Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 268/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 181/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.01.2001 abgeändert. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 04.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1998 wird in vollem Umfang abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der am 1955 geborene Kläger erlernte vom 22.07.1971 bis 21.07.1974 den Beruf des Malers und Lackierers und war anschließend - unterbrochen durch Zeiten seines Wehrdienstes - als Wachmann, Lagerhelfer und vom 01.04.1987 bis 24.04.1998 als Maler und Verputzer bei der Fa.S. in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Die Entlohnung erfolgte nach Berufsgruppe III-2 des Tarifvertrages des Malerhandwerks, Gruppe Putz-Stuck (Bauhauptgewerbe). Seit dem 02.05.2001 ist der Kläger als Hausarbeiter bei der S.-Klinik in B. beschäftigt.
Bereits am 06.10.1997 hatte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw BU beantragt. Im Gutachten vom 29.10.1997 stellte die Orthopädin Dr.B. folgende Diagnosen: Abnützungserscheinungen der Hüftgelenke bei Minderanlage, Umstellungsoperation links 10/93, rechts 3/94; Lendenwirbelsäulensyndrom durch Fehlbelastung mit Muskeldysbalancen und beginnender Funktionsstörung. Die Sachverständige vertrat die Auffassung, dass der Kläger die bis zu seiner Erkrankung am 06.08.1997 ausgeübte Tätigkeit als Maler und Verputzer nicht mehr verrichten könne. Er sei jedoch nach wie vor in der Lage, leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, vorwiegend im Sitzen, aber auch im Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten; mittelschwere Tätigkeiten könne er in sitzender Arbeitshaltung noch vollschichtig ausüben, ansonsten (im Wechsel von Gehen und Stehen) bis zu vier Stunden täglich.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 04.11.1997 die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU bzw BU an den Kläger ab.
Der hiergegen am 01.12.1997 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.03.1998).
Dagegen hat der Kläger am 27.03.1998 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben.
Der vom SG zum gerichtlichen Sachverständigen ernannte Internist Prof.Dr.Z. hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 29.09.2000 in seinem Gutachten vom selben Tage die bereits bekannten Diagnosen bestätigt und darüber hinaus eine labile essentielle Hypertonie ohne Folgeerscheinungen festgestellt. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, unter Absturzgefahr, mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützapparates durch häufiges Heben und Tragen von Lasten, Bücken, Gehen, Stehen und Steigen, ferner Tätigkeiten in Zwangshaltung und Arbeiten unter Einwirkung von Kälte, Nässe, Hitze oder starken Temperaturschwankungen müsse der Kläger vermeiden. Als Verputzer könne er deshalb nicht mehr tätig sein, jedoch weiterhin leichte bis mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen in geschlossenen Räumen verrichten, so dass er noch als Farbenmischer, Qualitätsprüfer und Poststellenmitarbeiter einsatzfähig sei. Ortsübliche Anmarschwege zur Arbeitsstelle könne er zurücklegen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 23.01.2001 verpflichtet, dem Kläger ab 01.08.2000 die gesetzlichen Leistungen wegen BU zu gewähren. Die Tätigkeit eines Malers und Verputzers könne der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, sich aber auch auf Tätigkeiten im Lager, in einer Poststelle oder als Qualitätsprüfer nicht innerhalb von höchstens drei Monaten umstellen. Hierzu fehle es ihm an Erfahrungen in der industriellen Fertigung und weiteren erforderlichen Vorkenntnissen. Die Tätigkeit eines Farbenmischers stelle eine eigenständige Fachausbildung dar, auf die sich der Kläger nicht innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungszeit umstellen könne. Weitere Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich.
Gegen das am 06.03.2001 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 26.03.2001 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Der Kläger sei auf Tätigkeiten als Lagerverwalter einer Farbstoffgroßhandlung, Farbenmischer, Qualitätsprüfer und Poststellenmitarbeiter verweisbar. Er habe vom 25.10.1999 bis 21.07.2000 an einer Integrationsmaßnahme beim Berufsförderungswerk Nürnberg teilgenommen und im Rahmen eines Praktikums den Gabelstaplerschein erworben. Vom 15.11.1999 bis 21.07.2000 sei er im Materiallager der Standortverwaltung der Bundeswehr in W. tätig gewesen und lediglich aus betrieblichen Gründen nicht übernommen worden. Im Rahmen der Integrationsmaßnahme zur Wiedereingliederung von Rehabilitanden seien ihm auch EDV-Kennntisse vermittelt worden. Als gelernter Maler und Verputzer könne der Kläger auch auf eine Tätigkeit als Hausmeister verwiesen werden, für die aufgrund seiner Vorkenntnisse eine Anlernzeit von drei Monaten ausreichend sei. Er habe am 02.05.2001 eine Tätigkeit als Hausarbeiter bei der S.-Klinik in B. aufgenommen und übe diese ganztätig im Freien, in Werkhallen sowie in geschlossenen und temperierten Räumen aus. Da er aufgrund der Gutachtenslage noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten wechselweise im Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig verrichten könne, sei ihm die Ausübung der Verweisungstätigkeit als Hausmeister auch medizinisch zumutbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Würzburg vom 23.01.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der LVA Unterfranken vom 04.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1998 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er könne aus Rechtsgründen nicht zumutbar auf Tätigkeiten als Hausmeister verwiesen werden. Die Tätigkeit eines Hausmeisters stelle weder einen Ausbildungsberuf dar, noch sei dazu eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten erforderlich. Als Hausarbeiter in der S.-Klinik sei er praktisch "Mädchen für alles", müsse dabei ua Rasen mähen, das Klinikgelände sauber halten, Abfall zu den Mülltonnen verbringen, Koffer von und zu den Gästezimmern tragen und Patienten zum Arzt fahren.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen BU nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Nach dieser Vorschrift haben Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie berufsunfähig sind, die letzten fünf Jahre vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er ist jedoch nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI, da seine Erwerbsfähigkeit nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten eingeschränkt ist, beurteilt sich danach, welchen Lohn er durch eine Erwerbstätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem beruflichen Werdegang zumutbar verweisbar ist. Der Kreis der Tätigkeiten, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden kann, richtet sich gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI nach der Dauer und dem Umfang seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und nach den besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit. Im Anschluss an seine Ausbildung zum Maler und Lackierer hat der Kläger zuletzt vom 01.04.1987 bis 24.04.1998 den Beruf des Malers und Verputzers ausgeübt. Er wurde dabei nach dem Tarifvertrag des Malerhandwerks Gruppe Putz-Stuck (Bauhauptgewerbe) als Spezialbaufacharbeiter nach Berufsgruppe III-2 entlohnt und ist deshalb - was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist - entsprechend dem vom Bundessozialgericht (BSG) ent- wickelten Mehrstufenschema (gelernt - angelernt - ungelernt) als Facharbeiter zu beurteilen.
Den erlernten Beruf kann der Kläger ausweislich der Feststellungen aller im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen aufgrund seines Hüftleidens nicht mehr verrichten.
Der Kläger kann ferner nicht auf die von der Beklagten benannten Tätigkeiten als Lagerverwalter, Mitarbeiter in der Poststelle, Qualitätskontrolleur und Farbenmischer verwiesen werden. Wie das SG hierzu zutreffend ausgeführt hat, erfordern Tätigkeiten in einem Lager schon aufgrund der dazu notwendigen EDV-Kenntnisse, über die der Kläger nicht verfügt und die ihm nach seinen von der Beklagten zwar bestrittenen, aber nicht widerlegten Angaben weder während der Rehabilitationsmaßnahme im Berufsförderungswerk Nürnberg noch während des Praktikums bei der Bundeswehr ausreichend vermittelt wurden, nicht verwiesen werden. Die Tätigkeit als qualifizierter Mitarbeiter in der Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes setzt ua umfangreiche Kenntnisse der Betriebsabläufe voraus. Dafür reicht eine dreimonatige Einarbeitungszeit nicht aus. Gleiches gilt für die Tätigkeit als Qualitätskontrolleur in der Farbenindustrie und eines Farbenmischers. Auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil vom 23.01.2001 nimmt der Senat insoweit Bezug (§ 153 Abs 2 SGG).
Mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen muss sich der Kläger jedoch auf andere (gesundheitlich und sozial zumutbare) Tätigkeiten verweisen lassen, die - entsprechend dem Mehrstufenschema des BSG - qualifizierten Anlerntätigkeiten vergleichbar sind und dementsprechend tariflich entlohnt werden. Als solche Verweisungstätigkeit kommt insbesondere der Einsatz als Hauswart bzw Hausmeister in Betracht. Dafür ist der Kläger aufgrund seiner handwerklichen Vorbildung und Berufspraxis sowie der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Hausarbeiter bei der S.-Klinik in B. , die nach dem vorgelegten Wochenarbeitsplan wesentliche Elemente der Tätigkeit eines Hausmeisters enthält, fachlich geeignet. Für die Tätigkeit eines Hausmeisters gibt es keine eigentliche Aufgabenbeschreibung. Das Aufgabenspektrum und die Arbeitsanforderungen sind in hohem Maße vom jeweiligen Arbeitgeber abhängig (zB öffentl. Dienst, Industrieunternehmen, Wohnungswirtschaft usw). Generell ist davon auszugehen, dass das Aufgabengebiet eines Hausmeisters Wartungsarbeiten, kleinere Schönheitsreparaturen sowie Reinigungs- und Pflegearbeiten umfasst. Das Tragen schwererer Lasten über 10 kg fällt idR nicht an. Zwar erfordert die Hausmeistertätigkeit zeitweise auch Arbeiten, die nur im Stehen ausgeführt werden können bzw die im Gehen zu verrichten sind. Der Kläger ist jedoch trotz seiner Hüftgelenkserkrankung gesundheitlich in der Lage, Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne länger andauernde Zwangshaltungen zu verrichten. Die Tätigkeit, die der Kläger bei der S.-Klinik in B. als Hausarbeiter seit 02.05.2001 ohne wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ausübt, bestätigt die in den eingeholten Gutachten getroffene Leistungsbeurteilung und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das berufstypische Einsatzgebiet des Hausmeisters zeichnet sich gerade dadurch aus, dass zahlreiche unterschiedliche Aufgaben anfallen, die weitgehend seiner eigenverantwortlichen Zeiteinteilung unterliegen und deshalb idR ohne besonderen Zeitdruck verrichtet werden können. Arbeiten in Zwangshaltungen fallen nicht oder allenfalls kurzzeitig an, wenn man unter diesem Aspekt folgende Aufgabenbereiche eines Hausmeisters in Betracht zieht: Regelmäßiges Kontrollieren von Gebäuden, Außenanlagen, technischen Einrichtungen/Anlagen (Heizungs-, Klima-, Fernmelde- und Alarmanlagen) auf Funktionstüchtigkeit bzw Ordnungsmäßigkeit; Erledigen oder Veranlassen von Reparaturen; Überwachen und Sicherstellung von Versorgung mit Heizöl, Gas, Strom uä; Führen der Aufsicht über Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung der Gebäude, Bearbeiten von Mieterbeschwerden (Einhaltung der Hausordnung); Aufzeichnen von Arbeits- und Materialkosten oder Anfertigen von Berichten für Eigentümer/Verwalter. Bei diesen Tätigkeiten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass häufiges Bücken und Besteigen von Leitern und Gerüsten erforderlich ist. Möglicherweise hat der Hausmeister zB beim Auswechseln von Leuchtmitteln eine Hausleiter zu besteigen; dies fällt aber nur gelegentlich an und ist dem Kläger unter Berücksichtigung der von den Sachverständigen erhobenen Befunde ohne weiteres möglich. Soweit ausnahmsweise schwerere Gegenstände wie Möbelstücke bewegt werden müssen, stehen Hilfsgeräte zur Verfügung, die auf Rollen laufen und mit denen Möbel- stücke gehoben und transportiert werden können. Selbst das Schneeräumen ist keine schwere (und meist auch keine mittelschwere) Arbeit mehr, da hierbei idR motorisierte Räumgeräte zum Einsatz kommen, die von einem integrierten Fahrersitz aus gesteuert werden.
Die Entlohnung erfolgt in der Privatwirtschaft regelmäßig in Lohngruppen für angelernte Arbeitnehmer (zB Tarifbeispiel Nr 5 zu Lohngruppe 4 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in den Bayer. Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 01.04.2000 - vgl BSG, Urteil vom 23.04.1980 in SozR 2200 Nr 61 zu § 1246 RVO), im öffentlichen Dienst als Facharbeiter (siehe Tarifbeispiel Nr 6.11 zu Lohngruppe 4 des ab 05.05.1998 gültigen Lohngruppenverzeichnisses des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder -MTL-). Im beruflichen Einsatzbereich eines Hausmeisters bzw Hauswarts kann der Kläger somit (aufgrund einschlägiger Vorkenntnisse ohne eine über drei Monate hinausgehende Einweisungszeit) die Stellung und tarifliche Entlohnung eines Facharbeiters oder zumindest den eines qualifiziert angelernten Arbeiters erreichen und damit mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen (gelernter Maler/Lackierer/Verputzer). Er ist deshalb nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI und hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen BU.
Auf die Berufung der Beklagten war deshalb das Urteil des SG Würzburg vom 23.01.2001 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid vom 04.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1998 in vollem Umfange abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der am 1955 geborene Kläger erlernte vom 22.07.1971 bis 21.07.1974 den Beruf des Malers und Lackierers und war anschließend - unterbrochen durch Zeiten seines Wehrdienstes - als Wachmann, Lagerhelfer und vom 01.04.1987 bis 24.04.1998 als Maler und Verputzer bei der Fa.S. in F. versicherungspflichtig beschäftigt. Die Entlohnung erfolgte nach Berufsgruppe III-2 des Tarifvertrages des Malerhandwerks, Gruppe Putz-Stuck (Bauhauptgewerbe). Seit dem 02.05.2001 ist der Kläger als Hausarbeiter bei der S.-Klinik in B. beschäftigt.
Bereits am 06.10.1997 hatte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw BU beantragt. Im Gutachten vom 29.10.1997 stellte die Orthopädin Dr.B. folgende Diagnosen: Abnützungserscheinungen der Hüftgelenke bei Minderanlage, Umstellungsoperation links 10/93, rechts 3/94; Lendenwirbelsäulensyndrom durch Fehlbelastung mit Muskeldysbalancen und beginnender Funktionsstörung. Die Sachverständige vertrat die Auffassung, dass der Kläger die bis zu seiner Erkrankung am 06.08.1997 ausgeübte Tätigkeit als Maler und Verputzer nicht mehr verrichten könne. Er sei jedoch nach wie vor in der Lage, leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, vorwiegend im Sitzen, aber auch im Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten; mittelschwere Tätigkeiten könne er in sitzender Arbeitshaltung noch vollschichtig ausüben, ansonsten (im Wechsel von Gehen und Stehen) bis zu vier Stunden täglich.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 04.11.1997 die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU bzw BU an den Kläger ab.
Der hiergegen am 01.12.1997 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11.03.1998).
Dagegen hat der Kläger am 27.03.1998 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben.
Der vom SG zum gerichtlichen Sachverständigen ernannte Internist Prof.Dr.Z. hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 29.09.2000 in seinem Gutachten vom selben Tage die bereits bekannten Diagnosen bestätigt und darüber hinaus eine labile essentielle Hypertonie ohne Folgeerscheinungen festgestellt. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, unter Absturzgefahr, mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützapparates durch häufiges Heben und Tragen von Lasten, Bücken, Gehen, Stehen und Steigen, ferner Tätigkeiten in Zwangshaltung und Arbeiten unter Einwirkung von Kälte, Nässe, Hitze oder starken Temperaturschwankungen müsse der Kläger vermeiden. Als Verputzer könne er deshalb nicht mehr tätig sein, jedoch weiterhin leichte bis mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen in geschlossenen Räumen verrichten, so dass er noch als Farbenmischer, Qualitätsprüfer und Poststellenmitarbeiter einsatzfähig sei. Ortsübliche Anmarschwege zur Arbeitsstelle könne er zurücklegen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 23.01.2001 verpflichtet, dem Kläger ab 01.08.2000 die gesetzlichen Leistungen wegen BU zu gewähren. Die Tätigkeit eines Malers und Verputzers könne der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, sich aber auch auf Tätigkeiten im Lager, in einer Poststelle oder als Qualitätsprüfer nicht innerhalb von höchstens drei Monaten umstellen. Hierzu fehle es ihm an Erfahrungen in der industriellen Fertigung und weiteren erforderlichen Vorkenntnissen. Die Tätigkeit eines Farbenmischers stelle eine eigenständige Fachausbildung dar, auf die sich der Kläger nicht innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungszeit umstellen könne. Weitere Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich.
Gegen das am 06.03.2001 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 26.03.2001 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Der Kläger sei auf Tätigkeiten als Lagerverwalter einer Farbstoffgroßhandlung, Farbenmischer, Qualitätsprüfer und Poststellenmitarbeiter verweisbar. Er habe vom 25.10.1999 bis 21.07.2000 an einer Integrationsmaßnahme beim Berufsförderungswerk Nürnberg teilgenommen und im Rahmen eines Praktikums den Gabelstaplerschein erworben. Vom 15.11.1999 bis 21.07.2000 sei er im Materiallager der Standortverwaltung der Bundeswehr in W. tätig gewesen und lediglich aus betrieblichen Gründen nicht übernommen worden. Im Rahmen der Integrationsmaßnahme zur Wiedereingliederung von Rehabilitanden seien ihm auch EDV-Kennntisse vermittelt worden. Als gelernter Maler und Verputzer könne der Kläger auch auf eine Tätigkeit als Hausmeister verwiesen werden, für die aufgrund seiner Vorkenntnisse eine Anlernzeit von drei Monaten ausreichend sei. Er habe am 02.05.2001 eine Tätigkeit als Hausarbeiter bei der S.-Klinik in B. aufgenommen und übe diese ganztätig im Freien, in Werkhallen sowie in geschlossenen und temperierten Räumen aus. Da er aufgrund der Gutachtenslage noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten wechselweise im Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig verrichten könne, sei ihm die Ausübung der Verweisungstätigkeit als Hausmeister auch medizinisch zumutbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Würzburg vom 23.01.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der LVA Unterfranken vom 04.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1998 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er könne aus Rechtsgründen nicht zumutbar auf Tätigkeiten als Hausmeister verwiesen werden. Die Tätigkeit eines Hausmeisters stelle weder einen Ausbildungsberuf dar, noch sei dazu eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten erforderlich. Als Hausarbeiter in der S.-Klinik sei er praktisch "Mädchen für alles", müsse dabei ua Rasen mähen, das Klinikgelände sauber halten, Abfall zu den Mülltonnen verbringen, Koffer von und zu den Gästezimmern tragen und Patienten zum Arzt fahren.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen BU nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Nach dieser Vorschrift haben Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie berufsunfähig sind, die letzten fünf Jahre vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er ist jedoch nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI, da seine Erwerbsfähigkeit nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten eingeschränkt ist, beurteilt sich danach, welchen Lohn er durch eine Erwerbstätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem beruflichen Werdegang zumutbar verweisbar ist. Der Kreis der Tätigkeiten, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden kann, richtet sich gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI nach der Dauer und dem Umfang seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und nach den besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit. Im Anschluss an seine Ausbildung zum Maler und Lackierer hat der Kläger zuletzt vom 01.04.1987 bis 24.04.1998 den Beruf des Malers und Verputzers ausgeübt. Er wurde dabei nach dem Tarifvertrag des Malerhandwerks Gruppe Putz-Stuck (Bauhauptgewerbe) als Spezialbaufacharbeiter nach Berufsgruppe III-2 entlohnt und ist deshalb - was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist - entsprechend dem vom Bundessozialgericht (BSG) ent- wickelten Mehrstufenschema (gelernt - angelernt - ungelernt) als Facharbeiter zu beurteilen.
Den erlernten Beruf kann der Kläger ausweislich der Feststellungen aller im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen aufgrund seines Hüftleidens nicht mehr verrichten.
Der Kläger kann ferner nicht auf die von der Beklagten benannten Tätigkeiten als Lagerverwalter, Mitarbeiter in der Poststelle, Qualitätskontrolleur und Farbenmischer verwiesen werden. Wie das SG hierzu zutreffend ausgeführt hat, erfordern Tätigkeiten in einem Lager schon aufgrund der dazu notwendigen EDV-Kenntnisse, über die der Kläger nicht verfügt und die ihm nach seinen von der Beklagten zwar bestrittenen, aber nicht widerlegten Angaben weder während der Rehabilitationsmaßnahme im Berufsförderungswerk Nürnberg noch während des Praktikums bei der Bundeswehr ausreichend vermittelt wurden, nicht verwiesen werden. Die Tätigkeit als qualifizierter Mitarbeiter in der Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes setzt ua umfangreiche Kenntnisse der Betriebsabläufe voraus. Dafür reicht eine dreimonatige Einarbeitungszeit nicht aus. Gleiches gilt für die Tätigkeit als Qualitätskontrolleur in der Farbenindustrie und eines Farbenmischers. Auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil vom 23.01.2001 nimmt der Senat insoweit Bezug (§ 153 Abs 2 SGG).
Mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen muss sich der Kläger jedoch auf andere (gesundheitlich und sozial zumutbare) Tätigkeiten verweisen lassen, die - entsprechend dem Mehrstufenschema des BSG - qualifizierten Anlerntätigkeiten vergleichbar sind und dementsprechend tariflich entlohnt werden. Als solche Verweisungstätigkeit kommt insbesondere der Einsatz als Hauswart bzw Hausmeister in Betracht. Dafür ist der Kläger aufgrund seiner handwerklichen Vorbildung und Berufspraxis sowie der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Hausarbeiter bei der S.-Klinik in B. , die nach dem vorgelegten Wochenarbeitsplan wesentliche Elemente der Tätigkeit eines Hausmeisters enthält, fachlich geeignet. Für die Tätigkeit eines Hausmeisters gibt es keine eigentliche Aufgabenbeschreibung. Das Aufgabenspektrum und die Arbeitsanforderungen sind in hohem Maße vom jeweiligen Arbeitgeber abhängig (zB öffentl. Dienst, Industrieunternehmen, Wohnungswirtschaft usw). Generell ist davon auszugehen, dass das Aufgabengebiet eines Hausmeisters Wartungsarbeiten, kleinere Schönheitsreparaturen sowie Reinigungs- und Pflegearbeiten umfasst. Das Tragen schwererer Lasten über 10 kg fällt idR nicht an. Zwar erfordert die Hausmeistertätigkeit zeitweise auch Arbeiten, die nur im Stehen ausgeführt werden können bzw die im Gehen zu verrichten sind. Der Kläger ist jedoch trotz seiner Hüftgelenkserkrankung gesundheitlich in der Lage, Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne länger andauernde Zwangshaltungen zu verrichten. Die Tätigkeit, die der Kläger bei der S.-Klinik in B. als Hausarbeiter seit 02.05.2001 ohne wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ausübt, bestätigt die in den eingeholten Gutachten getroffene Leistungsbeurteilung und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das berufstypische Einsatzgebiet des Hausmeisters zeichnet sich gerade dadurch aus, dass zahlreiche unterschiedliche Aufgaben anfallen, die weitgehend seiner eigenverantwortlichen Zeiteinteilung unterliegen und deshalb idR ohne besonderen Zeitdruck verrichtet werden können. Arbeiten in Zwangshaltungen fallen nicht oder allenfalls kurzzeitig an, wenn man unter diesem Aspekt folgende Aufgabenbereiche eines Hausmeisters in Betracht zieht: Regelmäßiges Kontrollieren von Gebäuden, Außenanlagen, technischen Einrichtungen/Anlagen (Heizungs-, Klima-, Fernmelde- und Alarmanlagen) auf Funktionstüchtigkeit bzw Ordnungsmäßigkeit; Erledigen oder Veranlassen von Reparaturen; Überwachen und Sicherstellung von Versorgung mit Heizöl, Gas, Strom uä; Führen der Aufsicht über Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung der Gebäude, Bearbeiten von Mieterbeschwerden (Einhaltung der Hausordnung); Aufzeichnen von Arbeits- und Materialkosten oder Anfertigen von Berichten für Eigentümer/Verwalter. Bei diesen Tätigkeiten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass häufiges Bücken und Besteigen von Leitern und Gerüsten erforderlich ist. Möglicherweise hat der Hausmeister zB beim Auswechseln von Leuchtmitteln eine Hausleiter zu besteigen; dies fällt aber nur gelegentlich an und ist dem Kläger unter Berücksichtigung der von den Sachverständigen erhobenen Befunde ohne weiteres möglich. Soweit ausnahmsweise schwerere Gegenstände wie Möbelstücke bewegt werden müssen, stehen Hilfsgeräte zur Verfügung, die auf Rollen laufen und mit denen Möbel- stücke gehoben und transportiert werden können. Selbst das Schneeräumen ist keine schwere (und meist auch keine mittelschwere) Arbeit mehr, da hierbei idR motorisierte Räumgeräte zum Einsatz kommen, die von einem integrierten Fahrersitz aus gesteuert werden.
Die Entlohnung erfolgt in der Privatwirtschaft regelmäßig in Lohngruppen für angelernte Arbeitnehmer (zB Tarifbeispiel Nr 5 zu Lohngruppe 4 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in den Bayer. Betrieben des Groß- und Außenhandels vom 01.04.2000 - vgl BSG, Urteil vom 23.04.1980 in SozR 2200 Nr 61 zu § 1246 RVO), im öffentlichen Dienst als Facharbeiter (siehe Tarifbeispiel Nr 6.11 zu Lohngruppe 4 des ab 05.05.1998 gültigen Lohngruppenverzeichnisses des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder -MTL-). Im beruflichen Einsatzbereich eines Hausmeisters bzw Hauswarts kann der Kläger somit (aufgrund einschlägiger Vorkenntnisse ohne eine über drei Monate hinausgehende Einweisungszeit) die Stellung und tarifliche Entlohnung eines Facharbeiters oder zumindest den eines qualifiziert angelernten Arbeiters erreichen und damit mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen (gelernter Maler/Lackierer/Verputzer). Er ist deshalb nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI und hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen BU.
Auf die Berufung der Beklagten war deshalb das Urteil des SG Würzburg vom 23.01.2001 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid vom 04.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1998 in vollem Umfange abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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