Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RA 157/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 10/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Begriff des Arbeitsplatzes bei einem stelbständig Erwerbstätigen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19. November 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Bewilligung einer Kfz Hilfe hat.
Der am ...1953 geborene Kläger ist wegen einer seit Kindheit bestehenden Halbseitenlähmung rechts mit Verkürzung des rechten Beines um 3 cm und des rechten Armes um 2 cm als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung - GdB - von 80 v.H. unter Berücksichtigung einer erheblichen Gehbehinderung (Merkzeichen "G") anerkannt. Er hatte von Januar 1968 bis 31. Oktober 1991 eine abhängige Beschäftigung ausgeübt und von der Beklagten Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs - Kfz - erhalten (Bescheid vom 17. Oktober 1977).
Ab 1. November 1991 nahm er eine selbständige Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter bei einer Versicherung auf. Er hat zwischenzeitlich mehr als 180 Kalendermonate Beitragszeit zur Rentenversicherung erworben.
Am 27. November 1995 beantragte er bei der Beklagten Hilfe zur Anschaffung eines Kfz (BMW 525 td, Baujahr 1995) mit Zusatzausstattung, das er am 30. November 1995 kaufte. Durch diesen Wagen sollte der vorige, dessen Leasingvertrag ausgelaufen war, ersetzt werden.
Die Beklagte übernahm die Kosten für die behinderungsbedingten Zusatzausstattungen (Bescheid vom 23. Februar 1996) und lehnte den Antrag auf Hilfe zu den Anschaffungskosten des Kfz ab (Bescheid vom 27. Februar 1996). Der Kläger sei zwar zur Ausübung seines Berufes auf das Kfz angewiesen, nicht aber aus behinderungsbedingten Gründen. Eine Hilfe zum Kfz selbst könne deswegen nicht bewilligt werden.
Der Kläger legte am 25. März 1996 Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass er zur Erreichung des Arbeitsplatzes auf die Benützung eines Kfz angewiesen sei, da er öffentliche Verkehrsmittel aus gesundheitlichen Gründen nicht benützen könne. Er stützte seine Argumentation auf Atteste der Dr ... vom 23. Januar 1995, ergänzt am 25. März 1996 und 20. Juni 1996. In den Attesten ist bestätigt, der Kläger könne trotz seiner Behinderung weite Strecken gehen, brauche aber ein Fahrzeug im Außendienst, das seiner Behinderung angepaßt sei. Er könne öffentliche Verkehrsmittel nur mit erhöhtem Kraft- und Zeitaufwand benützen.
Mit Bescheid vom 24. Juli 1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies damit, dass der Kläger nach den medizinischen Feststelllungen zur Berufsausübung im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses nicht aus behinderungsbedingten Gründen auf ein Kfz angewiesen sei. Werde ein Kfz unabhängig von einer Behinderung zur Berufsausübung zwingend benötigt, bestehe kein Anspruch auf Förderung nach der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - KfzHV -.
Mit der am 23. August 1996 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er verwies darauf, dass gegenüber den Verhältnissen in den Jahren 1972 und 1977, in denen er einen Zuschuss zur Anschaffung des Kfz erhalten habe, eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eingetreten sei. Dass er nunmehr selbständig tätig sei, stehe seinem Anspruch nicht entgegen, da auch ein Selbständiger Anspruch auf Kfz-Hilfe habe. In der mündlichen Vehandlung ergänzte der Kläger sein Vorbringen dahin, dass er mehrmals in der Woche zur Direktion in Würzburg fahren müsse, wo ein Raum für die Außendienstmitarbeiter zur Verfügung stehe, so dass es sich durchaus um die Erreichung des Arbeitsplatzes handle. Da er ein Behinderter mit Merkzeichen "G" sei, sei nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-5765 § 3 Nr. 1) keine Prüfung darüber vorzunehmen, ob auch ohne die Behinderung die Notwendigkeit eines Kfz bestünde.
Die Beklagte vertrat die Ansicht, der in § 3 Abs 1 Nr 1 KfzHV normierte Grundsatz, dass der Behinderte allein wegen der Art und Schwere der Behinderung auf die Benutzung des Kfz angewiesen sein müsse, dürfe nicht ausser acht gelassen werden. Das zitierte Urteil des BSG betreffe eine andere Fallgestaltung; streitig sei die Frage gewesen, ob die Tatsache, dass wegen ungünstiger Verkehrsverhältnisse "sowieso" ein Kfz benützt werden müsse, eine Kfz-Hilfe ausschließe. Als selbständiger Versicherungsvertreter benötige der Kläger das Kfz nicht allein wegen seiner Behinderung, sondern von Berufs wegen. Das Erfordernis der Benutzung eines Kfz sei bei seinem Beruf betriebsbedingt. Was die frühere Bewilligung einer Kfz-Hilfe angehe, so habe es sich um einen anderen Sachverhalt gehandelt, da der Kläger damals beim Arbeitsamt Weiden beschäftigt gewesen sei.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 19. November 1998 die Klage ab. Der Kläger sei aus Behinderungsgründen weder zur Erreichung des Arbeitsplatzes, noch zur Ausübung seines Berufes auf ein Kfz angewiesen. Für einen selbständigen Außendienstmitarbeiter in einer Versicherung sei nicht die Filialdirektion sein Arbeitsplatz, auch wenn dort Besprechungen stattfänden. Sein Arbeitsplatz sei vielmehr das häusliche Arbeitszimmer. Zur Erreichung seines Arbeitsplatzes sei er nicht auf ein Kfz angewiesen. § 3 Abs 1 KfzHV sei nicht erfüllt. Der Kläger benötige das Kfz vielmehr für die Berufsausübung. Auch für diesen Fall könne nach § 3 Abs 3 KfzHV eine Hilfe zur Anschaffung gewährt werden. Der Kläger sei aber nicht infolge seiner Behinderung auf das Kfz angewiesen, es benötige vielmehr auch jeder nicht behinderte Außendienstmitarbeiter zur sachgemäßen Ausübung seines Berufes ein Auto. Abgesehen davon sei der Kläger bereits seit 1991 Außendienstmitarbeiter und auf diese Weise dauerhaft eingegliedert. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig.
Der Kläger legte am 12. Januar 1999 Berufung ein und trägt zur Begründung folgendes vor: Die Argumentation des Sozialgerichts, das häusliche Arbeitszimmer sei der Arbeitsplatz des Klägers, gehe fehl. Das Gericht übersehe die Vorschrift des § 3 Abs 4 KfzHV, wonach auch Selbständige die Kfz-Hilfe in Anspruch nehmen könnten. Diese Vorschrift liefe bei der vom Sozialgericht vorgenommenen Auslegung leer, da bei Selbständigen grundsätzlich das häusliche Arbeitszimmer bzw. der Wohnsitz der Schwerpunkt der Tätigkeit sei. Auch müsse der Kläger mehrmals wöchentlich die Direktion in Würzburg aufsuchen, in der ein eigener Raum für die Außendienstmitarbeiter eingerichtet sei. Ohne diese Besuche, Besprechungen etc. könne er seine Tätigkeit nicht ausführen. Der Kläger sei zwar durch seine Tätigkeit dauerhaft eingegliedert, dies wäre aber nicht mehr der Fall, wenn er auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen würde, deren Benutzung für ihn so gut wie ausgeschlossen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19. November 1998 sowie den Bescheid vom 27. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,dem Kläger Hilfe zu Anschaffungskosten eines Kfz zu gewähren.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt die Beklagte auf das Urteil des Sozialgericht Würzburg Bezug und hält ihr bisheriges Vorbringen aufrecht.
Dem Senat liegen vor die beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Würzburg sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ohne Zulassung statthafte, form und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte hat zurecht den Antrag des Klägers auf Kfz-Hilfe abgelehnt, da die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 und 3 KfzHV nicht vorliegen.
Nach § 9 Abs 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, - SGB VI - erbringt der Träger der Rentenversicherung medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit entgegen zu wirken oder sie zu überwinden. Die berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation umfassen insbesondere Leistungen zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes (§ 16 SGB VI). Diese Regelung wird durch die KfzHV ergänzt und konkretisiert.
Der Kläger erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer berufsfördernden Maßnahme. Er ist in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert und er hat die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt (§§ 9, 10 Abs 1 SGB VI). Für die Bewilligung einer Hilfe zur Beschaffung eines Kfz ist nach § 3 Abs 1 KfzHV Voraussetzung, dass der Behinderte infolge seiner Behinderung auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Dies ist beim Kläger nicht der Fall.
Nach § 3 Abs 4 KfzHV kann auch ein Selbständiger grundsätzlich Anspruch auf Kfz-Hilfe haben. Nicht die Tatsache, dass der Kläger selbständiger Außendienstmitarbeiter einer Versicherung ist, steht demnach seinem Begehren entgegen, sondern der Umstand, dass er nicht zur Erreichung des Arbeitsortes auf ein Kfz angewiesen ist. Zum Begriff des Arbeitsortes gehört eine feste örtliche, persönliche Zuordnung. Arbeitet ein Versicherter üblicherweise an verschiedenen, wechselnden Örtlichkeiten, sind nicht diese sein Arbeitsort, sein "Betrieb", sondern die Stelle, von der aus der Einsatz organisiert und abgewickelt wird. Dies ist im Falle des Klägers sein häusliches Büro. Von diesem aus erledigt er seine Kundenbesuche und auch die Besprechungen in der Direktion. Der Kläger trägt selbst nicht vor, dass er in der Direktion sein Büro und die eigene "Verwaltung" seiner Tätigkeit hat, sondern er verweist nur auf Besprechungen, die dort stattfinden. Er hat nicht angegeben, dass er an deren Sitz seine Büroarbeiten in einem für ihn reservierten und ausgestattetem Raum erledigt. Dass in der Direktion für die Außendienstmitarbeiter ein Zimmer vorhanden ist, besagt gerade, dass diese keine eigenen Büros haben. Denn dann wäre nicht ein Raum für alle vorgesehen.
Die Argumentation des Klägers, die Regelung des § 3 Abs 4 KfzHV, wonach Abs 1 und 3 auch für Selbständige gelten, laufe leer, wenn auf das häusliche Arbeitszimmer abgestellt werde, ist nicht überzeugend. Denn es ist entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht so, dass bei Selbständigen zwangsläufig die Wohnung der Arbeitsplatz sein muß. Auch ein Rechtsanwalt, Arzt, Einzelhändler, Handwerker usw kann eine von seiner Wohnung unterschiedliche Betriebsstätte haben, so dass die Frage der Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes bei Selbständigen durchaus eine Rolle spielen kann.
Dass der Kläger häufig Kunden besuchen muß, gründet keinen Arbeitsplatz ausserhalb seiner Wohnung. Denn es handelt sich bei den Besuchen der Kunden nur um einen vorübergehenden, ständig wechselnden Aufenthalt, der nicht an einem Ort festgemacht werden kann. Dies wäre aber für die Annahme eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 3 Abs 1 KfzHV erforderlich. Beim Aufsuchen der Kunden und der Teilnahme an Besprechungen befindet sich der Kläger nicht an seinem Arbeitsplatz, er übt vielmehr auf diese Weise seinen Beruf aus.
Benötigt ein Versicherter zur Berufsausübung ein Kfz, so wird nach § 3 Abs 3 KfzHV Kfz-Hilfe aber nicht bereits aus diesem Grund geleistet, sondern erst dann, wenn der Behinderte nur auf diese Weise dauerhaft wieder eingegliedert werden kann. Ob die Ansicht der Beklagten (vgl. auch GK-SGB VI § 16 Rdnr 47, VDR-Kommentar Anlage zu § 16 SGB VI, § 3 Rdnr 7) zutreffend ist, dass immer dann, wenn auch Nicht-Behinderte für die Ausübung der Tätigkeit eines Kfz bedurfen, eine Kfz-Hilfe nicht zu gewähren ist, erscheint im Hinblick auf das zu § 3 Abs 1 KfzHV ergangene Urteil des BSG in SozR 3-5765 § 3 Nr. 1 zweifelhaft (vgl. auch Niesel KassKomm § 3 KfzHV Rdnr 32).
Diese Frage kann aber im Falle des Klägers offen bleiben. Denn es ist die weitere Voraussetzung des § 3 Abs 3 KfzHV nicht erfüllt, wonach die Förderung nur möglich ist, wenn der Behinderte nur auf diese Weise dauerhaft beruflich eingegliedert werden kann. Daran fehlt es aber im Falle des Klägers.
Dieser hat bis November 1991 rund 20 Jahre abhängig (zuletzt beim Arbeitsamt) gearbeitet und war auf Dauer eingegliedert. Er hat dann aus eigener Entscheidung eine selbständige Tätigkeit aufgenommen, in der er wieder eingegliedert ist. Es kann bei diesem Sachverhalt nicht gesagt werden, dass nur die Ausübung des Berufs des Außendienstmitarbeiters einer Versicherung für eine berufliche Eingliederung in Betracht kommt. Dass der Kläger diese Tätigkeit bei Antragstellung schon 4 Jahre ausübte, ändert daran nichts. Zwar kann auch zur Erhaltung des Arbeitsplatzes Hilfe zur Beschaffung eines Kfz und gegebenenfalls eines Ersatz Kfz geleistet werden. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn eine Eingliederung notwendig war und dazu eine Kfz-Hilfe gewährt wurde oder hätte gewährt werden können. Wird bei einer solchen Gestaltung später erneut eine Kfz-Hilfe begehrt, steht diesem Antrag nicht entgegen, dass zwischenzeitlich eine Eingliederung des Versicherten stattgefunden hat. Konnte aber bereits von Eingliederung ausgegangen werden und wechselt der Versicherte von sich aus seinen Beruf, ohne dass für die neue Betätigung die Voraussetzungen der KfzHV vorlagen, kann ein späterer Antrag auf Kfz-Hilfe nicht damit begründet werden, dass nunmehr die Förderung der Erhaltung der Eingliederung dient. Es hätte sonst ein völlig eingegliederter Versicherter in der Hand, durch die Übernahme einer Arbeit, für die auf jeden Fall ein Kfz erforderlich ist, die Voraussetzungen für die Kfz-Hilfe, jedenfalls nach Ausübung der Tätigkeit für gewisse Zeit, zu schaffen. Der Antrag des Klägers scheitert demnach daran, dass er eingegliedert war und nicht nur durch die Übernahme der Außendiensttätigkeit bei der Versicherung eingegliedert werden konnte.
Dass der Kläger bereits früher eine Kfz-Hilfe erhalten hat, besagt zu den heutigen Voraussetzungen nichts. Der jetzige Antrag ist zum einen ohne Bindung an die frühere Gewährung zu prüfen und scheitert zum anderen nicht daran, dass die medizinischen Voraussetzungen verneint würden. Der Unterschied zum früheren Antrag ist, dass der Kläger damals für den Anmarschweg und nicht für die Berufsausübung das Kfz benötigte.
Es erscheint etwas unbefriedigend, dass der Kläger bei einer Arbeitsstelle, für deren Erreichung er ein Kfz benötigen würde, die Hilfe bekäme, sie ihm aber für die Berufsausübung verweigert wird. Der Grund ist aber darin zu sehen, dass der Gesetzgeber die Hilfe bei Arbeitsweg und Berufsausübung anders geregelt hat.
Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, ist darin begründet, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg bleibt.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Bewilligung einer Kfz Hilfe hat.
Der am ...1953 geborene Kläger ist wegen einer seit Kindheit bestehenden Halbseitenlähmung rechts mit Verkürzung des rechten Beines um 3 cm und des rechten Armes um 2 cm als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung - GdB - von 80 v.H. unter Berücksichtigung einer erheblichen Gehbehinderung (Merkzeichen "G") anerkannt. Er hatte von Januar 1968 bis 31. Oktober 1991 eine abhängige Beschäftigung ausgeübt und von der Beklagten Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs - Kfz - erhalten (Bescheid vom 17. Oktober 1977).
Ab 1. November 1991 nahm er eine selbständige Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter bei einer Versicherung auf. Er hat zwischenzeitlich mehr als 180 Kalendermonate Beitragszeit zur Rentenversicherung erworben.
Am 27. November 1995 beantragte er bei der Beklagten Hilfe zur Anschaffung eines Kfz (BMW 525 td, Baujahr 1995) mit Zusatzausstattung, das er am 30. November 1995 kaufte. Durch diesen Wagen sollte der vorige, dessen Leasingvertrag ausgelaufen war, ersetzt werden.
Die Beklagte übernahm die Kosten für die behinderungsbedingten Zusatzausstattungen (Bescheid vom 23. Februar 1996) und lehnte den Antrag auf Hilfe zu den Anschaffungskosten des Kfz ab (Bescheid vom 27. Februar 1996). Der Kläger sei zwar zur Ausübung seines Berufes auf das Kfz angewiesen, nicht aber aus behinderungsbedingten Gründen. Eine Hilfe zum Kfz selbst könne deswegen nicht bewilligt werden.
Der Kläger legte am 25. März 1996 Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass er zur Erreichung des Arbeitsplatzes auf die Benützung eines Kfz angewiesen sei, da er öffentliche Verkehrsmittel aus gesundheitlichen Gründen nicht benützen könne. Er stützte seine Argumentation auf Atteste der Dr ... vom 23. Januar 1995, ergänzt am 25. März 1996 und 20. Juni 1996. In den Attesten ist bestätigt, der Kläger könne trotz seiner Behinderung weite Strecken gehen, brauche aber ein Fahrzeug im Außendienst, das seiner Behinderung angepaßt sei. Er könne öffentliche Verkehrsmittel nur mit erhöhtem Kraft- und Zeitaufwand benützen.
Mit Bescheid vom 24. Juli 1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies damit, dass der Kläger nach den medizinischen Feststelllungen zur Berufsausübung im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses nicht aus behinderungsbedingten Gründen auf ein Kfz angewiesen sei. Werde ein Kfz unabhängig von einer Behinderung zur Berufsausübung zwingend benötigt, bestehe kein Anspruch auf Förderung nach der Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - KfzHV -.
Mit der am 23. August 1996 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er verwies darauf, dass gegenüber den Verhältnissen in den Jahren 1972 und 1977, in denen er einen Zuschuss zur Anschaffung des Kfz erhalten habe, eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eingetreten sei. Dass er nunmehr selbständig tätig sei, stehe seinem Anspruch nicht entgegen, da auch ein Selbständiger Anspruch auf Kfz-Hilfe habe. In der mündlichen Vehandlung ergänzte der Kläger sein Vorbringen dahin, dass er mehrmals in der Woche zur Direktion in Würzburg fahren müsse, wo ein Raum für die Außendienstmitarbeiter zur Verfügung stehe, so dass es sich durchaus um die Erreichung des Arbeitsplatzes handle. Da er ein Behinderter mit Merkzeichen "G" sei, sei nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-5765 § 3 Nr. 1) keine Prüfung darüber vorzunehmen, ob auch ohne die Behinderung die Notwendigkeit eines Kfz bestünde.
Die Beklagte vertrat die Ansicht, der in § 3 Abs 1 Nr 1 KfzHV normierte Grundsatz, dass der Behinderte allein wegen der Art und Schwere der Behinderung auf die Benutzung des Kfz angewiesen sein müsse, dürfe nicht ausser acht gelassen werden. Das zitierte Urteil des BSG betreffe eine andere Fallgestaltung; streitig sei die Frage gewesen, ob die Tatsache, dass wegen ungünstiger Verkehrsverhältnisse "sowieso" ein Kfz benützt werden müsse, eine Kfz-Hilfe ausschließe. Als selbständiger Versicherungsvertreter benötige der Kläger das Kfz nicht allein wegen seiner Behinderung, sondern von Berufs wegen. Das Erfordernis der Benutzung eines Kfz sei bei seinem Beruf betriebsbedingt. Was die frühere Bewilligung einer Kfz-Hilfe angehe, so habe es sich um einen anderen Sachverhalt gehandelt, da der Kläger damals beim Arbeitsamt Weiden beschäftigt gewesen sei.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 19. November 1998 die Klage ab. Der Kläger sei aus Behinderungsgründen weder zur Erreichung des Arbeitsplatzes, noch zur Ausübung seines Berufes auf ein Kfz angewiesen. Für einen selbständigen Außendienstmitarbeiter in einer Versicherung sei nicht die Filialdirektion sein Arbeitsplatz, auch wenn dort Besprechungen stattfänden. Sein Arbeitsplatz sei vielmehr das häusliche Arbeitszimmer. Zur Erreichung seines Arbeitsplatzes sei er nicht auf ein Kfz angewiesen. § 3 Abs 1 KfzHV sei nicht erfüllt. Der Kläger benötige das Kfz vielmehr für die Berufsausübung. Auch für diesen Fall könne nach § 3 Abs 3 KfzHV eine Hilfe zur Anschaffung gewährt werden. Der Kläger sei aber nicht infolge seiner Behinderung auf das Kfz angewiesen, es benötige vielmehr auch jeder nicht behinderte Außendienstmitarbeiter zur sachgemäßen Ausübung seines Berufes ein Auto. Abgesehen davon sei der Kläger bereits seit 1991 Außendienstmitarbeiter und auf diese Weise dauerhaft eingegliedert. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig.
Der Kläger legte am 12. Januar 1999 Berufung ein und trägt zur Begründung folgendes vor: Die Argumentation des Sozialgerichts, das häusliche Arbeitszimmer sei der Arbeitsplatz des Klägers, gehe fehl. Das Gericht übersehe die Vorschrift des § 3 Abs 4 KfzHV, wonach auch Selbständige die Kfz-Hilfe in Anspruch nehmen könnten. Diese Vorschrift liefe bei der vom Sozialgericht vorgenommenen Auslegung leer, da bei Selbständigen grundsätzlich das häusliche Arbeitszimmer bzw. der Wohnsitz der Schwerpunkt der Tätigkeit sei. Auch müsse der Kläger mehrmals wöchentlich die Direktion in Würzburg aufsuchen, in der ein eigener Raum für die Außendienstmitarbeiter eingerichtet sei. Ohne diese Besuche, Besprechungen etc. könne er seine Tätigkeit nicht ausführen. Der Kläger sei zwar durch seine Tätigkeit dauerhaft eingegliedert, dies wäre aber nicht mehr der Fall, wenn er auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen würde, deren Benutzung für ihn so gut wie ausgeschlossen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19. November 1998 sowie den Bescheid vom 27. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,dem Kläger Hilfe zu Anschaffungskosten eines Kfz zu gewähren.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt die Beklagte auf das Urteil des Sozialgericht Würzburg Bezug und hält ihr bisheriges Vorbringen aufrecht.
Dem Senat liegen vor die beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts Würzburg sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ohne Zulassung statthafte, form und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte hat zurecht den Antrag des Klägers auf Kfz-Hilfe abgelehnt, da die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 und 3 KfzHV nicht vorliegen.
Nach § 9 Abs 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, - SGB VI - erbringt der Träger der Rentenversicherung medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit entgegen zu wirken oder sie zu überwinden. Die berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation umfassen insbesondere Leistungen zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes (§ 16 SGB VI). Diese Regelung wird durch die KfzHV ergänzt und konkretisiert.
Der Kläger erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer berufsfördernden Maßnahme. Er ist in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert und er hat die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt (§§ 9, 10 Abs 1 SGB VI). Für die Bewilligung einer Hilfe zur Beschaffung eines Kfz ist nach § 3 Abs 1 KfzHV Voraussetzung, dass der Behinderte infolge seiner Behinderung auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Dies ist beim Kläger nicht der Fall.
Nach § 3 Abs 4 KfzHV kann auch ein Selbständiger grundsätzlich Anspruch auf Kfz-Hilfe haben. Nicht die Tatsache, dass der Kläger selbständiger Außendienstmitarbeiter einer Versicherung ist, steht demnach seinem Begehren entgegen, sondern der Umstand, dass er nicht zur Erreichung des Arbeitsortes auf ein Kfz angewiesen ist. Zum Begriff des Arbeitsortes gehört eine feste örtliche, persönliche Zuordnung. Arbeitet ein Versicherter üblicherweise an verschiedenen, wechselnden Örtlichkeiten, sind nicht diese sein Arbeitsort, sein "Betrieb", sondern die Stelle, von der aus der Einsatz organisiert und abgewickelt wird. Dies ist im Falle des Klägers sein häusliches Büro. Von diesem aus erledigt er seine Kundenbesuche und auch die Besprechungen in der Direktion. Der Kläger trägt selbst nicht vor, dass er in der Direktion sein Büro und die eigene "Verwaltung" seiner Tätigkeit hat, sondern er verweist nur auf Besprechungen, die dort stattfinden. Er hat nicht angegeben, dass er an deren Sitz seine Büroarbeiten in einem für ihn reservierten und ausgestattetem Raum erledigt. Dass in der Direktion für die Außendienstmitarbeiter ein Zimmer vorhanden ist, besagt gerade, dass diese keine eigenen Büros haben. Denn dann wäre nicht ein Raum für alle vorgesehen.
Die Argumentation des Klägers, die Regelung des § 3 Abs 4 KfzHV, wonach Abs 1 und 3 auch für Selbständige gelten, laufe leer, wenn auf das häusliche Arbeitszimmer abgestellt werde, ist nicht überzeugend. Denn es ist entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht so, dass bei Selbständigen zwangsläufig die Wohnung der Arbeitsplatz sein muß. Auch ein Rechtsanwalt, Arzt, Einzelhändler, Handwerker usw kann eine von seiner Wohnung unterschiedliche Betriebsstätte haben, so dass die Frage der Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes bei Selbständigen durchaus eine Rolle spielen kann.
Dass der Kläger häufig Kunden besuchen muß, gründet keinen Arbeitsplatz ausserhalb seiner Wohnung. Denn es handelt sich bei den Besuchen der Kunden nur um einen vorübergehenden, ständig wechselnden Aufenthalt, der nicht an einem Ort festgemacht werden kann. Dies wäre aber für die Annahme eines Arbeitsplatzes im Sinne des § 3 Abs 1 KfzHV erforderlich. Beim Aufsuchen der Kunden und der Teilnahme an Besprechungen befindet sich der Kläger nicht an seinem Arbeitsplatz, er übt vielmehr auf diese Weise seinen Beruf aus.
Benötigt ein Versicherter zur Berufsausübung ein Kfz, so wird nach § 3 Abs 3 KfzHV Kfz-Hilfe aber nicht bereits aus diesem Grund geleistet, sondern erst dann, wenn der Behinderte nur auf diese Weise dauerhaft wieder eingegliedert werden kann. Ob die Ansicht der Beklagten (vgl. auch GK-SGB VI § 16 Rdnr 47, VDR-Kommentar Anlage zu § 16 SGB VI, § 3 Rdnr 7) zutreffend ist, dass immer dann, wenn auch Nicht-Behinderte für die Ausübung der Tätigkeit eines Kfz bedurfen, eine Kfz-Hilfe nicht zu gewähren ist, erscheint im Hinblick auf das zu § 3 Abs 1 KfzHV ergangene Urteil des BSG in SozR 3-5765 § 3 Nr. 1 zweifelhaft (vgl. auch Niesel KassKomm § 3 KfzHV Rdnr 32).
Diese Frage kann aber im Falle des Klägers offen bleiben. Denn es ist die weitere Voraussetzung des § 3 Abs 3 KfzHV nicht erfüllt, wonach die Förderung nur möglich ist, wenn der Behinderte nur auf diese Weise dauerhaft beruflich eingegliedert werden kann. Daran fehlt es aber im Falle des Klägers.
Dieser hat bis November 1991 rund 20 Jahre abhängig (zuletzt beim Arbeitsamt) gearbeitet und war auf Dauer eingegliedert. Er hat dann aus eigener Entscheidung eine selbständige Tätigkeit aufgenommen, in der er wieder eingegliedert ist. Es kann bei diesem Sachverhalt nicht gesagt werden, dass nur die Ausübung des Berufs des Außendienstmitarbeiters einer Versicherung für eine berufliche Eingliederung in Betracht kommt. Dass der Kläger diese Tätigkeit bei Antragstellung schon 4 Jahre ausübte, ändert daran nichts. Zwar kann auch zur Erhaltung des Arbeitsplatzes Hilfe zur Beschaffung eines Kfz und gegebenenfalls eines Ersatz Kfz geleistet werden. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn eine Eingliederung notwendig war und dazu eine Kfz-Hilfe gewährt wurde oder hätte gewährt werden können. Wird bei einer solchen Gestaltung später erneut eine Kfz-Hilfe begehrt, steht diesem Antrag nicht entgegen, dass zwischenzeitlich eine Eingliederung des Versicherten stattgefunden hat. Konnte aber bereits von Eingliederung ausgegangen werden und wechselt der Versicherte von sich aus seinen Beruf, ohne dass für die neue Betätigung die Voraussetzungen der KfzHV vorlagen, kann ein späterer Antrag auf Kfz-Hilfe nicht damit begründet werden, dass nunmehr die Förderung der Erhaltung der Eingliederung dient. Es hätte sonst ein völlig eingegliederter Versicherter in der Hand, durch die Übernahme einer Arbeit, für die auf jeden Fall ein Kfz erforderlich ist, die Voraussetzungen für die Kfz-Hilfe, jedenfalls nach Ausübung der Tätigkeit für gewisse Zeit, zu schaffen. Der Antrag des Klägers scheitert demnach daran, dass er eingegliedert war und nicht nur durch die Übernahme der Außendiensttätigkeit bei der Versicherung eingegliedert werden konnte.
Dass der Kläger bereits früher eine Kfz-Hilfe erhalten hat, besagt zu den heutigen Voraussetzungen nichts. Der jetzige Antrag ist zum einen ohne Bindung an die frühere Gewährung zu prüfen und scheitert zum anderen nicht daran, dass die medizinischen Voraussetzungen verneint würden. Der Unterschied zum früheren Antrag ist, dass der Kläger damals für den Anmarschweg und nicht für die Berufsausübung das Kfz benötigte.
Es erscheint etwas unbefriedigend, dass der Kläger bei einer Arbeitsstelle, für deren Erreichung er ein Kfz benötigen würde, die Hilfe bekäme, sie ihm aber für die Berufsausübung verweigert wird. Der Grund ist aber darin zu sehen, dass der Gesetzgeber die Hilfe bei Arbeitsweg und Berufsausübung anders geregelt hat.
Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, ist darin begründet, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg bleibt.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
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