Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 56/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 535/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.08.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ...1965 in Tschechien geborene Kläger hat dort nach eigenen Angaben den Beruf eines Metallarbeiters erlernt. Am 20.04.1988 siedelte er nach Deutschland um und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Hier hat er zunächst kurzzeitig u.a. als Garagenwärter gearbeitet. Von April 1990 bis April 1993 war er Maschinenbediener bei der Firma Z ... in Augsburg. Nach Angabe des Arbeitgebers handelte es sich um eine ungelernte Arbeit mit zweimonatiger Anlernzeit. Im Anschluss daran war der Kläger arbeitsunfähig und arbeitslos und von Mai 1998 bis August 1998 Produktionshelfer und Garagenwart.
Am 26.03.1999 stellte der Kläger Rentenantrag, der von der Beklagten nach Beiziehung zahlreicher Arztberichte und Atteste und nach Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr.K ... mit Bescheid vom 10.09.1999 abgelehnt wurde. Nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch folgende Krankheiten beeinträchtigt: Chronisch wiederkehrende Hauterkrankung von ekzematösem Typ und asthenische Persönlichkeitsstörung. Damit könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig arbeiten.
Mit seinem Widerspruch vom 16.09.1999 führte der Kläger aus, er habe laufend Schmerzen im Hals-Schulter- und Handgelenksbereich. Beim Schwitzen oder bei Nässe trete Brennen und Anschwellen der Hände auf, ebenfalls im trockenen Zustand, wenn er mit den Händen arbeiten müsse. Außerdem bildeten sich Bläschen auf den Händen und Füßen. Es liegt ein Bericht des Arbeitsamtes Augsburg vor, wonach der Kläger an einer gewerblichen praxisorientierten Reintegrationsmaßnahme beim Berufsförderungswerk Augsburg teilgenommen hat. Diese Maßnahme musste aufgrund des Verhaltens des Klägers abgebrochen werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2000 zurück. Der Kläger, der in Deutschland als Maschinenbediener, Produktionshelfer und Garagenwart nur ungelernte bzw. angelernte Tätigkeiten ausgeübt habe, genieße keinen Berufsschutz und müsse sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Hier könne er nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung mit gewissen Einschränkungen vollschichtig arbeiten, z.B. leichte Montier-, Sortier-, Verpacker- oder Maschinenarbeiten verrichten.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Augsburg (SG) nach Einholung zahlreicher Befundberichte ein Gutachten des Nervenarztes Dr.R ... vom 23.03.2000 eingeholt. Dieser stellt nach eingehender körperlicher und testpsychologischer Untersuchung (die jedoch nur zum Teil mögich war, weil Kläger nicht mitgewirkt hat) fest, dass es sich um eine asthenische Persönlichkeitsvariante handle. Der Kläger neige dazu, Verantwortung für wichtige Bereiche seines Lebens (z.B. Gelderwerb) Anderen zu überlassen. Es bestehe ein starkes Bestreben, sich den Wünschen und Bedürfnissen Anderer anzupassen, sofern diese keine körperliche Leistung seinerseits erforderten. In der Selbstwahrnehmung empfinde er sich als hilfslos, inkompetent und schwach. Er habe eine starke Tendenz, die Verantwortung für sich selbst bei Missgeschicken Anderen zuzuschreiben. Hinweise auf die Entwicklung einer blanden Psychose, einer endogenen Depression oder eines organischen Psychosyndroms bestünden indessen nicht. Eine deutliche Besserung des Beschwerdebildes könnte durch psychiatrische Behandlung erzielt werden, doch habe der Kläger entsprechende Angebote mehrfach nicht angenommen. Berufliche oder stationäre medizinische Reha-Maßnahmen seien angesichts der mangelnden Mitwirkung, die durchaus bewusstseinsnah gesteuert werde, derzeit nicht erfolgreich. Das Rentenverfahren sollte möglichst bald abgeschlossen werden, da bei dem Kläger bereits Tendenzen sichtbar seien, sich weiter sozial zurückzuziehen und auf weitere Unterstützung des sozialen Umfeldes zu vertrauen. Der Sachverständige nennt folgende Diagnosen: Persönlichkeitsstörung mit asthenischem Verhalten. Dermatologisch: Dyshidrotisches Ekzem beider Hände, atopische Dermatitis, Akne vulgaris. Damit könne der Kläger leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten. Unzumutbar seien wegen der nervlichen Situation Schichtbedingungen, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit (Zeitdruck), an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und die Verantwortung. Ferner hätten Arbeiten mit besonderer Gefährdung durch Kälte, Hitze, Nässe, inhalative Reizstoffe, Staub sowie Hautreizstoffe zu unterbleiben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch als Montierer, Sortierer, Bote, einfacher Pförtner, Warenaufmacher oder Wachmann vollschichtig arbeiten. Die Persönlichkeitsstörung habe aktuell nur bedingten Krankheitswert.
Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage mit Urteil vom 11.08.2000 abgewiesen. Zum Berufsschutz führt es aus, der Kläger sei in die Gruppe der ungelernten Arbeiter einzustufen und als solcher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Auf seinen Einwand, dass er einzelne Verrichtungen, wie z.B. Maschinenbediener von Schweißrobotern, Garagenwart, Versandarbeiter, Montierer oder Fahrer nicht mehr verrichten könne, komme es nicht an; z.B. könne er noch als einfacher Pförtner arbeiten.
Gegen das ihm am 28.08.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 07.09.2000, eingegangen am 18.09., Berufung eingelegt. Er sei Facharbeiter und nicht ungelernter Arbeiter. In Deutschland habe er einen CNC-Kurs gemacht und dann bei der Firma Motoren E ... gearbeitet (1994). Diese Stelle habe er bekommen, weil er Berufserfahrung hatte. Seine letzte Stelle sei eine Tätigkeit als Kaufmann in einem Büro in Neusäß gewesen, zu einer Zeit, als er noch im Berufsförderungszentrum Augsburg war. Ein Maschinenbediener verdiene heute bei der Firma Z ... ca. 30 DM pro Stunde im Akkord. Diese Arbeit könne er aber nicht mehr machen. Pförtner sei keine Arbeit, sondern ein "Gefängnis mit Schichtdienst". Garagenwart sei ähnlich. Eine derartige Stelle könne er nicht mehr ausüben, sie mache ihn krank. Man sitze dort allein und langweile sich. Die Stellen als Garagenwart und Produktionshelfer habe er aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11.08.2000 sowie des Bescheides vom 10.09.1999 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2000 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG Augsburg.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Nach §§ 43 Abs.1, 44 Abs.1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der für Versicherungsfälle vor dem 31.12.2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufs- bzw. erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig- keit/Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs.2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes oder der besonderen Anforderungen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs.2 SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgrenze bzw. (ab 01.04.1999) 630,00 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Er ist im Zuge des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten und neuerlich auf Veranlassung des SG Augsburg untersucht worden. Außerdem wurden zahlreiche Befundberichte seiner behandelnden Ärzte beigezogen. Nach dem für die erstinstanzliche Entscheidung primär maßgeblichen Gutachten des Nervenarztes Dr.R ... vom 23.03.2000, das auch der Senat zur Grundlage seiner Entscheidung macht, handelt es sich beim Kläger um eine Persönlichkeitsstörung mit asthenischem Verhalten. Dies zeigt sich darin, dass der Kläger dazu neigt, Verantwortung für wichtige Bereiche seines Lebens Anderen zu überlassen, ferner in dem starken Bestreben, sich den Wünschen und Bedürfnissen Anderer anzupassen, sofern diese keine körperliche Leistung seinerseits erfordern. Außerdem stellt der Sachverständige fest, dass sich der Kläger als hilflos, inkompetent und schwach erlebt mit einer starken Neigung, die Verantwortung für sich selbst bei Missgeschicken Anderen zuzuschieben. Dies reicht für eine Rentengewährung keinesfalls aus. Schwerwiegende psychiatrische Erkrankungen liegen nicht vor, insbesondere fehlen Hinweise für die Entwicklung einer blanden Psychose, einer endogenen Depression oder eines organischen Psychosyndroms. Insgesamt stellt sich das psychiatrische Krankheitsbild nicht so dar, dass der Kläger dadurch gehindert wäre, noch leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Nach der Auffassung des Gutachters, die sich der Senat auch insoweit zu Eigen macht, ist es für den Kläger darüber hinaus von äußerster Wichtigkeit auch aus gesundheitlichen Gründen, dass er möglichst bald wieder in das Arbeitsleben zurückkehrt und die Verantwortung für seine Existenz übernimmt. Neben dem neurologisch-psychiatrischen Beschwerdebild liegen auf dermatologischem Fachgebiet ein dyshidrotisches Ekzem beider Hände, eine athropische Dermatitis und Akne vulgaris vor. Diese Erkrankungen führen nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit kommt schon deswegen nicht in Betracht. Der Kläger kann mit dem verbliebenen Leistungsvermögen mehr als 630,00 DM im Monat verdienen. Der Arbeitsmarkt ist nicht verschlossen.
Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Zwar ist nach dem Ergebnis der gerichtsärztlrichen Begutachtung davon ausgehen, dass für den Kläger Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, z.B. Zeitdruck, auszuscheiden haben. Wegen der dermatologischen Beeinträchtigungen kommen Arbeiten mit besonderer Gefährdung durch Kälte, Hitze, Nässe, inhalative Reizstoffe, Staub oder Hautreizstoffe nicht in Betracht. Damit mag eine Tätigkeit im Metallbereich bzw. als Maschinenbediener, wie er sie etwa bei der Fa. Z ... ausgeübt hat, nicht mehr in Frage kommen. Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, da er keinen Berufsschutz genießt. Zwar hat er ein Zeugnis vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass er in Tschechien eine Prüfung als Metallarbeiter abgelegt hat. Maßgeblich für die Frage des Berufsschutzes sind jedoch allein in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeiten, denn nur für diese besteht Versicherungsschutz. Bei den vom Kläger in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten handelte es sich durchwegs nur um relativ kurze Beschäftigungen (nicht mindestens fünf Jahre Dauer), so dass schon aus diesem Grunde ein Berufsschutz nicht erworben wurde. Die einzige längerdauernde Tätigkeit bei der Fa. Z ... (annähernd drei Jahre) war nach der Auskunft des Arbeitgebers eine ungelernte Tätigkeit, für die eine Anlernzeit von zwei Monaten ausreichend war. Es handelt sich demnach im Rahmen des vom Bundessozialgericht aufgestellten Schemas der beruflichen Wertigkeiten nicht um eine Anlerntätigkeit, sondern um eine ungelernte Tätigkeit, da für sie nicht mindestens eine dreimonatige Anlernzeit erforderlich war. Bei den ansonsten vom Kläger (jeweils nur kurzzeitig) ausgeübten Tätigkeiten als Produktionshelfer und Garagenwart handelte es sich ebenfalls um ungelernte Arbeiten. Der Kläger muss sich demnach auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Aus der Tätigkeit bei der Fa. E ... (1994) lässt sich schon deshalb kein Berufsschutz ableiten, weil danach andere Arbeiten ausgeübt wurden. Außerdem war das Beschäftigungsverhältnis nur von sehr kurzer Dauer. Entsprechendes gilt für die Tätigkeit als Kaufmann in einem Büro in Neusäß, die der Kläger im Berufungsschriftsatz erwähnt. Hier handelte es sich um eine Arbeit innerhalb einer Berufsförderungsmaßnahme, die zudem nur ganz kurzzeitig ausgeübt wurde. Berufsschutz kann darauf nicht gegründet werden.
Der Kläger muss sich demnach auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, insbesondere kommt die vom Erstgericht genannte Pförtnertätigkeit in Betracht; aber auch die von der Beklagten genannten Tätigkeiten als Montierer, Sortierer, Bote, Warenaufmacher und Wachmann (soweit nicht im Schichtbetrieb) sowie ggf. als Garagenwart.
Wenn der Kläger meint, beim Pförtnerberuf handele es sich um ein "Gefängnis mit Schichtdienst", und diese Tätigkeit sei ihm zu langweilig, so kann ihm nur geraten werden, sich nach einer interessanteren Arbeit umzusehen. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit besteht jedenfalls nicht, da sich der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen muss und hier noch vollschichtig arbeiten kann.
Nach § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung, die auf Versicherungsfälle anzuwenden ist, die nach diesem Zeitpunkt eintreten, ist ein Rentenanspruch ebenfalls nicht gegeben, weil der Kläger mit seiner noch vollschichtigen Einsatzfähigkeit weder teilweise (§ 43 Abs.1 Nr.1 SGB VI n.F.) noch erst recht voll erwerbsgemindert (§ 43 Abs.2 Nr.1 SGB VI n.F.) ist, weil dafür die zeitliche Einsetzbarkeit auf unter sechs Stunden bzw. drei Stunden täglich gesunken sein müsste. Dies ist offenkundig nicht der Fall.
Zusammenfassend steht dem Kläger Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu. Seine Berufung gegen das Urteil des SG Augsburg ist unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ...1965 in Tschechien geborene Kläger hat dort nach eigenen Angaben den Beruf eines Metallarbeiters erlernt. Am 20.04.1988 siedelte er nach Deutschland um und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Hier hat er zunächst kurzzeitig u.a. als Garagenwärter gearbeitet. Von April 1990 bis April 1993 war er Maschinenbediener bei der Firma Z ... in Augsburg. Nach Angabe des Arbeitgebers handelte es sich um eine ungelernte Arbeit mit zweimonatiger Anlernzeit. Im Anschluss daran war der Kläger arbeitsunfähig und arbeitslos und von Mai 1998 bis August 1998 Produktionshelfer und Garagenwart.
Am 26.03.1999 stellte der Kläger Rentenantrag, der von der Beklagten nach Beiziehung zahlreicher Arztberichte und Atteste und nach Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr.K ... mit Bescheid vom 10.09.1999 abgelehnt wurde. Nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch folgende Krankheiten beeinträchtigt: Chronisch wiederkehrende Hauterkrankung von ekzematösem Typ und asthenische Persönlichkeitsstörung. Damit könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig arbeiten.
Mit seinem Widerspruch vom 16.09.1999 führte der Kläger aus, er habe laufend Schmerzen im Hals-Schulter- und Handgelenksbereich. Beim Schwitzen oder bei Nässe trete Brennen und Anschwellen der Hände auf, ebenfalls im trockenen Zustand, wenn er mit den Händen arbeiten müsse. Außerdem bildeten sich Bläschen auf den Händen und Füßen. Es liegt ein Bericht des Arbeitsamtes Augsburg vor, wonach der Kläger an einer gewerblichen praxisorientierten Reintegrationsmaßnahme beim Berufsförderungswerk Augsburg teilgenommen hat. Diese Maßnahme musste aufgrund des Verhaltens des Klägers abgebrochen werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2000 zurück. Der Kläger, der in Deutschland als Maschinenbediener, Produktionshelfer und Garagenwart nur ungelernte bzw. angelernte Tätigkeiten ausgeübt habe, genieße keinen Berufsschutz und müsse sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Hier könne er nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung mit gewissen Einschränkungen vollschichtig arbeiten, z.B. leichte Montier-, Sortier-, Verpacker- oder Maschinenarbeiten verrichten.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Augsburg (SG) nach Einholung zahlreicher Befundberichte ein Gutachten des Nervenarztes Dr.R ... vom 23.03.2000 eingeholt. Dieser stellt nach eingehender körperlicher und testpsychologischer Untersuchung (die jedoch nur zum Teil mögich war, weil Kläger nicht mitgewirkt hat) fest, dass es sich um eine asthenische Persönlichkeitsvariante handle. Der Kläger neige dazu, Verantwortung für wichtige Bereiche seines Lebens (z.B. Gelderwerb) Anderen zu überlassen. Es bestehe ein starkes Bestreben, sich den Wünschen und Bedürfnissen Anderer anzupassen, sofern diese keine körperliche Leistung seinerseits erforderten. In der Selbstwahrnehmung empfinde er sich als hilfslos, inkompetent und schwach. Er habe eine starke Tendenz, die Verantwortung für sich selbst bei Missgeschicken Anderen zuzuschreiben. Hinweise auf die Entwicklung einer blanden Psychose, einer endogenen Depression oder eines organischen Psychosyndroms bestünden indessen nicht. Eine deutliche Besserung des Beschwerdebildes könnte durch psychiatrische Behandlung erzielt werden, doch habe der Kläger entsprechende Angebote mehrfach nicht angenommen. Berufliche oder stationäre medizinische Reha-Maßnahmen seien angesichts der mangelnden Mitwirkung, die durchaus bewusstseinsnah gesteuert werde, derzeit nicht erfolgreich. Das Rentenverfahren sollte möglichst bald abgeschlossen werden, da bei dem Kläger bereits Tendenzen sichtbar seien, sich weiter sozial zurückzuziehen und auf weitere Unterstützung des sozialen Umfeldes zu vertrauen. Der Sachverständige nennt folgende Diagnosen: Persönlichkeitsstörung mit asthenischem Verhalten. Dermatologisch: Dyshidrotisches Ekzem beider Hände, atopische Dermatitis, Akne vulgaris. Damit könne der Kläger leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten. Unzumutbar seien wegen der nervlichen Situation Schichtbedingungen, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit (Zeitdruck), an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und die Verantwortung. Ferner hätten Arbeiten mit besonderer Gefährdung durch Kälte, Hitze, Nässe, inhalative Reizstoffe, Staub sowie Hautreizstoffe zu unterbleiben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch als Montierer, Sortierer, Bote, einfacher Pförtner, Warenaufmacher oder Wachmann vollschichtig arbeiten. Die Persönlichkeitsstörung habe aktuell nur bedingten Krankheitswert.
Gestützt auf dieses Gutachten hat das SG die Klage mit Urteil vom 11.08.2000 abgewiesen. Zum Berufsschutz führt es aus, der Kläger sei in die Gruppe der ungelernten Arbeiter einzustufen und als solcher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Auf seinen Einwand, dass er einzelne Verrichtungen, wie z.B. Maschinenbediener von Schweißrobotern, Garagenwart, Versandarbeiter, Montierer oder Fahrer nicht mehr verrichten könne, komme es nicht an; z.B. könne er noch als einfacher Pförtner arbeiten.
Gegen das ihm am 28.08.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 07.09.2000, eingegangen am 18.09., Berufung eingelegt. Er sei Facharbeiter und nicht ungelernter Arbeiter. In Deutschland habe er einen CNC-Kurs gemacht und dann bei der Firma Motoren E ... gearbeitet (1994). Diese Stelle habe er bekommen, weil er Berufserfahrung hatte. Seine letzte Stelle sei eine Tätigkeit als Kaufmann in einem Büro in Neusäß gewesen, zu einer Zeit, als er noch im Berufsförderungszentrum Augsburg war. Ein Maschinenbediener verdiene heute bei der Firma Z ... ca. 30 DM pro Stunde im Akkord. Diese Arbeit könne er aber nicht mehr machen. Pförtner sei keine Arbeit, sondern ein "Gefängnis mit Schichtdienst". Garagenwart sei ähnlich. Eine derartige Stelle könne er nicht mehr ausüben, sie mache ihn krank. Man sitze dort allein und langweile sich. Die Stellen als Garagenwart und Produktionshelfer habe er aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11.08.2000 sowie des Bescheides vom 10.09.1999 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2000 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG Augsburg.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Nach §§ 43 Abs.1, 44 Abs.1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der für Versicherungsfälle vor dem 31.12.2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie berufs- bzw. erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig- keit/Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs.2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes oder der besonderen Anforderungen in ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs.2 SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgrenze bzw. (ab 01.04.1999) 630,00 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Er ist im Zuge des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten und neuerlich auf Veranlassung des SG Augsburg untersucht worden. Außerdem wurden zahlreiche Befundberichte seiner behandelnden Ärzte beigezogen. Nach dem für die erstinstanzliche Entscheidung primär maßgeblichen Gutachten des Nervenarztes Dr.R ... vom 23.03.2000, das auch der Senat zur Grundlage seiner Entscheidung macht, handelt es sich beim Kläger um eine Persönlichkeitsstörung mit asthenischem Verhalten. Dies zeigt sich darin, dass der Kläger dazu neigt, Verantwortung für wichtige Bereiche seines Lebens Anderen zu überlassen, ferner in dem starken Bestreben, sich den Wünschen und Bedürfnissen Anderer anzupassen, sofern diese keine körperliche Leistung seinerseits erfordern. Außerdem stellt der Sachverständige fest, dass sich der Kläger als hilflos, inkompetent und schwach erlebt mit einer starken Neigung, die Verantwortung für sich selbst bei Missgeschicken Anderen zuzuschieben. Dies reicht für eine Rentengewährung keinesfalls aus. Schwerwiegende psychiatrische Erkrankungen liegen nicht vor, insbesondere fehlen Hinweise für die Entwicklung einer blanden Psychose, einer endogenen Depression oder eines organischen Psychosyndroms. Insgesamt stellt sich das psychiatrische Krankheitsbild nicht so dar, dass der Kläger dadurch gehindert wäre, noch leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Nach der Auffassung des Gutachters, die sich der Senat auch insoweit zu Eigen macht, ist es für den Kläger darüber hinaus von äußerster Wichtigkeit auch aus gesundheitlichen Gründen, dass er möglichst bald wieder in das Arbeitsleben zurückkehrt und die Verantwortung für seine Existenz übernimmt. Neben dem neurologisch-psychiatrischen Beschwerdebild liegen auf dermatologischem Fachgebiet ein dyshidrotisches Ekzem beider Hände, eine athropische Dermatitis und Akne vulgaris vor. Diese Erkrankungen führen nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit kommt schon deswegen nicht in Betracht. Der Kläger kann mit dem verbliebenen Leistungsvermögen mehr als 630,00 DM im Monat verdienen. Der Arbeitsmarkt ist nicht verschlossen.
Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Zwar ist nach dem Ergebnis der gerichtsärztlrichen Begutachtung davon ausgehen, dass für den Kläger Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, z.B. Zeitdruck, auszuscheiden haben. Wegen der dermatologischen Beeinträchtigungen kommen Arbeiten mit besonderer Gefährdung durch Kälte, Hitze, Nässe, inhalative Reizstoffe, Staub oder Hautreizstoffe nicht in Betracht. Damit mag eine Tätigkeit im Metallbereich bzw. als Maschinenbediener, wie er sie etwa bei der Fa. Z ... ausgeübt hat, nicht mehr in Frage kommen. Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, da er keinen Berufsschutz genießt. Zwar hat er ein Zeugnis vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass er in Tschechien eine Prüfung als Metallarbeiter abgelegt hat. Maßgeblich für die Frage des Berufsschutzes sind jedoch allein in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeiten, denn nur für diese besteht Versicherungsschutz. Bei den vom Kläger in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten handelte es sich durchwegs nur um relativ kurze Beschäftigungen (nicht mindestens fünf Jahre Dauer), so dass schon aus diesem Grunde ein Berufsschutz nicht erworben wurde. Die einzige längerdauernde Tätigkeit bei der Fa. Z ... (annähernd drei Jahre) war nach der Auskunft des Arbeitgebers eine ungelernte Tätigkeit, für die eine Anlernzeit von zwei Monaten ausreichend war. Es handelt sich demnach im Rahmen des vom Bundessozialgericht aufgestellten Schemas der beruflichen Wertigkeiten nicht um eine Anlerntätigkeit, sondern um eine ungelernte Tätigkeit, da für sie nicht mindestens eine dreimonatige Anlernzeit erforderlich war. Bei den ansonsten vom Kläger (jeweils nur kurzzeitig) ausgeübten Tätigkeiten als Produktionshelfer und Garagenwart handelte es sich ebenfalls um ungelernte Arbeiten. Der Kläger muss sich demnach auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Aus der Tätigkeit bei der Fa. E ... (1994) lässt sich schon deshalb kein Berufsschutz ableiten, weil danach andere Arbeiten ausgeübt wurden. Außerdem war das Beschäftigungsverhältnis nur von sehr kurzer Dauer. Entsprechendes gilt für die Tätigkeit als Kaufmann in einem Büro in Neusäß, die der Kläger im Berufungsschriftsatz erwähnt. Hier handelte es sich um eine Arbeit innerhalb einer Berufsförderungsmaßnahme, die zudem nur ganz kurzzeitig ausgeübt wurde. Berufsschutz kann darauf nicht gegründet werden.
Der Kläger muss sich demnach auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, insbesondere kommt die vom Erstgericht genannte Pförtnertätigkeit in Betracht; aber auch die von der Beklagten genannten Tätigkeiten als Montierer, Sortierer, Bote, Warenaufmacher und Wachmann (soweit nicht im Schichtbetrieb) sowie ggf. als Garagenwart.
Wenn der Kläger meint, beim Pförtnerberuf handele es sich um ein "Gefängnis mit Schichtdienst", und diese Tätigkeit sei ihm zu langweilig, so kann ihm nur geraten werden, sich nach einer interessanteren Arbeit umzusehen. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit besteht jedenfalls nicht, da sich der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen muss und hier noch vollschichtig arbeiten kann.
Nach § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung, die auf Versicherungsfälle anzuwenden ist, die nach diesem Zeitpunkt eintreten, ist ein Rentenanspruch ebenfalls nicht gegeben, weil der Kläger mit seiner noch vollschichtigen Einsatzfähigkeit weder teilweise (§ 43 Abs.1 Nr.1 SGB VI n.F.) noch erst recht voll erwerbsgemindert (§ 43 Abs.2 Nr.1 SGB VI n.F.) ist, weil dafür die zeitliche Einsetzbarkeit auf unter sechs Stunden bzw. drei Stunden täglich gesunken sein müsste. Dies ist offenkundig nicht der Fall.
Zusammenfassend steht dem Kläger Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu. Seine Berufung gegen das Urteil des SG Augsburg ist unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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