Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 1325/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 25/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1944 in Jugoslawien geborene Kläger, der in seiner Heimat lebt, war in Deutschland vom 17.08.1972 bis 13.09. 1984 beschäftigt und zwar im Wesentlichen vom 03.12.1973 bis 26.08. 1984 bei der Firma B. AG - gemäß Arbeitgeberauskunft - als Chemiearbeiter mit angelernten Tätigkeiten bei einer erforderlichen Anlernzeit von sechs Monaten.
Der Versicherungsträger seines Heimatstaates gewährte dem Kläger im Anschluss an dortige Beschäftigungen vom 18.04.1985 bis 13.06.1988 sowie vom 01.12.1989 bis 15.10.1996 auf Antrag vom 27.09.1996 nach Untersuchung am 25.12.1996 eine Invalidenpen- sion wegen einer paranoiden depressiven Psychose und hierdurch bedingter völliger Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit.
Nach Weiterleitung des Rentenantrages an die Beklagte veranlasste diese eine klinisch stationäre Untersuchung in der Gutachterstelle Regensburg vom 27. bis 29.10.1997. In Kenntnis der einschlägigen Befunde aus Jugoslawien, insbesondere des Untersuchungsbefundes vom 25.12.1996, diagnostizierte Dr.A. als wesentliche Gesundheitsstörung eine depressive Verstimmung bei familiärer Problematik, die die Leistungsfähigkeit des Klägers aber nicht wesentlich einschränke. Er könne eine Tätigkeit als Chemietechniker vollschichtig ausüben und sei auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Lage, mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu erbringen. Dem folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.12.1997 den Rentenantrag des Klägers ab im Wesentlichen mit der Begründung, dieser könne trotz der festgestellten psychischen Erkrankung noch vollschichtig mittelschwere Arbeiten ausüben. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch, den der Kläger mit aus den Jahren 1995 bis 1997 datierenden Attesten begründete, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 06.04.1998.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lands- hut (SG) hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verurteilen. Zur Begründung hat er sich auf die psychische Erkrankung entsprechend den vorgelegten Befunden und Feststellungen aus seiner Heimat bezogen und geltend gemacht, eine dort anerkannte schwere Krankheit müsse auch in Deutschland Geltung besitzen. Das SG hat ein internistisches Sachverständigengutachten des Dr.S. (10./11.04.2000) und ein nervenärztliches Gutachten des P. R. (10.04.2000) eingeholt. Dr.S. hat normale altersgemäße Verhältnisse diagnostiziert bei leicht- gradiger Schwerhörigkeit und oberflächlichen Krampfadern. Der Kläger werde dadurch nicht wesentlich in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt, so dass er leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Der Sachverständige R. hat ein depressives Syndrom, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und rezidivierende Schlafstörungen festgestellt. Infolge dessen könne der Kläger nur leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen vollschichtig erbringen. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Chemiearbeiter hat der Sachverständige als vollschichtig zumutbar angesehen. Dem hat sich das SG angeschlossen und die Klage mit Urteil vom 12.04. 2000 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne trotz der von den Sachverständigen Dr.S. und R. festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen im zuletzt ausgeübten Beruf, ebenso auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - auf welchen er mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden könne -, leichte Tätigkeiten vollschichtig unter nur geringen qualitativen Einschränkungen ausüben.
Die hiergegen erhobene Berufung hat der Kläger damit begründet, die Feststellungen vom 25.12.1996 müssten Vorrang vor denjenigen der vom SG gehörten Sachverständigen haben. Er sei schwer geisteskrank, was auch in Deutschland Bestand haben müsse. Er könne keine Tätigkeiten ausüben, insbesondere nicht die eines Chemietechnikers. Der Senat hat unter Berücksichtigung der klägerbezogenen Befunde ein fachchirurgisch-orthopädisches Gutachten des Dr.L. (17.12.2002), ein internistisches des Dr.P. (26.02.2003) sowie ein nervenärztliches der Dr.V. (13.01.2003) nach stationärer Untersuchung eingeholt. Dr.L. hat Störungen der Wirbelsäule leichter Prägung, Senk-Spreizfüße und eine Besenreiservarikosis diagnostiziert, weswegen dem Kläger schwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen unzumutbar seien. Dr.P. hat ein leichtgradiges depressives Syndrom, langjährige Reizmagensymptomatik, asymptomatische Cholecystolithiasis, mäßige Adipositas, mäßige Unterschenkelvarikosis, Schwerhörigkeit rechts mehr als links, Wirbelsäulensyndrom leichter Ausprägung sowie Senk-Spreizfüße diagnostiziert. Als unzumutbar für den Kläger hat er angesehen schwere Arbeiten, gefahrgeneigte Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr, Beschäftigungen an gefährlichen Maschinen, Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, Arbeiten mit gehobener Verantwortung und nervlicher Belastung, mit Heben und Tragen von schweren Lasten über 15 kg und häufigstem Bücken, in körperlichen Zwangshaltungen, mit ständigem Gehen, Stehen oder Sitzen sowie Tätigkeiten mit hoher Lärmbelastung und erhöhten Anforderungen an das beidseitige Hörvermögen. Im Übrigen hat er den Kläger für vollschichtig einsatzfähig angesehen und Einschränkungen der Wegefähigkeit ausgeschlossen. Dr.V. hat ein leichtgradiges depressives Syndrom mit somatischen Symptomen und passiven Todeswünschen und ein Wirbelsäulensyndrom ohne Hinweis auf radikuläre Symptomatik diagnostiziert und den Kläger hierdurch als leichtgradig eingeschränkt erachtet. Unter Ausschluss von mittelschweren bis schweren Arbeiten sowie von Arbeiten mit Zeitdruck, Nacht- oder Schichtdienst, mit gehobener Verantwortung und nervlicher Belastung hat sie den Kläger als vollschichtig leistungsfähig bezeichnet.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12.04.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.1998 aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß Antrag vom 27.09.1996 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12.04.2000 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beklagtenakten. Auf diese sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger erfüllt nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente. Zu Recht haben das Sozialgericht Landshut und die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit verneint.
Der geltend gemachte Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach §§ 44, 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), weil er auch Zeiten vor diesem Zeiten erfasst. Die ab 1. Januar 2001 geltende Neuregelung (n.F.) durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (vom 20. Dezember 2000, BGBl.I, S.1827) ist heranzuziehen, falls ein Rentenanspruch am 31. Dezember 2000 nicht bestanden hätte, aber für die nachfolgende Zeit in Betracht käme (vgl. § 300 Abs.1 i.V.m. Abs.2 SGB VI).
Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig sowie seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 SGB VI n.F. haben Versicherte, die wie der Kläger vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Definition der Berufsunfähigkeit weicht vom früheren Recht nur insoweit ab, als nach § 240 Abs.2 Satz 4 SGB VI n.F. berufsunfähig nicht ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Erwerbsunfähigkeit setzt nach § 44 Abs.2 SGB VI a.F. ebenso wie eine volle Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des neuen Rechts (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI n.F.) eine gegenüber der Berufsunfähigkeit noch weiter herabgesetzte Erwerbsfähigkeit voraus.
Vollschichtiges Leistungsvermögen in einer zumutbaren Tätigkeit schließt somit nach alter und neuer Rechtslage den streitigen Rentenanspruch regelmäßig aus.
Als Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat überzeugt, dass der Kläger von seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen her noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter nur qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Diese Beurteilung stützt der Senat auf die überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen Dr.L. , Dr.P. und Dr.V ... Sie haben in allen Phasen einer ordnungsgemäßen Begutachtung (Auswertung der Akten, Anamnese, Befunderhebung, Beurteilung der Befunde mit Ausschluss von Verdeutlichungstendenzen, Diagnostik, Ermittlung des Schweregrades und Beurteilung des Restleistungsvermögens mit Blick auf die Fragestellung der Beweisanordnung) die Leistungsfähigkeit des Klägers schlüssig ermittelt, in sich widerspruchsfrei bewertet und überzeugend beurteilt. Danach ist das Leistungsvermögen des Klägers durch ein leichtgradiges depressives Syndrom geprägt sowie durch Reizmagensymptomatik, asymptomatische Gallensteine, mäßige Adipositas, leichte Hypercholesterinämie, mäßige Unterschenkelkrampfadern, deutliche Schwerhörigkeit beidseits, rechts mehr als links, chronisches Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulensyndrom leichter Ausprägung ohne neurologische Defekte und durch Senk-Spreizfüße. Diese Diagnosen decken sich im Wesentlichen mit den Feststellungen des Dr.A. im Verwaltungsverfahren und mit denen der erstinstanzlich gehörten Sachverständigen P. R. und Dr.S ... In Bezug auf den vom Kläger besonders herausgestellten seelischen Befund ist den Sachverständigen dahingehend zu folgen, dass anders als durch die Invalidenkommission am 25.12.1996 und die im Heimatland behandelnden Ärzte eingeschätzt, keine erhebliche psychische Erkrankung vorliegt. Hierzu hat Dr.V. in Übereinstimmung mit den Fachkollegen Dr.A. und P. R. unter Bezugnahme auf jeweils eigene Untersuchungen des Klägers festgestellt, dass Anzeichen einer schweren Depression, einer Paranoia oder anderweitigen schweren psychischen Erkrankung nicht zu verifizieren seien. Hiergegen spricht vor allem - wie von Dr.V. ausgeführt - das im Rahmen der stationären Untersuchungen festgestellte Verhalten des Klägers.
Mit diesen nachgewiesenen Diagnosen ist der Kläger bei Berücksichtigung der geringsten von den Sachverständigen eingeschätzten Leistungsfähigkeit in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig auszuüben. Dabei sind qualitative Einschränkungen zu beachten und Arbeiten auszuschließen, die gefahrgeneigt sind, auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr verbunden sind, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, mit Akkord-, Nacht- und Schichtwechsel, mit gehobener Verantwortung und nervlicher Belastung, mit häufigem Bü- cken, in körperlichen Zwangshaltungen, mit ständigem Gehen, Stehen oder Sitzen sowie Tätigkeiten mit hoher Lärmbelastung und erhöhten Anforderungen an das beidseitige Hörvermögen. Diese Einschränkungen qualitativer Art sind auch in ihrer Summierung nicht so umfassend, dass eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung angenommen werden könnte (vgl. BSG NZS 2000, 96).
Damit ist der Kläger nicht berufsunfähig. Er wird mit diesem Leistungsvermögen zwar nicht in der Lage sein, Tätigkeiten eines Chemiearbeiters, wie zuletzt bei der Firma B. AG ausgeübt, wahrzunehmen. Der Kläger ist jedoch nicht berufsunfähig, weil er andere, ihm zumutbare Tätigkeiten noch vollschichtig ausüben kann.
Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist die zuletzt auf Dauer in Deutschland ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, jedenfalls wenn sie, wie im Falle des Klägers, die qualitativ höchste ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.158, BSG SozR 3-2200 1246 Nr.55).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit dieses bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung sind die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Sie gehen von der Bedeutung aus, die Dauer und der Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, wobei nicht die förmliche Ausbildung allein maßgeblich ist, sondern der Wert der verrichteten Arbeit und deren Bedeutung für den Betrieb. Entsprechend dem Mehrstufenschema (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.55, 61) ist der Senat nach der Arbeitgeberauskunft der Firma B. AG überzeugt, dass der Kläger im bisherigen Beruf Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von sechs Monaten ausgeübt hat. Er ist damit in den unteren Bereich der angelernten Arbeiter einzustufen. Aus diesem Bereich heraus kann der Kläger im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit auf eine Tätigkeit der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden, also auf die des ungelernten Arbeiters (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45).
Im dem Kläger sozial zumutbaren Arbeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarktes kann dieser nach den obigen Ausführungen unter auch in der Summierung nicht rentenberechtigenden gesundheitlichen Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein. Die Wegefähigkeit des Klägers ist nicht eingeschränkt. Er ist damit nicht berufsunfähig, nicht teilweise erwerbsgemindert, nicht erwerbsunfähig und auch nicht voll erwerbsgemindert; dies schließt das vollschichtige Leistungsvermögen aus.
Etwas anderes folgt auch nicht aus zwischenstaatlichem Recht, insbesondere nicht aus dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen. Denn es berührt nicht den Grundsatz, dass die jeweiligen Vertragsstaaten die Voraussetzungen für eine begehrte Rente nach dem jeweils eigenen Rechtssystem beurteilen. Die gewährte jugoslawischen Invalidenpension bleibt damit für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nach deutschem Recht ohne Bindungswirkung.
Die Berufung war daher nach allem in vollem Umfange zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.2 und 3 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1944 in Jugoslawien geborene Kläger, der in seiner Heimat lebt, war in Deutschland vom 17.08.1972 bis 13.09. 1984 beschäftigt und zwar im Wesentlichen vom 03.12.1973 bis 26.08. 1984 bei der Firma B. AG - gemäß Arbeitgeberauskunft - als Chemiearbeiter mit angelernten Tätigkeiten bei einer erforderlichen Anlernzeit von sechs Monaten.
Der Versicherungsträger seines Heimatstaates gewährte dem Kläger im Anschluss an dortige Beschäftigungen vom 18.04.1985 bis 13.06.1988 sowie vom 01.12.1989 bis 15.10.1996 auf Antrag vom 27.09.1996 nach Untersuchung am 25.12.1996 eine Invalidenpen- sion wegen einer paranoiden depressiven Psychose und hierdurch bedingter völliger Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit.
Nach Weiterleitung des Rentenantrages an die Beklagte veranlasste diese eine klinisch stationäre Untersuchung in der Gutachterstelle Regensburg vom 27. bis 29.10.1997. In Kenntnis der einschlägigen Befunde aus Jugoslawien, insbesondere des Untersuchungsbefundes vom 25.12.1996, diagnostizierte Dr.A. als wesentliche Gesundheitsstörung eine depressive Verstimmung bei familiärer Problematik, die die Leistungsfähigkeit des Klägers aber nicht wesentlich einschränke. Er könne eine Tätigkeit als Chemietechniker vollschichtig ausüben und sei auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Lage, mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu erbringen. Dem folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.12.1997 den Rentenantrag des Klägers ab im Wesentlichen mit der Begründung, dieser könne trotz der festgestellten psychischen Erkrankung noch vollschichtig mittelschwere Arbeiten ausüben. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch, den der Kläger mit aus den Jahren 1995 bis 1997 datierenden Attesten begründete, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 06.04.1998.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lands- hut (SG) hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verurteilen. Zur Begründung hat er sich auf die psychische Erkrankung entsprechend den vorgelegten Befunden und Feststellungen aus seiner Heimat bezogen und geltend gemacht, eine dort anerkannte schwere Krankheit müsse auch in Deutschland Geltung besitzen. Das SG hat ein internistisches Sachverständigengutachten des Dr.S. (10./11.04.2000) und ein nervenärztliches Gutachten des P. R. (10.04.2000) eingeholt. Dr.S. hat normale altersgemäße Verhältnisse diagnostiziert bei leicht- gradiger Schwerhörigkeit und oberflächlichen Krampfadern. Der Kläger werde dadurch nicht wesentlich in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt, so dass er leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Der Sachverständige R. hat ein depressives Syndrom, Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und rezidivierende Schlafstörungen festgestellt. Infolge dessen könne der Kläger nur leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen vollschichtig erbringen. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Chemiearbeiter hat der Sachverständige als vollschichtig zumutbar angesehen. Dem hat sich das SG angeschlossen und die Klage mit Urteil vom 12.04. 2000 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne trotz der von den Sachverständigen Dr.S. und R. festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen im zuletzt ausgeübten Beruf, ebenso auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - auf welchen er mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden könne -, leichte Tätigkeiten vollschichtig unter nur geringen qualitativen Einschränkungen ausüben.
Die hiergegen erhobene Berufung hat der Kläger damit begründet, die Feststellungen vom 25.12.1996 müssten Vorrang vor denjenigen der vom SG gehörten Sachverständigen haben. Er sei schwer geisteskrank, was auch in Deutschland Bestand haben müsse. Er könne keine Tätigkeiten ausüben, insbesondere nicht die eines Chemietechnikers. Der Senat hat unter Berücksichtigung der klägerbezogenen Befunde ein fachchirurgisch-orthopädisches Gutachten des Dr.L. (17.12.2002), ein internistisches des Dr.P. (26.02.2003) sowie ein nervenärztliches der Dr.V. (13.01.2003) nach stationärer Untersuchung eingeholt. Dr.L. hat Störungen der Wirbelsäule leichter Prägung, Senk-Spreizfüße und eine Besenreiservarikosis diagnostiziert, weswegen dem Kläger schwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen unzumutbar seien. Dr.P. hat ein leichtgradiges depressives Syndrom, langjährige Reizmagensymptomatik, asymptomatische Cholecystolithiasis, mäßige Adipositas, mäßige Unterschenkelvarikosis, Schwerhörigkeit rechts mehr als links, Wirbelsäulensyndrom leichter Ausprägung sowie Senk-Spreizfüße diagnostiziert. Als unzumutbar für den Kläger hat er angesehen schwere Arbeiten, gefahrgeneigte Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr, Beschäftigungen an gefährlichen Maschinen, Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit, Arbeiten mit gehobener Verantwortung und nervlicher Belastung, mit Heben und Tragen von schweren Lasten über 15 kg und häufigstem Bücken, in körperlichen Zwangshaltungen, mit ständigem Gehen, Stehen oder Sitzen sowie Tätigkeiten mit hoher Lärmbelastung und erhöhten Anforderungen an das beidseitige Hörvermögen. Im Übrigen hat er den Kläger für vollschichtig einsatzfähig angesehen und Einschränkungen der Wegefähigkeit ausgeschlossen. Dr.V. hat ein leichtgradiges depressives Syndrom mit somatischen Symptomen und passiven Todeswünschen und ein Wirbelsäulensyndrom ohne Hinweis auf radikuläre Symptomatik diagnostiziert und den Kläger hierdurch als leichtgradig eingeschränkt erachtet. Unter Ausschluss von mittelschweren bis schweren Arbeiten sowie von Arbeiten mit Zeitdruck, Nacht- oder Schichtdienst, mit gehobener Verantwortung und nervlicher Belastung hat sie den Kläger als vollschichtig leistungsfähig bezeichnet.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12.04.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.1998 aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß Antrag vom 27.09.1996 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12.04.2000 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beklagtenakten. Auf diese sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger erfüllt nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente. Zu Recht haben das Sozialgericht Landshut und die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit verneint.
Der geltend gemachte Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach §§ 44, 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), weil er auch Zeiten vor diesem Zeiten erfasst. Die ab 1. Januar 2001 geltende Neuregelung (n.F.) durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (vom 20. Dezember 2000, BGBl.I, S.1827) ist heranzuziehen, falls ein Rentenanspruch am 31. Dezember 2000 nicht bestanden hätte, aber für die nachfolgende Zeit in Betracht käme (vgl. § 300 Abs.1 i.V.m. Abs.2 SGB VI).
Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig sowie seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 SGB VI n.F. haben Versicherte, die wie der Kläger vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Definition der Berufsunfähigkeit weicht vom früheren Recht nur insoweit ab, als nach § 240 Abs.2 Satz 4 SGB VI n.F. berufsunfähig nicht ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Erwerbsunfähigkeit setzt nach § 44 Abs.2 SGB VI a.F. ebenso wie eine volle Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des neuen Rechts (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI n.F.) eine gegenüber der Berufsunfähigkeit noch weiter herabgesetzte Erwerbsfähigkeit voraus.
Vollschichtiges Leistungsvermögen in einer zumutbaren Tätigkeit schließt somit nach alter und neuer Rechtslage den streitigen Rentenanspruch regelmäßig aus.
Als Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat überzeugt, dass der Kläger von seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen her noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter nur qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Diese Beurteilung stützt der Senat auf die überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen Dr.L. , Dr.P. und Dr.V ... Sie haben in allen Phasen einer ordnungsgemäßen Begutachtung (Auswertung der Akten, Anamnese, Befunderhebung, Beurteilung der Befunde mit Ausschluss von Verdeutlichungstendenzen, Diagnostik, Ermittlung des Schweregrades und Beurteilung des Restleistungsvermögens mit Blick auf die Fragestellung der Beweisanordnung) die Leistungsfähigkeit des Klägers schlüssig ermittelt, in sich widerspruchsfrei bewertet und überzeugend beurteilt. Danach ist das Leistungsvermögen des Klägers durch ein leichtgradiges depressives Syndrom geprägt sowie durch Reizmagensymptomatik, asymptomatische Gallensteine, mäßige Adipositas, leichte Hypercholesterinämie, mäßige Unterschenkelkrampfadern, deutliche Schwerhörigkeit beidseits, rechts mehr als links, chronisches Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulensyndrom leichter Ausprägung ohne neurologische Defekte und durch Senk-Spreizfüße. Diese Diagnosen decken sich im Wesentlichen mit den Feststellungen des Dr.A. im Verwaltungsverfahren und mit denen der erstinstanzlich gehörten Sachverständigen P. R. und Dr.S ... In Bezug auf den vom Kläger besonders herausgestellten seelischen Befund ist den Sachverständigen dahingehend zu folgen, dass anders als durch die Invalidenkommission am 25.12.1996 und die im Heimatland behandelnden Ärzte eingeschätzt, keine erhebliche psychische Erkrankung vorliegt. Hierzu hat Dr.V. in Übereinstimmung mit den Fachkollegen Dr.A. und P. R. unter Bezugnahme auf jeweils eigene Untersuchungen des Klägers festgestellt, dass Anzeichen einer schweren Depression, einer Paranoia oder anderweitigen schweren psychischen Erkrankung nicht zu verifizieren seien. Hiergegen spricht vor allem - wie von Dr.V. ausgeführt - das im Rahmen der stationären Untersuchungen festgestellte Verhalten des Klägers.
Mit diesen nachgewiesenen Diagnosen ist der Kläger bei Berücksichtigung der geringsten von den Sachverständigen eingeschätzten Leistungsfähigkeit in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig auszuüben. Dabei sind qualitative Einschränkungen zu beachten und Arbeiten auszuschließen, die gefahrgeneigt sind, auf Leitern und Gerüsten und mit Absturzgefahr verbunden sind, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, mit Akkord-, Nacht- und Schichtwechsel, mit gehobener Verantwortung und nervlicher Belastung, mit häufigem Bü- cken, in körperlichen Zwangshaltungen, mit ständigem Gehen, Stehen oder Sitzen sowie Tätigkeiten mit hoher Lärmbelastung und erhöhten Anforderungen an das beidseitige Hörvermögen. Diese Einschränkungen qualitativer Art sind auch in ihrer Summierung nicht so umfassend, dass eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung angenommen werden könnte (vgl. BSG NZS 2000, 96).
Damit ist der Kläger nicht berufsunfähig. Er wird mit diesem Leistungsvermögen zwar nicht in der Lage sein, Tätigkeiten eines Chemiearbeiters, wie zuletzt bei der Firma B. AG ausgeübt, wahrzunehmen. Der Kläger ist jedoch nicht berufsunfähig, weil er andere, ihm zumutbare Tätigkeiten noch vollschichtig ausüben kann.
Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist die zuletzt auf Dauer in Deutschland ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, jedenfalls wenn sie, wie im Falle des Klägers, die qualitativ höchste ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.158, BSG SozR 3-2200 1246 Nr.55).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit dieses bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung sind die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Sie gehen von der Bedeutung aus, die Dauer und der Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, wobei nicht die förmliche Ausbildung allein maßgeblich ist, sondern der Wert der verrichteten Arbeit und deren Bedeutung für den Betrieb. Entsprechend dem Mehrstufenschema (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.55, 61) ist der Senat nach der Arbeitgeberauskunft der Firma B. AG überzeugt, dass der Kläger im bisherigen Beruf Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von sechs Monaten ausgeübt hat. Er ist damit in den unteren Bereich der angelernten Arbeiter einzustufen. Aus diesem Bereich heraus kann der Kläger im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit auf eine Tätigkeit der nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden, also auf die des ungelernten Arbeiters (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45).
Im dem Kläger sozial zumutbaren Arbeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarktes kann dieser nach den obigen Ausführungen unter auch in der Summierung nicht rentenberechtigenden gesundheitlichen Einschränkungen noch vollschichtig tätig sein. Die Wegefähigkeit des Klägers ist nicht eingeschränkt. Er ist damit nicht berufsunfähig, nicht teilweise erwerbsgemindert, nicht erwerbsunfähig und auch nicht voll erwerbsgemindert; dies schließt das vollschichtige Leistungsvermögen aus.
Etwas anderes folgt auch nicht aus zwischenstaatlichem Recht, insbesondere nicht aus dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen. Denn es berührt nicht den Grundsatz, dass die jeweiligen Vertragsstaaten die Voraussetzungen für eine begehrte Rente nach dem jeweils eigenen Rechtssystem beurteilen. Die gewährte jugoslawischen Invalidenpension bleibt damit für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nach deutschem Recht ohne Bindungswirkung.
Die Berufung war daher nach allem in vollem Umfange zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.2 und 3 SGG).
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