Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 1478/96 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 11/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 14. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1952 in Bosnien-Herzegowina geborene Kläger besitzt seit 1993 die kroatische Staatsangehörigkeit und lebt auch in Kroatien. Vom 17.03.1970 bis 30.11.1979 hat er in der Bundesrepublik Deutschland als Bauhelfer gearbeitet.
Am 16.10.1989 hat der Kläger, der in seiner Heimat kein Rente bezieht, bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt und dabei u.a. einen Entlassungsbericht der psychiatrischen Klinik in Ugljan vorgelegt, wonach er unter einer paranoiden Schizophrenie leide. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.03.1996 ab, weil zur Zeit der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren) vor Antragstellung nicht erfüllt seien und die Zeit vom 01.01.1984 bis zur Antragstellung nicht durchgehend belegt sei. Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 06.05.1996, eingegangen am 15.05.1996, verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.1996 wegen Versäumnis der einmonatigen Widerspruchsfrist.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG) hat der Bevollmächtigte des Klägers Krankenunterlagen aus der Zeit ab 1988 vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass er erstmals vom 06.12.1988 bis 11.05.1989 in der psychiatrischen Klinik in Ugljan behandelt wurde und danach wiederholt stationär und ambulant. Eine Anfrage des SG wegen Unterlagen ab 1980 hatte keinen Erfolg. Nachdem sich die Beklagte mit Schreiben vom 30.07.1997 bereit erklärt hatte, Wiedereinsetzung hinsichtlich der Widerspruchsfrist zu gewähren, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.10.1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die erste stationäre Untersuchung des Klägers wegen seelischer und nervlicher Erkrankung sei in der Zeit vom 22.07.1988 bis 05.08.1988 erfolgt. Zwar habe der Bruder des Klägers damals angegeben, psychische Veränderungen seien bereits nach der Rückkehr aus Deutschland aufgetreten. Es fehle insoweit jedoch ein Nachweis für eine gravierende seelische Behinderung. Der Versicherungsfall könne demnach frühestens am 22.07.1988 eingetreten sein. In den fünf Jahren davor seien keine 36 Pflichtbeiträge enthalten. Auch fehle ein Nachweis einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit seit dem 01.01.1984.
Gegen den am 16.11.1998 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 29.12.1998, eingegangen 08.01.1999, Berufung eingelegt. Zur Begründung wurde erneut vorgetragen, erste Anzeichen für eine ernsthafte seelische Erkrankung seien bereits nach der Rückkehr aus Deutschland im Jahre 1980 aufgetreten. Der Kläger habe aber eine psychiatrische Untersuchung und Behandlung nicht zugelassen. Er sei äußerst misstrauisch und habe seinen Verwandten verboten, sich in seine sozialen Rechte einzumischen. Erst als er angefangen habe, die Familie ernsthaft zu gefährden, habe er sich in Behandlung begeben müssen. Die Verwandten lebten in dauernder Angst vor ihm. Nach seiner Rückkehr aus Deutschland habe der Kläger nicht mehr arbeiten können und auch keine Beiträge zur dortigen Invalidenversicherung geleistet. Die Klägerseite hat eine große Anzahl ärztlicher Unterlagen vorgelegt, die jedoch durchwegs aus neuerer Zeit stammen.
Der Senat hat versucht, Unterlagen des Allgemeinarztes Dr.U. beizuziehen, der den Kläger in Deutschland in der Zeit von 1970 bis 1978 einigemale behandelt hat, doch wurde vom Praxisnachfolger mitgeteilt, dass hierüber keine Unterlagen mehr vorhanden seien. Des Weiteren hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.K. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Dieser kommt in seinem Gutachten vom 25.05.2001 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger zweifelsfrei seit 1988 eine endogene Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis vorliege, wahrscheinlich eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie. Aus der Zeit vor 1988 seien keine psychiatrischen Unterlagen vorhanden. Zwar habe der Bruder des Klägers bei einer ersten stationären Behandlung in Livno, beginnend am 05.08.1988, mitgeteilt, dass die ersten Symptome einer psychiatrischen Erkrankung bereits bei der Rückkehr aus Deutschland aufgetreten seien. Der Kläger habe zurückgezogen gewirkt, sei erregt gewesen und habe sich leicht gegrämt und verängstigt und unzuverlässig gezeigt. Es sei durchaus möglich, dass diese vom Bruder beschriebenen Symptome, die sich zeitlich nicht eindeutig einordnen ließen, Prodromalsymptome im Hinbick auf die sich später entwickelnde Schizophrenie darstellten, oder dass diese ersten Symptome bereits als sogenannte Vorpostensymptome zu klassifizieren seien. Es lasse sich aus diesem Bericht aber nicht der Schluss ableiten, dass sich bereits zum damaligen Zeitpunkt eine schizophrene Psychose manifestiert haben sollte. Auch die Angaben des Psychiaters Dr.N. (Bevollmächtigter des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit), der den Kläger jedoch erstmals im Jahre 1989 gesehen habe, beruhten offensichtlich auf den Angaben der Familie. Aussagefähig im Bezug auf die vorliegende Fragestellung sei letztlich nur der Befund aus Livno, da er eine ausführliche Fremdanamnese durch den Bruder enthalte. Demgegenüber seien die anderen Befunde aus dem Krankenhaus Ugljan von untergeordneter Bedeutung, da sie erst später gefertigt worden seien. Es sei grundsätzlich durchaus denkbar, dass der Kläger tatsächlich zu Beginn der 80-er Jahre bereits erkrankt war. Auch sei es möglich, dass er sich über acht Jahre hinweg offensichtlich mit Erfolg geweigert habe, zum Arzt zu gehen und sich behandeln zu lassen. Sichere Aussagen könnten jedoch nicht gemacht werden. Feststehe, dass die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie erstmals am 05.08.1988 gestellt worden sei. Seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Weitere Aussagen seien nicht möglich. Es lasse sich aufgrund des vorhandenen Materials nicht eindeutig angeben, welche Gesundheitsstörungen beim Kläger seit Dezember 1979 vorgelegen hätten. Zwar sei es möglich, dass sich die Schizophrenie bereits vorher manifestiert habe, entweder in unspezifischen Vorpostensymptomen oder in spezifischen Verhaltensauffälligkeiten. Allerdings sei es genauso denkbar, dass sich die Erstsymptome der schizophrenen Psychose über einen kurzen Zeitraum von wenigen Tagen hinweg entwickelt hätten. Die zur Verfügung stehenden medizinischen Befunde erlaubten hier keine nähere Zuordnung. Eine Untersuchung zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne zu dieser Frage keine verbindliche Aussage treffen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 14.10.1998 sowie des Bescheides vom 22.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.1996 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 14.10.1998 zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG Landshut.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Insbesondere ist die Berufungsfrist gewahrt, die im vorliegenden Fall drei Monate beträgt, weil der Kläger im Ausland wohnt (§ 153 Abs.1 i.V.m. § 87 Abs.1 Satz 2 SGG). Sie erweist sich jedoch als unbegründet.
Die von der Beklagten zunächst angenommene Verfristung des Widerspruches des Klägers steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, da zum einen die Beklagte zwischenzeitlich die Bereitschaft zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bekundet hat. Außerdem ermöglicht die analoge Anwendung des § 87 Abs.1 Satz 2 SGG die Annahme einer dreimonatigen Widerspruchsfrist, wie sie auch im Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 (BGBl 2001 S.2144 ff. Art.1 Nr.33) vorgesehen ist.
Obgleich beim Kläger unstreitig seit der Krankenhausaufnahme am 05.08.1988 wegen einer paranoiden Schizophrenie dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt, besteht dennoch kein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung. Nach dem damals geltenden und deshalb im vorliegenden Fall anzuwendenden (§ 300 Abs.2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) § 1247 Abs.1 Reichsversicherungsordnung (RVO) erhält Rente wegen Erwerbsunfähigkeit der Versicherte, der erwerbsunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Erwerbsunfähig ist nach Abs.2 dieser Vorschrift der Versicherte, der infolge von Krankheit oder andere Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann.
Zuletzt vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ist eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden, wenn 1. von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind oder 2. die Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines der in § 1252 genannten Tatbestände eingetreten ist (§§ 1247 Abs.2a i.V.m. 1246 Abs.2 ARVO). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt bzw. die Erfüllung ist nicht nachweisbar. Unstreitig ist der Kläger - was auch insbesondere von dem gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr.K. erneut bestätigt wird - aufgrund der bei ihm vorliegenden paranoiden Schizophrenie zumindest seit August 1988 erwerbsunfähig. In dem vor August 1988 liegenden Zeitraum von 60 Kalendermonaten sind aber keine 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Vielmehr hat der Kläger in diesem Zeitraum weder in Deutschland noch in seiner Heimat, sei es nun in Bosnien-Herzegowina oder in Kroatien, irgendwelche Beiträge geleistet. Die Erwerbsunfähigkeit ist auch nicht aufgrund eines der in § 1252 RVO genannten Tatbestände eingetreten, insbesondere nicht aufgrund eines Arbeitsunfalles. Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung besteht demnach bezogen auf einen Versicherungsfall im August 1988 nicht.
Ein Rentenanspruch könnte jedoch dann bestehen, wenn der Versicherungsfall bereits vor dem 30.06.1984 eingetreten wäre, weil gemäß Art.2 § 6 Abs.2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz in der vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 geltenden Fassung die sogenannte versicherungsfallnahe Belegung nicht erforderlich ist, wenn vor dem 01.01.1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt war und der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit in der Zeit bis zum 30.06.1984 eingetreten ist. Dies wird von Klägerseite behauptet. Ein Nachweis dafür, dass die paranoide Schizophrenie, die beim Kläger nunmehr vorliegt, bereits nach seiner Rückkehr aus Deutschland, spätestens aber bis zum 30.06.1984 so ausgeprägt war, dass Erwwerbsunfähigkeit im Sinne von § 1247 Abs.2 RVO vorgelegen hätte, konnte nicht erbracht werden. Die zahlreichen vom Kläger vorgelegten Unterlagen stammen sämtlich aus der Zeit nach dem August 1988. Zwar hatte der Bruder des Klägers bei dessen Klinikeinlieferung im August 1988 angegeben, dieser sei schon vorher krank gewesen, doch sind diese Angaben zeitlich nicht eindeutig zu positionieren, wie der vom Gericht mit einer Begutachtung nach Aktenlage beauftragte Neurologe und Psychiater Dr.K. in seinem Gutachten vom 25.05.2001 überzeugend dargelegt hat. Dieser hält es für durchaus möglich, dass die vom Bruder beschriebenen Symptome Prodromalsymptome waren im Hinblick auf die sich später entwickelte Schizophrenie, oder dass es sich um sogenannte Vorpostensymptome handelte. Dies lässt aber nach dem Gutachten nicht den sicheren Schluss zu, dass bereits damals eine schizophrene Psychose bestanden haben soll, die den Kläger daran gehindert hätte, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes nachzugehen. Der Senat hat versucht, ärztliche Unterlagen aus der Zeit zu erhalten, als der Kläger in Deutschland gearbeitet hat, um herauszufinden, ob möglicherweise bereits damals die Krankheit aufgetreten war. Diese Bemühungen hatten keinen Erfolg. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass nicht nachweisbar ist, dass vor August 1988 beim Kläger bereits eine Erwerbsunfähigkeit vorgelegen hätte. Vielmehr kann bei einem derartigen Krankheitsbild nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr.K. ebensogut die Krankheit innerhalb einer sehr kurzen Zeit aufgetreten ist sein.
Die damit bestehende Beweislosigkeit geht nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit scheitert demnach an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere an dem Erfordernis der versicherungsfallnahen Belegung. Dies gilt ebenso für einen etwaigen Anspruch auf die Teilrente wegen Berufsunfähigkeit, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen insoweit identisch sind.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 14.10.1998 konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1952 in Bosnien-Herzegowina geborene Kläger besitzt seit 1993 die kroatische Staatsangehörigkeit und lebt auch in Kroatien. Vom 17.03.1970 bis 30.11.1979 hat er in der Bundesrepublik Deutschland als Bauhelfer gearbeitet.
Am 16.10.1989 hat der Kläger, der in seiner Heimat kein Rente bezieht, bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt und dabei u.a. einen Entlassungsbericht der psychiatrischen Klinik in Ugljan vorgelegt, wonach er unter einer paranoiden Schizophrenie leide. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.03.1996 ab, weil zur Zeit der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren) vor Antragstellung nicht erfüllt seien und die Zeit vom 01.01.1984 bis zur Antragstellung nicht durchgehend belegt sei. Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 06.05.1996, eingegangen am 15.05.1996, verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.1996 wegen Versäumnis der einmonatigen Widerspruchsfrist.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG) hat der Bevollmächtigte des Klägers Krankenunterlagen aus der Zeit ab 1988 vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass er erstmals vom 06.12.1988 bis 11.05.1989 in der psychiatrischen Klinik in Ugljan behandelt wurde und danach wiederholt stationär und ambulant. Eine Anfrage des SG wegen Unterlagen ab 1980 hatte keinen Erfolg. Nachdem sich die Beklagte mit Schreiben vom 30.07.1997 bereit erklärt hatte, Wiedereinsetzung hinsichtlich der Widerspruchsfrist zu gewähren, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.10.1998 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die erste stationäre Untersuchung des Klägers wegen seelischer und nervlicher Erkrankung sei in der Zeit vom 22.07.1988 bis 05.08.1988 erfolgt. Zwar habe der Bruder des Klägers damals angegeben, psychische Veränderungen seien bereits nach der Rückkehr aus Deutschland aufgetreten. Es fehle insoweit jedoch ein Nachweis für eine gravierende seelische Behinderung. Der Versicherungsfall könne demnach frühestens am 22.07.1988 eingetreten sein. In den fünf Jahren davor seien keine 36 Pflichtbeiträge enthalten. Auch fehle ein Nachweis einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit seit dem 01.01.1984.
Gegen den am 16.11.1998 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 29.12.1998, eingegangen 08.01.1999, Berufung eingelegt. Zur Begründung wurde erneut vorgetragen, erste Anzeichen für eine ernsthafte seelische Erkrankung seien bereits nach der Rückkehr aus Deutschland im Jahre 1980 aufgetreten. Der Kläger habe aber eine psychiatrische Untersuchung und Behandlung nicht zugelassen. Er sei äußerst misstrauisch und habe seinen Verwandten verboten, sich in seine sozialen Rechte einzumischen. Erst als er angefangen habe, die Familie ernsthaft zu gefährden, habe er sich in Behandlung begeben müssen. Die Verwandten lebten in dauernder Angst vor ihm. Nach seiner Rückkehr aus Deutschland habe der Kläger nicht mehr arbeiten können und auch keine Beiträge zur dortigen Invalidenversicherung geleistet. Die Klägerseite hat eine große Anzahl ärztlicher Unterlagen vorgelegt, die jedoch durchwegs aus neuerer Zeit stammen.
Der Senat hat versucht, Unterlagen des Allgemeinarztes Dr.U. beizuziehen, der den Kläger in Deutschland in der Zeit von 1970 bis 1978 einigemale behandelt hat, doch wurde vom Praxisnachfolger mitgeteilt, dass hierüber keine Unterlagen mehr vorhanden seien. Des Weiteren hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.K. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Dieser kommt in seinem Gutachten vom 25.05.2001 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger zweifelsfrei seit 1988 eine endogene Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis vorliege, wahrscheinlich eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie. Aus der Zeit vor 1988 seien keine psychiatrischen Unterlagen vorhanden. Zwar habe der Bruder des Klägers bei einer ersten stationären Behandlung in Livno, beginnend am 05.08.1988, mitgeteilt, dass die ersten Symptome einer psychiatrischen Erkrankung bereits bei der Rückkehr aus Deutschland aufgetreten seien. Der Kläger habe zurückgezogen gewirkt, sei erregt gewesen und habe sich leicht gegrämt und verängstigt und unzuverlässig gezeigt. Es sei durchaus möglich, dass diese vom Bruder beschriebenen Symptome, die sich zeitlich nicht eindeutig einordnen ließen, Prodromalsymptome im Hinbick auf die sich später entwickelnde Schizophrenie darstellten, oder dass diese ersten Symptome bereits als sogenannte Vorpostensymptome zu klassifizieren seien. Es lasse sich aus diesem Bericht aber nicht der Schluss ableiten, dass sich bereits zum damaligen Zeitpunkt eine schizophrene Psychose manifestiert haben sollte. Auch die Angaben des Psychiaters Dr.N. (Bevollmächtigter des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit), der den Kläger jedoch erstmals im Jahre 1989 gesehen habe, beruhten offensichtlich auf den Angaben der Familie. Aussagefähig im Bezug auf die vorliegende Fragestellung sei letztlich nur der Befund aus Livno, da er eine ausführliche Fremdanamnese durch den Bruder enthalte. Demgegenüber seien die anderen Befunde aus dem Krankenhaus Ugljan von untergeordneter Bedeutung, da sie erst später gefertigt worden seien. Es sei grundsätzlich durchaus denkbar, dass der Kläger tatsächlich zu Beginn der 80-er Jahre bereits erkrankt war. Auch sei es möglich, dass er sich über acht Jahre hinweg offensichtlich mit Erfolg geweigert habe, zum Arzt zu gehen und sich behandeln zu lassen. Sichere Aussagen könnten jedoch nicht gemacht werden. Feststehe, dass die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie erstmals am 05.08.1988 gestellt worden sei. Seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Weitere Aussagen seien nicht möglich. Es lasse sich aufgrund des vorhandenen Materials nicht eindeutig angeben, welche Gesundheitsstörungen beim Kläger seit Dezember 1979 vorgelegen hätten. Zwar sei es möglich, dass sich die Schizophrenie bereits vorher manifestiert habe, entweder in unspezifischen Vorpostensymptomen oder in spezifischen Verhaltensauffälligkeiten. Allerdings sei es genauso denkbar, dass sich die Erstsymptome der schizophrenen Psychose über einen kurzen Zeitraum von wenigen Tagen hinweg entwickelt hätten. Die zur Verfügung stehenden medizinischen Befunde erlaubten hier keine nähere Zuordnung. Eine Untersuchung zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne zu dieser Frage keine verbindliche Aussage treffen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 14.10.1998 sowie des Bescheides vom 22.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.1996 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 14.10.1998 zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG Landshut.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Insbesondere ist die Berufungsfrist gewahrt, die im vorliegenden Fall drei Monate beträgt, weil der Kläger im Ausland wohnt (§ 153 Abs.1 i.V.m. § 87 Abs.1 Satz 2 SGG). Sie erweist sich jedoch als unbegründet.
Die von der Beklagten zunächst angenommene Verfristung des Widerspruches des Klägers steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, da zum einen die Beklagte zwischenzeitlich die Bereitschaft zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bekundet hat. Außerdem ermöglicht die analoge Anwendung des § 87 Abs.1 Satz 2 SGG die Annahme einer dreimonatigen Widerspruchsfrist, wie sie auch im Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 (BGBl 2001 S.2144 ff. Art.1 Nr.33) vorgesehen ist.
Obgleich beim Kläger unstreitig seit der Krankenhausaufnahme am 05.08.1988 wegen einer paranoiden Schizophrenie dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliegt, besteht dennoch kein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung. Nach dem damals geltenden und deshalb im vorliegenden Fall anzuwendenden (§ 300 Abs.2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) § 1247 Abs.1 Reichsversicherungsordnung (RVO) erhält Rente wegen Erwerbsunfähigkeit der Versicherte, der erwerbsunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Erwerbsunfähig ist nach Abs.2 dieser Vorschrift der Versicherte, der infolge von Krankheit oder andere Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann.
Zuletzt vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ist eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden, wenn 1. von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind oder 2. die Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines der in § 1252 genannten Tatbestände eingetreten ist (§§ 1247 Abs.2a i.V.m. 1246 Abs.2 ARVO). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt bzw. die Erfüllung ist nicht nachweisbar. Unstreitig ist der Kläger - was auch insbesondere von dem gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr.K. erneut bestätigt wird - aufgrund der bei ihm vorliegenden paranoiden Schizophrenie zumindest seit August 1988 erwerbsunfähig. In dem vor August 1988 liegenden Zeitraum von 60 Kalendermonaten sind aber keine 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Vielmehr hat der Kläger in diesem Zeitraum weder in Deutschland noch in seiner Heimat, sei es nun in Bosnien-Herzegowina oder in Kroatien, irgendwelche Beiträge geleistet. Die Erwerbsunfähigkeit ist auch nicht aufgrund eines der in § 1252 RVO genannten Tatbestände eingetreten, insbesondere nicht aufgrund eines Arbeitsunfalles. Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung besteht demnach bezogen auf einen Versicherungsfall im August 1988 nicht.
Ein Rentenanspruch könnte jedoch dann bestehen, wenn der Versicherungsfall bereits vor dem 30.06.1984 eingetreten wäre, weil gemäß Art.2 § 6 Abs.2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz in der vom 01.01.1984 bis 31.12.1991 geltenden Fassung die sogenannte versicherungsfallnahe Belegung nicht erforderlich ist, wenn vor dem 01.01.1984 eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt war und der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit in der Zeit bis zum 30.06.1984 eingetreten ist. Dies wird von Klägerseite behauptet. Ein Nachweis dafür, dass die paranoide Schizophrenie, die beim Kläger nunmehr vorliegt, bereits nach seiner Rückkehr aus Deutschland, spätestens aber bis zum 30.06.1984 so ausgeprägt war, dass Erwwerbsunfähigkeit im Sinne von § 1247 Abs.2 RVO vorgelegen hätte, konnte nicht erbracht werden. Die zahlreichen vom Kläger vorgelegten Unterlagen stammen sämtlich aus der Zeit nach dem August 1988. Zwar hatte der Bruder des Klägers bei dessen Klinikeinlieferung im August 1988 angegeben, dieser sei schon vorher krank gewesen, doch sind diese Angaben zeitlich nicht eindeutig zu positionieren, wie der vom Gericht mit einer Begutachtung nach Aktenlage beauftragte Neurologe und Psychiater Dr.K. in seinem Gutachten vom 25.05.2001 überzeugend dargelegt hat. Dieser hält es für durchaus möglich, dass die vom Bruder beschriebenen Symptome Prodromalsymptome waren im Hinblick auf die sich später entwickelte Schizophrenie, oder dass es sich um sogenannte Vorpostensymptome handelte. Dies lässt aber nach dem Gutachten nicht den sicheren Schluss zu, dass bereits damals eine schizophrene Psychose bestanden haben soll, die den Kläger daran gehindert hätte, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes nachzugehen. Der Senat hat versucht, ärztliche Unterlagen aus der Zeit zu erhalten, als der Kläger in Deutschland gearbeitet hat, um herauszufinden, ob möglicherweise bereits damals die Krankheit aufgetreten war. Diese Bemühungen hatten keinen Erfolg. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass nicht nachweisbar ist, dass vor August 1988 beim Kläger bereits eine Erwerbsunfähigkeit vorgelegen hätte. Vielmehr kann bei einem derartigen Krankheitsbild nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr.K. ebensogut die Krankheit innerhalb einer sehr kurzen Zeit aufgetreten ist sein.
Die damit bestehende Beweislosigkeit geht nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit scheitert demnach an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere an dem Erfordernis der versicherungsfallnahen Belegung. Dies gilt ebenso für einen etwaigen Anspruch auf die Teilrente wegen Berufsunfähigkeit, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen insoweit identisch sind.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 14.10.1998 konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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