L 16 RJ 223/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 854/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 223/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der am 1944 im Kosovo geborene Albaner ist jugoslawischer Staatsangehöriger und zur Zeit wohnhaft im unabhängigen Mazedonien. Dort hat er von Mai 1961 bis September 1965 Versicherungszeiten zurückgelegt und erhält seit 16.09.1996 mazedonische Invalidenrente. Er hat keinen Beruf erlernt und war in Deutschland als Baggerführer ohne Prüfung tätig. Pflichtbeiträge hat er hier von Mai 1970 bis Mai 1984 entrichtet. Der August 1984 ist wegen Arbeitslosigkeit als letzter Beitragsmonat registriert. Der Rentenantrag des Klägers vom 16.09.1996 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 16.03.1998 abgelehnt. Begründet wurde dies damit, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen fehlten, da von September 1991 bis September 1996 keine Beiträge entrichtet worden seien. Dem widersprach der Kläger am 06.04.1998 mit der Begründung, die Arbeitslosigkeit im Kosovo sei als Verlängerungstatbestand zu berücksichtigen. Laut Bescheinigung des Arbeitsamts Pristina vom 30.03.1998 war der Kläger vom 24.07.1984 bis 15.09.1996 arbeitslos. Im Widerspruchsbescheid vom 17.04.1998 heißt es, die Arbeitslosigkeit in Jugoslawien sei kein Aufschubtatbestand, da das Abkommen mit Jugoslawien keine Gleichstellungsklausel enthalte. Mit der am 16.06.1998 erhobenen Klage machte der Kläger geltend, schon früher invalide gewesen zu sein. Er übersandte Krankenhausentlassungsberichte von Juni und Juli 1992 und Oktober und November 1992 betreffend Angina pectoris nonstabilis und Hypertensio arterialis. Er teilte mit, 1985 bis 1987 noch nicht erkrankt gewesen zu sein; übrige medizinische Unterlagen seien zusammen mit dem Haus im Kosovo verbrannt worden. Das Sozialgericht Landshut wies die Klage am 17.03.2000 unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid zurück. Anhaltspunkte für einen früheren Versicherungsfall ergäben sich nicht. Gegen das am 04.04.2000 zugestellte Urteil legte der Kläger am 25.04.2000 Berufung ein. Er machte geltend, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit freiwilligen Beiträgen als Bauer zur Invalidenversicherung in der kommunalen Anstalt in K. erfüllt zu haben. Der Rat der Gemeinde K. im Kosovo bestätigte am 16.04.2000, die Unterlagen über Steuerpflicht aus landwirtschaftlicher Tätigkeit vom 09.08.1984 bis 16.09.1996 seien vernichtet. Die Beklagte wandte ein, aus der vorgelegten Bestätigung gehe keine Beitragsentrichtung über zwölf Jahre hervor. Der Kläger habe früher geltend gemacht, in dieser Zeit arbeitslos gewesen zu sein. Die Anrechnungsfähigkeit von Versicherungszeiten bestimme sich nach Angaben des zuständigen Versicherungsträgers, an die sich der Kläger wenden sollte. Ein etwaiger Nachweis freiwilliger Beiträge lasse im Übrigen die Lücke Juni und Juli 1984 unberührt. Auf die Anfrage der Beklagten nach weiteren Versicherungszeiten teilte der mazedonische Versicherungsträger am 23.02.20001 mit, er könne keine weiteren Versicherungszeiten bestätigen. Es gäbe keine Grundlage für die Anerkennung von im Kosovo zurückgelegten Zeiten als mazedonische Versicherungszeiten. Auf die Anfrage nach einer Bestätigung von Versicherungszeiten durch den Versicherungsträger in Pristina teilte der Kläger mit, keine Versicherung im Kosovo gehabt zu haben.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.03.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 16.09.1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug benommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.03.2000 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 16.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.1998. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit. Rechtsgrundlage für die vom Kläger angestrebte Erwerbsunfähigkeitsrente ab der erstmaligen Antragstellung am 16.09.1996 wäre § 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung. Danach ist neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit und dem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls vorausgesetzt (§§ 50 Abs.1, 51 Abs.1, 44 Abs.1 Satz 1 Nr.1, Nrn.2 und 3 SGB VI). Die letztgenannte Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger derzeit erwerbsunfähig ist. Deshalb ist auch eine medizinische Untersuchung des Klägers in Deutschland unterblieben. Auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Versicherungsfalls sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nämlich nicht erfüllt. Während der mazedonische Versicherungsträger Invalidität ab 16.09.1996 bejaht hat, lassen es die medizinischen Unterlagen aus dem Jahr 1992 als möglich erscheinen, dass bereits damals eine Leistungseinschränkung vorgelegen hat. Für die Zeit davor fehlen jegliche medizinische Unterlagen, da diese laut Angaben des Klägers verbrannt sein sollen. Der Kläger hat weiter eingeräumt, von 1985 bis 1987 noch nicht krank gewesen zu sein. Unter der Annahme, dass der Versicherungsfall am 01.01.1988 eingetreten ist, bemisst sich der maßgebliche Fünfjahreszeitraum vom 01.01.1983 bis 31.12.1987. Während dieser Zeit hat der Kläger 17 Monate an Pflichtbeiträgen vorzuweisen. Der letzte Pflichtbeitrag wurde in Deutschland im Mai 1984 entrichtet und der Versicherungsverlauf endet nach einer Lücke im Juni und Juli 1984 mit dem Versicherungsbeitrag im August 1984 aufgrund von Arbeitslosengeldbezugs. Die geforderten drei Jahre mit Pflichtbeiträgen kann der Kläger also auch im günstigsten Fall nicht vorweisen.

Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit verlängert sich nicht um etwaige Zeiten der Arbeitslosigkeit in Jugoslawien. Laut dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974, das auch im Verhältnis zu Mazedonien weiter gilt, werden für den Erwerb des Leistungsanspruchs nur anrechnungsfähige Versicherungszeiten des anderen Vertragsstaates angerechnet (Art.25). Versicherungszeiten hat der mazedonische Rentenversicherungsträger aber nur bis September 1965 bescheinigt. Im Übrigen hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass das deutsch-jugoslawische Abkommen keine Gleichstellungsregelung der Gestalt enthält, dass Arbeitslosigkeit in Jugoslawien wie Arbeitslosigkeit in Deutschland zu berücksichtigen ist. Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs.2 SGB VI). Wie bereits oben dargelegt, finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 01.01.1984 eingetreten ist, nachdem der Kläger noch bis Mai 1984 Pflichtbeiträge entrichtet hat. Selbst wenn der Kläger freiwillige Beitragszeiten als Bauer zurückgelegt hat, wie dies für die Zeit vom 09.08.1984 bis 16.09.1996, gestützt auf die Bestätigung des Rats der Gemeinde K. vom 16.04.2000, behauptet wird, bleibt die Lücke im Juni und Juli 1984. Im Übrigen ist es nach der jüngsten Erklärung des Klägers, im Kosovo nicht versichert gewesen zu sein, mehr als zweifelhaft, ob er Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet hat. Die Bestätigung vom 16.04.2000 jedenfalls hat lediglich den Inhalt, dass Unterlagen über die Steuerpflicht aus landwirtschaftlicher Tätigkeit vom 09.08.1984 bis 16.09.1996 vernichtet sind. Eine Bestätigung von Versicherungszeiten kann daraus nicht abgeleitet werden. Die Ausnahmevorschrift des § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI kommt für den Kläger deshalb nicht in Betracht, weil für die Versicherungslücken im Juni und Juli 1984 sowie von September 1984 bis Ende 1987 kein freiwilliger Beitrag gemäß § 197 Abs.2 in Verbindung mit § 198 Satz 1 SGB VI im Nachhinein gezahlt werden darf. Eine etwaige Berechtigung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ab dem Jahr der Rentenantragstellung 1996 ist daher nicht geeignet, einen Rentenanspruch zu begründen.

Auch ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit fordert die im Zusammenhang mit dem Erwerbsunfähigkeitsrentenanspruch genannten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Es finden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit vor dem fiktiven Eintritt der Erwerbsminderung am 01.01.1988 eingetreten ist. Nachdem der Kläger selbst eingeräumt hat, bis 1987 nicht krank gewesen zu sein und der Versicherungsverlauf auch keine Krankheitszeiten ausweist, besteht kein Grund zur Annahme, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Baggerfahrer aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat. Für den Fall der Berufsunfähigkeit am 01.01.1988 scheitert der Anspruch aber an den oben dargestellten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bzw. der fehlenden Gleichstellungsklausel im deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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