L 14 RJ 292/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 RJ 117/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 292/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. Januar 1998 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 7. Oktober 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1994 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.06.1992 (Leistungsfall vom 19.05.1992).

Die im Jahre 1948 geborene Klägerin, eine türkische Staatsangehörige und Mutter von fünf Kindern, hat nach ihren Angaben im Rehabilitations- und Rentenverfahren keinen Beruf erlernt; auch ein Anlernberuf oder eine abgelegte Prüfung wurden von ihr verneint. Bei Begutachtungen im späteren Rechtsstreit gab sie wiederholt an, in der Türkei von 1962 bis 1964 eine Ausbildung bzw. Lehre als Schneiderin durchlaufen zu haben, wobei aber nie ein Ausbildungsnachweis beigebracht wurde.

In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) hatte die Klägerin mit größeren Unterbrechungen seit Juni 1971 Versicherungszeiten zurückgelegt, und zwar zwischen Juni 1971 und Juli 1981 als Näherin, November/Dezember 1981 als Abfüllerin, Januar 1987 bis November 1988 als Näherin (Industrienäherin - Textilarbeiterin) und von November 1989 bis Dezember 1990 als Versandarbeiterin/ Textilsortiererin. Seitdem war sie arbeitsunfähig krank oder arbeitslos.

Laut den vom Sozialgericht Augsburg eingeholten Auskünften der letzten zwei Arbeitgeber (Firma T. Textil vom 16.05.1994 und Firma G. vom 16.05.1994) war sie als Näherin am Konfektionsautomaten (Bleibandaufketteln und Einsäumen, Gardinenband aufnähen - Anlernzeit zwei bis drei Monate) und als Hilfsarbeiterin/Textilsortierin (Anlernzeit nicht erforderlich) beschäftigt.

Am 19.05.1992 stellte sie bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ darauf hin zwei ärztliche Gutachten erstellen.

Der Internist und Lungenarzt Dr.H. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 25.09.1992 "Asthma bronchiale, Übergewicht, Neigung zu Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen sowie Drehmanschettensyndrom links bei Manschettenteildefekt linke Schulter" und war der Auffassung, die Klägerin könne vollschichtig leichte staubarme Arbeiten teilweise im Sitzen (ohne dauerndes Gehen und Stehen) verrichten. Im orthopädischen Gutachten des Dr.G. vom 22.09.1992 wurden an Gesundheitsstörungen eine Neigung zu Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen sowie ein Drehmanschettensyndrom links bei Manschettenteildefekt linke Schulter festgestellt und der Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Überkopfarbeiten für zumutbar gehalten.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Dr.K. vom Ärztlichen Dienst lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 07.10.1992 die Gewährung einer Rente ab, weil die Klägerin trotz Asthma bronchiale, Übergewichts, Neigung zu Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen und Drehmanschettensyndroms links bei Manschettenteildefekt linke Schulter noch leichte staubarme Arbeiten, teilweise im Sitzen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopfarbeiten sowie ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft, starke Temperaturschwankungen und Atemreizstoffe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig sein könne.

Die Klägerin erhob hiergegen wegen ihrer Asthmaanfälle Widerspruch. Die Widerspruchsstelle zog umfangreiche ärztliche Unterlagen bei und ließ vom Lungenarzt Dr.H. ein (nicht datiertes) Gutachten (wohl vom Mai 1993) erstellen. Dieser Arzt kam nach Untersuchung der Klägerin am 31.03.1993 zu den Diagnosen eines gemischtförmigen Asthma bronchiale und einer Übergewichtigkeit, die Klägerin könne aber durchaus noch leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Meidung von Belastungen mit Dampf, Rauch, Staub, Temperaturwechsel und anderen bronchialen Reizstoffen verrichten. Eventuell könne ein Heilverfahren durch Gewichtsreduktion sowie Intensivierung und Optimierung der Therapie eine Besserung erbringen, insgesamt seien die Befunde zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht völlig ausreichend, so dass auch ein Heilverfahren hierüber mehr Aufschluss geben könnte.

Die Beklagte ließ das vorgeschlagene Heilverfahren in der Klinik B. vom 01. bis 29.12.1993 durchführen. Dort wurde erneut ein gemischtförmiges Asthma bronchiale und ein Rotatorenmanschetten-Syndrom links diagnostiziert und die Klägerin als arbeitsfähig mit vier Tagen Arbeitsruhe entlassen; die Ärzte waren der Ansicht, die Klägerin könne mittelschwere Arbeiten ohne Gefährdung durch Zugluft und inhalative Reizstoffe sowie ohne Überkopfarbeiten vollschichtig verrichten. Vermerkt ist im Entlassungsbericht unter anderem, dass die Patientin im Rahmen einer schweren Kopfschmerz-Attacke einmal kollabiert sei, wobei stabile Kreislaufverhältnisse sowie normale Blutzuckerwerte feststellbar gewesen seien und auch der klinische Untersuchungsbefund unauffällig verlaufen sei, weiterhin dass anlässlich des Heilverfahrens der Eindruck entstanden sei, die Klägerin aggraviere ihre Beschwerden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.1994 wurde der Widerspruch zurückgewiesen, weil auch unter Berücksichtigung der ärztlichen Unterlagen des behandelnden Arztes Dr.O. , der ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamts Augsburg und des Ergebnisses des Heilverfahrens sich keine rentenrelevante Leistungseinschränkung für Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ergeben habe.

Mit der beim Sozialgericht Augsburg eingelegten Klage wurde die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit begehrt und geltend gemacht, die Klägerin leide an vielen Gesundheitsstörungen, u.a. an hochgradiger Atemnot trotz intensivster Therapie und an orthostatischem Schwindel, so dass sie keine vollschichtige Berufstätigkeit unter den in Arbeitsbetrieben geltenden Bedingungen verrichten könne.

Das Sozialgericht holte Auskünfte bei den letzten zwei Arbeitgebern der Klägerin und der Allgemeinen Ortskrankenkasse Augsburg ein und veranlasste die Erstellung der Befundberichte der Dres.H. , M. , O. , H. und D. ; anschließend wurde der Allgemeinmediziner Dr.R. zum ärztlichen Sachverständigen bestellt. Gegenüber diesem gab die Klägerin zur Anamnese unter anderem wöchentlich ein bis zweimal, manchmal auch nur zwei- bis dreimal im Monat anfallartige Atemnot, verbunden mit Ohrensausen und Schwindelzuständen, sowie Schwindelzustände bei plötzlichem Lagewechsel an. Dr.R. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 12.02.1995 auf nicht-orthopädischem Gebiet eine chronisch-obstruktive Atemwegerkrankung bei gemischtförmigem Asthma bronchiale, eine polyvalente Allergie und eine Adipositas. Er war der Auffassung, die Klägerin könne nur noch leichte Arbeiten acht Stunden täglich vorwiegend in geschlossenen Räumen, ohne wesentlichen Zeitdruck und in wechselnder Körperhaltung bei Meidung von Stressfaktoren (Arbeiten unter Zeitdruck, Einzel- und Gruppenakkord, Fließband- und taktgebundende Arbeiten, Wechsel- und Nachtschicht) verrichten. Unzumutbar seien Tätigkeiten mit Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe sowie von Staub, Lärm, Gasen, Dämpfen, Rauch oder Reizstoffen.

Im anschließend noch eingeholten Gutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr.P. vom 24.03.1995 wurden an Gesundheitsstörungen ein Drehmanschettensyndrom linkes Schultergelenk mit Schwäche der aktiven Schulterhebung und degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit mittelschweren Nervenwurzelreizerscheinungen festgestellt. Der Sachverständige wies darauf hin, dass keine aktive Mitarbeit der Klägerin bei der Untersuchung bestanden habe und eine erhebliche Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und den subjektiven Beschwerden erkennbar sei, es bestehe dringender Verdacht auf erhebliche Aggravation und Simulation. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten ohne Akkord-, Fließband- und taktgebundene Arbeiten, ohne Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtarbeit vollschichtig verrichten. Vermieden werden müssten Tätigkeiten überwiegend in Zwangshaltung, mit häufigem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, überwiegend im Freien und unter Einwirkung von Kälte, Hitze, Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe usw., ebenso Treppen- und Leiternsteigen sowie Bücken. In Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne die Klägerin unter diesen Einschränkungen eingesetzt werden, ebenso als Textilsortiererin, dahingegen wohl nicht als Konfektionsautomatennäherin, weil ihr das Heben des Schultergelenks über 60¬ hinaus nicht zumutbar sei. Die Abklärung des anamnestisch angegebenen Schwindels sollte bei einer neurologisch-psychiatrischen Zusatzuntersuchung erfolgen. Aus orthopädischer Sicht sei die Gehfähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt.

Aufgrund dieser Äußerung veranlasste das Sozialgericht die Erstellung des Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr.A. vom 07.12.1995. Gegenüber diesem Sachverständigen gab die Klägerin an, seit ca. 1986 seien zusammen mit starken Kopfschmerzen auch kurze Bewusstseinsverluste von ca. drei bis vier Minuten, früher einmal pro Jahr, zuletzt ein bis zweimal pro Monat, aufgetreten; unabhängig von diesen Kopfschmerzen und Bewusstseinsverlusten bestünden Schwindelbeschwerden insbesondere beim Aufrichten aus dem Liegen oder Sitzen. Der Sachverständige untersuchte die Klägerin und erhob zahlreiche technische Befunde, konnte aber keine Anhalte für eine Nervenschädigung oder eine Muskelerkrankung finden. Dr.A. stellte an Gesundheitsstörungen fest: Wirbelsäulen-Syndrom ohne neurologische Ausfälle, funktionelles Kopfschmerzsyndrom (Verdacht auf Migräne; mangels Ursachen auf neurologischem Gebiet seien differentialdiagnostisch auch hypotone Kreislaufdysregulationsstörungen als Ursache möglich), rezidivierende Bewusstseinsverluste unklarer Genese, Verdacht auf Zusammenhang mit der Migräne (Differentialdiagnose hypotone Kreislaufdysregulation), Schwindelbeschwerden durch hypotone Kreislaufdysregulation und depressive Anpassungsstörungen. Unter Berücksichtigung eines Drehmanschetten-Syndroms, eines Asthma bronchiale, eines Übergewichts und einer polyvalenten Allergie hielt der Sachverständige die Klägerin für fähig, vollschichtig Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Arme voraussetzten, und Tätigkeiten unter Zeitdruck, Akkord, Wechselschicht und Nachtschicht sowie mit Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, außerdem wegen rezidivierender Bewusstseinsverluste Arbeiten mit Gefährdung für sich oder andere. Als Konfektionsautomatennäherin sei die Klägerin wahrscheinlich nicht mehr einsetzbar, weil dies den Gebrauch beider Hände voraussetze. Der Einsatz als Textilsortiererin sei möglich, wenn damit nicht das Heben schwerer Gewichte verbunden sei. Bei der Klägerin liege eine psychische Störung mit Krankheitswert vor, diese sei aber nicht so ausgeprägt, als dass seelische Hemmungen nicht aus eigener Willenskraft überwunden werden könnten.

Nachdem die Klägerin geltend gemacht hatte, sie leide an Bewusstseinsverlusten, wobei sie nur in Begleitung außer Haus gehe, außerdem an einem schweren Asthma, holte das Sozialgericht Befundberichte der Dres. B. und O. ein und beauftragte den Internisten, Lungenarzt und Allergologen Dr.H. mit der Untersuchung der Klägerin. Bei diesem gab die Klägerin anamnestisch an, sie leide an Schwindel, Kopfschmerzen und seit 1982 zunehmend an anfallsartigen Synkopen (Zustände der Bewusstlosigkeit von mehreren bis zu 45 Minuten) und habe deswegen öfters Stürze erlitten und sich auch am Kopf verletzt. Der Sachverständige hielt in seinem Gutachten vom 30.04.1996 u.a. fest, dass die Klägerin beim Aufenthalt im Wartezimmer eine "Synkope" erlitten habe, wobei die darauf eingeleitete Untersuchung (Pupillen reagieren auf Licht und Konvergenz, Pulsfrequenz regelmäßig, Blutdruck 120/80 mmHg, keine obstruktiven Atemwegsgeräusche, Extremitäten schlaff, kein Hinweis für Spastik; Erwachen nach Einleitung notfallsmäßiger Maßnahmen mit der Angabe, sich an nichts erinnern zu können) seiner Meinung nach ergeben habe, dass es sich um einen Fall der klassischen Simulation handele. Nach seiner Ansicht scheide eine Aura oder Epilepsie aus, ebenfalls eine Kreislaufsynkope, möglicherweise aber auch eine psychische Erkrankung wie bei einer Katalepsie, wobei ggf. hier noch eine weitere fachpsychiatrische Abklärung erfolgen sollte.

Auch aus dem Verhalten der Klägerin bei der Untersuchung und dem Ergebnis mitarbeitsabhängiger Befunde ergebe sich ein erhebliches Rentenbegehren der Patientin. Wenn diese angebe, nicht ohne Begleitperson das Haus zu verlassen, bestehe hier ein erheblich subjektiver Krankheitsgewinn mit Zuwendung durch die Familienmitglieder, insbesondere durch die Tochter, die erhebliche Probleme gemacht und auf Maßnahmen (Notarzt, Reanimation) bestanden habe, die aus objektiven Gründen nicht notwendig gewesen seien.

Dr.H. diagnostizierte gemischtförmiges Asthma bronchiale (leichtgradige obstruktive Ventilationsstörung) und unklare "synkopale Anfälle" und hielt die Klägerin für fähig, vollschichtig leichte Arbeiten unter Meidung von Dampf, Staub, Rauch und anderen bronchialen Reizstoffen zu verrichten. Als Textilsortiererin und Konfektionsautomatennäherin sei sie vollschichtig einsetzbar. Allerdings bestehe die Überzeugung, dass wegen einer Rentenfixierung eine sinnvolle Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr verrichtbar sei, wozu aber noch ein fachpsychiatrisches Gutachten erforderlich wäre.

Die Klägerin legte ein Attest des Dr.B. vom 29.01.1996 vor, der bestätigte, dass wegen hypotonen Blutdruckbeschwerden bis 90/60 mmHg und synkopalen Anfällen Hausbesuche erfolgt wären; das Sozialgericht holte die Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr.A. vom 17.06.1996 ein, der verschiedene Gesundheitsstörungen der Klägerin auf seinem Fachgebiet besprach und als Ursache für die Anfälle ausschloss, auch seinerseits eine Simulation für wahrscheinlich hielt. Der Klägerin seien aber noch Tätigkeiten möglich, bei denen unter Umständen ein Bewusstseinsverlust ohne Gefährdung für sich oder andere auftrete. Eine tiefergehende psychische Störung, die die Willensbildung krankhaft beeinflussen würde, sei von ihm nicht erkennbar gewesen. Eine psychische Störung mit Krankheitswert liege zwar vor, nach Art und Ausprägung der Erkrankung müsste die Klägerin jedoch in der Lage sein, ihre seelischen Hemmungen gegen eine Arbeitsleistung aus eigener Kraft zu überwinden.

Das Sozialgericht ermittelte näher zu den Bewusstseinsverlusten der Klägerin, wobei diese nun angab, die Erkrankung sei seit ca. 1989 aufgetreten, alle zwei Monate bis einmal monatlich und ab 1992 ca. ein bis zweimal im Monat mit einer zunehmenden Tendenz bis zu einmal wöchentlich; Bewusstseinsverluste seien auch in den Berichten des Krankenhauses in Z. (1996) und der Klinik B. (Heilverfahren 1993) erwähnt. Weiterhin benannte die Klägerin Zeugen, die über derartige Vorfälle berichten könnten. Hierzu reichte sie ein Attest des Allgemeinarztes Dr.K. vom 09.09.1996 über zwei Hausbesuche im April 1994 wegen Asthmaanfalls und Kreislaufbeschwerden sowie die Bestätigung des Dr.B. vom 20.09.1996 über Hausbesuche, sechs im Jahre 1994, einen im Jahre 1995 und fünf im Jahre 1996 wegen "rezidivierender Bewusstseinsverluste (anamnestisch)" ein.

Das Sozialgericht holte Befundberichte des Dr.O. , des Dr.K. , des Dr.H. und des Neurologen und Psychiaters Dr.K. ein, außerdem Krankenberichte der Z.klinik (stationärer Aufenthalt vom 27.03. bis 02.04.1996 wegen Asthmas und rezidivierender Bewusstseinsverluste unklarer Genese, kein Hinweis für pulmonale und kardiale Ursache) und des Kreiskrankenhauses Mering (stationärer Aufenthalt vom 09. bis 21.03.1997: Asthma bronchiale, rezidivierende hysterieforme Anfälle). Dr.K. schrieb in seinem Arztbrief vom 22.03.1997, die Klägerin hätte ihm bei Behandlungen bis Oktober 1992 sowie in den Jahren 1994 und 1995 nicht von Anfällen berichtet, eine neurologische Ursache hierfür ergebe sich nicht. Psychisch liege eine bekannte Neigung zu histrionischer Symptomdarbietung vor, wobei die Klägerin chronisch belastet nach jahrelangen Kampf um die Rente sei. Vermutlich handele es sich um psychogene Anfälle.

Das Sozialgericht zog berufskundliche Unterlagen, insbesondere zu Verweisungstätigkeiten bei mehreren qualitativen Einschränkungen und epileptischen Anfällen, bei und vernahm in der mündlichen Verhandlung am 29.01.1998 den Ehemann der Klägerin, die Tochter, den Schwiegersohn sowie zwei Bekannte als Zeugen über beobachtete Anfälle der Klägerin ein. Mit Urteil vom 29.01.1998 verpflichtete es die Beklagte, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.06.1992 (bei einem Leistungsfall vom 19.05.1992) zu gewähren. Es ging davon aus, dass die Klägerin zwar vollschichtig erwerbstätig sein könne, aber ihr wegen zahlreicher qualitativer Einschränkungen, insbesondere der Bewusstseinsverluste, der Arbeitsmarkt verschlossen sei; eine geeignete Tätigkeit könne ihr nicht benannt werden. Wegen der von den Zeugen glaubhaft geschilderten Häufigkeit und Dauer der Bewusstseinsverluste werde man davon ausgehen müssen, dass kein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber bereit sein werde, die Klägerin in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung rügt die Beklagte das Urteil und bringt vor, das Sozialgericht habe unrichtigerweise seine Überzeugung nicht auf die Feststellung medizinischer Sachverständiger, sondern auf die Zeugenaussagen medizinischer Laien gegründet. Im Widerspruch zu der ärztlichen Feststellung über simulierte Anfälle sei das Gericht wegen der Aussagen der Zeugen von tatsächlichen häufigen und massiven Bewusstseinsverlusten ausgegangen.

Der Senat zog die ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamts Augsburg, die Versichertenakte der Beklagten und berufskundliche Unterlagen aus Parallelfällen zu den Tätigkeiten eines Postabfertigers (Hilfsdienste), eines Registrators und einer Kraft in der Zentralkarteil bei, außerdem Befundberichte der Dres.H./ B. , O. und K. , jeweils mit ärztlichen Unterlagen. Dr.B. führte in seinem Bericht vom 10.12.1998 als Diagnosen nunmehr u.a. "rezidivierende synkopale Anfälle (fremdanamnestisch) unklarer Genese bei histrionischer Persönlichkeitsstruktur" an und legte einen handschriftlichen Zettel bei, auf dem die Klägerin oder ihre Angehörigen "Synkopen" im Jahre 1998 vermerkt hatten, und zwar zwei im März, zwei im April, drei im Mai, einer im Juni, drei im Juli, zwei im August und jeweils drei im September und Oktober. Auf Anregung der Beklagten wurde nochmals eine Stellungnahme des Dr.A. vom 03.02.1999 zur Klarstellung seines in erster Instanz erstellten Gutachtens veranlasst.

Der Sachverständige führte aus, dass er bei der Begutachtung am 07.12.1995 davon ausgegangen sei, dass die von der Klägerin geschilderten Bewusstseinsverluste glaubhaft seien. Im Anschluss hieran hätten sich wesentlich neue Gesichtspunkte, unter anderem durch das Gutachten des Dr.H. vom 30.04.1996, ergeben, so dass mit Wahrscheinlichkeit von simulierten Bewusstseinsverlusten ausgegangen werden müsse, wenn auch eine sichere Diagnose nicht möglich sei. Psychogene hysterische, d.h. aus dem Unterbewusstsein gesteuerte Anfälle, seien nicht auszuschließen.

Der Senat holte ein Gutachten des Prof.Dr.S. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 13.01.2000 ein. Dieser stellte bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin wechselhafte Ergebnisse bei den Funktionsprüfungen und Diskrepanzen bei Bewegungen, zu denen er die Klägerin aufgefordert hatte, und bei der erforderlichen Kraftentfaltung bei Spontanbewegungen, wie z.B. An- und Auskleiden, Aufstehen vom Stuhl oder Aufrichten aus der Untersuchungsliege, fest. Auf neurologischem Gebiet diagnostizierte er einen Spannungskopfschmerz, auf psychiatrischem Gebiet - nach Besprechung der gesamten Krankengeschichte und der in Frage kommenden Erkrankungen - mit Wahrscheinlichkeit funktionelle Anfälle und Verhaltensstörungen, möglicherweise mit einer agoraphoben Komponente, denen aber keine Leistungsminderung im versicherungsrechtlichen Sinne zukomme. Für eine cerebrale oder kardiovasculäre Ursache ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte; ersichtlich seien vorherrschende funktionelle Verhaltensweisen, die einen stark bewusstseinsnahen Charakter aufwiesen, so dass in der Vergangenheit schon von Simulation und Rentenfixierung gesprochen worden sei; neben den bewusstseinsnahen, tendenziellen Verhaltensweisen gebe es einige Sachverhalte, die eventuell auch an eine primäre psychiatrische Störung denken ließen, insbesondere die berichteten häuslichen Aktionen mit Angehörigen und das geschilderte Rückzugsverhalten der Klägerin (eventuell agoraphobes Verhalten und erhebliches Abhängigkeitsverhalten). Eine agoraphobe Komponente sei nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, umgekehrt aber auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegen. Dieser möglichen (und ebenfalls psychischen) Reaktionsform komme jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung in Anbetracht der vorherrschenden funktionellen Verhaltensweisen bei der Beurteilung der Leistungsminderung zu.

In einem weiteren Gutachten vom 03.07.2000 diagnostizierte der Internist und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr.U. neben Gesundheitsstörungen auf fachfremden Gebieten vor allem ein Asthma bronchiale (Schweregrad 2 bis 3 nach Einteilung der Schweregrade der deutschen Atemwegsliga in 4 Stufen), rezidivierende Bronchitiden und polyvalente allergische Diathese. Hierzu führte er aus, dass ein schweres Asthma bronchiale bei der Klägerin mit Sicherheit nicht bestehe, und bei der mäßigen und mittelgradigen Ausprägung sei die Klägerin durch Therapie und Medikation mit Sicherheit weitgehend beschwerdefrei zu bekommen. Die früher von Dr.O. gestellte Diagnose eines schweren Asthmas bzw. einer respiratorischen Globalinsuffizienz stimme nicht, bei der Klägerin bestehe weder eine globale noch eine partielle Insuffizienz. Die Klägerin könne vollschichtig erwerbstätig sein. Die qualitativen Einschränkungen, wie sie der Vorgutachter Dr.H. in seinem Gutachten vom 30.04.1996 angeführt habe, seien richtig und sollten lediglich dahingehend ergänzt werden, dass der Klägerin Arbeiten verbunden mit Tragen von Lasten, häufigem Bücken, Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und am Fließband unzumutbar seien. Solche Tätigkeiten kämen aber im allgemeinen in ihrem Beruf als Schneiderin bzw. Textilarbeiterin nicht vor. Der Zustand der Klägerin bestehe im Wesentlichen seit Mai 1992, wobei eine mäßige Verschlimmerung des Bronchialasthmas seit 1997/98 eingetreten sein könne, aber insoweit nicht von nennenswertem Belang sei.

Der Bevollmächtigte der Klägerin nahm zum Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend Stellungnahme (Schriftsatz vom 20.09. 2000), dass bei Zusammenschau aller Beeinträchtigungen der Klägerin diese keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Jene habe am 09.09.2000 wieder einen Bewusstseinsanfall erlitten, wofür der Ehemann und Dr.K. Zeugen sein könnten. Von einer Simulation könne angesichts der Tatsache, dass sich die Klägerin bei Stürzen auch verletzt habe, nicht ausgegangen werden. Es werde ausdrücklich vorsorglich beantragt, die bereits in erster Instanz einvernommenen Zeugen dazu einzuvernehmen, dass Bewusstlosigkeitsanfälle weiterhin tatsächlich auftreten würden.

Auch der Sachverständige Dr.S. sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin Anfälle habe und diese nicht notwendig simuliert sein müssten, es komme auch eine psychische Reaktion hierfür in Betracht. Wenn der Gutachter nach diesen Feststellungen zu dem Schluss komme, dass dieser psychischen Reaktionsform keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beurteilung einer Leistungsminderung zukomme, sei das schlichtweg widersprüchlich, zumindest jedoch nicht nachvollziehbar, denn bei psychischer Ursache liege eine relevante krankheitsbedingte Störung vor. Es werde daher angeregt, Prof.Dr.S. zur Erläuterung seiner insoweit nicht nachvollziehbaren Ausführungen zu veranlassen. Im Übrigen werde beantragt, ein weiteres psychiatriches Fachgutachten gemäß § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einzuholen sowie den Ehemann der Klägerin und Dr.K. zum Anfall vom 09.09.2000 einzuvernehmen, sofern die Berufung der Beklagten nicht zurückgewiesen werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 29.01.1998 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 07.10.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.1994 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes, insbesondere hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen und des Vortrags der Beteiligten, wird hierauf sowie auf die vom Senat beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und in der Hauptsache auch begründet.

Der Senat ist aufgrund aller beigezogenen Unterlagen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gekommen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit) oder wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung zusteht.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesundeten Versicherungen mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs.2 Sätze 1, 2 und 4 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI - in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung).

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. 630,- DM übersteigt; erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 SGB VI in den vom 01.01.1992 bis 31.12. 2000 geltenden Fassungen).

Teilweise erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, und voll erwerbsgemindert der Versicherte, der unter den gleichen Voraussetzungen außerstande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung).

Die Klägerin erfüllt zwar für die oben genannten Renten die Wartezeit und die "besonderen" versicherungsrechtlichen, nicht aber die medizinischen Voraussetzungen der Berentung. Sie kann seit Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bzw. seit Rentenantrag zumindest leichte Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten und ist daher nicht erwerbsgemindert.

Auf lungenärztlichem Gebiet liegen ein leichtes bis allenfalls mittelgradiges Bronchialasthma, rezidivierende Bronchitiden und eine polyvalente allergische Diathese (insbesondere Hausstaubmilben, Pollen, Katzenhaare, Pferde, Wellensittich, Baumwolle) vor. Vorweg ist hierzu anzumerken, dass die Klägerin wiederholt ihre Gesundheitsstörungen hinsichtlich der Lunge als besonders schwerwiegend und rentenerheblich hinzustellen versuchte und wiederholt die Mitarbeit bei Untersuchungen vermissen ließ, was aber nicht zu dem Ergebnis führt, dass eine besonders schwerwiegende - die demonstrierte - Einschränkung der Erwerbsfähigkeit anzunehmen ist, sondern im Gegenteil eine Erkrankung der leichteren Erscheinungsform, wie sie objektiviert bzw. nachgewiesen werden konnte.

Bereits bei der Untersuchung des Dr.H. im März 1993 wurde die fehlende Mitarbeit der Klägerin bemängelt und darauf hingewiesen, dass die laut Bodyplethysmpographie festgestellte ausgeprägte restriktive Ventilationsstörung durch keinen klinischen Befund gedeckt sei. Letztlich konnte nur eine erhebliche bronchiale Hyperreagibilität nachgewiesen werden, so dass hierdurch ein Asthma bronchiale glaubhaft erschien.

Anläßlich des Heilverfahrens (01.12. bis 29.12.1993) wurde lungenanalytisch - bei deutlich eingeschränkter Mitarbeit der Klägerin - eine voll reversible zentrale Obstruktion und eine periphere Obstruktion festgestellt. Die Blutgaswerte waren in Ruhe im Normbereich, und bei Belastung der Klägerin mit 75 Watt ergaben sich keine respiratorischen Insuffizienzzeichen.

Dr.H. stellte in seinem Gutachten vom 30.04.1996 einen ausreichenden Sauerstoffdruck des arteriellen Blutes (keine respiratorische Insuffizienz in Ruhe, keine wesentlichen Verteilungsstörungen) und einen regelrechten Anstieg unter Belastung fest, ebenso eine leichtgradige obstruktive Ventilationsstörung, wohingegen erneut die Lungenvolumina - wegen mangelnder Mitarbeit der Klägerin - nicht verwertbar gewesen sind.

Bei der Untersuchung durch Dr.U. (Gutachten vom 11.07.2000) war die Klägerin weitgehend beschwerdefrei, die Vitalkapazität war auf ca. 50 % des Sollwerts verringert, der Atemwegswiderstand lag in Ruhe im Normbereich, auch das Residualvolumen zeigte keinen pathologischen Befund an.

In Auswertung aller Ergebnisse sind der Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten (damit ohne Heben und Tragen von Lasten) unter Vermeidung von Dampf, Staub, Rauch und bronchialen Reizstoffen sowie ohne häufiges Bücken und Treppensteigen vollschichtig zumutbar. Insgesamt gesehen liegt sowohl nach der Anamnese als auch nach den Untersuchungsbefunden kein schwerwiegendes Asthma bronchiale vor, das eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens rechtfertigen könnte. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die volle Reversibilität der Atemwegsobstruktion nach Bronchiospasmolyse (Bericht zum Heilverfahren im Dezember 1993) und die völlig normalen Ergebnisse der Lungenfunktion in Ruhe und nach körperlicher Belastung im Rahmen der Begutachtung des Dr.U. im Juli 2000.

Der Senat verkennt hierbei nicht, dass vornehmlich bei infekt- bedingter Exacerberation des Asthmas oder bei entsprechendem Allergienkontakt massive Atemprobleme auftreten können. Aber das Leiden ist noch Therapien (inhalative Kortisontherapie) und sonstigen Behandlungen (bronchialerweiternde Medikamente) zugänglich, und Zeiten einer "Verschlimmerung" sind vorübergehend (vgl. die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Bronchialasthmas, Bronchitis und Atemwegserkrankung im April 1988, von Januar bis Juni 1992, im September/Oktober 1992 und im Dezember 1993 laut Krankheitslistenauszug der AOK Augsburg vom 19.05.1994) und vermögen eine anhaltende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht zu begründen, sondern lediglich Zeiten der Arbeitsunfähigkeit.

Eine respiratorische Globalinsuffizienz (und sogar ein schwergradiges, progredient verlaufendes Asthma), wie in den Befundberichten des Dr.O. vom 13.03.1996 und 28.04.1997 im Hinblick auf die Behandlungszeiten von 1994 bis 1998 diagnostiziert worden ist, vermag in dieser pauschalen Art der Aussage nicht zu stimmen, worauf bereits der beigelegte Bericht des Krankenhauses Mering vom 11.03.1998 ("chronisch-obstruktive Bronchitis, zur Zeit ist die Patientin weitestgehend beschwerdefrei") hinweist. Hier kann es sich nur um punktuelle Befunde anlässlich akuter, vorübergehender Exacerberationen gehandelt haben. Zu Recht hat Dr.U. ausgeführt, dass ein Bronchialasthma, welches über längere Zeiträume hinweg keine Beschwerden bereitet (z.B. ergeben die ärztlichen Berichte des öfteren Beschwerdefreiheit und gab die Klägerin auch an, bei längeren Aufenthalten in ihrem Heimatland praktisch immer beschwerdefrei zu sein) mit normaler Lungenfunktion - unabhängig von akuten Verschlechterungen - nicht als schwergradig eingestuft werden könne, und eine respiratorische Globalinsuffizienz allerhöchstens in extremen Ausnahmefällen bestehen könne, selbst eine sogenannte partielle respiratorische Insuffizienz nur in Fällen einer Exacerberation des Asthmas festgestellt worden sei; bei der Klägerin ist aber keine partielle und erst recht nicht eine globale respiratorische Insuffizienz fixiert, wie die gutachterlichen Untersuchungsbefunde beweisen.

Diffuse Schwindelerscheinungen der Klägerin, wie sie in der Vergangenheit des öfteren in Arztbriefen festgehalten worden sind, sind im Zusammenhang mit einer orthostatischen Kreislaufdysregulation bei wiederholt gemessenem niedrigen Blutdruck (vgl. z.B. Befundberichte des Internisten Dr.B. vom 24.04. 1989) zu sehen. Eine neurologische Ursache für den Schwindel konnte aufgrund wiederholter sozialgerichtlicher Begutachtungen ausgeschlossen werden, ebenso bereits frühzeitig eine Ursache auf ohrenärztlichem Gebiet (vgl. Arztbrief des Dr.T. vom 19.09.1988).

Die Erscheinung, insbesondere beim Aufrichten aus liegender Stellung, erscheint für eine Kreislaufdysregulation symptomatisch; eine essentielle Hypotonie selbst liegt nicht vor, nachdem bei der Klägerin auch wiederholt normale Blutdruckwerte gemessen worden sind.

Unwahrscheinlich erscheinen Bewusstseinsverluste bzw. Synkopen im Zusammenhang mit der orthostatischen Dysregulation. Zwar sind derartige Beschwerden durchaus möglich und wurden von einem Teil der die Klägerin behandelnden Ärzte auch so gedeutet, zumal die Ursache naheliegend erschien und vermutlich andere Ursachen nicht greifbar waren. Insbesondere Prof.Dr.S. hat aber darauf verwiesen, dass anlässlich mehrerer "Anfälle" der Klägerin Herzaktion und Atmung überprüft worden sind und sich hier keine Hinweise für eine Hypotonie oder für Kreislaufstörungen als Ursache ergeben haben (vgl. die "Bewusstseinsverluste" der Klägerin in der Klinik B. im Dezember 1993 während des Heilverfahrens, in der Z.klinik im März/ April 1996 und bei Dr.H. am 26.04.1996).

Die übrigen Herz- und Kreislaufverhältnisse der Klägerin liegen im Normbereich. Wiederholt durchgeführte Ergometrien weisen auf eine Leistungsfähigkeit zumindest im Bereich von 75 Watt (entsprechend leichten und teilweise mittelschweren Arbeiten) hin, ohne dass sich Hinweise auf ein krankheitswertiges Geschehen ergaben. Wegen orthostatischer Dysregulation und zeitweisen Schwindelerscheinungen sind der Klägerin Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Maschinen nicht mehr zumutbar.

Auf orthopädischem Gebiet liegen vor allem degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule und ein Beweglichkeit der Wirbelsäule ist eingeschränkt. Allerdings sind die von Dr.P. im Gutachten vom 24.03.1995 für glaubhaft gehaltenen mittelschweren Nervenwurzelreizerscheinungen nie objektiviert worden. Diese ergeben sich weder aus den zahlreichen aktenkundigen Berichten noch aus den eingeholten Gutachten, nicht einmal aus der neurologisch-orientierten Prüfung des Dr.P. selbst (hier: Lasègue beidseits negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich kräftig auslösbar). Zu Recht hat Dr.A. in seinem Gutachten vom 07.12.1995 daher ein Wirbelsäulen-Syndrom ohne neurologische Ausfälle festgestellt.

Das Drehmanschetten-Syndrom links ist ebenfalls nicht von schwerwiegender Bedeutung. Bei der Beweglichkeitsprüfung der Schulter fand Dr.P. eine freie passive Beweglichkeit. Die von der Klägerin angegebene völlige Kraftlosigkeit und Unbeweglichkeit des linken Arms erscheint nicht glaubhaft. Das Symptom soll auf einen Unfall im Jahre 1989 (Sturz auf die linke Schulter und Prellung) zurückgehen und seitdem laut Angaben der Klägerin in unverändertem Umfang den Gebrauch des linken Armes unmöglich gemacht haben. Dr.S. wies bereits in seinem Gutachten vom 25.01.1991 auf eine demonstrierte Schonhaltung des Armes (passiv freie Beweglichkeit bei Angabe massiver Schmerzhaftigkeit bei geringsten Bewegungen) hin, wobei sich aber ein Widerspruch zu den symmetrischen Schulter- und Armkonturen, der Muskulatur (ohne Atrophiezeichen) und dem Verhalten der Klägerin beim An- und Auskleiden ergab (Dr.S.: sekundärer Krankheitsgewinn, die Patientin lässt die Familie zu Hause für sich arbeiten).

Dr.G. konnte in seinem Gutachten vom 22.09.1992 wiederum nur einen mäßig schmerzhaften Bogen bei Armbewegung feststellen; die Klägerin vermochte den Griff zum Nacken, zum Kreuz und zur Gegenschulter auszuführen, wenn auch mit dem linken Arm etwas mühsamer als mit dem rechten.

Die in der Folgezeit von der Klägerin (bei Aufforderung zu bestimmten Bewegungen) behauptete und demonstrierte Unbeweglichkeit hätte aufgrund der Schonung und der eintretenden Muskelatrophie deutliche Änderungen bei den Umfangsmaßen des linken Armes gegenüber dem rechten Arm zur Folge gehabt, was bei ihr aber nicht der Fall gewesen ist. Die von ihr zugleich angegebene völlige Gefühllosigkeit des linken Armes und der Finger der linken Hand konnte bereits Dr.P. durch Druck- und Nadelprüfung widerlegen. Der von diesem Orthopäden gegebene Hinweis, dass die völlige Gefühllosigkeit keinem Dermatom entspreche und sich nicht erklären lasse, wurde vom Neurologen und Psychiater Dr.A. bestätigt; zugleich wurde durch technische Untersuchungen und körperliche Befunde eine Schädigung bestimmter Nervenwurzeln des Rückenmarks oder peripherer (armbezogener) Nerven oder eine Muskelerkrankung ausgeschlossen.

Prof.Dr.S. stellte zuletzt - bei allseits normal und sei- tengleich entwickelter Armmuskulatur, seitengleichen Muskeldehnungsreflexen und beidseits regelrechtem Muskeltonus - funktionelle Verhaltensweisen der Klägerin fest. So ergaben die Funktions- und Kraftprüfungen unterschiedliche Ergebnisse, teils mit Fehlinnervationen, großenteils submaximal, zuweilen gar nicht oder erst nach mehrfachen Versuchen, und die von der Klägerin bei Untersuchungen gezeigte Kraftlosigkeit stand im Widerspruch zu der Kraftanwendung, die bei Spontanbewegungen wie An- und Auskleiden, Aufstehen vom Stuhl oder Aufrichten aufgewendet worden ist.

Insgesamt gesehen erscheinen die Angaben der Klägerin dem Senat nicht glaubhaft; wegen Lendenwirbelsäulen-Beschwerden und des Manschettenteildefekts links sind ihr zumindest leichte körperliche und zeitweise mittelschwere körperliche Arbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und mit der Möglichkeit zu gelegentlichem Haltungswechsel vollschichtig zumutbar; entsprechend der Beurteilung der Ärzte der Klinik B. (Heilverfahren 01.12. bis 29.12.1993) und des Orthopäden Dr.G. sind Arbeiten über Kopf und das Heben und Tragen von Lasten ausgeschlossen. Mehr an qualitativen Einschränkungen hielt der Senat nicht für angebracht. Wesentliche Funktionseinschränkungen sind - bedingt durch das Verhalten der Klägerin - nicht nachgewiesen, und Zweifel oder Unsicherheiten gehen nach allgemeinen Beweisregeln zu Lasten des erhobenen Klageanspruchs. Es geht nicht an, bei unrichtigen Angaben der Klägerin über Bewegungsunfähigkeit, Kraftlosigkeit und Gefühllosigkeit des Armes andere Erklärungen (z.B. Schmerzen) für unstimmige Phänomene zu suchen und zu unterstellen und dann, wie z.B. Dr.A. , zu vermuten, dass die Klägerin als Industrienäherin wegen Beeinträchtigung des linken Armes wohl nicht mehr einsetzbar wäre. Berücksichtigt muss hier werden, dass die Klägerin durch Angaben und Verhaltensweisen, die den realen Gegebenheiten nicht entsprechend können, eine sichere Feststellung des Ausmaßes der Gesundheitsstörungen unmöglich gemacht und auch ihre Glaubwürdigkeit erschüttert hat. Gesundheitsstörungen und daraus resultierende Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit lassen sich nicht mit der gebotenen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Zu dem Ergebnis des Dr.A. im Gutachten vom 07.12.1995, soweit dieses für die Klägerin günstig ausgefallen ist, ist im Übrigen anzumerken, dass Dr.A. in späterer Kenntnis von "funktionellen Verhaltensweisen" der Klägerin weitgehend seine Aufassung revidiert hat, und dass Prof.Dr.S. erneut - unter anderem auch hinsichtlich der Extremitäten - willkürliche Verhaltensweisen festgestellt hat. Eine psychogene Überlagerung dergestalt, dass eine vollständige oder teilweise Unbeweglichkeit und Gebrauchsunfähigkeit des Armes aus psychischen Ursachen, deren Auswirkungen die Klägerin aus eigener Kraft nicht zu überwinden vermag, bestehen, kann nicht angenommen werden. Zum einen hat die Klägerin unterschiedliche Einschränkungen der Gebrauchsfähigkeit des Armes, zum Teil am gleichen Untersuchungstage, demonstriert, und zum anderen belegen die objektiven Befunde, dass sie den linken Arm in weitaus größerem Umfang im täglichen Leben benutzen kann und tatsächlich auch benutzt; zum anderen gelten die Ausführungen des Prof.Dr.S. , dass mit Wahrscheinlichkeit bewusste und bewusstseinsnahe Vorgänge ablaufen; eine psychische "Blockade" hinsichtlich des Gebrauchs des linken Armes, die bereits aufgrund des tatsächlichen Mehrgebrauchs nicht so bestehen kann, kann auch aufgrund eines nicht objektivierbaren krankheitsbedingt fixierten Verhaltens der Klägerin angenommen werden.

Die Kopfschmerzen der Klägerin sind nach Überzeugung des Senats nicht eindeutig zuzuordnen. Wie Dr.A. in seinem Gutachten vom 07.12.1995 richtig vorweg angemerkt hat, basiert die genaue diagnostische Zuordnung ausschließlich auf anamnestischen Angaben der Klägerin, und in diesem Punkt hat sie bei Dr.A. andere Angaben als bei Prof.Dr.S. gemacht, so dass diagnostisch eine unterschiedliche Bewertung besteht. Bei Dr.A. hat die Klägerin von einer halbseitigen Betonung der Kopfschmerzen, einem hämmernden Schmerzcharakter und einer begleitenden Lichtempfindlichkeit berichtet, wenn auch die für Migränekopfschmerzen (nicht erforderliche, aber typische) Lichtempfindlichkeit fehlte. Bei Prof. Dr.S. gab die Klägerin hingegen einen diffusen, lang anhaltenden und drückenden Kopfschmerz an, der häufig seinen Ausgang in der Hinterhauptregion nimmt und sich zur Stirn- und Schläfenregion ausbreitet, und gerade nicht einen charakteristischen Halbseiten-Kopfschmerz (Hemikranie). Nachdem die Klägerin auch die typischen Flimmerskotome, Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen verneint hatte, ist anhand dieser Angaben die Diagnose einer Migräne - hier müsste eine Migräne ohne Aura unterstellt werden - unzutreffend. Vielmehr liegt, auch unter Berücksichtigung des Verlaufs (Auftreten bereits morgens oder im Laufe des Tages) unter Dauer von vielen Stunden oder über zwei bis drei Tage, die Interpretation als Spannungskopfschmerz auf der Hand.

Der Senat schließt sich hier der Diagnose des Prof.Dr.S. an, zumal die Angaben der Klägerin über ihre Bewusstseinsverluste unzutreffend sind (siehe hierzu weiter unten) und diese Bewusstseinsverluste wiederum - so die Klägerin gegenüber Dr.A. - öfters gerade im Rahmen von "Migräneanfällen" auftreten sollen, was zwar bei einer Basilarismigräne häufiger anzutreffen ist, wofür aber wiederum eine typische Symptomatik nicht geschildert wurde.

Aufgrund des gesamten Sachverhalts stehen auch die Angaben der Klägerin zu ihrem Kopfschmerz sowie dessen Intensität und Umfang in Frage. Gleichwohl hielt der Senat unter Mitberücksichtigung einer mäßig ausgeprägten depressiven Anpassungsstörung bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit es für angebracht, an Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit die Meidung von Arbeiten unter Zeitdruck, Akkordbedingungen sowie in Wechsel- und Nachtschicht vorzusehen. Insoweit erschien - unabhängig von der genauen Zuordnung der Gesundheitsstörungen - zu Gunsten der Klägerin eine Wertung entsprechend dem Gutachten des Dr.A. angebracht.

Nicht ins Gewicht fallen dürfen jedoch die angeblichen Bewusstseinsverluste der Klägerin. Bereits deren anamnestische Angaben im Renten- und Gerichtsverfahren hierzu sind widersprüchlich, und es ist auch nicht verwunderlich, dass die behandelnden Ärzte - vielfach auf anamnestische Angaben angewiesen - die "Gesundheitsstörung" unterschiedlich und im Laufe der Jahre wechselhaft eingeordnet haben.

Zu Beginn des Rentenverfahrens (Rentenantrag vom 19.05.1992) war lediglich die Rede von diffusen Schwindelbeschwerden bzw. Atemnotzuständen und öfters Schwindelneigung (auch Atemnotanfälle verbunden mit Schwindel) oder von orthostatischer Kreislaufdysregulation bzw. von Kreislaufstörungen mit Schwindel und Fallneigung (vgl. Gutachten des Dr.H. vom 25.09.1992, Arztbriefe des Dr.T. und des Dr.B. vom 19.09.1998 bzw. 24.04.1989, Gutachten des Dr.H. vom Mai 1993, Arztbrief des Dr.H. vom 24.03.1994 und Gutachten des Dr.R. vom 12.02.1995), wobei die Klägerin und die behandelnden Ärzte die Schwindelerscheinungen nicht im Vordergrund sahen.

Im Renten- und Klageverfahren führte die Klägerin erstmals kurze Bewusstseinsverluste ("seit 1986"), die auch unabhängig von den Schwindelerscheinungen sein sollten, gegenüber Dr.A. (Gutachten vom 07.12.1995) an, von denen der behandelnde Hausarzt Dr.H./Dr.B. und der Internist Dr.B. in den Jahren 1994/95 noch nicht berichteten. Der Allgemeinarzt Dr.K. hatte im Jahre 1994 noch zwei Hausarztbesuche wegen Asthmaanfalls und Kreislaufbeschwerden vermerkt; Dr.B. erwähnte erst mit Befundbericht vom 20.09.1996 Hausbesuche ab September 1994 wegen rezidivierenden Bewusstseinsverlusten mit dem Zusatz "anamnestisch", wohingegen er im Attest vom 29.01. 1996 noch pauschal von Hausbesuchen wegen hypotonen Blutdruckbeschwerden und synkopalen Anfällen sprach.

Auffallend ist geradezu, dass der Neurologe unde Psychiater Dr.K. in seinem Arztbrief vom 22.03.1997 besonders darauf hinwies, dass die Klägerin bei ihrer Behandlung bis 1995 nichts von Anfällen erwähnt habe, obwohl sie im März 1997 (erstmals) angegeben habe, seit ca. sieben bis acht Jahren an Anfällen zu leiden, wobei sie wie ein Stein zu Boden falle und eine bis zehn Minuten ohne Bewusstsein sei.

Die dann wiederholten Angaben der Klägerin zu Beginn der Erkrankung (1982, 1986, 1989 und auch 1991) sowie zur Zahl und Dauer der "Anfälle" sind wechselnd und nicht widerspruchsfrei. Auch die Begleitumstände, z.B. dem "Anfall" vorausgehende Schwindelerscheinungen, die die Klägerin wiederum bei Prof. Dr.S. verneinte, (jedenfalls "jetzt" keinerlei Vorzeichen mehr) sind unsicher.

Drei ärztlicherseits beobachtete Anfälle der Klägerin (Klinik B. 1993, Dr.H. 1995 und Z.klinik 1996) lassen die Anfälle im Zusammenhang mit Herz-, Kreislauf und Lunge (Hypotonie, Herzsynkope, Asthmaanfall, Hyperventilation), wie anfangs vermutet, unwahrscheinlich erscheinen. Nach umfangreichen Untersuchungen des Dr.A. und des Prof.Dr. S. sind auch neurologiche Ursachen (Epilepsie, Hirndurchblutungsstörungen infolge Carotis- oder Vertebralisstenose, organische Hirnerkrankung usw.) ausgeschlossen und psychogene Ursachen (diskutiert wird einmal eine Katalepsie bzw. eine psychogene Synkope) unwahrscheinlich.

Für Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet ergaben die Befunde auch keine Anhaltspunkte. Die dann vermutete Epilepsie ist schon deswegen ausgeschlossen, weil bei der von der Klägerin angegebenen Dauer der Bewusstseinsverluste nur ein komplex-fokaler Anfall in Frage kommt, der aber meist von starken vegetativen Reaktionen einschließlich Herzfrequenzänderungen sowie von auffallenden Bewegungsstereotypien begleitet wird, aber gerade solche Phänomene weder beobachtet noch tatsächlich bei Messungen angetroffen worden sind (vgl. z.B. die Feststellung regelrechter Herzaktion und Atmung bei den drei ärztlicherseits beobachteten "Anfällen"). Für eine Epilepsie fehlen auch organische (messtechnisch feststellbare) Veränderungen oder typische Begleiterscheinungen wie Zungenbiss, Einnässung, Muskelversteifung usw.

Seit etwa zehn Jahren wird in Gutachten und Arztbriefen fast übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass bei der Klägerin psychische, funktionelle, demonstrative oder sogar bewusst gesteuerte simulatorische Symptome durchgängig anzutreffend sind oder vorherrschen; diese Krankengeschichte hat Prof.Dr. S. , ausgehend vom Gutachten des Dr.S. vom 25.01.1991, eingehend besprochen. Diesem Eindruck, den auch Prof. Dr.S. gewonnen hat, schloss sich der Senat an. Die von der Klägerin wiederholt gebotenen Demonstrationen sind vielfältig und auch in sich widersprüchlich, so dass auch deswegen nicht von einer psychischen Blockade von Körperfunktionen oder von einer psychogenen, nicht steuerbaren Verursachung von nicht organisch bedingten Krankheitssymtomen ausgegangen werden kann; das Gesamtbild deutet auf bewusste oder bewusstseinsnahe, bei Willensanstrengung der Klägerin jedenfalls vermeidbare Vorgänge hin.

Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, eine nochmalige Begutachtung durchzuführen. Das Gutachten des Dr.A. , berichtigt durch dessen nachträgliche Stellungnahme, und das Gutachten des Prof. Dr.S. stimmen in den wesentlichen Punkten überein. Ein weiteres Gutachten kann nach Überzeugung des Senats den Sachverhalt nicht weiter - nach Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin in einem für den streitigen Rentenanspruch positiven Sinne - aufklären. Die unstimmigen Angaben der Klägerin und ihre auffälligen Verhaltensweisen in den letzten zehn Jahren, für die keine hinreichenden bestätigenden ärztlichen Befunde und selten, soweit ärztliche Beobachtungen zeitnah stattfanden, entgegenstehende Befunde existieren, ist und war einer ärztlichen Beurteilung zugängig und kann in vereinzelten Umständen in der Vergangenheit nicht "aufgeklärt", sondern allenfalls anders gewertet werden; nachdem aber die Beurteilungen des Dr.A. und des Prof.Dr.S. schlüssig und überzeugend sind und für den Senat kein Zweifel an der Richtigkeit besteht, liegt auch keine Veranlassung vor, eine nochmalige Auswertung von einem dritten Sachverständigen vornehmen zu lassen.

Der Senat ist sich dabei bewusst, dass sich medizinische Sachverhalte oft nicht mehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufklären sowie auch beurteilen lassen, und in manchen Bereichen nur eine Beurteilung nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten möglich ist; in solchen Fällen ist nach den Regeln der "Beweislast" (objektive Beweislosigkeit) zu verfahren, und nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit objektivierbare Gesundheitsstörungen und daraus folgende Einschränkungen des Erwerbsvermögens sind als nicht vorhanden zu behandeln. Hierbei kann der Senat nicht - wie der Bevollmächtigte der Klägerin meint - auf den Erkenntnisstand der ersten Instanz abgestellt werden; dieser beruht nicht auf "sachlich zutreffend festgestellten Tatsachen". Das Sozialgericht hat lediglich mit seiner Zeugeneinvernahme äußere Erscheinungsbilder von Vorgängen, wie sie Nichtärzte gesehen bzw. beobachtet haben, festgestellt; die Auswertung dieser Erscheinungsbilder führt jedoch nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung fachkundiger Gutachten zu anderen "medizinischen Tatsachen" als vom Sozialgericht angenommen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Prof.Dr.S. ausdrücklich zweimal darauf hingewiesen hat, dass die Wahrnehmungen der Zeugen nicht zu einer Klärung der Art der "Bewusstseinsstörungen" der Klägerin beitragen; dies ist dem Senat schlüssig nachvollziehbar, weil die Zeugen als Laien weder ärztlich-fachkundige Beobachtungen mitteilen geschweige denn Untersuchungsbefunde erheben konnten. Es erübrigt sich daher, den Ehmeann der Klägerin erneut - diesmal zu einem "Anfall" vom 09.09.2000 einzuvernehmen. Auch eine Aussage des Dr.K. , der den "Anfall" nicht zeitnah erlebt, sondern nachträglich einen Hausarztbesuch absolviert hat, kann nicht maßgebend zur Aufklärung beitragen. Dr.K. war wiederum auf Angaben der Klägerin bzw. des Ehemanns angewiesen, was bereits in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Interpretationen der "Anfälle", u.a. als Begleiterscheinung eines Asthmas oder Kreislaufbeschwerden wie auch später - bei offenbar geänderten anamnestischen Angaben zu der Erscheinung und den möglichen Ursachen sowie einer Verlagerung des subjektiven Schwerpunkts der Gesundheitsstörungen - als "Bewusstseinsverluste (anamnestisch)" geführt hatte (vgl. die Arztbriefe des Dr.K. und des Dr.B. zu ihren Hausarztbesuchen 1994 bis 1996).

Wenn Prof.Dr.S. darüber hinaus ausführte, dass nicht mit letzter Sicherheit, sondern nur mit größter Wahrscheinlichkeit bewusstseinsnahe, tendenzielle Verhaltensweisen zu bejahen sind und sich eine psychische Gesundheitsstörung von Krankheitswert nicht völlig ausschließen, aber auch nicht annehmen lässt, so stellt dies nach Überzeugung des Senats keinen Widerspruch dar, wie der Bevollmächtigte der Klägerin vorgetragen hat. Das gilt auch für das eventuell bei der Klägerin bestehende agoraphobe Verhalten. Prof.Dr.S. hat darauf hingewiesen, dass es einige Sachverhalte gibt, die eventuell auch an eine primäre psychiatrische Störung der Klägerin denken lassen, hat aber eine solche Störung mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Es macht daher für den Senat keinen Sinn, den Sachverständigen noch zu der agoraphoben Komponente, insbesondere in Bezug auf eine dadurch verursachte Leistungsminderung, die nach Ansicht der Klagepartei vorliegen kann und vom Gutachter aber verneint worden ist, anzuhören, wenn bereits die Gesundheitsstörung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann.

Auch die von der Klagepartei vorgebrachten Verletzungen der Klägerin anläßlich von "Bewusstlosigkeitsanfällen", ein Bruch der neunten Rippe (1996) und eine Verbrühung der Hand durch heißes Wasser (2000), vermögen nichts an der Beurteilung zu ändern. Sinngemäß ist damit wohl vorgetragen worden, dass die Klägerin nicht Anfälle simuliere und sich hierbei verletze. In diesem Zusammenhang ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Klägerin anläßlich der angegebenen zahlreichen Anfälle in den letzten zehn Jahren keine ernsthaften und - laut Prof.Dr.S. - für epileptische oder sonstige Sturzanfälle typischen Verletzungen an Hand, Arm, Knie oder Kopf davongetragen hat. Zum anderen können auch bei willentlichen oder bewusstseinsnah "gesteuerten" (bei Willensanstrengung vermeidbaren) Anfällen bzw. bei Sturz oder In-Sich-Zusammenfallen sich zufälligerweise Verletzungen ereignen, und zur Diagnostik trägt - wie Prof. Dr.S. ausgeführt hat - eine solche atypische Verletzung letzten Endes nichts bei.

Eine nochmalige Begutachtung kann auch nicht aus dem von der Klagepartei behaupteten Umstand erfolgen, dass nur eine neurologische und lungenärztliche Begutachtung erfolgt sei, und die fachärztliche Beurteilung auf psychiatrischem Gebiet noch ausstehe. Der Senat hat Prof.Dr.S. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt, im Übrigen unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass dieser Sachverständige am Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie - tätig ist; der Gutachter hat ein laut Überschrift nervenärztliches Gutachten erstellt, worunter die Erfassung des neurologischen und psychiatrischen Gebiets zu verstehen ist. Der Sachverständige hat sich ferner auch in seinem Gutachten damit auseinandergesetzt, ob eine rentenrelenvante Gesundheitsstörung auf psychiatrischem Gebiet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen ist.

Mit ihrem Erwerbsvermögen ist die Klägerin nicht berufsunfähig und damit erst recht nicht erwerbsunfähig oder voll oder teilweise erwerbsgemindert, denn sie konnte und kann noch vollschichtig leichte Arbeiten (d.h. auch ohne schweres Heben und Tragen) mit qualitativen Einschränkungen verrichten (Arbeiten zu ebener Erde, ohne bronchiale Reizstoffe, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, bei gelegentlichem Haltungswechsel, ohne häufiges Bücken, ohne Zeitdruck, Akkord, Wechsel- und Nachtschicht sowie nicht an gefährdenden Maschinen). Als Industrienäherin ist sie nicht mehr einsetzbar, weil in diesem Bereich Akkord- oder akkordähnliche Bedingungen sowie Schichtbetrieb (zwei "Tagesschichten") üblich sind. Für die Tätigkeit einer Textilsortiererin - diese Arbeit ist wenig spezifisch und kann unter äußerst variablen Bedingungen stattfinden - fehlen dem Senat zur Beurteilung hinreichende Gesichtspunkte.

Die Klägerin ist jedoch auf alle ihrem Erwerbsvermögen entsprechende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Dahin stehen kann, ob sie in der Türkei eine Berufsausbildung absolviert hat, denn nach den Auskünften der Arbeitgeber hat sie einfache Tätigkeiten verrichtet, die bei einer Anlernzeit von zwei bis drei Monaten zu den ungelernten Tätigkeiten zählen. Damit ist sie auf andere ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar.

Eine konkrete Verweisungstätigkeit muss hier nicht benannt werden. Es liegen weder eine Häufung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Behinderung vor; entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist ein "Anfallleiden", das entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Verschlossenheit des Arbeitsmarkts führt oder führen kann, nicht zu berücksichtigen.

Im Übrigen ist dem Senat auch eine geeignete Verweisungstätigkeit als Hilfskraft im Bürodienst ("einfache" Registraturkraft; Hilfsdienste bei der Postabfertigung) ersichtlich. Es handelt sich hier um körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, in geschlossenen Räumen, wobei weder Nacht- und Wechselschicht noch Akkordarbeit oder akkordähnliche Bedingungen anstehen. Wohl irrtümlich - infolge einer Verwechselung - hat das Sozialgericht auf Seite 13 seines Urteils die Zumutbarkeit leichter Bürohilfstätigkeiten wie z.B. Kartei- oder Listenführung sowie die Tätigkeit einer Telefonistin pauschal verneint, weil die Klägerin den damit verbundenen besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen nicht mehr gewachsen sei. Abgesehen davon, dass die Klägerin im größeren Umfange belastbar ist als das Sozialgericht angenommen hat, sind die von ihm angeführten Anforderungen nicht stimmig. Sie können bei dem Beruf einer Telefonistin zutreffen, nicht jedoch bei der Kartei- und Listenführung sowie bei der Briefabfertigung (Hilfsdienste). Hierzu verweist der Senat auf die vom Sozialgericht beigezogenen Auskünfte des Landesarbeitsamts Nord vom 06.12.1995 und 09.05. 1996, in denen die Voraussetzungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit sowie die psychische Belastbarkeit bei der Tätigkeit einer Telefonistin, nicht aber bei der in einer Registratur oder Poststelle oder allgemeinhin bei leichten Bürodiensten genannt sind.

Bei der Tätigkeit in einer Registratur oder Poststelle darf auch nicht generell vorausgesetzt werden, dass zumindest zeitweise mittelschwere Belastbarkeit sowie häufiges Bücken, Überkopfarbeit und Besteigen von Leitern gefordert werden. Hierzu verweist der Senat auf die Auskünfte, die das Landessozialgericht Berlin in der Sache L 5 J 71/88 eingeholt hat.

Sowohl hinsichtlich der Anforderungen solcher Tätigkeiten als auch der Zahl der Arbeitsplätze kann sich der Senat der Meinung des Landesarbeitsamts Nordbayern nicht anschließen. Wenn dieses anführt, dass die Zahl der Arbeitsplätze mit leichten Bürohilfstätigkeiten wegen zunehmendem Einsatzes von EDV- und moderner Bürokommunikation rückläufig ist, so mag das zutreffen, besagt aber nicht, dass es keine hinreichende Zahl von Arbeitsplätzen im Gebiet der gesamten BRD mehr gibt. Im Übrigen kann das Landesarbeitsamt keinen Überblick über die Arbeitsplätze und das Arbeitsangebot seitens des Öffentlichen Dienstes haben, weil die offenen Stellen dort generell ausgeschrieben und nicht über die Arbeitsverwaltung angeboten werden. Insoweit gilt nach wie vor der Grundsatz, dass derartige Stellen tariflich erfasst sind (BAT X und IX), und daher die Vermutung einer hinreichenden Zahl von Arbeitsplätzen gilt.

Der Arbeitsmarkt kann auch nicht deswegen als verschlossen angesehen werden, weil - so das Landesarbeitsamt Nordbayern - auf Arbeitgeberseite "im allgemeinen" keine Bereitschaft besteht, ältere gewerbliche Arbeitnehmer für leichte Bürohilfstätigkeiten neu einzustellen. Dieser Erfahrungssatz ist zu pauschal und allgemein gehalten, kann sich zudem nicht aus den bereits ausgeführten Gründen auf den Öffentlichen Dienst beziehen. Zunächst gilt im Öffentlichen Dienst der Grundsatz, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung den Vorrang vor Gesunden bei der Einstellung haben. Weiterhin ist das Alter kein Kriterium, den Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen (vgl. BSG vom 14.09.1995 - 5 RJ 50/94 zu älteren Langzeitarbeitslosen). Hier kommt es zunächst auf die Zahl der Arbeitsplätze an, gleich ob sie offen oder besetzt sind, dann darauf, ob eine Häufung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Behinderung vorliegen, so dass ein Versicherter wegen seiner Gesundheitsstörungen (und nicht aus sonstigen Gründen) faktisch die Arbeit nicht mehr ausüben kann (fehlende Wettbewerbsfähigkeit) oder zwar noch verrichten könnte, aber kein "vernünftig und billig denkender Arbeitgeber" ihn wegen "Vorbehalte" bzw. "starken Hemmungen" aufgrund des Krankheitsbildes (so das BSG bei epileptischen Anfällen) mehr einstellen würde.

Daher war das angefochtene Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 07.10.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.1994 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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