Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 502/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 193/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2000 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. August 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. März 1999 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, Rente wegen voller Erwerbsminderung an die Klägerin dem Grunde nach vom 1. August 2001 bis 31. Juli 2004 zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI bzw. wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43, 44 SGB VI alter Fassung.
Die am 1946 geborene Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt, war nach der Schulentlassung als Mithilfe bei ihren Eltern beschäftigt, dann von 1968 bis 1969 als Verkäuferin, von 1970 bis 1976 im Haushalt und als Werkarbeiterin. 1984 war sie selbständige Gastwirtin und von 1990 bis zur Rentenantragstellung Abteilungsleiterin in der Herstellung von Tiefkühlwaren.
Der letzte Arbeitgeber bestätigte eine Beschäftigung ab 1990 und teilte mit, die Klägerin habe anfangs als Helferin in der Produktion gearbeitet, später und zuletzt sei sie Linienführerin bei der Verarbeitung von Pilzen gewesen. Es habe sich um eine ungelernte, später angelernte Tätigkeit gehandelt, wobei es der Klägerin an tätigkeitsübergreifenden Kenntnissen gefehlt habe und sie so nicht alle praktischen und theoretischen Kenntnisse einer Facharbeiterin besaß. Eine tarifliche Erfassung erfolgte nicht, da keine Tarifgebundenheit bestand. Als Linienführerin oblag der Klägerin die Überwachung der Produktionsanlagen, die Einteilung des zugeteilten Personals unter Mithilfe bei allen anfallenden Arbeiten. Die Arbeit erfolgte im Gehen und Stehen, verbunden mit Heben und Tragen über 7 kg im Einschichtbetrieb und war unter künstlichem Licht bei Kälte und Nässe und zeitweilig starkem Lärm zu verrichten.
Seit 03.03.2000 bezog die Klägerin Krankengeld sowie Sozialhilfe und beantragte am 16.03.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Neben der Beiziehung der Unterlagen der behandelnden Ärzte veranlasste die Beklagte eine Untersuchung der Klägerin, die am 23.07.1998 in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg stattfand. Dort wurden die Diagnosen gestellt: 1. Lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden, Zustand nach mehrmaliger Bandscheibenoperation sowie Zustand nach Fusion L 3 /S 1. 2. Halswirbelsäulen-Schulter-Armbeschwerden rechts. Schulterteilsteife rechts. 3. Kniegelenksbeschwerden rechts. 4. Übergewicht. Es wurden von der Klägerin Beschwerden im LWS-Bereich und an der rechten Schulter sowie an den Fingern 3 und 4 der rechten Hand geltend gemacht. Bei der Untersuchung waren der Faustschluss komplett möglich und auch die anderen Griffe ausführbar. Sensible Ausfälle bestanden zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht. Die verminderte Wirbelsäulenbelastbarkeit erlaube nur noch leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne Überkopfarbeiten.
Die Untersuchung beim Arbeitsamt ergab neben der Unfähigkeit, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten, auch eine Einschränkung körperlich leichter Arbeiten zum Zeitpunkt der Untersuchung. Die berufliche Belastbarkeit wurde wegen der schulterabhängigen Beschwerden rechts und einer Ischiassymptomatik als eingeschränkt gesehen.
Mit Bescheid vom 17.08.1998 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab mit der Begründung, dass trotz der Beschwerden vollschichtig noch leichte Arbeiten möglich seien und somit weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Ihren Widerspruch vom 28.08.1998 begründete die Klägerin mit den starken Beschwerden in der rechten Schulter und dem radikulären Lumbalsyndrom, das nach Auffassung der behandelnden Ärzte keine vollschichtige Arbeit mehr zulasse.
Der Klägerin wurde eine stationäre Anschlussheilbehandlung vom 22.09.1998 bis 13.10.1998 bewilligt. Aus diesem Heilverfahren wurde die Klägerin als arbeitsunfähig entlassen, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien zur Zeit nur unter zwei Stunden möglich. Behandelt wurde wegen des therapieresistenten Schmerzsyndroms, eine teilweise Besserung der Beschwerden konnte durch das Heilverfahren erreicht werden. Eine weitere Untersuchung im Widerspruchsverfahren fand am 26.01.1999 statt, es wurden im Wesentlichen unveränderte Gesundheitsstörungen diagnostiziert. Das Leistungsvermögen der Klägerin wurde zwar qualitativ als beeinträchtigt beurteilt, jedoch bestünde noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Die Klägerin könne sich auch auf andere angelernte Tätigkeiten umstellen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.1999 deshalb zurück.
Mit der Klage vom 15.04.1999 begehrte die Klägerin weiter die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente. Unter Vorlage eines Attests von Dr.S. hat sie zur Begründung vorgetragen, dass sie nicht mehr in der Lage sei, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten, ohne die verbliebene Restgesundheit zu gefährden.
Das Sozialgericht zog Befundberichte bei den Dres.E. , E. und S. bei und bestellte zum gerichtlichen Sachverständigen den Orthopäden Dr.M ... Dr.M. hat im Gutachten vom 24.11.1999 ausgeführt: Bei der Klägerin bestehen Erscheinungen einer eingeschränkten Lendenwirbelsäulenfunktion mit diskret abgeschwächtem Kniescheibensehnenreflex rechts und abgeschwächtem Achillessehnenreflex links. Dr.M. konnte weder eine echte entzündliche rheumatische Erkrankung noch Hinweise auf eine Boreliose feststellen. Er hält die Zustände bei der Klägerin für Schmerzzustände unbekannter, insbesondere auch seelischer Art. Nach Auffassung von Dr.M. kann die Klägerin leichte Arbeit im Gehen, Stehen, Sitzen und im Wechsel davon in geschlossenen Räumen ohne Klettern oder Steigen auf Leitern und Gerüsten und ohne häufiges Bücken sowie ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg noch vollschichtig etwa acht Stunden verrichten. Während die Tätigkeit als Verkäuferin noch möglich sei, könne sie als Haushaltshilfe nicht mehr arbeiten.
Mit Urteil vom 17.02.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es war der Auffassung, die Klägerin sei als Ungelernte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und könne dort noch vollschichtig tätig sein, so dass sie die Voraussetzung für die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente, aber auch der Berufsunfähigkeitsrente, nicht erfülle.
Mit der Berufung begehrt die Klägerin Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente. Sie ist der Auffassung, dass Dr.M. anders als die behandelnden Ärzte die Gesundheitsstörungen nicht ausreichend gewürdigt hat.
Vorgelegt wurden dazu ärztliche Atteste von Dr.P. sowie Dr.S ... Das Gericht hat einen Befundbericht eingeholt bei der Gemeinschaftspraxis Dres.E. und E. und hat den Orthopäden Dr.K. zum Sachverständigen bestellt.
Dr.K. hat im Gutachten vom 27.07.2001 die Diagnosen gestellt: 1. Überwiegend funktionelles HWS-Syndrom mit Muskelreizerscheinungen (initiale Spondylarthrose C 7/TH 1). 2. Chronifizierter Schmerzzustand der LWS nach mehrfachen Bandscheibenoperationen und Versteifung (Postdiscotomiesyndrom III nach Krämer, Postfusions-Syndrom nach Spondylodese L 3 - S 1). 3. Beginnender Schultereckgelenksverschleiß rechts, Muskelreizzustand nach operativ versorgtem Rotatorenmanschettenriss rechts (AC-Arthrose I - II). 4. Anlagebedingte Hypoplasie der Daumenendglieder. 5. Beginnender bis mäßiggradiger Hüftgelenksverschleiß beidseits (Coxarthrose I - II nach Mose, Coxa valga). 6. Senk-Spreizfuß beidseits, beginnende Großzehenfehlstellung (Pes transversoplanus, Hallux valgus, Krampfaderleiden beidseits (Stammvarikosis). Der Gutachter hat festgestellt, dass aufgrund der orthopädischerseits zu objektivierenden Erkrankungen die Klägerin vermindert belastbar sei. Die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule zeigten eine deutliche reflektorische Fehlhaltung, wobei höhergradige Aufbraucherscheinungen nicht nachzuweisen sind. Zum Untersuchungszeitpunkt waren neurologische Ausfälle nicht mit ausreichender Sicherheit objektivierbar. Seit 1984 bestehe ein Bandscheibenleiden, wobei mehrfach Bandscheibenoperationen durchgeführt wurden, die ohne anhaltenden Erfolg blieben. Trotz der Versteifungsoperation zwischen dem 5. Lendenwirbelkörper und dem 1. SWK komme es zu Schmerzausstrahlungen insbesondere in das rechte Bein, wobei radikulär-neurologische Ausfälle nicht mit letzter Sicherheit nachzuweisen sind. Die Kraftentfaltung des Großzehenhebers war wechselnd. Berücksichtigt werden müsse aber, dass auch am Untersuchungstag ein hochpotentes Schmerzmittel (Morphinpräparat) eingenommen wurde. Die Einnahme dieses morphinhaltigen Schmerzmittels sei entsprechend der Rückfrage beim Hausarzt glaubhaft dokumentiert und aufgrund dieses Schmerzmitteles sei eine mögliche Vigilanztörung zu berücksichtigen. Bei Überkopfbewegungen bestehen Schmerzen durch den Riss der Rotatorenmanschettenmuskulatur. Bei der Untersuchung fand sich eine rechtsbetonte Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, wobei die Röntgenaufnahmen beginnende Aufbraucherscheinungen zeigen und damit eine Limitierung der Geh- und Stehleistung abzuleiten ist. Die übrigen Gesundheitsstörungen, so Dr.K. , schränkten nicht zusätzlich das körperliche und berufliche Leistungsvermögen ein. Die maßgebliche Symptomatik an der Halswirbelsäule bestehe seit ca. sechs Monaten, wobei der Gutachter insgesamt zum Ergebnis kommt, dass aufgrund der Notwendigkeit einer anhaltenden Einnahme von Morphinpräparaten das Leistungsvermögen auf weniger als vier Stunden eingeschränkt ist. Diese Einschätzung weiche von der des Vorgutachters ab, decke sich aber mit der Einschätzung des behandelnden Orthopäden und mit der identischen Einschätzung anläßlich der Reha-Maßnahme 1998. Daneben bestünden weitere Einschränkungen wie z.B. das Vermeiden von Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg oder das Vermeiden von Zwangshaltungen, Fließbandarbeiten und die Notwendigkeit einer ergometrischen Arbeitsplatzgestaltung. Leichte Tätigkeiten könnten der Klägerin noch abverlangt werden, allerdings müsse beachtet werden, dass die Schmerzmittel zu einer Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit führen und deshalb Arbeiten an laufenden Maschinen oder das Führen von Kraftfahrzeugen unmöglich ist. Es bestehe auch keine grundsätzliche Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustands. Die vom behandelnden Psychiater attestierte reaktive Depression konnte Dr.K. bestätigen, im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass seriologisch Hinweise auf eine durchgemachte Borelieninfektion bestehen. Augenblicklich sei aber keine Korrelation mit entsprechend klinischen Symptomen im Sinne einer Spätmanifestation durch diese Infektionskrankheit gegeben.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Stellungnahme von Dr.P. vom 27.08.2001 beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Nach Auffassung von Dr.P. hat Dr.K. einen sehr ausführlichen Untersuchungsbefund dokumentiert und dabei nur leichte Einschränkungen der Halswirbelsäule bzw. der Hüftgelenke festgestellt. Nachvollziehbar seien auch die als Folge der Versteifungsoperation beschriebenen Funktionseinschränkungen von Seiten der Lendenwirbelsäule. Dies hindere die Klägerin aber nicht, bei stärkerer Drehnotwendigkeit den ganzen Körper zu drehen. Die letztendlich maßgebende Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule könne beim Fehlen neurologischer Ausfälle nicht in dem Umfang berücksichtigt werden, dass eine zeitliche Leistungseinschränkung bestehe. Es sei Dr.K. zwar zuzustimmen, dass zu Beginn der Schmerzbehandlung die Medikamente das Reaktionsvermögen mindern, doch trete hier ein Gewöhnungsprozess ein, so dass selbst das Fahren eines Kraftfahrzeugs ohne Gefahr möglich sei. Unter dieser Medikation seien sowohl die reaktive Depression als auch die Schmerzkrankheit ausreichend behandelt. Das Leistungsvermögen sei somit zwar beeinträchtigt, es seien auch nur leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar, aber es bestehe weder die Notwendigkeit von betriebsunüblichen Pausen noch eine quantitative Leistungseinschränkung.
Dr.K. hat am 30.09.2000 zu den Einwendungen von Dr.P. Stellung genommen. Er war der Meinung, dass die von der Klägerin eingenommenen Morphinpräparate aufgrund der Dosis und der damit verbundenen Nebenwirkungen entsprechend zu berücksichtigen seien. Aufgrund der Vorgeschichte bei der Klägerin mit vier Operationen an der lasttragenden Wirbelsäule handele es sich um eine ernst zu nehmende Schmerzsymptomatik, die Angaben der Klägerin wirkten glaubhaft und seien durch objektivierbare Befunde weitgehend nachvollziehbar. Deshalb sei der Klägerin eine vollschichtige Beschäftigung nicht mehr abzuverlangen, da hier eine Überforderung eintreten würde. Das Achsenorgan sollte von der Klägerin durch regelmäßige längere Ruhepausen gegebenenfalls sogar in liegender Position entlastet werden. Bei einer vollschichtigen Beschäftigung müsste mit einer weiteren Dosiserhöhung des Morphinpräparats gerechnet werden und dies würde eindeutig zu einer weiteren Schädigung der Restgesundheit führen. Deshalb hat Dr.K. an seiner Leistungseinschränkung festgehalten.
Dr.P. hat in der Stellungnahme vom 13.11.2001 ebenfalls an ihrer Auffassung festgehalten. Die Dosierung liege bei der Klägerin im unteren Bereich, außerdem müsse man berücksichtigen, dass die letzte Operation im Bereich der Wirbelsäule bei der Klägerin bereits 1989 durchgeführt wurde und sie anschließend bis zum Arbeitsunfall im Jahre 1996 vollschichtig gearbeitet habe. Die Klägerin führe zwar an, dass die Beschwerden seit ca. einem Jahr zugenommen hätten, aber eine Verschlechterung sei erst Mitte 2000 eingetreten und nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung. Gerade der Krankheitsverlauf spreche dafür, dass sich die Beschwerdesymptomatik vom organischen Leiden gelöst und sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.02.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.08.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Rente ab Antrag zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut sowie des Bayerischen Landessozialgerichts und der beigezogenen Akten des Amts für Versorgung und Familienförderung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig und erweist sich als begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, da entsprechend der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen Dr.K. nur noch ein Leistungsvermögen von vier Stunden täglich bei der Klägerin vorhanden ist. Diese Leistungseinschränkung stimmt wesentlich mit der Beurteilung im Reha-Verfahren vom Oktober 1998 überein. Auch dort wurde das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Arbeiten auf zwei Stunden täglich begrenzt. Auch hier stand im Vordergrund die Schmerzsymptomatik mit depressiver Reaktion und die Gabe hochpotenter Schmerzmittel. Als Dauerzustand kann eine Minderung der Leistungsfähigkeit auf vier Stunden täglich aber erst ab Januar 2001 angenommen werden. Deshalb steht Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs.2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung nach § 300 Abs.1 i.V.m. § 102, 101 SGB VI zu. Die Rente wird somit nur auf Zeit gewährt, wobei im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Klägerin der Dreijahreszeitraum ausgeschöpft werden konnte. Rente steht somit beginnend mit dem 7. Kalendermonat nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Zeit vom 01.08.2001 bis 31.07.2004 zu. Soweit die Klägerin die Rentenleistung bereits ab Antragstellung begehrt, war die Berufung zurückzuweisen.
Das Leistungsvermögen der Klägerin ist nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung zu beurteilen (§ 300 Abs.1 SGB VI.
Nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Plfichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs.1 SGB VI).
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemimdert sind auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr.2, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Nach Abs.3 ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die allgemeine Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der zum Sachverständigen bestellte Orthopäde Dr.K. hat bei der Klägerin nur mehr ein Leistungsvermögen von vier Stunden täglich festgestellt und führt dies insbesondere auf die operativen Veränderungen im Wirbelsäulenbereich und die Notwendigkeit einer anhaltenden Einnahme von Morphinpräparaten zurück. Er hat dabei ausdrücklich betont, dass er von der früheren Beurteilung abweiche, und hat dies mit den Nebenwirkungen der Medikamente, die auch von der Klägerin geschildert wurden und die vom behandelnden Hausarzt bestätigt sind, begründet. Es ist der Einschätzung von Dr.K. der Vorzug zu geben, da dieser die Klägerin persönlich untersucht und alle Unterlagen ausgewertet hat. Er hat auch in der ergänzenden Stellungnahme an seiner Einschätzung festgehalten trotz Kenntnis der Einwendungen von Dr.P. und hat begründet dargelegt, warum nach seiner Einschätzung ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei der Klägerin nicht mehr gegeben ist. Dr.K. ist ein erfahrener Sachverständiger, der mit den sozialmedizinischen Voraussetzungen bestens vertraut ist und seine Beurteilung gut nachvollziehbar dargestellt und begründet hat. Diese Einschätzung von Dr.K. stimmt mit der Einschätzung im Reha-Verfahren 1998 überein, so dass sich die Frage stellt, ob das Leistungsvermögen der Klägerin bereits bei Antragstellung oder bei Abschluss der Reha-Maßnahme auf dieses Maß herabgesunken ist. Allerdings ist nach dem Reha-Verfahren ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt worden und der Gutachter dort, Dr.S. , hat keine zeitliche Leistungseinschränkung festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt wurden die psychischen Befunde als deutlich gefestigter beschrieben. Die Untersuchung bei Dr.S. fand im Januar 1999 statt und deshalb ist davon ausgehen, dass das Reha-Verfahren eine gewisse Besserung des Gesundheitsbildes erbracht hat, dass aber, wie die Untersuchung bei Dr.K. jetzt zeigt, keine dauerhafte Besserung und Stabilisierung ereicht werden konnte. Ab dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr.K. , nämlich ab 24.07.2001, ist erneut das geminderte Leistungsvermögen anzunehmen. Dr.K. ist als sorgfältiger Gutachter und erfahrener Sachverständiger bekannt und er hat seine abweichende Auffassung begründet und dargelegt, warum in diesem besonderen Fall eine zeitliche Leistungseinschränkung gegeben ist. Er hat aber insbesondere auch nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten die von der Klägerin eingenommenen Medikamente berücksichtigt, die zu einer verminderten Leistungsfähigkeit ebenfalls beitragen, da sie das Reaktionsvermögen herabsetzen. Die Auffassung von Dr.P. , dass in der Regel eine Gewöhnung eintritt, ist zu pauschal. Es kann nur vom betreffenden Gutachter im Einzelfall berücksichtigt werden, welche Einschränkungen vorliegen. Die von Dr.K. angenommene Einschränkung des Leistungsvermögens auf weniger als vier Stunden besteht in vollem Umfang seit Januar 2000. Die Klägerin hat bei der Untersuchung im Juli 2001 selbst angegeben, die maßgebliche Symptomatik an der Halswirbelsäule bestehe seit sechs Monaten. Dadurch ergibt sich eine nochmalige Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin, so dass ab diesem Zeitpunkt das Leistungsvermögen auf vier Stunden abgesunken ist. Auch Dr.P. hat in ihrer Stellungnahme auf eine Verschlechterung hingewiesen und die Auffassung vertreten, dass keinesfalls bereits ab 1998 von einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen werden kann. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.K. stand auch fest, dass die Klägerin das eingenommene Schmerzmittel auf Dauer einnehmen muss, so dass dieser auch die damit verbundenen Nebenwirkungen individuell bei der Klägerin, berücksichtigen konnte.
Der Senat folgt daher der überzeugenden Einschätzung von Dr.K. , dass die Klägerin seit Januar 2001 nicht mehr als vier Stunden täglich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung weiterer Einschränkungen verrichten kann. Da die Vorassetzungen für den Rentenbezug ab Januar 2001 erfüllt werden, ist gemäß § 300 SGB VI das Recht in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung anwendbar. Damit ist die Rente auf Zeit zu bewilligen (§ 102 Abs.2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnt somit gemäß § 101 Abs.1 mit Beginn des 7. Kalendermonats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit, also am 01.08.2001 und ist gemäß § 102 Abs.2 Satz 2 auf drei Jahre zu befristen, so dass das Rentenende mit dem 31.07.2004 festzusetzen ist. Die Möglichkeit der Weitergewährung auf Antrag der Klägerin ist davon unberührt.
Nach den im Versicherungsverlauf ausgewiesenen Zeiten der Arbeitslosmeldung und des Sozialhilfebezuges erfüllt die Klägerin auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da Anrechnungszeiten nach § 43 Abs.4 Satz 1 Ziff.2 SGB VI berücksichtigt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe gemäß § 160 Abs.2 Ziff.1 und 2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI bzw. wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43, 44 SGB VI alter Fassung.
Die am 1946 geborene Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt, war nach der Schulentlassung als Mithilfe bei ihren Eltern beschäftigt, dann von 1968 bis 1969 als Verkäuferin, von 1970 bis 1976 im Haushalt und als Werkarbeiterin. 1984 war sie selbständige Gastwirtin und von 1990 bis zur Rentenantragstellung Abteilungsleiterin in der Herstellung von Tiefkühlwaren.
Der letzte Arbeitgeber bestätigte eine Beschäftigung ab 1990 und teilte mit, die Klägerin habe anfangs als Helferin in der Produktion gearbeitet, später und zuletzt sei sie Linienführerin bei der Verarbeitung von Pilzen gewesen. Es habe sich um eine ungelernte, später angelernte Tätigkeit gehandelt, wobei es der Klägerin an tätigkeitsübergreifenden Kenntnissen gefehlt habe und sie so nicht alle praktischen und theoretischen Kenntnisse einer Facharbeiterin besaß. Eine tarifliche Erfassung erfolgte nicht, da keine Tarifgebundenheit bestand. Als Linienführerin oblag der Klägerin die Überwachung der Produktionsanlagen, die Einteilung des zugeteilten Personals unter Mithilfe bei allen anfallenden Arbeiten. Die Arbeit erfolgte im Gehen und Stehen, verbunden mit Heben und Tragen über 7 kg im Einschichtbetrieb und war unter künstlichem Licht bei Kälte und Nässe und zeitweilig starkem Lärm zu verrichten.
Seit 03.03.2000 bezog die Klägerin Krankengeld sowie Sozialhilfe und beantragte am 16.03.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Neben der Beiziehung der Unterlagen der behandelnden Ärzte veranlasste die Beklagte eine Untersuchung der Klägerin, die am 23.07.1998 in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg stattfand. Dort wurden die Diagnosen gestellt: 1. Lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden, Zustand nach mehrmaliger Bandscheibenoperation sowie Zustand nach Fusion L 3 /S 1. 2. Halswirbelsäulen-Schulter-Armbeschwerden rechts. Schulterteilsteife rechts. 3. Kniegelenksbeschwerden rechts. 4. Übergewicht. Es wurden von der Klägerin Beschwerden im LWS-Bereich und an der rechten Schulter sowie an den Fingern 3 und 4 der rechten Hand geltend gemacht. Bei der Untersuchung waren der Faustschluss komplett möglich und auch die anderen Griffe ausführbar. Sensible Ausfälle bestanden zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht. Die verminderte Wirbelsäulenbelastbarkeit erlaube nur noch leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne Überkopfarbeiten.
Die Untersuchung beim Arbeitsamt ergab neben der Unfähigkeit, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten, auch eine Einschränkung körperlich leichter Arbeiten zum Zeitpunkt der Untersuchung. Die berufliche Belastbarkeit wurde wegen der schulterabhängigen Beschwerden rechts und einer Ischiassymptomatik als eingeschränkt gesehen.
Mit Bescheid vom 17.08.1998 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab mit der Begründung, dass trotz der Beschwerden vollschichtig noch leichte Arbeiten möglich seien und somit weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Ihren Widerspruch vom 28.08.1998 begründete die Klägerin mit den starken Beschwerden in der rechten Schulter und dem radikulären Lumbalsyndrom, das nach Auffassung der behandelnden Ärzte keine vollschichtige Arbeit mehr zulasse.
Der Klägerin wurde eine stationäre Anschlussheilbehandlung vom 22.09.1998 bis 13.10.1998 bewilligt. Aus diesem Heilverfahren wurde die Klägerin als arbeitsunfähig entlassen, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien zur Zeit nur unter zwei Stunden möglich. Behandelt wurde wegen des therapieresistenten Schmerzsyndroms, eine teilweise Besserung der Beschwerden konnte durch das Heilverfahren erreicht werden. Eine weitere Untersuchung im Widerspruchsverfahren fand am 26.01.1999 statt, es wurden im Wesentlichen unveränderte Gesundheitsstörungen diagnostiziert. Das Leistungsvermögen der Klägerin wurde zwar qualitativ als beeinträchtigt beurteilt, jedoch bestünde noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Die Klägerin könne sich auch auf andere angelernte Tätigkeiten umstellen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.1999 deshalb zurück.
Mit der Klage vom 15.04.1999 begehrte die Klägerin weiter die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente. Unter Vorlage eines Attests von Dr.S. hat sie zur Begründung vorgetragen, dass sie nicht mehr in der Lage sei, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten, ohne die verbliebene Restgesundheit zu gefährden.
Das Sozialgericht zog Befundberichte bei den Dres.E. , E. und S. bei und bestellte zum gerichtlichen Sachverständigen den Orthopäden Dr.M ... Dr.M. hat im Gutachten vom 24.11.1999 ausgeführt: Bei der Klägerin bestehen Erscheinungen einer eingeschränkten Lendenwirbelsäulenfunktion mit diskret abgeschwächtem Kniescheibensehnenreflex rechts und abgeschwächtem Achillessehnenreflex links. Dr.M. konnte weder eine echte entzündliche rheumatische Erkrankung noch Hinweise auf eine Boreliose feststellen. Er hält die Zustände bei der Klägerin für Schmerzzustände unbekannter, insbesondere auch seelischer Art. Nach Auffassung von Dr.M. kann die Klägerin leichte Arbeit im Gehen, Stehen, Sitzen und im Wechsel davon in geschlossenen Räumen ohne Klettern oder Steigen auf Leitern und Gerüsten und ohne häufiges Bücken sowie ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg noch vollschichtig etwa acht Stunden verrichten. Während die Tätigkeit als Verkäuferin noch möglich sei, könne sie als Haushaltshilfe nicht mehr arbeiten.
Mit Urteil vom 17.02.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es war der Auffassung, die Klägerin sei als Ungelernte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und könne dort noch vollschichtig tätig sein, so dass sie die Voraussetzung für die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente, aber auch der Berufsunfähigkeitsrente, nicht erfülle.
Mit der Berufung begehrt die Klägerin Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente. Sie ist der Auffassung, dass Dr.M. anders als die behandelnden Ärzte die Gesundheitsstörungen nicht ausreichend gewürdigt hat.
Vorgelegt wurden dazu ärztliche Atteste von Dr.P. sowie Dr.S ... Das Gericht hat einen Befundbericht eingeholt bei der Gemeinschaftspraxis Dres.E. und E. und hat den Orthopäden Dr.K. zum Sachverständigen bestellt.
Dr.K. hat im Gutachten vom 27.07.2001 die Diagnosen gestellt: 1. Überwiegend funktionelles HWS-Syndrom mit Muskelreizerscheinungen (initiale Spondylarthrose C 7/TH 1). 2. Chronifizierter Schmerzzustand der LWS nach mehrfachen Bandscheibenoperationen und Versteifung (Postdiscotomiesyndrom III nach Krämer, Postfusions-Syndrom nach Spondylodese L 3 - S 1). 3. Beginnender Schultereckgelenksverschleiß rechts, Muskelreizzustand nach operativ versorgtem Rotatorenmanschettenriss rechts (AC-Arthrose I - II). 4. Anlagebedingte Hypoplasie der Daumenendglieder. 5. Beginnender bis mäßiggradiger Hüftgelenksverschleiß beidseits (Coxarthrose I - II nach Mose, Coxa valga). 6. Senk-Spreizfuß beidseits, beginnende Großzehenfehlstellung (Pes transversoplanus, Hallux valgus, Krampfaderleiden beidseits (Stammvarikosis). Der Gutachter hat festgestellt, dass aufgrund der orthopädischerseits zu objektivierenden Erkrankungen die Klägerin vermindert belastbar sei. Die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule zeigten eine deutliche reflektorische Fehlhaltung, wobei höhergradige Aufbraucherscheinungen nicht nachzuweisen sind. Zum Untersuchungszeitpunkt waren neurologische Ausfälle nicht mit ausreichender Sicherheit objektivierbar. Seit 1984 bestehe ein Bandscheibenleiden, wobei mehrfach Bandscheibenoperationen durchgeführt wurden, die ohne anhaltenden Erfolg blieben. Trotz der Versteifungsoperation zwischen dem 5. Lendenwirbelkörper und dem 1. SWK komme es zu Schmerzausstrahlungen insbesondere in das rechte Bein, wobei radikulär-neurologische Ausfälle nicht mit letzter Sicherheit nachzuweisen sind. Die Kraftentfaltung des Großzehenhebers war wechselnd. Berücksichtigt werden müsse aber, dass auch am Untersuchungstag ein hochpotentes Schmerzmittel (Morphinpräparat) eingenommen wurde. Die Einnahme dieses morphinhaltigen Schmerzmittels sei entsprechend der Rückfrage beim Hausarzt glaubhaft dokumentiert und aufgrund dieses Schmerzmitteles sei eine mögliche Vigilanztörung zu berücksichtigen. Bei Überkopfbewegungen bestehen Schmerzen durch den Riss der Rotatorenmanschettenmuskulatur. Bei der Untersuchung fand sich eine rechtsbetonte Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, wobei die Röntgenaufnahmen beginnende Aufbraucherscheinungen zeigen und damit eine Limitierung der Geh- und Stehleistung abzuleiten ist. Die übrigen Gesundheitsstörungen, so Dr.K. , schränkten nicht zusätzlich das körperliche und berufliche Leistungsvermögen ein. Die maßgebliche Symptomatik an der Halswirbelsäule bestehe seit ca. sechs Monaten, wobei der Gutachter insgesamt zum Ergebnis kommt, dass aufgrund der Notwendigkeit einer anhaltenden Einnahme von Morphinpräparaten das Leistungsvermögen auf weniger als vier Stunden eingeschränkt ist. Diese Einschätzung weiche von der des Vorgutachters ab, decke sich aber mit der Einschätzung des behandelnden Orthopäden und mit der identischen Einschätzung anläßlich der Reha-Maßnahme 1998. Daneben bestünden weitere Einschränkungen wie z.B. das Vermeiden von Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg oder das Vermeiden von Zwangshaltungen, Fließbandarbeiten und die Notwendigkeit einer ergometrischen Arbeitsplatzgestaltung. Leichte Tätigkeiten könnten der Klägerin noch abverlangt werden, allerdings müsse beachtet werden, dass die Schmerzmittel zu einer Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit führen und deshalb Arbeiten an laufenden Maschinen oder das Führen von Kraftfahrzeugen unmöglich ist. Es bestehe auch keine grundsätzliche Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustands. Die vom behandelnden Psychiater attestierte reaktive Depression konnte Dr.K. bestätigen, im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass seriologisch Hinweise auf eine durchgemachte Borelieninfektion bestehen. Augenblicklich sei aber keine Korrelation mit entsprechend klinischen Symptomen im Sinne einer Spätmanifestation durch diese Infektionskrankheit gegeben.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Stellungnahme von Dr.P. vom 27.08.2001 beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Nach Auffassung von Dr.P. hat Dr.K. einen sehr ausführlichen Untersuchungsbefund dokumentiert und dabei nur leichte Einschränkungen der Halswirbelsäule bzw. der Hüftgelenke festgestellt. Nachvollziehbar seien auch die als Folge der Versteifungsoperation beschriebenen Funktionseinschränkungen von Seiten der Lendenwirbelsäule. Dies hindere die Klägerin aber nicht, bei stärkerer Drehnotwendigkeit den ganzen Körper zu drehen. Die letztendlich maßgebende Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule könne beim Fehlen neurologischer Ausfälle nicht in dem Umfang berücksichtigt werden, dass eine zeitliche Leistungseinschränkung bestehe. Es sei Dr.K. zwar zuzustimmen, dass zu Beginn der Schmerzbehandlung die Medikamente das Reaktionsvermögen mindern, doch trete hier ein Gewöhnungsprozess ein, so dass selbst das Fahren eines Kraftfahrzeugs ohne Gefahr möglich sei. Unter dieser Medikation seien sowohl die reaktive Depression als auch die Schmerzkrankheit ausreichend behandelt. Das Leistungsvermögen sei somit zwar beeinträchtigt, es seien auch nur leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar, aber es bestehe weder die Notwendigkeit von betriebsunüblichen Pausen noch eine quantitative Leistungseinschränkung.
Dr.K. hat am 30.09.2000 zu den Einwendungen von Dr.P. Stellung genommen. Er war der Meinung, dass die von der Klägerin eingenommenen Morphinpräparate aufgrund der Dosis und der damit verbundenen Nebenwirkungen entsprechend zu berücksichtigen seien. Aufgrund der Vorgeschichte bei der Klägerin mit vier Operationen an der lasttragenden Wirbelsäule handele es sich um eine ernst zu nehmende Schmerzsymptomatik, die Angaben der Klägerin wirkten glaubhaft und seien durch objektivierbare Befunde weitgehend nachvollziehbar. Deshalb sei der Klägerin eine vollschichtige Beschäftigung nicht mehr abzuverlangen, da hier eine Überforderung eintreten würde. Das Achsenorgan sollte von der Klägerin durch regelmäßige längere Ruhepausen gegebenenfalls sogar in liegender Position entlastet werden. Bei einer vollschichtigen Beschäftigung müsste mit einer weiteren Dosiserhöhung des Morphinpräparats gerechnet werden und dies würde eindeutig zu einer weiteren Schädigung der Restgesundheit führen. Deshalb hat Dr.K. an seiner Leistungseinschränkung festgehalten.
Dr.P. hat in der Stellungnahme vom 13.11.2001 ebenfalls an ihrer Auffassung festgehalten. Die Dosierung liege bei der Klägerin im unteren Bereich, außerdem müsse man berücksichtigen, dass die letzte Operation im Bereich der Wirbelsäule bei der Klägerin bereits 1989 durchgeführt wurde und sie anschließend bis zum Arbeitsunfall im Jahre 1996 vollschichtig gearbeitet habe. Die Klägerin führe zwar an, dass die Beschwerden seit ca. einem Jahr zugenommen hätten, aber eine Verschlechterung sei erst Mitte 2000 eingetreten und nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung. Gerade der Krankheitsverlauf spreche dafür, dass sich die Beschwerdesymptomatik vom organischen Leiden gelöst und sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.02.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.08.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Rente ab Antrag zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut sowie des Bayerischen Landessozialgerichts und der beigezogenen Akten des Amts für Versorgung und Familienförderung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig und erweist sich als begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, da entsprechend der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen Dr.K. nur noch ein Leistungsvermögen von vier Stunden täglich bei der Klägerin vorhanden ist. Diese Leistungseinschränkung stimmt wesentlich mit der Beurteilung im Reha-Verfahren vom Oktober 1998 überein. Auch dort wurde das Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Arbeiten auf zwei Stunden täglich begrenzt. Auch hier stand im Vordergrund die Schmerzsymptomatik mit depressiver Reaktion und die Gabe hochpotenter Schmerzmittel. Als Dauerzustand kann eine Minderung der Leistungsfähigkeit auf vier Stunden täglich aber erst ab Januar 2001 angenommen werden. Deshalb steht Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs.2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung nach § 300 Abs.1 i.V.m. § 102, 101 SGB VI zu. Die Rente wird somit nur auf Zeit gewährt, wobei im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Klägerin der Dreijahreszeitraum ausgeschöpft werden konnte. Rente steht somit beginnend mit dem 7. Kalendermonat nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Zeit vom 01.08.2001 bis 31.07.2004 zu. Soweit die Klägerin die Rentenleistung bereits ab Antragstellung begehrt, war die Berufung zurückzuweisen.
Das Leistungsvermögen der Klägerin ist nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung zu beurteilen (§ 300 Abs.1 SGB VI.
Nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Plfichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs.1 SGB VI).
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemimdert sind auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr.2, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Nach Abs.3 ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die allgemeine Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der zum Sachverständigen bestellte Orthopäde Dr.K. hat bei der Klägerin nur mehr ein Leistungsvermögen von vier Stunden täglich festgestellt und führt dies insbesondere auf die operativen Veränderungen im Wirbelsäulenbereich und die Notwendigkeit einer anhaltenden Einnahme von Morphinpräparaten zurück. Er hat dabei ausdrücklich betont, dass er von der früheren Beurteilung abweiche, und hat dies mit den Nebenwirkungen der Medikamente, die auch von der Klägerin geschildert wurden und die vom behandelnden Hausarzt bestätigt sind, begründet. Es ist der Einschätzung von Dr.K. der Vorzug zu geben, da dieser die Klägerin persönlich untersucht und alle Unterlagen ausgewertet hat. Er hat auch in der ergänzenden Stellungnahme an seiner Einschätzung festgehalten trotz Kenntnis der Einwendungen von Dr.P. und hat begründet dargelegt, warum nach seiner Einschätzung ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei der Klägerin nicht mehr gegeben ist. Dr.K. ist ein erfahrener Sachverständiger, der mit den sozialmedizinischen Voraussetzungen bestens vertraut ist und seine Beurteilung gut nachvollziehbar dargestellt und begründet hat. Diese Einschätzung von Dr.K. stimmt mit der Einschätzung im Reha-Verfahren 1998 überein, so dass sich die Frage stellt, ob das Leistungsvermögen der Klägerin bereits bei Antragstellung oder bei Abschluss der Reha-Maßnahme auf dieses Maß herabgesunken ist. Allerdings ist nach dem Reha-Verfahren ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt worden und der Gutachter dort, Dr.S. , hat keine zeitliche Leistungseinschränkung festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt wurden die psychischen Befunde als deutlich gefestigter beschrieben. Die Untersuchung bei Dr.S. fand im Januar 1999 statt und deshalb ist davon ausgehen, dass das Reha-Verfahren eine gewisse Besserung des Gesundheitsbildes erbracht hat, dass aber, wie die Untersuchung bei Dr.K. jetzt zeigt, keine dauerhafte Besserung und Stabilisierung ereicht werden konnte. Ab dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr.K. , nämlich ab 24.07.2001, ist erneut das geminderte Leistungsvermögen anzunehmen. Dr.K. ist als sorgfältiger Gutachter und erfahrener Sachverständiger bekannt und er hat seine abweichende Auffassung begründet und dargelegt, warum in diesem besonderen Fall eine zeitliche Leistungseinschränkung gegeben ist. Er hat aber insbesondere auch nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten die von der Klägerin eingenommenen Medikamente berücksichtigt, die zu einer verminderten Leistungsfähigkeit ebenfalls beitragen, da sie das Reaktionsvermögen herabsetzen. Die Auffassung von Dr.P. , dass in der Regel eine Gewöhnung eintritt, ist zu pauschal. Es kann nur vom betreffenden Gutachter im Einzelfall berücksichtigt werden, welche Einschränkungen vorliegen. Die von Dr.K. angenommene Einschränkung des Leistungsvermögens auf weniger als vier Stunden besteht in vollem Umfang seit Januar 2000. Die Klägerin hat bei der Untersuchung im Juli 2001 selbst angegeben, die maßgebliche Symptomatik an der Halswirbelsäule bestehe seit sechs Monaten. Dadurch ergibt sich eine nochmalige Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin, so dass ab diesem Zeitpunkt das Leistungsvermögen auf vier Stunden abgesunken ist. Auch Dr.P. hat in ihrer Stellungnahme auf eine Verschlechterung hingewiesen und die Auffassung vertreten, dass keinesfalls bereits ab 1998 von einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen werden kann. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.K. stand auch fest, dass die Klägerin das eingenommene Schmerzmittel auf Dauer einnehmen muss, so dass dieser auch die damit verbundenen Nebenwirkungen individuell bei der Klägerin, berücksichtigen konnte.
Der Senat folgt daher der überzeugenden Einschätzung von Dr.K. , dass die Klägerin seit Januar 2001 nicht mehr als vier Stunden täglich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung weiterer Einschränkungen verrichten kann. Da die Vorassetzungen für den Rentenbezug ab Januar 2001 erfüllt werden, ist gemäß § 300 SGB VI das Recht in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung anwendbar. Damit ist die Rente auf Zeit zu bewilligen (§ 102 Abs.2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnt somit gemäß § 101 Abs.1 mit Beginn des 7. Kalendermonats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit, also am 01.08.2001 und ist gemäß § 102 Abs.2 Satz 2 auf drei Jahre zu befristen, so dass das Rentenende mit dem 31.07.2004 festzusetzen ist. Die Möglichkeit der Weitergewährung auf Antrag der Klägerin ist davon unberührt.
Nach den im Versicherungsverlauf ausgewiesenen Zeiten der Arbeitslosmeldung und des Sozialhilfebezuges erfüllt die Klägerin auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da Anrechnungszeiten nach § 43 Abs.4 Satz 1 Ziff.2 SGB VI berücksichtigt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe gemäß § 160 Abs.2 Ziff.1 und 2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved