Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 RJ 202/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 346/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1948 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete ab 1964 in der damaligen DDR als Schuhmacher, Krankenpflegerlehring, Krankenpfleger und Arbeiter versicherungspflichtig. Nach der Übersiedlung in die alten Bundesländer war er ab 1985 als Lagerarbeiter beschäftigt.
Am 23.02.1998 beantragte der Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte ließ den Kläger durch den Chirurgen Dr.P. (Gutachten vom 08.04.1998) und den Internisten Dr.B. (Gutachten vom 06.04.1998) untersuchen. Die Sachverständigen gelangten zu der Beurteilung, dem Kläger seien bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zumutbar. Im Hinblick auf diese Gutachten lehnte die Beklagte Rentenleistungen mit Bescheid vom 14.05.1998 ab.
Im Vorverfahren ließ die Beklagte den Kläger durch den Neurologen und Psychiater Dr.D. untersuchen. Im Gutachten vom 18.01.1999 hielt auch dieser zumindest leichte körperliche Tätigkeiten in Vollschicht für zumutbar. Im Anschluss an dieses Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.02.1999).
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) im vorbereitenden Verfahren die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg, Befundberichte des praktischen Arztes Dr.M. und des Orthopäden Dr.H. sowie den Entlassungsbericht der R.-Klinik, B. beigezogen. Im Entlassungsbericht dieser Klinik (stationärer Aufenthalt vom 29.07. bis 17.08.1999) wurde der Kläger für fähig befunden, auch seinen bis 1985 ausgeübten Beruf als Operationspfleger vollschichtig zu verrichten.
Das SG hörte von Amts wegen den Internisten Dr.R. und die Nervenärztin Dr.O. , die in ihren Gutachten vom 12.10.1999 bzw 26.10.1999 körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten vollschichtig für zumutbar hielten.
Mit Urteil vom 26.04.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr.R. und Dr.O. sei der Kläger bei Beachtung der von diesen aufgezeigten Funktionseinschränkungen noch vollschichtig einsetzbar. Abzustellen sei auf die Tätigkeit des Lagerarbeiters, weshalb der Kläger auf alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Anzahl, Art und Umfang der beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen gingen über das Erfordernis, die Arbeit müsse körperlich leicht sein, nicht erheblich hinaus.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Kläger am 16.06.2000 eingelegte Berufung. Er machte insbesondere geltend, dass er im Knochen des linken Knies an einer erheblichen großen Entzündung leide.
Nach Beinahme verschiedener Befundberichte und Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte erstattete der Orthopäde Dr.M. das Gutachten vom 22.08.2001. Der Sachverständige hielt leichte Arbeiten vollschichtig für möglich. Während eines stationären Aufenthalts im November 2002 im Klinikum N. wurde ein papilläres Schilddrüsenkarzinom links diagnostiziert. Nach Beinahme des Arztbriefes des Krankenhauses Diakonie N. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 26.11. bis 13.12.2001 und der Arztbriefe des Internisten Dr.S. über die ambulante Behandlung des Klägers im Oktober 2001 und Januar 2002 erstattete der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M. das Gutachten vom 25.04.2003. Er gelangte zusammenfassend zu dem Ergebnis, beim Kläger habe bei Beachtung einiger qualitativer Leistungseinschränkungen bis November 2002 ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen. Ab November 2002 sei das qualitative Leistungsvermögen infolge des Auftretens eines Schilddrüsenkrebses auf unter 3 Stunden gesunken. Der Sachverständige sah sich außerstande, das Ende des vollschichtigen Leistungsvermögens wesentlich früher zu datieren.
Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Nürnberg vom 26.04.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.05.1998 idG des Widerspruchsbescheides vom 16.02.1999 zu verurteilen, ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bewilligung von Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU) oder Erwerbsunfähigkeit (EU) richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 23.02.1998) nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF), da geltend gemacht wird, dass der Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgebend, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für eine Zeit beginnend nach dem 31.12.2000 begehrt wird (vgl § 300 Abs 1 SGB VI).
Rechtsgrundlage für den begehrten Rentenanspruch des Klägers sind die §§ 43, 44 SGB VI (aF). Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zwar zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nach § 43 Abs 1 Nr 2, Abs 3, § 44 Abs 1 Nr 2, Abs 4 SGB VI aF erfüllt, nicht aber zum Zeitpunkt des vom Senat angenommenen Zeitpunkts des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit.
Im Anschluss an die Ausführungen des vom Senat gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.M. im Gutachten vom 25.04.2003 ist beim Kläger Erwerbsunfähigkeit im November 2002 eingetreten. Die Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen sind für den Senat überzeugend und in sich schlüssig und auch nachvollziehbar. Danach ist mit der Entdeckung und Operation des bereits vorangeschrittenen Schilddrüsenkrebses im November 2002 die Leistungsfähigkeit des Klägers in den unter vollschichtigen Bereich gesunken. Ab diesem Zeitpunkt war das quantitative Leistungsvermögen des Klägers mit weniger als 3 Stunden anzunehmen. Denn ab diesem Zeitpunkt sind die körperlichen Auswirkungen des Krebsleidens (20 kg Gewichtsverlust) erstmals dokumentiert; sie bedürfen nach ärztlicher Ansicht mit Sicherheit noch längere Zeit, bis sie überwunden sind. Aufgrund des vorangeschrittenen Stadiums der Erkrankung mit Befall der Lymphbahnen und Durchbruch der Schilddrüsenkapsel ist auch kein 3-stündiges Einsatzvermögen mehr gegeben. Zur Überzeugung des Senats ist daher der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit vorliegend im November 2002 eingetreten.
Vor November 2002 lässt sich ein untervollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf die der Kläger entsprechend seinem versicherungspflichtigen Erwerbsleben verweisbar ist, nicht begründen. In diesem Zeitraum war die Erwerbsfähigkeit des Klägers eingeschränkt durch Gesundheitsstörungen auf internistischem (koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörung, Herzklappenfehler) und dem orthopädischen Gebiet (Kniegelenksprothese links, Fußdeformität beidseits, Fehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Verschleiß der Schultergelenke) sowie durch eine Alkoholkrankheit und eine Schwerhörigkeit beiderseits. Ein untervollschichtiges Einsatzvermögen war aber durch diese Gesundheitsstörungen noch nicht bedingt. Insoweit wurden die Ermittlungen der Beklagten durch die vom SG und vom Senat eingeholten Gutachten bestätigt. Der Kläger unterzog sich vom 29.07. bis 17.08.1999 einem stationären Heilverfahren und wurde außerdem im Klageverfahren durch die Nervenärztin Dr.O. (Gutachten vom 26.10.1999) und den Internisten Dr.R. (Gutachten vom 06.03.2000) sowie im Berufungsverfahren von dem Orthopäden Dr.M. (Gutachten vom 22.08.2001) und abschließend durch den Internisten und Arbeitsmediziner Dr.M. (Gutachten vom 25.04.2003) untersucht.
So lag beim Kläger zwar vor dem vom Senat angenommenen Eintritt des Leistungsfalles eine Persönlichkeitsstörung vor, die durch eine alkoholtoxisch bedingte hirnorganische Wesensveränderung überlagert war. Nach den Ausführungen von Dr.D. und Dr.O. war aber der Kläger zumindest 1999 durch die Auswirkungen der Alkoholkrankheit noch nicht daran gehindert, in vollschichtigem Umfang einer körperlich leichten Tätigkeit nachzugehen, die in geistiger und nervlicher Hinsicht keine besonderen Anstrengungen erforderte. Insbesondere war nach den Feststellungen von Dr.D. eine wesentliche Beeinträchtigung der Willensfunktion nicht festzustellen. Die daneben vorliegende Polyneuropathie war beim Kläger auch bei der Befunderhebung durch Dr.M. im Jahre 2003 nur sehr gering ausgeprägt. Die ebenfalls bestehende alkoholtoxische Schädigung von Leber- und Bauchspeicheldrüse waren für eine körperlich leichte Arbeit nicht von zusätzlicher leistungseinschränkender Bedeutung. Dies ergibt sich für den Senat aus den Ausführungen der Internisten Dr.B. , Dr.R. und Dr.M ...
Die beim Kläger bereits im Antragsverfahren von dem Chirurgen Dr.P. (Gutachten vom 08.04.1998) festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden (Fehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine zwischenzeitlich mit einem künstlichen Gelenk versorgte Verschleißerkrankung des linken Kniegelenks sowie eine Fehlstellung der Füße) haben zwar selbst im Vergleich zu den Befunderhebungen durch den vom Senat gehörten Orthopäden Dr.M. (Gutachten vom 22.08.2001) eine deutliche Verschlechterung erfahren. Diese Verschlechterung führt aber nur zu der Konsequenz, dass dem Kläger nur noch körperlich leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen zugemutet werden können. Im Übrigen waren bei der Befunderhebung durch Dr.M. Wurzelreizerscheinungen mit sensiblen oder motorischen Störungen nicht nachweisbar. Die beim Kläger im Bereich der unteren Extremitäten gegebenen krankhaften Veränderungen nach jahrelang bestehenden Kniebeschwerden und mehrfachen, erfolglos gebliebenen Eingriffen (Implantation eines künstlichen Kniegelenkes links im Dezember 1999) schränken die Erwerbsfähigkeit des Klägers, der keine Gehhilfe benützt, dahingehend ein, dass keine Tätigkeiten mehr zugemutet werden können, die mit anhaltendem Stehen oder ständigem Umherlaufen verbunden sind. Diese Einschränkung wird auch den Deformierungen der Füße gerecht, die in ausgeprägten Hohlspreizfüßen, Krallenzehenbildung und stark druckschmerzhaften Schwielenbildungen an den Groß- und Kleinzehenballen beiderseits bestehen. Dr.M. spricht bezüglich der beiderseitigen Fußdeformität von bedeutungslosen Veränderungen. Dies trifft auch für die degenerativen Veränderungen im Bereich der Schultergelenke (Periarthritis humeroskapularis) zu. Insoweit sollten keine Tätigkeiten mit Arbeiten über Augenhöhe verrichtet werden.
Auch die auf dem internistischen Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen (koronare Herzkrankheit mit Herzrhythmusstörungen und Aortenklappenfehler) führen vor dem November 2002 nicht zur Annahme des Leistungsfalles wenigstens der BU. Auch wenn die Herzerkrankung des Klägers bereits erstmals im Jahr 1998 durch das Auftreten von Herzrhythmusstörungen in Erscheingung getreten ist, ist nach den überzeugenden Ausführungen des Internisten Dr.M. festzustellen, dass durch die letzten aktenkundigen kardiologischen Untersuchungsbefunde von Ende 2001 bzw Anfang 2002 bis zu diesem Zeitpunkt trotz koronarer Herzkrankheit und Herzklappenfehler die Pumpfunktion des Herzens nur mittelgradig eingeschränkt war und erste, fraglich pathologische EKG-Veränderungen erst bei einer Belastung von 100 Watt in Erscheinung traten. Dies bedeutet, dass bis zu diesem Zeitpunkt, also zumindest bis Anfang 2002 von Seiten des Herzens beim Kläger immer noch eine Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten vorgelegen hat. Auch im Zusammenwirken mit allen übrigen Gesundheitsstörungen kann daher aus ärztlicher Sicht ein unter vollschichtiges oder gar halbschichtiges Leistungsvermögen nicht angenommen werden. Auch die beim Kläger vorliegende Ventilationsstörung und das mittelschwere Lungenemphysem standen der Verrichtung einer körperlich leichten Tätigkeit nicht entgegen, zumal sich aus einem Akuttherapieversuch auf eine gute Behandelbarkeit der Lungenfunktionsstörung schließen ließ. Das chronische Bronchialleiden war deshalb nicht von wesentlicher zusätzlicher leistungseinschränkender Bedeutung. Schließlich schränkt die beiderseitige Schwerhörigkeit den Kläger, der mit beidseits getragenen Hörgeräten versorgt ist, in seiner Erwerbsfähigkeit dahingehend ein, dass er nicht mit Aufgaben betraut werden sollte, die mit regem Publikumsverkehr verbunden sind.
Nach alledem ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers in einem rentenrechtlich relevanten Maße erst mit Erkennung des Krebsleidens im November 2002 eingetreten ist. Im Ergebnis kann dahin stehen, ob beim Kläger EU/BU erst im November 2002 oder aber einige Monate früher, etwa im Jahre 2001 eingetreten ist und eine Wiedereingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Denn nach dem in den Akten befindlichen Versicherungsverlauf waren, worauf die Beklagte zu Recht verwiesen hat, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen wegen EU/BU letztmals im Juli 1999 erfüllt. Der Kläger hat zwar die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs 1 SGB VI), nicht aber die für die streitigen Ansprüche erforderliche Beitragsdichte der §§ 44 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 1 Nr 2 SGB VI (aF) erfüllt, da der letzte Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter im Juli 1995 entrichtet worden ist. Im Versicherungsverlauf des Klägers besteht somit ab August 1995 eine Lücke (Arbeitslosigkeit, keine Anrechnung), die, soweit sie auf die Zeit ab 01.01.1984 entfällt (vgl Art 2 § 6 Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes), eine Rentengewährung für einen nach dem Juli 1999 eingetretenen Leistungsfall der EU/BU ausschließt.
Auch die Voraussetzungen der mit Rentenreformgesetz 1992 eingeführten Übergangsvorschrift gemäß § 240 Abs 2 bzw 241 Abs 2 SGB VI sind nicht erfüllt. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der EU oder BU bei Versicherten, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt haben, nicht erforderlich, wenn jeder Kalendermonat in der Zeit vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der EU/BU mit Beiträgen oder sonstigen Anwartschafterhaltungszeiten iS des § 240 Abs 2 SGB VI belegt ist. Beides ist beim Kläger nicht der Fall. Seine Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung endet vielmehr im Juli 1995.
Sonstige Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs 2 Nr 2 - 6 SGB VI) sind für die fraglichen Zeiten ab 01.01.1984 ebenfalls nicht nachgewiesen. Beitragslücken ab 1984 kann der Kläger auch nicht durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge schließen. Nach § 197 Abs 2 SGB VI (inkraft seit 01.01.1992) sind freiwillige Beiträge nur dann wirksam, wenn sie bis 31.03. des Jahres gezahlt werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Nach der bis 31.12.1991 geltenden Vorgängervorschrift des § 1418 Abs 1 RVO konnten Beiträge sogar nur bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres wirksam entrichtet werden. Damit scheidet nach beiden Bestimmungen eine wirksame Beitragsentrichtung für die fraglichen Zeiträume aus. Eine solche ist auch nicht gemäß § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI entbehrlich, da diese Bestimmung ein dem Grunde nach bestehendes Recht zur beitragsnahen Entrichtung voraussetzt (BSG in SozR 3-2600 § 241 Nr 1). Daran fehlt es. Die Voraussetzungen einer Nachsichgewährung sind ebenfalls nicht gegeben; diesbezüglich wurde vom Kläger auch nichts vorgetragen.
Ein Rentenanspruch wegen EU/BU käme vorliegend nur in Betracht, wenn der Leistungsfall der EU/BU, bereits im Juli 1999 oder früher eingetreten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn eine wesentliche Einschränkung im Leistungsvermögen des Klägers ist erst für die Zeit ab der Feststellung und Operation des Krebsleidens nachgewiesen.
Dem Kläger ist aber der Nachweis eines früher eingetretenen Leistungsfalles der EU/BU nicht gelungen. Nachgewiesen ist eine Tatsache nur dann, wenn sie mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht. Es müssten also - bezogen auf den vorliegenden Fall - bereits im Juli 1999 oder früher - die Erwerbsfähigkeit des Klägers einschränkende Gesundheitsstörungen vorgelegen haben. Ein so früher Leistungsfall konnte aber durch die objektiven Unterlagen nicht belegt werden. Das Gericht darf jedoch eine Leistung nur dann zusprechen, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Ein solcher Nachweis ist hinsichtlich der in §§ 43 und 44 SGB VI (aF) vorausgesetzten Erwerbsminderung nicht geführt. Nach den auch im sozialgerichtlichen Prozess geltenden Grundsätzen von der objektiven Beweis- und Feststellungslast (vgl Mayer-Ladewig SGG 7.Aufl, § 103 RdNr 19 a mw, insbesondere Rechtsprechungsnachweisen) geht die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter günstige Rechtsfolgen für sich herleiten will, zu seinen Lasten. Dies bedeutet: Selbst wenn das Leistungsvermögen des Klägers bereits vor 1999 (auf Dauer) in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt war, kann das Berufungsgericht diesen Umstand mangels ausreichender Nachweise seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.
Nach alledem hat der Kläger gegen die Beklagte, obwohl inzwischen medizinisch EU vorliegt, keinen Anspruch auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI (aF).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 Abs 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1948 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete ab 1964 in der damaligen DDR als Schuhmacher, Krankenpflegerlehring, Krankenpfleger und Arbeiter versicherungspflichtig. Nach der Übersiedlung in die alten Bundesländer war er ab 1985 als Lagerarbeiter beschäftigt.
Am 23.02.1998 beantragte der Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte ließ den Kläger durch den Chirurgen Dr.P. (Gutachten vom 08.04.1998) und den Internisten Dr.B. (Gutachten vom 06.04.1998) untersuchen. Die Sachverständigen gelangten zu der Beurteilung, dem Kläger seien bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zumutbar. Im Hinblick auf diese Gutachten lehnte die Beklagte Rentenleistungen mit Bescheid vom 14.05.1998 ab.
Im Vorverfahren ließ die Beklagte den Kläger durch den Neurologen und Psychiater Dr.D. untersuchen. Im Gutachten vom 18.01.1999 hielt auch dieser zumindest leichte körperliche Tätigkeiten in Vollschicht für zumutbar. Im Anschluss an dieses Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.02.1999).
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) im vorbereitenden Verfahren die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg, Befundberichte des praktischen Arztes Dr.M. und des Orthopäden Dr.H. sowie den Entlassungsbericht der R.-Klinik, B. beigezogen. Im Entlassungsbericht dieser Klinik (stationärer Aufenthalt vom 29.07. bis 17.08.1999) wurde der Kläger für fähig befunden, auch seinen bis 1985 ausgeübten Beruf als Operationspfleger vollschichtig zu verrichten.
Das SG hörte von Amts wegen den Internisten Dr.R. und die Nervenärztin Dr.O. , die in ihren Gutachten vom 12.10.1999 bzw 26.10.1999 körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten vollschichtig für zumutbar hielten.
Mit Urteil vom 26.04.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr.R. und Dr.O. sei der Kläger bei Beachtung der von diesen aufgezeigten Funktionseinschränkungen noch vollschichtig einsetzbar. Abzustellen sei auf die Tätigkeit des Lagerarbeiters, weshalb der Kläger auf alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Anzahl, Art und Umfang der beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen gingen über das Erfordernis, die Arbeit müsse körperlich leicht sein, nicht erheblich hinaus.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Kläger am 16.06.2000 eingelegte Berufung. Er machte insbesondere geltend, dass er im Knochen des linken Knies an einer erheblichen großen Entzündung leide.
Nach Beinahme verschiedener Befundberichte und Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte erstattete der Orthopäde Dr.M. das Gutachten vom 22.08.2001. Der Sachverständige hielt leichte Arbeiten vollschichtig für möglich. Während eines stationären Aufenthalts im November 2002 im Klinikum N. wurde ein papilläres Schilddrüsenkarzinom links diagnostiziert. Nach Beinahme des Arztbriefes des Krankenhauses Diakonie N. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 26.11. bis 13.12.2001 und der Arztbriefe des Internisten Dr.S. über die ambulante Behandlung des Klägers im Oktober 2001 und Januar 2002 erstattete der Internist und Arbeitsmediziner Dr.M. das Gutachten vom 25.04.2003. Er gelangte zusammenfassend zu dem Ergebnis, beim Kläger habe bei Beachtung einiger qualitativer Leistungseinschränkungen bis November 2002 ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen. Ab November 2002 sei das qualitative Leistungsvermögen infolge des Auftretens eines Schilddrüsenkrebses auf unter 3 Stunden gesunken. Der Sachverständige sah sich außerstande, das Ende des vollschichtigen Leistungsvermögens wesentlich früher zu datieren.
Der Kläger, für den in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Nürnberg vom 26.04.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.05.1998 idG des Widerspruchsbescheides vom 16.02.1999 zu verurteilen, ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bewilligung von Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU) oder Erwerbsunfähigkeit (EU) richtet sich bei Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 23.02.1998) nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF), da geltend gemacht wird, dass der Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgebend, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für eine Zeit beginnend nach dem 31.12.2000 begehrt wird (vgl § 300 Abs 1 SGB VI).
Rechtsgrundlage für den begehrten Rentenanspruch des Klägers sind die §§ 43, 44 SGB VI (aF). Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zwar zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nach § 43 Abs 1 Nr 2, Abs 3, § 44 Abs 1 Nr 2, Abs 4 SGB VI aF erfüllt, nicht aber zum Zeitpunkt des vom Senat angenommenen Zeitpunkts des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit.
Im Anschluss an die Ausführungen des vom Senat gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.M. im Gutachten vom 25.04.2003 ist beim Kläger Erwerbsunfähigkeit im November 2002 eingetreten. Die Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen sind für den Senat überzeugend und in sich schlüssig und auch nachvollziehbar. Danach ist mit der Entdeckung und Operation des bereits vorangeschrittenen Schilddrüsenkrebses im November 2002 die Leistungsfähigkeit des Klägers in den unter vollschichtigen Bereich gesunken. Ab diesem Zeitpunkt war das quantitative Leistungsvermögen des Klägers mit weniger als 3 Stunden anzunehmen. Denn ab diesem Zeitpunkt sind die körperlichen Auswirkungen des Krebsleidens (20 kg Gewichtsverlust) erstmals dokumentiert; sie bedürfen nach ärztlicher Ansicht mit Sicherheit noch längere Zeit, bis sie überwunden sind. Aufgrund des vorangeschrittenen Stadiums der Erkrankung mit Befall der Lymphbahnen und Durchbruch der Schilddrüsenkapsel ist auch kein 3-stündiges Einsatzvermögen mehr gegeben. Zur Überzeugung des Senats ist daher der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit vorliegend im November 2002 eingetreten.
Vor November 2002 lässt sich ein untervollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf die der Kläger entsprechend seinem versicherungspflichtigen Erwerbsleben verweisbar ist, nicht begründen. In diesem Zeitraum war die Erwerbsfähigkeit des Klägers eingeschränkt durch Gesundheitsstörungen auf internistischem (koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörung, Herzklappenfehler) und dem orthopädischen Gebiet (Kniegelenksprothese links, Fußdeformität beidseits, Fehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Verschleiß der Schultergelenke) sowie durch eine Alkoholkrankheit und eine Schwerhörigkeit beiderseits. Ein untervollschichtiges Einsatzvermögen war aber durch diese Gesundheitsstörungen noch nicht bedingt. Insoweit wurden die Ermittlungen der Beklagten durch die vom SG und vom Senat eingeholten Gutachten bestätigt. Der Kläger unterzog sich vom 29.07. bis 17.08.1999 einem stationären Heilverfahren und wurde außerdem im Klageverfahren durch die Nervenärztin Dr.O. (Gutachten vom 26.10.1999) und den Internisten Dr.R. (Gutachten vom 06.03.2000) sowie im Berufungsverfahren von dem Orthopäden Dr.M. (Gutachten vom 22.08.2001) und abschließend durch den Internisten und Arbeitsmediziner Dr.M. (Gutachten vom 25.04.2003) untersucht.
So lag beim Kläger zwar vor dem vom Senat angenommenen Eintritt des Leistungsfalles eine Persönlichkeitsstörung vor, die durch eine alkoholtoxisch bedingte hirnorganische Wesensveränderung überlagert war. Nach den Ausführungen von Dr.D. und Dr.O. war aber der Kläger zumindest 1999 durch die Auswirkungen der Alkoholkrankheit noch nicht daran gehindert, in vollschichtigem Umfang einer körperlich leichten Tätigkeit nachzugehen, die in geistiger und nervlicher Hinsicht keine besonderen Anstrengungen erforderte. Insbesondere war nach den Feststellungen von Dr.D. eine wesentliche Beeinträchtigung der Willensfunktion nicht festzustellen. Die daneben vorliegende Polyneuropathie war beim Kläger auch bei der Befunderhebung durch Dr.M. im Jahre 2003 nur sehr gering ausgeprägt. Die ebenfalls bestehende alkoholtoxische Schädigung von Leber- und Bauchspeicheldrüse waren für eine körperlich leichte Arbeit nicht von zusätzlicher leistungseinschränkender Bedeutung. Dies ergibt sich für den Senat aus den Ausführungen der Internisten Dr.B. , Dr.R. und Dr.M ...
Die beim Kläger bereits im Antragsverfahren von dem Chirurgen Dr.P. (Gutachten vom 08.04.1998) festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden (Fehlhaltung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine zwischenzeitlich mit einem künstlichen Gelenk versorgte Verschleißerkrankung des linken Kniegelenks sowie eine Fehlstellung der Füße) haben zwar selbst im Vergleich zu den Befunderhebungen durch den vom Senat gehörten Orthopäden Dr.M. (Gutachten vom 22.08.2001) eine deutliche Verschlechterung erfahren. Diese Verschlechterung führt aber nur zu der Konsequenz, dass dem Kläger nur noch körperlich leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen zugemutet werden können. Im Übrigen waren bei der Befunderhebung durch Dr.M. Wurzelreizerscheinungen mit sensiblen oder motorischen Störungen nicht nachweisbar. Die beim Kläger im Bereich der unteren Extremitäten gegebenen krankhaften Veränderungen nach jahrelang bestehenden Kniebeschwerden und mehrfachen, erfolglos gebliebenen Eingriffen (Implantation eines künstlichen Kniegelenkes links im Dezember 1999) schränken die Erwerbsfähigkeit des Klägers, der keine Gehhilfe benützt, dahingehend ein, dass keine Tätigkeiten mehr zugemutet werden können, die mit anhaltendem Stehen oder ständigem Umherlaufen verbunden sind. Diese Einschränkung wird auch den Deformierungen der Füße gerecht, die in ausgeprägten Hohlspreizfüßen, Krallenzehenbildung und stark druckschmerzhaften Schwielenbildungen an den Groß- und Kleinzehenballen beiderseits bestehen. Dr.M. spricht bezüglich der beiderseitigen Fußdeformität von bedeutungslosen Veränderungen. Dies trifft auch für die degenerativen Veränderungen im Bereich der Schultergelenke (Periarthritis humeroskapularis) zu. Insoweit sollten keine Tätigkeiten mit Arbeiten über Augenhöhe verrichtet werden.
Auch die auf dem internistischen Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen (koronare Herzkrankheit mit Herzrhythmusstörungen und Aortenklappenfehler) führen vor dem November 2002 nicht zur Annahme des Leistungsfalles wenigstens der BU. Auch wenn die Herzerkrankung des Klägers bereits erstmals im Jahr 1998 durch das Auftreten von Herzrhythmusstörungen in Erscheingung getreten ist, ist nach den überzeugenden Ausführungen des Internisten Dr.M. festzustellen, dass durch die letzten aktenkundigen kardiologischen Untersuchungsbefunde von Ende 2001 bzw Anfang 2002 bis zu diesem Zeitpunkt trotz koronarer Herzkrankheit und Herzklappenfehler die Pumpfunktion des Herzens nur mittelgradig eingeschränkt war und erste, fraglich pathologische EKG-Veränderungen erst bei einer Belastung von 100 Watt in Erscheinung traten. Dies bedeutet, dass bis zu diesem Zeitpunkt, also zumindest bis Anfang 2002 von Seiten des Herzens beim Kläger immer noch eine Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten vorgelegen hat. Auch im Zusammenwirken mit allen übrigen Gesundheitsstörungen kann daher aus ärztlicher Sicht ein unter vollschichtiges oder gar halbschichtiges Leistungsvermögen nicht angenommen werden. Auch die beim Kläger vorliegende Ventilationsstörung und das mittelschwere Lungenemphysem standen der Verrichtung einer körperlich leichten Tätigkeit nicht entgegen, zumal sich aus einem Akuttherapieversuch auf eine gute Behandelbarkeit der Lungenfunktionsstörung schließen ließ. Das chronische Bronchialleiden war deshalb nicht von wesentlicher zusätzlicher leistungseinschränkender Bedeutung. Schließlich schränkt die beiderseitige Schwerhörigkeit den Kläger, der mit beidseits getragenen Hörgeräten versorgt ist, in seiner Erwerbsfähigkeit dahingehend ein, dass er nicht mit Aufgaben betraut werden sollte, die mit regem Publikumsverkehr verbunden sind.
Nach alledem ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers in einem rentenrechtlich relevanten Maße erst mit Erkennung des Krebsleidens im November 2002 eingetreten ist. Im Ergebnis kann dahin stehen, ob beim Kläger EU/BU erst im November 2002 oder aber einige Monate früher, etwa im Jahre 2001 eingetreten ist und eine Wiedereingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Denn nach dem in den Akten befindlichen Versicherungsverlauf waren, worauf die Beklagte zu Recht verwiesen hat, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen wegen EU/BU letztmals im Juli 1999 erfüllt. Der Kläger hat zwar die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (§ 50 Abs 1 SGB VI), nicht aber die für die streitigen Ansprüche erforderliche Beitragsdichte der §§ 44 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 1 Nr 2 SGB VI (aF) erfüllt, da der letzte Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter im Juli 1995 entrichtet worden ist. Im Versicherungsverlauf des Klägers besteht somit ab August 1995 eine Lücke (Arbeitslosigkeit, keine Anrechnung), die, soweit sie auf die Zeit ab 01.01.1984 entfällt (vgl Art 2 § 6 Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes), eine Rentengewährung für einen nach dem Juli 1999 eingetretenen Leistungsfall der EU/BU ausschließt.
Auch die Voraussetzungen der mit Rentenreformgesetz 1992 eingeführten Übergangsvorschrift gemäß § 240 Abs 2 bzw 241 Abs 2 SGB VI sind nicht erfüllt. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der EU oder BU bei Versicherten, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt haben, nicht erforderlich, wenn jeder Kalendermonat in der Zeit vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der EU/BU mit Beiträgen oder sonstigen Anwartschafterhaltungszeiten iS des § 240 Abs 2 SGB VI belegt ist. Beides ist beim Kläger nicht der Fall. Seine Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung endet vielmehr im Juli 1995.
Sonstige Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs 2 Nr 2 - 6 SGB VI) sind für die fraglichen Zeiten ab 01.01.1984 ebenfalls nicht nachgewiesen. Beitragslücken ab 1984 kann der Kläger auch nicht durch Nachentrichtung freiwilliger Beiträge schließen. Nach § 197 Abs 2 SGB VI (inkraft seit 01.01.1992) sind freiwillige Beiträge nur dann wirksam, wenn sie bis 31.03. des Jahres gezahlt werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Nach der bis 31.12.1991 geltenden Vorgängervorschrift des § 1418 Abs 1 RVO konnten Beiträge sogar nur bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres wirksam entrichtet werden. Damit scheidet nach beiden Bestimmungen eine wirksame Beitragsentrichtung für die fraglichen Zeiträume aus. Eine solche ist auch nicht gemäß § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI entbehrlich, da diese Bestimmung ein dem Grunde nach bestehendes Recht zur beitragsnahen Entrichtung voraussetzt (BSG in SozR 3-2600 § 241 Nr 1). Daran fehlt es. Die Voraussetzungen einer Nachsichgewährung sind ebenfalls nicht gegeben; diesbezüglich wurde vom Kläger auch nichts vorgetragen.
Ein Rentenanspruch wegen EU/BU käme vorliegend nur in Betracht, wenn der Leistungsfall der EU/BU, bereits im Juli 1999 oder früher eingetreten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn eine wesentliche Einschränkung im Leistungsvermögen des Klägers ist erst für die Zeit ab der Feststellung und Operation des Krebsleidens nachgewiesen.
Dem Kläger ist aber der Nachweis eines früher eingetretenen Leistungsfalles der EU/BU nicht gelungen. Nachgewiesen ist eine Tatsache nur dann, wenn sie mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht. Es müssten also - bezogen auf den vorliegenden Fall - bereits im Juli 1999 oder früher - die Erwerbsfähigkeit des Klägers einschränkende Gesundheitsstörungen vorgelegen haben. Ein so früher Leistungsfall konnte aber durch die objektiven Unterlagen nicht belegt werden. Das Gericht darf jedoch eine Leistung nur dann zusprechen, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Ein solcher Nachweis ist hinsichtlich der in §§ 43 und 44 SGB VI (aF) vorausgesetzten Erwerbsminderung nicht geführt. Nach den auch im sozialgerichtlichen Prozess geltenden Grundsätzen von der objektiven Beweis- und Feststellungslast (vgl Mayer-Ladewig SGG 7.Aufl, § 103 RdNr 19 a mw, insbesondere Rechtsprechungsnachweisen) geht die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter günstige Rechtsfolgen für sich herleiten will, zu seinen Lasten. Dies bedeutet: Selbst wenn das Leistungsvermögen des Klägers bereits vor 1999 (auf Dauer) in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt war, kann das Berufungsgericht diesen Umstand mangels ausreichender Nachweise seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.
Nach alledem hat der Kläger gegen die Beklagte, obwohl inzwischen medizinisch EU vorliegt, keinen Anspruch auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI (aF).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 Abs 2 SGG).
Rechtskraft
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