Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 830/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 283/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.03.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Erwerbsunfähigkeitsrente wegen Besitzschutz persönlicher Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung, die der vorangegangenen Berufsunfähigkeitsrente zugrunde gelegen haben.
Der Kläger hat sowohl in der knappschaftlichen Rentenversicherung als auch in der Arbeiterrentenversicherung Beiträge entrichtet. Er erhielt von der Beklagten ab 01.11.1990 Rente wegen Berufsunfähigkeit, die mit Bescheid vom 11.09.1992 ab 01.06. 1992 in eine Dauerrente umgewandelt wurde. Berechnungsgrundlage waren persönliche Entgeltpunkte der ArV in Höhe von 29,4591 und der Knappschaftsversicherung in Höhe von 4,0299.
Mit Bescheid vom 29.07.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.02.1998 anstelle von Berufsunfähigkeitsrente ab 01.02. 1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dabei legte sie persönliche Entgeltpunkte der ArV in Höhe von 30,5807 und der knappschaftlichen Rentenversicherung in Höhe von 3,2340 zugrunde.
Auf den Widerspruch wegen Anrechnung und Bewertung der Ausbildungszeiten erließ die Beklagte am 17.10.1998 einen Neufeststellungsbescheid, worin sie die Zeiten der Berufsausbildung höher Höhe von 31,1012 und der knappschaftlichen Rentenversicherung in Höhe von 3,4041. Die Beklagte führte aus, bei der Umwandlung der Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente sei die Summe der Entgeltpunkte jetzt höher, so dass kein Rückgriff auf besitzgeschützte Entgeltpunkte erfolge. Im Widerspruchsbescheid vom 26.11.1998 heißt es, § 88 SGB VI beziehe sich auf die Gesamtanzahl der Entgeltpunkte, nicht auf einzelne Jahre oder Abschnitte.
Dagegen erhob der Kläger am 17.12.1998 Klage. Seines Erachtens soll § 88 SGB VI gewährleisten, dass die nach Eintritt der Berufsunfähigkeit anzurechnenden Beitragszeiten nicht zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden. Mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2001 wies das Sozialgerichts Regensburg die Klage ab. § 88 SGB VI sei nicht einschlägig bzw. richtig angewandt, da nur die Gesamtsumme der Entgeltpunkte besitzgeschützt sei.
Mit der am 08.05.2001 eingelegten Berufung machte der Kläger geltend, das SGB VI kenne keine Summenbildung aus persönlichen Entgeltpunkten von ArV und Knappschaftsrentenversicherung. Die persönlichen Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung besäßen einen eigenen Bestandsschutz.
Demgegenüber wandte die Beklagte ein, die Vergleichbarkeit der Entgeltpunkte von ArV und Knappschaftsversicherung sei durch die Multiplikation des knappschaftlichen Punktwerts mit dem Rentenartfaktor 1,3333 gewährleistet. Da die Summe der neuen Rente höher sei als die der vorangegangenen, greife der Besitzschutz nicht.
Der Kläger beantragt:
1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.03.2001 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 29.07.1998 und 17.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.1998 verurteilt, der Berechnung des Monatsteilbetrags aus der knappschaftlichen Rentenversicherung mindestens 4,0299 persönliche Entgeltpunkte zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.03.2001 ist ebensowenig zu beanstanden wie die Bescheide der Beklagten vom 29.07.1998 und 17.10. 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.1998. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente. Die persönlichen Entgeltpunkte des knappschaftlichen Rentenanteils in der ab 01.11.1990 bewilligten Berufsunfähigkeitsrente sind nicht isoliert besitzgeschützt. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI). Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird (§ 66 SGB VI). Unstreitig ist, dass die Beklagte diese nach dem gemäß § 300 Abs.1 SGB VI maßgebenden SGB VI zutreffend ermittelt hat. Fraglich ist vielmehr, ob anstelle der jetzt ermittelten 3,4041 Entgeltpunkte für den knappschaftlichen Rentenversicherungsanteil die Entgeltpunkte im Wert von 4,0299 anzusetzen sind, die sich bei der Umwertung der nach altem RVO-Recht bewilligten Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 307 Abs.1 Satz 2 SGB VI ergeben haben. Hierzu beruft sich der Kläger auf § 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI.
§ 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI lautet: Hat ein Versicherter eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen und beginnt spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente erneut eine Rente, werden für diese Rente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Umstritten ist, ob diese Norm überhaupt Anwendung findet, wenn ein Versicherter zunächst eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen hat und später auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt. Nach einer Ansicht (Stahl in Hauck-Haines, SGB VI, § 88 Rdnr.9) kommt, solange zwei Rentenansprüche nebeneinander stehen, nur § 89 SGB VI zur Anwendung, wonach nur die höchste Rente geleistet wird (§ 89 Abs.1 Satz 1 SGB VI). § 88 SGB VI setze voraus, dass der Anspruch auf die bisherige Rente nicht mehr existiere. Nach anderer Meinung sollen beide Vorschriften nebeneinander anwendbar sein, (u.a. Niesel in Kasseler Kommentar, § 88 SGB VI Rdnr.3a; Schulin in Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Rentenversicherungsrecht § 38 Rdnr.304; Zweng-Scherer-Buschmann-Dörr, SGB VI § 88 Rz.19). Der Wortlaut des § 88 SGB VI bietet keinen Anlass dafür, einen Wegfall des Anspruchs auf die frühere Rente zu verlangen. Auch die Gesetzessystematik spricht für die Anwendbarkeit des § 88 SGB VI im anhängigen Fall. Zunächst sind nach dem die Rentenberechnung betreffenden § 88 SGB VI die besitzstandsgeschützten persönlichen Entgeltpunkte zu ermitteln, erst anschließend kann anhand des im 4. Unterabschnitt stehenden § 89 SGB VI geprüft werden, welcher von mehreren nebeneinander bestehenden Rentenansprüchen aufgrund des höheren Zahlbetrags maßgebend ist. § 89 SGB VI regelt lediglich das Konkurrenzverhältnis für den Fall, dass für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere eigene Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht; er bestimmt, welche Rente dann zu zahlen ist. Die Vorschrift enthält jedoch keine Regelung über die Berechnung der Höhe der konkurrierenden Renten.
Sinn und Zweck des § 88 SGB VI würden im Übrigen verfehlt, würde man die Anwendung des § 89 SGB VI für vorgreiflich halten. Dieser liegt darin, dass dem Versicherten bei Leistung einer Rente nach dem Bezug einer Vorrente wie der Berufsunfähigkeitsrente die Erhöhung des Rentenartfaktors voll zugute kommt (Zweng-Scherer-Buschmann-Dörr a.a.O. Rz.3). In diesem Sinn hat sich Stahl in Hauck-Haines (a.a.O. Rz.14 ff.) für eine erweiterte Zahlbetragsgarantie ausgesprochen. Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg bejaht die Anwendung der Besitz- schutzregelung des § 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI in einem vergleichbaren Fall (Entscheidung vom 18.11.1999 Az.: L 11 RJ 1666/99).
Auch wenn § 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI bei der Umwandlung einer Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente grundsätzlich anwendbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte im knappschaftlichen Rentenanteil. Zwar sind als bisherige persönliche Entgeltpunkte mindestens die persönlichen Entgeltpunkte der Vorrente, also der Berufsunfähigkeitsrente, maßgebend und die darin enthaltenen persönlichen Entgeltpunkte für den knappschaftlichen Rentenanteil sind um 0,6258 Punkte zweifellos höher. Richtig ist auch, dass der Monatsbetrag der Rente nicht aus der Summe der persönlichen Entgeltpunkte von knappschaftlicher Rentenversicherung und denen der Rentenversicherung der Arbeiter ermittelt wird. Liegen der Rente persönliche Entgeltpunkte sowohl der knappschaftlichen Rentenversicherung als auch der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde, sind aus den persönlichen Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung und denen der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten Monatsteilbeträge zu ermitteln, deren Summe den Monatsbetrag der Rente ergibt (§ 80 SGB VI). Der Besitzschutz des § 88 SGB VI bezieht sich jedoch allein auf die Summe der persönlichen Entgeltpunkte, nicht auf die Bewertung einzelner Zeitabschnitte, worauf das Begehren des Klägers hinausliefe.
Diese Beurteilung steht im Einklang mit Sinn und Zweck des § 88 SGB VI. Dabei handelt es sich um eine Besitzschutzregelung, wonach mindestens die bisherige Rente weiter dynamisch zu leisten ist (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf für das RRG 1992, Bundestagsdrucksache 11/4124, 173). Wollte man die bisherigen Entgeltpunkte für die knappschaftliche Versicherungszeit gesondert schützen, würde dies einer Art Meistbegünstigungsklausel gleich kommen, die im Ergebnis nur die Berücksichtigung von für die betreffenden Versicherten günstigen Rechtsänderungen zuließe. Dies widerspräche der mit dem RRG 1992 verfolgten Absicht einer auch finanziellen Konsolidierung des Rentenversicherungssystems (in diesem Sinn BSGE vom 22.10.1996 in SozR 3-2600 § 88 Nr.2). Wäre die Begünstigung der knappschaftlich Versicherten gewollt, hätte dies als knappschaftliche Besonderheit in die §§ 79-87 SGB VI Eingang finden müssen. § 88 SGB VI bestimmt zwar in Abs.1 Satz 3 eine Sonderregelung für ehemalige Bergleute, jedoch keine im Sinn des Klägers. § 88 SGB VI bezweckt, dass die neue Rente bei gleichem Rentenartfaktor nicht niedriger sein darf als die bisherige Rente. Ist die Anzahl der persönlichen Entgeltpunkte in der Folgerente höher als in der Vorrente, ist für die Anwendung des § 88 kein Raum. So verhält sich dies im vorliegenden Fall. Die Summe der Entgeltpunkte der neuen Rente ist höher als die Gesamtsumme der Entgeltpunkte, die der Berufsunfähigkeitsrente zugrunde gelegen haben. Dabei sind die Teilbeträge nicht einfach zu summieren. Um die Vergleichbarkeit des einheitlichen Monatsbetrags zu gewährleisten, sind die persönlichen Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung entsprechend ihrem Rentenartfaktor bei Renten wegen Alters, Erwerbsunfähigkeits- und Erziehungsrenten (§ 82 SGB VI) etc. mit dem Faktor 1,3333 zu multiplizieren (Gesamtkommentar SGB VI § 88 Rz.20, Stahl a.a.O. § 88 Rz.21, Zweng-Scherer-Buschmann-Dörr a.a.O. § 88 Rz.12a). Durch diese Umrechnung werden die für ArV und knappschaftliche Rentenversicherung unterschiedlichen Rentenartfaktoren 1,0 und 1,33 ausgeglichen, so dass die Monatsrenten vergleichbar werden. Entsprechende Umrechnungen sehen die §§ 86 Abs.2 und 87 Abs.3 SGB VI vor.
Wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, waren in der bisherigen Rente 29,4591 Entgeltpunkte der ArV und 4,0299 Entgeltpunkte x 1,3333 = 5,3731 Entgeltpunkte der Knappschaftsversicherung enthalten, woraus sich eine Summe von 34,8322 ergibt. In der ab 01.02.1998 bewilligten Erwerbsunfähigkeitsrente sind 31,1012 an persönlichen Entgeltpunkten der ArV enthalten sowie 3,4041 x 1,3333 = 4,5386 Entgeltpunkte der knappschaftlichen Versicherung, woraus sich eine Gesamtsumme von 35,6398 ergibt. Damit ist gewährleistet, dass die neue Rente bei gleichem Rentenartfaktor nicht niedriger ist als die Vorrente. Was der Klägerbevollmächtigte fordert, ist eine Art Stammrechtsschutz, wie sie das Bundessozialgericht für den Wechsel von Altersteilrente zur Altersvollrente bejaht hat (BSGE vom 30.08.2001 Az.: B 4 RA 116/00 R). Bei einem Wechsel von der Altersteil- zur Altersvollrente erhöhen die während des Teilrentenbezugs erworbenen Entgeltpunkte aus Pflichtbeitragszeiten den Rangstellenwert in vollem Umfang. Im Hinblick darauf, dass sowohl das Rentenstammrecht als auch der Geldwert der monatlichen Rente nach und im Umfang des zum Zeitpunkt ihrer Entstehung geltenden Rechts insgesamt eigentumsgeschützt sind, verbleibt es im Fall der Neufeststellung der Anspruchshöhe eines Altersrentenbeziehers beim Übergang zu einer höheren Teil- oder zur Vollrente mindestens bei den im Wert des Teilhaberechts enthaltenen, im Verlauf des Versicherungslebens bis zum Eintritt des Versicherungsfalls erworbenen Entgeltpunkten. Beim Übergang von der Berufsunfähigkeitsrente in die Erwerbsunfähigkeitsrente ist jedoch keine Neufeststellung im Sinne des § 48 SGB X zu treffen, sondern eine neue, andere Rente festzustellen, deren Wert ab dem neuen Leistungszeitpunkt nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden neuen Recht zu berechnen ist. Dass die Erhöhung des Rentenartfaktors voll berücksichtigt ist, wird durch die dem Vergleich vorangehende Umwertung gewährleistet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wird die Revision zugelassen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung höherer Erwerbsunfähigkeitsrente wegen Besitzschutz persönlicher Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung, die der vorangegangenen Berufsunfähigkeitsrente zugrunde gelegen haben.
Der Kläger hat sowohl in der knappschaftlichen Rentenversicherung als auch in der Arbeiterrentenversicherung Beiträge entrichtet. Er erhielt von der Beklagten ab 01.11.1990 Rente wegen Berufsunfähigkeit, die mit Bescheid vom 11.09.1992 ab 01.06. 1992 in eine Dauerrente umgewandelt wurde. Berechnungsgrundlage waren persönliche Entgeltpunkte der ArV in Höhe von 29,4591 und der Knappschaftsversicherung in Höhe von 4,0299.
Mit Bescheid vom 29.07.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.02.1998 anstelle von Berufsunfähigkeitsrente ab 01.02. 1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dabei legte sie persönliche Entgeltpunkte der ArV in Höhe von 30,5807 und der knappschaftlichen Rentenversicherung in Höhe von 3,2340 zugrunde.
Auf den Widerspruch wegen Anrechnung und Bewertung der Ausbildungszeiten erließ die Beklagte am 17.10.1998 einen Neufeststellungsbescheid, worin sie die Zeiten der Berufsausbildung höher Höhe von 31,1012 und der knappschaftlichen Rentenversicherung in Höhe von 3,4041. Die Beklagte führte aus, bei der Umwandlung der Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente sei die Summe der Entgeltpunkte jetzt höher, so dass kein Rückgriff auf besitzgeschützte Entgeltpunkte erfolge. Im Widerspruchsbescheid vom 26.11.1998 heißt es, § 88 SGB VI beziehe sich auf die Gesamtanzahl der Entgeltpunkte, nicht auf einzelne Jahre oder Abschnitte.
Dagegen erhob der Kläger am 17.12.1998 Klage. Seines Erachtens soll § 88 SGB VI gewährleisten, dass die nach Eintritt der Berufsunfähigkeit anzurechnenden Beitragszeiten nicht zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden. Mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2001 wies das Sozialgerichts Regensburg die Klage ab. § 88 SGB VI sei nicht einschlägig bzw. richtig angewandt, da nur die Gesamtsumme der Entgeltpunkte besitzgeschützt sei.
Mit der am 08.05.2001 eingelegten Berufung machte der Kläger geltend, das SGB VI kenne keine Summenbildung aus persönlichen Entgeltpunkten von ArV und Knappschaftsrentenversicherung. Die persönlichen Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung besäßen einen eigenen Bestandsschutz.
Demgegenüber wandte die Beklagte ein, die Vergleichbarkeit der Entgeltpunkte von ArV und Knappschaftsversicherung sei durch die Multiplikation des knappschaftlichen Punktwerts mit dem Rentenartfaktor 1,3333 gewährleistet. Da die Summe der neuen Rente höher sei als die der vorangegangenen, greife der Besitzschutz nicht.
Der Kläger beantragt:
1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.03.2001 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 29.07.1998 und 17.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.1998 verurteilt, der Berechnung des Monatsteilbetrags aus der knappschaftlichen Rentenversicherung mindestens 4,0299 persönliche Entgeltpunkte zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21.03.2001 ist ebensowenig zu beanstanden wie die Bescheide der Beklagten vom 29.07.1998 und 17.10. 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.1998. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente. Die persönlichen Entgeltpunkte des knappschaftlichen Rentenanteils in der ab 01.11.1990 bewilligten Berufsunfähigkeitsrente sind nicht isoliert besitzgeschützt. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI). Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird (§ 66 SGB VI). Unstreitig ist, dass die Beklagte diese nach dem gemäß § 300 Abs.1 SGB VI maßgebenden SGB VI zutreffend ermittelt hat. Fraglich ist vielmehr, ob anstelle der jetzt ermittelten 3,4041 Entgeltpunkte für den knappschaftlichen Rentenversicherungsanteil die Entgeltpunkte im Wert von 4,0299 anzusetzen sind, die sich bei der Umwertung der nach altem RVO-Recht bewilligten Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 307 Abs.1 Satz 2 SGB VI ergeben haben. Hierzu beruft sich der Kläger auf § 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI.
§ 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI lautet: Hat ein Versicherter eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen und beginnt spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente erneut eine Rente, werden für diese Rente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Umstritten ist, ob diese Norm überhaupt Anwendung findet, wenn ein Versicherter zunächst eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen hat und später auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt. Nach einer Ansicht (Stahl in Hauck-Haines, SGB VI, § 88 Rdnr.9) kommt, solange zwei Rentenansprüche nebeneinander stehen, nur § 89 SGB VI zur Anwendung, wonach nur die höchste Rente geleistet wird (§ 89 Abs.1 Satz 1 SGB VI). § 88 SGB VI setze voraus, dass der Anspruch auf die bisherige Rente nicht mehr existiere. Nach anderer Meinung sollen beide Vorschriften nebeneinander anwendbar sein, (u.a. Niesel in Kasseler Kommentar, § 88 SGB VI Rdnr.3a; Schulin in Handbuch des Sozialversicherungsrechts - Rentenversicherungsrecht § 38 Rdnr.304; Zweng-Scherer-Buschmann-Dörr, SGB VI § 88 Rz.19). Der Wortlaut des § 88 SGB VI bietet keinen Anlass dafür, einen Wegfall des Anspruchs auf die frühere Rente zu verlangen. Auch die Gesetzessystematik spricht für die Anwendbarkeit des § 88 SGB VI im anhängigen Fall. Zunächst sind nach dem die Rentenberechnung betreffenden § 88 SGB VI die besitzstandsgeschützten persönlichen Entgeltpunkte zu ermitteln, erst anschließend kann anhand des im 4. Unterabschnitt stehenden § 89 SGB VI geprüft werden, welcher von mehreren nebeneinander bestehenden Rentenansprüchen aufgrund des höheren Zahlbetrags maßgebend ist. § 89 SGB VI regelt lediglich das Konkurrenzverhältnis für den Fall, dass für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere eigene Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht; er bestimmt, welche Rente dann zu zahlen ist. Die Vorschrift enthält jedoch keine Regelung über die Berechnung der Höhe der konkurrierenden Renten.
Sinn und Zweck des § 88 SGB VI würden im Übrigen verfehlt, würde man die Anwendung des § 89 SGB VI für vorgreiflich halten. Dieser liegt darin, dass dem Versicherten bei Leistung einer Rente nach dem Bezug einer Vorrente wie der Berufsunfähigkeitsrente die Erhöhung des Rentenartfaktors voll zugute kommt (Zweng-Scherer-Buschmann-Dörr a.a.O. Rz.3). In diesem Sinn hat sich Stahl in Hauck-Haines (a.a.O. Rz.14 ff.) für eine erweiterte Zahlbetragsgarantie ausgesprochen. Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg bejaht die Anwendung der Besitz- schutzregelung des § 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI in einem vergleichbaren Fall (Entscheidung vom 18.11.1999 Az.: L 11 RJ 1666/99).
Auch wenn § 88 Abs.1 Satz 2 SGB VI bei der Umwandlung einer Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente grundsätzlich anwendbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte im knappschaftlichen Rentenanteil. Zwar sind als bisherige persönliche Entgeltpunkte mindestens die persönlichen Entgeltpunkte der Vorrente, also der Berufsunfähigkeitsrente, maßgebend und die darin enthaltenen persönlichen Entgeltpunkte für den knappschaftlichen Rentenanteil sind um 0,6258 Punkte zweifellos höher. Richtig ist auch, dass der Monatsbetrag der Rente nicht aus der Summe der persönlichen Entgeltpunkte von knappschaftlicher Rentenversicherung und denen der Rentenversicherung der Arbeiter ermittelt wird. Liegen der Rente persönliche Entgeltpunkte sowohl der knappschaftlichen Rentenversicherung als auch der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde, sind aus den persönlichen Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung und denen der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten Monatsteilbeträge zu ermitteln, deren Summe den Monatsbetrag der Rente ergibt (§ 80 SGB VI). Der Besitzschutz des § 88 SGB VI bezieht sich jedoch allein auf die Summe der persönlichen Entgeltpunkte, nicht auf die Bewertung einzelner Zeitabschnitte, worauf das Begehren des Klägers hinausliefe.
Diese Beurteilung steht im Einklang mit Sinn und Zweck des § 88 SGB VI. Dabei handelt es sich um eine Besitzschutzregelung, wonach mindestens die bisherige Rente weiter dynamisch zu leisten ist (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf für das RRG 1992, Bundestagsdrucksache 11/4124, 173). Wollte man die bisherigen Entgeltpunkte für die knappschaftliche Versicherungszeit gesondert schützen, würde dies einer Art Meistbegünstigungsklausel gleich kommen, die im Ergebnis nur die Berücksichtigung von für die betreffenden Versicherten günstigen Rechtsänderungen zuließe. Dies widerspräche der mit dem RRG 1992 verfolgten Absicht einer auch finanziellen Konsolidierung des Rentenversicherungssystems (in diesem Sinn BSGE vom 22.10.1996 in SozR 3-2600 § 88 Nr.2). Wäre die Begünstigung der knappschaftlich Versicherten gewollt, hätte dies als knappschaftliche Besonderheit in die §§ 79-87 SGB VI Eingang finden müssen. § 88 SGB VI bestimmt zwar in Abs.1 Satz 3 eine Sonderregelung für ehemalige Bergleute, jedoch keine im Sinn des Klägers. § 88 SGB VI bezweckt, dass die neue Rente bei gleichem Rentenartfaktor nicht niedriger sein darf als die bisherige Rente. Ist die Anzahl der persönlichen Entgeltpunkte in der Folgerente höher als in der Vorrente, ist für die Anwendung des § 88 kein Raum. So verhält sich dies im vorliegenden Fall. Die Summe der Entgeltpunkte der neuen Rente ist höher als die Gesamtsumme der Entgeltpunkte, die der Berufsunfähigkeitsrente zugrunde gelegen haben. Dabei sind die Teilbeträge nicht einfach zu summieren. Um die Vergleichbarkeit des einheitlichen Monatsbetrags zu gewährleisten, sind die persönlichen Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung entsprechend ihrem Rentenartfaktor bei Renten wegen Alters, Erwerbsunfähigkeits- und Erziehungsrenten (§ 82 SGB VI) etc. mit dem Faktor 1,3333 zu multiplizieren (Gesamtkommentar SGB VI § 88 Rz.20, Stahl a.a.O. § 88 Rz.21, Zweng-Scherer-Buschmann-Dörr a.a.O. § 88 Rz.12a). Durch diese Umrechnung werden die für ArV und knappschaftliche Rentenversicherung unterschiedlichen Rentenartfaktoren 1,0 und 1,33 ausgeglichen, so dass die Monatsrenten vergleichbar werden. Entsprechende Umrechnungen sehen die §§ 86 Abs.2 und 87 Abs.3 SGB VI vor.
Wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, waren in der bisherigen Rente 29,4591 Entgeltpunkte der ArV und 4,0299 Entgeltpunkte x 1,3333 = 5,3731 Entgeltpunkte der Knappschaftsversicherung enthalten, woraus sich eine Summe von 34,8322 ergibt. In der ab 01.02.1998 bewilligten Erwerbsunfähigkeitsrente sind 31,1012 an persönlichen Entgeltpunkten der ArV enthalten sowie 3,4041 x 1,3333 = 4,5386 Entgeltpunkte der knappschaftlichen Versicherung, woraus sich eine Gesamtsumme von 35,6398 ergibt. Damit ist gewährleistet, dass die neue Rente bei gleichem Rentenartfaktor nicht niedriger ist als die Vorrente. Was der Klägerbevollmächtigte fordert, ist eine Art Stammrechtsschutz, wie sie das Bundessozialgericht für den Wechsel von Altersteilrente zur Altersvollrente bejaht hat (BSGE vom 30.08.2001 Az.: B 4 RA 116/00 R). Bei einem Wechsel von der Altersteil- zur Altersvollrente erhöhen die während des Teilrentenbezugs erworbenen Entgeltpunkte aus Pflichtbeitragszeiten den Rangstellenwert in vollem Umfang. Im Hinblick darauf, dass sowohl das Rentenstammrecht als auch der Geldwert der monatlichen Rente nach und im Umfang des zum Zeitpunkt ihrer Entstehung geltenden Rechts insgesamt eigentumsgeschützt sind, verbleibt es im Fall der Neufeststellung der Anspruchshöhe eines Altersrentenbeziehers beim Übergang zu einer höheren Teil- oder zur Vollrente mindestens bei den im Wert des Teilhaberechts enthaltenen, im Verlauf des Versicherungslebens bis zum Eintritt des Versicherungsfalls erworbenen Entgeltpunkten. Beim Übergang von der Berufsunfähigkeitsrente in die Erwerbsunfähigkeitsrente ist jedoch keine Neufeststellung im Sinne des § 48 SGB X zu treffen, sondern eine neue, andere Rente festzustellen, deren Wert ab dem neuen Leistungszeitpunkt nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden neuen Recht zu berechnen ist. Dass die Erhöhung des Rentenartfaktors voll berücksichtigt ist, wird durch die dem Vergleich vorangehende Umwertung gewährleistet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache wird die Revision zugelassen.
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