L 19 RJ 514/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 916/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 514/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.07.2001 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 17.07.2001 verurteilt, die Beitragszeiten der Klägerin vom 03.07.1962 bis 31.10.1977 und vom 01.11.1977 bis 25.05.1990 bei der Berechnung der Altersrente als nachgewiesen zu berücksichtigen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, in welchem Umfang in Rumänien zurückgelegte Versicherungszeiten der Klägerin nach dem Fremdrentengesetz (FRG) bei der Berechnung der Altersrente zu berücksichtigen sind.

Die am 1940 geborene Klägerin ist am 16.06.1990 aus Rumänien in die Bundesrepublik eingereist; sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A. Im Kontenklärungsantrag vom 05.09.1991 gab sie an, sie habe in ihrer Heimat von 29.08.1960 bis 25.05.1990 versicherungspflichtig gearbeitet. Sie legte die Adeverinta Nr 4650 vom 10.12.1990, ausgestellt vom Unternehmen Textilkunst in T./Rumänien vor, in der die von ihr geltend gemachten Zeiten (Beginn und Ende) bestätigt wurden. Die Beklagte erteilte der Klägerin, die in Rumänien zwei Kinder geboren hat (Tochter Renate am 1961 und Tochter Rita am 1969) den Bescheid vom 07.10.1997, in dem die rumänischen Zeiten mit einer Anrechnung zu 5/6 vorgemerkt wurden. Im Bescheid vom 10.12.1998 merkte die Beklagte zusätzlich - ebenfalls zu 5/6 - die Zeit vom 16.03.1958 bis 15.04.1960 (Beschäftigung in der Landwirtschaft) vor. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos.

Die Klägerin legte die Adeverinta Nr 1044 vom 21.01.1999 des Banater Kollegiums T. vor, in der - gegliedert nach gearbeiteten Tagen, Erholungs- und Krankenurlaub, unbezahltem Urlaub, Studienurlaub, freien Tagen und unentschuldigtem Fehlen - die Zeit von August 1960 bis Ende 1961 bestätigt wurde, ferner die Adeverinta der Handelsgesellschaft A. in T. Nr 62 vom 26.01.1999, die - gegliedert nach der vorgenannten Art - die Zeit von Juli 1962 bis Oktober 1977 umfasst. Außerdem hat die Klägerin die den Zeitraum von November 1977 bis Mai 1999 betreffende Adeverinta Nr 40 (der Firma A.) vorgelegt. Die Erhöhung der Tabellenwerte um 1/5 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 20.07.1999 und Widerspruchsbescheid vom 18.10.1999 abgelehnt. Eine ungekürzte Anrechnung im Wege der Neufeststellung gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) könne nicht erfolgen, da weiterhin kein Nachweis iS des § 22 Abs 3 FRG vorliege. Selbst wenn man unterstelle, dass im vorliegenden Fall die Lohnunterlagen des damaligen Arbeitgebers noch vollständig erhalten sind, müsse wegen der ungesicherten Art der Lohnlistenführung in Rumänien die Seriosität nachträglicher Bescheinigungen generell in Frage gestellt werden.

Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat den Hausarzt der Klägerin, Dr.S. in Nürnberg, zu den krankheitsanamnestischen Angaben der Klägerin über die Zeit ihres Aufenthalts in Rumänien schriftlich gehört. Weiter hat es Anfragen an die rumänischen Betriebe gerichtet, welche die von der Klägerin vorgelegten Adeverintas ausgestellt hatten. Eine Antwort ist nicht ergangen.

In der mündlichen Verhandlung hat das SG die Klägerin informatorisch gehört, die erklärte, dass sie die Adeverinta Nr 40 vom 18.01.1999 (für die Zeit von 1977 bis 1990) nach nur zwei Stunden Wartezeit erhalten habe. Mit Urteil vom 05.07.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Adeverinta Nr 62 vom 26.01.1999 (betreffend den Zeitraum vom 03.07.1962 bis 01.11.1977) sei mit Zweifeln behaftet und könne nicht als Nachweis gewertet werden. Teilweise seien zu wenige und teilweise zu viele Arbeitstage bescheinigt. So seien zum Teil sogar weniger Arbeitstage bescheinigt, als nach den Angaben der Klägerin tatsächlich hätten gearbeitet werden müssen. Auffallend sei auch, dass für September 1969 neun Arbeitstage bestätigt sind, obwohl die Tochter Rita am 1969 geboren wurde. Auch sei die Adeverinta vom 08.06.2001, in deren Geltungszeitraum die Geburt der Tochter Renate am 1961 falle, trotz Berichtigung fragwürdig, weil hier insgesamt 112 Arbeitstage als Fehlzeit bestätigt wurden. Die Adeverinta Nr 40 vom 18.01.1999 könne nicht als Nachweis angesehen werden, da die Klägerin diese bereits nach nur zwei Stunden Wartezeit in Händen gehabt habe. Dies lasse annehmen, dass keine Einsicht in die Originalunterlagen genommen wurde. Außerdem falle ins Auge, dass die Klägerin über einen Zeitraum von 12 1/2 Jahren keinerlei Krankheitstage gehabt habe und dass die Bescheinigung für jeden Kalendermonat sämtlicher Jahre die jeweils gleiche Anzahl von Arbeitstagen aufführe. Offensichtlich sei ein Schema verwendet worden, ohne dass sich jemand die Mühe gemacht hätte, dieses anhand des Kalenders zu überprüfen. Aus diesen Gründen habe das Gericht insgesamt begründete Zweifel an der Richtigkeit und dem Wahrheitsgehalt der vorgelegten Adeverintas.

Die Klägerin, der mit Bescheid vom 17.07.2001 ab 01.09.2001 Altersrente bewilligt wurde, begründet die gegen das Urteil eingelegte Berufung im Wesentlichen mit Hinweis auf die vorgelegten Adeverintas. Für den Zeitraum vom 03.07.1962 bis 01.11.1977 könne ein Fehler in der Adeverinta nicht festgestellt werden. Bezüglich des vom SG angenommenen Schemas für die Zeit vom 01.11.1977 bis 25.05.1990 trägt die Klägerin vor, sie sei in einem Dreischichtenbetrieb tätig gewesen, wobei die Schichten ständig gewechselt hätten, dh der Beschäftigte habe nicht sechs Nacht-, Tag- oder Frühschichten an sechs aufeinander folgenden Tagen gehabt, sondern es sei ständig gewechselt worden, indem entweder nur eine Schicht oder drei Schichten übersprungen wurden, so dass man wöchentlich maximal drei Nacht-, Tag- oder Frühschichten, mindestens aber eine Nachtschicht, eine Tagesschicht und eine Morgenschicht gehabt habe. Der Ausgleich sei jeweils in der nächsten Woche erfolgt. Hieraus sei die einheitliche Fortschreibung zu erklären.

Die Klägerin beantragt nur noch, das Urteil des SG Nürnberg vom 05.07.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 17.07.2001 dahin abzuändern, dass die Beitragszeiten in den Zeiträumen vom 03.07.1962 bis bis 31.10.1977 und vom 01.11.1977 bis 25.05.1990 bei der Berechnung der Altersrente als nachgewiesen berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt, die Klage gegen den Bescheid vom 17.07.2001 abzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten und die Streitakten der ersten und zweiten Instanz zur Entscheidung vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Das Rechtsmittel ist auch begründet. Auf den Antrag der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbewilligungsbescheides vom 17.07.2001 zu verurteilen, die von der Klägerin in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten vom 03.07.1962 bis 31.10.1977 und vom 01.11.1977 bis 25.05.1990 bei der Berechnung der Altersrente als nachgewiesen zu berücksichtigen. Denn diese Beschäftigungszeiten sind zur Überzeugung des Senats nicht nur glaubhaft gemacht, sondern nachgewiesen.

Nach dem hier anzuwendenden § 22 Abs 3 FRG, der die Kürzung der Zeiten nach § 19 Abs 2 FRG aF ersetzt, werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt. Vorliegend sind die noch streitigen Zeiten als Beitragszeiten in Rumänien nachgewiesen und somit ungekürzt zu berücksichtigen. Nachweis iS des § 22 Abs 3 FRG bedeutet die Führung des vollen Beweises, der (wie in anderen Rechtsgebieten) auch im Sozialversicherungsrecht mit allen Beweismitteln erbracht werden kann, soweit nicht der Kreis zulässiger Beweismittel gesetzlich eingeschränkt ist. Eine solche Einschränkung auf bestimmte Beweismittel findet aber im Rahmen der Prüfung, ob Zeiten nach §§ 15, 16 FRG nachgewiesen oder nur glaubhaft gemacht sind, nicht statt (Urteil des BSG vom 07.03.1964, Amtl Sammlg Bd 20, S 255).

Nachgewiesen sind Zeiten dann, wenn mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht, dass sie (ohne relevante Unterbrechungen) zurückgelegt sind. Dies kann zB angenommen werden, wenn eine Arbeitsbescheinigung nicht nur konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungs- bzw Beitragszeiten, sondern auch über dazwischen liegende Ausfallzeiten enthält. Der Beweis einer (gemessen am Monatsprinzip) lückenlosen Beitragsleistung zum Rentenversicherungssystem eines nicht deutschen (hier des rumänischen) Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung bzw der Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit, die nach dem ab 01.03.1957 geltenden Recht der Bundesrepublik Deutschland Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgelöst hätte, wird in erster Linie durch Urkunden, amtliche Auskünfte und Zeugenaussagen geführt. Dabei wird der Urkundenbeweis regelmäßig als das zuverlässigste Beweismittel gelten. Sowohl öffentliche Urkunden als auch die von früheren Arbeitgebern ausgestellten Bescheinigungen (Adeverintas) und die idR ebenfalls von den Arbeitgebern vorgenommenen Eintragungen in den rumänischen Arbeitsbüchern sind grundsätzlich geeignet, den vollen Beweiswert der darin bezeugten Tatsachen zu erbringen.

Enthalten aber die Beweismittel - wie idR die rumänischen Arbeitsbücher und wie vorliegend die im Kontenklärungsverfahren 1991 vorgelegte Adeverinta Nr 4650 vom 10.12.1990 - nur Angaben über Beginn und Ende der Beschäftigung, ohne erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beitrags- oder Beschäftigungszeiten durch Fehlzeiten (zB Krankheit, Mutterschutz, Arbeitslosigkeit, unbezahlter Urlaub) unterbrochen wurden, sind sie nur als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet (BSG Urteile vom 21.04.1982 -4 RJ 33/81- und vom 09.11.1982 -11RA 64/81-). Sie können dann nur zu einer gekürzten Anrechnung führen. Deswegen hat die Beklagte im Kontenklärungsbescheid vom 07.10.1997 und nachfolgend im Bescheid vom 10.12.1998 die von der Klägerin in Rumänien zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu Recht nur mit 5/6 vorgemerkt, da in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen keine konkreten Angaben über einzelne Fehlzeiten enthalten waren.

Unter Berücksichtigung der oa Gesichtspunkte ist vorliegend der erforderliche Nachweis durch die Adeverintas Nr 62 vom 26.01.1999 und Nr 40 vom 18.01.1999 geführt. Denn sie enthalten Angaben über die Tätigkeit der Klägerin, die gearbeiteten Tage, Erholungs- und Krankenurlaub, unbezahlten Urlaub, Studienurlaub, freie Tage und unentschuldigtes Fehlen. Aus ihnen ergibt sich, dass die Klägerin in den streitigen Zeiträumen keine Fehlzeiten (über die in den Adeverintas genannten hinaus) hatte. Die Aufzeichnungen sind den Lohnlisten aus dem Archiv der A. AG T. entnommen. Solche qualifizierten Bescheinigungen mit den vorstehend bezeichneten Angaben bedeuten ein wesentliches Mehr an Auskunft gegenüber den Adeverintas ohne jahreweise Aufstellung der Fehlzeiten bzw gegenüber Adeverintas, die nur den Beginn und das Ende des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses mit dem Hinweis auf das Nichtvorliegen von Fehlzeiten bestätigen. Im Hinblick auf die vorliegend bestätigten Angaben bestehen für den Senat keine begründeten Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der genannten Adeverintas. Diese erfüllen vielmehr insgesamt die Anforderungen an einen Nachweis der Versicherungszeiten, da neben den effektiv gearbeiteten Tagen die Fehlzeiten der Klägerin aufgeschlüsselt nach Jahren und Monaten vermerkt sind.

Nach Auffassung des Senats dürfen nämlich die Anforderungen an einen Nachweis nicht überspannt werden. Das bedeutet, dass kein rechtfertigender Grund besteht, die Bestätigungen der rumänischen Arbeitgeber bezüglich der auf die Beschäftigungsverhältnisse ihrer früheren Arbeitnehmer bezogenen Angaben an wesentlich strengere formale Erfordernisse zu knüpfen als bei deutschen Arbeitgebern. Darüber hinaus kann auch nicht verlangt werden, dass nach völlig unwahrscheinlichen Fehlzeiten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses geforscht bzw gefragt werden muss.

Auch bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Inhalt der vorgelegten Adeverintas zugunsten der Klägerin verfälscht worden sein könnte. Insbesondere spricht nichts für die Annahme, die Ausstellerin der Adeverintas könnte ihr bekannte Fehlzeiten der Klägerin verschwiegen oder die Adeverintas aus reiner Gefälligkeit erstellt haben. Auch die vom SG angeführten Zweifel sind nach Auffassung des Senats nicht geeignet, den Beweiswert der vorgelegten Adeverintas in entscheidungserheblichem Maße einzuschränken. Unter Geltung des im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, mithin auch für die Zuordnung von Versicherungszeiten nach dem FRG anzuwendenden Monatsprinzips bleiben (mehr oder weniger unvermeidbare) Ungenauigkeiten, die sich gerade bei der "Auszählung" von Arbeitstagen für Teilmonate (und deren Eintragung in die betrieblich geführten Lohnlisten) ergeben können, im Ergebnis vollkommen bedeutungslos. Im Übrigen ist eine Vielfalt von Gründen denkbar, weshalb gerade in den vom SG ausgewählten Monaten die Zahl der tatsächlichen Arbeitstage geringer ausfallen konnte als die kalendarisch möglichen Arbeitstage. Generell ist dazu anzumerken, dass in die von-bis-Angaben der von rumänischen Arbeitgebern bestätigten Zeitabschnitte am Anfang und am Ende häufig auch Tage einbezogen werden, an denen der bescheinigte Sachverhalt offensichtlich nicht erfüllt war, zB die Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses bis zum Ersten eines Monats, obwohl dieses am Letzten des Vormonats geendet hatte.

Auch teilt der Senat nicht die (offenbar über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden) Zweifel des SG, die sich aus dem Umstand ableiten, dass bei der Klägerin während eines Zeitraumes von 12 1/2 Jahren keinerlei Krankheitszeiten vorgelegen haben sollen. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass nach rumänischem Recht Krankheitstage bis zu drei Monaten versicherungsrechtlich ohne Bedeutung waren, da die Beschäftigungsverhältnisse dadurch nicht unterbrochen wurden. Auch kann entgegen der Auffassung des SG nicht davon ausgegangen werden, dass eine sorgfältige Überprüfung der bestätigten Angaben tatsächlich nicht stattgefunden habe, weil die Zusammenstellung der Adeverinta für den Zeitraum vom 01.11.1977 bis 25.05.1990 innerhalb von zwei Stunden erfolgte. Denn es liegen keinerlei Hinweise dafür vor, dass die Adeverinta in Rumänien von einer dazu nicht legitimierten Stelle erstellt oder dass die betreffenden Zeiten willkürlich (ohne Zuhilfenahme der Originalbetriebsunterlagen) bestätigt worden sein könnten. Auch wenn die Bescheinigung auf Initiative der Klägerin ausgestellt wurde und auf privatem Wege nach Deutschland gelangte, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Einen die Beweisqualität der fraglichen Adeverinta beeinträchtigenden Gesichtspunkt sieht der Senat hierin nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Beklagten, dass die Archivierung der rumänischen Lohnlisten nicht personenbezogen, sondern zeitraumbezogen erfolgt sei, was regelmäßig bedeute, dass die entsprechenden Daten für eine bestimmte Person äußerst zeitaufwändig aus den getrennt nach Jahrgängen aufbewahrten Lohn- und Beschäftigungsunterlagen aller Arbeitnehmer des Betriebes herausgesucht werden müssten. Insoweit ist aber auch der Beklagten bekannt, dass es in den rumänischen Betrieben verbreitete Übung war, nicht nur Monatslisten, sondern für alle Arbeitnehmer Karteikarten für jeweils ein Kalenderjahr anzulegen und darin sämtliche das Arbeitsverhältnis und die Lohnabrechnung (einschließlich der Arbeits- und Fehltage) betreffenden Eintragungen vorzunehmen. Die Durchsicht dieser Karteikarten erfordert bei weitem nicht den im Urteil des 6. Senats des BayLSG vom 25.04.1995 - L 6 Ar 44/95 - angenommenen Zeitaufwand.

Im Ergebnis teilt der Senat auch nicht die Bedenken, welche das SG aus der unterschiedlichen Verteilung des Schwangerschafts- und Mutterschaftsurlaubs der Klägerin anlässlich der Geburten ihrer Töchter gegen die Richtigkeit der betreffenden Adeverintas in ihrer Gesamtheit und ihrem Beweiswert abgeleitet hat. Aus dem vom LSG Baden Württemberg in der Streitsache L 9 RJ 2551/98 beim Institut für Ostrecht München eV eingeholten Rechtsgutachten vom 15.12.1999 ergibt sich vielmehr, dass die Handhabung des Schwangerschafts- und Mutterschaftsurlaubs durchaus nicht einheitlich erfolgte, also zwingend auf 52 Tage vor der Geburt und 60 Tage nach der Geburt verteilt werden musste (Art 89 des rumänischen Arbeitsgesetzbuchs in der Fassung des Dekrets Nr 369 vom 24.07.1956). Die Einhaltung dieses Grundsatzes scheiterte regelmäßig schon an der Unsicherheit des Geburtstermins, wurde aber auch sonst häufig durchbrochen. So konnte nicht nur bei einer Frühgeburt, sondern auch bei jedem Fall verspäteter Inanspruchnahme des Schwangerschaftsurlaubs der Mutterschaftsurlaub entsprechend verlängert werden. Es erscheint deshalb gut vorstellbar, dass schwangere Frauen dazu neigten, die vorgeburtliche Schutzfrist zugunsten der Möglichkeit zu verkürzen, sich nach der Niederkunft (unbelastet vom Zwang, durch Arbeit zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen) entsprechend längere Zeit der Betreuung ihrer neugeborenen Kinder zu widmen. Aus zahlreichen anderen Berufungsverfahren ist dem Senat außerdem bekannt, dass die Fehlzeiten in Folge Schwangerschafts- bzw Mutterschaftsurlaubs von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich gehandhabt wurde. Auch im Falle der Klägerin hat der Senat keine durchgreifenden Bedenken gegen den Beweiswert der vorgelegten Adeverintas, die es rechtfertigen könnten, ihren Aussagegehalt generell in Zweifel zu ziehen.

Die von der Klägerin vorgelegten Adeverintas erfüllen daher insgesamt die Anforderungen an einen Nachweis der darin bestätigten Versicherungszeiten. Fehlzeiten haben zur Überzeugung des Senats nur in dem Umfang vorgelegen, wie sie bescheinigt wurden. Auf die Berufung der Klägerin war deshalb das angefochtene Urteil des SG Nürnberg aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von der Klägerin geltend gemachten Beitragszeiten bei der Berechnung der Altersrente als nachgewiesen zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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