L 14 RJ 362/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 175/95 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 362/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 22. März 2001 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Antrags vom September 1993.

Der 1941 geborene Kläger, ein Serbe und wohnhaft in seiner Heimat, war in der Bundesrepublik Deutschland von August 1964 bis Dezember 1976 überwiegend als Elektroschweißer berufstätig. Im Rentenantrag hat er eine Fachausbildung verneint. In Jugoslawien sind sowohl serbische als auch kroatische Versicherungszeiten für die Zeiträume September 1960 und August 1964 sowie - jeweils durchgehend - von Juni 1977 bis Februar 1987, von April 1987 bis Juni 1991 und von Oktober bis Dezember 1994 anerkannt.

Seinen am 03.09.1993 bei der Invalidenkommission in Belgrad gestellten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.11.1993 ab, da der Kläger schon nach dem Ergebnis der Untersuchung in Belgrad (08.10.1993) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig für einsatzfähig gehalten wurde, und sich der Prüfarzt der Beklagten, Dr.D. , dieser Leistungsbeurteilung angeschlossen hatte.

Mit dem Widerspruch trug der Kläger vor, die Untersuchung in Belgrad sei sehr oberflächlich gewesen und habe nicht alle seine Gesundheitsstörungen abgeklärt. Im Übrigen sei er nach einem vorgelegten Facharztbericht des Neuropsychiaters Dr.M. vom Dezember 1993 als Invalide anzusehen. Die Beklagte versuchte im Widerspruchsverfahren vergeblich, eine Auskunft vom letzten Arbeitgeber in der Bundesrepublik (Firma erloschen) einzuholen, und veranlasste in der Gutachterstelle Regensburg vom 24. bis 26.10.1994 eine vordergründig nervenärztliche Begutachtung. Der Arzt für Psychiatrie Dr.A. stellte im Gutachten vom 08.11.1994 neben Beschwerden seitens der Wirbelsäule ohne neurologische Ausfälle eine depressive Verstimmung bei zur Zeit schwerer sozialer Situation fest. Er hielt den Kläger für den Berufsbereich eines Maschinenschlossers ebenso vollschichtig für fähig wie für mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser Leistungsbeurteilung schloss sich die Widerspruchsstelle der Beklagten an und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.01. 1995 zurück. Gleichzeitig gab sie den Hinweis, dass nach den vorliegenden Unterlagen auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht erfüllt seien mit Belehrung über die lückenlose Belegung seit 01.01.1984 mit freiwilligen Beiträgen zum deutschen Rentenversicherungsträger.

Mit der Klage verwies der Kläger auf die Berentung in seiner Heimat ab 26.01.1995 und legte einen Fachbericht des Dr.M. vom 22.02.1995 über seinen verschlechterten Gesundheitszustand vor. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass der Kläger wohl nicht mehr im Berufsbereich des Schlossers eingesetzt werden könne, aufgrund seiner Tätigkeit in der Bundesrepublik als Elektroschweißer aber bestenfalls als Angelernter im oberen Bereich noch auf zahlreiche Tätigkeiten und damit zumutbar verweisbar sei. Im Übrigen seien in Kenntnis der jugoslawischen Versicherungszeiten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen schon im Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht erfüllt.

Mit Urteil vom 18.10.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die beantragte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung machen die Bevollmächtigten des Klägers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend.

Die Beklagte legt eine Kopie den Ablehnungsbescheides vom 22.03.2001 vor, der einen Rentenantrag vom 15.06.2000 abhandelt. In diesem Bescheid ist auf mehreren Seiten ausgeführt, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien und überdies in der Zeit ab 01.01.1984 die Monate März 1987, Oktober 1991 bis September 1994 und ab Januar 1995 unbelegt seien.

Mit zwei Schreiben (vom 31.07.2001 und 29.01.2002) hat der Senat die Bevollmächtigten darauf hingewiesen, dass das Rechts- institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein bei der Versäumung von Verfahrensfristen helfen könne, die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch nicht behoben werde, sowie, dass der Ablehnungsbescheid vom 22.03. 2001 zutreffend und ausführlich die Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Besonderheiten darstelle. Eine Antwort ging nicht ein.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.11.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.01.1995 zu verpflichten, ihm ab Antrag Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Rentenakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Zu Recht haben die Beklagte und das Sozialgericht einen Rentenanspruch des Klägers verneint.

Zwar erfüllt der Kläger die Mindestwartezeit von 60 Kalendermonaten für einen Rentenanspruch. Sein Begehren scheitert aber an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz hat der deutsche Rentengesetzgeber die Gewährung medizinischer Berentung (Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit) ab 01.01.1984 verschärft. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass derartige Renten nur mehr gewährt werden dürfen, wenn der Versicherte zeitnah aus dem Erwerbsleben wegen Krankheit oder anderer Gebrechen ausscheidet. Insoweit hat der Gesetzgeber einen zeitlichen Rahmen vorgegeben, als derartige Rentenleistungen nur mehr derjenige Versicherte erhalten darf, der innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt des Leistungsfalles (also des Versicherungsfalles der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit) mindestens drei Jahre lang versicherungspflichtig gearbeitet hat und somit mindestens 36 Monate lang Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung entrichtet hat. Diese Gesetzesänderung ist vom höchsten deutschen Gericht, dem Bundesverfassungsgericht, für verfassungskonform erklärt worden mit der Maßgabe, dass ab 01.01.1984 die Rentenanwartschaft auch mit freiwilligen Beiträgen ohne jede Unterbrechung aufrechterhalten werden kann. Diese gesetzlichen Anforderungen gelten für jeden Versicherten, gleich ob es sich um einen deutschen Staatsangehörigen handelt oder um einen Ausländer, der in der Bundesrepublik Deutschland Rentenversicherungszeiten zurückgelegt hat.

Beim Kläger war jedenfalls der Leistungs-/Versicherungsfall nicht mit Rentenantrag im September 1993 eingetreten. Dies ergibt sich zum einen aus dem Untersuchungsergebnis der Invalidenkommission in Belgrad vom 08.10.1993, wonach der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig einsatzfähig bewertet worden war. Dies ergibt sich im besonderen aus dem gründlichen Untersuchungsergebnis vom Oktober 1994 in der Gutachterstelle Regensburg mit der zeitlich uneingeschränkten Leistungsfähigkeit des Klägers für den Berufsbereich eines Maschinenschlossers und bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Übrigen hatte die Beklagte eine medizinische Abklärung nur deswegen eingeleitet, weil die genauen Versicherungszeiten des Klägers in seiner Heimat wegen der damaligen Kriegswirren noch nicht feststanden, sondern erst im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens von Belgrad übermittelt wurden. Hätten die exakten Versicherungszeiten bereits spätestens im Widerspruchsverfahren vorgelegen, wäre für die Beklagte offen erkennbar gewesen, wie es nunmehr auch für den Senat eindeutig erkennbar ist, dass wegen der mehr als zweijährigen Lücke im Versicherungsverlauf des Klägers von Juni 1991 bis Oktober 1994 bereits im Monat September 1993 die erforderlichen 36 Kalendermonate an Versicherungszeiten innerhalb der letzten fünf Jahre nicht erfüllt werden können. Zu Recht hat die Beklagte deshalb auch zur Festsetzung der Invalidenrente im Januar 1995 in Serbien nicht Stellung genommen, da jedenfalls wiederum oder immer noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen deswegen nicht erfüllt sind. Der Kläger ist aber auch nicht berechtigt, die vorhandene Lücke mit freiwilligen Beitragsleistungen zur deutschen Rentenversicherung zu schließen, da insoweit lückenlos für jeden Monat ab 01.01.1984 Beiträge oder Anwartschaftserhaltungszeiten vorliegen müssten. Das grundsätzliche Recht des Klägers, im Jahre des Rentenantrags und danach freiwillige Beiträge zu entrichten, ist unbehelf- lich, da hierdurch nicht die Lücke im Versicherungsverlauf vom Juli 1991 bis Dezember 1992 und erst recht nicht die nur einmonatige, aber jedenfalls ebenso einen Rentenanspruch ausschließende Lücke im Monat März 1987 geschlossen werden könnten. Soweit die Bevollmächtigten des Klägers insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt haben, ist ihnen bereits mitgeteilt worden, dass dieses Rechtsinstitut nur für die schuldlose Versäumung von Verfahrensfristen greifen kann, nicht jedoch die Herstellung der dargestellten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erlaubt. Dem zwischenzeitlich 61-jährigen Kläger verbleibt wie einem deutschen Versicherten bei gleichem Versicherungsverlauf nur die Möglichkeit, die Regelaltersrente eines 65-jährigen Versicherten abzuwarten.

Da der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 22.03.2001 gemäß § 96 Abs.1 SGG automatisch Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens wurde, war dieses Klagebegehren abzuweisen, da die Sach- und Rechtslage keine Änderung erfahren hat und die Ausführungen der Beklagten umfassend und zutreffend sind. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang lediglich auf den Umstand, dass der Bezug einer serbischen Invalidenrente keine Anwartschaftserhaltungszeit im Sinne des deutschen Rentenrechts darstellt; nur die Zeit des Rentenbezugs nach deutschem Recht darf als solche gewertet werden (BSG vom 11.05.2000 - B 13 RJ 19/99 R).

Nach alldem war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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