§ 103 Abs.3 SGB V und 16 b Abs.3 Satz 2 Ärzte ZV sowie § 19 Abs.1 Satz 2 Ärzte-ZV), erheblich eingeschränkt.

Es erfolgt nämlich nicht eine völlige Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen, sondern es ist lediglich eine partielle Aufhebung vorgesehen, nach der nur soviele Bewerber nach der Reihenfolge ihres Zulassungantrages beim Zulasungsausschuß zugelassen werden können, bis für die Arztgruppe erneut eine Überversorgung eingetreten ist. Bewerber, deren Zulassungsantrag nicht rechtzeitig eingereicht wurde, können bei Anwendung dieser Vorschrift nicht berücksichtigt werden, wenn aufgrund der zeitlich vorangehenden, zu berücksichtigenden Bewerbungen wieder eine Überversorgung eingetreten ist. Damit stellt diese Regelung einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

Nach der vom Bundesverfassungsgericht im Facharzturteil (BVerfGE 33, 125, 158) entwickelten Wesentlichkeitstheorie müssen derartige statusbildende Normen vom Gesetzgeber selbst getroffen werden und dürfen nicht untergesetzlichen Normgebern überlassen bleiben. Dies bedeutet aber nicht, daß sich die erforderlichen Vorgaben ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben müßten; es genügt, daß sie sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung (BVerfGE 82, 209, 224). Bei einer Prüfung der Regelung der Nr.23 des 4. Abschnittes der Bedarfsplanungs-Richtlinien anhand dieses Maßstabes kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß diese Vorschrift den Anforderungen genügt.

Das Verfahren zur Feststellung von Zulassungsbeschränkungen regelt das Gesetz in den §§ 103 und 104 SGB V abschließend. Dabei ist in § 103 Abs.1 Satz 2 bestimmt, daß bei Bestehen der Überversorgung der beigeladene Landesausschuß nach den Vorschriften der Ärzte-ZV und unter Berücksichtigung der Bedarfsplanungs-Richtlinien des Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen hat. Gemäß § 103 Abs.3 SGB V sind diese Zulassungsbeschränkungen wieder aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind. Die entsprechenden Ausführungsregelungen finden sich in § 16 b Abs.2 und Abs.3 Satz 2 der Ärzte-ZV, die gemäß § 98 Abs.1 Satz 1 SGB V das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderlichen Bedarfsplanung (§ 99 SGB V) und die Beschränkung vom BMG mit Zustimmung des Bundesrates als Rechtsverordnung erlassen worden (§ 98 Abs.1 Satz 2 SGB V). Der Landesausschuß hat dabei auch die Bedarfsplanungs-Richtlinien des Bundesausschusses (§§ 92 Abs.1 Satz 2 Nr.9, 101 SGB V und § 16 b Abs.1 Satz 2 Ärzte-ZV) zu beachten.

Wenn in der Nr.23 der Bedarfsplanungs-Richtlinien bestimmt ist, daß der nach 16 b Abs.3 Satz 2 Ärzte-ZV unverzüglich nach der Feststellung, daß Überversorgung nicht mehr besteht, zu erlassende Aufhebungsbescheid des Landesausschusses mit einer Auflage zu versehen ist, die sicherstellt, daß Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist, so ist diese Regelung mit dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und auch der Vorgeschichte der Regelung über Zulassungsbeschränkungen vereinbar. Sie widerspricht auch nicht dem Wortlaut der ermächtigenden Norm (§ 103 Abs.3 SGB V), da nach dem Sprachgebrauch das Wort "Aufhebung" auch eine teilweise "partielle" Aufhebung umfaßt. Aufhebung und Anordnung von Zulassungssperren stehen in einer wechselseitigen Beziehung. Nur durch eine zahlenmäßig beschränkte Aufhebung, einer partiellen Entsperrung, kann der Zweck, eine Überversorgung von mehr als 10% über dem bedarfsgerechten allgemeinen Versorgungsgrad (§ 101 Abs.2 SGB V) zu verhindern, erreicht werden. Bei einer unbedingten Aufhebung wäre nach § 19 Abs.1 Satz 2 Ärzte ZV allen Anträgen auf Zulassung, die die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, stattzugeben. Damit würde ein uneingeschränkter Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung in Planungsbereichen ermöglicht, bei denen nach der Zulassung von einem oder wenigen Ärzten bereits eine Überversorgung vorliegt. Da Zulassungsbeschränkungen zur Vermeidung von Überversorgung nur dann geboten, erforderlich und damit zulässig sind, wenn der allgemeine Versorgungsgrad um 10 v.H. überschritten ist, ist die unverzügliche Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen bei Wegfall der Voraussetzung einer Überversorgung aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, um den Eingriff in die Berufsfreiheit so gering wie möglich zu halten. Dies bedeutet aber nicht, daß nur eine völlige Aufhebung zulässig ist. Nach § 103 Abs.1 Satz 2 sind nämlich dann, wenn eine Überversorgung wieder vorliegt, Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Nur durch eine Begrenzung eines möglichen Umfanges von Neuzulassungen auf eine Zahl, die bis zum erneuten Eintritt von Überversorgungen "frei" sind, kann verhindert werden, daß bei Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen als Folge von § 19 Abs.1 Satz 2 Ärzte-ZV aufgrund einer Vielzahl von neugestellten Anträgen eine massive Überversorgung eintritt, bevor der Landesausschuß erneut Zulassungsbeschränkungen anordnen kann. Die vom Bundesausschuß in der Nr.23 des 4. Abschnittes der Bedarfsplanungs-Richtlinien getroffene Lösung entspricht in etwa auch der vom Gesetzgeber getroffenen Lösung in Art.33 § 3 Abs.2 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl.I, 1992 S.2331). Nach dieser Regelung konnte der Zulassungsausschuß über Zulassungsanträge, die nach dem 31. Januar 1993 gestellt wurden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs.1 Satz 1 SGB V getroffen hatte. Diese Anträge waren wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese noch nicht bei Antragstellung angeordnet waren. Damit kommt die Vorschrift des § 19 Abs.1 Satz 2 Ärzte-ZV nur dann zum Zug, wenn die Bedarfsplanung für die einzelnen Planungsbereiche bereits abgeschlossen ist und dabei festgestellt wurde, daß für einen bestimmten Planungsbereich eine Überversorgung nicht gegeben ist. Vor der erstmaligen Anordnung von Zulassungsbeschränkungen genießen Antragsteller den Schutz dieser Vorschrift. Ist jedoch in einem Planungsbereich eine Zulassungssperre nur deshalb aufzuheben, weil sich die der Bedarfsplanung zugrundeliegenden Zahlen, sei es die Zahl der Einwohner in dem Planungsbereich oder die Anzahl der zugelassenen Ärzte geändert hat, so ist es mit dem Wortlaut, dem Zweck und Sinn sowie der Vorgeschichte der Regelung von Zulassungsbeschränkungen zur Verhinderung einer Überversorgung vereinbar, wenn die notwendige Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen nur partiell für eine solche Anzahl von freien Arztsitzen erfolgt, die bis zum Eintritt einer neuen Überversorgung gegeben sind. Es ist dabei auch nicht zu beanstanden, daß über diese Anträge nach der Maßgabe der Reihenfolge ihres Einganges beim Zulassungsausschuß zu entscheiden ist und weitere Kriterien, wie sie etwa in § 103 Abs.4 SGB V angeführt sind, unbeachtlich bleiben. Auch die in § 103 Abs.5 SGB V angeführte Warteliste hat lediglich für die Nachbesetzung eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes gemäß § 103 Abs.4 SGB V eine Bedeutung. Für eine Zulassung nach einer (teilweisen) Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen können andere Kriterien, als die Reihenfolge des Eingangs der Zulassungsanträge beim Zulassungsausschuß keine Rolle spielen, weil die Zulassung dann wieder "frei" ist, d.h. keinen weiteren Beschränkungen mehr unterliegt.

Damit erweisen sich die Berufungen des Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 8) als begründet. Der Berufung der Klägerin konnte demzufolge nicht stattgegeben werden.

Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG entspricht dem jeweiligen Obsiegen der Berufungskläger.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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