Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 5084/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 118/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Mit Bescheid vom 04.08.1982 hatte der am 1940 geborene Kläger in der Zeit vom 17.06. bis 31.12.1982 Rente wegen Berufsunfähigkeit erhalten. Zugrunde lagen Folgeerscheinungen eines zweimal operierten Bandscheibenvorfalls im unteren Lendenwirbelsäulenbereich mit rechtsseitiger Ischias- und Meniskusschädigung.
Anschließend hatte der Kläger drei erfolglose Rentenverfahren betrieben. So sind seine Klagen mit Urteilen des Sozialgerichts Augsburg (SG) vom 26. Januar 1984, 28. Januar 1986 und 29. November 1988 abgewiesen worden.
Zwischenzeitlich erhält der Kläger Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahrs für schwerbehinderte Versicherte von monatlich 789,58 DM (Bescheid vom 9. Januar 2001).
Nunmehr ist aufgrund eines Antrags vom 12.04.1996 der Bescheid vom 01.10.1996/Widerspruchsbescheid vom 20.10.1997 im Streit, mit welchem die Beklagte Rente trotz Vorliegens eines chronisch-rezidivierenden Schmerzsyndroms der Hals- und Lendenwirbelsäule, eines symptomatischen cerebralen Anfallsleidens und einer Neigung zu depressiven Verstimmungszuständen ablehnte. Der Kläger könne dennoch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Die Beklagte stützte sich auf Gutachten des Orthopäden Dr.S. vom 25.09.1997 und des Internisten Dr.K. vom 10.09.1996.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben und sich auf seinen von den Ärzten Dres.Z. und K. festgestellten schlechten Gesundheitszustand und auch ein seit 1992 bestehendes Anfallsleiden berufen.
Das SG hat ein Gutachten beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof.Dr.Dr.W. vom 12.10.1998 eingeholt. Dieser nimmt insbesondere zu der festgestellten somatoformen Schmerzstörung ausführlich Stellung und stellt dazu eine Indizienliste zur quantitativen Beurteilung (Liste nach Widder und Aschoff) auf. Zusammenfassend stellt der Sachverständige folgende Diagnosen: 1. Chronisches Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Cervikal- und Lumbalbeschwerden, derzeit keine segmentalen Wurzelreizerscheinungen, keine neurologischen Ausfälle. 2. Cerebrales Anfallsleiden mit komplex-fokalen Anfällen. 3. Reizzustand rechtes Schultergelenk. 4. Epicondylitis humero radialis beidseits.
Eine wesentliche zeitlich leistungsmindernde Einschränkung sieht der Sachverständige dadurch aber nicht. Das Anfallsleiden beeinträchtige die Einsatzfähigkeit an laufenden Maschinen oder an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefährdung, erhöhtem Absturzrisiko und Schichtarbeit.
Auf Antrag des Klägers hat der behandelnde Orthopäde Dr.K. am 12. Januar 2000 ein Gutachten erstattet. Dieser diagnostiziert neben orthopädischen Leiden (lumbales Pseudoradikulärsyndrom, chronisches HWS-Syndrom, Impingementsyndrom beider Schultergelenke, Epikondylitis humeri radialis beidseits, residuelle Hüftgelenksdysplasie links, Meniskopathie rechts medial und chronischer Reizzustand beider oberen Sprunggelenke) das bekannte cerebrale Anfallsleiden mit komplex-fokalen Anfällen. Der Kläger sei nurmehr für 2 bis 4 Stunden arbeitsfähig. Diese Einschränkung resultiere aus einer Kombination von belastungsbedingter Schmerzverstärkung im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, des Schultergürtels, aus dem gleichzeitig bestehenden Schwindelgefühl, Unsicherheitsgefühl, Einschränkung der Hirnleistungsfähigkeit und Gedächtnisstörung. Das Zusammenspiel dieser Faktoren bedinge, dass der Kläger auch für leichte Tätigkeiten nicht ausreichend belastbar sei.
Die Beklagte hat dazu eine Stellungnahme ihrer Beratungsärztin Dr.N. vom 04.05.2000 und 19.10.2000 sowie eine zusätzliche orthopädische Stellungnahme durch Dr.G. vom 27.09.2000 abgegeben.
Durch Urteil vom 17. Januar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger, der keinen Berufsschutz genieße, sei zu vollschichtiger Leistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt befähigt und damit nicht erwerbsunfähig. Zu diesem Schluss sei das SG aufgrund der im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren erstellten Gutachten gelangt. Dem beeinträchtigten Gesundheitszustand werde hinreichend durch Beachtung der festgestellten qualitativen Einschränkungen Rechnung getragen. Das Gutachten des Orthopäden Dr.K. sei nicht schlüssig und könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Dr.K. stütze seine Feststellungen zum Leistungsvermögen im wesentlichen auf neurologische Befunde, die bereits Prof.Dr.Dr.W. erhoben und bei seiner Einschätzung berücksichtigt habe.
Hiergegen hat der Kläger am 2. März 2001 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG interpretiere das Gutachten von Dr.K. falsch. Schließlich habe er eine zusammenfassende Stellungnahme abgegeben und dazu die neurologischen Bezüge beachtet. Auch sei seine Beurteilung von besonderem Wert, weil er durch jahrelange Behandlung eine eigene Kenntnis des Gesundheitszustands des Klägers habe.
Der Senat hat eine Stellungnahme von Prof.Dr.Dr.W. vom 12. Juli 2001 (Bl.32 ff.) eingeholt. Darin hält er fest, dass die diagnostische Einschätzung in wesentlichen Punkten übereinstimme mit Ausnahme verschiedener Einschränkungen der Hirnfunktion, die 1998 nicht zu erkennen waren. Es sei davon auszugehen, dass Dr.K. aufgrund seiner Kenntnis des Klägers insoweit zu einer anderen Einschätzung kommt. Als behandelnder Arzt sei dieser jedoch in einer völlig differenten Situation zum Sachverständigen, indem er als Therapeut primär Betreuer und Sachwalter der Interessen des Betroffenen sei. Der Wechsel in die Sachverständigenrolle beinhalte die Gefahr, dass die erforderliche Neutralität des Gutachters nicht mehr bestehe. Hauptkriterium für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit müsse die Glaubhaftigkeit bzw. die Konsistenz der geklagten Beschwerden sein. Hierbei hätten sich erhebliche Zweifel aufgrund der Diskrepanz zwischen der Schwere und der geklagten Beschwerden und dem tatsächlichen Entscheidungsbild gezeigt. Insbesondere sei dies aufgezeichnet in den verschiedenen, von ihm auch wissenschaftlich als Kriterien der Konsistenzprüfung herausgearbeiteten Merkmalen auf eine bewusstseinsnahe Aggravation von Beschwerden im Sinne eines Rentenwunsches hin. Leider habe sich Dr.K. mit diesen Diskrepanzen überhaupt nicht beschäftigt, obwohl er als behandelnder Arzt eventuell die Möglichkeit gehabt hätte, die Lebensumstände des Klägers aufgrund seiner Erfahrung und möglichen Kenntnis fremdanamnestischer Angaben detailliert zu beschreiben. Daher verbleibe es bei der bisherigen Beurteilung.
Der Kläger stellt den Antrag,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2001 sowie des Bescheides vom 1. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 1997 zu verurteilen, ihm Rente wegen ver minderter Erwerbsfähigkeit ab dem 1. Mai 1996 bis zum 30. November 2000 zu gewähren.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2001 zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten erster und zweiter Instanz und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach den §§ 43, 44 SGB VI (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Beide Vorschriften setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss entweder BU oder EU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Hingegen besteht EU bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (vgl. § 44 Abs 2 SGB VI). Da der Versicherungsfall der EU - was den Wortlaut des Gesetzes betrifft- an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der BU, folgt aus der Verneinung von BU ohne weiteres das Fehlen von EU.
Soweit es die soziale Zumutbarkeit einer möglichen Verweisungstätigkeit betrifft, ist festzustellen, dass der Kläger keinen Berufsschutz genießt. Dabei wird voll auf das SG-Urteil Bezug genommen, das den Kläger zurecht als ungelernten Arbeiter eingestuft hat. Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung war der Kläger bei der Firma Kögl, Maschinenbau, als Metallarbeiter beschäftigt und bezeichnete sich im Fragebogen vom 17. Februar 1999 selbst als Hilfsarbeiter. Dagegen brachte er nichts vor und auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Einordnung des Klägers in die Gruppe mit dem Leitberuf der ungelernten Arbeiter. Im übrigen ist zu dieser Rechtsfrage auch voll Bezug zu nehmen auf das Urteil des SG vom 29.11.1988 (vgl. Seite 11). Auf die demgegenüber hat sich nichts verändert. Damit ist der Kläger sozial zumutbar auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Dort ist er jedoch nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen in zumutbarer Weise fähig, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen und damit weder berufsunfähig (außerstande die sogenannte Lohnhälfte zu verdienen) noch erwerbsunfähig. ausgeschlossen (vgl. § 44 Abs.2 Satz 2 Nr. 2, § 302b Abs. 3 SGB VI in der Fassung des 2. SGB VI- Änderungsgesetzes vom 12.05.1996).
Alle Sachverständigen stellten übereinstimmend - mit Ausnahme von Dr.K. - ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen fest.
Soweit Dr.K. SG die Leistungsfähigkeit des Klägers durch eine Einschränkung der zeitlichen Einsatzmöglichkeit aus der Kombination von belastungsbedingter Schmerzverstärkung im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule sowie des Schultergürtels und dem gleichzeitig bestehenden Schwindelgefühl, Unsicherheitsgefühl, Einschränkung der Hirnleistungsfähigkeit und einer Gedächtnisstörung beeinträchtigt sieht, sind seine Ausführungen nicht überzeugend. Demgegenüber setzte sich Prof.Dr.Dr.W. grundsätzlich mit der Begutachtung von Schmerzpatienten auseinander, wozu er als Wissenschaftler und auch von seinem Fachgebiet her befähigt ist. Seiner zutreffenden Meinung nach ist das Hauptkriterium für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit die Glaubhaftigkeit und die Konsistenz der geklagten Beschwerden. Hierbei haben sich erhebliche Zweifel aufgrund der Diskrepanz zwischen der Schwere und der geklagten Beschwerden und dem tatsächlichen Erscheinungsbild gezeigt. Insbesondere erweist sich dies in dem wissenschaftlich als Kriterien der Konsistenzprüfung herausgearbeiteten Merkmale einer bewusstseinsnahen Aggravation von Beschwerden im Sinne eines Rentenwunsches, wie dies Prof.Dr.Dr.W. insbesondere in der Stellungnahme vom 12.07.2001 darlegt. Für den Senat bestehen erhebliche Zweifel an der Überzeugungskraft des Gutachtens des Dr.K. , nachdem Prof.Dr.Dr.W. ausführt, dass die diagnostische Einschätzung zwar in wesentlichen Punkten übereinstimmt, Dr.K. aber keine detaillierte Aussage macht, worauf seine abweichende Einschätzung zu dem Gutachten des Facharztes auf dem betreffenden neurologischen Gebiet beruht. Neue Befunde führt er in seiner Aktengeschichte auf Seiten 16 und 19 nicht auf. Selbst erhob er nur einen orthopädischen Befund und einen ganz kurzen neurologischen Status. In seinem Befundbericht vom 29.05.2000 verneint er eine wesentliche Änderung. Damit beruht die abweichende Einschätzung wie Prof.Dr.Dr.W. zurecht ausführt nicht auf einer Veränderung des Gesundheitszustandes.
Aber auch aus streng orthopädischer Sicht überzeugt es nicht, wenn Dr.K. von einem 2 bis 4-stündigen Leistungsvermögen ausgeht. Diese Beurteilung widerspricht derjenigen von Dr.G. , wie derjenigen von Dr.S. im Widerspruchsverfahren, ohne dass triftige Gründe dafür ersichtlich sind.
Wegen seines vollschichtigen Arbeitsvermögens hat der Kläger zunächst nach dem Wortlaut von § 44 SGB VI idF des RRG 92 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt aber auch nicht praktisch verschlossen (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10.12.1996, BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr.13; beibehalten im Reformgesetz der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827 nach § 43 Abs.3, 2. Halbsatz n.F.). Bei dieser sogenannten Arbeitsmarktrente beurteilt sich die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nicht nur nach der im Gesetz allein genannten - gesundheitlichen - Fähigkeit, Arbeiten zu verrichten, sondern auch danach, durch Arbeit Erwerb zu erzielen, was bei einem lediglich zur Teilzeitarbeit fähigen Versicherten - zur Zeit - nicht der Fall ist. Nach der dargelegten Überzeugung des Senats besitzt der Kläger aber ein vollschichtiges Erwerbsvermögen. Damit ist er erst recht nicht nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (vgl. Art 82 Abs. 2 GG, § 302 a SGB VI idF des Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827, BSG Entscheidungen vom 21.06.2000: B 4 RA 52/99 R, B 4 RA 65/99 R, B 4 RA 72/99 R) des § 43 Abs.2 S.1 und 2 teilweise (unter sechsstündiges Arbeitsvermögen) erwerbsgemindert.
Die Tätigkeiten, deren Verrichtung dem Kläger insbesondere durch das bestehende Anfallsleiden völlig unmöglich sind, Einsatz an laufenden Maschinen oder an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefährdung und erhöhtem Absturzrisiko sowie Schichtarbeit, daneben Arbeiten, welche mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten verbunden sind, Arbeiten in Zwangshaltung und allgemein schwere körperliche Arbeiten ebenso wie Arbeiten mit Nässeeinwirkung, mit Zugluft sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, verengen die möglichen Tätigkeitsfelder nicht in einem Ausmaß, das größere Zweifel an einer normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit auch für leichtere Tätigkeiten gerechtfertigt erscheinen ließe. Nach Ansicht des Senats ist im konkreten Fall keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 11.05. 1999 - 13 RJ 71/97 m.w.N und des 5. Senats, SozR 3-2600 § 44 Nr.12). Die qualitativen Leistungseinschränkungen beim Kläger schließen nach Anzahl, Art und Umfang nicht derart weite Bereiche des Arbeitsmarktes aus, dass eine nicht mehr hinzunehmende Unsicherheit bestünde, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können. Die für Anfallsleiden maßgeblichen Kriterien der Häufigkeit und der erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten ( vgl. LSG Baden-Württemberg vom 15.09.1999, L 2 RJ 1/98) konnten vom Sachverständigen Prof.Dr.Dr.W. nicht mehr in relevantem Ausmaß festgestellt werden. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. BSGE 80, 24, 33 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) liegt nicht vor.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof.Dr.Dr.W. ist die Fähigkeit des Klägers, sich auf neue Tätigkeiten und ein neues Arbeitsmilieu umzustellen, nicht erkennbar eingeschränkt. Denn damit können gerade leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel, z.B. der Endkontrolle von Montageteilen in der Metall- oder Kunststoffindustrie, bei der Verpackung von Kleinteilen ohne schweres Heben und Tragen verrichtet werden. Die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit ist in der Regel nicht erforderlich, wenn ein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbarer Versicherter zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage ist (vgl. BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Ob der Kläger tatsächlich in einen solchen Arbeitsplatz vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen und das Risiko der Vermittlung nicht von der gesetzlichen Renten-, sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr.19).
Nach allem war das Rechtsmittel daher unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Mit Bescheid vom 04.08.1982 hatte der am 1940 geborene Kläger in der Zeit vom 17.06. bis 31.12.1982 Rente wegen Berufsunfähigkeit erhalten. Zugrunde lagen Folgeerscheinungen eines zweimal operierten Bandscheibenvorfalls im unteren Lendenwirbelsäulenbereich mit rechtsseitiger Ischias- und Meniskusschädigung.
Anschließend hatte der Kläger drei erfolglose Rentenverfahren betrieben. So sind seine Klagen mit Urteilen des Sozialgerichts Augsburg (SG) vom 26. Januar 1984, 28. Januar 1986 und 29. November 1988 abgewiesen worden.
Zwischenzeitlich erhält der Kläger Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahrs für schwerbehinderte Versicherte von monatlich 789,58 DM (Bescheid vom 9. Januar 2001).
Nunmehr ist aufgrund eines Antrags vom 12.04.1996 der Bescheid vom 01.10.1996/Widerspruchsbescheid vom 20.10.1997 im Streit, mit welchem die Beklagte Rente trotz Vorliegens eines chronisch-rezidivierenden Schmerzsyndroms der Hals- und Lendenwirbelsäule, eines symptomatischen cerebralen Anfallsleidens und einer Neigung zu depressiven Verstimmungszuständen ablehnte. Der Kläger könne dennoch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Die Beklagte stützte sich auf Gutachten des Orthopäden Dr.S. vom 25.09.1997 und des Internisten Dr.K. vom 10.09.1996.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben und sich auf seinen von den Ärzten Dres.Z. und K. festgestellten schlechten Gesundheitszustand und auch ein seit 1992 bestehendes Anfallsleiden berufen.
Das SG hat ein Gutachten beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof.Dr.Dr.W. vom 12.10.1998 eingeholt. Dieser nimmt insbesondere zu der festgestellten somatoformen Schmerzstörung ausführlich Stellung und stellt dazu eine Indizienliste zur quantitativen Beurteilung (Liste nach Widder und Aschoff) auf. Zusammenfassend stellt der Sachverständige folgende Diagnosen: 1. Chronisches Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Cervikal- und Lumbalbeschwerden, derzeit keine segmentalen Wurzelreizerscheinungen, keine neurologischen Ausfälle. 2. Cerebrales Anfallsleiden mit komplex-fokalen Anfällen. 3. Reizzustand rechtes Schultergelenk. 4. Epicondylitis humero radialis beidseits.
Eine wesentliche zeitlich leistungsmindernde Einschränkung sieht der Sachverständige dadurch aber nicht. Das Anfallsleiden beeinträchtige die Einsatzfähigkeit an laufenden Maschinen oder an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefährdung, erhöhtem Absturzrisiko und Schichtarbeit.
Auf Antrag des Klägers hat der behandelnde Orthopäde Dr.K. am 12. Januar 2000 ein Gutachten erstattet. Dieser diagnostiziert neben orthopädischen Leiden (lumbales Pseudoradikulärsyndrom, chronisches HWS-Syndrom, Impingementsyndrom beider Schultergelenke, Epikondylitis humeri radialis beidseits, residuelle Hüftgelenksdysplasie links, Meniskopathie rechts medial und chronischer Reizzustand beider oberen Sprunggelenke) das bekannte cerebrale Anfallsleiden mit komplex-fokalen Anfällen. Der Kläger sei nurmehr für 2 bis 4 Stunden arbeitsfähig. Diese Einschränkung resultiere aus einer Kombination von belastungsbedingter Schmerzverstärkung im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, des Schultergürtels, aus dem gleichzeitig bestehenden Schwindelgefühl, Unsicherheitsgefühl, Einschränkung der Hirnleistungsfähigkeit und Gedächtnisstörung. Das Zusammenspiel dieser Faktoren bedinge, dass der Kläger auch für leichte Tätigkeiten nicht ausreichend belastbar sei.
Die Beklagte hat dazu eine Stellungnahme ihrer Beratungsärztin Dr.N. vom 04.05.2000 und 19.10.2000 sowie eine zusätzliche orthopädische Stellungnahme durch Dr.G. vom 27.09.2000 abgegeben.
Durch Urteil vom 17. Januar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger, der keinen Berufsschutz genieße, sei zu vollschichtiger Leistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt befähigt und damit nicht erwerbsunfähig. Zu diesem Schluss sei das SG aufgrund der im Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren erstellten Gutachten gelangt. Dem beeinträchtigten Gesundheitszustand werde hinreichend durch Beachtung der festgestellten qualitativen Einschränkungen Rechnung getragen. Das Gutachten des Orthopäden Dr.K. sei nicht schlüssig und könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Dr.K. stütze seine Feststellungen zum Leistungsvermögen im wesentlichen auf neurologische Befunde, die bereits Prof.Dr.Dr.W. erhoben und bei seiner Einschätzung berücksichtigt habe.
Hiergegen hat der Kläger am 2. März 2001 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG interpretiere das Gutachten von Dr.K. falsch. Schließlich habe er eine zusammenfassende Stellungnahme abgegeben und dazu die neurologischen Bezüge beachtet. Auch sei seine Beurteilung von besonderem Wert, weil er durch jahrelange Behandlung eine eigene Kenntnis des Gesundheitszustands des Klägers habe.
Der Senat hat eine Stellungnahme von Prof.Dr.Dr.W. vom 12. Juli 2001 (Bl.32 ff.) eingeholt. Darin hält er fest, dass die diagnostische Einschätzung in wesentlichen Punkten übereinstimme mit Ausnahme verschiedener Einschränkungen der Hirnfunktion, die 1998 nicht zu erkennen waren. Es sei davon auszugehen, dass Dr.K. aufgrund seiner Kenntnis des Klägers insoweit zu einer anderen Einschätzung kommt. Als behandelnder Arzt sei dieser jedoch in einer völlig differenten Situation zum Sachverständigen, indem er als Therapeut primär Betreuer und Sachwalter der Interessen des Betroffenen sei. Der Wechsel in die Sachverständigenrolle beinhalte die Gefahr, dass die erforderliche Neutralität des Gutachters nicht mehr bestehe. Hauptkriterium für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit müsse die Glaubhaftigkeit bzw. die Konsistenz der geklagten Beschwerden sein. Hierbei hätten sich erhebliche Zweifel aufgrund der Diskrepanz zwischen der Schwere und der geklagten Beschwerden und dem tatsächlichen Entscheidungsbild gezeigt. Insbesondere sei dies aufgezeichnet in den verschiedenen, von ihm auch wissenschaftlich als Kriterien der Konsistenzprüfung herausgearbeiteten Merkmalen auf eine bewusstseinsnahe Aggravation von Beschwerden im Sinne eines Rentenwunsches hin. Leider habe sich Dr.K. mit diesen Diskrepanzen überhaupt nicht beschäftigt, obwohl er als behandelnder Arzt eventuell die Möglichkeit gehabt hätte, die Lebensumstände des Klägers aufgrund seiner Erfahrung und möglichen Kenntnis fremdanamnestischer Angaben detailliert zu beschreiben. Daher verbleibe es bei der bisherigen Beurteilung.
Der Kläger stellt den Antrag,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2001 sowie des Bescheides vom 1. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 1997 zu verurteilen, ihm Rente wegen ver minderter Erwerbsfähigkeit ab dem 1. Mai 1996 bis zum 30. November 2000 zu gewähren.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Januar 2001 zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten erster und zweiter Instanz und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach den §§ 43, 44 SGB VI (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Beide Vorschriften setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss entweder BU oder EU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Hingegen besteht EU bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (vgl. § 44 Abs 2 SGB VI). Da der Versicherungsfall der EU - was den Wortlaut des Gesetzes betrifft- an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der BU, folgt aus der Verneinung von BU ohne weiteres das Fehlen von EU.
Soweit es die soziale Zumutbarkeit einer möglichen Verweisungstätigkeit betrifft, ist festzustellen, dass der Kläger keinen Berufsschutz genießt. Dabei wird voll auf das SG-Urteil Bezug genommen, das den Kläger zurecht als ungelernten Arbeiter eingestuft hat. Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung war der Kläger bei der Firma Kögl, Maschinenbau, als Metallarbeiter beschäftigt und bezeichnete sich im Fragebogen vom 17. Februar 1999 selbst als Hilfsarbeiter. Dagegen brachte er nichts vor und auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Einordnung des Klägers in die Gruppe mit dem Leitberuf der ungelernten Arbeiter. Im übrigen ist zu dieser Rechtsfrage auch voll Bezug zu nehmen auf das Urteil des SG vom 29.11.1988 (vgl. Seite 11). Auf die demgegenüber hat sich nichts verändert. Damit ist der Kläger sozial zumutbar auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Dort ist er jedoch nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen in zumutbarer Weise fähig, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen und damit weder berufsunfähig (außerstande die sogenannte Lohnhälfte zu verdienen) noch erwerbsunfähig. ausgeschlossen (vgl. § 44 Abs.2 Satz 2 Nr. 2, § 302b Abs. 3 SGB VI in der Fassung des 2. SGB VI- Änderungsgesetzes vom 12.05.1996).
Alle Sachverständigen stellten übereinstimmend - mit Ausnahme von Dr.K. - ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen fest.
Soweit Dr.K. SG die Leistungsfähigkeit des Klägers durch eine Einschränkung der zeitlichen Einsatzmöglichkeit aus der Kombination von belastungsbedingter Schmerzverstärkung im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule sowie des Schultergürtels und dem gleichzeitig bestehenden Schwindelgefühl, Unsicherheitsgefühl, Einschränkung der Hirnleistungsfähigkeit und einer Gedächtnisstörung beeinträchtigt sieht, sind seine Ausführungen nicht überzeugend. Demgegenüber setzte sich Prof.Dr.Dr.W. grundsätzlich mit der Begutachtung von Schmerzpatienten auseinander, wozu er als Wissenschaftler und auch von seinem Fachgebiet her befähigt ist. Seiner zutreffenden Meinung nach ist das Hauptkriterium für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit die Glaubhaftigkeit und die Konsistenz der geklagten Beschwerden. Hierbei haben sich erhebliche Zweifel aufgrund der Diskrepanz zwischen der Schwere und der geklagten Beschwerden und dem tatsächlichen Erscheinungsbild gezeigt. Insbesondere erweist sich dies in dem wissenschaftlich als Kriterien der Konsistenzprüfung herausgearbeiteten Merkmale einer bewusstseinsnahen Aggravation von Beschwerden im Sinne eines Rentenwunsches, wie dies Prof.Dr.Dr.W. insbesondere in der Stellungnahme vom 12.07.2001 darlegt. Für den Senat bestehen erhebliche Zweifel an der Überzeugungskraft des Gutachtens des Dr.K. , nachdem Prof.Dr.Dr.W. ausführt, dass die diagnostische Einschätzung zwar in wesentlichen Punkten übereinstimmt, Dr.K. aber keine detaillierte Aussage macht, worauf seine abweichende Einschätzung zu dem Gutachten des Facharztes auf dem betreffenden neurologischen Gebiet beruht. Neue Befunde führt er in seiner Aktengeschichte auf Seiten 16 und 19 nicht auf. Selbst erhob er nur einen orthopädischen Befund und einen ganz kurzen neurologischen Status. In seinem Befundbericht vom 29.05.2000 verneint er eine wesentliche Änderung. Damit beruht die abweichende Einschätzung wie Prof.Dr.Dr.W. zurecht ausführt nicht auf einer Veränderung des Gesundheitszustandes.
Aber auch aus streng orthopädischer Sicht überzeugt es nicht, wenn Dr.K. von einem 2 bis 4-stündigen Leistungsvermögen ausgeht. Diese Beurteilung widerspricht derjenigen von Dr.G. , wie derjenigen von Dr.S. im Widerspruchsverfahren, ohne dass triftige Gründe dafür ersichtlich sind.
Wegen seines vollschichtigen Arbeitsvermögens hat der Kläger zunächst nach dem Wortlaut von § 44 SGB VI idF des RRG 92 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt aber auch nicht praktisch verschlossen (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10.12.1996, BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr.13; beibehalten im Reformgesetz der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827 nach § 43 Abs.3, 2. Halbsatz n.F.). Bei dieser sogenannten Arbeitsmarktrente beurteilt sich die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nicht nur nach der im Gesetz allein genannten - gesundheitlichen - Fähigkeit, Arbeiten zu verrichten, sondern auch danach, durch Arbeit Erwerb zu erzielen, was bei einem lediglich zur Teilzeitarbeit fähigen Versicherten - zur Zeit - nicht der Fall ist. Nach der dargelegten Überzeugung des Senats besitzt der Kläger aber ein vollschichtiges Erwerbsvermögen. Damit ist er erst recht nicht nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (vgl. Art 82 Abs. 2 GG, § 302 a SGB VI idF des Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827, BSG Entscheidungen vom 21.06.2000: B 4 RA 52/99 R, B 4 RA 65/99 R, B 4 RA 72/99 R) des § 43 Abs.2 S.1 und 2 teilweise (unter sechsstündiges Arbeitsvermögen) erwerbsgemindert.
Die Tätigkeiten, deren Verrichtung dem Kläger insbesondere durch das bestehende Anfallsleiden völlig unmöglich sind, Einsatz an laufenden Maschinen oder an Arbeitsplätzen mit erhöhter Unfallgefährdung und erhöhtem Absturzrisiko sowie Schichtarbeit, daneben Arbeiten, welche mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten verbunden sind, Arbeiten in Zwangshaltung und allgemein schwere körperliche Arbeiten ebenso wie Arbeiten mit Nässeeinwirkung, mit Zugluft sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, verengen die möglichen Tätigkeitsfelder nicht in einem Ausmaß, das größere Zweifel an einer normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit auch für leichtere Tätigkeiten gerechtfertigt erscheinen ließe. Nach Ansicht des Senats ist im konkreten Fall keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 11.05. 1999 - 13 RJ 71/97 m.w.N und des 5. Senats, SozR 3-2600 § 44 Nr.12). Die qualitativen Leistungseinschränkungen beim Kläger schließen nach Anzahl, Art und Umfang nicht derart weite Bereiche des Arbeitsmarktes aus, dass eine nicht mehr hinzunehmende Unsicherheit bestünde, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können. Die für Anfallsleiden maßgeblichen Kriterien der Häufigkeit und der erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten ( vgl. LSG Baden-Württemberg vom 15.09.1999, L 2 RJ 1/98) konnten vom Sachverständigen Prof.Dr.Dr.W. nicht mehr in relevantem Ausmaß festgestellt werden. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. BSGE 80, 24, 33 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) liegt nicht vor.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof.Dr.Dr.W. ist die Fähigkeit des Klägers, sich auf neue Tätigkeiten und ein neues Arbeitsmilieu umzustellen, nicht erkennbar eingeschränkt. Denn damit können gerade leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel, z.B. der Endkontrolle von Montageteilen in der Metall- oder Kunststoffindustrie, bei der Verpackung von Kleinteilen ohne schweres Heben und Tragen verrichtet werden. Die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit ist in der Regel nicht erforderlich, wenn ein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbarer Versicherter zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage ist (vgl. BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Ob der Kläger tatsächlich in einen solchen Arbeitsplatz vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen und das Risiko der Vermittlung nicht von der gesetzlichen Renten-, sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr.19).
Nach allem war das Rechtsmittel daher unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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