Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 131/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 461/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. Mai 1999 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 23. Oktober 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 1998 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1949 geborene Kläger legte Versicherungszeiten von 1963 bis 1997 zurück und stellte am 27.01.1997 Antrag bei der Beklagte, den diese mit Bescheid vom 23.10.1997, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 12.02.1998, ablehnte.
Der Kläger erlernte von August 1963 bis Februar 1967 den Beruf eines Landmaschinenmechanikers, den er - mit Unterbrechung durch eine Tätigkeit als "Schweißer" - nur bis 1971 ausübte. Anschließend war er Bagger- und Lkw-Fahrer. Zuletzt war der Kläger arbeitsunfähig mit Bezug von Krankengeld bis 15.05.1997 und dann bis 15.03.1999 arbeitslos (Bezug von Arbeitslosengeld).
Die Beklagte stützte ihre Entscheidung unter anderem auf ein Gutachten ihres Sozialärztlichen Dienstes vom 15.07.1997, wonach der Kläger trotz seiner Gesundheitsstörungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten könne.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) eingelegt und sich auf Aussagen seiner behandelnden Ärzte Dres.B. und S. bezogen. Das SG hat ein Gutachtens vom 18.05.1999 des Arztes für Sport- und Umweltmedizin Dr.K. eingeholt, wonach der Kläger einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nurmehr halbschichtig nachgehen könne. Auch seien das Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges Bücken, Zwangshaltung, Arbeiten auf Leitern sowie ständiges Sitzen und Stehen nicht mehr möglich.
Durch Urteil vom 18.05.1999 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit ab einem Versicherungsfall vom Oktober 1998 für die Dauer von drei Jahren zu gewähren. Dies resultiere aus dem Beschwerdebild seitens der Wirbelsäule (therapieresistente Lumbalgie bei fortgeschrittenen Abnutzungserscheinungen und Bandscheibenvorfall bei L5 auf S1). Die Leistungsfähigkeit sei nach aus den Ausführungen des Sachverständigen in erheblichem Maße eingeschränkt. Dies habe auch bereits der Medizinische Dienst der Krankenkasse (Dr.G.) in seinem Gutachten vom 22.04.1999 erkannt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und mit einer Stellungnahme der Beratungsärztin Dr.P. (Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizin) begründet. Danach habe Dr.K. insbesondere das Fehlen jeglicher neurologischer Ausfallserscheinungen übersehen und es blieben als einziges Substrat die vom Kläger geäußerten Beschwerden, welche aber in deutlichem Gegensatz zur tatsächlichen Belastungsfähigkeit der unteren Gliedmaßen stünden.
Der Senat hat zunächst eine Auskunft der Firma F. (Erdbau, Abbruch, Transporte, Sandgruben) über die Beschäftigung des Kläger vom 01.04.1973 bis 31.12.1995 als angelernter Arbeiter (Baggerfahrer) mit einer Einarbeitungszeit von sechs Monaten eingeholt. Anschließend haben der Orthopäde Dr.K. und der Neurologe Dr.K. in Gutachten vom 07. und 27.07.2000 festgestellt, dass dem Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Gehen, Sitzen und Stehen zumutbar seien. Auf Antrag des Klägers hat der Senat ein weiteres fachorthopädisches Gutachten von Dr. S. vom 27.03.2001 eingeholt, wonach der Kläger ohne Gefährdung seiner Gesundheit regelmäßig acht Stunden täglich noch leichte Arbeiten verrichten könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.05.1999 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 23.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.1998 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.05.1999 zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Akten beider Instanzen, der Beklagten, des Amtes für Familie und Versorgung und des Arbeitsamtes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes - SGG -) ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das SG in seinem Urteil vom 18.05.1999 dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.05.1999 zugesprochen.
Nach §§ 43, 44 SGB VI idF des RRG 92 sind bei hier unstrittig erfüllter Wartezeit und versicherungsfallnaher Belegungsdichte (sog. 3/5-Belegung) Ansprüche nur gegeben, wenn Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit besteht.
Berufsunfähig ist ein Versicherter nach § 43 Abs.2 SGB VI, wenn seine Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, alljene Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines Berufes und der besonderen Anforderung an seine Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Der Kläger ist jedoch nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen in zumutbarer Weise fähig, einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Alle Sachverständigen des Berufungsverfahrens haben übereinstimmend ein solches zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen vorgefunden.
Soweit das SG die Leistungsfähigkeit des Klägers durch eine "äußerst therapieresistente Lumbalgie mit glaubhaften Beschwerden in einem erheblichen Ausmaß eingeschränkt" eingeschätzt und eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens gesehen hat, kann dem nach den Ergebnissen der Beweiserhebung des Senats nicht gefolgt werden. Nach den Gutachten der Dres.K. , K. und S. leidet der Kläger vor allem an orthopädischen Gesundheitsstörungen, insbesondere an einem unspezifisch degenerativen Halswirbel- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Instabilität, ohne Deformität und ohne radikuläre Symptome sowie einer asymptomatischen Bandscheibenprotrusion L5/S1 ohne eigenen Krankheitswert. Die sonstigen Leiden (Akromyoglavikulargelenksarthrose, leichte Varusgonarthrose, leichte Retropatellararthrose, Morbus Dupuytren und Senk- Spreizfüße) sind ohne besonderen Krankheitswert und führen auch nach Ansicht des SG zu keiner wesentlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. An der Wirbelsäule handelt es sich um altersbedingte Abnutzungserscheinungen. Der Bandscheibenvorfall hat sich zurückgebildet. Reiz- und Ausfallserscheinungen, die bei einem Bandscheibenvorfall denkbar sind, sind nicht feststellbar. Dies hat der orthopädische Gutachter festgestellt und der nervenärztliche Sachverständige bestätigt. Dr.K. hat eine sorgfältige Anamnese unter Einbeziehung aller bildgebenden Befunde erhoben. Dr.K. hat anhand des Krankheitsverlaufs und objektiver Kriterien zurecht die Angaben des Klägers über seine Leistungsfähigkeit bezweifelt. So finden sich z.B. keine fehlenden Gebrauchsspuren (sekundäre Veränderungen aufgrund einer Schonhaltung am Muskel- und Halteapparat) an Armen und Beinen. Dagegen stützte Dr. K. seine Beurteilung ohne weitere Begründung auf "glaubhafte" Beschwerden des Klägers, ohne darauf einzugehen, dass er ein regelrechtes Reflexverhalten und keine motorischen Ausfälle oder Sensibilitätsstörungen gefunden hat. Dr.K. geht darüber hinaus von einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit 1997 aus, ohne sich mit dem Befundbericht von Dr.B. vom 01.03.1999 auseinander zu setzen, der seit 01.01.1997 beim Kläger weder eine Verschlechterung noch eine Verbesserung des Gesundheitszustandes festgestellt hat. Außerdem diagnostizierte Dr.K. einen Bandscheibenvorfall bei L5/S1, obwohl der Radiologe Dr. K. bereits im Februar 1999 mit Hilfe einer Kernspintomographie einen solchen ausgeschlossen hatte. Demgegenüber führen die Gutachter Dres.K. , K. und S. übereinstimmend aus, dass die vom Kläger subjektiv geäußerten Beschwerden nicht mit den objektiven Befunde korrelieren.
Vollends ist es entgegen der Ansicht des SG, das sich insoweit auf das Gutachten von Dr.G. (MDK) vom 22.04.1999 stützt, kein Kriterium der Erwerbsunfähigkeit, dass sich durch eine Reha-Maßnahme oder eine operative Intervention keine Vermittlungsfähigkeit auch für eine leichte körperliche Tätigkeit erzielen lasse. Damit ist allein der Risikobereich der Arbeitslosen- bzw. Krankenversicherung berührt, soweit der Kläger - wie hier - nur vorübergehend unterbrochen vollschichtig erwerbsfähig ist.
Der Kläger ist damit - auch wenn er in seiner letzten Beschäftigung als Bauarbeiter nicht mehr arbeiten kann - nicht berufsunfähig. Er genießt keinen qualifizierten Berufsschutz und ist auf den sog. allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.107, 169). Denn ein Versicherungsfall ist nicht eingetreten, solange der Versicherte seinen bisherigen Beruf noch ohne wesentliche Einschränkungen weiter ausüben kann (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr 126). In der Regel ergibt sich der bisherige Beruf eines Versicherten aus dessen letzter versicherungspflichtiger Beschäftigung oder Tätigkeit, die auch dann maßgebend ist, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt worden, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.130, 164).
Der Kläger ist als Baggerfahrer (bisheriger Beruf) nicht dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2200 § 1246 Nr 13) sind dies gelernte Facharbeiter, die einen anerkannten Ausbildungsberuf iSd § 25 Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit mehr als zweijähriger Ausbildung erlernt und ausgeübt haben, ferner Versicherte, die ohne Absolvierung der vorgeschriebenen Ausbildung in einem nach dem BBiG anerkannten Ausbildungsberuf arbeiten und sich durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die sie befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten, sowie Versicherte, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang oder mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren gearbeitet haben, wenn diese Tätigkeiten den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind und Versicherte, die eine Berufstätigkeit ausgeübt haben, für die kein Ausbildungsgang iSd BBiG besteht und die auch als solche in einem Tarifvertrag nicht einer Lohngruppe zugeordnet ist, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder die sonstigen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeiten den Anforderungen an einen Facharbeiter gleichzuachten sind. Weder hat der Kläger die für den Beruf des anerkannten Baumaschinenführers vorgeschriebene Ausbildung absolviert, noch sich durch entsprechende Berufspraxis die Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet, die ihn befähigten, sich unter gelernten Baugeräteführern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten. Trotz seiner langjährigen Berufserfahrung als Baggerfahrer wurde er lediglich als angelernter Arbeiter beschäftigt. Ein Arbeitnehmer ohne Vorkenntnisse hätte nach der Auskunft des Arbeitgebers vom 27.3.2000 nur sechs Monate zur Einarbeitung gebraucht. Der Kläger verrichtete Tätigkeiten wie das Beladen von Fahrzeugen, Abrisse und Aushübe. Dabei übte er lediglich einen Teilbereich des Tätigkeitsfeldes eines gelernten Baugeräteführers aus und benötigte keine Ausbildung als Facharbeiter. Dies ergibt sich aus dem Vergleich mit dem Berufsbild des Baugeräteführers ( § 3 der Baugeräteführer-Ausbildungsverordnung i.d.F. vom 11.07.1991), wonach neben dem Durchführen von Arbeiten im Hoch-, Straßen- und Tiefbau unter anderem auch das Lesen, Anwenden und Erstellen von technischen Unterlagen, das Verarbeiten von Metallen sowie Bau- und Bauhilfsstoffen verlangt wird. Gemäß dem Manteltarifvertrag für die Steine- und Erden-Industrie und das Betonsteinhandwerk in Bayern vom 27.10.1989 wäre der Kläger der Lohngruppe 2 zuzuordnen. Da er ohne Rücksicht auf die Zuordnung gemäß dem Tarifvertrag übertariflich entlohnt wurde, kann nicht aus der Höhe der Entlohnung auf den qualitativen Wert des Berufes geschlossen werden. Bei einer Gesamtschau aller in Frage kommenden Bewertungskriterien war der Kläger daher, insbesondere bei einer Anlernzeit von unter zwölf Monaten, auch nicht in die obere Gruppe der Angelernten einzuordnen. Von seinem früheren Lehrberuf des Landmaschinenmechanikers hat sich der Kläger gelöst, da er seit 1971 überwiegend als Baggerfahrer tätig war.
Damit ist er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, auf dem er wegen seines vollschichtigen Arbeitsvermögens mehr als die Lohnhälfte iSd § 43 Abs. 2 SGB VI (bzw. ab 01.01.2001 ohne inhaltliche Änderung iSd § 240 SGB VI) verdienen kann und damit nicht berufsunfähig ist.
Wegen seines vollschichtigen Arbeitsvermögens hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach dem Wortlaut von § 44 SGB VI idF des RRG 92 liegt ein solcher vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. ab 01.05.1999 DM 630,00 übersteigt. Unstreitig kann der Kläger noch mehr als zwei Stunden täglich arbeiten und damit in gewisser Regelmäßigkeit Arbeitsentgelt erzielen. Ebenso unbestritten ist er damit auch imstande, mehr als ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße zu verdienen.
Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt auch nicht praktisch verschlossen (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10.12.1996, BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr.13; beibehalten im Reformgesetz der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827 nach § 43 Abs.3, 2. Halbsatz n.F.). Bei dieser sogenannten Arbeitsmarktrente beurteilt sich die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nicht nur nach der im Gesetz allein genannten - gesundheitlichen - Fähigkeit, Arbeiten zu verrichten, sondern auch danach, durch Arbeit Erwerb zu erzielen, was bei einem lediglich zur Teilzeitarbeit fähigen Versicherten - zur Zeit - nicht der Fall ist. Nach der dargelegten Überzeugung des Senats besitzt der Kläger aber ein vollschichtiges Erwerbsvermögen. Damit ist er erst recht nicht nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (vgl. Art 82 Abs 2 GG, § 302 a SGB VI idF des Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827, BSG Entscheidungen vom 21.6.2000: B 4 RA 52/99 R, B 4 RA 65/99 R, B 4 RA 72/99 R,) des § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI teilweise (unter sechstündiges Arbeitsvermögen) erwerbsgemindert.
Die Tätigkeiten, deren Verrichtung dem Kläger völlig unmöglich ist, nämlich Arbeiten, welche mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten verbunden sind, Arbeiten in Zwangshaltung und allgemein schwere körperliche Arbeiten ebenso wie Arbeiten mit Nässeeinwirkung, mit Zugluft sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verengen die möglichen Tätigkeitsfelder nicht in einem Ausmaß, das größere Zweifel an einer normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit auch für leichtere Tätigkeiten gerechtfertigt erscheinen ließe. Nach Ansicht des Senats ist im konkreten Fall keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 11.05. 1999 - 13 RJ 71/97 m.w.N und des 5. Senats, SozR 3-2600 § 44 Nr.12). Die qualitativen Leistungseinschränkungen beim Kläger schließen nach Anzahl, Art und Umfang nicht derart weite Bereiche des Arbeitsmarktes aus, dass eine nicht mehr hinzunehmende Unsicherheit bestünde, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr.K. ist auch die Fähigkeit des Klägers, sich auf neue Tätigkeiten und ein neues Arbeitsmilieu umzustellen, nicht erkennbar eingeschränkt. Damit können gerade körperlich leichte und fachlich einfache Arbeiten, wie sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden und häufig die Handhabung kleiner Teile betreffen, ausgeführt werden. Sein Restleistungsvermögen erlaubt dem Kläger körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen, die in ungelernten Tätigkeiten (Tätigkeitsfelder) gefordert zu werden pflegen. Damit kann der Kläger aber auch noch einfache Büro- und Pförtnerarbeiten sowie Montagetätigkeiten mit Kunststoff, Plastik, Glas oder Holz durchführen.
Ob der Kläger tatsächlich in einen solchen Arbeitsplatz vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen und das Risiko der Vermittlung nicht von der gesetzlichen Renten-, sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr.19). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf den Bescheid der Beklagten vom 4.3.1998, wonach dem Kläger berufsfördernde Leistungen zugesagt worden sind; wohingegen der Kläger wegen des laufenden Rentenklageverfahrens von der Teilnahme an einer Maßnahme zur berufspraktischen Reintegration abgesehen hat.
Nach allem war das Rechtsmittel daher begründet und das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1949 geborene Kläger legte Versicherungszeiten von 1963 bis 1997 zurück und stellte am 27.01.1997 Antrag bei der Beklagte, den diese mit Bescheid vom 23.10.1997, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 12.02.1998, ablehnte.
Der Kläger erlernte von August 1963 bis Februar 1967 den Beruf eines Landmaschinenmechanikers, den er - mit Unterbrechung durch eine Tätigkeit als "Schweißer" - nur bis 1971 ausübte. Anschließend war er Bagger- und Lkw-Fahrer. Zuletzt war der Kläger arbeitsunfähig mit Bezug von Krankengeld bis 15.05.1997 und dann bis 15.03.1999 arbeitslos (Bezug von Arbeitslosengeld).
Die Beklagte stützte ihre Entscheidung unter anderem auf ein Gutachten ihres Sozialärztlichen Dienstes vom 15.07.1997, wonach der Kläger trotz seiner Gesundheitsstörungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten könne.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) eingelegt und sich auf Aussagen seiner behandelnden Ärzte Dres.B. und S. bezogen. Das SG hat ein Gutachtens vom 18.05.1999 des Arztes für Sport- und Umweltmedizin Dr.K. eingeholt, wonach der Kläger einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nurmehr halbschichtig nachgehen könne. Auch seien das Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges Bücken, Zwangshaltung, Arbeiten auf Leitern sowie ständiges Sitzen und Stehen nicht mehr möglich.
Durch Urteil vom 18.05.1999 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit ab einem Versicherungsfall vom Oktober 1998 für die Dauer von drei Jahren zu gewähren. Dies resultiere aus dem Beschwerdebild seitens der Wirbelsäule (therapieresistente Lumbalgie bei fortgeschrittenen Abnutzungserscheinungen und Bandscheibenvorfall bei L5 auf S1). Die Leistungsfähigkeit sei nach aus den Ausführungen des Sachverständigen in erheblichem Maße eingeschränkt. Dies habe auch bereits der Medizinische Dienst der Krankenkasse (Dr.G.) in seinem Gutachten vom 22.04.1999 erkannt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und mit einer Stellungnahme der Beratungsärztin Dr.P. (Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizin) begründet. Danach habe Dr.K. insbesondere das Fehlen jeglicher neurologischer Ausfallserscheinungen übersehen und es blieben als einziges Substrat die vom Kläger geäußerten Beschwerden, welche aber in deutlichem Gegensatz zur tatsächlichen Belastungsfähigkeit der unteren Gliedmaßen stünden.
Der Senat hat zunächst eine Auskunft der Firma F. (Erdbau, Abbruch, Transporte, Sandgruben) über die Beschäftigung des Kläger vom 01.04.1973 bis 31.12.1995 als angelernter Arbeiter (Baggerfahrer) mit einer Einarbeitungszeit von sechs Monaten eingeholt. Anschließend haben der Orthopäde Dr.K. und der Neurologe Dr.K. in Gutachten vom 07. und 27.07.2000 festgestellt, dass dem Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Gehen, Sitzen und Stehen zumutbar seien. Auf Antrag des Klägers hat der Senat ein weiteres fachorthopädisches Gutachten von Dr. S. vom 27.03.2001 eingeholt, wonach der Kläger ohne Gefährdung seiner Gesundheit regelmäßig acht Stunden täglich noch leichte Arbeiten verrichten könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.05.1999 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 23.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.1998 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.05.1999 zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Akten beider Instanzen, der Beklagten, des Amtes für Familie und Versorgung und des Arbeitsamtes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes - SGG -) ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das SG in seinem Urteil vom 18.05.1999 dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.05.1999 zugesprochen.
Nach §§ 43, 44 SGB VI idF des RRG 92 sind bei hier unstrittig erfüllter Wartezeit und versicherungsfallnaher Belegungsdichte (sog. 3/5-Belegung) Ansprüche nur gegeben, wenn Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit besteht.
Berufsunfähig ist ein Versicherter nach § 43 Abs.2 SGB VI, wenn seine Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, alljene Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines Berufes und der besonderen Anforderung an seine Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Der Kläger ist jedoch nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen in zumutbarer Weise fähig, einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Alle Sachverständigen des Berufungsverfahrens haben übereinstimmend ein solches zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen vorgefunden.
Soweit das SG die Leistungsfähigkeit des Klägers durch eine "äußerst therapieresistente Lumbalgie mit glaubhaften Beschwerden in einem erheblichen Ausmaß eingeschränkt" eingeschätzt und eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens gesehen hat, kann dem nach den Ergebnissen der Beweiserhebung des Senats nicht gefolgt werden. Nach den Gutachten der Dres.K. , K. und S. leidet der Kläger vor allem an orthopädischen Gesundheitsstörungen, insbesondere an einem unspezifisch degenerativen Halswirbel- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne Instabilität, ohne Deformität und ohne radikuläre Symptome sowie einer asymptomatischen Bandscheibenprotrusion L5/S1 ohne eigenen Krankheitswert. Die sonstigen Leiden (Akromyoglavikulargelenksarthrose, leichte Varusgonarthrose, leichte Retropatellararthrose, Morbus Dupuytren und Senk- Spreizfüße) sind ohne besonderen Krankheitswert und führen auch nach Ansicht des SG zu keiner wesentlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. An der Wirbelsäule handelt es sich um altersbedingte Abnutzungserscheinungen. Der Bandscheibenvorfall hat sich zurückgebildet. Reiz- und Ausfallserscheinungen, die bei einem Bandscheibenvorfall denkbar sind, sind nicht feststellbar. Dies hat der orthopädische Gutachter festgestellt und der nervenärztliche Sachverständige bestätigt. Dr.K. hat eine sorgfältige Anamnese unter Einbeziehung aller bildgebenden Befunde erhoben. Dr.K. hat anhand des Krankheitsverlaufs und objektiver Kriterien zurecht die Angaben des Klägers über seine Leistungsfähigkeit bezweifelt. So finden sich z.B. keine fehlenden Gebrauchsspuren (sekundäre Veränderungen aufgrund einer Schonhaltung am Muskel- und Halteapparat) an Armen und Beinen. Dagegen stützte Dr. K. seine Beurteilung ohne weitere Begründung auf "glaubhafte" Beschwerden des Klägers, ohne darauf einzugehen, dass er ein regelrechtes Reflexverhalten und keine motorischen Ausfälle oder Sensibilitätsstörungen gefunden hat. Dr.K. geht darüber hinaus von einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit 1997 aus, ohne sich mit dem Befundbericht von Dr.B. vom 01.03.1999 auseinander zu setzen, der seit 01.01.1997 beim Kläger weder eine Verschlechterung noch eine Verbesserung des Gesundheitszustandes festgestellt hat. Außerdem diagnostizierte Dr.K. einen Bandscheibenvorfall bei L5/S1, obwohl der Radiologe Dr. K. bereits im Februar 1999 mit Hilfe einer Kernspintomographie einen solchen ausgeschlossen hatte. Demgegenüber führen die Gutachter Dres.K. , K. und S. übereinstimmend aus, dass die vom Kläger subjektiv geäußerten Beschwerden nicht mit den objektiven Befunde korrelieren.
Vollends ist es entgegen der Ansicht des SG, das sich insoweit auf das Gutachten von Dr.G. (MDK) vom 22.04.1999 stützt, kein Kriterium der Erwerbsunfähigkeit, dass sich durch eine Reha-Maßnahme oder eine operative Intervention keine Vermittlungsfähigkeit auch für eine leichte körperliche Tätigkeit erzielen lasse. Damit ist allein der Risikobereich der Arbeitslosen- bzw. Krankenversicherung berührt, soweit der Kläger - wie hier - nur vorübergehend unterbrochen vollschichtig erwerbsfähig ist.
Der Kläger ist damit - auch wenn er in seiner letzten Beschäftigung als Bauarbeiter nicht mehr arbeiten kann - nicht berufsunfähig. Er genießt keinen qualifizierten Berufsschutz und ist auf den sog. allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.107, 169). Denn ein Versicherungsfall ist nicht eingetreten, solange der Versicherte seinen bisherigen Beruf noch ohne wesentliche Einschränkungen weiter ausüben kann (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr 126). In der Regel ergibt sich der bisherige Beruf eines Versicherten aus dessen letzter versicherungspflichtiger Beschäftigung oder Tätigkeit, die auch dann maßgebend ist, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt worden, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.130, 164).
Der Kläger ist als Baggerfahrer (bisheriger Beruf) nicht dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2200 § 1246 Nr 13) sind dies gelernte Facharbeiter, die einen anerkannten Ausbildungsberuf iSd § 25 Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit mehr als zweijähriger Ausbildung erlernt und ausgeübt haben, ferner Versicherte, die ohne Absolvierung der vorgeschriebenen Ausbildung in einem nach dem BBiG anerkannten Ausbildungsberuf arbeiten und sich durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die sie befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten, sowie Versicherte, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang oder mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren gearbeitet haben, wenn diese Tätigkeiten den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind und Versicherte, die eine Berufstätigkeit ausgeübt haben, für die kein Ausbildungsgang iSd BBiG besteht und die auch als solche in einem Tarifvertrag nicht einer Lohngruppe zugeordnet ist, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder die sonstigen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeiten den Anforderungen an einen Facharbeiter gleichzuachten sind. Weder hat der Kläger die für den Beruf des anerkannten Baumaschinenführers vorgeschriebene Ausbildung absolviert, noch sich durch entsprechende Berufspraxis die Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet, die ihn befähigten, sich unter gelernten Baugeräteführern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten. Trotz seiner langjährigen Berufserfahrung als Baggerfahrer wurde er lediglich als angelernter Arbeiter beschäftigt. Ein Arbeitnehmer ohne Vorkenntnisse hätte nach der Auskunft des Arbeitgebers vom 27.3.2000 nur sechs Monate zur Einarbeitung gebraucht. Der Kläger verrichtete Tätigkeiten wie das Beladen von Fahrzeugen, Abrisse und Aushübe. Dabei übte er lediglich einen Teilbereich des Tätigkeitsfeldes eines gelernten Baugeräteführers aus und benötigte keine Ausbildung als Facharbeiter. Dies ergibt sich aus dem Vergleich mit dem Berufsbild des Baugeräteführers ( § 3 der Baugeräteführer-Ausbildungsverordnung i.d.F. vom 11.07.1991), wonach neben dem Durchführen von Arbeiten im Hoch-, Straßen- und Tiefbau unter anderem auch das Lesen, Anwenden und Erstellen von technischen Unterlagen, das Verarbeiten von Metallen sowie Bau- und Bauhilfsstoffen verlangt wird. Gemäß dem Manteltarifvertrag für die Steine- und Erden-Industrie und das Betonsteinhandwerk in Bayern vom 27.10.1989 wäre der Kläger der Lohngruppe 2 zuzuordnen. Da er ohne Rücksicht auf die Zuordnung gemäß dem Tarifvertrag übertariflich entlohnt wurde, kann nicht aus der Höhe der Entlohnung auf den qualitativen Wert des Berufes geschlossen werden. Bei einer Gesamtschau aller in Frage kommenden Bewertungskriterien war der Kläger daher, insbesondere bei einer Anlernzeit von unter zwölf Monaten, auch nicht in die obere Gruppe der Angelernten einzuordnen. Von seinem früheren Lehrberuf des Landmaschinenmechanikers hat sich der Kläger gelöst, da er seit 1971 überwiegend als Baggerfahrer tätig war.
Damit ist er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, auf dem er wegen seines vollschichtigen Arbeitsvermögens mehr als die Lohnhälfte iSd § 43 Abs. 2 SGB VI (bzw. ab 01.01.2001 ohne inhaltliche Änderung iSd § 240 SGB VI) verdienen kann und damit nicht berufsunfähig ist.
Wegen seines vollschichtigen Arbeitsvermögens hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach dem Wortlaut von § 44 SGB VI idF des RRG 92 liegt ein solcher vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. ab 01.05.1999 DM 630,00 übersteigt. Unstreitig kann der Kläger noch mehr als zwei Stunden täglich arbeiten und damit in gewisser Regelmäßigkeit Arbeitsentgelt erzielen. Ebenso unbestritten ist er damit auch imstande, mehr als ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße zu verdienen.
Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt auch nicht praktisch verschlossen (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10.12.1996, BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr.13; beibehalten im Reformgesetz der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827 nach § 43 Abs.3, 2. Halbsatz n.F.). Bei dieser sogenannten Arbeitsmarktrente beurteilt sich die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nicht nur nach der im Gesetz allein genannten - gesundheitlichen - Fähigkeit, Arbeiten zu verrichten, sondern auch danach, durch Arbeit Erwerb zu erzielen, was bei einem lediglich zur Teilzeitarbeit fähigen Versicherten - zur Zeit - nicht der Fall ist. Nach der dargelegten Überzeugung des Senats besitzt der Kläger aber ein vollschichtiges Erwerbsvermögen. Damit ist er erst recht nicht nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (vgl. Art 82 Abs 2 GG, § 302 a SGB VI idF des Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827, BSG Entscheidungen vom 21.6.2000: B 4 RA 52/99 R, B 4 RA 65/99 R, B 4 RA 72/99 R,) des § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI teilweise (unter sechstündiges Arbeitsvermögen) erwerbsgemindert.
Die Tätigkeiten, deren Verrichtung dem Kläger völlig unmöglich ist, nämlich Arbeiten, welche mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten verbunden sind, Arbeiten in Zwangshaltung und allgemein schwere körperliche Arbeiten ebenso wie Arbeiten mit Nässeeinwirkung, mit Zugluft sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verengen die möglichen Tätigkeitsfelder nicht in einem Ausmaß, das größere Zweifel an einer normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit auch für leichtere Tätigkeiten gerechtfertigt erscheinen ließe. Nach Ansicht des Senats ist im konkreten Fall keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 11.05. 1999 - 13 RJ 71/97 m.w.N und des 5. Senats, SozR 3-2600 § 44 Nr.12). Die qualitativen Leistungseinschränkungen beim Kläger schließen nach Anzahl, Art und Umfang nicht derart weite Bereiche des Arbeitsmarktes aus, dass eine nicht mehr hinzunehmende Unsicherheit bestünde, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr.K. ist auch die Fähigkeit des Klägers, sich auf neue Tätigkeiten und ein neues Arbeitsmilieu umzustellen, nicht erkennbar eingeschränkt. Damit können gerade körperlich leichte und fachlich einfache Arbeiten, wie sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden und häufig die Handhabung kleiner Teile betreffen, ausgeführt werden. Sein Restleistungsvermögen erlaubt dem Kläger körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen, die in ungelernten Tätigkeiten (Tätigkeitsfelder) gefordert zu werden pflegen. Damit kann der Kläger aber auch noch einfache Büro- und Pförtnerarbeiten sowie Montagetätigkeiten mit Kunststoff, Plastik, Glas oder Holz durchführen.
Ob der Kläger tatsächlich in einen solchen Arbeitsplatz vermittelt werden kann, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen und das Risiko der Vermittlung nicht von der gesetzlichen Renten-, sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr.19). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf den Bescheid der Beklagten vom 4.3.1998, wonach dem Kläger berufsfördernde Leistungen zugesagt worden sind; wohingegen der Kläger wegen des laufenden Rentenklageverfahrens von der Teilnahme an einer Maßnahme zur berufspraktischen Reintegration abgesehen hat.
Nach allem war das Rechtsmittel daher begründet und das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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