L 5 RJ 488/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 471/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 488/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1947 geborene Kläger, mazedonischer Staatsangehöriger, arbeitete von 1969 bis 1973 in Deutschland insgesamt 35 Monate als Maler und Bauarbeiter. In seiner Heimat hat er danach eine Tätigkeit als Metzger ausgeübt. Dort sind zuletzt Versicherungszeiten von Dezember 1980 bis Dezember 1992 nachgewiesen.

Den am 18.07.1994 gestellten Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.1998/Widerspruchsbescheid vom 20.01.1999 ab. Entsprechend einem Gutachten nach Aktenlage des Dr. D. sei der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsetzbar, auch wenn er im Dezember 1990 am Herzen operiert worden (Einsatz einer künstlichen Aorta und Herzklappe) und seit 18.07.1994 arbeitsunfähig war sowie nach einem Gutachten der mazedonischen Invalidenkommission vom 02.02.1998 dort berentet ist.

Hiergegen hat der Kläger am 18.04.1999 Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben. Wiederum bestreitet er u.a. gestützt auf einen Bericht der Abteilung für Innere Krankheiten/Kardiologie des Medizinischen Zentrums Bitola vom 27.03.1999) und über einen Aufenthalt vom 02.1999 bis 15.02.1999 (Aufnahme wegen Atemnot) ein vollschichtiges Arbeitsvermögen. Der Prüfarzt Dr. D. (Stellungnahme 19.05.1999) hat darin Auswirkungen des bereits bekannten Asthma bronchiale gesehen.

Das SG hat ein Gutachten nach Aktenlage des Internisten und Radiologen Dr. R. vom 02.05.2000 eingeholt (u.a. zur Auswertung des weiteren EKG vom 24.08.1999). Danach sei die jetzt vorgefundene Funktion des Herzens gut. Im Echokardiogramm finde sich nur eine leichte Erweiterung der linken Herzkammer. Die Herzgröße sei normal. Zeichen einer Lungenstauung seien nicht feststellbar. Im Hinblick auf die guten Ergonomiebefunde (Belastbarkeit bis 125 Watt) und das Fehlen pathologischer EKG- Veränderungen sei eine Leistungsfähigkeit bei Alltagsbelastungen gegeben. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien vollschichtig zumutbar. Als Bauarbeiter könne der Kläger nicht arbeiten.

Durch Urteil vom 12. Juli 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig, denn er könne noch vollschichtig auf dem für ihn maßgeblichen allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten verrichten.

Hiergegen hat der Kläger am 28.08.2000 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Das LSG hat dem Kläger mit Schreiben vom 08.02.2001 mitgeteilt, dass es auf seinen Gesundheitszustand zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr ankomme. Denn ab Januar 1995 liege keine Belegung von 36 Monaten innerhalb eines zurückliegenden Fünfjahreszeitraumes vor. Insbesondere erfülle die Leistung des mazedonischen Rentenversicherungsträgers einen solchen Tatbestand nicht.

Der Kläger stellt den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 12.07.2000 sowie des Bescheides vom 21.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1999, Rente aufgrund seines im Juli 1994 gestellten Antrags wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12. Juli 2000 zurückzuweisen.

Wegen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten erster und zweiter Instanz sowie derjenigen der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Abs.1und 2 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes - SGG -) ist zulässig.

Der Kläger erfüllt durch Zusammenrechnung mazedonischer und seiner 35 deutschen Beiträge die allgemeine Wartezeit. Insoweit gilt für den Kläger das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit (DJUSVA) vom 12.10.1968 (BGBl II 1969, 1438), welches nach dem Notenwechsel der beteiligten Regierungen vorläufig weiter anzuwenden ist (vgl. die Bekanntmachung des Bundesministers des Auswärtigen vom 26.01. 1994, BGBl II, 326). Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit liegen aber nur bis Januar 1995 vor.

Das Sozialgericht hat daher zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint, da dieser bis Januar 1995, als er noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (besondere Wartezeit) erfüllt hat, nicht erwerbs- oder berufsunfähig gewesen ist.

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kann der Kläger nur dann beanspruchen, wenn

a) die letzten fünf Jahre vor dem Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit mit mindestens drei Jahren Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt wären (§§ 43 Abs.1 Nr.2, 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI) oder

b) die Zeit vom 01.01.1984 bis zum Eintritt von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten vollbelegt oder noch belegbar wäre (§§ 240 Abs.2, 241 Abs.2 SGB VI) oder

c) die Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Tatbestands eingetreten wäre, durch den die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§§ 43 Abs.4, 44 Abs.4 i.V.m. 53 SGB VI) oder

d) der Leistungsfall spätestens im Jahre 1984 eingetreten wäre (§ 240 Abs.2 SGB VI).

Für die beiden letzten Möglichkeiten (Alternativen c) und d) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Der Kläger hat noch von Dezember 1980 bis Dezember 1992 voll gearbeitet, was gegen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 1984 spricht. Seine Erkrankungen haben keinen Bezug zu seiner Erwerbstätigkeit im Sinne des deutschen Rechts der Berufskrankheiten (BKVO). Die Zeit vom 01.01.1984 ist bis zum behaupteten Eintritt von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab dem am 18.07.1994 gestellten Antrag nicht vollständig mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Vielmehr besteht eine Lücke ab dem Januar des Jahres 1993. Eine freiwillige Beitragszahlung wäre dafür nur zulässig, sofern der Kläger einen Antrag, der auch in einem Rentenantrag zu sehen wäre, bis zum 31.12.1994 gestellt hätte (vgl. § 197 Abs.2 SGB VI). Dann wären auch die Fristen zur Beitragsentrichtung für spätere Zeiten unterbrochen (vgl. § 198 SGB VI) und damit die Rechte aus einer 1984 begründeten Anwartschaft für das gesamte Rentenverfahren gewahrt (§ 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI).

Für eine Ausdehnung des vom besonderen Versicherungsschutz verminderter Erwerbsfähigkeit erfassten Zeitraums über den Januar 1995 hinaus entsprechend § 43 Abs3 SGB VI idF bis zum 31.12. 2000 fehlt es an Anwartschaftserhaltungszeiten. Zwar bezieht der Kläger, wie im Gutachten der mazedonischen Invalidenkommission vom 02.02.1998 angeführt, eine jugoslawische Invalidenrente. Diese zählt aber gemäß § 240 Abs.2 Nr.5 SGB VI nicht als Zeit des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Frage des Vorliegens einer Anwartschaftserhaltungszeit ist allein nach deutschen Rechtsvorschriften zu beantworten (vgl. BSG SozR Nr.51 zu § 1251). Insoweit beschränkt sich das DJUSVA in Art.25 Abs.1 allein auf die Berücksichtigung vertragsstaatlicher Versicherungszeiten für den Erwerb des Leistungsanspruchs und enthält bislang keine Gleichstellung von Tatbeständen für die Anrechnung von Ausfallzeiten (vgl. SGB-SozVers-GesamtKomm.-Baumeister- Jugoslawien Abk, Art.25 Anm.2, Art.26 Anm.1). Etwas anderes mag in der Zukunft gelten, wenn ähnlich wie bereits in Slowenien und Kroatien geschehen, Makedonien bzw. der jugoslawische Bundesstaat ein neues Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland abschließt.

Im übrigen besaß der Kläger bis Januar 1995 wie aber auch bis Mitte des Jahres 1999 ein vollschichtiges Erwerbsvermögen. Dies folgt aus dem schlüssigen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. R. vom 2.5.2000 und ergibt dessen zutreffende Auswertung der detaillierten und fundierten kardiologischen Befunde aus Mazedonien. Die vom Kläger neuerdings übersandten ärztlichen Bescheinigungen vom 5. 6. 2001 und über einen Aufenthalt vom 18. 15 bis 24. 15. 2001 weisen im Ergebnis dazu nichts Neues aus. Das Attest vom 5. 6. 2001 belegt nur, dass der Kläger nicht in der Lage für einen Auslandsaufenthalt sei. Der Entlassungsschein gibt die bekannten Diagnosen wieder. Die Behandlung erfolgte mit Medikamenten. Der apparative Befund weist ein ordentliches echocardiographisches Bild aus und fügt sich damit stimmig in das von Dr. R. aufgezeichnete Leistungsbild, wonach der Kläger insbesondere noch eine ergometrische Belastbarkeit mit 125 Watt und damit auf jeden Fall für leichte Tätigkeiten besitzt. Nach § 44 Abs. 2 SGB VI liegt aber Erwerbsunfähigkeit nur vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (bzw. ab 01.05.1999 DM 630.-) übersteigt. Er ist aber auch nicht deswegen erwerbsunfähig, weil sein Erwerbsvermögen unter das Maß des Vollschichtigen herabgesunken und ihm damit nach der Rechtsprechung der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (zuletzt Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 19.10.1996, NZS 97, 423). Nach § 44 Abs.2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des 2. SGB VI-Änderungsgesetzes vom 12.05.1996 ist im übrigen nicht erwerbsunfähig, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Erst recht ist der Kläger damit nicht nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht (§ 43 SGB VI i.F.d. Gesetzes vom 20.12.2000, BGBl., S. 1827ff.) teilerwerbsunfähig. Denn er besitzt noch ein Arbeitsvermögen von über sechs Stunden.

Berufsunfähig ist ein Versicherter nach § 43 Abs. 2 SGB VI, wenn seine Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Dafür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Die behauptete qualifizierte Ausbildung als Metzger liegt zeitlich nach der Tätigkeit in Deutschland. In Deutschland selbst hat der Kläger schon nach seinen eigenen Angaben, keinen qualifizierten Berufsschutz erworben. Damit ist der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, auf dem er, wie bereits ausgeführt, mehr als die Lohnhälfte verdienen kann.

Auch liegt bei dem vorhandenen negativen Leistungsbild keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor noch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes aufgrund eines sog. Katalogfalles. (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn. 30, 75, 81, 90, 104, 109, 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8, § 1246 Nr. 41). Denn weder hat der Kläger besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 117) noch weist er Leistungseinschränkungen auf, die sich in Verbindung mit anderen Einschränkungen besonders erschwerend bei einer Arbeitsplatzsuche auswirkten, wie z.B. die von der Rspr. erwähnten Fälle der Erforderlichkeit zusätzlicher Arbeitspausen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, jederzeit selbstbestimmtem Wechsel vom Sitzen zum Gehen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), Einarmigkeit und Einäugigkeit (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 30).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da hierfür keine Gründe ersichtlich sind (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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