Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 1289/96 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 561/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. August 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ...1950 geborene Kläger war in Deutschland als Arbeiter vom 19.10.72 bis 25.06.74 mit einer Versicherungszeit von 21 Monaten beschäftigt. In seiner Heimat Kroatien hat er bis zum 19. Lebensjahr drei Jahre den Beruf des Maurers erlernt und seit 1975 wieder als solcher gearbeitet. Ab 1991 krank geschrieben, erhält der Kläger seit 1995 eine kroatische Invalidenrente von ca. 200 DM.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag des Klägers vom 13.12. 1994, gestützt auf das Gutachten der Invalidenkommission in Zagreb vom 21.03.1995, mit Bescheid vom 12.7.1995 ab. Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu ebener Erde, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Schicht- bzw. Nachtdienst, ohne häufiges Bücken und ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft und Lärm zu verrichten. Nach Anhörung von Dr.D ... vom Sozialärztlichen Dienst wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.1996 als unbegründet zurück.
Auf die vom Kläger zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobene Klage hat Dr.Z ... am 28. 04. 1998 ein Sachverständigengutachten erstattet, wonach die Leistungsfähigkeit des Klägers durch leichtgradige Funktionsstörungen der Wirbelsäule herabgesetzt sei. Die psychischen Beschwerden seien eine Reaktion auf Kriegserlebnisse; ein ernsthaftes psychiatrisches Krankheitsbild könne aufgrund der Beschwerdeschilderung, den fehlenden typischen Tagesschwankungen und dem unauffälligen psychischen Befund bei der Untersuchung ausgeschlossen werden. Insgesamt könne der Kläger, wenn auch mit einer Reihe qualitativer Einschränkungen, leichte Arbeiten noch vollschichtig ausführen.
Durch Urteil vom 11.8.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, an dem er als angelernter Maurer in Deutschland zu messen sei, vollschichtig verwendbar.
Mit seiner Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) hat der Kläger vorgebracht, nicht nur "angelernter" Bauwerker zu sein. Er habe die Berufsschule abgeschlossen und ausweislich seines Zeugnisses den Beruf des "qualifizierten Maurers" erlernt. In seiner Versicherungskarte stehe sicherlich, dass er als Maurer gearbeitet habe.
Das LSG hat Gutachten der Dres.L ... vom 24.8.2000, P ... vom 30.9.2000 und V ... vom 21.11.2000 eingeholt, wonach der Kläger an folgenden Gesundheitsstörungen leidet: "1. Leichtgradiges Halswirbelsäulen- sowie mittelgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom und geringe vorbekannte Spinalstenose bei L 4 mit sich daraus ergebender Funktionseinschränkung mit Hinweis auf leichte radikuläre Schädigung L5/Sl rechts- zusätzlich leichte gemischte Polyneuropathie. 2. Senk-Spreizfüße bei Hallux valgus-Deformität und der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel. 3. Allenfalls geringgradige Periarthritis humeroscapularis beidseits im Entfall eines schmerzhaften Bogens. 4. Seit 1981 bekannte rezidivierende Ulzera duodeni, chronische Reizmagensymptomatik. 5. Anamnestisch bekannte asymptomatische Cholecystolithiasis, zusätzlich jetzt Verdacht auf Gallenblasenpolyp. 6. Seit Jahren bekannte labile arterielle Hypertonie. 7. Leichte Raucherbronchitis bei langjährigem Nikotinabusus, derzeit ohne objektivierbare obstruktive Ventilationsstörung. 8. Leichtes Übergewicht (BROCA +8%). 9. Vorbekannte Schwerhörigkeit beidseits, Zustand nach Operation linkes und rechtes Ohr 1981 wegen Otosklerose beidseits. 10. Prostataadenom, kein Anhalt für Nephrolithiasis links."
Seinem Leistungsvermögen nach könne der Kläger zwar noch leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten mit gelegentlichem Wechsel der Arbeitsposition im Gehen, Stehen und Sitzen verrichten, aber nicht mehr den Beruf des Maurerfacharbeiters oder des Maurerhelfers ausüben. Grundsätzlich seien aber Tätigkeiten eines Montierers leichter Werkstücke aus Kunststoff und Holz und eines Pförtners möglich, soweit nicht das exakte Verstehen von Sprache vorausgesetzt ist.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 11.8.1998 und des Bescheides vom 12.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.1996 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1995 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11.8.1998 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die auf Erwerbs- bzw.Berufsunfähigkeitsrente gerichtete Berufung ist statthaft und zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 01.03. 1993). Die Berufung ist auch fristgemäß eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG, 3-Monatsfrist)
Nach §§ 44 Abs.2, 43 Abs.2 S.1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), sind trotz erfüllter Wartezeit und versicherungsfallnaher Belegungsdichte (sog. 3/5-Belegung) Ansprüche nur gegeben, wenn Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit besteht.
Nach § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI in der Fassung des RRG 1992 sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, nur Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen (objektive Zumutbarkeit) und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit ( subjektiv) zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 43 Abs.2 S.4 SGB VI (zwar nach dem 2.SGB VI- Änderungsgesetz vom 02.05.1996 erst nach der Antragstellung des Klägers in Kraft getreten, aber die bis dahin ohnehin geltende Rechtslage dokumentierend) nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 44 Abs.2 SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße (bzw. nach dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.03.1999 ab 01.04.1999 DM 630,00 übersteigt) übersteigt.
Nach der ab 1.1. 2001 geltenden Fassung des § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI (Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827) ist teilweise erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Voll erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die für alle Fassungen der §§ 43, 44 SGB VI erforderliche Wartezeit von 60 Monaten erfüllt der Kläger zwar nicht allein mit seinen 21 deutschen Beiträgen, aber durch Zusammenrechnung mit seinen gesamten kroatischen Beiträgen (vgl. Art.25 Abs.1 DJUSVA, das in bilateraler Weise im Verhältnis zwischen Kroatien und der Bundesrepublik Deutschland bis zum Inkrafttreten des neuen Abkommens am 01.12.1998 weiter galt).Ebenso unstreitig ist der Zeitraum von fünf Jahren vor Antragstellung am 13.12.1994 (36 in 60) mit den anrechenbaren Pflichtversicherungszeiten (vgl. Art.25 DJUSVA) angesichts der übersandten Versicherungsdaten des genannten Versicherungsträgers mit mindestens 36 Kalendermonaten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind damit dem Grunde nach gegeben.
Der Kläger war jedoch nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen bei der Untersuchung durch die Sachverständigen in zumutbarer Weise fähig, einer vollschichtigen bzw. mindestens sechsstündigen Tätigkeit - wenn auch nicht seiner zuletzt ausgeübten - nachzugehen.
An den Kriterien des Berufsschutzes gemessen (§ 43 Abs. Satz 2 SGB VI, RRG 92) muss sich der Kläger dem Grunde nach auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, weil er in Deutschland zwar u.u. Facharbeitertätigkeiten verrichtet und eine berufliche Stellung erlangt hat, wegen der ihm eventuell ein Berufsschutz zukommen könnte, dies aber nicht in einem Umfang, um bereits den höheren Versicherungsschutz wegen BU zu begründen.
Vorzeiten im Sinne von Pflichtbeitragszeiten als Facharbeiter in Jugoslawien sind nicht in nennenswertem Umfang vorhanden. Dort hat der Kläger Versicherungszeiten von 12/1970 bis 12/1971 ( 12 Monate) zurückgelegt. Die vorangegangenen - schulische - Facharbeiterausbildung kann, für sich genommen, nicht ohne weiteres Berufsschutz als Facharbeiter in der deutschen Rentenversicherung auslösen (vgl. Kasskomm-Niesel, § 43 Anm. 43, SozR 3-2200 §1246 Nr. 15). Das BSG hat in anderem Zusammenhang mehrfach entschieden, dass immer dann, wenn kein in der Berufsordnung - gemeint ist hierbei die inländische Berufsordnung - vorgesehener Berufsabschluss vorliegt, nachgewiesen werden muss, dass der Versicherte sich auf andere Weise in voller Breite die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten angeeignet hat, die von einem deutschen Facharbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung im Alter und mit der Berufserfahrung des Versicherten erwartet werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 168 und 169; BSG 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 47/87). Es ist dementsprechend regelmäßig zu überprüfen, ob die durch die ausländische Ausbildung erlangte berufliche Position tatsächlich "in voller Breite" derjenigen des Facharbeiters entspricht. In diesem Sinne muss eine "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu den in Deutschland voll ausgebildeten Facharbeitern bestehen (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 55, 62, 68, 70, 126, 131, 138, 150; 168). Eine solche Feststellung, dass der Kläger jedenfalls in der Zeit seiner Tätigkeit als "Maurer" vom 19.10.1972 bis 25.6. 1974 in voller Breite über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines deutschen Maurers gleichen Alters und gleicher Berufserfahrung verfügte (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.168 und 169), kann nicht getroffen werden. Für den fehlenden Nachweis hat der Kläger die objektive Beweislast zu tragen. Seine damalige tarifliche Eingruppierungen ist nicht bekannt. Die Fa.Friedrich Bossert existiert nicht mehr. Vom damaligen Geschäftsführer der Firma konnte das SG keine Angaben mehr über das Beschäftigungsverhältnis des Klägers erlangen. Grundsätzlich kann auch eine im Ausland erworbene Qualifikation den Berufsschutz als Facharbeiter begründen, wenn Kenntnisse und Fertigkeiten des Versicherten denjenigen eines vergleichbaren deutschen Facharbeiters entsprechen und eine dieser Qualifikation entsprechende Tätigkeit im Geltungsbereich der RVO nach Erfüllung der Wartezeit versicherungspflichtig ausgeübt worden ist (BSG 13. Senat, 28. August 1991, Az: 13/5 RJ 26/90, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 15 zum Berufsschutz eines Tischlers mit ausländischem Berufsabschluss und nur 5-monatiger Berufstätigkeit im Inland). Für einen durch Berufserfahrung gewonnenen Facharbeiterstatus sind 21 Monate, eine auch zusammen mit den jugoslawischen 12 Monaten unter der dreijährigen Stufenausbildung liegende Zeitspanne, zu kurz; dazu ist ein längerer Zeitraum erforderlich (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 94 und 143).
Das LSG hat die Mitgliedskarte der AOK beigezogen, worin ohne nähere Angaben zur Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit handschriftlich "011" angemerkt ist. Diese Verschlüsselung nach den Meldevorschriften für Beschäftigte (jetzt §§ 28 a Abs. 3 Nr. 5 SGB IV) spricht gegen eine Beschäftigung als Facharbeiter nach dem Stufenschema des BSG.
Letztlich hat sich der Kläger auch bei seinen ersten Angaben zur Rentenantragstellung am 13.12.1994 nicht als Facharbeiter bezeichnet (Berufsangabe "radnik" = Arbeiter).
Damit ist der Kläger, der vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann, imstande, die Hälfte eines vergleichbaren Arbeitnehmers - eben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - zu verdienen, und deshalb nicht berufsunfähig.
Er ist erst recht nicht erwerbsunfähig, da er noch leichten körperlichen Anforderungen einer vollschichtigen sowie sechsstündigen (neuer Versicherungsfall voll erwerbsgemindert ) Tätigkeit entspricht und somit einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit (zwei und mehr Stunden) nachgehen kann. Damit ist er auch nach der ab 1.1. 2001 geltenden Fassung des § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI voll erwerbsgemindert, weil er auch noch drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. An diesem Beweisergebnis lässt die Gesamtheit der Sachverständigen keinen Zweifel aufkommen. Insoweit wird wegen Einzelheiten auf die Sachverständigengutachten von Dr.Z ... vom 28. 04. 1998 und der Dres. L ... vom 24.8.00, P ... vom 30.9.00 und V ... vom 21.11.00 verwiesen und deren schlüssigen Ausführungen beigetreten.
Die Leistungseinschränkungen des Klägers sind auch weder in ihrer Summierung - noch einzeln für sich genommen - nicht so außergewöhnlich, dass der allgemeine Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen ist. Insbesondere war sowohl nach den Ausführungen der Sachverständigen wie auch dem persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, mit dem Kläger trotz seiner Schwerhörigkeit eine ungestörte Kommunikation möglich.
Die Berufung war daher in vollem Umfang zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ...1950 geborene Kläger war in Deutschland als Arbeiter vom 19.10.72 bis 25.06.74 mit einer Versicherungszeit von 21 Monaten beschäftigt. In seiner Heimat Kroatien hat er bis zum 19. Lebensjahr drei Jahre den Beruf des Maurers erlernt und seit 1975 wieder als solcher gearbeitet. Ab 1991 krank geschrieben, erhält der Kläger seit 1995 eine kroatische Invalidenrente von ca. 200 DM.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag des Klägers vom 13.12. 1994, gestützt auf das Gutachten der Invalidenkommission in Zagreb vom 21.03.1995, mit Bescheid vom 12.7.1995 ab. Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu ebener Erde, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Schicht- bzw. Nachtdienst, ohne häufiges Bücken und ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft und Lärm zu verrichten. Nach Anhörung von Dr.D ... vom Sozialärztlichen Dienst wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.1996 als unbegründet zurück.
Auf die vom Kläger zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobene Klage hat Dr.Z ... am 28. 04. 1998 ein Sachverständigengutachten erstattet, wonach die Leistungsfähigkeit des Klägers durch leichtgradige Funktionsstörungen der Wirbelsäule herabgesetzt sei. Die psychischen Beschwerden seien eine Reaktion auf Kriegserlebnisse; ein ernsthaftes psychiatrisches Krankheitsbild könne aufgrund der Beschwerdeschilderung, den fehlenden typischen Tagesschwankungen und dem unauffälligen psychischen Befund bei der Untersuchung ausgeschlossen werden. Insgesamt könne der Kläger, wenn auch mit einer Reihe qualitativer Einschränkungen, leichte Arbeiten noch vollschichtig ausführen.
Durch Urteil vom 11.8.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, an dem er als angelernter Maurer in Deutschland zu messen sei, vollschichtig verwendbar.
Mit seiner Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) hat der Kläger vorgebracht, nicht nur "angelernter" Bauwerker zu sein. Er habe die Berufsschule abgeschlossen und ausweislich seines Zeugnisses den Beruf des "qualifizierten Maurers" erlernt. In seiner Versicherungskarte stehe sicherlich, dass er als Maurer gearbeitet habe.
Das LSG hat Gutachten der Dres.L ... vom 24.8.2000, P ... vom 30.9.2000 und V ... vom 21.11.2000 eingeholt, wonach der Kläger an folgenden Gesundheitsstörungen leidet: "1. Leichtgradiges Halswirbelsäulen- sowie mittelgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom und geringe vorbekannte Spinalstenose bei L 4 mit sich daraus ergebender Funktionseinschränkung mit Hinweis auf leichte radikuläre Schädigung L5/Sl rechts- zusätzlich leichte gemischte Polyneuropathie. 2. Senk-Spreizfüße bei Hallux valgus-Deformität und der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel. 3. Allenfalls geringgradige Periarthritis humeroscapularis beidseits im Entfall eines schmerzhaften Bogens. 4. Seit 1981 bekannte rezidivierende Ulzera duodeni, chronische Reizmagensymptomatik. 5. Anamnestisch bekannte asymptomatische Cholecystolithiasis, zusätzlich jetzt Verdacht auf Gallenblasenpolyp. 6. Seit Jahren bekannte labile arterielle Hypertonie. 7. Leichte Raucherbronchitis bei langjährigem Nikotinabusus, derzeit ohne objektivierbare obstruktive Ventilationsstörung. 8. Leichtes Übergewicht (BROCA +8%). 9. Vorbekannte Schwerhörigkeit beidseits, Zustand nach Operation linkes und rechtes Ohr 1981 wegen Otosklerose beidseits. 10. Prostataadenom, kein Anhalt für Nephrolithiasis links."
Seinem Leistungsvermögen nach könne der Kläger zwar noch leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten mit gelegentlichem Wechsel der Arbeitsposition im Gehen, Stehen und Sitzen verrichten, aber nicht mehr den Beruf des Maurerfacharbeiters oder des Maurerhelfers ausüben. Grundsätzlich seien aber Tätigkeiten eines Montierers leichter Werkstücke aus Kunststoff und Holz und eines Pförtners möglich, soweit nicht das exakte Verstehen von Sprache vorausgesetzt ist.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 11.8.1998 und des Bescheides vom 12.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.1996 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1995 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11.8.1998 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die auf Erwerbs- bzw.Berufsunfähigkeitsrente gerichtete Berufung ist statthaft und zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 01.03. 1993). Die Berufung ist auch fristgemäß eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG, 3-Monatsfrist)
Nach §§ 44 Abs.2, 43 Abs.2 S.1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), sind trotz erfüllter Wartezeit und versicherungsfallnaher Belegungsdichte (sog. 3/5-Belegung) Ansprüche nur gegeben, wenn Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit besteht.
Nach § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI in der Fassung des RRG 1992 sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, nur Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen (objektive Zumutbarkeit) und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit ( subjektiv) zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 43 Abs.2 S.4 SGB VI (zwar nach dem 2.SGB VI- Änderungsgesetz vom 02.05.1996 erst nach der Antragstellung des Klägers in Kraft getreten, aber die bis dahin ohnehin geltende Rechtslage dokumentierend) nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 44 Abs.2 SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße (bzw. nach dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.03.1999 ab 01.04.1999 DM 630,00 übersteigt) übersteigt.
Nach der ab 1.1. 2001 geltenden Fassung des § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI (Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. 1827) ist teilweise erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Voll erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die für alle Fassungen der §§ 43, 44 SGB VI erforderliche Wartezeit von 60 Monaten erfüllt der Kläger zwar nicht allein mit seinen 21 deutschen Beiträgen, aber durch Zusammenrechnung mit seinen gesamten kroatischen Beiträgen (vgl. Art.25 Abs.1 DJUSVA, das in bilateraler Weise im Verhältnis zwischen Kroatien und der Bundesrepublik Deutschland bis zum Inkrafttreten des neuen Abkommens am 01.12.1998 weiter galt).Ebenso unstreitig ist der Zeitraum von fünf Jahren vor Antragstellung am 13.12.1994 (36 in 60) mit den anrechenbaren Pflichtversicherungszeiten (vgl. Art.25 DJUSVA) angesichts der übersandten Versicherungsdaten des genannten Versicherungsträgers mit mindestens 36 Kalendermonaten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind damit dem Grunde nach gegeben.
Der Kläger war jedoch nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen bei der Untersuchung durch die Sachverständigen in zumutbarer Weise fähig, einer vollschichtigen bzw. mindestens sechsstündigen Tätigkeit - wenn auch nicht seiner zuletzt ausgeübten - nachzugehen.
An den Kriterien des Berufsschutzes gemessen (§ 43 Abs. Satz 2 SGB VI, RRG 92) muss sich der Kläger dem Grunde nach auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen, weil er in Deutschland zwar u.u. Facharbeitertätigkeiten verrichtet und eine berufliche Stellung erlangt hat, wegen der ihm eventuell ein Berufsschutz zukommen könnte, dies aber nicht in einem Umfang, um bereits den höheren Versicherungsschutz wegen BU zu begründen.
Vorzeiten im Sinne von Pflichtbeitragszeiten als Facharbeiter in Jugoslawien sind nicht in nennenswertem Umfang vorhanden. Dort hat der Kläger Versicherungszeiten von 12/1970 bis 12/1971 ( 12 Monate) zurückgelegt. Die vorangegangenen - schulische - Facharbeiterausbildung kann, für sich genommen, nicht ohne weiteres Berufsschutz als Facharbeiter in der deutschen Rentenversicherung auslösen (vgl. Kasskomm-Niesel, § 43 Anm. 43, SozR 3-2200 §1246 Nr. 15). Das BSG hat in anderem Zusammenhang mehrfach entschieden, dass immer dann, wenn kein in der Berufsordnung - gemeint ist hierbei die inländische Berufsordnung - vorgesehener Berufsabschluss vorliegt, nachgewiesen werden muss, dass der Versicherte sich auf andere Weise in voller Breite die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten angeeignet hat, die von einem deutschen Facharbeiter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung im Alter und mit der Berufserfahrung des Versicherten erwartet werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 168 und 169; BSG 6. Februar 1991 - 13/5 RJ 47/87). Es ist dementsprechend regelmäßig zu überprüfen, ob die durch die ausländische Ausbildung erlangte berufliche Position tatsächlich "in voller Breite" derjenigen des Facharbeiters entspricht. In diesem Sinne muss eine "Wettbewerbsfähigkeit" im Verhältnis zu den in Deutschland voll ausgebildeten Facharbeitern bestehen (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 55, 62, 68, 70, 126, 131, 138, 150; 168). Eine solche Feststellung, dass der Kläger jedenfalls in der Zeit seiner Tätigkeit als "Maurer" vom 19.10.1972 bis 25.6. 1974 in voller Breite über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines deutschen Maurers gleichen Alters und gleicher Berufserfahrung verfügte (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.168 und 169), kann nicht getroffen werden. Für den fehlenden Nachweis hat der Kläger die objektive Beweislast zu tragen. Seine damalige tarifliche Eingruppierungen ist nicht bekannt. Die Fa.Friedrich Bossert existiert nicht mehr. Vom damaligen Geschäftsführer der Firma konnte das SG keine Angaben mehr über das Beschäftigungsverhältnis des Klägers erlangen. Grundsätzlich kann auch eine im Ausland erworbene Qualifikation den Berufsschutz als Facharbeiter begründen, wenn Kenntnisse und Fertigkeiten des Versicherten denjenigen eines vergleichbaren deutschen Facharbeiters entsprechen und eine dieser Qualifikation entsprechende Tätigkeit im Geltungsbereich der RVO nach Erfüllung der Wartezeit versicherungspflichtig ausgeübt worden ist (BSG 13. Senat, 28. August 1991, Az: 13/5 RJ 26/90, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 15 zum Berufsschutz eines Tischlers mit ausländischem Berufsabschluss und nur 5-monatiger Berufstätigkeit im Inland). Für einen durch Berufserfahrung gewonnenen Facharbeiterstatus sind 21 Monate, eine auch zusammen mit den jugoslawischen 12 Monaten unter der dreijährigen Stufenausbildung liegende Zeitspanne, zu kurz; dazu ist ein längerer Zeitraum erforderlich (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 94 und 143).
Das LSG hat die Mitgliedskarte der AOK beigezogen, worin ohne nähere Angaben zur Wertigkeit der ausgeübten Tätigkeit handschriftlich "011" angemerkt ist. Diese Verschlüsselung nach den Meldevorschriften für Beschäftigte (jetzt §§ 28 a Abs. 3 Nr. 5 SGB IV) spricht gegen eine Beschäftigung als Facharbeiter nach dem Stufenschema des BSG.
Letztlich hat sich der Kläger auch bei seinen ersten Angaben zur Rentenantragstellung am 13.12.1994 nicht als Facharbeiter bezeichnet (Berufsangabe "radnik" = Arbeiter).
Damit ist der Kläger, der vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann, imstande, die Hälfte eines vergleichbaren Arbeitnehmers - eben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - zu verdienen, und deshalb nicht berufsunfähig.
Er ist erst recht nicht erwerbsunfähig, da er noch leichten körperlichen Anforderungen einer vollschichtigen sowie sechsstündigen (neuer Versicherungsfall voll erwerbsgemindert ) Tätigkeit entspricht und somit einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit (zwei und mehr Stunden) nachgehen kann. Damit ist er auch nach der ab 1.1. 2001 geltenden Fassung des § 43 Abs.2 S.1 und 2 SGB VI voll erwerbsgemindert, weil er auch noch drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. An diesem Beweisergebnis lässt die Gesamtheit der Sachverständigen keinen Zweifel aufkommen. Insoweit wird wegen Einzelheiten auf die Sachverständigengutachten von Dr.Z ... vom 28. 04. 1998 und der Dres. L ... vom 24.8.00, P ... vom 30.9.00 und V ... vom 21.11.00 verwiesen und deren schlüssigen Ausführungen beigetreten.
Die Leistungseinschränkungen des Klägers sind auch weder in ihrer Summierung - noch einzeln für sich genommen - nicht so außergewöhnlich, dass der allgemeine Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen ist. Insbesondere war sowohl nach den Ausführungen der Sachverständigen wie auch dem persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, mit dem Kläger trotz seiner Schwerhörigkeit eine ungestörte Kommunikation möglich.
Die Berufung war daher in vollem Umfang zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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