L 1 RA 34/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 102/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 34/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Berufungsrücknahme vom 04.12.2000 erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Wirksamkeit einer Berufungsrücknahme streitig.

Mit Bescheid vom 18.07.1996 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 16.05.1995 ab, da dieser noch in der Lage sei, im bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.1997 zurück. Das Sozialgericht Regensburg wies die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 12.10.1998 ab, da der Kläger nach den eingeholten nervenärztlichen und internistischen Gutachten ihm zumutbare Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten könne.

Dagegen ließ der Kläger durch seinen bevollmächtigten Onkel Berufung einlegen. Auf Antrag des Klägers bewilligte der Senat für das Verfahren vor dem Bayer. Landessozialgericht Prozesskostenhilfe und ordnete dem Kläger Rechtsanwalt Prof.Dr.S. bei. Dieser bestellte sich zum Bevollmächtigten und legte eine vom Kläger am 17.03.1999 unterschriebene Prozessvollmacht vor. Nach Einholung eines orthopädischen und eines internistischen Gutachtens nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 02.12.2000, beim Bayer. Landessozialgericht am 04.12.2000 eingegangen, die Berufung zurück.

Am 06.02.2001 legte der Onkel des Klägers als dessen Bevollmächtigter Beschwerde gegen die durch Rechtsanwalt Prof. Dr.S. erfolgte Rücknahme der Berufung ein und beantragte einen gerichtlichen Entscheid nach Aktenlage. Die Berufungsrücknahme sei durch den Rechtsanwalt eigenmächtig erfolgt, ohne die entsprechende Legitimation des Klägers dazu zu haben.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 12.10.1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.1997 zu verurteilen, ihm auf den Antrag vom 16.05.1995 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger eingelegte Berufung war zwar gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, der Rechtstreit ist jedoch durch die Berufungsrücknahme im Schriftsatz vom 02.12. 2000, eingegangen am 04.12.2000, in der Hauptsache erledigt. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 12.10.1998 ist somit rechtskräftig.

Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete und vom Kläger ordnungsgemäß bevollmächtigte Vertreter, Rechtsanwalt Prof. Dr.S. , hat mit Schriftsatz vom 02.12.2000 die Berufung zurückgenommen. Diese schriftliche Berufungsrücknahme wurde mit Zugang des Schriftsatzes bei Gericht am 04.12.2000 wirksam (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, Rdnr.2 zu § 156). Diese wirksame Zurücknahme der Berufung bewirkt gemäß § 156 Abs.2 SGG den endgültigen Verlust des Rechtsmittels mit der Folge, dass keine Sachentscheidung mehr ergehen kann (BSGE 14, 138; 19, 120).

Die vom Bevollmächtigten des Klägers in dessen Namen abgegebene Erklärung kann weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., Rdn.7 zu § 102, Rdn.2 zu § 156; BSG in SozR 1500 Nr.2 zu § 102). Die Rücknahmeerklärung kann insbesondere nicht mit der Begründung angefochten werden, die vom Bevollmächtigten abgegebene Erklärung habe nicht dem Willen des Klägers entsprochen bzw. sei gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Klägers abgegeben worden. Die vom Kläger erteilte Vollmacht ermächtigte vielmehr gemäß § 81 Zivilprozessordnung (ZPO) den Bevollmächtigten zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, wozu auch die Rechtsmittelrücknahme gehört. Dies ist in der Vollmachtsurkunde vom 17.03.1999 auch ausdrücklich so aufgeführt. Solange die Prozessvollmacht besteht, muss der Kläger alle Handlungen und Erklärungen im Rahmen dieser Vollmacht für und gegen sich gelten lassen. Nach erfolgter Bevollmächtigung könnte die erteilte Prozessvollmacht nur durch ausdrückliche, unzweideutige Erklärung (Prozesshandlung), die mit Zugang an den Prozessgegner auch dem Gericht gegenüber wirksam würde, beschränkt werden (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 21. Aufl., Rdn.1 zu § 83).

Das durch Berufungsrücknahme rechtskräftige beendete Verfahren könnte nur entsprechend den Bestimmungen des Vierten Buches der ZPO (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79). Die jeweils dort näher beschriebenen Voraussetzungen, wie z.B. falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, falsches Zeugnis oder Gutachten von Zeugen oder Sachverständigen, Urteilserschleichung, strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters oder das Auffinden einer bisher unbekannten Urkunde, sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt.

Es ist somit festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung seit 04.12.2000 erledigt ist (vgl. Meyer- Ladewig, Rdn.6 zu § 156 SGG).

Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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