L 5 RJ 495/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 782/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 495/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 1. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1952 geborene Kläger hat eine Lehre als Kfz-Mechaniker absolviert, diesen Beruf jedoch nicht ausgeübt. Nach verschiedenen Tätigkeiten unter anderem als Kraftfahrer im Speditionsgewerbe, als Schlosser und Baumaschinenführer sowie nach längerer Arbeitslosigkeit war er zuletzt vom 09.09.1991 bis 11.09.1992 bei einer Bäckerei als Mechaniker von Bäckereimaschinen und danach vom 14.09.1992 bis 11.03.1993 bei einer anderen Bäckerei als Kraftfahrer von Bäckereierzeugnissen (Führerschein Klasse III) und als Betriebsschlosser tätig. Nach Auskunft der Arbeitgeberin handelte es sich dabei um ungelernte Arbeiten.

Am 02.11.1995 beantragte der Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 22.03.1996 abgelehnt. Zwar sei der Kläger durch wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Wirbelsäulenfehlhaltung, starkes Übergewicht und Gelenksbeschwerden leistungsgemindert, aber noch in der Lage, vollschichtig bis mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Bücken zu verrichten. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.1996 zurückgewiesen.

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Regensburg (SG) eine große Anzahl von ärztlichen Unterlagen sowie die Arbeitsamtsakten und die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes Regensburg beigezogen.

Das SG hat zunächst ein Terminsgutachten von Dr.R. vom 18.03.1998 eingeholt, das zu dem Ergebnis kam, der Kläger könne trotz gewisser Gesundheitsstörungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Arbeiten zu ebener Erde, ohne dauerndes Stehen und Gehen vollschichtig verrichten. Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemacht hatte, er habe seinen früheren Beruf als Maschinenbaumechaniker bzw. Monteur und Schlosser wegen einer Nickelallergie aufgegeben, die allerdings seitens der Berufsgenossenschaft nicht als Berufskrankheit anerkannt worden war, wurde die Verhandlung vertagt und ein Gutachten von Prof.Dr.G. , Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses L. sowie von Privatdozent Dr.H. , Chefarzt der Inneren Abteilung III/Kardiologie desselben Krankenhauses eingeholt.

In dem fachchirurgischen Gutachten von Prof.Dr.G. vom 21.10.1999 werden folgende Diagnosen gestellt: 1. Wiederholt schmerzhafte Gelenkschwellungen im Sinne einer Gicht (chronisch-rezidivierende Gichtarthropathie) ohne wesentliche Gelenksdestruktionen, aber schmerzbedingt endgradige Bewegungseinschränkungen der großen Gelenke, z.B. beide Schultergelenke, linkes Ellenbogengelenk, beide 2. Kniegelenke. Leichte, unfallbedingte Verschleißerkrankung rechtes oberes Sprunggelenk bei in guter Stellung verheilter Sprunggelenkverrenkungsbruchverletzung aus dem Jahre 1988. 3. Diskogene Wirbelsäulenverschleißerkrankung mit zeitlicher Verschlimmerung im Sinne von pseudoradikulären Beschwerden (z.B. Schulter-Arm-Syndrom links, Lumboischialgie). 4. Deutliche Übergewichtigkeit. Trotz der festgestellten Leiden kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass eine regelmäßige vollschichtige Arbeitsleistung prinzipiell möglich sei. Zu vermeiden seien dauerhaft stehende und dauerhaft sitzende sowie stark körperlich beanspruchende Tätigkeiten. Es handele sich beim Kläger überwiegend um Erkrankungen, die phasenweise vorübergehende Verschlimmerungen aufwiesen und langfristig zu einer Behinderung führen könnten. Der bisherige Verlauf spreche jedoch nicht für eine rasante Progredienz. Der Kläger könne in seinem Beruf als Baumaschinenführer und Schlosser noch vollschichtig tätig sein, wenn von Seiten der Arbeitsstelle die vorgenannten Einschränkungen berücksichtigt würden. So könne er z.B. noch als Pförtner, Listenführer, bei Hilfstätigkeiten in Büro und Registratur arbeiten.

Das internistische Gutachten von Privatdozent Dr.H. vom 08.12.1999 diagnostiziert - KHK, Eingefäßerkrankung, Zustand nach operativer Revaskularisierung, ohne Hinweis auf manifeste Coronarinsuffizienz, Sklerose rechtseitige Arteria carotis, - arterielle Hypertonie, - ausgeprägte Übergewichtigkeit, - Hypercholesterinämie und Hypertriglyceridämie, - diabetische Stoffwechsellage, - nutritiv-toxische Hepatopathie nach Alkoholabusus, - chronische Bronchitis mit rezidivierenden, mäßiggradigen bronchoobstruktiven Beschwerden nach Nikotinabusus, - Hyperurikämie, unter urikostatischer Therapie, rezidivierende Gichtarthropathie an den Zehengelenken, Schulter-, Arm- und Fingergelenken sowie Kniegelenk ohne wesentliche Gelenksdestruktion, - chronische Ekzemneigung mit multiplen Allergien (Überempfindlichkeit auf Nickel, Hausstaubmilbe, Mehlmilbe, Gräserpollen) sowie - achsiale Magengleithernie mit rezidivierender Oesophagitis und Zustand nach Ulcus ventriculi und rezidivierender Gastritis.

Der Gutachter führt dazu aus, die überaus vielfältigen Gesundheitsstörungen seien überwiegend das Ergebnis eines über Jahre hinweg gepflegten ungesunden Lebensstils mit Fehlernährung, Bewegungsmangel, Nikotin- und Alkoholgenuss. Auffällig sei die Diskrepanz zwischen der subjektiven Beschwerdesymptomatik und den objektivierbaren Befunden, so dass man sich des Eindrucks eines Rentenbegehrens nicht erwehren könne. Zu der vom Kläger behaupteten und zwischenzeitlich auch nachgewiesenen Nickel-Zinkallergie betont der Sachverständige, aus den vielfältigen Akten gehe nicht hervor, dass der Kläger seinen früheren Beruf als Maschinenbaumechaniker, Monteur bzw. Schlosser wegen der Allergie habe aufgeben müssen. Zu der im Jahre 1997 festgestellten coronaren Eingefäßerkrankung mit Doppelstenose des RIVA führt der Sachverständige aus, die Operation im Klinikum Passau im Mai 1997 sei erfolgreich gewesen. Unmittelbar danach sei der Kläger mit 125 Watt belastbar gewesen, jetzt bis 150 Watt ohne Zeichen einer manifesten Coronarinsuffizienz. Für den Beruf eines Baumaschinenführers oder Bauschlossers sei der Kläger aufgrund der vielfältigen Erkrankungen nicht mehr geeignet. Wohl aber könne er leichte Arbeiten in geheizten Räumen ohne Schichtdienst und Zeitdruck, z.B. als Pförtner und Listenführer, sowie Hilfstätigkeiten in Büro und Registratur vollschichtig verrichten.

Das SG hat gestützt auf die gerichtsärztlichen Gutachten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2000 abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Begutachtung sei der Kläger noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten vollschichtig unter gewissen qualitativen Einschränkungen zu verrichten, und daher weder erwerbs- noch berufsunfähig. Von dem nach eigenen Angaben erlernten Beruf des Kfz-Mechanikers habe der Kläger sich bereits frühzeitig gelöst und in der Folgezeit verschiedene andere Berufe, wie Monteur, Schlosser und Maschinenbediener ausgeübt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Loslösung vom Beruf des Kfz-Mechanikers wegen einer allergischen Erkrankung erfolgt sei. Vielmehr werde über das Auftreten einer Nickelallergie erstmals im Zusammenhang mit einer Operation im Jahre 1988 berichtet. Die letzte vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit eines Maschinenbedieners sei lediglich dem sogenannten Anlernbereich zuzurechnen gewesen. Der Versicherungsverlauf des Klägers stelle sich als "äußerst unruhig" dar und weise nicht auf eine auf dem Niveau des Facharbeiters stetig ausgeübte Tätigkeit hin. Nach dem auf dem Weg zum Arbeitsamt erlittenen Unfall habe der Kläger nur noch Tätigkeiten ausgeübt, die dem ungelernten Bereich zuzurechnen seien. Als angelernter Arbeiter sei er auf alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar verweisbar, für die er körperlich und geistig geeignet sei. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege ebenso wenig vor wie eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, so dass ein konkreter Verweisungsberuf nicht genannt werden müsse. Im Übrigen könnte der Kläger nach dem Ergebnis der gerichtsärztlichen Begutachtung durchaus noch Tätigkeiten wie die eines Pförtners sowie leichte Prüf- und Kontrollarbeiten verrichten. Er habe damit keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit und erst recht nicht wegen Erwerbsunfähigkeit, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des § 44 SGG nicht erfülle.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt, da er immer Beschwerden an Herz, Wirbelsäule und Bronchien sowie Allergien habe. Das Urteil des Sozialgerichtes Regensburg erkenne er nicht an.

Während des Berufungsverfahrens wurde am 01.12.2000 eine Arthroskopie des rechten Kniegelenks mit Teilsynovektomie und Außenmeniskusglättung vorgenommen. Zu dem Operationsbericht des St.-Martinus-Hospital, Chirurgische Klinik, in O. vom 20.12.2000 hat die Beklagte durch den Chirurgen/Unfallchirurgen Dr.L. Stellung genommen, der darauf hinweist, dass nach dem Operationsbericht die stationäre Behandlung nur vom 01.12. bis 04.12.2000 gedauert habe. Dann sei der Kläger als nahezu beschwerdefrei entlassen worden. Dieser relativ kleine arthroskopische Eingriff am rechten Kniegelenk bedinge keine quantitative Leistungsminderung. Es habe sich lediglich um eine kurze vorübergehende Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung gehandelt. Auch lasse sich aus dem Entlassungsbericht keine bedeutsame Verschlechterung des gesundheitlichen Status insgesamt entnehmen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.1996 sowie des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom 01.08.2000 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 01.08.2000 zurückzuweisen.

Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit steht dem Kläger nicht zu. Der medizinische Sachverhalt und auch das Berufsleben des Klägers wurden vom Erstgericht eingehend und sorgfältig ermittelt und rechtlich zutreffend gewürdigt.

Die vom SG eingeholten Gutachten vom Dezember 1999 sind noch aktuell. Eine relevante Änderung ist in den Gesundheitsverhältnissen seitdem nicht eingetreten.

Die arthroskopisch durchgeführte Spiegelung des rechten Kniegelenks mit Teilsynovektomie und Außenmeniskusglättung vom 01.12.2000 führte nicht zu einer Verschlechterung des Leistungsvermögens des Klägers. Es handelte sich lediglich um eine kurze vorübergehende Arbeitsunfähigkeit. Insgesamt hat sich durch den erfolgreichen Eingriff der Zustand des Kniegelenkes allenfalls verbessert.

Substantiierte Einwände hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut nicht vorgebracht. Seine Aufforderung, man möge ihm doch einen leistungsgerechten Arbeitsplatz verschaffen, ist unbeachtlich, weil das Risiko, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, bei vollschichtig Einsatzfähigen nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung sondern von der Arbeitslosenversicherung zu tragen ist. Der Senat schließt sich deshalb in vollem Umfang der Entscheidung des SG an, so dass von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG abgesehen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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