L 6 RJ 407/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 Ar 5026/96 It
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 407/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Januar 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit aufgrund des Antrags vom 27.05.1987.

Der am 1928 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger. Nach dem vom italienischen Versicherungsträger (INPS) der Beklagten übermittelten Versicherungsverlauf hat er in seiner Heimat Beiträge von Februar 1944 bis Mai 1951, von Februar 1963 bis November 1965 und von September 1967 bis Dezember 1985 (zuletzt als selbstständiger Handwerker) sowie im Jahre 1988 (als Teilzeitbeschäftigter) aufzuweisen. Weitere Beiträge hat er in Frankreich entrichtet.

Auf den am 17.02.1993 eingegangenen Antrag leistete die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 04.10.1993 die Regelaltersrente ab 01.08.1993 in Höhe von monatlich 151,86 DM.

Der Kläger teilte hierzu mit, ihm sei durch Gerichtsurteil in Italien mit Wirkung vom 01.01.1993 eine Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt worden.

Am 04.11.1994 ist bei der Beklagten sodann der beim INPS Bari am 27.05.1987 gestellte Invalidenrentenantrag eingegangen. Dazu wurde ein Gutachten nach Formblatt E 213 vorgelegt, wonach der Kläger an einem Diabetes melitus Typ II, nicht kompliziert leide und wonach am 09.01.1988 ein guter Allgemeinzustand bestand.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.01.1995 den Rentenantrag vom 27.05.1987 mit der Begründung ab, der Kläger sei zwar seit 26.06.1992 erwerbsunfähig; in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit seien jedoch keine 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden. Auch sei nicht jeder Kalendermonat sei 01.01.1984 bis 31.12.1991 mit Anwartschafterhaltungszeiten belegt. Den dagegen eingelegten Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.1996 zurückgewiesen und erneut darauf hingewiesen, dass der maßgebliche Versicherungsfall im Juni 1992 eingetreten sei; ausgehend von diesem Zeitpunkt seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung aus der deutschen Rentenversicherung nicht gegeben. Der Kläger habe jedenfalls ab Oktober 1988 in Italien keine Pflichtbeiträge zur dorigen Rentenversicherung mehr entrichtet, weshalb die Lücke bis zum Versicherungsfall mehr als 24 Kalendermonate betrage.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben. Er trug vor, er habe Ende Januar 1988 seine Tätigkeit im eigenen handwerklichen Betrieb beendet und sei nach Bari gezogen, wo er noch bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres in Teilzeit in einem Möbelgeschäft gearbeitet habe. Über diese Altersgrenze hinaus habe er nicht weiter arbeiten dürfen, da dies das Gesetz verbiete. In Deutschland habe er als Heizungsmonteur gearbeitet.

Zur weiteren Begründung legte der Kläger ärztliche Unterlagen aus dem Jahr 1992 sowie das Urteil des "Tribunale di Bari" vom 03.03.1994 vor, wonach seine Berufung gegen das erstinstanzielle Urteil vom 03.08.1993 zurückgewiesen wurde. Der italienische Versicherungsträger wurde zur Zahlung einer Invalidenrente ab 01.01. bis 31.12.1992 sowie einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.01.1993 verpflichtet.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht das von der Ärztin Dr.S. am 25.08.1996 nach Aktenlage erstattete Gutachten eingeholt. Diese stellte folgende Diagnosen: Diabetes melitus Typ II, Angina-pectoris-Beschwerden bei Herzrhythmusstörungen und Perfusionsdefekt am Herzen, Hirnrindenatrophie und Persönlichkeitsveränderung, diabetische Netzhautschädigung sowie diabetische periphere Gefäßschädigung. Spätestens seit Juni 1992 sei der Kläger wegen Verschlimmerung der Zuckerkrankheit und wegen der Herzerkrankung nurmehr in der Lage, täglich weniger als 2 Stunden zu arbeiten.

Hierzu hat die Beklagte unter Vorlage eines neuen italienischen Versicherungsverlaufs erneut darauf hingewiesen, dass bei einem Versicherungsfall im Juni 1992 auch durch die Übergangsvorschrift des § 241 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Mit Urteil vom 16.01.1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides angeschlossen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht. Der Kläger trägt vor, seit 01.01.1992 werde ihm durch das Berufungsurteil des Gerichts in Bari die Arbeitsunfähigkeit zuerkannt und vom italienischen Versicherungsträger eine Rente bezahlt. Auch habe er Beiträge für die Jahre 1984, 1986 und 1987 bezahlt.

Den vom Senat mit Schreiben vom 06.04.1998 unterbreiteten Vergleichsvorschlag des Inhalts, dass die Beklagte nach Vorlage von Unterlagen über ärztliche Behandlungen prüfen und rechtsbehelfsfähigen Bescheid erteilen werde, ob aufgrund des Antrags vom 27.05.1987 Rente wegen Berufsunfähigkeit bis Juli 1993 gewährt werden könne und der Kläger sich bereiterkläre, diese Unterlagen vorzulegen, gleichzeitig bestehe Einigkeit darüber, dass der Rechtsstreit erledigt sei, hat die Beklagte ausdrücklich angenommen, der Kläger hat sich schriftsätzlich auf seine Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen bezogen.

In der Folge hat der Kläger der Beklagten Unterlagen sowie ein Zeugnis über die abgelegte Prüfung als Autogenschweißer vorgelegt. Mit Bescheid vom 22.11.1999 hat die Beklagte daraufhin festgestellt, dass vor dem 01.01.1992 weder der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit noch der der Erwerbsunfähigkeit eingetreten sei. Das vom Senat für erledigt angesehene Berufungsverfahren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26.06.2001 ("Dritter Antrag auf einen Urteilspruch") fortgeführt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 16.01.1997 sowie des Bescheides vom 11.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1996 zu verurteilen, ihm auf Grund des Antrags vom 27.05.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, bis 31.07.1993 zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im übrigen auf den Inhalt der Akten des Bayerischen Landessozialgerichts sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Augsburg und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache erweist sie sich als unbegründet. Dabei musste der Senat entgegen seiner bisherigen Auffassung davon ausgehen, dass der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz nicht durch einen außergerichtlichen Vergleich - beiderseitige Annahme des Vergleichsvorschlags vom 06.04.1998 - erledigt wurde. Zwar hat die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.1999 erklärt, es werde neuer rechtsbehelfsfähiger Bescheid für den Fall erteilt, dass der Kläger die im Vorschlag genannten Unterlagen zur Verfügung stelle, eine eindeutige Erklärung des Klägers lässt sich jedoch seinen ausführlichen Schriftsätzen nicht ohne Weiteres entnehmen, wenngleich verschiedene Formulierungen darauf hindeuten "bin ich mit ihrer Entscheidung einverstanden", vgl. Schriftsatz vom 09.09.1999; auch könnte dem Schriftsatz vom 03.02.1999 zu entnehmen sein, dass mit dem Vorschlag Einverständnis besteht: " ... bin dem sofort nachgekommen und habe sowohl an Sie als auch an die LVA die erbetene ärztliche Dokumentation gesandt". Das am 10.07.2001 eingegangene Schreiben des Klägers stellt nunmehr jedoch klar, dass dieser offenbar nicht von einer Beendigung des Rechtsstreits ausgegangen ist. Von einer Anfechtung diesbezüglicher Prozesserklärungen kann und braucht deshalb nicht ausgegangen zu werden.

In der Sache vermochte die Berufung des Klägers keinen Erfolg zu haben. Der Kläger war seit Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit bis Dezember 1991 weder berufs- noch erwerbsunfähig; für einen am 01.01.1992 eingetretenen Leistungsfall hat er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Die im Zeitpunkt der Antragstellung vom 27.05.1987 gültigen Vorschriften der §§ 1246 Abs.2a, 1247 Abs.2a Reichsversicherungsordnung (RVO) i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22.12.1983 (BGBl.I S.1532) hatten zur Realisierung eines Rentenanspruchs wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zur Voraussetzung, dass bei einem Versicherten Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit vorlag und er zuletzt vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, d.h. von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt waren (§§ 1246 Abs.2a Satz 1 Ziffer 1, 1247 Abs.2a RVO).

Der Kläger war bis 01.01.1992 nicht erwerbsunfähig, weil er noch nicht infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen konnte. Der Senat musste sich dabei auf die ärztlichen Unterlagen stützen, die anlässlich des in Italien durchgeführten Klageverfahrens des Klägers gegen den italienischen Versicherungsträger aktenkundig sind sowie auf das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten der Dr.S. vom 25.08.1996 und die vom Kläger eingereichten Unterlagen.

Beim Kläger ist seit dem Jahre 1982 ein Diabetes mellitus bekannt, der im Laufe der Zeit zu Sekundärkomplikationen geführt hat. Im Jahre 1988 wurde in Italien anlässlich einer ärztlichen Untersuchung noch ein Diabetes mellitus Typ II, nicht kompliziert, festgestellt, der Kläger befand sich in einem guten Allgemeinzustand. Es waren erhöhte Blutfettwerte gemessen worden sowie eine Gefäßsklerose am Augenhintergrund bei gutem Sehvermögen. Im Januar 1989 ergab eine augenärztliche Untersuchung sodann eine diabetische Netzhautschädigung der Augen. In der Folge wurde der Kläger im Auftrag des zuständigen Gerichts in Bari ärztlich untersucht und sein berufliches Leistungsvermögen begutachtet. Im Berufungsurteil vom 03.03.1994 wurde unter anderem festgestellt, dass bei einer im März 1989 durchgeführten Untersuchung eine Arthrose der Hals- und Lendenwirbelsäule mit "geringer" Symptomatologie vorlag, ein Diabetes ohne Komplikationen sowie ein Bluthochdruck, der medikamentös (pharmakologisch) vollständig unter Kontrolle war. Im Januar 1991 wurde eine weitere Begutachtung durchgeführt, wo als Ergebnis fachärztlicher und instrumentieller Untersuchungen festgestellt wurde, dass der Kläger an einem gut kompensierten Diabets mellitus Typ II, an bescheidenem Bluthochdruck, nicht kompliziert, sowie an Polyarthrose mit geringer Funktionsbeeinträchtigung leide. Der Bluthochdruck und der Diabetes seien nicht von Zeichen einer Gefäß- oder Herzinsuffizienz begleitet gewesen. Der Kläger wurde darüber hinaus als "blühend, stenisch, achitoxisch und achitonorisch" beschrieben. Die leichte diabetische Netzhauterkrankung befand sich im ersten Stadium und war von einer beginnenden Katarakt in beiden Augen bedingt, die keine feststellbaren negativen Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit bewirkt hätten. Erst im Dezember 1992 wurde festgestellt, dass die ischämische Kardiopathie und die schweren diabetischen Komplikationen in einer nunmehr fortgeschrittenen Phase stünden und den Kläger damit auf Dauer hinderten, eine Arbeitstätigkeit auszuüben. Als Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens wurde der italienische Versicherungsträger verurteilt, dem Kläger ab 01.01.1992 die Invalidenrente und ab 01.01.1993 die volle Erwerbsunfähigkeitsrente zu leisten. In Auswertung der ärztlichen Unterlagen hat auch Frau Dr.S. eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers erst im Jahre 1992 (Juni) angenommen, in seiner sozialärztlichen Stellungnahme vom 28.09.1998 hat der Internist Dr.S. sodann ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen ab 01.01.1992 angenommen.

Der Senat hat sich diesen Beurteilungen angeschlossen, zumal der Kläger keine aussagekräftigen Unterlagen für einen früheren Eintritt des Versicherungsfalls vorzulegen vermochte, weshalb für die Zeit vor dem 01.01.1992 weiterhin von einem Arbeitsleistungsvermögen für leichte vollschichtige Tätigkeiten auszugehen ist und weshalb beim Kläger noch nicht Erwerbsunfähigkeit vorgelegen hat. Im Rahmen der Prüfung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, ist eine Verweisung auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorzunehmen (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr.7; SozR 3-2200 § 1247 Nr.8). Die Benennung einer bestimmten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf die ein Versicherter bei der Prüfung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, verwiesen werden kann, wäre dabei nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung beim Kläger vorgelegen hätte, weil unter diesen Umständen nicht ohne Weiteres gesagt werden könnte, dass der - bei der vorzunehmenden Prüfung: deutsche - Arbeitsmarkt auch offene Stellen für den Versicherten bietet bzw. geboten hätte. Dabei genügt eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen u.ä. erlaubt hätte, wie es bei ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 09.12.1996 - GS 2/95 - in SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Für die Mehrheit dieser Verrichtungen hätte das körperliche Leistungsvermögen des Klägers auch unter Berücksichtigung des bereits vorhandenen Diabetes zweifellos noch ausgereicht. Es kann im Übrigen auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den sogenannten Katalogfällen nicht zu Gunsten des Klägers angewandt werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 246 Nr.19, 22).

Bei dem ab 01.01.1992 anzunehmenden Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit hat der Kläger die sogenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er zuletzt (italienische) Beiträge zwar durchgehend von September 1967 bis Dezember 1985 und dann wiederum im Jahre 1988 aufzuweisen hat (so der vom italienischen Versicherungsträger der Beklagten mitgeteilte italienische Versicherungsverlauf), weshalb der Versicherungsfall spätestens mit Beendigung der Teilzeittätigkeit hätte eintreten müssen, weil die Jahre 1986 und 1987 nicht mit Beiträgen bzw. sogenannten Schubzeiten belegt sind. Nachdem die Erwerbsunfähigkeit auch nicht aufgrund eines der in § 1252 RVO genannten Tatbestände (etwa durch einen Arbeitsunfall) eingetreten ist (vgl. § 1246 Abs.2a Satz 1 Ziffer 2 RVO), wobei es sich um einen nach deutschem Recht zu entschädigenden Arbeitsunfall handeln müsste, kann auch aus dieser Sicht auf die Erfüllung der versicherungsrechtlichen (beitragsrechtlichen) Voraussetzungen nicht verzichtet werden. Der Kläger könnte auch nicht über die seinerzeit eingeführte Übergangsvorschrift des Art.2 § 6 Abs.2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) einen Anspruch herleiten, weil er die Zeit ab Januar 1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt hat und auch nicht mehr belegen kann. Nach dieser Vorschrift sind nämlich Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit für diejenigen Versicherten nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (wie vorliegend der Kläger unter Einberechnung auch der nichtdeutschen Zeiten), wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalls mit Beiträgen (Satz 1 Ziffer 1 dieser Vorschrift) oder Zeiten gemäß § 1246 Abs.2a RVO belegt sind (Satz 1 Ziffer 2 der Vorschrift). Die lückenhafte Belegung seit 01.01.1986 lässt die Erfüllung dieser Vorschrift beim Kläger scheitern, der auch die vorhandenen Lücken durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht mehr zu füllen in der Lage ist. Diese konnten seinerzeit nach dem Jahr, für das sie gelten sollten, nicht mehr gezahlt werden (§ 1418 Abs.1 RVO).

Auch eine Zulassung des Klägers zur nachträglichen Beitragszahlung ist nicht möglich. Zwar wäre der Kläger, der seinen Wohnsitz nach seiner Rückkehr aus Deutschland durchgehend in Italien innegehabt hat, berechtigt gewesen, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten; diese Zahlung kann jedoch nicht mehr - auch nicht über den sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - nachgeholt werden. Zwar hat der Kläger bereits im Jahre 1987 seinen Antrag über den italienischen Versicherungsträger auf Zahlung einer Rente gestellt, zu diesem Zeitpunkt waren die Entrichtungsfristen für das Jahr 1986 (siehe oben) bereits abgelaufen. Eine etwaige Verletzung einer Beratungs- und Hinweispflicht zu einem früheren Zeitpunkt durch die Beklagte ist nicht ersichtlich, nachdem der Kläger insbesondere im Jahre 1986 keinerlei Kontakt zu dieser gehabt hat, durch den sich etwa ein Anspruch auf Beratung mit dem Hinweis auf die Füllung beitragsrechtlicher Lücken hätte ergeben können.

Der Kläger war ab dem Zeitpunkt der Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit auch nicht wenigstens berufsunfähig im Sinne des § 1246 Abs.2 RVO, weil er noch als in der Lage gewesen angesehen werden muss, mehr als die gesetzliche Lohnhälfte im Sinne dieser Vorschrift zu verdienen. Im Rahmen des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.17) kann der Kläger allenfalls der Stufe der angelernten Arbeiter des oberen Bereichs zugeordnet werden mit der Folge, dass er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, wobei das oben Gesagte (zum Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit) entsprechend gilt. Es kann dabei dahinstehen, ob der Kläger in Deutschland tatsächlich eine Facharbeitertätigkeit (Heizungsmonteur) ausgeübt hat, nachdem es im Rahmen der (seinerzeitigen) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf die zuletzt in deren Raum ausgeübte Tätigkeit ankommt. Im Ausland ausgeübte Beschäftigungen, die der deutschen Rentenversicherungspflicht nicht unterlagen, sind zwar für die Bestimmungen des bisherigen Berufs und dessen Qualität grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nicht, wenn Normen des zwischen- oder überstaatlichen Rechts etwas anderes anordnen. Dies ist bei in einem Mitgliedstaat der EU zurückgelegten Versicherungszeiten der Fall, wenn diese gemäß Art.45 der EWGV 1408/71 für die Erfüllung der Wartezeit in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 27.02. 1997 in SozR 3-2600 § 43 Nr.15). Es entspricht nämlich Sinn und Zweck der einschlägigen EG-Regelungen, diese Tätigkeiten auch bei der Bestimmung des bisherigen Berufs und dessen Qualität einzubeziehen. Der Kläger hat zwar als Handwerker (Installateur) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Italien entrichtet - zugunsten des Klägers geht der Senat dabei nicht von der zuletzt (1988) nurmehr in Teilzeit vorübergehend ausgeübten Tätigkeit aus -, es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass es sich hierbei um eine Tätigkeit gehandelt hat, die auch im Rahmen des Mehrstufenschemas in die Gruppe der Facharbeiter einzuordnen gewesen wäre. Auf die Aufforderung des Senats, Unterlagen bzw. Prüfungszeugnisse über seine Tätigkeit in Italien vorzulegen, hat der Kläger lediglich eine Bescheinigung über die abgelegte Schweißerprüfung vorgewiesen, die für sich alleine nicht ausreicht, den Facharbeiterstatus nachzuweisen. Entsprechend den Grundsätzen der objektiven Beweislast musste der Senat deshalb von einer Nichterweislichkeit der für den Kläger günstigen Umstände ausgehen. Bei einer Zuordnung zum allenfalls möglichen oberen Anlernbereich kommt eine Verweisung des Klägers auf Tätigkeiten etwa als Pförtner noch in Betracht, die er nach den gegebenen ärztlichen Unterlagen und Beurteilungen sicherlich noch bis zum Jahre 1991 zu verrichten in der Lage war.

Da dem Kläger unter keinerlei rechtlichen Gesichtspunkten ein Rentenanspruch vor Beginn der Altersrente zuerkannt werden kann, war die Berufung gegen das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Augsburg als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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