L 5 RJ 571/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 1559/96 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 571/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 28. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1941 geborene Kläger, kroatischer Staatsangehöriger, arbeitete von Mai 1970 bis Dezember 1975 versicherungspflichtig in Deutschland insgesamt 68 Monate als Hilfsarbeiter in einer Metallfabrik und in der Holzindustrie. In seiner Heimat hat er den Beruf eines Kraftfahrers (Versicherungszeiten von zuletzt Juli 1976 bis Oktober 1989) ausgeübt. Seit November 1990 bezieht er kroatische Invalidenrente.

Ein erster Rentenantrag des Klägers vom 25.10.1989 blieb erfolglos (Bescheid vom 12.11.1990, Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12.04.1994), da der Kläger noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfügte und als angelernter Arbeiter auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden konnte.

Den am 08.08.1994 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.03.1996 mangels versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.1996 wies die Beklagte den Widerspruch in der Sache zurück, da der Kläger noch in der Lage sei, vollschichtig (8 Stunden täglich) leichte Arbeiten mit gewissen Einschränkungen zu verrichten. Es hatte sich herausgestellt, dass der Kläger zur Zahlung freiwilliger Beiträge berechtigt war. Medizinisch war die Entscheidung auf eine Auswertung des Gutachtens der Invalidenkommission in Zagreb aufgrund der Untersuchung vom 16.11.1995 sowie der zahlreichen beiliegenden Befundberichte gestützt, wonach eine Funktionsminderung der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen, eine Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck und eine neurotische Störung vorlagen.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhobenen und angeführt, dass sich sein gesundheitlicher Zustand wieder verschlechtert habe. Zur Begründung hat er neue Befundberichte aus Kroatien vorgelegt.

Das SG hat am 29.2.2001 ein neurologisches Gutachten eingeholt. Dr.P. ist dabei zur Feststellung folgender Diagnosen gelangt: - Chronisches Wirbelsäulenschmerzsyndrom mit rechtsseitiger L5-Irritation - Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp - Anhaltende affektive Störung - Polyneuropathie - Rezidivierende Ulcera duodeni - Beidseitiges Carpaltunnel-Syndrom - Chronische Emphysembronchitis - Hypertonie. Hierbei sind Röntgenbefunde der Gemeinschaftspraxis Dres. v.R. , K. , L. , R. , K. vom 23.07.1998, sowie die internistische Zusatzuntersuchung durch Dr. P. vom 23.07.1998 und die Laborbefunde vom 24.07.1998 berücksichtigt worden, wie auch das orthopädische Gutachten von Dr. F. vom Oktober 1993.

Durch Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig, denn er könne - entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen Dr. P. - noch vollschichtig auf dem für ihn maßgeblichen allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten verrichten.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Dr. P. , Facharzt für Innere Medizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, hat im Auftrag des Senats am 09.06.2001 ein Gutachten nach Untersuchung erstattet, wobei er die bereits von Dr. P. festgestellten Gesundheitsstörungen bestätigte und ebenfalls zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen gelangte.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 28.06.2000 sowie des Bescheides vom 12.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.1996 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab 01.09.1994 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 28.06.2000 zurückzuweisen.

Wegen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten erster und zweiter Instanz sowie derjenigen der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Abs.1und 2 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes - SGG) ist zulässig.

Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit liegen auch ab dem am 08.08.1994 gestellten Antrag vor. Die Zeit vom 01.01.1984 bis zu einem möglichen Eintritt von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ist noch mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegbar (§§ 240 Abs.2, 241 Abs.2 SGB VI). Die Beklagte hat zurecht einen Anspruch auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches infolge einer unvollständigen Beratung (§ 14 Sozialgesetzbuch - SGB I) und Aufklärung (§ 13 SGB I) im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Rentenverfahrens eingeräumt. Auch sind zudem angesichts der seit 1990 erfolgten Rentenzahlung des kroatischen Versicherungsträgers ab Inkrafttretens des Sozialversicherungsabkommens mit Kroatien (Dezember 1998) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt.

Das SG hat aber zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit verneint, weil dieser nicht erwerbs- oder berufsunfähig ist. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kann der Kläger nur dann beanspruchen, wenn Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Für einen Anspruch auf Berufsunfähigkeit gibt es keine Anhalspunkte. Danach wird zwar nur ein unter die Hälfte abgesunkenes Leistungsvermögen verlangt, andererseits aber die Erlangung einer gehobenen Berufsposition. Berufsunfähig ist ein Versicherter nach § 43 Abs. 2 SGB VI, wenn seine Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. In Deutschland selbst hat der Kläger schon nach seinen eigenen Angaben, keinen qualifizierten Berufsschutz erworben. Hier kann in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen werden. Insoweit weist der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht daher - was die Einstufung der Berufstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt betrifft - von einer weiteren eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung des Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50). Damit ist der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, auf dem er mehr als die Lohnhälfte verdienen kann. Nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte nur dann erwerbsunfähig, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (bzw. ab 01.05.1999 DM 630.-). Auch dafür bieten sich nach den gesamten medizinischen Beweisergebnissen in Deutschland keine Hinweise. Die insoweit abweichenden Beurteilungen der Ärzte in Kroatien sind nach den gründlichen Begutachtungen in Deutschland unter Beachtung der hier geltenden sozialmedizinischen Maßstäbe sowie der abstrakten Betrachtungsweise von auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten widerlegt. Der Kläger ist aber auch nicht deswegen erwerbsunfähig, weil sein Erwerbsvermögen unter das Maß des Vollschichtigen herabgesunken und ihm damit nach der Rechtsprechung der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (zuletzt Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 19.10.1996, NZS 97, 423). Nach § 44 Abs.2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des 2. SGB VI-Änderungsgesetzes vom 12.05.1996 ist im übrigen nicht erwerbsunfähig, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Erst recht ist der Kläger damit nicht nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht (§ 43 SGB VI i.F.d. Gesetzes vom 20.12.2000, BGBl., S. 1827ff.) teilerwerbsunfähig Denn er besitzt noch ein Arbeitsvermögen von über sechs Stunden. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens besitzt der Kläger vielmehr ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Auch insoweit weist der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht daher - was das Vermögen zur Ausübung einer Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betrifft - bis auf das Folgende von einer weiteren eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Dieses Ergebnis hat nämlich auch die eigene medizinische Sachermittlung des Senats ergeben. Letztlich hat sich nämlich auch im Gutachten des Dr. P. vom 09.06.2001 kein anderes Leistungsbild gezeigt, als bereits in dem früheren Gerichtsverfahren um den Bescheid vom 12.11.1990.

Auch liegt bei dem vorhandenen negativen Leistungsbild weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor noch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes aufgrund eines sog. Katalogfalles. (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn. 30, 75, 81, 90, 104, 109, 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8, § 1246 Nr. 41). Denn weder hat der Kläger besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 117), noch weist er Leistungseinschränkungen auf, die sich in Verbindung mit anderen Einschränkungen besonders erschwerend bei einer Arbeitsplatzsuche auswirkten, wie z.b. die von der Rspr. erwähnten Fälle der Erforderlichkeit zusätzlicher Arbeitspausen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, jederzeit selbstbestimmtem Wechsel vom Sitzen zum Gehen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), Einarmigkeit oder Einäugigkeit (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 30).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da hierfür keine Gründe ersichtlich sind (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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