L 7 P 26/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 P 4/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 26/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.06.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe III streitig.

Die am 1922 geborene Klägerin beantragte am 11.02.2000 die Bewilligung von Leistungen der Pflegeversicherung. Zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Bayern (MDK) ein. Nach einer Begutachtung im Rahmen eines Hausbesuchs am 08.06.2000 kam die Pflegefachkraft Frau K. in ihrem Gutachten vom 27.06.2000 zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege seit Februar 2000 Pflegestufe I vor. Als pflegebegründende Diagnosen wurden festgestellt: "Parkinson-Syndrom und Belastungsinkontinenz." Die Gutachterin gab den Gesamtzeitbedarf mit 161 Minuten pro Tag an (Körperpflege: 52 Minuten; Ernährung: 24 Minuten; Mobilität: 25 Minuten; hauswirtschaftliche Versorgung: 60 Minuten). Die Klägerin wird von ihrem Sohn gepflegt.

Mit Bescheid vom 05.07.2000 gewährte die Beklagte daraufhin der Klägerin entsprechend dem Gutachten Pflegegeld nach der Pflegestufe I.

Mit Widerspruch wurde eine Höherstufung in die Pflegestufe III beantragt. Dabei wurde auf ein Attest von Dr.B. vom 11.04.2000 verwiesen. Zum Widerspruchsvorbringen holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK vom 28.09.2001 ein, der weiterhin die Voraussetzungen für die Pflegestufe I als gegeben ansah. In der Begründung wurde dabei darauf hingewiesen, dass Beaufsichtigung und psychische Betreuung außerhalb der grundpflegerischen Verrichtungen kein Bestandteil des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und stützte sich dabei im Wesentlichen auf die Ergebnisse der eingeholten Gutachten.

Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die Beklag- te habe ihren notwendigen Pflegebedarf zu niedrig bemessen. So sei bei Personen mit schwerem hirnorganischen Psychosyndrom der Zeitaufwand für Medikamentengabe, Pflege, Ernährung und Haushaltsführung wesentlich höher als bei anderen Patienten. Nachts erkenne sie aufgrund der starken Desorientiertheit häufig ihre Wohnung nicht mehr und könne sehr oft den Weg zur Toilette nicht mehr finden. Nach Einholung von zahlreichen medizinischen Befundberichten hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachten von dem Internisten und Arbeitsmediziner Dr.M. S ... Dieser kam in seinem Gutachten vom 14.01.2002 zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass sich gegenüber den in den Gutachten vom 27.06. und 28.09.2000 getroffenen Feststellungen sich insoweit eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes bzw. des Pflegeaufwandes ergeben hätte, als seiner Meinung nach die Schwere der Krankheitszustände hinsichtlich der notwendigen Pflegeleistung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, so dass bereits im Februar 2000 die medizinischen Voraussetzungen für die Pflegestufe II gegeben gewesen seien.

Dem Ergebnis des Gutachtens hat sich die Beklagte unter Hinweis auf ein Gutachten des MDK vom 10.02.2002 nicht gänzlich anzuschließen vermocht. Aufgrund dieses Gutachtens hat sie sich bereit erklärt, ab 17.08.2001 Leistungen der Pflegestufe II zu erbringen. Das Vergleichsangebot hat die Klägerin nicht angenommen. Weder die Höhe der Pflegestufe noch ihre zeitliche Einordnung komme ihrer Forderung auch nur ansatzweise nahe und müsse deshalb abgelehnt werden.

Das Gericht beauftragte daraufhin den Sachverständigen Dr.S. mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme. Dieser hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 15.04.2002 sein Gutachten vom 14.01. 2002 bestätigt. Unter Berufung auf ein weiteres Gutachten des MDK vom 27.05.2002 hat auch die Beklagte die von ihr vertretene Auffassung weiterhin bestätigt.

Mit Urteil vom 25.06.2002 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2001 verurteilt, Pflegestufe II ab 17.08.2001 anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Einzelnen ausgeführt, warum Pflegeld der Pflegestufe II erst ab 17.08.2001 zu bewilligen war. Dabei hat es sich detailliert mit den zahlreich vorliegenden medizinischen Befunden und den tatsächlichen Feststellungen in den Gutachten auseinander gesetzt.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie sei nach wie vor der Auffassung, dass bei ihr die Voraussetzungen für die Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe III vorliegen. Es sei nicht dem bei ihr vorliegenden schweren hirnorganischen Psychosyndrom ausreichend Rechnung getragen worden. Auch seien die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil bezüglich der Einstufung von betreuerischen Maßnahmen nicht zutreffend. Es sei das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (C 303/1998) zur Frage von Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft nicht berücksichtigt worden.

Das Gericht erhob Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. med. Dipl. Psych. V. H. , der in seinem Gutachten vom 30.12.2002 zusammengefasst zu dem Ergebnis kam, dass bei der Klägerin Pfelgestufe II ab August 2001 vorgelegen habe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 25.06.2002 und Abänderung des Bescheides vom 05.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2001 zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01.02.2000 Leistungen nach der Pflegestufe III zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme der Ergebnisse der eingeholten Gutachten vertritt sie weiterhin die Auffassung, dass Leistungen der Pflegestufe III nicht zu bewilligen sind.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG den Bescheid vom 05.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2001 abgeändert und die Beklagte verurteilt, Pflegestufe II ab 17.08.2001 anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das SG die Klage im Übrigen abgewiesen hat. Denn die Klägerin hat gegenwärtig keinen Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe III.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe III ist gemäß § 15 Abs.3 Nr.3 SGB III, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegefachkraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden beträgt, wobei auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen müssen. Dies ist bei der Klägerin nach dem schlüssigen Gutachten von Dr. med. Dipl. Psych. H. , an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, nicht der Fall.

Danach besteht zwar bei der Klägerin ein regelmäßiger nächtlicher Hilfebedarf bezüglich des notwendigen Wechsels von Windeln und dem hierbei durchgeführten Richten der Bekleidung. Aber bei fehlenden zeitlichen Voraussetzungen für die Pflegestufe III ist die Notwendigkeit des nächtlichen Hilfebedarfs allerdings derzeit ohne Bedeutung.

Der Senat folgt im Übrigen den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.06.2002 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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