L 10 AL 420/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 956/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 420/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.09.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 13.06.2001 wird abgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfe der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der zu erstattenden Kosten für ein erfolgreich abgeschlossenes, isoliertes Widerspruchsverfahren.

Die Klägerin ist ein ungarisches Unternehmen, das im Rahmen des deutsch-ungarischen Regierungsabkommens in der Bundesrepublik Deutschland im Baubereich tätig ist.

Mit Bescheid vom 09.02.1998 lehnte die Beklagte die Zusicherung von Arbeitserlaubnissen für einen Werkvertrag mit der Firma R. (Auftragssumme 359.216,- DM) ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren hob die Beklagte mit Bescheid vom 23.04.1998 den Bescheid vom 09.02.1998 auf und erteilte die beantragte Zustimmung. Mit Bescheid vom 02.06.1998 erklärte sich die Beklagte bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwenigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf Antrag zu erstatten.

Mit Kostenrechnung vom 08.05.1998 machte die Klägerin unter Annahme eines Gegenstandswertes in Höhe von 359.216,- DM Gebühren und Auslagen in Höhe von 6.278,80 DM geltend (7,5/10 Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung - BRAGO - in Höhe von 2.673,80 DM, 10/10 Erledigungsgebühr gemäß § 24 BRAGO in Höhe von 3.565,00 DM, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 40,- DM).

Mit Bescheid vom 23.07.1999 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 510,- DM fest (Mittelgebühr: 470,- DM; Pauschale gemäß § 26 BRAGO 40,- DM), wobei sie sich auf eine Rahmengebühr gemäß § 116 Abs 1 BRAGO bezog. Eine sogenannte Arbeitgeberstreitigkeit liege nicht vor. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden.

Mit dem Widerspruch hiergegen ging die Klägerin von einem Gegenstandswert in Höhe von 32.333,40 DM aus - ermittelt anhand des Gewinnes in Höhe von durchschnittlich 9 % des Umsatzes. Somit ergaben sich zu erstattende Kosten in Höhe von 2.113,80 DM (7,5/10 Geschäftsgebühr in Höhe von 888,80 DM; 10/10 Erledigungsgebühr in Höhe von 1.185,- DM; Auslagenpauschale in Höhe von 40,- DM), abzüglich der bereits erstatteten 510,- DM, also 1.603,80 DM.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.1999 zurückgewiesen. Die bisherige Gebührenfestsetzung sei zutreffend.

Mit der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 23.07.1999 idG des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1999 aufzuheben und die mit dem Widerspruch geltend gemachte Gebühr zu erstatten. Es sei von einer Arbeitgeberstreitigkeit auszugehen. Die Beklagte hat weiterhin die Festsetzung eines Gegenstandswertes nicht für erforderlich gehalten.

Mit Urteil vom 14.09.2000 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.07.1999 idG des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1999 verurteilt, dem Grunde nach die Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren nach § 116 Abs 2 BRAGO zu erstatten. Vom Vorliegen einer sogenannten Arbeitgeberstreitigkeit sei auszugehen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Mit dem zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordenen Bescheid vom 13.06.2001 hat sich die Beklagte unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsansicht bereit erklärt, von einer Arbeitgeberstreitigkeit auszugehen. Der Gegenstandswert sei mit 32.233,40 DM festzusetzen. Die Geschäftsgebühr betrage somit 888,80 DM, so dass unter Berücksichtigung einer Auslagenpauschale in Höhe von 40,- DM ein Betrag in Höhe von 928,80 DM abzüglich der bereits gezahlten 510,- DM zu erstatten sei. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. Die Beklagte trägt zuletzt noch vor, sie habe die Berufung allein wegen der geltend gemachten Erledigungsgebühr eingelegt. Den Restbetrag in Höhe von 418,80 DM hat die Beklagte bereits erstattet.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, die Klage gegen den Bescheid vom 13.06.2001 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie ist mit der Höhe der Gegenstandswertfestsetzung durch die Beklagte im Bescheid vom 13.06.2001 einverstanden.

Einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag hat die Beklagte allein wegen der Kostenregelung nicht angenommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 13.06.2001 ist unbegründet. Die Beklagte hat Kosten in Höhe von insgesamt 928,80 DM zu erstatten. Diesen Betrag hat sie bereits an die Klägerin ausgezahlt.

Zutreffend ist das SG vom Vorliegen einer Arbeitgeberstreitigkeit iS des § 116 Abs 2 BRAGO ausgegangen, was die Beklagte im Berufungsverfahren auch akzeptiert hat. Nur hierwegen hatte und konnte die Beklagte Berufung einlegen, denn das SG hat in seinem Urteil nur hierüber entschieden. Auf den Anfall einer Erledigungsgebühr sowie auf die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs selbst ist das SG nicht eingegangen, was allerdings aufgrund des von der Klägerin ursprünglich gestellten Klageantrages erforderlich gewesen wäre. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte nunmehr angibt, lediglich wegen der geforderten Erledigungsgebühr Berufung eingelegt zu haben. Hierzu hätte eine Ergänzung des Urteils des SG beantragt werden müssen, was jedoch nicht erfolgt ist. Auch hat die Beklagte die Kostenerstattung auf Basis einer Arbeitgeberstreitigkeit erst ca 1/2 Jahr nach Berufungseinlegung akzeptiert und dabei - wie in vergleichbaren Fällen - auf eine Änderung ihrer Rechtsauffassung hingewiesen. Die dennoch bis heute aufrecht erhaltene Berufung - der gerichtlich unterbreitete Vergleich wurde nicht angenommen - ist daher zurückzuweisen.

Im Hinblick auf den Änderungsbescheid vom 13.06.2001, der gemäß § 153 Abs 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, war allein noch die geltend gemachte Erledigungsgebühr streitig. Den geltend gemachten Gegenstandswert hat die Beklagte im Bescheid vom 13.06.2001 berücksichtigt.

Gemäß § 63 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten - wie hier der Fall - notwendig war. Mit "Gebühren und Auslagen" ist der gesetzliche Vergütungsanspruch gemeint, der sich für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in einem Vorverfahren nach § 118 BRAGO in der ab 01.07.1998 geltenden Fassung iVm § 119 BRAGO in der ab 01.10.1965 geltenden Fassung richtet. Vorliegend hat sich das Widerspruchsverfahren durch Abhilfebescheid der Beklagten erledigt.

Zur Kostenfestsetzung ist die Bestimmung des Gegenstandswertes erforderlich, denn es handelt sich um eine Arbeitgeberstreitigkeit iS des § 116 Abs 2 Satz 1 Nr 3 BRAGO. Zutreffend sind die Beteiligten dabei von einem Gegenstandswert in Höhe von 32.333,40 DM ausgegangen (durchschnittlicher Gewinn in Höhe von 9 % des Umsatzes bezüglich des Werkvertrages mit der Firma R. ; § 8 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1 BRAGO; vgl hierzu BayLSG Beschluss vom 18.10.2000 - L 10 B 185/00 AL -).

Gemäß § 118 Abs 1 Nr 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr als Geschäftsgebühr. Hier wurde von der Klägerin 7,5/10 der vollen Gebühr geltend gemacht. Dieser Mittelwert erscheint als angemessen. Somit ist eine Geschäftsgebühr in Höhe von 888,80 DM (§ 11 Abs 2 Satz 2 BRAGO) angefallen. Zudem sind 40,- DM für Post- und Telekommunikation gemäß § 26 BRAGO zu erstatten.

Eine Erledigungsgebühr gemäß § 24 BRAGO ist nicht zu erstatten. Vorliegend hat sich das Widerspruchsverfahren durch Abhilfe der Beklagten erledigt. Hieran hat aber der Bevollmächtigte der Klägerin nicht iS des § 24 BRAGO mitgewirkt. Das BSG hat bereits mit Beschluss vom 13.12.1994 - 9 BVs 48/94 - im Anschluss an BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 4 entschieden, dass nach § 116 Abs 3 Satz 2 iVm § 24 BRAGO von dem Bevollmächtigten ein besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits verlangt wird und dafür weder die Begründung der Klage oder des Rechtsmittels noch die bloße Erledigungserklärung ausreicht. Ein Bevollmächtigter ist gegenüber seinem Mandanten stets verpflichtet, das Verfahren gewissenhaft, sorgfältig und gründlich zu betreiben (§ 43 Abs 1 Satz 1 BRAGO).

Auch Umfang, Schwierigkeit und Intensität der Tätigkeit eines Bevollmächtigten rechtfertigen in keinem Fall eine zusätzliche Erledigungsgebühr, auch nicht eine besonders sorgfältige und aufwendige Widerspruchsbegründung (BSG Beschluss vom 09.08.1995 -9 BVs 17/95 -). Sein Mitwirken bei der Erledigung einer Rechtssache führt zur Erledigungsgebühr nur dann, wenn der Streit wegen der Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens zwar nicht in der Form, aber dem Inhalt nach vergleichsweise beigelegt wird (BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 7; BSG Beschluss vom 09.08.1995 - 9 BVs 17/95 -; vgl zum Ganzen BayLSG Urteile vom 03.04.2003 - L 10 AL 423/00 und L 10 AL 424/00). Vorliegend fehlt es am beiderseitigen Nachgeben als Grundvoraussetzung für die Annahme einer vergleichsweisen Regelung.

Der Erstattungsanspruch der Klägerin beträgt somit insgesamt 928,80 DM. Der Betrag ist bereits erstattet worden. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 13.06.2001 ist somit hinsichtlich der Geltendmachung eines höheren Erstattungsbetrages (aufgrund der geforderten Erledigungsgebühr) unbegründet und daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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