Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 842/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 296/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 270/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Mai 2000 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. August 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 1996 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten, ob die Klägerin einen Unfall erlitten hat, für dessen Folgen die Beklagte sie entschädigen muss.
Die Klägerin befand sich am 15.09.1995 mit dem Pkw auf der Rückfahrt von einer Betriebsrätetagung, als sie kurz nach 10.oo Uhr auf einer verengten Spur einer Autobahn mit einem in gleicher Richtung fahrenden Sattelzug kollidierte. Die Klägerin selbst hat keine Erinnerung an das Unfallgeschehen mehr. Insofern gab ihr Ehemann bei verschiedenen gutachterlichen Befragungen wieder, seine Frau habe ihm am Nachmittag erzählt, der Sattelzug sei ihr, während sie ihn überholt habe, in die Seite gefahren. Nachdem der Unfall als Kleinunfall polizeilich zunächst nicht weiter aufgenommen wurde, wurde der Fahrer des Sattelzuges später als Zeuge einvernommen. Er gab an, er sei normal auf seiner Fahrspur gefahren und habe im Rückspiegel gemerkt, dass hinter ihm ein Pkw mit schnellerer Geschwindigkeit leicht versetzt auf seiner Fahrspur gefahren sei. Der Pkw habe sich seinem Lkw genähert und sei ihm dann von hinten auf die linke Ecke seines Unterfahrschutzes aufgefahren und zwar mit einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h. Er selbst sei etwa 65 km/h gefahren. Er sei im weiteren Verlauf vom Gas gegangen und habe dann bemerkt, dass der Fahrer des Pkw weiterhin beschleunige und an seinem Sattelzug entlang schramme. Nach etwa 100 m, als der Pkw vor ihm eingeschert sei, habe dieser auf dem Grünstreifen angehalten, sei dort etwa 3 Sekunden gestanden und habe plötzlich Gas gegeben, sei dann an der Leitplanke entlang geschrammt und nach etwa 20 m wieder stehen geblieben. Die Fahrerin habe ihm einen sehr verstörten Eindruck gemacht und als erstes gesagt:"Haben Sie geschlafen, Sie sind zu weit links gefahren".
Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren gegen den Lkw-Fahrer wurde eingestellt, da ihm ein Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls nicht nachzuweisen gewesen sei. Ein hierzu eingeholtes technisches Gutachten hatte ergeben, dass die Klägerin mit dem äußersten rechten Frontbereich des Pkw gegen den äußersten linken Bereich des Unterfahrschutzes des Sattelanhängers aufgefahren war. Es müsse eine relativ geringe Überdeckung der Fahrzeuge vorgelegen haben. Der Pkw sei dann durch die Formgebung abgewiesen worden und im weiteren Verlauf an der Längsseite des Lkw entlang geschrammt. Die von der Polizei beschlagnahmte Diagrammscheibe hatte eine Geschwindigkeit des Lkw zwischen 65 und 70 Stundenkilometern ergeben. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war 60 Stundenkilometer. Am Unfallort hatten die Beteiligten keinerlei Verletzungen geltend gemacht. Die Klägerin wurde zunächst von einem Abschleppunternehmer und dann von ihrem Sohn mitgenommen und kam gegen ca. 15.oo Uhr zu Hause an. Dort stellte der Ehemann der Klägerin Veränderungen im Aussehen und im Verhalten seiner Frau fest, die ihn veranlassten, sie ins Krankenhaus zu bringen. Dort zeigte sich im CT ein beginnender Hirninfarkt, dem später ein weiterer folgte.
Nach Beiziehung der Behandlungsunterlagen und der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte holte die Beklagte Gutachten von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. und zwar von dem Chirurgen Prof.Dr.B. , dem Internisten Dr.L. und dem Neurologen und Psychiater Dr.N. ein. Von den vorbehandelnden Ärzten war eine Dissektion der Aorta carotis interna links (Längsspaltung der inneren Schicht der Halsschlagader) als Unfallfolge sowie Ursache des anschließenden Hirninfarktes diskutiert worden.
Prof.Dr.B. kam - ohne Kenntnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten - zu dem Ergebnis, eine Verletzung der Halsschlagader durch einen Schleudermechanismus des Kopfes, wie er bei Pkw-Unfällen vorkommen könne, sei bisher in der Fachliteratur noch nicht beschrieben worden. Die durch die Beschleunigung des Kopfes gegenüber dem Rumpf auftretenden Kräfte seien bei intakter Muskulatur und bei intakter Halswirbelsäule nicht in der Lage, die Gefäßwand der Halsschlagader zu zerreißen, es sei denn, es lägen an dieser Stelle bereits so hochgradige Verschleißveränderungen vor, dass auch diese ungeeigneten Vorgänge zu Einrissen der Gefäßinnenwand führten. Über eine mögliche Verletzung der linken Halsschlagader könne nur spekuliert werden, es könnten nur allgemeine Bemerkungen zu möglichen Verletzungen angestellt werden, ohne dass auch nur der geringste Hinweis dafür vorläge, dass eine äußere Gewalteinwirkung die vermutete, aber auch nicht zweifelsfrei bewiesene Intimasektion an der Halsschlagader verursacht habe. Genauso gut könne eine vorübergehende Blutdrucksteigerung den Erkrankungsprozess in Gang gesetzt haben.
Der Sachverständige Dr.L. kam aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Aufprallgeschwindigkeit der Klägerin nicht hoch gewesen sein könne, da davon auszugehen sei, dass diese maximal 20 km/h oberhalb des Sattelzuges gelegen habe und dass abgesehen von den Wiederherstellungskosten keine schwerwiegende Beschädigung des rechten Kotflügels und der Fahrzeugseitenwand des Pkw habe nachgewiesen werden könnten, was jedenfalls eine höhere Aufprallgeschwindigkeit ausschließe. Die nicht als hoch einzuschätzende Aufprallgeschwindigkeit und die Tatsache, dass sicher keine maximale und lokalisierte Bewegung zwischen Kopf und Hals wie beim frontalen oder hinteren Aufprall stattgefunden habe, ließen die Möglichkeit einer Verletzung der schädelnahen inneren Kopfarterie in den Hintergrund treten. Veränderungen im Computertomogramm, wie sie bei der Klägerin ca. 7 Stunden nach dem Unfall festgestellt worden seien, ließen sich in der Regel als Ausdruck von Durchblutungsstörungen frühestens nach 24 Stunden erkennen. Allein aufgrund dieses Befundes sei mit Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich um einen schleichenden Prozess von Durchblutungsstörungen, bzw. rezidivierenden Embolien des Gehirns handele, die mindestens 24 Stunden vor der ersten Computertomographie begonnen haben müssten und die einer Eigenrythmik unterworfen gewesen seien, die durch das Unfallereignis nicht beeinflusst werde. In der Beschreibung des angiographischen Befundes sei ausgeführt, dass die höchstgradige lang-streckige Stenose der Karotis interna links vereinbar sei mit einer Karotisdissektion. Dies bedeute, dass es nicht auszuschließen sei, dass es zu einer Verletzung der Innenauskleidung des Gefäßes, einer Einblutung in die Gefäßwand und dadurch bedingt zu einer Einengung des Gefäßes gekommen sei. Die fehlende Gefäßversorgung der linken Gehirnhälfte durch die Gegenseite lasse allerdings schließen, dass das Ereignis nicht längere Zeit (Wochen oder Monate) zurückliege. Die computertomographischen Erstbefunde des Gehirns, die nicht in Einklang zu bringen seien mit dem Unfallereignis, ließen jedoch auch die Frage zu, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls aufgrund von Durchblutungsstörungen des Gehirns nicht mehr im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Möglichkeiten war. Bei der Klägerin hätten in Gestalt von erhöhtem Nikotinkonsum und einer Hypercholesterinämie wesentliche Risikofaktoren für das Enstehen einer cerbrovaskulären Erkrankung vorgelegen. Denkbar wäre, dass sie zu einem sklerotischen Plaque an der Arteria carotis interna geführt hätten, der aufgebrochen sei, d.h. dass sich ein Geschwür in diesem Bereich gebildet habe, das wiederum Anlass für eine sich ausbreitende lokale Gerinnselbildung gewesen sei, die letztlich zur Einengung des Gefäßes und zur Embolisation in der Arteria cerebri media geführt habe. Insgesamt kommt der Sachverständige zu der Feststellung, dass bereits zum Unfallereignis eine Durchblutungsstörung des Gehirns vorgelegen haben müsse und dass das Unfallereignis keinen Einfluss auf den Verlauf der Durchblutungsstörungen gehabt habe. Wahrscheinlicher sei, dass die linksseitigen Durchblutungsstörungen des Gehirns aus innerer Ursache infolge von bestehenden Risikofaktoren verursacht worden seien.
Ein hierzu eingeholtes radiologisches Zusatzgutachten des Dr.E. , ebenfalls Berufgenossenschaftliche Unfallklinik M. , führte insoweit aus, ungewöhnlich sei auf alle Fälle der frühere Infarktnachweis am 15.09.1995 um 17.oo Uhr, wenn man den verursachenden Unfall in der Vormittagszeit als Ursache zugrunde lege. Erfahrungsgemäß ließen sich infarktbedingte Parenchymveränderungen im CT nativ frühestens nach 12 bis 14 Stunden nachweisen. Das um 17.oo Uhr deutliche Defektareal, das sich in seiner Größenausdehnung nicht wesentlich von späteren Kontrollen unterscheide, lasse an ein Infarktereignis denken, das mehr als 12 Stunden zurückliege.
Der Sachverständige Dr.N. führte aus, traumatische Dissektionen der großen hirnversorgenden Gefäße seien in der Neurotraumatologie wohl bekannt. Es werde zwischen direkten und indirekten traumatischen Schädigungen der hirnzuführenden Gefäße unterschieden. Die häufigste Ursache traumatischer Hirnarterienverschlüsse seien Verkehrsunfälle mit Traumatisierung des Thorax, des Halses und des Schädels. Ein indirektes Trauma der Arterie könne durch Dehnung derselben hervorgerufen werden, wie dies zum Beispiel bei einer durch Gewalteinwirkung von außen auftretenden Hyperextension oder Rotation des Kopfes der Fall sei. Ebenso könne es zum Beispiel durch eine Streckung der Arteria carotis interna über den Prozessus transversus des dritten cervikalen Wirbels oder aber durch eine Compression der Arteria carotis interna am Atlas zu einer Verletzung der Gefäßwand kommen. Beim Unfall der Klägerin bestünden keine Hinweise dafür, dass es im Rahmen des Unfallgeschehens zu einer direkten Verletzung der Arteria carotis gekommen wäre. Bei der Diskussion einer indirekten Traumatisierung des Gefäßes mit nachfolgender Dissektion der Gefäßwand sei zu beachten, dass eine Dissektion sowohl spontan als auch traumatisch auftreten könne. Die Ursachen der spontanen Dissektionen seien noch nicht ausreichend bekannt. Man wisse, dass verschiedene Faktoren eine Dissektion auslösen könnten, wobei unklar sei, warum ein gewisser Prozentsatz von Personen beim Ausführen körperlicher Aktivitäten entsprechende Gefäßerkrankungen entwickele, wenn der größte Teil der Menschen davon verschont bleibe. Im allgemeinen gehe man davon aus, dass es prädisponierende Erkrankungen und Veränderungen der Gefäßwände gebe. Bei den sogenannten spontanen Gefäßdissektionen müsse von entsprechend prädisponierten Personen ausgegangen werden. Zum zeitlichen Zusammenhang mit der klinischen Manifestation von spontanen Dissektionen hirnversorgender Arterien würden öfter, jedoch nicht grundsätzlich und auch nicht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle äußere, zum Teil alltägliche Tätigkeiten oder Verhaltensweisen genannt. Derartige scheinbare begünstigende Faktoren seien umstritten, weil der Nachweis nicht geführt werden könne, dass sie direkt oder indirekt die Gefäßwandschädigung, ohne die eine arterielle Dissektion nicht möglich sei, bedingt hätten.
Der Unfall der Klägerin habe zu keiner strukturellen Verletzung der Halswirbelsäule geführt, d.h. es sei weder zu einer Band-, noch einer Bandscheiben-, noch einem Knochenschaden gekommen. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei nach dem Unfallgeschen frei gewesen, wie dem Durchgangsarztbericht zu entnehmen sei. Der Geschehensablauf habe also zu keiner Verletzung im Bereich der Weichteile und der knöchernen Strukturen und Bandstrukturen der Halswirbelsäule geführt. Es bestünden keine Hinweise für eine direkte oder indirekte Traumatisierung der Carotiden beidseits. Hirninfarkte mittels cranieller CT seien frühestens innerhalb von 12 bis 14 Stunden nachweisbar. Insoweit verweist der Sachverständige auf das radiologische Zusatzgutachten. Die Objektivierung des Hirninfarkts in weniger als 12 Stunden nach dem Unfall spreche gegen eine traumatische Genese des Hirninfarktes im Rahmen des Geschehens vom 15.09.1995. Im Übrigen führt der Sachverständige Dr.N. ebenso wie Dr.L. aus, dass die bei der Klägerin bekannten Risikofaktoren für die fortschreitende Entstehung des Hirninfarkts verantwortlich gewesen sein könnten.
Mit Bescheid vom 14.08.1996 lehnte die Beklagte die Entschädigung des am 15.09.1995 bei der Klägerin eingetretenen Körperschadens ab. Zwischen dem angeschuldigten Vorgang und dem später festgestellten Krankheitsbild bestehe kein ursächlicher Zusammenhang. Den anschließenden Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.1996 als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin wegen der Folgen des Unfalls vom 15.09.1995 die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. begehrt.
Sie hat hierzu zunächst ein neurologisches Fachgutachten der Neurologischen Klinik B. vom 13.11.1996 für ihre private Versicherung vorgelegt. Dort ist ausgeführt, die Klägerin habe am 15.09.1995 unmittelbar nach oder wenige Stunden nach einem Pkw-Unfall eine Halbseitenlähmung rechts und eine ausgeprägte Sprachstörung erlitten. Ursache seien zwei Hirninfarkte, deren Ursache wiederum ein Einriss der Halsschlagader. Aufgrund der Lokalisation der Infarkte müsse von einem thromboembolischen Pathomechnismus ausgegangen werden, d.h. Blutgerinnsel, die sich an der Stelle des Gefäßwandeinrisses gebildet hätten, seien in weiter stromabwärts gelegene Gefäßgebiete verschleppt worden und hätten dort zu einem Infarkt geführt. Schleuderverletzungen des Halses, hierbei vorwiegend Überstreckungsbewegungen der Halswirbelsäule könnten durch Überdehnung der Gefäße einen Gefäßwandeinriss hervorrufen, an der Stelle des Einrisses komme es zum Ausbilden eines falschen Gefäßlumens und zur Einengung des eigentlichen Gefäßinneren. Hirninfarkte bei Carotisdissektion träten bevorzugt innerhalb der ersten Stunden bis Tage auf. Aufgrund der engen zeitlichen Beziehung von Unfall und Infarktentstehung und der gesicherten Gefäßdissektion sei der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den Infarkten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Die vom Sozialgericht als Sachverständige gehörte Neurologin und Psychiaterin Dr.P. ist in ihrem Gutachten vom 09.10.1997 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ischämische Hirninfarkte am cerebralen Computertomogramm frühestens nach 12 bis 24 Stunden darstellen ließen. Bei der ersten CT-Untersuchung der Klägerin sei der Unfall jedoch exakt 7,5 Stunden zurückgelegen. Wenngleich ein radiologischer Ausnahmefall nicht ausgeschlossen werden könne, spreche doch sehr viel mehr dafür als dagegen, dass die Halsschlagaderveränderungen auf Ereignisse vor dem in Rede stehenden Unfall zurückzuführen seien.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Radiologen S. vom 23.09.1998 eingeholt. Der Sachverständige führt unter Bezugnahme auf neuere wissenschaftliche Veröffentlichungen aus, das Sichtbarwerden eines Infarktes sei mit der heutigen modernen Computertomographiegeneration, wie sie auch in diesem Fall verwendet worden sei, üblicherweise nicht erst nach 12 bis 14 Stunden, sondern bereits wenige Stunden nach dem Ereignis möglich. Die Erstaufnahme deute auf eine Frühphase eines Infarktes hin mit Verhältnissen, die lediglich in den ersten vier bis acht Stunden eines Infarktes zu sehen seien. Bei einem Alter von 20 bis 24 Stunden seien andere Strukturen zu erwarten gewesen. Nach allen Erfahrungen liege bei der Klägerin eine sehr frühe Diagnostizierung bereits in den ersten Stunden nach dem Infarktereignis vor. Ursächlich für den Infarkt, darin seien sich alle bisherigen Gutachter einig, sei die angiographisch erkennbare Dissektion der linken Aorta carotis. Der Zusammenhang zwischen traumabedingtem Carotiseinriss und nachfolgendem Verschluss sei eine typische Komplikation bei HWS Überstreckungstraumen. Sowohl der Einriss wie auch die Darstellung in der angiographischen Untersuchung sprächen für eine traumatische Genese. Hierbei reiße ein Teil der Innenhaut des Gefäßes ein. Es komme zu einer Einengung des Gefäßes und zu einer anschließenden zunehmenden Thrombosierung, welche letztlich zu einem Verschluss des Gefäßes führe. Dieser Mechanismus sei bei der Klägerin als höchstwahrscheinlich anzusehen. Durch den Gefäßverschluss habe sich zeitlich verzögert der Hirninfarkt ausgebildet. Unwahrscheinlich sei ein Carotisverschluss aufgrund von Risikofaktoren, da die hierfür zwingend notwendigen Gefäßveränderungen nicht beschrieben seien.
Hierzu hat die Beklagte Stellungnahmen des Dr.L. , des Prof. Dr.B. und des Dr.N. vorgelegt. Dr.L. führt aus, dass bei dem Unfall eine höhere Seitenaufprallgeschwindigkeit auszuschließen sei. Ebenfalls auszuschließen sei ein frontaler Aufprall mit hoher Geschwindigkeit, der ggf. zu einer Distorsion der Halswirbelsäule hätte führen können. Ein HWS- Schleudertrauma, das zur Überstreckung der Halswirbelsäule führe, habe ebenfalls nicht stattfinden können, da der Unfallmechanismus dafür in keiner Weise geeignet gewesen sei. Dazu hätte der von der Klägerin gesteuerte Pkw durch einen Aufprall des Fahrzeughecks beschädigt sein müssen. Eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule sei ebenfalls ausgeschlossen worden. Dr.S. führe aus, dass das Sichtbarwerden eines Infarktes mit der modernen Computertomographiegeneration üblicherweise nicht erst nach 12 bis 14 Stunden, sondern bereits wenige Stunden nach den Ereignissen möglich sei. Es sei also möglich und nicht in jedem Falle nachweisbar. Auch nach dem neuesten zitierten Werk sei der erste Nachweis eines Infarktes nach acht Stunden, frühestens nach vier Stunden zu erwarten, was jedoch nicht gleichbedeutend mit zu beweisen sei. Im Bereich der linken Halsschlagader sei im mittleren und unteren Anteil eine ausgeprägte Mediasklerose festgestellt worden und eine geringe vordere und hintere Verkalkung an der Bifurkation. Damit sei eindeutig nachgewiesen, dass Gefäßveränderungen dort vorhanden seien, die wahrscheinlich mit den Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie und verstärkten Nikotinkonsum im Zusammenhang stünden. Das Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, eine Carotisdissektion hervorzurufen. Mit Wahrscheinlichkeit hätten bereits zum Unfallzeitpunkt Gefäßveränderungen bestanden, die unfallunabhängig ursächlich für die Gefäßveränderung an der Carotis interna gewesen seien.
Prof.Dr.B. führt aus, dass bei einer geschätzten Geschwindigkeit des Pkw der Klägerin mit maximal 90 km/h von einer primären Kollisionsgeschwindigkeit von 20 km/h ausgegangen werden müsse. Der Pkw sei jedoch nicht auf das Heck des Lkw geprallt, wodurch eine Hyperflexionsbewegung der HWS hätte entstehen können, sondern es sei zu einem Entlangschlittern am Lkw gekommen, wodurch die Kollisionsenergie über eine lange Strecke allmählich aufgebraucht worden sei, so dass nur von einer sehr starken Verzögerung des Pkw die Rede sein sollte. Wie es unter diesen Umständen zu einer Verletzung des Halses gekommen sein solle, sei nach wie vor nicht begründbar. Der unmittelbare Anprall mit Akutverzögerung des Fahrzeuges habe eine eher geringgradige Beschleunigung des Kopfes nach vorne zur Folge, ob sich an diese Mitbewegung, die naturgemäß nicht zu einer Überdehnung der Halsschlagader führen könne, eine gegenläufige Bewegung des Kopfes nach hinten eingestellt habe, sei denkbar, aber ungewiss und ob die verbliebene Energie ausreiche, eine nicht krankhaft veränderte Schlagader so zu überdehnen, dass die Innenhaut derselben einreiße, nicht vorstellbar.
Dr.N. hat eine Dissektion der Arteria carotis interna links als immer noch nicht mit Sicherheit bewiesen angesehen. Ein zeitlicher Zusammenhang sei für Annahme eines kausalen Zusammenhanges ein Argument, aber selten allein geeignet, eine Kausalität zu begründen. Der Feststellung des Dr.S. , der Zusammenhang zwischen traumabedingtem Carotiseinriss und nachfolgendem Verschluss sei eine typische Komplikation bei HWS-Überstreckungstraumen, könne nicht gefolgt werden. Bei einer Untersuchung von 15.000 Unfällen, bei denen eine HWS- Zerrung diagnostiziert worden sei, sei in keinem der untersuchten Fälle eine derartige Gefäßverletzung festgestellt worden. Ein HWS-Über-streckungstrauma habe nicht vorgelegen. Allenfalls sei eine HWS-Hyperflexion möglich. Eine entsprechende unphysiologische, biomechanische Belastung der Halswirbelsäule setze voraus, dass die Insassin eines Pkw auf ein Hindernis auffahre und dass es zu einer bestimmten plötzlichen Fahrzeugverzögerung komme. Dies sei bei einem Auffahren mit 90 km/h auf einen Lkw mit 65 bis 70 km/h möglich, entspreche jedoch nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf. Der Pkw sei vielmehr mit dem äußersten rechten Eckbereich gegen den Unterfahrschutz des Anhängers aufgefahren und dann durch die Formgebung abgewiesen worden und im weiteren Verlauf an der Längsseite entlanggeschrammt.
Das Sozialgericht hat weiter ein Gutachten des Prof.Dr.B. , Neurochirurgische Klinik und Poliklinik des Klinikums G. vom 12.01.2000 eingeholt. Zur Pathogenese der Karotisdissektion führt der Sachverständige aus, dabei komme es zum Einriss der innersten Schicht der Gefäßwand. Das Blut aus dem Gefäß dringe dann in die Arterienwand ein und schaffe eine falsche Richtung über eine mehr oder minder lange Strecke. Dabei werde die Passage des Blutes beeinträchtigt. Zur Infarktbildung als Folge einer Dissektion komme es, wenn sich an der Stelle des Einrisses der Gefäßwand Blutgerinnsel bildeten, lösten und im Gehirn Gefäße verlegten, oder wenn die Einengung der Gefäßrichtung keine ausreichende Versorgung des Gehirns zulasse. Prinzipiell werde die spontane Dissektion mit oder ohne assoziiertem Bagatelltrauma von der traumatischen Dissektion im Rahmen einer definitiven Verletzung der Halsweichteile unterschieden. Spontane Dissektionen - mit oder ohne Bagatelltrauma - seien häufiger als die traumatischen Formen. Bei den spontanen Formen finde man als Begleitfaktoren gehäuft - aber nicht immer - eine Anzahl von prädisponierenden Faktoren, zu denen jedoch nicht die arteriosklerotischen Veränderungen zählten. In ca. 40 % der Fälle lasse sich anamnestisch ein Bagatelltrauma identifizieren. Als möglicher Mechanismus werde u.a. ein übermäßiges und rasches Nachvornenicken des Kopfes mit Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Halswirbelsäule angesehen. Karotisdissektionen könnten zudem durch eine Überstreckung des Halses, z.B. im Rahmen eines Auffahrunfalls von hinten, mit Streckung der Halsader und Abscheren an den Fortsätzen der Wirbelsäule auftreten. Eine Literaturstelle komme zu dem Schluss, dass die Ursache der spontanen Dissektion bei den meisten Patienten unklar bleibe. Die Pathogenese sei vermutlich multifaktoriell und beinhalte mechanische Faktoren und eine zugrunde liegende Störung der Gefäßwand. Bemerkenswert sei, dass äußere Verletzungszeichen bei Patienten auch mit traumatischer Carotisdissektion häufig fehlten.
Typisch für die Dissektion sei ein symptomfreies Intervall zwischen auslösendem Ereignis und neurologischen Auffälligkeiten. Das Intervall könne fehlen oder es könne wenige Stunden lang sein, teils auch Jahre betragen. Am häufigsten würden freie Intervalle zwischen drei Stunden und wenigen Tagen nach der Verletzung beschrieben.
In seiner Zusammenfassung geht der Sachverständige davon aus, dass die im Fahrtenschreiber dokumentierte Geschwindigkeit des Lkw ca. 65 bis 70 km/h betragen habe und die vom Lkw-Fahrer geschätzte Geschwindigkeit der Klägerin ca. 80 Stundenkilometer. Es habe damit eine Geschwindigkeitsdifferenz von 20 km/h bestanden. In engstem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall sei es zur Dissektion der linken, inneren Kopfschlagader gekommen. In typischer Weise seien von der bis zum Unfall neurologisch unauffälligen Probandin Hals- und Kopfschmerzen unmittelbar nach dem Unfall angegeben worden. Typischerweise finde sich ein symptomfreies Intervall bis zur Feststellung von Störungen durch den Ehemann. Computertomographisch hätten sich sieben Stunden nach dem Unfall beginnende Zeichen einer Infarktbildung des Gehirns gezeigt. Ein derartig früher Nachweis sei ohne Weiteres zu erwarten, da sich ein Infarkt heute computertomographisch bereits innerhalb der ersten sechs Stunden mit einer Sensitivität von 60 bis 70 % zeige. Häufig fänden sich Veränderungen bereits zwischen einer und zwei Stunden nach dem Ereignis. Zusammenfassend bestehe zur Frage des Vorliegens einer Dissektion der inneren linken Kopfschlagader kein Zweifel. Auch sei ein engster zeitlicher Zusammenhang der Dissektion mit dem Unfall unbestreitbar.
Von einer der Gruppe der traumatischen Dissektionen zuzuordnenden Gefäßverletzung könne angesichts der mäßigen Aufprallgeschwindigkeit und dem Fehlen äußerer Verletzungen nicht sicher ausgegangen werden. Andererseits schließe aber das Fehlen äußerer Verletzungen eine traumatische Genese nicht sicher aus. Am ehesten sei das zu beurteilende Krankheitsbild im Sinne einer spontanen Carotisdissektion bei Bagatelltrauma zu werten. Als Mechanismus der Schädigung müsse eine Hyperflexion des Kopfes angenommen werden, also ein rasches Nachvornenicken mit Gefäßverletzung durch Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Wirbelsäule. Eine Überstreckung des Halses sei aufgrund des Unfallablaufs nicht anzunehmen. Zur Einschätzung des Ausmaßes der Mitverschuldung eines Bagatelltraumas an der im vorliegenden Fall vorliegenden schweren Entwicklung einer Carotisdissektion zitiert der Sachverständige den später im Berufungsverfahren als Sachverständigen gehörten Prof.Dr.F.: "Cerebrovaskuläre Allgemein- und Lokalsymptome bei sogenannter spontaner Carotis-vertrebralis-Dissektion werden bei gesichertem oder "erfragtem" engem zeitlichen Zusammenhang (Stunden - wenige Tage) mit Rotationen/Überstreckungen der Halswirbelsäule (Trampolinspringen, Radfahren) in Zusammenhang gebracht. Wenn überhaupt, könne bei ausreichend schwer erscheinender Belastung nur ein die Manifestation fördernder Teilfaktor anerkannt werden (aus Fritze 1996, S.707)."
Wesentlich müsse im vorliegenden Fall bedacht werden, dass bekannte Risikofaktoren bei der Klägerin gefehlt hätten. Die Pathogenese der mit einem Bagatelltrauma assoziierten spontanen Carotisdissektion sei multifaktorell. Bei der Klägerin ließen sich weitere Faktoren allerdings nicht nachweisen. Infolgedessen gewinne das Bagatelltrauma als Teilursache der zeitlich mit dem Unfall eng verbundenen Carotisdissektion an Gewicht. Angesichts des Fehlens von mehr oder minder anerkannten Risikofaktoren werde im vorliegenden Fall von einer wesentlichen Mitverursachung des Unfalls an der Carotisdissektion ausgegangen, mit nachfolgender schwerer Invalidisierung der Klägerin. Die hieraus abzuleitende MdE betrage 100 v.H.
Zum Gutachten des Radiologen S. ist ausgeführt, ein Überstreckungstrauma habe vermutlich nicht vorgelegen. Auslöser sei vielmehr eine Hyperflexion mit einer Rotationskomponente. Wegen der geringen Geschwindigkeitsdifferenz der Fahrzeuge sei das Trauma jedoch als Bagatelltrauma anzusehen.
Hierzu hat die Beklagte erneut eine Stellungnahme des Dr.L. vorgelegt. Darin ist ausgeführt, ein Bagatelltrauma könne bei dem Ereignis vom 15.09.1995 nicht sicher ausgeschlossen werden, jedoch komme diesem "Trauma" eine untergeordnete Bedeutung zu, wenn man bedenke, dass auch bei Husten und Niesen eine Carotisdissektion auftreten könne. Somit könne dem möglicherweise zu unterstellenden Bagatelltrauma lediglich die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zukommen, d.h. das Gefäß müsse sich in einem Zustand befunden haben, dass jede andere Belastung des täglichen Lebens diese Schädigung hätte hervorrufen können. Nach der Literatur träten im zeitlichen Ablauf nach einer Carotisdissektion ischämisch bedingte Schlaganfälle als Erstmanifestation einer Symptomatik in nur 10 bis 15 % der Fälle auf. Ein kompletter Schlaganfall, wie bei der Klägerin, Stunden nach dem Ereignis registriert, trete statistisch gesehen fünf Tage nach den Erstsymptomen auf. Somit könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass bereits vor dem Ereignis eine Carotisdissektion stattgefunden habe und sich die Symptomatik entwickelt habe.
Mit Urteil vom 18.05.2000 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Unfalls vom 15.09.1995 eine Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. zu bewilligen. In seiner Begründung hat es sich auf das Gutachten des Prof.Dr.B. gestützt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.1998 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Sachverständigen Prof.Dr.B. mit der erneuten Erstellung eines Gutachtens beauftragt und ihm dabei Fragen mit der näheren Begründung hierfür gestellt. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung alle zugrunde gelegten Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein müssen. Lediglich für die Annahme der Kausalität genüge die einfache Wahrscheinlichkeit, d.h. dass deutlich überwiegende Gründe für den Ursachenzusammenhang sprechen müssten. Zu den beweisbedürftigen Tatsachen gehörten die eingetretenen Gesundheitsstörungen. Gefragt hat der Senat, ob mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest stehe, dass bei der Klägerin eine Carotisdissektion eingetreten sei. Die Bejahung dieser Frage im Gutachten sei nicht nachvollziehbar begründet. Im eigenen Klinikbericht vom 22.09.1995 seien nur von "vereinbar mit ...", in dem Zusatzgutachten nur von einem höchstwahrscheinlichen Mechanismus bzw. einer Wahrscheinlichkeit der Schlussfolgerung die Rede. Sofern eine Carotisdissektion nicht bewiesen sei, müsse der Nachweis des wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs anders geführt werden.
Bei einem Beweis der Dissektion verblieben noch Fragen zum Gutachtensergebnis. Es bedürfe nicht nur deutlich überwiegender Gründe für den Ursachenzusammenhang, der Unfall müsse auch wesentliche Ursache oder Teilursache gewesen sein. Erörtert werde die spontane und die traumatische Dissektion. Für den nicht medizinisch gebildeten Leser ergebe sich kaum mehr als eine möglicher (zeitlicher bzw. anamnestischer) Zusammenhang. Auf die neueste Ausgabe des zitierten Werkes von Fritze werde stellvertretend verwiesen. Vor allem aber stelle sich anhand dieser Literaturstelle die Frage, wie bei jeder schweren Gesundheitsstörung mit vorangegangenem Bagatelltrauma, nämlich ob die angenommene Einwirkung wesentliche Mitursache gewesen sei. Auch hierzu solle Stellung genommen werden. Eine die Carotisdissektion verursachende Einwirkung müsse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Es genüge nicht, dass die Einwirkung nicht ausgeschlossen werden könne. Die Frage war, ob im vorliegenden Fall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Unfall eine das Trauma verursachende Einwirkung vorgelegen habe und worin sie bestanden habe.
Der Sachverständige hat daraufhin am 27.09.2001 geantwortet, aufgrund der vorliegenden klinischen Symptomatik, der fehlenden Begleitfaktoren und der zeitlichen Abhängigkeit vom Trauma sei der angiographische Befund beweisend für eine Carotisdissektion. Der Unfall sei somit wesentliche Ursache der Carotisdissektion. Beim Unfall habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Einwirkung vorgelegen, die die Carotisdissektion verursacht habe. Das vorliegende Trauma mit stark eingedrücktem rechten Kotflügel und zum Teil stark eingedrückten Türen der rechten Längsseite führe zu einem übermäßigen und abrupten Nachvornenicken des Kopfes. Die dabei auftretende Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Halswirbelsäule reiche vollständig aus, eine Carotisdissektion zu verursachen.
Der Senat hat daraufhin ein Gutachten des Prof.Dr.F. vom 12.11.2001 eingeholt.
In dem röntgenologischen Zusatzgutachten des Prof.Dr.N. ist ausgeführt, die computertomographischen Befunde im September und Oktober 1995 passten zu einer langstreckigen Dissektion der Arteria carotis interna. Die zeitliche Differenz zwischen dem Unfallereignis um 10.oo Uhr und nachweisbaren Infarktzeichen um 17.4o Uhr weise eine zeitgerechte Norm auf. Die vorliegende Angiographie lasse keine Aussage über das Alter der Dissektion der Carotis interna links zu. Ob das Unfallereignis vom 15.09. 1995 zur Carotisdissektion mit konsekutiver Entwicklung von Thromben und dem Mediateilinfarkt links geführt habe, sei aus den vorliegenden Untersuchungen nicht herzuleiten. Der Sachverständige bezieht sich sodann auf einen zwei Tage vorher liegenden Unfall der Klägerin, der bis dahin im Raum gestanden hatte, bei dem es sich nach dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen jedoch um einen Motorschaden ohne fremde Einwirkung gehandelt hat. Der Sachverständige führt aus, es wäre durchaus denkbar, dass in Abhängigkeit von der Art des vorangegangenen Traumas primär die Carotisdissektion mit nachfolgender Thrombenbildung entstanden sei, und dass der zweite Unfall dann zu einem Ablösen von Thromben in das Mediastromgebiet links mit konsekutiver Infarzierung geführt habe.
In der Erörterung der vorhergehenden Befunde und Gutachten führt Prof.Dr.F. zu dem Gutachten des Prof.Dr.B. aus, offen bleibe für ihn die Antwort auf die Frage, ob die Unfallenergie wirklich die Manifestierung der Carotisdissektion habe verursachen können. Die Ausführungen des Prof.Dr.B. seien aber insoweit plausibel, als der Unfall vom 15.09.1995 - möglicherweise durch eine Thromboembolie oder gewissermaßen durch eine Komplettierung der Halsschlagaderverletzung - die nachfolgende Thrombose und die Symptomatologie erkläre. Jedenfalls entstünden die weitaus meisten Dissektionen der Arteria-carotis-Wand durch den arteriosklerotischen Prozess, traumatische Entstehungen seien selten und die Entstehung einer Dissektion durch ein sogenanntes Schleudertrauma gebe es nahezu nicht. Dieser Mechanismus sei zumindest sehr selten.
Der Argumentation des Sachverständigen Prof.Dr.B. , wonach Verletzungen des Kopfes und des Halses nach dem Unfall nicht feststellbar gewesen seien, keine Kopf- oder Nackenschmerzen und keine Bewegungsstörungen des Halses bestanden hätten, eine Verletzung der Halsschlagader durch einen Schleudermechanismus des Kopfes bei Pkw-Unfällen bisher in der Fachliteratur noch nicht beschrieben sei und die durch die Beschleunigung des Kopfes gegenüber dem Rumpf bei plötzlichem Bremsen auftretenden Kräfte bei intakter Muskulatur und Halswirbelsäule nicht in der- sofern nicht an dieser Stelle bereits hochgradige Verschleißveränderungen vorlägen, so dass auch diese ungeeigneten Vorgänge zu Einrissen führen würden, stimmt der Sachverständige grundsätzlich zu, denn nach der entsprechenden Literatur entstünden Dissektionen der Arteria carotis weit überwiegend durch vorbestehende arteriosklerotische Prozesse, selten durch eine direkte Traumatisierung und nahezu niemals durch ein Schleudertrauma.
Der Sachverständige erörtert sodann das Krankheitsbild der Arteriosklerose und deren Pathogenese. Er erläutert zusammenfassend, sie sei ein chronischer, rezidivierender Zerstörungsprozess der Gefäßwand, bei dem die Zusammenballung von Blutplättchen, die Insutation von Blutplasmabestandteilen, Geschwürsbildungen und Fetteinlagerungen sowie nicht selten Verkalkungen und Thrombenbildungen in der Gefäßwand zu Gewebszerstörungen führten. In den Halsschlagadern könne es durch Eindringen von Blut in die Wand zu deren Zerreißung und Zersplitterung, zur Dissektion kommen. Diese könne zur Arterienwandruptur oder in der Gefäßwand zur Bildung von Bluttröpfchen, also Thromben, führen. Solche Thromben würden als Embolien in das periphere Stromgebiet verschleppt und führten damit sekundär zur Verstopfung kleinerer arterieller Gefäße wie z.B. der Arteria ceberi media mit nachfolgenden Durchblutungsstörungen des Gehirns wie bei der Klägerin. Zeitliche Zuordnungen von solchen Gewebsprozessen nach den radiologischen Bildern seien extrem schwierig oder sogar unmöglich.
Mit den entsprechenden Vorgutachtern ist der Sachverständige im Ergebnis einig, dass zum einen eine zeitliche Zuordnung der Carotisdissektion zum Unfall nicht möglich sei, zum anderen der Unfall selbst nicht geeignet gewesen sei, eine Carotisdissektion wesentlich mitzuverursachen. Der Unfall vom 15.09.1995 sei nicht mit Wahrscheinlichkeit die Ursache der Dissektion und des Verschlusses der linken Arterie Carotis interna, sondern es habe entweder ein anderes und nach dem Akteninhalt nicht bekannt gewordenes Ereignis oder der arteriosklerotische Prozess selbst Stunden oder Tage vor dem Unfall vom 15.09.1995 zur Dissektion der Arterienwand bzw. zum Verschluss der Arteria carotis interna geführt, dann aber habe das Unfallereignis durch die damit verbundenen Kreislaufreaktionen, z.B. mit Blutdruckerhöhung, Beschleunigung der Herzaktionen, also mit einem beginnenden Kreislaufschock zur Loslösung von Teilthromben aus dem die Arteria carotis links weitgehend verschließenden Thrombos geführt. Nach seiner Meinung als Gutachter sowie nach der des Prof. Dr.N. sei es durchaus plausibel, dass eine vorbestehende Dissektion der Arterienwand nachfolgend zur Thrombenbildung in der Arteria carotis interna geführt habe und dass sich von dieser progredienten Thrombose Thromben abgelöst hätten und auf embolischen Wege zu den progredienten Mediainfarzierungen geführt hätten. Es sei also durchaus plausibel, dass die den Media-Infarkt bzw. die ihm zugrunde liegende Hirndurchblutungsstörung die Fahrtüchtigkeit der Klägerin beeinträchtigt habe, womit ihre auffällige Verhaltensweise im anschließenden Gespräch mit dem Lkw-Fahrer sich erklären würde, und die mit dem Unfallereignis verbundene Kreislaufregulationsstörung die embolische Verschleppung eines Thrombus verursacht oder wesentlich mitverursacht habe. Damit wäre das Unfallereignis eine wesentliche Mitursache einer Hirnembolie aus der thrombotisch verschlossenen Arteria carotis interna in die linke Arterie cerebri media. Mit einer solchen Interpretation wäre der klinische Verlauf mit progredienter Symptomatik logisch zu erklären. Die Folgen einer Carotiswanddissektion, aus welcher Ursache auch immer, mit anschließender Thrombosierung des Gefäßes und mehrfacher Embolisierung ins Gehirn sei in der Regel kein momentanes Ereignis sondern ein dynamisches Geschehen. Diese Deutung der Untersuchungsbefunde und des Ablaufs der Ereignisse bzw. der Symptomatologie zeige die Schwierigkeiten der medizinisch-gutachtlichen Beurteilung, die mit der rechtlich geforderten Wahrscheinlichkeit sogar nicht möglich sei.
Die Dissektion der Wand der Arteria carotis interna links und die sekundär entstandene Thrombose in diesem Gefäß seien mit Wahrscheinlichkeit nicht durch den Unfall am 15.09.1995 gegen 10.oo Uhr vormittags entstanden, weil der Ablauf und die Intensität des Unfallereignisses einen solchen Zusammenhang ebenso unwahrscheinlich machten, wie weiterhin nach der statistischen Häufigkeit eine Dissektion dieses relativ geschützt im Halsbereich gelegenen Gefäßes niemals ohne eine unmittelbare Traumatisierung zustande komme. Ein sogenanntes Schleudertrauma des Kopfes sei im Gegensatz zu einer unmittelbaren Traumatisierung des Gefäßbereiches ohne dessen Vorschädigung durch Arteriosklerose kaum geeignet, zu Verletzungen der Gefäßwand zu führen. Der Sachverständige bezieht sich sodann auf ein Literaturstelle in einem von ihm herausgegebenen Buch, das eine Carotisdissektion als Traumafolge unter anderem bei Schleudertraumen unter bestimmten Voraussetzungen und Begleitumständen als möglich ansieht und führt hierzu aus, bei der Klägerin seien am Nachmittag des Unfalltages aber keine äußeren Verletzungsfolgen im Halsbereich zu erkennen gewesen und es seien auch keine entsprechenden Schmerzen geklagt worden. Schließlich sei der Unfallhergang auch kaum geeignet gewesen, zu einem Schleudertrauma zu führen. Ohne die Annahme einer Gefäßvorschädigung könne der Sachverständige trotz der bei der Angiographie beschriebenen relativ geringen Arterioskleroseherde einen ursächlichen Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, müsse aber zugeben, dass die Verschleppung von Thrombusteilchen in die Arteria cerebri media etwa zum Zeitpunkt des Unfalls die nach etwa vier Stunden auftretende Symptomatik zu erklären vermöge. Naturgemäß sei es aber auch nicht auszuschließen, dass schon die Fahrtüchtigkeit durch Dissektion und beginnende Carotis interna Thrombose beeinträchtigt gewesen sei, was aber naturgemäß an eine Hypothese grenze.
Die hieraus resultierende MdE schätzt der Sachverständige mit 100 v.H. ein.
Die Beklagte ist hierzu zusammengefasst der Meinung, dass der Sachverständige zwar einen denkbaren und möglichen Ursachenzusammenhang darstelle, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür aber gerade nicht dargetan habe. In jedem Fall müsste die Lösung des Thrombus als nicht wesentliche Teilursache angesehen werden, weil die Kreislaufreaktionen der Klägerin bei dem Unfall ebenso wie die sonst als mögliche Ursachen einer Thromboslösung angesehenen körperlichen Anspannungen als austauschbare, alltägliche Belastung angesehen werden müssten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ein Gutachten von dem Neurochirurgen Privatdozent Dr.W. , Klinikum der Universität M. (Nachfolger des als Sachverständiger gehörter Prof.Dr.B. als Leiter der Gutachtenstelle) vom 24.02.2003 eingeholt. Der Sachverständige führt im Wesentlichen aus, bei der Patientin sei in typischer Weise eine traumatische Dissektion im Bereich der linksseitigen Arteria carotis interna sicherlich im Zusammenhang mit dem Trauma vom 15.09.1995 aufgetreten. Die bisher widersprüchlich diskutierte Situation eines bereits vorangegangen Traumas sei nicht sicher festzustellen. Die Diagnose einer traumatischen Carotisdissektion sei richtig gestellt worden. Vom Pathomechanismus her träten derartige Verletzungen durch dreierlei Mechanismen auf: 1. durch eine Überstreckung und Rotation des Halses zur Gegenseite, wodurch die Arteria carotis interna gegen die Querfortsätze des zweiten und dritten Halswirbels gedrückt werde, 2. der Hals werde im Sinne einer Hyperflexion eingeengt, so dass der Kieferwinkel die Carotis gegen diese beiden Querfortsätze drücke und zu einer Veletzung der Arteria carotis interna führe, dieser Mechanismus sei in entsprechenden Gutachten des Prof.Dr.B. als möglicher schädigender Mechanismus angeführt, 3. ein hypertropher Griffelfortsatz, der eine Ansatzstelle für verschiedene muskuläre und ligamentäre Strukturen zum Zungenbein und zur Mandibula biete, könne im Rahmen der Hyperflexion des Kopfes zu einer Verletzung der Carotis führen. Letzterer Mechanismus sei eher selten einzustufen. Die größte zusammenhängende Serie von Carotis-Dissektionen sei aus der Mayo-Klinik in Rochester berichtet. In deren Statistik finde sich als Verursacher von insgesamt 18 Fällen mit traumatischer Dissektion in 11 Fällen ein Verkehrsunfall, die übrigen Verletzungen, die als Ursache für eine Dissektion aufgeführt worden seien, seien unterschiedlicher Natur. Es werde diskutiert, dass auch leichtere Verletzungen eine Rolle spielen könnten, weshalb das bei der Klägerin vorgelegene Trauma durchaus adäquat und in der Lage sei, diese Verletzung zu setzen. Interessanterweise seien als Risikofaktoren für eine spontane, d.h. nicht traumatisch bedingte Carotis-Dissektion, die Hypertonie und die sonstigen Risikofaktoren für die Arteriosklerose, aber nicht das Rauchen angeführt. Generell schädige aber Rauchen in der Regel immer die Gefäße und sei als Disposition für eine Gefäßschädigung anzusehen. Gerade im Fall der Dissektion habe sich aber kein statistisch signifikanter Zusammenhang eruieren lassen. Dies widerspreche dem in mehreren Gutachten angeführten Fakt der Nikotinabusus der Klägerin als Prädiposition. Bezüglich des Pathomechanismus scheine es ihm ausreichend zu sein, wenn der Lkw mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h unterwegs gewesen sei und die Patientin mit etwa 20 km/h (d.h. 90 km/h) ihn habe überholen wollen, so dass es zu den entsprechenden Kopfbewegungen habe kommen können.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass die traumatische Carotis-Dissektion im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfall zu sehen sei. Obwohl es sich um keinen schweren Unfall im Sinne einer Frontalkollision etc. gehandelt habe, reiche der Unfall, bei dem die Klägerin mit dem Pkw an einen Lkw entlanggeschrammt sei aus, entweder durch eine Hyperextension und Seitwärtsdrehung, möglicherweise als zweite Bewegung oder durch eine Hyperflexion des Halses und eine Abknickung der Carotis durch den Kieferwinkel und Pressen der Carotis gegen HWK 2 und 3 diese Schädigung hervorzurufen. Typisch sei die Latenz des Auftretens der Symptome nach dieser Zeit. Festzuhalten sei, dass mit Ausnahme des Sachverständigen Prof.Dr.B. die entsprechende aktuelle Literatur zu diesem Thema und vor allem die Erfahrung der Mayo-Klinik mit dieser Erkrankung nicht ausreichend Würdigung gefunden hätten.
Die Beklagte hat hiergegen eingewendet, dass sich im Ergebnis lediglich einmöglicher Zusammenhang von Unfallereignis und Körperschaden ergebe.
Die Parteien haben ihr Einverständnis für die Entscheidung nach § 124 Abs.2 SGG abgegeben.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts im vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist auch begründet.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den Vorschriften der RVO, weil der streitgegenständliche Unfall vor dem 01.01.1997 geschehen ist und erstmals über einen Verletztenrentenanspruch für einen davor liegenden Zeitraum zu entscheiden ist (§§ 212, 214 SGB VII).
Arbeitsunfälle waren nach § 548 Abs.1 RVO Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Hierzu gehörte nach § 539 Abs.1 Nr.1 RVO auch der Weg, den die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Betriebsratstätigkeit zurückgelegt hat (vgl. Ricke KassKomm, Stand Januar 1993 § 548 RVO 1939), nach § 550 Abs.1 RVO auch, sofern es sich um den Heimweg von der Betriebsveranstaltung gehandelt haben sollte.
Für die Annahme eines Arbeitsunfalles ist u.a. erforderlich, dass die geschützte Verrichtung und die mit ihr verbundene äußere Einwirkung auf den Körper des Versicherten wesentlich ursächlich oder wenigstens mitursächlich für eine Gesundheitsstörung gewesen ist. In den Fällen, in denen das Unfallereignis in kausaler Konkurrenz mit einer bei dem Versicherten vorhandenen Krankheitsanlage den Körperschaden herbeigeführt hat, erfordert der Unfallzusammenhang, dass das Unfallereignis eine wesentliche Bedingung für das Entstehen des Körperschadens und nicht die Krankheitsanlage oder der Vorschaden von hervorragender Bedeutung und damit die alleinige Ursache war. Das Vorhandensein einer Anlage oder eines Vorschadens schließt hiernach allein nicht aus, den Körperschaden als durch das Unfallereignis mitverursacht anzusehen. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen in ihrer Art unersätzlichen äußeren Einwirkung bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für diese wertende Gegenüberstellung müssen die konkurrierenden Ursachen sicher feststehen (BSG Urteil vom 06.12.1989, Az.-: 2 RU 17/89). Hierbei bedürfen wie auch sonst im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben müssen (vgl. BSGE 45, 285). Dies betrifft in erster Linie den Unfallvorgang selbst. Der die Annahme eines Unfalles begründende Sachverhalt muss in vollem Umfange bewiesen sein. desgleichen alle für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs erheblichen Tatsachen. Lassen sich die für die Annahme einer wesentlichen Ursache notwendigen Tatsachen nicht in vollem Umfang beweisen, trägt das Risiko dieses Mißlingens derjenige, der seinen Anspruch auf diese Tatsache stützt. Lediglich für die Begründung des Ursachenzusammenhangs genügt, dass er hinreichend wahrscheinlich ist (BSGE 61, 127 m.w.N.). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht dann, wenn deutlich überwiegende Gründe für die Annahme der Tatsache sprechen (BSGE 45, 285).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich eine der Klägerin günstige Entscheidung nicht auf die Gutachten des Radiologen S. , des Prof.Dr.B. und des Prof.Dr.F. stützen.
Erforderlich für die Annahme eines Unfalls ist, dass es durch äußere Einwirkung zu einer körperlichen Schädigung des Versicherten gekommen ist und dass diese äußere Einwirkung wenigstens wesentliche Teilursache hierfür war. Im vorliegenden Fall ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als bewiesen anzusehen, dass es im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall zur Ausbildung eines Hirninfarktes gekommen ist. Nach wie vor kann jedoch nicht als erwiesen angesehen werden, dass dem eine Carotisdissektion links vorausgegangen ist. Die von den Sachverständigen der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau insoweit ausgesprochenen Zweifel müssen auch nach kritischer Würdigung der weiteren Sachverständigengutachten als durchgreifend angesehen werden. Weder in den Gutachten des Radiologen S. noch des Prof.Dr.B. , des Prof.Dr.N. oder des Prof.Dr.F. wird überzeugend dargelegt, warum aus den radiologischen Befunden, die durchwegs nur die "Vereinbarkeit" mit einer Carotisdissektion konstatieren, die Schlussfolgerung der Gewissheit gezogen wird.
Selbst wenn man jedoch mit den entsprechenden Sachverständigen vom Nachweis einer Carotisdissektion links ausgeht, lässt sich weder eine Verursachung dieser Carotisdissektion durch den Verkehrsunfall mit Wahrscheinlichkeit begründen noch ein Zusammenhang des Hirninfarkts mit dem Unfall bei einer möglicherweise vorbestehenden Carotisdissektion.
Zu einem HWS-Überstreckungstrauma, wie von dem Sachverständigen S. angenommen, kann es nach der insoweit einhelligen Meinung der übrigen Sachverständigen bei dem Verkehrsunfall nach dessen technischem Ablauf nicht gekommen sein.
Der Meinung des Sachverständigen Prof.Dr.B. , wonach es durch übermäßiges und abruptes Nachvornenicken des Kopfes zu einer Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Halswirbelsäule gekommen und dies die wesentliche Ursache der Carotisdissektion geworden sei, kann nicht gefolgt werden. Die dieser Annahme zugrunde liegenden Tatsachen sind ebenso wie weitere zur Beweisführung herangezogene Tatsachen nicht bewiesen und nicht beweisbar.
Das Gutachten geht von einem Auffahrunfall mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 20 km/h aus. Die Geschwindigkeitsdifferenz wird errechnet aus der im Fahrtenschreiber dokumentierten Geschwindigkeit des Lkw von ca. 65 bis 70 km/h und der Einschätzung des Lkw-Fahrers der von der Klägerin gefahrenen Geschwindigkeit. Abgesehen davon, dass dies nur eine Geschwindigkeitsdifferenz von 10 bis 15 km/h ergäbe, müsste unter Beweisgesichtspunkten die Aussage des von der Staatsanwaltschaft gehörten technischen Sachverständigen herangezogen werden, wonach der Lkw-Fahrer gegen Ende des relevanten Geschehens ca. 70 km/h gefahren sei. Auf der anderen Seite kann die Einschätzung der Geschwindigkeit durch den Lkw-Fahrer nur als subjektiv angesehen werden. Entscheidend ist jedoch, worauf insbesondere der Sachverständige Dr.N. im Zusammenhang mit den entsprechenden Berechnungen hingewiesen hat, dass von einem echten Aufprall mit einer entsprechenden Beschleunigung des Kopfes bzw. der Halswirbelsäule nicht gesprochen werden kann. Das von der Staatsanwaltschft eingeholte Sachverständigengutachten ist insoweit zu dem Ergebnis gekommen, dass von einem Anstoßen mit der rechten vorderen Fahrzeugseite des Pkw an den Unterfahrschutz des Lkw mit einer geringen Überdeckung ausgegangen werden müsse, insbesondere aber davon, dass es dadurch zu einer Abweisung des Fahrzeuges und einem anschließenden Entlangschlittern an der Längsseite des Lkw gekommen ist. Nachdem sich ein rasches Nachvornenicken des Kopfes der Klägerin nicht, auch nicht anamnestisch, belegen lässt, lässt es sich auch nicht auf die vom Sachverständigen Prof.Dr.B. angenommenen Verhältnisse stützen und ist darüber hinaus gutachterlich durch Dr.N. überzeugend in Frage gestellt. Auch die Annahme des Sachverständigen Prof.Dr.B. , die Klägerin habe in typischer Weise unmittelbar nach dem Unfall Hals- und Kopfschmerzen angegeben, ist nicht bewiesen. An der Unfallstelle hat die Klägerin, auch gegenüber der Polizei, keine derartigen Angaben gemacht. Sie sind auch sonst nirgendwo als Erstangaben dokumentiert.
Dem Sachverständigen Prof.Dr.B. kann auch darin nicht gefolgt werden, dass ein engster zeitlicher Zusammenhang der Dissektion mit dem am 15.09.1995 stattgehabten Unfall unbestreitbar sei und dies für einen Kausalzusammenhang spreche. In seinem eigenen Gutachten führt er nämlich aus, typisch für die Dissektion sei ein symptomfreies Intervall zwischen auslösendem Ereignis und neurologischen Auffälligkeiten. Das Intervall könne fehlen oder es könne wenige Stunden lang sein, teils auch Jahre betragen. Am häufigsten würden freie Intervalle zwischen drei Stunden und wenige Tage nach der Verletzung beschrieben. Damit kann die Zeitspanne zwischen dem Unfall und den neurologischen Auffälligkeiten nicht mehr als überzeugendes Argument für den Nachweis einer Carotisdissektion gerade durch den Unfall angesehen werden.
Aus den Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.B. ergibt sich darüber hinaus, wie auch aus den übrigen Gutachten, dass zusammengefasst die ursächliche Entstehung der Carotis-Dissektion weitestgehend unbekannt ist, zu einem gewissen Teil zeitliche und anamnestische Zuordnungen zu bestimmten äußeren Einwirkungen ermittelt worden sind und traumatische Verursachungen durch nicht äußere Gewalteinwirkung äußerst selten nachweisbar sind. Ferner ergibt sich aus den Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.B. , insbesondere aus seiner Bezugnahme auf Fritze, Die ärztliche Begutachtung 1996, dass in den hier in Frage stehenden Fallgruppen nur in Ausnahmefällen der angenommenen Einwirkung von außen ein wesentlicher Anteil an der Dissektion zugestanden werden könne. In der betreffenden Literaturstelle heißt es, wenn überhaupt, könne bei ausreichend schwer erscheinender Belastung nur ein die Manifestation fördernder Teilfaktor anerkannt werden. Unter diesen Voraussetzungen müsste eine ausreichend schwer erscheinende Belastung belegt werden und ferner, inwiefern sie als wesentliche Teilursache angesehen werde. An einer solchen Auseinandersetzung fehlt es in den Gutachten des Prof.Dr.B ... Dass es an anderen sogenannten Risikofaktoren fehle, reicht im vorliegenden Fall für eine entsprechende Begründung nicht aus, denn nach diesem Gutachten sind die als Begleitfaktoren bezeichneten Risikofaktoren zwar gehäuft, aber nicht immer bei der spontanen Carotisdissektion zu finden. Es verbleibt damit ein mehr oder minder großer Bereich ohne begleitende Risikofaktoren. Darüber hinaus kann es nicht als gesichert angenommen werden, dass die Arteriosklerose keinen Risikofaktor für das Auftreten einer Carotisdissektion darstelle. Die Internisten Dr.L. und Prof.Dr.F. sind hier explizit anderer Ansicht und Prof.Dr.F. unternimmt es, den Einfluss der Arteriosklerose bei der Carotisdissektion detailliert darzustellen.
Auch auf das Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.F. kann eine Entscheidung zu Gunsten der Klägerin nicht gestützt werden. Die Schlussfolgerungen im Ergebnis des Gutachtens werden durch die hierzu gehörende Begründung nicht hinreichend gestützt, sie werden im Gegenteil ausdrücklich in Frage gestellt. So schreibt der Sachverständige bzgl. des von ihm angenommenen Geschehensablaufs, mit einer solchen Interpretation sei der klinische Verlauf mit progredienter Symptomatik logisch zu erklären. Die Folgen einer Carotiswanddissektion, aus welcher Ursache auch immer, mit anschließender Thrombosierung des Gefäßes und mehrfacher Embolisierung ins Gehirn sei in der Regel kein momentanes Ereignis, sondern ein dynamisches Geschehen. Diese Deutung der Untersuchungsbefunde und des Ablaufs der Ereignisse bzw. der Symptomatologie der Klägerin seit dem Unfall zeige die Schwierigkeiten ihrer medizinisch gutachtlichen Beurteilung, die mit der rechtlichen geforderten Wahrscheinlichkeit sogar nicht möglich seien. So beantwortet der Sachverständige explizit auf die ihm vorgelegten Beweisfragen, wie sie ihm "nach der Beweislage am wahrscheinlichsten" erschienen. Die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung notwendige hinreichende Wahrscheinlichkeit dergestalt, dass deutlich überwiegende Gründe für die Annahme der Tatsache sprechen, ist in dem Gutachten jedoch nicht dargelegt, wie auch der Sachverständige selbst ausführt. Vielmehr ergibt sich aus dem Gutachten - wie vom Sachverständigen wiederum ausgeführt - lediglich die Annahme eines Geschehensablaufes, der die von dem Verkehrsunfall möglicherweise ausgehenden Einwirkungen als Ursache für den späteren Hirninfarkt plausibel machen kann. Dass andere, nicht durch den Verkehrsunfall beeinflusste Geschehensabläufe ebenso plausibel sind, ergibt sich bei kritischer Betrachtung sowohl aus dem Gutachten des Prof.Dr.F. selbst, als auch aus den Gutachten des Prof.Dr.B. und des Dr.L ... Darüber hinaus wäre aus dem Gutachten des Prof.Dr.F. nicht hinreichend nachvollziehbar, warum bei dem von ihm als plausibel angesehenen Geschehensablauf die angenommene, keineswegs jedoch bewiesene Einwirkung durch den Verkehrsunfall nicht nur Mitursache, sondern wesentliche Mitursache wäre. Selbst wenn man von den vom Sachverständigen beispielhaft angeführten Auslösern wie einer hypertonen Kreislaufregulationsstörung oder einer Präschocksymptomatik, die im vorliegenden Fall jedoch nicht als bewiesen angesehen werden könnten, ausginge, hätte bei dem Gefährdungspotential, das von der angenommenen Carotisdissektion ausgegangen wäre, nachvollziehbar abgewogen werden müssen, warum diesen Einwirkungen nach den Anschauungen des praktischen Lebens die wesentliche Bedeutung für den Hirninfarkt zukam.
Das Gutachten des Privatdozenten Dr.W. bringt keinerlei neuen Erkenntnisse im Vergleich zu den zuvor eingeholten Sachverständigengutachten. Im Ergebnis ist der Beklagten darin Recht zu gegen, dass das Gutachten lediglich einen möglichen Verletzungszusammenhang aufweist, die dafür nötigen Beweise des Unfallablaufes ebenfalls schuldig bleibt und bezüglich des Ursachenzusammenhanges eine Wahrscheinlichkeit nicht überzeugend begründen kann. Der vom Sachverständigen herausgehobene mögliche Pathomechanismus ist insoweit bereits in den Gutachten des Dr.N. , Prof.Dr.B. und des Prof.Dr.F. abgehandelt. Das Gutachten des Privatdozenten Dr.W. erörtert zum einen die Entstehung der Carotis-Dissektion allein durch äußere mechanische Beeinflussung, ohne den dafür nötigen Geschehensablauf als sicher begründen zu können, ja sogar unter der Annahme alternativer Bewegungsmechanismen und lässt auf der anderen Seite sämtliche weitere Entstehungsmöglichkeiten der Carotis-Dissektion und die wissenschaftliche Ungewissheit über ihre Entstehungsmechanismen vollständig außer Betracht. Auch dieses Gutachten kann deshalb zur Überzeugung des Gerichts ebensowenig wie auf das des Prof.Dr.B. eine der Kläger günstige Entscheidung gestützt werden.
Sein Gutachten ebenso wie das zweite des Prof.Dr.B. bleiben im Ergebnis die Beantwortung der Fragen schuldig, die der Senat dem Prof.M B. gestellt hatte. Das lässt den Schluss zu, dass diesen Sachverständigen die hierfür notwendigen Argumente nicht zur Verfügung stehen (vgl. hierzu BSG Urt. 04.06.2002, Az.:B 2 u 16/01 R).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann deshalb nicht als hinreichend nachgewiesen angesehen werden, dass Einwirkungen des Verkehrsunfalles mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitursächlich für eine Körperverletzung der Klägerin waren. Damit liegt auch kein Arbeitsunfall vor. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin wegen der Folgen der von ihr geltend gemachten Gesundheitsstörungen zu entschädigen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin im Ergebnis nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten, ob die Klägerin einen Unfall erlitten hat, für dessen Folgen die Beklagte sie entschädigen muss.
Die Klägerin befand sich am 15.09.1995 mit dem Pkw auf der Rückfahrt von einer Betriebsrätetagung, als sie kurz nach 10.oo Uhr auf einer verengten Spur einer Autobahn mit einem in gleicher Richtung fahrenden Sattelzug kollidierte. Die Klägerin selbst hat keine Erinnerung an das Unfallgeschehen mehr. Insofern gab ihr Ehemann bei verschiedenen gutachterlichen Befragungen wieder, seine Frau habe ihm am Nachmittag erzählt, der Sattelzug sei ihr, während sie ihn überholt habe, in die Seite gefahren. Nachdem der Unfall als Kleinunfall polizeilich zunächst nicht weiter aufgenommen wurde, wurde der Fahrer des Sattelzuges später als Zeuge einvernommen. Er gab an, er sei normal auf seiner Fahrspur gefahren und habe im Rückspiegel gemerkt, dass hinter ihm ein Pkw mit schnellerer Geschwindigkeit leicht versetzt auf seiner Fahrspur gefahren sei. Der Pkw habe sich seinem Lkw genähert und sei ihm dann von hinten auf die linke Ecke seines Unterfahrschutzes aufgefahren und zwar mit einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h. Er selbst sei etwa 65 km/h gefahren. Er sei im weiteren Verlauf vom Gas gegangen und habe dann bemerkt, dass der Fahrer des Pkw weiterhin beschleunige und an seinem Sattelzug entlang schramme. Nach etwa 100 m, als der Pkw vor ihm eingeschert sei, habe dieser auf dem Grünstreifen angehalten, sei dort etwa 3 Sekunden gestanden und habe plötzlich Gas gegeben, sei dann an der Leitplanke entlang geschrammt und nach etwa 20 m wieder stehen geblieben. Die Fahrerin habe ihm einen sehr verstörten Eindruck gemacht und als erstes gesagt:"Haben Sie geschlafen, Sie sind zu weit links gefahren".
Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren gegen den Lkw-Fahrer wurde eingestellt, da ihm ein Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls nicht nachzuweisen gewesen sei. Ein hierzu eingeholtes technisches Gutachten hatte ergeben, dass die Klägerin mit dem äußersten rechten Frontbereich des Pkw gegen den äußersten linken Bereich des Unterfahrschutzes des Sattelanhängers aufgefahren war. Es müsse eine relativ geringe Überdeckung der Fahrzeuge vorgelegen haben. Der Pkw sei dann durch die Formgebung abgewiesen worden und im weiteren Verlauf an der Längsseite des Lkw entlang geschrammt. Die von der Polizei beschlagnahmte Diagrammscheibe hatte eine Geschwindigkeit des Lkw zwischen 65 und 70 Stundenkilometern ergeben. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit war 60 Stundenkilometer. Am Unfallort hatten die Beteiligten keinerlei Verletzungen geltend gemacht. Die Klägerin wurde zunächst von einem Abschleppunternehmer und dann von ihrem Sohn mitgenommen und kam gegen ca. 15.oo Uhr zu Hause an. Dort stellte der Ehemann der Klägerin Veränderungen im Aussehen und im Verhalten seiner Frau fest, die ihn veranlassten, sie ins Krankenhaus zu bringen. Dort zeigte sich im CT ein beginnender Hirninfarkt, dem später ein weiterer folgte.
Nach Beiziehung der Behandlungsunterlagen und der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte holte die Beklagte Gutachten von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. und zwar von dem Chirurgen Prof.Dr.B. , dem Internisten Dr.L. und dem Neurologen und Psychiater Dr.N. ein. Von den vorbehandelnden Ärzten war eine Dissektion der Aorta carotis interna links (Längsspaltung der inneren Schicht der Halsschlagader) als Unfallfolge sowie Ursache des anschließenden Hirninfarktes diskutiert worden.
Prof.Dr.B. kam - ohne Kenntnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten - zu dem Ergebnis, eine Verletzung der Halsschlagader durch einen Schleudermechanismus des Kopfes, wie er bei Pkw-Unfällen vorkommen könne, sei bisher in der Fachliteratur noch nicht beschrieben worden. Die durch die Beschleunigung des Kopfes gegenüber dem Rumpf auftretenden Kräfte seien bei intakter Muskulatur und bei intakter Halswirbelsäule nicht in der Lage, die Gefäßwand der Halsschlagader zu zerreißen, es sei denn, es lägen an dieser Stelle bereits so hochgradige Verschleißveränderungen vor, dass auch diese ungeeigneten Vorgänge zu Einrissen der Gefäßinnenwand führten. Über eine mögliche Verletzung der linken Halsschlagader könne nur spekuliert werden, es könnten nur allgemeine Bemerkungen zu möglichen Verletzungen angestellt werden, ohne dass auch nur der geringste Hinweis dafür vorläge, dass eine äußere Gewalteinwirkung die vermutete, aber auch nicht zweifelsfrei bewiesene Intimasektion an der Halsschlagader verursacht habe. Genauso gut könne eine vorübergehende Blutdrucksteigerung den Erkrankungsprozess in Gang gesetzt haben.
Der Sachverständige Dr.L. kam aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Aufprallgeschwindigkeit der Klägerin nicht hoch gewesen sein könne, da davon auszugehen sei, dass diese maximal 20 km/h oberhalb des Sattelzuges gelegen habe und dass abgesehen von den Wiederherstellungskosten keine schwerwiegende Beschädigung des rechten Kotflügels und der Fahrzeugseitenwand des Pkw habe nachgewiesen werden könnten, was jedenfalls eine höhere Aufprallgeschwindigkeit ausschließe. Die nicht als hoch einzuschätzende Aufprallgeschwindigkeit und die Tatsache, dass sicher keine maximale und lokalisierte Bewegung zwischen Kopf und Hals wie beim frontalen oder hinteren Aufprall stattgefunden habe, ließen die Möglichkeit einer Verletzung der schädelnahen inneren Kopfarterie in den Hintergrund treten. Veränderungen im Computertomogramm, wie sie bei der Klägerin ca. 7 Stunden nach dem Unfall festgestellt worden seien, ließen sich in der Regel als Ausdruck von Durchblutungsstörungen frühestens nach 24 Stunden erkennen. Allein aufgrund dieses Befundes sei mit Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich um einen schleichenden Prozess von Durchblutungsstörungen, bzw. rezidivierenden Embolien des Gehirns handele, die mindestens 24 Stunden vor der ersten Computertomographie begonnen haben müssten und die einer Eigenrythmik unterworfen gewesen seien, die durch das Unfallereignis nicht beeinflusst werde. In der Beschreibung des angiographischen Befundes sei ausgeführt, dass die höchstgradige lang-streckige Stenose der Karotis interna links vereinbar sei mit einer Karotisdissektion. Dies bedeute, dass es nicht auszuschließen sei, dass es zu einer Verletzung der Innenauskleidung des Gefäßes, einer Einblutung in die Gefäßwand und dadurch bedingt zu einer Einengung des Gefäßes gekommen sei. Die fehlende Gefäßversorgung der linken Gehirnhälfte durch die Gegenseite lasse allerdings schließen, dass das Ereignis nicht längere Zeit (Wochen oder Monate) zurückliege. Die computertomographischen Erstbefunde des Gehirns, die nicht in Einklang zu bringen seien mit dem Unfallereignis, ließen jedoch auch die Frage zu, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls aufgrund von Durchblutungsstörungen des Gehirns nicht mehr im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Möglichkeiten war. Bei der Klägerin hätten in Gestalt von erhöhtem Nikotinkonsum und einer Hypercholesterinämie wesentliche Risikofaktoren für das Enstehen einer cerbrovaskulären Erkrankung vorgelegen. Denkbar wäre, dass sie zu einem sklerotischen Plaque an der Arteria carotis interna geführt hätten, der aufgebrochen sei, d.h. dass sich ein Geschwür in diesem Bereich gebildet habe, das wiederum Anlass für eine sich ausbreitende lokale Gerinnselbildung gewesen sei, die letztlich zur Einengung des Gefäßes und zur Embolisation in der Arteria cerebri media geführt habe. Insgesamt kommt der Sachverständige zu der Feststellung, dass bereits zum Unfallereignis eine Durchblutungsstörung des Gehirns vorgelegen haben müsse und dass das Unfallereignis keinen Einfluss auf den Verlauf der Durchblutungsstörungen gehabt habe. Wahrscheinlicher sei, dass die linksseitigen Durchblutungsstörungen des Gehirns aus innerer Ursache infolge von bestehenden Risikofaktoren verursacht worden seien.
Ein hierzu eingeholtes radiologisches Zusatzgutachten des Dr.E. , ebenfalls Berufgenossenschaftliche Unfallklinik M. , führte insoweit aus, ungewöhnlich sei auf alle Fälle der frühere Infarktnachweis am 15.09.1995 um 17.oo Uhr, wenn man den verursachenden Unfall in der Vormittagszeit als Ursache zugrunde lege. Erfahrungsgemäß ließen sich infarktbedingte Parenchymveränderungen im CT nativ frühestens nach 12 bis 14 Stunden nachweisen. Das um 17.oo Uhr deutliche Defektareal, das sich in seiner Größenausdehnung nicht wesentlich von späteren Kontrollen unterscheide, lasse an ein Infarktereignis denken, das mehr als 12 Stunden zurückliege.
Der Sachverständige Dr.N. führte aus, traumatische Dissektionen der großen hirnversorgenden Gefäße seien in der Neurotraumatologie wohl bekannt. Es werde zwischen direkten und indirekten traumatischen Schädigungen der hirnzuführenden Gefäße unterschieden. Die häufigste Ursache traumatischer Hirnarterienverschlüsse seien Verkehrsunfälle mit Traumatisierung des Thorax, des Halses und des Schädels. Ein indirektes Trauma der Arterie könne durch Dehnung derselben hervorgerufen werden, wie dies zum Beispiel bei einer durch Gewalteinwirkung von außen auftretenden Hyperextension oder Rotation des Kopfes der Fall sei. Ebenso könne es zum Beispiel durch eine Streckung der Arteria carotis interna über den Prozessus transversus des dritten cervikalen Wirbels oder aber durch eine Compression der Arteria carotis interna am Atlas zu einer Verletzung der Gefäßwand kommen. Beim Unfall der Klägerin bestünden keine Hinweise dafür, dass es im Rahmen des Unfallgeschehens zu einer direkten Verletzung der Arteria carotis gekommen wäre. Bei der Diskussion einer indirekten Traumatisierung des Gefäßes mit nachfolgender Dissektion der Gefäßwand sei zu beachten, dass eine Dissektion sowohl spontan als auch traumatisch auftreten könne. Die Ursachen der spontanen Dissektionen seien noch nicht ausreichend bekannt. Man wisse, dass verschiedene Faktoren eine Dissektion auslösen könnten, wobei unklar sei, warum ein gewisser Prozentsatz von Personen beim Ausführen körperlicher Aktivitäten entsprechende Gefäßerkrankungen entwickele, wenn der größte Teil der Menschen davon verschont bleibe. Im allgemeinen gehe man davon aus, dass es prädisponierende Erkrankungen und Veränderungen der Gefäßwände gebe. Bei den sogenannten spontanen Gefäßdissektionen müsse von entsprechend prädisponierten Personen ausgegangen werden. Zum zeitlichen Zusammenhang mit der klinischen Manifestation von spontanen Dissektionen hirnversorgender Arterien würden öfter, jedoch nicht grundsätzlich und auch nicht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle äußere, zum Teil alltägliche Tätigkeiten oder Verhaltensweisen genannt. Derartige scheinbare begünstigende Faktoren seien umstritten, weil der Nachweis nicht geführt werden könne, dass sie direkt oder indirekt die Gefäßwandschädigung, ohne die eine arterielle Dissektion nicht möglich sei, bedingt hätten.
Der Unfall der Klägerin habe zu keiner strukturellen Verletzung der Halswirbelsäule geführt, d.h. es sei weder zu einer Band-, noch einer Bandscheiben-, noch einem Knochenschaden gekommen. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei nach dem Unfallgeschen frei gewesen, wie dem Durchgangsarztbericht zu entnehmen sei. Der Geschehensablauf habe also zu keiner Verletzung im Bereich der Weichteile und der knöchernen Strukturen und Bandstrukturen der Halswirbelsäule geführt. Es bestünden keine Hinweise für eine direkte oder indirekte Traumatisierung der Carotiden beidseits. Hirninfarkte mittels cranieller CT seien frühestens innerhalb von 12 bis 14 Stunden nachweisbar. Insoweit verweist der Sachverständige auf das radiologische Zusatzgutachten. Die Objektivierung des Hirninfarkts in weniger als 12 Stunden nach dem Unfall spreche gegen eine traumatische Genese des Hirninfarktes im Rahmen des Geschehens vom 15.09.1995. Im Übrigen führt der Sachverständige Dr.N. ebenso wie Dr.L. aus, dass die bei der Klägerin bekannten Risikofaktoren für die fortschreitende Entstehung des Hirninfarkts verantwortlich gewesen sein könnten.
Mit Bescheid vom 14.08.1996 lehnte die Beklagte die Entschädigung des am 15.09.1995 bei der Klägerin eingetretenen Körperschadens ab. Zwischen dem angeschuldigten Vorgang und dem später festgestellten Krankheitsbild bestehe kein ursächlicher Zusammenhang. Den anschließenden Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.1996 als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin wegen der Folgen des Unfalls vom 15.09.1995 die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. begehrt.
Sie hat hierzu zunächst ein neurologisches Fachgutachten der Neurologischen Klinik B. vom 13.11.1996 für ihre private Versicherung vorgelegt. Dort ist ausgeführt, die Klägerin habe am 15.09.1995 unmittelbar nach oder wenige Stunden nach einem Pkw-Unfall eine Halbseitenlähmung rechts und eine ausgeprägte Sprachstörung erlitten. Ursache seien zwei Hirninfarkte, deren Ursache wiederum ein Einriss der Halsschlagader. Aufgrund der Lokalisation der Infarkte müsse von einem thromboembolischen Pathomechnismus ausgegangen werden, d.h. Blutgerinnsel, die sich an der Stelle des Gefäßwandeinrisses gebildet hätten, seien in weiter stromabwärts gelegene Gefäßgebiete verschleppt worden und hätten dort zu einem Infarkt geführt. Schleuderverletzungen des Halses, hierbei vorwiegend Überstreckungsbewegungen der Halswirbelsäule könnten durch Überdehnung der Gefäße einen Gefäßwandeinriss hervorrufen, an der Stelle des Einrisses komme es zum Ausbilden eines falschen Gefäßlumens und zur Einengung des eigentlichen Gefäßinneren. Hirninfarkte bei Carotisdissektion träten bevorzugt innerhalb der ersten Stunden bis Tage auf. Aufgrund der engen zeitlichen Beziehung von Unfall und Infarktentstehung und der gesicherten Gefäßdissektion sei der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den Infarkten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Die vom Sozialgericht als Sachverständige gehörte Neurologin und Psychiaterin Dr.P. ist in ihrem Gutachten vom 09.10.1997 zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ischämische Hirninfarkte am cerebralen Computertomogramm frühestens nach 12 bis 24 Stunden darstellen ließen. Bei der ersten CT-Untersuchung der Klägerin sei der Unfall jedoch exakt 7,5 Stunden zurückgelegen. Wenngleich ein radiologischer Ausnahmefall nicht ausgeschlossen werden könne, spreche doch sehr viel mehr dafür als dagegen, dass die Halsschlagaderveränderungen auf Ereignisse vor dem in Rede stehenden Unfall zurückzuführen seien.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Radiologen S. vom 23.09.1998 eingeholt. Der Sachverständige führt unter Bezugnahme auf neuere wissenschaftliche Veröffentlichungen aus, das Sichtbarwerden eines Infarktes sei mit der heutigen modernen Computertomographiegeneration, wie sie auch in diesem Fall verwendet worden sei, üblicherweise nicht erst nach 12 bis 14 Stunden, sondern bereits wenige Stunden nach dem Ereignis möglich. Die Erstaufnahme deute auf eine Frühphase eines Infarktes hin mit Verhältnissen, die lediglich in den ersten vier bis acht Stunden eines Infarktes zu sehen seien. Bei einem Alter von 20 bis 24 Stunden seien andere Strukturen zu erwarten gewesen. Nach allen Erfahrungen liege bei der Klägerin eine sehr frühe Diagnostizierung bereits in den ersten Stunden nach dem Infarktereignis vor. Ursächlich für den Infarkt, darin seien sich alle bisherigen Gutachter einig, sei die angiographisch erkennbare Dissektion der linken Aorta carotis. Der Zusammenhang zwischen traumabedingtem Carotiseinriss und nachfolgendem Verschluss sei eine typische Komplikation bei HWS Überstreckungstraumen. Sowohl der Einriss wie auch die Darstellung in der angiographischen Untersuchung sprächen für eine traumatische Genese. Hierbei reiße ein Teil der Innenhaut des Gefäßes ein. Es komme zu einer Einengung des Gefäßes und zu einer anschließenden zunehmenden Thrombosierung, welche letztlich zu einem Verschluss des Gefäßes führe. Dieser Mechanismus sei bei der Klägerin als höchstwahrscheinlich anzusehen. Durch den Gefäßverschluss habe sich zeitlich verzögert der Hirninfarkt ausgebildet. Unwahrscheinlich sei ein Carotisverschluss aufgrund von Risikofaktoren, da die hierfür zwingend notwendigen Gefäßveränderungen nicht beschrieben seien.
Hierzu hat die Beklagte Stellungnahmen des Dr.L. , des Prof. Dr.B. und des Dr.N. vorgelegt. Dr.L. führt aus, dass bei dem Unfall eine höhere Seitenaufprallgeschwindigkeit auszuschließen sei. Ebenfalls auszuschließen sei ein frontaler Aufprall mit hoher Geschwindigkeit, der ggf. zu einer Distorsion der Halswirbelsäule hätte führen können. Ein HWS- Schleudertrauma, das zur Überstreckung der Halswirbelsäule führe, habe ebenfalls nicht stattfinden können, da der Unfallmechanismus dafür in keiner Weise geeignet gewesen sei. Dazu hätte der von der Klägerin gesteuerte Pkw durch einen Aufprall des Fahrzeughecks beschädigt sein müssen. Eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule sei ebenfalls ausgeschlossen worden. Dr.S. führe aus, dass das Sichtbarwerden eines Infarktes mit der modernen Computertomographiegeneration üblicherweise nicht erst nach 12 bis 14 Stunden, sondern bereits wenige Stunden nach den Ereignissen möglich sei. Es sei also möglich und nicht in jedem Falle nachweisbar. Auch nach dem neuesten zitierten Werk sei der erste Nachweis eines Infarktes nach acht Stunden, frühestens nach vier Stunden zu erwarten, was jedoch nicht gleichbedeutend mit zu beweisen sei. Im Bereich der linken Halsschlagader sei im mittleren und unteren Anteil eine ausgeprägte Mediasklerose festgestellt worden und eine geringe vordere und hintere Verkalkung an der Bifurkation. Damit sei eindeutig nachgewiesen, dass Gefäßveränderungen dort vorhanden seien, die wahrscheinlich mit den Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie und verstärkten Nikotinkonsum im Zusammenhang stünden. Das Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, eine Carotisdissektion hervorzurufen. Mit Wahrscheinlichkeit hätten bereits zum Unfallzeitpunkt Gefäßveränderungen bestanden, die unfallunabhängig ursächlich für die Gefäßveränderung an der Carotis interna gewesen seien.
Prof.Dr.B. führt aus, dass bei einer geschätzten Geschwindigkeit des Pkw der Klägerin mit maximal 90 km/h von einer primären Kollisionsgeschwindigkeit von 20 km/h ausgegangen werden müsse. Der Pkw sei jedoch nicht auf das Heck des Lkw geprallt, wodurch eine Hyperflexionsbewegung der HWS hätte entstehen können, sondern es sei zu einem Entlangschlittern am Lkw gekommen, wodurch die Kollisionsenergie über eine lange Strecke allmählich aufgebraucht worden sei, so dass nur von einer sehr starken Verzögerung des Pkw die Rede sein sollte. Wie es unter diesen Umständen zu einer Verletzung des Halses gekommen sein solle, sei nach wie vor nicht begründbar. Der unmittelbare Anprall mit Akutverzögerung des Fahrzeuges habe eine eher geringgradige Beschleunigung des Kopfes nach vorne zur Folge, ob sich an diese Mitbewegung, die naturgemäß nicht zu einer Überdehnung der Halsschlagader führen könne, eine gegenläufige Bewegung des Kopfes nach hinten eingestellt habe, sei denkbar, aber ungewiss und ob die verbliebene Energie ausreiche, eine nicht krankhaft veränderte Schlagader so zu überdehnen, dass die Innenhaut derselben einreiße, nicht vorstellbar.
Dr.N. hat eine Dissektion der Arteria carotis interna links als immer noch nicht mit Sicherheit bewiesen angesehen. Ein zeitlicher Zusammenhang sei für Annahme eines kausalen Zusammenhanges ein Argument, aber selten allein geeignet, eine Kausalität zu begründen. Der Feststellung des Dr.S. , der Zusammenhang zwischen traumabedingtem Carotiseinriss und nachfolgendem Verschluss sei eine typische Komplikation bei HWS-Überstreckungstraumen, könne nicht gefolgt werden. Bei einer Untersuchung von 15.000 Unfällen, bei denen eine HWS- Zerrung diagnostiziert worden sei, sei in keinem der untersuchten Fälle eine derartige Gefäßverletzung festgestellt worden. Ein HWS-Über-streckungstrauma habe nicht vorgelegen. Allenfalls sei eine HWS-Hyperflexion möglich. Eine entsprechende unphysiologische, biomechanische Belastung der Halswirbelsäule setze voraus, dass die Insassin eines Pkw auf ein Hindernis auffahre und dass es zu einer bestimmten plötzlichen Fahrzeugverzögerung komme. Dies sei bei einem Auffahren mit 90 km/h auf einen Lkw mit 65 bis 70 km/h möglich, entspreche jedoch nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf. Der Pkw sei vielmehr mit dem äußersten rechten Eckbereich gegen den Unterfahrschutz des Anhängers aufgefahren und dann durch die Formgebung abgewiesen worden und im weiteren Verlauf an der Längsseite entlanggeschrammt.
Das Sozialgericht hat weiter ein Gutachten des Prof.Dr.B. , Neurochirurgische Klinik und Poliklinik des Klinikums G. vom 12.01.2000 eingeholt. Zur Pathogenese der Karotisdissektion führt der Sachverständige aus, dabei komme es zum Einriss der innersten Schicht der Gefäßwand. Das Blut aus dem Gefäß dringe dann in die Arterienwand ein und schaffe eine falsche Richtung über eine mehr oder minder lange Strecke. Dabei werde die Passage des Blutes beeinträchtigt. Zur Infarktbildung als Folge einer Dissektion komme es, wenn sich an der Stelle des Einrisses der Gefäßwand Blutgerinnsel bildeten, lösten und im Gehirn Gefäße verlegten, oder wenn die Einengung der Gefäßrichtung keine ausreichende Versorgung des Gehirns zulasse. Prinzipiell werde die spontane Dissektion mit oder ohne assoziiertem Bagatelltrauma von der traumatischen Dissektion im Rahmen einer definitiven Verletzung der Halsweichteile unterschieden. Spontane Dissektionen - mit oder ohne Bagatelltrauma - seien häufiger als die traumatischen Formen. Bei den spontanen Formen finde man als Begleitfaktoren gehäuft - aber nicht immer - eine Anzahl von prädisponierenden Faktoren, zu denen jedoch nicht die arteriosklerotischen Veränderungen zählten. In ca. 40 % der Fälle lasse sich anamnestisch ein Bagatelltrauma identifizieren. Als möglicher Mechanismus werde u.a. ein übermäßiges und rasches Nachvornenicken des Kopfes mit Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Halswirbelsäule angesehen. Karotisdissektionen könnten zudem durch eine Überstreckung des Halses, z.B. im Rahmen eines Auffahrunfalls von hinten, mit Streckung der Halsader und Abscheren an den Fortsätzen der Wirbelsäule auftreten. Eine Literaturstelle komme zu dem Schluss, dass die Ursache der spontanen Dissektion bei den meisten Patienten unklar bleibe. Die Pathogenese sei vermutlich multifaktoriell und beinhalte mechanische Faktoren und eine zugrunde liegende Störung der Gefäßwand. Bemerkenswert sei, dass äußere Verletzungszeichen bei Patienten auch mit traumatischer Carotisdissektion häufig fehlten.
Typisch für die Dissektion sei ein symptomfreies Intervall zwischen auslösendem Ereignis und neurologischen Auffälligkeiten. Das Intervall könne fehlen oder es könne wenige Stunden lang sein, teils auch Jahre betragen. Am häufigsten würden freie Intervalle zwischen drei Stunden und wenigen Tagen nach der Verletzung beschrieben.
In seiner Zusammenfassung geht der Sachverständige davon aus, dass die im Fahrtenschreiber dokumentierte Geschwindigkeit des Lkw ca. 65 bis 70 km/h betragen habe und die vom Lkw-Fahrer geschätzte Geschwindigkeit der Klägerin ca. 80 Stundenkilometer. Es habe damit eine Geschwindigkeitsdifferenz von 20 km/h bestanden. In engstem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall sei es zur Dissektion der linken, inneren Kopfschlagader gekommen. In typischer Weise seien von der bis zum Unfall neurologisch unauffälligen Probandin Hals- und Kopfschmerzen unmittelbar nach dem Unfall angegeben worden. Typischerweise finde sich ein symptomfreies Intervall bis zur Feststellung von Störungen durch den Ehemann. Computertomographisch hätten sich sieben Stunden nach dem Unfall beginnende Zeichen einer Infarktbildung des Gehirns gezeigt. Ein derartig früher Nachweis sei ohne Weiteres zu erwarten, da sich ein Infarkt heute computertomographisch bereits innerhalb der ersten sechs Stunden mit einer Sensitivität von 60 bis 70 % zeige. Häufig fänden sich Veränderungen bereits zwischen einer und zwei Stunden nach dem Ereignis. Zusammenfassend bestehe zur Frage des Vorliegens einer Dissektion der inneren linken Kopfschlagader kein Zweifel. Auch sei ein engster zeitlicher Zusammenhang der Dissektion mit dem Unfall unbestreitbar.
Von einer der Gruppe der traumatischen Dissektionen zuzuordnenden Gefäßverletzung könne angesichts der mäßigen Aufprallgeschwindigkeit und dem Fehlen äußerer Verletzungen nicht sicher ausgegangen werden. Andererseits schließe aber das Fehlen äußerer Verletzungen eine traumatische Genese nicht sicher aus. Am ehesten sei das zu beurteilende Krankheitsbild im Sinne einer spontanen Carotisdissektion bei Bagatelltrauma zu werten. Als Mechanismus der Schädigung müsse eine Hyperflexion des Kopfes angenommen werden, also ein rasches Nachvornenicken mit Gefäßverletzung durch Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Wirbelsäule. Eine Überstreckung des Halses sei aufgrund des Unfallablaufs nicht anzunehmen. Zur Einschätzung des Ausmaßes der Mitverschuldung eines Bagatelltraumas an der im vorliegenden Fall vorliegenden schweren Entwicklung einer Carotisdissektion zitiert der Sachverständige den später im Berufungsverfahren als Sachverständigen gehörten Prof.Dr.F.: "Cerebrovaskuläre Allgemein- und Lokalsymptome bei sogenannter spontaner Carotis-vertrebralis-Dissektion werden bei gesichertem oder "erfragtem" engem zeitlichen Zusammenhang (Stunden - wenige Tage) mit Rotationen/Überstreckungen der Halswirbelsäule (Trampolinspringen, Radfahren) in Zusammenhang gebracht. Wenn überhaupt, könne bei ausreichend schwer erscheinender Belastung nur ein die Manifestation fördernder Teilfaktor anerkannt werden (aus Fritze 1996, S.707)."
Wesentlich müsse im vorliegenden Fall bedacht werden, dass bekannte Risikofaktoren bei der Klägerin gefehlt hätten. Die Pathogenese der mit einem Bagatelltrauma assoziierten spontanen Carotisdissektion sei multifaktorell. Bei der Klägerin ließen sich weitere Faktoren allerdings nicht nachweisen. Infolgedessen gewinne das Bagatelltrauma als Teilursache der zeitlich mit dem Unfall eng verbundenen Carotisdissektion an Gewicht. Angesichts des Fehlens von mehr oder minder anerkannten Risikofaktoren werde im vorliegenden Fall von einer wesentlichen Mitverursachung des Unfalls an der Carotisdissektion ausgegangen, mit nachfolgender schwerer Invalidisierung der Klägerin. Die hieraus abzuleitende MdE betrage 100 v.H.
Zum Gutachten des Radiologen S. ist ausgeführt, ein Überstreckungstrauma habe vermutlich nicht vorgelegen. Auslöser sei vielmehr eine Hyperflexion mit einer Rotationskomponente. Wegen der geringen Geschwindigkeitsdifferenz der Fahrzeuge sei das Trauma jedoch als Bagatelltrauma anzusehen.
Hierzu hat die Beklagte erneut eine Stellungnahme des Dr.L. vorgelegt. Darin ist ausgeführt, ein Bagatelltrauma könne bei dem Ereignis vom 15.09.1995 nicht sicher ausgeschlossen werden, jedoch komme diesem "Trauma" eine untergeordnete Bedeutung zu, wenn man bedenke, dass auch bei Husten und Niesen eine Carotisdissektion auftreten könne. Somit könne dem möglicherweise zu unterstellenden Bagatelltrauma lediglich die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zukommen, d.h. das Gefäß müsse sich in einem Zustand befunden haben, dass jede andere Belastung des täglichen Lebens diese Schädigung hätte hervorrufen können. Nach der Literatur träten im zeitlichen Ablauf nach einer Carotisdissektion ischämisch bedingte Schlaganfälle als Erstmanifestation einer Symptomatik in nur 10 bis 15 % der Fälle auf. Ein kompletter Schlaganfall, wie bei der Klägerin, Stunden nach dem Ereignis registriert, trete statistisch gesehen fünf Tage nach den Erstsymptomen auf. Somit könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass bereits vor dem Ereignis eine Carotisdissektion stattgefunden habe und sich die Symptomatik entwickelt habe.
Mit Urteil vom 18.05.2000 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Unfalls vom 15.09.1995 eine Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. zu bewilligen. In seiner Begründung hat es sich auf das Gutachten des Prof.Dr.B. gestützt.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.1998 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Sachverständigen Prof.Dr.B. mit der erneuten Erstellung eines Gutachtens beauftragt und ihm dabei Fragen mit der näheren Begründung hierfür gestellt. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung alle zugrunde gelegten Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein müssen. Lediglich für die Annahme der Kausalität genüge die einfache Wahrscheinlichkeit, d.h. dass deutlich überwiegende Gründe für den Ursachenzusammenhang sprechen müssten. Zu den beweisbedürftigen Tatsachen gehörten die eingetretenen Gesundheitsstörungen. Gefragt hat der Senat, ob mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest stehe, dass bei der Klägerin eine Carotisdissektion eingetreten sei. Die Bejahung dieser Frage im Gutachten sei nicht nachvollziehbar begründet. Im eigenen Klinikbericht vom 22.09.1995 seien nur von "vereinbar mit ...", in dem Zusatzgutachten nur von einem höchstwahrscheinlichen Mechanismus bzw. einer Wahrscheinlichkeit der Schlussfolgerung die Rede. Sofern eine Carotisdissektion nicht bewiesen sei, müsse der Nachweis des wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs anders geführt werden.
Bei einem Beweis der Dissektion verblieben noch Fragen zum Gutachtensergebnis. Es bedürfe nicht nur deutlich überwiegender Gründe für den Ursachenzusammenhang, der Unfall müsse auch wesentliche Ursache oder Teilursache gewesen sein. Erörtert werde die spontane und die traumatische Dissektion. Für den nicht medizinisch gebildeten Leser ergebe sich kaum mehr als eine möglicher (zeitlicher bzw. anamnestischer) Zusammenhang. Auf die neueste Ausgabe des zitierten Werkes von Fritze werde stellvertretend verwiesen. Vor allem aber stelle sich anhand dieser Literaturstelle die Frage, wie bei jeder schweren Gesundheitsstörung mit vorangegangenem Bagatelltrauma, nämlich ob die angenommene Einwirkung wesentliche Mitursache gewesen sei. Auch hierzu solle Stellung genommen werden. Eine die Carotisdissektion verursachende Einwirkung müsse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Es genüge nicht, dass die Einwirkung nicht ausgeschlossen werden könne. Die Frage war, ob im vorliegenden Fall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Unfall eine das Trauma verursachende Einwirkung vorgelegen habe und worin sie bestanden habe.
Der Sachverständige hat daraufhin am 27.09.2001 geantwortet, aufgrund der vorliegenden klinischen Symptomatik, der fehlenden Begleitfaktoren und der zeitlichen Abhängigkeit vom Trauma sei der angiographische Befund beweisend für eine Carotisdissektion. Der Unfall sei somit wesentliche Ursache der Carotisdissektion. Beim Unfall habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Einwirkung vorgelegen, die die Carotisdissektion verursacht habe. Das vorliegende Trauma mit stark eingedrücktem rechten Kotflügel und zum Teil stark eingedrückten Türen der rechten Längsseite führe zu einem übermäßigen und abrupten Nachvornenicken des Kopfes. Die dabei auftretende Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Halswirbelsäule reiche vollständig aus, eine Carotisdissektion zu verursachen.
Der Senat hat daraufhin ein Gutachten des Prof.Dr.F. vom 12.11.2001 eingeholt.
In dem röntgenologischen Zusatzgutachten des Prof.Dr.N. ist ausgeführt, die computertomographischen Befunde im September und Oktober 1995 passten zu einer langstreckigen Dissektion der Arteria carotis interna. Die zeitliche Differenz zwischen dem Unfallereignis um 10.oo Uhr und nachweisbaren Infarktzeichen um 17.4o Uhr weise eine zeitgerechte Norm auf. Die vorliegende Angiographie lasse keine Aussage über das Alter der Dissektion der Carotis interna links zu. Ob das Unfallereignis vom 15.09. 1995 zur Carotisdissektion mit konsekutiver Entwicklung von Thromben und dem Mediateilinfarkt links geführt habe, sei aus den vorliegenden Untersuchungen nicht herzuleiten. Der Sachverständige bezieht sich sodann auf einen zwei Tage vorher liegenden Unfall der Klägerin, der bis dahin im Raum gestanden hatte, bei dem es sich nach dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen jedoch um einen Motorschaden ohne fremde Einwirkung gehandelt hat. Der Sachverständige führt aus, es wäre durchaus denkbar, dass in Abhängigkeit von der Art des vorangegangenen Traumas primär die Carotisdissektion mit nachfolgender Thrombenbildung entstanden sei, und dass der zweite Unfall dann zu einem Ablösen von Thromben in das Mediastromgebiet links mit konsekutiver Infarzierung geführt habe.
In der Erörterung der vorhergehenden Befunde und Gutachten führt Prof.Dr.F. zu dem Gutachten des Prof.Dr.B. aus, offen bleibe für ihn die Antwort auf die Frage, ob die Unfallenergie wirklich die Manifestierung der Carotisdissektion habe verursachen können. Die Ausführungen des Prof.Dr.B. seien aber insoweit plausibel, als der Unfall vom 15.09.1995 - möglicherweise durch eine Thromboembolie oder gewissermaßen durch eine Komplettierung der Halsschlagaderverletzung - die nachfolgende Thrombose und die Symptomatologie erkläre. Jedenfalls entstünden die weitaus meisten Dissektionen der Arteria-carotis-Wand durch den arteriosklerotischen Prozess, traumatische Entstehungen seien selten und die Entstehung einer Dissektion durch ein sogenanntes Schleudertrauma gebe es nahezu nicht. Dieser Mechanismus sei zumindest sehr selten.
Der Argumentation des Sachverständigen Prof.Dr.B. , wonach Verletzungen des Kopfes und des Halses nach dem Unfall nicht feststellbar gewesen seien, keine Kopf- oder Nackenschmerzen und keine Bewegungsstörungen des Halses bestanden hätten, eine Verletzung der Halsschlagader durch einen Schleudermechanismus des Kopfes bei Pkw-Unfällen bisher in der Fachliteratur noch nicht beschrieben sei und die durch die Beschleunigung des Kopfes gegenüber dem Rumpf bei plötzlichem Bremsen auftretenden Kräfte bei intakter Muskulatur und Halswirbelsäule nicht in der- sofern nicht an dieser Stelle bereits hochgradige Verschleißveränderungen vorlägen, so dass auch diese ungeeigneten Vorgänge zu Einrissen führen würden, stimmt der Sachverständige grundsätzlich zu, denn nach der entsprechenden Literatur entstünden Dissektionen der Arteria carotis weit überwiegend durch vorbestehende arteriosklerotische Prozesse, selten durch eine direkte Traumatisierung und nahezu niemals durch ein Schleudertrauma.
Der Sachverständige erörtert sodann das Krankheitsbild der Arteriosklerose und deren Pathogenese. Er erläutert zusammenfassend, sie sei ein chronischer, rezidivierender Zerstörungsprozess der Gefäßwand, bei dem die Zusammenballung von Blutplättchen, die Insutation von Blutplasmabestandteilen, Geschwürsbildungen und Fetteinlagerungen sowie nicht selten Verkalkungen und Thrombenbildungen in der Gefäßwand zu Gewebszerstörungen führten. In den Halsschlagadern könne es durch Eindringen von Blut in die Wand zu deren Zerreißung und Zersplitterung, zur Dissektion kommen. Diese könne zur Arterienwandruptur oder in der Gefäßwand zur Bildung von Bluttröpfchen, also Thromben, führen. Solche Thromben würden als Embolien in das periphere Stromgebiet verschleppt und führten damit sekundär zur Verstopfung kleinerer arterieller Gefäße wie z.B. der Arteria ceberi media mit nachfolgenden Durchblutungsstörungen des Gehirns wie bei der Klägerin. Zeitliche Zuordnungen von solchen Gewebsprozessen nach den radiologischen Bildern seien extrem schwierig oder sogar unmöglich.
Mit den entsprechenden Vorgutachtern ist der Sachverständige im Ergebnis einig, dass zum einen eine zeitliche Zuordnung der Carotisdissektion zum Unfall nicht möglich sei, zum anderen der Unfall selbst nicht geeignet gewesen sei, eine Carotisdissektion wesentlich mitzuverursachen. Der Unfall vom 15.09.1995 sei nicht mit Wahrscheinlichkeit die Ursache der Dissektion und des Verschlusses der linken Arterie Carotis interna, sondern es habe entweder ein anderes und nach dem Akteninhalt nicht bekannt gewordenes Ereignis oder der arteriosklerotische Prozess selbst Stunden oder Tage vor dem Unfall vom 15.09.1995 zur Dissektion der Arterienwand bzw. zum Verschluss der Arteria carotis interna geführt, dann aber habe das Unfallereignis durch die damit verbundenen Kreislaufreaktionen, z.B. mit Blutdruckerhöhung, Beschleunigung der Herzaktionen, also mit einem beginnenden Kreislaufschock zur Loslösung von Teilthromben aus dem die Arteria carotis links weitgehend verschließenden Thrombos geführt. Nach seiner Meinung als Gutachter sowie nach der des Prof. Dr.N. sei es durchaus plausibel, dass eine vorbestehende Dissektion der Arterienwand nachfolgend zur Thrombenbildung in der Arteria carotis interna geführt habe und dass sich von dieser progredienten Thrombose Thromben abgelöst hätten und auf embolischen Wege zu den progredienten Mediainfarzierungen geführt hätten. Es sei also durchaus plausibel, dass die den Media-Infarkt bzw. die ihm zugrunde liegende Hirndurchblutungsstörung die Fahrtüchtigkeit der Klägerin beeinträchtigt habe, womit ihre auffällige Verhaltensweise im anschließenden Gespräch mit dem Lkw-Fahrer sich erklären würde, und die mit dem Unfallereignis verbundene Kreislaufregulationsstörung die embolische Verschleppung eines Thrombus verursacht oder wesentlich mitverursacht habe. Damit wäre das Unfallereignis eine wesentliche Mitursache einer Hirnembolie aus der thrombotisch verschlossenen Arteria carotis interna in die linke Arterie cerebri media. Mit einer solchen Interpretation wäre der klinische Verlauf mit progredienter Symptomatik logisch zu erklären. Die Folgen einer Carotiswanddissektion, aus welcher Ursache auch immer, mit anschließender Thrombosierung des Gefäßes und mehrfacher Embolisierung ins Gehirn sei in der Regel kein momentanes Ereignis sondern ein dynamisches Geschehen. Diese Deutung der Untersuchungsbefunde und des Ablaufs der Ereignisse bzw. der Symptomatologie zeige die Schwierigkeiten der medizinisch-gutachtlichen Beurteilung, die mit der rechtlich geforderten Wahrscheinlichkeit sogar nicht möglich sei.
Die Dissektion der Wand der Arteria carotis interna links und die sekundär entstandene Thrombose in diesem Gefäß seien mit Wahrscheinlichkeit nicht durch den Unfall am 15.09.1995 gegen 10.oo Uhr vormittags entstanden, weil der Ablauf und die Intensität des Unfallereignisses einen solchen Zusammenhang ebenso unwahrscheinlich machten, wie weiterhin nach der statistischen Häufigkeit eine Dissektion dieses relativ geschützt im Halsbereich gelegenen Gefäßes niemals ohne eine unmittelbare Traumatisierung zustande komme. Ein sogenanntes Schleudertrauma des Kopfes sei im Gegensatz zu einer unmittelbaren Traumatisierung des Gefäßbereiches ohne dessen Vorschädigung durch Arteriosklerose kaum geeignet, zu Verletzungen der Gefäßwand zu führen. Der Sachverständige bezieht sich sodann auf ein Literaturstelle in einem von ihm herausgegebenen Buch, das eine Carotisdissektion als Traumafolge unter anderem bei Schleudertraumen unter bestimmten Voraussetzungen und Begleitumständen als möglich ansieht und führt hierzu aus, bei der Klägerin seien am Nachmittag des Unfalltages aber keine äußeren Verletzungsfolgen im Halsbereich zu erkennen gewesen und es seien auch keine entsprechenden Schmerzen geklagt worden. Schließlich sei der Unfallhergang auch kaum geeignet gewesen, zu einem Schleudertrauma zu führen. Ohne die Annahme einer Gefäßvorschädigung könne der Sachverständige trotz der bei der Angiographie beschriebenen relativ geringen Arterioskleroseherde einen ursächlichen Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, müsse aber zugeben, dass die Verschleppung von Thrombusteilchen in die Arteria cerebri media etwa zum Zeitpunkt des Unfalls die nach etwa vier Stunden auftretende Symptomatik zu erklären vermöge. Naturgemäß sei es aber auch nicht auszuschließen, dass schon die Fahrtüchtigkeit durch Dissektion und beginnende Carotis interna Thrombose beeinträchtigt gewesen sei, was aber naturgemäß an eine Hypothese grenze.
Die hieraus resultierende MdE schätzt der Sachverständige mit 100 v.H. ein.
Die Beklagte ist hierzu zusammengefasst der Meinung, dass der Sachverständige zwar einen denkbaren und möglichen Ursachenzusammenhang darstelle, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür aber gerade nicht dargetan habe. In jedem Fall müsste die Lösung des Thrombus als nicht wesentliche Teilursache angesehen werden, weil die Kreislaufreaktionen der Klägerin bei dem Unfall ebenso wie die sonst als mögliche Ursachen einer Thromboslösung angesehenen körperlichen Anspannungen als austauschbare, alltägliche Belastung angesehen werden müssten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ein Gutachten von dem Neurochirurgen Privatdozent Dr.W. , Klinikum der Universität M. (Nachfolger des als Sachverständiger gehörter Prof.Dr.B. als Leiter der Gutachtenstelle) vom 24.02.2003 eingeholt. Der Sachverständige führt im Wesentlichen aus, bei der Patientin sei in typischer Weise eine traumatische Dissektion im Bereich der linksseitigen Arteria carotis interna sicherlich im Zusammenhang mit dem Trauma vom 15.09.1995 aufgetreten. Die bisher widersprüchlich diskutierte Situation eines bereits vorangegangen Traumas sei nicht sicher festzustellen. Die Diagnose einer traumatischen Carotisdissektion sei richtig gestellt worden. Vom Pathomechanismus her träten derartige Verletzungen durch dreierlei Mechanismen auf: 1. durch eine Überstreckung und Rotation des Halses zur Gegenseite, wodurch die Arteria carotis interna gegen die Querfortsätze des zweiten und dritten Halswirbels gedrückt werde, 2. der Hals werde im Sinne einer Hyperflexion eingeengt, so dass der Kieferwinkel die Carotis gegen diese beiden Querfortsätze drücke und zu einer Veletzung der Arteria carotis interna führe, dieser Mechanismus sei in entsprechenden Gutachten des Prof.Dr.B. als möglicher schädigender Mechanismus angeführt, 3. ein hypertropher Griffelfortsatz, der eine Ansatzstelle für verschiedene muskuläre und ligamentäre Strukturen zum Zungenbein und zur Mandibula biete, könne im Rahmen der Hyperflexion des Kopfes zu einer Verletzung der Carotis führen. Letzterer Mechanismus sei eher selten einzustufen. Die größte zusammenhängende Serie von Carotis-Dissektionen sei aus der Mayo-Klinik in Rochester berichtet. In deren Statistik finde sich als Verursacher von insgesamt 18 Fällen mit traumatischer Dissektion in 11 Fällen ein Verkehrsunfall, die übrigen Verletzungen, die als Ursache für eine Dissektion aufgeführt worden seien, seien unterschiedlicher Natur. Es werde diskutiert, dass auch leichtere Verletzungen eine Rolle spielen könnten, weshalb das bei der Klägerin vorgelegene Trauma durchaus adäquat und in der Lage sei, diese Verletzung zu setzen. Interessanterweise seien als Risikofaktoren für eine spontane, d.h. nicht traumatisch bedingte Carotis-Dissektion, die Hypertonie und die sonstigen Risikofaktoren für die Arteriosklerose, aber nicht das Rauchen angeführt. Generell schädige aber Rauchen in der Regel immer die Gefäße und sei als Disposition für eine Gefäßschädigung anzusehen. Gerade im Fall der Dissektion habe sich aber kein statistisch signifikanter Zusammenhang eruieren lassen. Dies widerspreche dem in mehreren Gutachten angeführten Fakt der Nikotinabusus der Klägerin als Prädiposition. Bezüglich des Pathomechanismus scheine es ihm ausreichend zu sein, wenn der Lkw mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h unterwegs gewesen sei und die Patientin mit etwa 20 km/h (d.h. 90 km/h) ihn habe überholen wollen, so dass es zu den entsprechenden Kopfbewegungen habe kommen können.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass die traumatische Carotis-Dissektion im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfall zu sehen sei. Obwohl es sich um keinen schweren Unfall im Sinne einer Frontalkollision etc. gehandelt habe, reiche der Unfall, bei dem die Klägerin mit dem Pkw an einen Lkw entlanggeschrammt sei aus, entweder durch eine Hyperextension und Seitwärtsdrehung, möglicherweise als zweite Bewegung oder durch eine Hyperflexion des Halses und eine Abknickung der Carotis durch den Kieferwinkel und Pressen der Carotis gegen HWK 2 und 3 diese Schädigung hervorzurufen. Typisch sei die Latenz des Auftretens der Symptome nach dieser Zeit. Festzuhalten sei, dass mit Ausnahme des Sachverständigen Prof.Dr.B. die entsprechende aktuelle Literatur zu diesem Thema und vor allem die Erfahrung der Mayo-Klinik mit dieser Erkrankung nicht ausreichend Würdigung gefunden hätten.
Die Beklagte hat hiergegen eingewendet, dass sich im Ergebnis lediglich einmöglicher Zusammenhang von Unfallereignis und Körperschaden ergebe.
Die Parteien haben ihr Einverständnis für die Entscheidung nach § 124 Abs.2 SGG abgegeben.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts im vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist auch begründet.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den Vorschriften der RVO, weil der streitgegenständliche Unfall vor dem 01.01.1997 geschehen ist und erstmals über einen Verletztenrentenanspruch für einen davor liegenden Zeitraum zu entscheiden ist (§§ 212, 214 SGB VII).
Arbeitsunfälle waren nach § 548 Abs.1 RVO Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Hierzu gehörte nach § 539 Abs.1 Nr.1 RVO auch der Weg, den die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Betriebsratstätigkeit zurückgelegt hat (vgl. Ricke KassKomm, Stand Januar 1993 § 548 RVO 1939), nach § 550 Abs.1 RVO auch, sofern es sich um den Heimweg von der Betriebsveranstaltung gehandelt haben sollte.
Für die Annahme eines Arbeitsunfalles ist u.a. erforderlich, dass die geschützte Verrichtung und die mit ihr verbundene äußere Einwirkung auf den Körper des Versicherten wesentlich ursächlich oder wenigstens mitursächlich für eine Gesundheitsstörung gewesen ist. In den Fällen, in denen das Unfallereignis in kausaler Konkurrenz mit einer bei dem Versicherten vorhandenen Krankheitsanlage den Körperschaden herbeigeführt hat, erfordert der Unfallzusammenhang, dass das Unfallereignis eine wesentliche Bedingung für das Entstehen des Körperschadens und nicht die Krankheitsanlage oder der Vorschaden von hervorragender Bedeutung und damit die alleinige Ursache war. Das Vorhandensein einer Anlage oder eines Vorschadens schließt hiernach allein nicht aus, den Körperschaden als durch das Unfallereignis mitverursacht anzusehen. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen in ihrer Art unersätzlichen äußeren Einwirkung bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für diese wertende Gegenüberstellung müssen die konkurrierenden Ursachen sicher feststehen (BSG Urteil vom 06.12.1989, Az.-: 2 RU 17/89). Hierbei bedürfen wie auch sonst im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben müssen (vgl. BSGE 45, 285). Dies betrifft in erster Linie den Unfallvorgang selbst. Der die Annahme eines Unfalles begründende Sachverhalt muss in vollem Umfange bewiesen sein. desgleichen alle für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs erheblichen Tatsachen. Lassen sich die für die Annahme einer wesentlichen Ursache notwendigen Tatsachen nicht in vollem Umfang beweisen, trägt das Risiko dieses Mißlingens derjenige, der seinen Anspruch auf diese Tatsache stützt. Lediglich für die Begründung des Ursachenzusammenhangs genügt, dass er hinreichend wahrscheinlich ist (BSGE 61, 127 m.w.N.). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht dann, wenn deutlich überwiegende Gründe für die Annahme der Tatsache sprechen (BSGE 45, 285).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich eine der Klägerin günstige Entscheidung nicht auf die Gutachten des Radiologen S. , des Prof.Dr.B. und des Prof.Dr.F. stützen.
Erforderlich für die Annahme eines Unfalls ist, dass es durch äußere Einwirkung zu einer körperlichen Schädigung des Versicherten gekommen ist und dass diese äußere Einwirkung wenigstens wesentliche Teilursache hierfür war. Im vorliegenden Fall ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als bewiesen anzusehen, dass es im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall zur Ausbildung eines Hirninfarktes gekommen ist. Nach wie vor kann jedoch nicht als erwiesen angesehen werden, dass dem eine Carotisdissektion links vorausgegangen ist. Die von den Sachverständigen der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau insoweit ausgesprochenen Zweifel müssen auch nach kritischer Würdigung der weiteren Sachverständigengutachten als durchgreifend angesehen werden. Weder in den Gutachten des Radiologen S. noch des Prof.Dr.B. , des Prof.Dr.N. oder des Prof.Dr.F. wird überzeugend dargelegt, warum aus den radiologischen Befunden, die durchwegs nur die "Vereinbarkeit" mit einer Carotisdissektion konstatieren, die Schlussfolgerung der Gewissheit gezogen wird.
Selbst wenn man jedoch mit den entsprechenden Sachverständigen vom Nachweis einer Carotisdissektion links ausgeht, lässt sich weder eine Verursachung dieser Carotisdissektion durch den Verkehrsunfall mit Wahrscheinlichkeit begründen noch ein Zusammenhang des Hirninfarkts mit dem Unfall bei einer möglicherweise vorbestehenden Carotisdissektion.
Zu einem HWS-Überstreckungstrauma, wie von dem Sachverständigen S. angenommen, kann es nach der insoweit einhelligen Meinung der übrigen Sachverständigen bei dem Verkehrsunfall nach dessen technischem Ablauf nicht gekommen sein.
Der Meinung des Sachverständigen Prof.Dr.B. , wonach es durch übermäßiges und abruptes Nachvornenicken des Kopfes zu einer Einklemmung der Kopfschlagader zwischen Unterkiefer und Halswirbelsäule gekommen und dies die wesentliche Ursache der Carotisdissektion geworden sei, kann nicht gefolgt werden. Die dieser Annahme zugrunde liegenden Tatsachen sind ebenso wie weitere zur Beweisführung herangezogene Tatsachen nicht bewiesen und nicht beweisbar.
Das Gutachten geht von einem Auffahrunfall mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 20 km/h aus. Die Geschwindigkeitsdifferenz wird errechnet aus der im Fahrtenschreiber dokumentierten Geschwindigkeit des Lkw von ca. 65 bis 70 km/h und der Einschätzung des Lkw-Fahrers der von der Klägerin gefahrenen Geschwindigkeit. Abgesehen davon, dass dies nur eine Geschwindigkeitsdifferenz von 10 bis 15 km/h ergäbe, müsste unter Beweisgesichtspunkten die Aussage des von der Staatsanwaltschaft gehörten technischen Sachverständigen herangezogen werden, wonach der Lkw-Fahrer gegen Ende des relevanten Geschehens ca. 70 km/h gefahren sei. Auf der anderen Seite kann die Einschätzung der Geschwindigkeit durch den Lkw-Fahrer nur als subjektiv angesehen werden. Entscheidend ist jedoch, worauf insbesondere der Sachverständige Dr.N. im Zusammenhang mit den entsprechenden Berechnungen hingewiesen hat, dass von einem echten Aufprall mit einer entsprechenden Beschleunigung des Kopfes bzw. der Halswirbelsäule nicht gesprochen werden kann. Das von der Staatsanwaltschft eingeholte Sachverständigengutachten ist insoweit zu dem Ergebnis gekommen, dass von einem Anstoßen mit der rechten vorderen Fahrzeugseite des Pkw an den Unterfahrschutz des Lkw mit einer geringen Überdeckung ausgegangen werden müsse, insbesondere aber davon, dass es dadurch zu einer Abweisung des Fahrzeuges und einem anschließenden Entlangschlittern an der Längsseite des Lkw gekommen ist. Nachdem sich ein rasches Nachvornenicken des Kopfes der Klägerin nicht, auch nicht anamnestisch, belegen lässt, lässt es sich auch nicht auf die vom Sachverständigen Prof.Dr.B. angenommenen Verhältnisse stützen und ist darüber hinaus gutachterlich durch Dr.N. überzeugend in Frage gestellt. Auch die Annahme des Sachverständigen Prof.Dr.B. , die Klägerin habe in typischer Weise unmittelbar nach dem Unfall Hals- und Kopfschmerzen angegeben, ist nicht bewiesen. An der Unfallstelle hat die Klägerin, auch gegenüber der Polizei, keine derartigen Angaben gemacht. Sie sind auch sonst nirgendwo als Erstangaben dokumentiert.
Dem Sachverständigen Prof.Dr.B. kann auch darin nicht gefolgt werden, dass ein engster zeitlicher Zusammenhang der Dissektion mit dem am 15.09.1995 stattgehabten Unfall unbestreitbar sei und dies für einen Kausalzusammenhang spreche. In seinem eigenen Gutachten führt er nämlich aus, typisch für die Dissektion sei ein symptomfreies Intervall zwischen auslösendem Ereignis und neurologischen Auffälligkeiten. Das Intervall könne fehlen oder es könne wenige Stunden lang sein, teils auch Jahre betragen. Am häufigsten würden freie Intervalle zwischen drei Stunden und wenige Tage nach der Verletzung beschrieben. Damit kann die Zeitspanne zwischen dem Unfall und den neurologischen Auffälligkeiten nicht mehr als überzeugendes Argument für den Nachweis einer Carotisdissektion gerade durch den Unfall angesehen werden.
Aus den Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.B. ergibt sich darüber hinaus, wie auch aus den übrigen Gutachten, dass zusammengefasst die ursächliche Entstehung der Carotis-Dissektion weitestgehend unbekannt ist, zu einem gewissen Teil zeitliche und anamnestische Zuordnungen zu bestimmten äußeren Einwirkungen ermittelt worden sind und traumatische Verursachungen durch nicht äußere Gewalteinwirkung äußerst selten nachweisbar sind. Ferner ergibt sich aus den Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.B. , insbesondere aus seiner Bezugnahme auf Fritze, Die ärztliche Begutachtung 1996, dass in den hier in Frage stehenden Fallgruppen nur in Ausnahmefällen der angenommenen Einwirkung von außen ein wesentlicher Anteil an der Dissektion zugestanden werden könne. In der betreffenden Literaturstelle heißt es, wenn überhaupt, könne bei ausreichend schwer erscheinender Belastung nur ein die Manifestation fördernder Teilfaktor anerkannt werden. Unter diesen Voraussetzungen müsste eine ausreichend schwer erscheinende Belastung belegt werden und ferner, inwiefern sie als wesentliche Teilursache angesehen werde. An einer solchen Auseinandersetzung fehlt es in den Gutachten des Prof.Dr.B ... Dass es an anderen sogenannten Risikofaktoren fehle, reicht im vorliegenden Fall für eine entsprechende Begründung nicht aus, denn nach diesem Gutachten sind die als Begleitfaktoren bezeichneten Risikofaktoren zwar gehäuft, aber nicht immer bei der spontanen Carotisdissektion zu finden. Es verbleibt damit ein mehr oder minder großer Bereich ohne begleitende Risikofaktoren. Darüber hinaus kann es nicht als gesichert angenommen werden, dass die Arteriosklerose keinen Risikofaktor für das Auftreten einer Carotisdissektion darstelle. Die Internisten Dr.L. und Prof.Dr.F. sind hier explizit anderer Ansicht und Prof.Dr.F. unternimmt es, den Einfluss der Arteriosklerose bei der Carotisdissektion detailliert darzustellen.
Auch auf das Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr.F. kann eine Entscheidung zu Gunsten der Klägerin nicht gestützt werden. Die Schlussfolgerungen im Ergebnis des Gutachtens werden durch die hierzu gehörende Begründung nicht hinreichend gestützt, sie werden im Gegenteil ausdrücklich in Frage gestellt. So schreibt der Sachverständige bzgl. des von ihm angenommenen Geschehensablaufs, mit einer solchen Interpretation sei der klinische Verlauf mit progredienter Symptomatik logisch zu erklären. Die Folgen einer Carotiswanddissektion, aus welcher Ursache auch immer, mit anschließender Thrombosierung des Gefäßes und mehrfacher Embolisierung ins Gehirn sei in der Regel kein momentanes Ereignis, sondern ein dynamisches Geschehen. Diese Deutung der Untersuchungsbefunde und des Ablaufs der Ereignisse bzw. der Symptomatologie der Klägerin seit dem Unfall zeige die Schwierigkeiten ihrer medizinisch gutachtlichen Beurteilung, die mit der rechtlichen geforderten Wahrscheinlichkeit sogar nicht möglich seien. So beantwortet der Sachverständige explizit auf die ihm vorgelegten Beweisfragen, wie sie ihm "nach der Beweislage am wahrscheinlichsten" erschienen. Die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung notwendige hinreichende Wahrscheinlichkeit dergestalt, dass deutlich überwiegende Gründe für die Annahme der Tatsache sprechen, ist in dem Gutachten jedoch nicht dargelegt, wie auch der Sachverständige selbst ausführt. Vielmehr ergibt sich aus dem Gutachten - wie vom Sachverständigen wiederum ausgeführt - lediglich die Annahme eines Geschehensablaufes, der die von dem Verkehrsunfall möglicherweise ausgehenden Einwirkungen als Ursache für den späteren Hirninfarkt plausibel machen kann. Dass andere, nicht durch den Verkehrsunfall beeinflusste Geschehensabläufe ebenso plausibel sind, ergibt sich bei kritischer Betrachtung sowohl aus dem Gutachten des Prof.Dr.F. selbst, als auch aus den Gutachten des Prof.Dr.B. und des Dr.L ... Darüber hinaus wäre aus dem Gutachten des Prof.Dr.F. nicht hinreichend nachvollziehbar, warum bei dem von ihm als plausibel angesehenen Geschehensablauf die angenommene, keineswegs jedoch bewiesene Einwirkung durch den Verkehrsunfall nicht nur Mitursache, sondern wesentliche Mitursache wäre. Selbst wenn man von den vom Sachverständigen beispielhaft angeführten Auslösern wie einer hypertonen Kreislaufregulationsstörung oder einer Präschocksymptomatik, die im vorliegenden Fall jedoch nicht als bewiesen angesehen werden könnten, ausginge, hätte bei dem Gefährdungspotential, das von der angenommenen Carotisdissektion ausgegangen wäre, nachvollziehbar abgewogen werden müssen, warum diesen Einwirkungen nach den Anschauungen des praktischen Lebens die wesentliche Bedeutung für den Hirninfarkt zukam.
Das Gutachten des Privatdozenten Dr.W. bringt keinerlei neuen Erkenntnisse im Vergleich zu den zuvor eingeholten Sachverständigengutachten. Im Ergebnis ist der Beklagten darin Recht zu gegen, dass das Gutachten lediglich einen möglichen Verletzungszusammenhang aufweist, die dafür nötigen Beweise des Unfallablaufes ebenfalls schuldig bleibt und bezüglich des Ursachenzusammenhanges eine Wahrscheinlichkeit nicht überzeugend begründen kann. Der vom Sachverständigen herausgehobene mögliche Pathomechanismus ist insoweit bereits in den Gutachten des Dr.N. , Prof.Dr.B. und des Prof.Dr.F. abgehandelt. Das Gutachten des Privatdozenten Dr.W. erörtert zum einen die Entstehung der Carotis-Dissektion allein durch äußere mechanische Beeinflussung, ohne den dafür nötigen Geschehensablauf als sicher begründen zu können, ja sogar unter der Annahme alternativer Bewegungsmechanismen und lässt auf der anderen Seite sämtliche weitere Entstehungsmöglichkeiten der Carotis-Dissektion und die wissenschaftliche Ungewissheit über ihre Entstehungsmechanismen vollständig außer Betracht. Auch dieses Gutachten kann deshalb zur Überzeugung des Gerichts ebensowenig wie auf das des Prof.Dr.B. eine der Kläger günstige Entscheidung gestützt werden.
Sein Gutachten ebenso wie das zweite des Prof.Dr.B. bleiben im Ergebnis die Beantwortung der Fragen schuldig, die der Senat dem Prof.M B. gestellt hatte. Das lässt den Schluss zu, dass diesen Sachverständigen die hierfür notwendigen Argumente nicht zur Verfügung stehen (vgl. hierzu BSG Urt. 04.06.2002, Az.:B 2 u 16/01 R).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann deshalb nicht als hinreichend nachgewiesen angesehen werden, dass Einwirkungen des Verkehrsunfalles mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitursächlich für eine Körperverletzung der Klägerin waren. Damit liegt auch kein Arbeitsunfall vor. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin wegen der Folgen der von ihr geltend gemachten Gesundheitsstörungen zu entschädigen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin im Ergebnis nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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