Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 159/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 401/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.06.1999 und der Bescheid der Beklagten vom 29.09.1995 idG des Widerspruchsbescheides vom 13.02.1996 abgeändert. Die Beklagte wird ihrem Teilanerkenntnis entsprechend verurteilt, dem Kläger ab 01.05.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1941 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und war nach eigenen Angaben zuletzt als Wagenpfleger versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Februar 1995 bezieht er Arbeitslosenhilfe (Alhi). Für die Zeit vom 20.12.1994 bis 04.06.1997 war für den Kläger durch das Vormundschaftsgericht ein Betreuer bestellt.
Am 25.04.1995 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbs(EU)- bzw Berufsunfähigkeit (BU).
Die Beklagte ließ den Kläger am 12.09.1995 von dem Nervenarzt Dr.S. untersuchen. Dieser stellte in seinem Gutachten vom selben Tage folgende Gesundheitsstörungen fest: Chronischer Alkoholismus; Verdacht auf äthyltoxische Wesensänderung; äthyltoxische Polyneuropathie; neurogene Blasenstörung mit rezidivierenden Infekten. Leichte (kurzzeitig auch mittelschwere) Arbeiten des allgemeinen Erwerbslebens könne der Kläger zwar noch ganztägig verrichten, müsse jedoch Tätigkeiten mit Gefährdung durch neurotoxische Substanzen, mit besonderen Anforderungen an die Geschicklichkeit und das Gleichgewicht vermeiden und die Möglichkeit haben, sich ein bis zwei Mal während einer Arbeitsschicht zu katheterisieren. Öffentliche Verkehrsmittel könne er benutzen.
Mit Bescheid vom 29.09.1995 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU und BU ab.
Der hiergegen am 24.10.1995 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbecheid vom 13.02.1996).
Dagegen hat der Kläger am 05.03.1996 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben.
In dem vom SG eingeholten Gutachten der Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, Dr.T. , vom 07.02.1999 bestätigte diese die bereits bekannten Diagnosen und stellte zusätzlich belastungsabhängig auftretende Schultergelenksbeschwerden und eine leichte Unterschenkelvarikosis beidseits fest. Der Kläger könne jedoch leichte Tätigkeiten in wechselnder Stellung und in geschlossenen Räumen weiterhin vollschichtig verrichten, wenn dabei besondere nervliche Belastungen, Unfallgefährdung, eine besondere Belastung des Bewegungs- und Stützapparates sowie ungünstige äußere Bedingungen vermieden werden könnten. Aufgrund der Notwendigkeit zur Selbstkatheterisierung müsse eine abschließbare Toilette zur Verfügung stehen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15.06.1999 abgewiesen. Der Kläger sei in seinem bisherigen Berufsleben als Hilfsarbeiter tätig gewesen, so dass er nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei, ohne dass es der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedürfe. Da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein könne, sei er weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Gegen das am 22.07.1999 zugestellte Gutachten wendet sich der Kläger mit der am 19.08.1999 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG Würzburg vom 15.06.1999 sowie die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zur Bewilligung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, ab 01.05.1995 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 15.06.1999 als unbegründet zurückzuweisen, soweit die Klage hinsichtlich der über das Teil-Anerkenntnis iS der Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2001 hinausgehenden Ansprüche abgewiesen wurde.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und Gutachtensaufträge an den Internisten Dr.E. und Dr.J. erteilt. Da der Kläger zu den ihm mitgeteilten Untersuchungsterminen nicht erschienen war, hat der Senat bei dem Internisten Dr.G. ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage eingeholt. Unter Bestätigung der bereits bekannten Diagnosen sowie eines (am 13.04.2001 erlittenen) pertrochantären Oberschenkelbruches links mit operativer Versorgung gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dem Kläger seien bis April 2001 unter betriebsüblichen Bedingungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig zumutbar gewesen. Zusätzlicher Pausen habe er trotz der notwendigen Selbstkatheterisierung nicht bedurft, da diese in den normalen Betriebsablauf hätten integriert werden können. Ab dem 13.04.2001 seien dem Kläger wegen der Folgen des Oberschenkelbruchs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch Tätigkeiten von weniger als 3 Stunden täglich zumutbar (Gutachten vom 08.10.2001).
Bereits mit Schreiben vom 24.04.2001 hatte sich die Beklagte bereit erklärt, beim Kläger ab 13.04.2001 volle Erwerbsminderung auf Dauer anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen ab dem 01.05.2001 zu gewähren.
Dieses Angebot hat der Kläger mit Schreiben vom 18.12.2001 sinngemäß als unzureichend abgelehnt.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Das Rechtsmittel erweist sich teilweise auch in der Sache als begründet. Entsprechend ihrem in der mündlichen Verhandlung vorbehaltlos erklärten Teilanerkenntnis war die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ab 01.05.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung zu gewähren. In diesem Umfang konnte der Rechtsstreit nicht nach § 101 Abs 2 SGB durch Annahme des (Teil)Anerkenntisses erledigt werden, weil der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.01.2002 weder erschienen noch vertreten war. Gleichwohl entfaltet das Anerkenntnis der Beklagten rechtliche Wirkungen. Ihre Verpflichtung durch Anerkenntnisurteil, für die ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, ist nach dem gemäß § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 307 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) geboten, ohne dass es der Prüfung bedurfte, ob hinsichtlich der von dem Anerkenntnis erfassten Zeit ab 01.05.2001 die Voraussetzungen des § 43 SGB VI nF für die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vorliegen. Das ist nicht Folge eines - im Sozialgerichtsprozess ohnehin weitgehend bedeutungslosen - Zugestehens von Tatsachen, sondern Ausfluss der den Beteiligten verbliebenen Dispositionsfreiheit, die sie berechtigt, außerhalb des Rechtsstreits (zB durch Vertrag oder Verwaltungsakt) oder im Prozess (zB durch gerichtlichen Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis) über den Streitgegenstand zu verfügen (in diesem Sinne schon BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 5 RKn 18/76 - in Breithaupt 1978 S 1099).
Eines ausdrücklichen Antrags auf Erlass des Anerkenntnisurteils (§ 307 Abs 1 ZPO) bedurfte es vorliegend nicht. Das Begehren des Klägers war auch in der Berufungsinstanz auf die Bewilligung von EU-Rente aufgrund eines spätestens mit Rentenantragstellung vom 25.04.1995 eingetretenen Versicherungsfalls gerichtet. Auch ohne ausdrücklichen Hinweis liegt darin (bei einem späteren, erst nach dem 31.12.2000 eingetretenen Leistungsfall) die Geltendmachung des durch Gesetzänderung modifizierten Anspruchs auf Rentenleistungen wegen geminderter Erwerbsfähigkeit sowie - als weniger weitgehend, jedenfalls nicht über das Klageziel des Hauptantrags hinausreichend - das Begehren, dass bei (Teil)Anerkenntnis der Beklagten durch Anerkenntnisurteil entschieden werden soll (BSG aaO).
Unbegründet und deshalb zurückzuweisen war die Berufung insoweit, als der Kläger Rentenleistungen für die Zeit vor dem 01.05.2001 geltend macht. Da Ansprüche für Zeiträume vor dem 01.01.2001 streitig sind, ist noch das vor diesem Stichtag geltende Recht maßgebend (§ 300 Abs 2 SGB VI). Rechtsgrundlage sind danach die §§ 43 und 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung.
Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten Versicherte, die vor Eintritt der maßgeblichen Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit zurückgelegt haben, erwerbs- oder berufsunfähig sind und bei denen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 44 Abs 1 bzw 43 Abs 1 SGB VI gegeben sind.
Nach Aktenlage erfüllt der Kläger sowohl die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI) als auch die nach §§ 44 Abs 1 Nr 2 und 43 Abs 1 Nr 2 SGB VI erforderliche Beitragsdichte von 36 Pflichtbeiträgen in den letzten fünf - um die Zeiten der Arbeitslosigkeit ab Februar 1995 verlängerten - Jahren vor Eintritt der Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit (EU/BU).
Dagegen liegt beim Kläger EU nach § 44 Abs 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung nicht vor. Danach ist erwerbsunfähig (eu) ein Versicherter, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande war, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt; eu sind auch Versicherte, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Diese Voraussetzungen lagen in dem der Prüfungskompetenz des Senats unterliegenden Zeitraum vom 25.04.1995 bis 13.04.2001 nicht vor. Eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsbeeinträchtigung, die in medizinischer Hinsicht dem Eintritt von EU entsprach, ließ sich beim Kläger nicht feststellen. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr.G. in seinem Gutachten vom 08.10.2001 an, der in Übereinstimmung mit dem Gutachterarzt der Beklagten (Dr.S.) sowie der vom SG gehörten Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, Dr.T. , bei Beachtung der in qualitativer Hinsicht bestehenden Arbeitsplatzbedingungen eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers in den unter vollschichtigen Bereich verneint hat.
Gegenüber dem Anspruch auf Rente wegen EU musste sich ein Versicherter uneingeschränkt auf alle seinem Restleistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Dabei war nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten selbst dann entbehrlich, wenn der Versicherte nur noch einfache, ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes, diese aber regelmäßig und im Rahmen der betriebsüblichen Arbeitszeit von 7 - 8 Stunden täglich verrichten konnte (vgl BSG, Urteile vom 24.02.1999 - B 5 RJ 30/98 R und vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R -).
Um jedoch zu verhindern, dass soziale Wirklichkeit und soziales Leistungsrecht in realitätsfremder Weise auseinanderfielen, forderte das BSG als Ausnahme von diesem Grundsatz die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, wenn die im Einzelfall vorliegenden Einsatzbeschränkungen so erheblich waren, dass von vorneherein ernste Zweifel aufkommen mussten, ob ein Versicherter mit den ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch in den üblichen Betriebsablauf eingegliedert werden konnte (vgl BSG aaO mwRsprN).
Die vom gerichtlichen Sachverständigen Dr.G. aus arbeitsmedizinischer Sicht begründeten Einschränkungen der Einsetzbarkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Selbstkatheterisierung) stellen jedoch nach Auffassung des Senats keine "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" und keine "schwereren spezifischen Leistungsbehinderungen" dar, die zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nötigen. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 08.10.2001 ausgeführt hat, waren zusätzliche Arbeitsunterbrechungen außerhalb der regelmäßigen Pausen am Arbeitsplatz trotz der Notwendigkeit zur Selbstkatheterisierung nicht erforderlich; die während einer Arbeitsschicht nur ein bis zwei Mal anfallende und jeweils nur wenige Minuten Zeitaufwand erfordernde Anlegung des Katheters habe ohne Weiteres in den betriebsüblichen Pausen erfolgen und damit in den normalen Arbeitsablauf integriert werden können. Von wenigen Ausnahmen abgesehen entspricht es auch betriebsüblichen Verhältnissen (und den Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung), dass abschließbare Toiletten vorhanden sind.
Da die dem Kläger zumutbare Wegstrecke zumindest vor dem 13.04.2001 nicht in rentenrechtlich bedeutsamer Weise eingeschränkt war, hatte er bis dahin keinen Anspruch auf Rente wegen EU.
Der Kläger war vor dem 13.04.2001 auch nicht berufsunfähig iS des bis zum 31.12.2000 geltenden § 43 Abs 2 SGB VI. BU waren danach Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, umfasste dabei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten.
Der Kläger hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war während seiner beruflichen Tätigkeiten nicht mit Arbeiten betraut, die eine Facharbeiterqualifikation voraussetzten oder eine solche begründen konnten. Er hat vielmehr ausschließlich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, zuletzt als Wagenpfleger, ausgeübt und war deshalb nach dem vom BSG in ständiger Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema (vgl zB BSG in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr 45) als ungelernter Arbeiter anzusehen. Als solcher war der Kkläger auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Einer Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedurfte es nicht, zumal beim Kläger weder eine gravierende Einzelbehinderung noch eine außergewöhnliche Summierung krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen, aber auch keine Umstände vorlagen, die einen (vollschichtig möglichen) Arbeitseinsatz des Klägers nur unter betriebsunüblichen Bedingungen zuließen.
Da der Kläger nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.G. auch in der Zeit vom 01.01.2001 bis 12.04.2001 zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig (bis zu acht Stunden täglich) ausüben konnte, war er in diesem Zeitraum zur Überzeugung des Senats weder voll noch teilweise erwerbsgemindert iS des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 S 2 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebs- und tarifüblichen Arbeitszeit von täglich 7 - 8 Stunden lag jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - bis 12.04.2001 nicht vor. Damit fehlt es in diesem Zeitraum erst recht an den Voraussetzungen eines Rentenanspruchs wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs 2 S 3 SGB VI nF.
Die Beklagte war deshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils und der streitbefangenen Bescheide entsprechend ihrem Teil-Anerkenntnis vom 24.04.2001 zu verurteilen, dem Kläger ab 01.05.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach der am 13.04.2001 eingetretenen Erwerbsminderung mit dem Anerkenntnis vom 24.04.2001 ohne zusätzliche Ermittlungen des Berufungsgerichts und zeitnah auf die geänderten gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers reagiert hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1941 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und war nach eigenen Angaben zuletzt als Wagenpfleger versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Februar 1995 bezieht er Arbeitslosenhilfe (Alhi). Für die Zeit vom 20.12.1994 bis 04.06.1997 war für den Kläger durch das Vormundschaftsgericht ein Betreuer bestellt.
Am 25.04.1995 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbs(EU)- bzw Berufsunfähigkeit (BU).
Die Beklagte ließ den Kläger am 12.09.1995 von dem Nervenarzt Dr.S. untersuchen. Dieser stellte in seinem Gutachten vom selben Tage folgende Gesundheitsstörungen fest: Chronischer Alkoholismus; Verdacht auf äthyltoxische Wesensänderung; äthyltoxische Polyneuropathie; neurogene Blasenstörung mit rezidivierenden Infekten. Leichte (kurzzeitig auch mittelschwere) Arbeiten des allgemeinen Erwerbslebens könne der Kläger zwar noch ganztägig verrichten, müsse jedoch Tätigkeiten mit Gefährdung durch neurotoxische Substanzen, mit besonderen Anforderungen an die Geschicklichkeit und das Gleichgewicht vermeiden und die Möglichkeit haben, sich ein bis zwei Mal während einer Arbeitsschicht zu katheterisieren. Öffentliche Verkehrsmittel könne er benutzen.
Mit Bescheid vom 29.09.1995 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Versichertenrente wegen EU und BU ab.
Der hiergegen am 24.10.1995 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbecheid vom 13.02.1996).
Dagegen hat der Kläger am 05.03.1996 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben.
In dem vom SG eingeholten Gutachten der Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, Dr.T. , vom 07.02.1999 bestätigte diese die bereits bekannten Diagnosen und stellte zusätzlich belastungsabhängig auftretende Schultergelenksbeschwerden und eine leichte Unterschenkelvarikosis beidseits fest. Der Kläger könne jedoch leichte Tätigkeiten in wechselnder Stellung und in geschlossenen Räumen weiterhin vollschichtig verrichten, wenn dabei besondere nervliche Belastungen, Unfallgefährdung, eine besondere Belastung des Bewegungs- und Stützapparates sowie ungünstige äußere Bedingungen vermieden werden könnten. Aufgrund der Notwendigkeit zur Selbstkatheterisierung müsse eine abschließbare Toilette zur Verfügung stehen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15.06.1999 abgewiesen. Der Kläger sei in seinem bisherigen Berufsleben als Hilfsarbeiter tätig gewesen, so dass er nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei, ohne dass es der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedürfe. Da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein könne, sei er weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Gegen das am 22.07.1999 zugestellte Gutachten wendet sich der Kläger mit der am 19.08.1999 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG Würzburg vom 15.06.1999 sowie die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zur Bewilligung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, ab 01.05.1995 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 15.06.1999 als unbegründet zurückzuweisen, soweit die Klage hinsichtlich der über das Teil-Anerkenntnis iS der Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2001 hinausgehenden Ansprüche abgewiesen wurde.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und Gutachtensaufträge an den Internisten Dr.E. und Dr.J. erteilt. Da der Kläger zu den ihm mitgeteilten Untersuchungsterminen nicht erschienen war, hat der Senat bei dem Internisten Dr.G. ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage eingeholt. Unter Bestätigung der bereits bekannten Diagnosen sowie eines (am 13.04.2001 erlittenen) pertrochantären Oberschenkelbruches links mit operativer Versorgung gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dem Kläger seien bis April 2001 unter betriebsüblichen Bedingungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig zumutbar gewesen. Zusätzlicher Pausen habe er trotz der notwendigen Selbstkatheterisierung nicht bedurft, da diese in den normalen Betriebsablauf hätten integriert werden können. Ab dem 13.04.2001 seien dem Kläger wegen der Folgen des Oberschenkelbruchs auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch Tätigkeiten von weniger als 3 Stunden täglich zumutbar (Gutachten vom 08.10.2001).
Bereits mit Schreiben vom 24.04.2001 hatte sich die Beklagte bereit erklärt, beim Kläger ab 13.04.2001 volle Erwerbsminderung auf Dauer anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen ab dem 01.05.2001 zu gewähren.
Dieses Angebot hat der Kläger mit Schreiben vom 18.12.2001 sinngemäß als unzureichend abgelehnt.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Das Rechtsmittel erweist sich teilweise auch in der Sache als begründet. Entsprechend ihrem in der mündlichen Verhandlung vorbehaltlos erklärten Teilanerkenntnis war die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ab 01.05.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung zu gewähren. In diesem Umfang konnte der Rechtsstreit nicht nach § 101 Abs 2 SGB durch Annahme des (Teil)Anerkenntisses erledigt werden, weil der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.01.2002 weder erschienen noch vertreten war. Gleichwohl entfaltet das Anerkenntnis der Beklagten rechtliche Wirkungen. Ihre Verpflichtung durch Anerkenntnisurteil, für die ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, ist nach dem gemäß § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 307 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) geboten, ohne dass es der Prüfung bedurfte, ob hinsichtlich der von dem Anerkenntnis erfassten Zeit ab 01.05.2001 die Voraussetzungen des § 43 SGB VI nF für die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vorliegen. Das ist nicht Folge eines - im Sozialgerichtsprozess ohnehin weitgehend bedeutungslosen - Zugestehens von Tatsachen, sondern Ausfluss der den Beteiligten verbliebenen Dispositionsfreiheit, die sie berechtigt, außerhalb des Rechtsstreits (zB durch Vertrag oder Verwaltungsakt) oder im Prozess (zB durch gerichtlichen Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis) über den Streitgegenstand zu verfügen (in diesem Sinne schon BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 5 RKn 18/76 - in Breithaupt 1978 S 1099).
Eines ausdrücklichen Antrags auf Erlass des Anerkenntnisurteils (§ 307 Abs 1 ZPO) bedurfte es vorliegend nicht. Das Begehren des Klägers war auch in der Berufungsinstanz auf die Bewilligung von EU-Rente aufgrund eines spätestens mit Rentenantragstellung vom 25.04.1995 eingetretenen Versicherungsfalls gerichtet. Auch ohne ausdrücklichen Hinweis liegt darin (bei einem späteren, erst nach dem 31.12.2000 eingetretenen Leistungsfall) die Geltendmachung des durch Gesetzänderung modifizierten Anspruchs auf Rentenleistungen wegen geminderter Erwerbsfähigkeit sowie - als weniger weitgehend, jedenfalls nicht über das Klageziel des Hauptantrags hinausreichend - das Begehren, dass bei (Teil)Anerkenntnis der Beklagten durch Anerkenntnisurteil entschieden werden soll (BSG aaO).
Unbegründet und deshalb zurückzuweisen war die Berufung insoweit, als der Kläger Rentenleistungen für die Zeit vor dem 01.05.2001 geltend macht. Da Ansprüche für Zeiträume vor dem 01.01.2001 streitig sind, ist noch das vor diesem Stichtag geltende Recht maßgebend (§ 300 Abs 2 SGB VI). Rechtsgrundlage sind danach die §§ 43 und 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung.
Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhalten Versicherte, die vor Eintritt der maßgeblichen Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit zurückgelegt haben, erwerbs- oder berufsunfähig sind und bei denen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 44 Abs 1 bzw 43 Abs 1 SGB VI gegeben sind.
Nach Aktenlage erfüllt der Kläger sowohl die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI) als auch die nach §§ 44 Abs 1 Nr 2 und 43 Abs 1 Nr 2 SGB VI erforderliche Beitragsdichte von 36 Pflichtbeiträgen in den letzten fünf - um die Zeiten der Arbeitslosigkeit ab Februar 1995 verlängerten - Jahren vor Eintritt der Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit (EU/BU).
Dagegen liegt beim Kläger EU nach § 44 Abs 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung nicht vor. Danach ist erwerbsunfähig (eu) ein Versicherter, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande war, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt; eu sind auch Versicherte, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Diese Voraussetzungen lagen in dem der Prüfungskompetenz des Senats unterliegenden Zeitraum vom 25.04.1995 bis 13.04.2001 nicht vor. Eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsbeeinträchtigung, die in medizinischer Hinsicht dem Eintritt von EU entsprach, ließ sich beim Kläger nicht feststellen. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr.G. in seinem Gutachten vom 08.10.2001 an, der in Übereinstimmung mit dem Gutachterarzt der Beklagten (Dr.S.) sowie der vom SG gehörten Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen, Dr.T. , bei Beachtung der in qualitativer Hinsicht bestehenden Arbeitsplatzbedingungen eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers in den unter vollschichtigen Bereich verneint hat.
Gegenüber dem Anspruch auf Rente wegen EU musste sich ein Versicherter uneingeschränkt auf alle seinem Restleistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Dabei war nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten selbst dann entbehrlich, wenn der Versicherte nur noch einfache, ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes, diese aber regelmäßig und im Rahmen der betriebsüblichen Arbeitszeit von 7 - 8 Stunden täglich verrichten konnte (vgl BSG, Urteile vom 24.02.1999 - B 5 RJ 30/98 R und vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R -).
Um jedoch zu verhindern, dass soziale Wirklichkeit und soziales Leistungsrecht in realitätsfremder Weise auseinanderfielen, forderte das BSG als Ausnahme von diesem Grundsatz die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, wenn die im Einzelfall vorliegenden Einsatzbeschränkungen so erheblich waren, dass von vorneherein ernste Zweifel aufkommen mussten, ob ein Versicherter mit den ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch in den üblichen Betriebsablauf eingegliedert werden konnte (vgl BSG aaO mwRsprN).
Die vom gerichtlichen Sachverständigen Dr.G. aus arbeitsmedizinischer Sicht begründeten Einschränkungen der Einsetzbarkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Selbstkatheterisierung) stellen jedoch nach Auffassung des Senats keine "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" und keine "schwereren spezifischen Leistungsbehinderungen" dar, die zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nötigen. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 08.10.2001 ausgeführt hat, waren zusätzliche Arbeitsunterbrechungen außerhalb der regelmäßigen Pausen am Arbeitsplatz trotz der Notwendigkeit zur Selbstkatheterisierung nicht erforderlich; die während einer Arbeitsschicht nur ein bis zwei Mal anfallende und jeweils nur wenige Minuten Zeitaufwand erfordernde Anlegung des Katheters habe ohne Weiteres in den betriebsüblichen Pausen erfolgen und damit in den normalen Arbeitsablauf integriert werden können. Von wenigen Ausnahmen abgesehen entspricht es auch betriebsüblichen Verhältnissen (und den Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung), dass abschließbare Toiletten vorhanden sind.
Da die dem Kläger zumutbare Wegstrecke zumindest vor dem 13.04.2001 nicht in rentenrechtlich bedeutsamer Weise eingeschränkt war, hatte er bis dahin keinen Anspruch auf Rente wegen EU.
Der Kläger war vor dem 13.04.2001 auch nicht berufsunfähig iS des bis zum 31.12.2000 geltenden § 43 Abs 2 SGB VI. BU waren danach Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, umfasste dabei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten.
Der Kläger hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war während seiner beruflichen Tätigkeiten nicht mit Arbeiten betraut, die eine Facharbeiterqualifikation voraussetzten oder eine solche begründen konnten. Er hat vielmehr ausschließlich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, zuletzt als Wagenpfleger, ausgeübt und war deshalb nach dem vom BSG in ständiger Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschema (vgl zB BSG in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr 45) als ungelernter Arbeiter anzusehen. Als solcher war der Kkläger auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Einer Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedurfte es nicht, zumal beim Kläger weder eine gravierende Einzelbehinderung noch eine außergewöhnliche Summierung krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen, aber auch keine Umstände vorlagen, die einen (vollschichtig möglichen) Arbeitseinsatz des Klägers nur unter betriebsunüblichen Bedingungen zuließen.
Da der Kläger nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr.G. auch in der Zeit vom 01.01.2001 bis 12.04.2001 zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig (bis zu acht Stunden täglich) ausüben konnte, war er in diesem Zeitraum zur Überzeugung des Senats weder voll noch teilweise erwerbsgemindert iS des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 S 2 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebs- und tarifüblichen Arbeitszeit von täglich 7 - 8 Stunden lag jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - bis 12.04.2001 nicht vor. Damit fehlt es in diesem Zeitraum erst recht an den Voraussetzungen eines Rentenanspruchs wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs 2 S 3 SGB VI nF.
Die Beklagte war deshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils und der streitbefangenen Bescheide entsprechend ihrem Teil-Anerkenntnis vom 24.04.2001 zu verurteilen, dem Kläger ab 01.05.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach der am 13.04.2001 eingetretenen Erwerbsminderung mit dem Anerkenntnis vom 24.04.2001 ohne zusätzliche Ermittlungen des Berufungsgerichts und zeitnah auf die geänderten gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers reagiert hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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