L 6 RJ 352/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 550/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 352/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Berufungsrücknahme erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Vorrangig ist jedoch umstritten, ob das Berufungsverfahren durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.

Den am 25.01.1999 gestellten Antrag des Klägers, der am 1961 geboren und britischer Staatsangehöriger ist, ihm Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit zu zahlen, hat die Beklagte mit Bescheid vom 20.04.1999 und Widerspruchsbescheid vom 23.07.1999 abgelehnt.

Das Sozialgericht Augsburg (SG) hat die am 24.08.1999 erhobene Klage mit Urteil vom 11.08.2000 abgewiesen.

Am 26.09.2000 ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm am 01.09.2000 zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein.

In der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2002 nahm der Prozess- bevollmächtigte des Klägers in Übereinstimmung mit diesem die Berufung gegen das Urteil des SG Augsburg 11.08.2000 zurück, nachdem ihm der Senat die fehlende Erfolgsaussicht dargelegt hatte. Der Kläger behielt sich dabei vor, nach Abschluss einer vorgesehenen stationären Behandlung einen neuen Rentenantrag bzw. einen Antrag nach § 44 SGB X zu stellen.

Mit Schreiben vom 26.05.2002 machte der Kläger sinngemäß geltend, dass die medizinischen Grundlagen, auf denen der Vorschlag des Senats, die Berufung zurückzunehmen, beruht habe, unrichtig seien; auch hätte der Beurteilung der Berufsunfähigkeit der Beruf des Kraftfahrers zugrunde gelegt werden müssen.

Unter dem 12.06.2002 und 04.07.2002 erklärte der Kläger auf Anfrage durch den Senat im Wesentlichen, er wisse zwar, dass er die Berufung zurückgenommen habe, dies sei jedoch unter fehlerhaften Voraussetzungen geschehen; sein jetziges Begehren sei als Anfechtung der Berufungsrücknahme zu verstehen. Auch begehre er Schadensersatz. Gleichzeitig beantrage er Prozesskostenhilfe.

Wegen mangelnder Erfolgsaussicht lehnte der Senat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 14.10.2002 ab.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt,

das Berufungsverfahren fortzusetzen, das Urteil des SG Augsburg vom 11.08.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab (Antrag: 25.01.1999) 01.02.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch die am 16.04.2002 erklärte Zurücknahme der Berufung erledigt ist, hilfsweise die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger am 26.09.2000 form- und fristgerecht eingelegte Berufung war zulässig. Der Rechtsstreit ist jedoch durch die Berufungsrücknahme vom 16.04.2002 in der Hauptsache erledigt, das Urteil des SG Augsburg vom 11.08.2000 ist somit rechtskräftig.

Der Bevollmächtigte des Klägers, der gemäß § 73 Abs.2 SGG eine schriftliche Vollmacht zu den Akten eingereicht hatte, hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.04.2002 in Überein-stimmung mit dem Kläger die Berufung zurückgenommen. Diese Erklärung wurde ordnungsgemäß protokolliert, vorgelesen und ge-nehmigt (§§ 153 Abs.1, 122 SGG in Verbindung mit den §§ 159, 160, 162, 163 ZPO). Damit ist die Berufung wirksam zurückgenom-men worden. Die Zurücknahme der Berufung bewirkt gemäß § 156 Abs.2 Satz 1 SGG den endgültigen Verlust des Rechtsmittels mit der Folge, dass keine Sachentscheidung mehr ergehen kann (vgl. BSGE 14, 138; 19, 120).

Die in der mündlichen Verhandlung nach fast einstündiger Er- örterung des Streitgegenstandes in Übereinstimmung mit dem Kläger abgegebene Erklärung des Bevollmächtigten kann weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) an- gefochten werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 102 Rdnr.7, 7a bis 7d, § 156 Rdnr. 2, 2a; BSG SozR 1500 § 102 Nr.2). Das durch Berufungsrücknahme rechtskräftig beendete Verfahren könnte nur entsprechend den Bestimmungen des Vierten Buches der ZPO (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. BSG-Urteil vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79). Die in den entsprechenden Vorschriften genannten Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.

§ 579 ZPO bestimmt betreffend der Nichtigkeitsklage:

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;

2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;

3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;

4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozess- führung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Zur Restitutionsklage heißt es in § 580 ZPO:

Die Restitutionsklage findet statt:

1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;

2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;

3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;

4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;

5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt bat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;

6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;

7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass einer dieser Gründe, die in den §§ 579, 580 ZPO genannt sind, vorliegen könnte.

Damit ist festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung seit dem 16.04.2002 erledigt ist (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. § 156 SGG Rdnr.6).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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