Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 819/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 258/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.11.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie als Vorfrage die Wirksamkeit einer Klagerücknahme streitig.
Mit Bescheid vom 26.11.1999 hatte die Beklagte den Antrag der am 1972 geborenen Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt, da sie noch in der Lage sei, als Mitarbeiterin im Empfang oder in einer Informationsstelle öffentlicher Verwaltungen oder vergleichbarer Institutionen vollschichtig tätig zu sein. Den hiergegen eingelegten Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2000 zurückgewiesen. Im darauffolgenden Klageverfahren beim Sozialgericht München holte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie eine Auskunft des letzten Arbeitgebers der Klägerin ein. Ferner erholte es ein internistisches Gutachten des Dr.E. vom 27.12.2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18.02.2001, worin zusammenfassend ausgeführt wurde, leichte bis kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen und im Wechsel könne die Klägerin noch vollschichtig ausüben. Tätigkeiten dauerhaft im Freien sollten ebenso vermieden werden wie das Heben und Tragen von schweren Lasten, häufiges Bücken und Zwangshaltungen. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem Treppensteigen und an gefährdenden Maschinen. Zu vermeiden seien auch Tätigkeiten im Akkord, in Wechsel- und in Nachtschicht.
In der Sitzungsniederschrift über den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.06.2001 ist festgehalten, dass das Gericht der Klägerin dringend riet, sich um berufliche Wiedereingliederung zu bemühen, wobei mit dem Rehaberater der BfA abgeklärt werden solle, welche Umschulungsmaßnahmen in Betracht kämen. Die Klägerin stellte daraufhin einen Antrag auf Gewährung beruflicher Rehamaßnahmen. Bezüglich einer medizinischen Rehamaßnahme werde sie sich zunächst mit ihrem behandelnden Arzt in Verbindung setzen. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärte dann die Klägerin: "Ich nehme die Klage zurück". Diese Erklärung wurde ihr vorgelesen und von ihr genehmigt.
Mit Schreiben vom 10.07.2001 erklärte die Klägerin, sie nehme die Klage nicht zurück, weil sie sich bei der mündlichen Verhandlung durch die Umstände im Gericht zu einer Rücknahme ihrer Klage gezwungen gefühlt habe. Dem Gericht sei bekannt gewesen, dass sie von Natur aus schüchtern, scheu und zurückhaltend sei. Aus diesem Grunde habe sie ihren Vater bevollmächtigt, sie bei der Verhandlung zu vertreten bzw. ihr zur Seite zu stehen. Als ihr Vater dem Gericht diese Tatsache habe bekanntgeben wollen, sei er von der Richterin mehrmals barsch unterbrochen worden. Er habe vor Gericht nicht zu sprechen. Obwohl sie fast alle Befunde und Behauptungen des Gutachters Dr.E. habe widerlegen können, habe das Gericht darauf und auf ihren tatsächlichen Gesundheitszustand keine Rücksicht genommen. Sie halte die Richterin in Bezug auf ihre Person für befangen.
Mit Beschluss vom 10.09.2001 hat der 5. Senat des BayLSG den Befangenheitsantrag als unbegründet abgelehnt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 15.11.2001 festgestellt, dass die Klage zurückgenommen und der Rechtsstreit hierdurch in der Hauptsache erledigt ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die von der Klägerin nunmehr geltend gemachte Anfechtung der Klagerücknahme sei nicht möglich; es handle sich um eine Prozesshandlung, die grundsätzlich nicht widerrufen oder angefochten werden könne.
Dagegen legte die Klägerin zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Berufung ein und führte zur Begründung im Wesentlichen an, das Gutachten des Dr.E. spreche gegen die Aussagen ihrer Ärzte.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.11.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2000 zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß den §§ 151, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch sachlich unbegründet.
Das Sozialgericht hat in der mit der Berufung angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt ist.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht München am 13.06.2001 die am 02.08.2000 erhobene Klage zurückgenommen. Diese Erklärung wurde ordnungsgemäß protokolliert, vorgelesen und von der Klägerin genehmigt (§ 122 SGG i.V.m. §§ 159, 160, 162, 163 Zivilprozessordnung - ZPO -). Damit ist die Klage wirksam zurückgenommen worden mit der Folge, dass der Rechtsstreit gemäß § 102 Satz 2 SGG in der Hauptsache erledigt ist.
Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung kann weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6.Aufl., Rn.7 c zu § 102; BSG in SozR 1500 Nr.2 zu § 102). Was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung konkret veranlasst hat, die Klage zurückzunehmen, ist dabei ohne Bedeutung. Soweit die Klägerin die Vorgänge in der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2001 rügt und gegen die Richterin Befangenheitsgründe geltend macht, hat sich der 5. Senat des BayLSG in seinem Beschluss vom 10.09.2001 hiermit ausführlich auseinandergesetzt und die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit als unbegründet erachtet.
Das durch Klagerücknahme rechtskräftig beendete Verfahren könnte nur entsprechend den Bestimmungen des Vierten Buchs der ZPO (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79 -). Die jeweils dort näher beschriebenen Voraussetzungen, wie z.B. falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, falsches Zeugnis oder Gutachten von Zeugen oder Sachverständigen, Urteilserschleichung, strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters oder das Auffinden einer bisher unbekannten Urkunde, sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts kann somit keinen Erfolg haben, weshalb sie als unbegründet zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, beruht auf der Erwägung, dass das Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg hat.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie als Vorfrage die Wirksamkeit einer Klagerücknahme streitig.
Mit Bescheid vom 26.11.1999 hatte die Beklagte den Antrag der am 1972 geborenen Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt, da sie noch in der Lage sei, als Mitarbeiterin im Empfang oder in einer Informationsstelle öffentlicher Verwaltungen oder vergleichbarer Institutionen vollschichtig tätig zu sein. Den hiergegen eingelegten Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2000 zurückgewiesen. Im darauffolgenden Klageverfahren beim Sozialgericht München holte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie eine Auskunft des letzten Arbeitgebers der Klägerin ein. Ferner erholte es ein internistisches Gutachten des Dr.E. vom 27.12.2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18.02.2001, worin zusammenfassend ausgeführt wurde, leichte bis kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen und im Wechsel könne die Klägerin noch vollschichtig ausüben. Tätigkeiten dauerhaft im Freien sollten ebenso vermieden werden wie das Heben und Tragen von schweren Lasten, häufiges Bücken und Zwangshaltungen. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem Treppensteigen und an gefährdenden Maschinen. Zu vermeiden seien auch Tätigkeiten im Akkord, in Wechsel- und in Nachtschicht.
In der Sitzungsniederschrift über den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.06.2001 ist festgehalten, dass das Gericht der Klägerin dringend riet, sich um berufliche Wiedereingliederung zu bemühen, wobei mit dem Rehaberater der BfA abgeklärt werden solle, welche Umschulungsmaßnahmen in Betracht kämen. Die Klägerin stellte daraufhin einen Antrag auf Gewährung beruflicher Rehamaßnahmen. Bezüglich einer medizinischen Rehamaßnahme werde sie sich zunächst mit ihrem behandelnden Arzt in Verbindung setzen. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärte dann die Klägerin: "Ich nehme die Klage zurück". Diese Erklärung wurde ihr vorgelesen und von ihr genehmigt.
Mit Schreiben vom 10.07.2001 erklärte die Klägerin, sie nehme die Klage nicht zurück, weil sie sich bei der mündlichen Verhandlung durch die Umstände im Gericht zu einer Rücknahme ihrer Klage gezwungen gefühlt habe. Dem Gericht sei bekannt gewesen, dass sie von Natur aus schüchtern, scheu und zurückhaltend sei. Aus diesem Grunde habe sie ihren Vater bevollmächtigt, sie bei der Verhandlung zu vertreten bzw. ihr zur Seite zu stehen. Als ihr Vater dem Gericht diese Tatsache habe bekanntgeben wollen, sei er von der Richterin mehrmals barsch unterbrochen worden. Er habe vor Gericht nicht zu sprechen. Obwohl sie fast alle Befunde und Behauptungen des Gutachters Dr.E. habe widerlegen können, habe das Gericht darauf und auf ihren tatsächlichen Gesundheitszustand keine Rücksicht genommen. Sie halte die Richterin in Bezug auf ihre Person für befangen.
Mit Beschluss vom 10.09.2001 hat der 5. Senat des BayLSG den Befangenheitsantrag als unbegründet abgelehnt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 15.11.2001 festgestellt, dass die Klage zurückgenommen und der Rechtsstreit hierdurch in der Hauptsache erledigt ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die von der Klägerin nunmehr geltend gemachte Anfechtung der Klagerücknahme sei nicht möglich; es handle sich um eine Prozesshandlung, die grundsätzlich nicht widerrufen oder angefochten werden könne.
Dagegen legte die Klägerin zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Berufung ein und führte zur Begründung im Wesentlichen an, das Gutachten des Dr.E. spreche gegen die Aussagen ihrer Ärzte.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.11.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2000 zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß den §§ 151, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch sachlich unbegründet.
Das Sozialgericht hat in der mit der Berufung angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt ist.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht München am 13.06.2001 die am 02.08.2000 erhobene Klage zurückgenommen. Diese Erklärung wurde ordnungsgemäß protokolliert, vorgelesen und von der Klägerin genehmigt (§ 122 SGG i.V.m. §§ 159, 160, 162, 163 Zivilprozessordnung - ZPO -). Damit ist die Klage wirksam zurückgenommen worden mit der Folge, dass der Rechtsstreit gemäß § 102 Satz 2 SGG in der Hauptsache erledigt ist.
Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung kann weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6.Aufl., Rn.7 c zu § 102; BSG in SozR 1500 Nr.2 zu § 102). Was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung konkret veranlasst hat, die Klage zurückzunehmen, ist dabei ohne Bedeutung. Soweit die Klägerin die Vorgänge in der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2001 rügt und gegen die Richterin Befangenheitsgründe geltend macht, hat sich der 5. Senat des BayLSG in seinem Beschluss vom 10.09.2001 hiermit ausführlich auseinandergesetzt und die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit als unbegründet erachtet.
Das durch Klagerücknahme rechtskräftig beendete Verfahren könnte nur entsprechend den Bestimmungen des Vierten Buchs der ZPO (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79 -). Die jeweils dort näher beschriebenen Voraussetzungen, wie z.B. falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, falsches Zeugnis oder Gutachten von Zeugen oder Sachverständigen, Urteilserschleichung, strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters oder das Auffinden einer bisher unbekannten Urkunde, sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts kann somit keinen Erfolg haben, weshalb sie als unbegründet zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, beruht auf der Erwägung, dass das Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg hat.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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