L 6 RJ 246/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 Ar 385/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 246/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Januar 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Sein am 16.12.1987 beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eingegangenes Schreiben, mit dem er Rente aus der Arbeiterrentenversicherung Deutschlands begehrt, wurde dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung und von diesem an die Beklagte als Verbindungsstelle nach dem deutsch-marokkanischen Abkommen über soziale Sicherheit zur Bearbeitung weiterleitete. Nach den darin enthaltenen Angaben will der Kläger in der Zeit von 1965 bis 1977 sich in Deutschland aufgehalten haben und in dieser Zeit versicherungspflichtig erwerbstätig gewesen sein. Die von der Beklagten befragten Landesversicherungsanstalten Baden, Westfalen und Rheinprovinz hatten keinerlei Versicherungsunterlagen über den Kläger in ihren Archiven verwahrt. Nachdem der Kläger selbst auch keine Unterlagen über seine Versicherung in Deutschland vorlegen konnte, hat die Beklagte sodann aufgrund der Angaben des Klägers zur Feststellung von Beitrags- und Ausfallzeiten erfolglos Anfragen an die Allgemeinen Ortskrankenkassen Märkischer Kreis, Iserlohn und Hamm gerichtet.

Mit Bescheid vom 15.03.1990 hat die Beklagte den Rentenantrag abgewiesen, mit der Begründung, dass Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung Deutschlands nicht nachgewiesen hätten werden können. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bestehe deshalb unabhängig vom Gesundheitszustand des Klägers nicht.

Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt und erneut seine versicherungspflichtige Tätigkeit in Deutschland dargestellt. Die Beklagte hat darauf durch weitere Anfragen bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen des Märkischen Kreises Lüdenscheidt, der AOK Hamm, der AOK Erftkreis, der AOK Ahrweiler und der AOK Münster eine Beitragsleistung des Klägers ausfindig zu machen versucht sowie erneut bei den Landesversicherungsanstalten Baden, Rheinprovinz und Westfalen über dort verwahrte Unterlagen über eine Beitragsleistung des Klägers angefragt. Ferner hat sie medizinische Unterlagen zur Krankengeschichte des Klägers beigezogen und den Kläger erneut zu genauen Angaben über seine Tätigkeit in Deutschland aufgefordert. Aufgrund weiterer Angaben des Klägers hat die Beklagte eine Auskunft der Gemeinde H ... eingeholt, wonach der Kläger sich am 11.04.1969 mit Wohnort auf dem Gemeindegebiet angemeldet und sich am 21.12.1975 abgemeldet habe. Weitere Anfragen der Beklagten bei der AOK Märkischer Kreis und Hamm blieben ohne Erfolg, wegen ungenauer Angaben zum Arbeitgeber bzw. Beschäftigungsort. Die AOK Ahrweiler hat aufgrund ihrer Beitragsunterlagen ein Versicherungsverhältnis auf den Namen des Klägers in der Zeit vom 24.10.1969 bis 12.11.1969, vom 06.06.1972 bis 15.06.1972 und vom 20.06.1972 bis 22.02.1974 mit der Beitragsleistung zur Arbeiterrentenversicherung nach den tatsächlichen Arbeitsverdienst mitgeteilt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, da jedenfalls die dafür erforderlich Wartezeit von 60 Kalendermonaten Versicherungszeit für den Kläger nicht nachgewiesen sei.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben mit der er weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt. Auf Anfrage des Sozialgerichts hat er erneut (schwer verwertbare) Angaben zum Namen und Ort seiner versicherungspflichtig in Deutschland ausgeübten Tätigkeit gemacht.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.01.1997 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage darauf abgewiesen. Die Entscheidung hat es damit begründet, dass die gesetzliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten Versicherungszeit für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht erfüllt sei und der Kläger schon deshalb keinen Anspruch auf Rente habe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit er weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt. Zur Begründung trägt er vor, dass er zwölf Jahre ohne Unterbrechungen in Deutschland gearbeitet habe und daher für mehr als 100 Monate Versicherungszeiten zurückgelegt worden sein müssten. Dokumente für diese Beitragsleistung besitze er jedoch nicht. Aufgrund der vom Kläger gemachten Angaben hat der Senat die Firma W ... ausfindig machen können, die eine Beschäftigung des Klägers in ihrem Unternehmen vom 27.03.1969 bis 13.07.1971 bestätigt. Die Betriebskassenkasse für Unternehmen in Nordrhein-Westfalen bescheinigt dem Kläger eine Beitragsleistung für eine versicherungspflichtige Tätigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung in dem genannten Zeitraum.

In ihrer Stellungnahme vom 04.02.1998 äußerte die Beklagte Bedenken hinsichtlich der Personengleichheit zumal in demselben Zeitraum die AOK Ahrweiler Versicherungszeiten für eine namensgleiche Person in der Zeit vom 24.10. bis 12.11.1969 und vom 05.05.1971 bis 01.08.1970 sowie vom 16.03.1971 bis 28.04.1971 bestätige. Zudem sei eine Beitragserstattung durch die LVA Rheinprovinz möglich, die diese jedoch nicht bestätigen konnte.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 30.01.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.03.1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrages Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts weiterhin für zutreffend.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Augsburg auf deren Inhalt sowie auf den in der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weder aufgrund der seinerzeit geltenden Vorschriften der §§ 1246, 1247 der Reichsversicherungsordnung (RVO) noch nach den seit 01.01.1992 geltenden Vorschriften der §§ 43, 44 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat.

Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Kalendermonaten Versicherungszeit voraus, die dazu bestehenden Ausnahmevorschriften, die diese Wartezeit fingieren, sind nach dem zu Grunde liegenden Sachverhalt offensichtlich nicht nachgewiesen.

Nach den Angaben des Klägers hat er sich in Deutschland von 1965 bis 1977 aufgehalten und war in dieser Zeit versicherungspflichtig erwerbstätig. Eine behördliche Meldung lässt sich für ihn jedoch lediglich in der Zeit vom 11.04.1969 bis 21.12.1975 nachweisen. In dieser Zeit lassen sich nach den Ermittlungen der Beklagten und der Beweisaufnahme des Senats eine Tätigkeit bei der Firma W ... in der Zeit vom 27.03.1969 bis 13.07.1971 sowie eine Tätigkeit in der Konservenfirma Herla vom 20.06.1972 bis 20.02.1974 dem Kläger aufgrund seiner eigenen Angaben zuordnen. Zwischenzeitlich mitgeteilte weitere versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bei der Fahrradfirma Schauff und der Baufirma Steinborn sind zeitgleich mit den Beschäftigungsverhältnissen bei der Firma W ... und H ... Da es sich dabei um sehr kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse handelt, könnte außer einer anderen namensgleichen Person auch der Kläger in seinem Urlaub in einem weiteren Beschäftigungsverhältnis gestanden haben. Für die Frage eines Rentenanspruchs des Klägers kann dies dahingestellt bleiben, da auch eine Mehrfachbeschäftigung, die auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Monate einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht erhöht. Danach sind für den Kläger lediglich zwei Arbeitsverhältnisse und damit eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Umfang von 29 und 21, zusammen 50 Monaten nachgewiesen. Damit ist jedoch die gesetzliche Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt, weshalb ein Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit für den Kläger nicht besteht. Eine weitere Beitragsleistung zu Gunsten des Klägers konnte nicht nachgewiesen werden. Diese ist insbesondere schon deshalb zweifelhaft, weil bis 1972 eine Beitragsleistung zur Arbeiterrentenversicherung durch Eintrag in Versicherungskarten nachgewiesen worden ist und in einem derart langen Zeitraum zu erwarten wäre, dass mehrere Versicherungskarten zur Aufrechnung und Verwahrung gekommen wären, jedoch keine der in Frage gekommenden Versicherungsanstalten derartige Karten für den Kläger verwahrt.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved