Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 227/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 360/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird die Ehe zwischen dem Versicherten und seiner späteren Witwe erst nach dem Beginn der BK geschlossen und tritt der Tod des Versicherten innerhalb des ersten Jahres der Ehe ein, so besteht die widerlegbare Vermutung, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Hat die Witwe mit dem Versicherten 3 Jahre unverheiratet in einer gemeinsamen Wohnung gelebt und erfolgt die Heirat ca. 3 1/2 Monate vor dem Tod des Versicherten, wird gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und das lange eheähnliche Zusammenleben ein anderer Grund für die Eheschließung als die Versorgungsehe nicht ersichtlich.
Hat die Witwe mit dem Versicherten 3 Jahre unverheiratet in einer gemeinsamen Wohnung gelebt und erfolgt die Heirat ca. 3 1/2 Monate vor dem Tod des Versicherten, wird gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und das lange eheähnliche Zusammenleben ein anderer Grund für die Eheschließung als die Versorgungsehe nicht ersichtlich.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26. September 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am 1953 geborene Klägerin ist die Witwe des am 1932 geborenen und am 24.10.1999 verstorbenen Versicherten.
Mit ärztlicher Anzeige vom 13.11.1997 wies der Lungenarzt Dr.M. auf eine Pleuraasbestose des Versicherten hin. Vom 19.08.1997 bis 12.09.1997 wurde der Versicherte im Bezirksklinikum K. stationär behandelt. Bei einem Hausbesuch gab der Versicherte gegenüber einem Bediensteten der Beklagten an, er habe erstmals im Juli/August 1997 Luftmangel bei körperlicher Betätigung bemerkt. Der Internist Dr.V. führte im Gutachten vom 18.05.1998 aus, es liege eine Berufskrankheit nach Nr.4103 der Anlage zur BKV vor, Hinweise auf eine pulmonale Asbestose oder ein Bronchialkarzinom ergäben sich nicht. Die MdE werde ab 12.09.1997 auf 20 v.H. eingeschätzt. Der Pathologe Prof.Dr.M. kam im Gutachten vom 09.02.1999 zu dem Ergebnis, von einer Berufskranheit nach Ziff.4103 sei dem Grunde nach auszugehen.
Am 16.03.1999 wurde der Versicherte von einem Bediensteten der Beklagten zu Hause aufgesucht. Der Versicherte gab an, weiter in ärztlicher Behandlung bei Dr. M. zu sein. Er sei auf ständige Medikamenteneinnahme angewiesen. Die Atemnot bei geringster Belastung habe deutlich zugenommen. Treppensteigen oder Bergangehen sei nur mit Ruhepausen möglich. Probleme bestünden auch beim Abhusten und beim Schlafen. Pflegebedürftigkeit bestehe derzeit nicht, er sei nach wie vor in der Lage, sich selbst zu versorgen.
Am 23.04.1999 teilte der Versicherte telefonisch mit, er könne die geplante Kur aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten. Dr.M. erläuterte in einem Telefongespräch vom 26.04.1999, es müsse eine Punktion des aufgetretenen Pleuraergusses durchgeführt werden. Der Versicherte werde am 29.04.1999 in der Medizinischen Universitätsklinik E. stationär aufgenommen (177). Vom 18.05. bis 21.05.1999 wurde der Versicherte im Anschluss an die Untersuchungen im Klinikum E. im Bezirksklinikum K. stationär behandelt. Die Diagnose lautete: histologisch gesichertes, ausgedehntes malignes Pleuramesotheliom mit Infiltration der Thoraxwand, des Zwerchfells und des Pericards. Aufgrund der massiven Ausdehnung erscheine eine thoraxchirurgische Intervention nicht mehr gerechtfertigt. Die Problematik sei mit dem sehr einsichtigen Patienten ausführlich besprochen worden. Im Vordergrund stehe jetzt eine ausreichende Analgetikatherapie. Mit Schreiben vom 17.06.1999 teilte der Versicherte der Beklagten mit, er sei vom 29.04. bis 01.05.1999 im Klinikum E. behandelt worden. Das Ergebnis laute "bösartig". Im Bezirksklinikum K. habe man ihm mitgeteilt, er könne nicht mehr operiert werden. Der Asbesttumor sei zu weit fortgeschritten. Er werde vom 18.06. bis 02.07.1999 Erholungsurlaub machen.
Im Gutachten vom 29.06.1999 kam Prof.Dr.M. zu dem Ergebnis, der Krankheitsverlauf lasse sich einer vergleichsweise langsam verlaufenden Progredienz eines malignen Pleuramesothelioms zuordnen. Der Krankheitsbeginn sei in die Zeit um Juli 1997 zu datieren. Bereits im Arztbrief vom 24.07.1997 von Dr.M. seien Befunde dokumentiert, die sich rückwirkend der Berufskrankheit nach Ziff.4105 zuordnen ließen. Der Internist Dr.V. führte im Gutachten vom 26.07.1999 aus, grundsätzlich gelte bei berufsbedingten inoperablen malignen Tumoren mit infauster Prognose die Festsetzung einer MdE von 100 v.H. ab Zeitpunkt der Diagnosestellung. Der psychologische Aspekt, die Schmerzsymptomatik und auch der Verlust einer Langzeitperspektive seien mitzuberücksichtigen. Es gelte hier abzuwägen, dass dem Versicherten zum Zeitpunkt der ersten Beschwerden durch den Tumor die Diagnose selbst nicht bekannt gewesen sei und allenfalls als Verdacht im Raume gestanden habe. Daher sei bis zum 31.12.1998 von einer MdE von 50 v.H., ab 01.01.1999 von 70 v.H. und ab 21.04.1999 von 100 v.H. auszugehen. Bis zum Zeitpunkt des Berichts vom 28.05.1999 habe noch keine Pflegebedürftigkeit bestanden.
Im Bericht vom 17.09.1999 berichtete Dr.M. über eine Zunahme der Schmerzen. Am 08.10.1999 erklärte er, der Versicherte habe angegeben, dass ihm die zwischenzeitlich bereits beträchtliche Gewichtsabnahme im Februar 1999 erstmals aufgefallen sei. Im Arztbrief vom 28.07.1999 erwähnte Dr.M. , der Versicherte gebe an, er habe seit Februar insgesamt 14 kg Gewicht verloren. Auch die Schmerzen nähmen zu. Er habe Atembeschwerden. Am 19.10.1999 wurde der Versicherte im Krankenhaus S. stationär aufgenommen. Am 24.10.1999 verstarb er dort.
Die Klägerin teilte am 25.10.1999 mit, das sie den Versicherten am 06.07.1999 geheiratet habe. Sie habe ihn 1993 kennengelernt. Damals habe er in E. im Haus seiner Tante gewohnt. 1996 seien sie gemeinsam in die Wohnung N. , S. Str. eingezogen. Die Wohnung in E. habe der Versicherte beibehalten, da er bei seiner Tante Garten- und andere Arbeiten verrichtet habe und die Tante betreut habe, die gehbehindert sei. Gewohnt habe er aber in der gemeinsamen Wohnung. Übersandt wurde ein Schreiben vom 11.11.1993, unterschrieben von K. G. und R. A.: R. A. werde ein Wohnrecht gegen einen Nebenkostenbeitrag von monatlich 100,- DM sowie Strom und Heizungskosten eingeräumt. Das Wohnrecht gelte ausdrücklich nur für ihn und erlösche bei seinem Tod. Weiter übersandt wurde der Mietvertrag, den die Klägerin und der Versicherte 1996 für eine Mietzeit ab 01.06.1996 abgeschlossen hatten, außerdem die Anmeldebestätigung, nach der der Versicherte die Wohnung in der S. Straße als Nebenwohnung bezeichnete. Mit Schreiben vom 20.11.1999 erklärte die Klägerin, ab 01.06.1996 habe der Versicherte überwiegend in N. gewohnt. Die Wohnung in E. habe er nur noch in geringem Umfang tagsüber genutzt, wenn er Gartenarbeiten und ähnliches für seine Tante erledigt habe. Der gemeinsame Haushalt habe ab 01.06.1996 bestanden. Der Versicherte habe sich zu 50 % an den Mietzahlungen inklusive Nebenkosten beteiligt. Er habe eigene Möbel mitgebracht, weitere Möbel seien ab 01.06. 1996 gemeinsam angeschafft und bezahlt worden. Ab 01.06.1996 habe der Versicherte persönliche Gegenstände wie Dokumente und ähnliches in der Wohnung in N. aufbewahrt. Die Post für den Versicherten sei nach E. gesandt worden.
Die Schwester des Versicherten, A. Ü. , erklärte in einem Telefongespräch vom 11.01.2000 gegenüber einem Bediensteten der Beklagten, sie sei testamentarisch verpflichtet, die Bestattungskosten zu tragen. Tagsüber habe sich der Versicherte bei der Tante in E. aufgehalten, um diese zu pflegen. Der Lebensmittelpunkt habe sich jedoch zuletzt in N. , ca. 1 Kilometer von E. entfernt, befunden. Sie übersandte eine Vollmacht, datiert vom 30.09.1994, nach der sie berechtigt war, über das Konto des Versicherten auch nach seinem Tod zu verfügen.
Mit Bescheid vom 25.01.2000 wurde der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 Abs.1 Nr.1 SGB I die bis zum Tod des Versicherten zu gewährende Rente wegen einer Berufskrankheit nach Nr.4105 der Anlage zur BKV gewährt.
Mit Bescheid vom 25.01.2000 lehnte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ab. Es sei davon auszugehen, dass der zumindest überwiegende Zweck der Eheschließung die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei.
Die Klägerin wandte mit Widerspruch vom 17.02.2000 ein, die gesetzliche Vermutung sei widerlegt. Es sei die Absicht des Versicherten gewesen, sich durch die Heirat eine dauernde Pflege zu sichern. Am 01.06.1996 sei ein Heiratsversprechen in Form eines Verlöbnisses abgegeben worden. Der Lebensmitelpunkt des Versicherten und der Klägerin sei in N. gewesen. Vermutlich aus Bequemlichkeit sei N. nicht als Hauptwohnsitz angegeben worden. Die Klägerin habe nichts über eine lebensbedrohende Erkrankung des Versicherten gewusst. Unterlagen über die Krankheit seien von ihr erst nach dem Tod des Versicherten gefunden worden. Der kurz nach der Eheschließung einsetzende rapide Verfall des Versicherten sei nicht vorhersehbar gewesen. Es sei auch zweifelhaft und werde bestritten, dass der Versicherte seinen lebensbedrohlichen Zustand gekannt habe.
Dr.M. teilte mit Schreiben vom 14.04.2000 mit, bereits im Spätherbst 1997 habe er dem Versicherten mitgeteilt, dass die damals diagnostizierte Pleuraasbestose eine schwere Erkrankung sei, die auch zum Tode führen könne, insbesondere, da die Beurteilung, ob gutartig oder bösartig, nie ganz geklärt werden könne. Schmerzmittel seien erstmals am 21.01.1999 verordnet worden, Morphium erstmals am 27.07.1999. Ab diesem Zeitpunkt sei eine zunehmende kombinierte Behandlung mit Morphium und peripheren Analgetika erforderlich gewesen. Am 12.04.2000 erklärte Dr.M. gegenüber einem Bediensteten der Beklagten, er habe nicht mit dem Versicherten darüber gesprochen, dass aufgrund der im Mai 1999 gestellten Diagnose die Lebenserwartung auf eine kurze Zeit beschränkt sei. Zuletzt sei der Versicherte am 17.09.1999 bei ihm in der Praxis gewesen.
Die Schwester des Versicherten, A. Ü. , erklärte gegenüber dem Bediensteten, zwar sei die Klägerin berufstätig gewesen, doch sei Pflege hauptsächlich in den Nachtstunden wegen der starken Schmerzanfälle erforderlich gewesen und von der Klägerin geleistet worden. Die Unterstützungen tagsüber seien durch die Tante oder Nachbarn erfolgt. Frau Ü. und ihr Mann hätten den Kläger einige Male zu ärztlichen Behandlungen gefahren. Frau Ü. gab an, sowohl der Versicherte als auch die Familie hätten immer gehofft, dass sich das Krankheitsbild stabilisiere und der Versicherte noch ein langes Leben vor sich habe. Erst in K. hätten der Versicherte und die Klägerin erfahren, dass ein operativer Eingriff nicht mehr möglich sei. Von da ab habe der Versicherte auch erhebliche Schmerzen gehabt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2000 zurück. Die besonderen Umstände, insbesondere das Alter des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung, sowie die relativ lange Zeit des Zusammenlebens seit 1993 und seit 1996 sogar in einem eheähnlichen Verhältnis in einem gemeinsamen Haushalt, rechtfertigten bei Berücksichtigung des sich rapide verschlechternden Gesundheitszustandes die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen sei, der Klägerin eine höhere Versorgung zu verschaffen.
Mit der Klage vom 21.07.2000 hat die Klägerin eingewandt, bis zur Eheschließung habe sie über die lebensbedrohliche Erkrankung nicht Bescheid gewusst. Es sei auch fraglich, ob der Versicherte sich über seinen Zustand im Klaren gewesen sei. Er habe sich auf jeden Fall von der Klägerin versorgt sehen wollen. Im Übrigen sei die Klägerin auf eine Versorgung in Form der Witwenrente nicht angewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.09.2001 abgewiesen. Die Eheschließung sei erst nach einer offenkundigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes erfolgt. Die Klägerin habe seit dem 01.06.1996 mit dem Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt und somit in einem eheähnlichen Verhältnis gelebt. Für eine angebliche Verlobung ergäben sich keine Anhaltspunkte. Andererseits habe im Hinblick auf den sich verschlechternden Gesundheitszustand ein erkennbarer Anlass bestanden, die Eheschließung möglichst rasch zu vollziehen, um der Klägerin, wenn nicht die Hinterbliebenenleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, so doch die Witwenrente aus der Angestelltenversicherung und eventuelle erbrechtliche Ansprüche zu sichern.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, sie habe mit der Schwester des Versicherten, A. Ü. , und mit ihrer Schwester, M. S. , Ende 1996 darüber gesprochen, dass sie sich mit dem Versicherten verlobt habe. Die Ehe sei für Ende 1997/Anfang 1998 geplant gewesen. Da jedoch der Schwager der Klägerin, G. S. , am 03.11.1997 verstorben sei, habe man die Hochzeit verschoben, und zwar vor allem deshalb, weil die Klägerin die fünf minderjährigen Kinder ihrer Schwester habe mitbetreuen müssen und so keine Zeit für die notwendigen Vorbereitungen gehabt habe. 1998 sei die Mutter der Klägerin schwer erkrankt und habe betreut und versorgt werden müssen, was ab und zu auch die Klägerin übernommen habe. Daher sei die Hochzeit nochmals verschoben worden. Die Mutter sei 1999 verstorben.
Die Beklagte erklärte hierzu am 08.01.2002, es sei nicht nachvollziehbar, dass die berufstätige Klägerin die fünf Kinder ihrer Schwester, die relativ weit entfernt wohne, mitbetreut habe und die erkrankte Mutter ab und zu betreut habe.
Die Klägerin gab hierzu am 01.02.2002 an, sie sei oft an den Wochenenden zu ihrer Schwester gefahren, deren Haus im Rohbau gestanden habe, es seien ständig Handwerker zu beaufsichtigen bzw. zu organisieren gewesen. Deshalb habe sie die Kinder betreut. Die Mutter sei zu diesem Zeitpunkt schon schwer krank gewesen.
Die Klägerin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 20.12.2001.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Gemäß § 65 Abs.6 SGB VII hat die Witwe keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe erst nach dem Beginn der Berufskrankheit geschlossen und der Tod innerhalb des ersten Jahres der Ehe eingetreten ist. Denn damit wird vermutet, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Voraussetzungen dieser Vermutung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Versicherungsfall ist am 10.07.1997 eingetreten und der Versicherte ist am 24.10.1999, also innerhalb des ersten Jahres nach der Eheschließung vom 06.07.1999, verstorben.
Die Vermutung, dass es sich hier um eine Versorgungsehe gehandelt hat, kann nicht als widerlegt angesehen werden. Sie ist widerlegt, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Besondere Umstände im Sinne der Vorschrift sind alle Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst sind und die geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen. Entscheidend ist, ob sie ausreichen, um die Vermutung zu widerlegen. Dabei sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Es muss eine Gesamtabwägung der Motive erfolgen, weil die Vermutung nur dann als widerlegt angesehen werden kann, wenn die Versorgungsabsicht, insgesamt betrachtet, nicht überwiegt (vgl. BSGE 35, 272). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Klägerin hat seit dem 01.06.1996 mit dem Versicherten in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Die Heirat am 06.07.1999 erfolgte zum Zweck der Versorgung der Klägerin, denn ein anderer Grund für die Eheschließung zu diesem Zeitpunkt ist gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und das bereits seit drei Jahren bestehende eheähnliche Zusammenleben nicht ersichtlich. Auch die konkreten Umstände der Eheschließung sprechen für eine Versorgungsehe. Die Heirat erfolgte erst, nachdem beim Versicherten ein Zustand, der nicht mehr behandlungsfähig war, festgestellt worden war. Dieser Zustand war zumindest dem Versicherten bekannt. Er selbst hat am 17.06.1999 davon gesprochen, dass bei ihm ein "bösartiges" Leiden festgestellt sei. Die Ärzte im Bezirksklinikum K. haben, wie aus ihrem Entlassungsbericht hervorgeht, mit dem Versicherten über seinen Zustand gesprochen. Selbst wenn die Klägerin von der Diagnose und der Prognose nichts gewusst haben sollte, so ist doch davon auszugehen, dass der Versicherte sich gerade wegen der Versorgung der Klägerin zu der Eheschließung am 06.07.1999 entschlossen hat.
Ein anderes Motiv ist nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu erkennen. Die Eheschließung stellt sich nicht als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht dar. Zwar wird als wahr unterstellt, dass die Klägerin gegenüber der Schwester des Versicherten, A. Ü. , und ihrer Schwester, M. S. , ab 1996 mehrmals erwähnt hat, sie habe sich mit dem Versicherten verlobt, und sie beabsichtigten die Eheschließung. Dass ab dem Zeitpunkt des Verlöbnisses im Juni 1996 ein konkreter Heiratswunsch bestanden hätte, kann aber nicht angenommen werden. Denn die Eheschließung wurde immer wieder zurückgestellt. Es erscheint nicht überzeugend, dass sich sich kein Termin für eine Eheschließung gefunden haben sollte. Die Angaben der Klägerin, sie habe nach dem Tod des Schwagers am 03.11.1997 die Kinder ihrer Schwester an den Wochenenden betreuen müssen und ab 1998 ab und zu ihre Mutter betreut und deshalb keine Zeit gefunden, können nicht überzeugen. Die Klägerin und der Versicherte lebten bereits in einer gemeinsam eingerichteten Wohnung, so dass besonders zeitaufwendige Vorbereitungen für eine Eheschließung nicht erforderlich waren. Bei einem ernsthaften und dringlichen Heiratswunsch wäre dessen Verwirklichung schon wesentlich früher zu erwarten gewesen. Es spricht dagegen sehr viel mehr dafür, dass konkrete Heiratspläne erst nach Kenntnis der Erkrankung mit dem lebensbedrohenden Charakter gefasst wurden. Dass die partnerschaftliche Beziehung ab 01.06.1996 nicht unbedingt so eng war, wie sie die Klägerin schildert, geht auch daraus hervor, dass der Versicherte seine Wohnung in E. als Hauptwohnsitz beibehielt, sich die Post nach E. senden ließ und in den drei Jahren des Zusammenlebens mit der Klägerin weder die Vollmacht über den Tod hinaus für seine Schwester noch die testamentarische Bestimmung, dass seine Schwester die Beerdigungskosten übernehmen solle, änderte.
Was die von der Klägerin eingewandte Absicht des Versicherten betrifft, sich durch die Eheschließung ihre Pflege zu sichern, so steht dem entgegen, dass die Klägerin voll berufstätig war und die tagsüber erforderliche Pflege durch die Tante, Nachbarn und, soweit es um die Fahrten zum Arztbesuch ging, die Schwester und ihren Mann erfolgte.
Allein das Bestehen einer Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 65 Abs.6 SGB VII nicht aus. Die Absichten haben erst zu einer Verwirklichung geführt, als mit dem baldigen Ableben des Versicherten zu rechnen war. Insofern ist ein von der Versorgungsabsicht verschiedenes Motiv nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am 1953 geborene Klägerin ist die Witwe des am 1932 geborenen und am 24.10.1999 verstorbenen Versicherten.
Mit ärztlicher Anzeige vom 13.11.1997 wies der Lungenarzt Dr.M. auf eine Pleuraasbestose des Versicherten hin. Vom 19.08.1997 bis 12.09.1997 wurde der Versicherte im Bezirksklinikum K. stationär behandelt. Bei einem Hausbesuch gab der Versicherte gegenüber einem Bediensteten der Beklagten an, er habe erstmals im Juli/August 1997 Luftmangel bei körperlicher Betätigung bemerkt. Der Internist Dr.V. führte im Gutachten vom 18.05.1998 aus, es liege eine Berufskrankheit nach Nr.4103 der Anlage zur BKV vor, Hinweise auf eine pulmonale Asbestose oder ein Bronchialkarzinom ergäben sich nicht. Die MdE werde ab 12.09.1997 auf 20 v.H. eingeschätzt. Der Pathologe Prof.Dr.M. kam im Gutachten vom 09.02.1999 zu dem Ergebnis, von einer Berufskranheit nach Ziff.4103 sei dem Grunde nach auszugehen.
Am 16.03.1999 wurde der Versicherte von einem Bediensteten der Beklagten zu Hause aufgesucht. Der Versicherte gab an, weiter in ärztlicher Behandlung bei Dr. M. zu sein. Er sei auf ständige Medikamenteneinnahme angewiesen. Die Atemnot bei geringster Belastung habe deutlich zugenommen. Treppensteigen oder Bergangehen sei nur mit Ruhepausen möglich. Probleme bestünden auch beim Abhusten und beim Schlafen. Pflegebedürftigkeit bestehe derzeit nicht, er sei nach wie vor in der Lage, sich selbst zu versorgen.
Am 23.04.1999 teilte der Versicherte telefonisch mit, er könne die geplante Kur aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten. Dr.M. erläuterte in einem Telefongespräch vom 26.04.1999, es müsse eine Punktion des aufgetretenen Pleuraergusses durchgeführt werden. Der Versicherte werde am 29.04.1999 in der Medizinischen Universitätsklinik E. stationär aufgenommen (177). Vom 18.05. bis 21.05.1999 wurde der Versicherte im Anschluss an die Untersuchungen im Klinikum E. im Bezirksklinikum K. stationär behandelt. Die Diagnose lautete: histologisch gesichertes, ausgedehntes malignes Pleuramesotheliom mit Infiltration der Thoraxwand, des Zwerchfells und des Pericards. Aufgrund der massiven Ausdehnung erscheine eine thoraxchirurgische Intervention nicht mehr gerechtfertigt. Die Problematik sei mit dem sehr einsichtigen Patienten ausführlich besprochen worden. Im Vordergrund stehe jetzt eine ausreichende Analgetikatherapie. Mit Schreiben vom 17.06.1999 teilte der Versicherte der Beklagten mit, er sei vom 29.04. bis 01.05.1999 im Klinikum E. behandelt worden. Das Ergebnis laute "bösartig". Im Bezirksklinikum K. habe man ihm mitgeteilt, er könne nicht mehr operiert werden. Der Asbesttumor sei zu weit fortgeschritten. Er werde vom 18.06. bis 02.07.1999 Erholungsurlaub machen.
Im Gutachten vom 29.06.1999 kam Prof.Dr.M. zu dem Ergebnis, der Krankheitsverlauf lasse sich einer vergleichsweise langsam verlaufenden Progredienz eines malignen Pleuramesothelioms zuordnen. Der Krankheitsbeginn sei in die Zeit um Juli 1997 zu datieren. Bereits im Arztbrief vom 24.07.1997 von Dr.M. seien Befunde dokumentiert, die sich rückwirkend der Berufskrankheit nach Ziff.4105 zuordnen ließen. Der Internist Dr.V. führte im Gutachten vom 26.07.1999 aus, grundsätzlich gelte bei berufsbedingten inoperablen malignen Tumoren mit infauster Prognose die Festsetzung einer MdE von 100 v.H. ab Zeitpunkt der Diagnosestellung. Der psychologische Aspekt, die Schmerzsymptomatik und auch der Verlust einer Langzeitperspektive seien mitzuberücksichtigen. Es gelte hier abzuwägen, dass dem Versicherten zum Zeitpunkt der ersten Beschwerden durch den Tumor die Diagnose selbst nicht bekannt gewesen sei und allenfalls als Verdacht im Raume gestanden habe. Daher sei bis zum 31.12.1998 von einer MdE von 50 v.H., ab 01.01.1999 von 70 v.H. und ab 21.04.1999 von 100 v.H. auszugehen. Bis zum Zeitpunkt des Berichts vom 28.05.1999 habe noch keine Pflegebedürftigkeit bestanden.
Im Bericht vom 17.09.1999 berichtete Dr.M. über eine Zunahme der Schmerzen. Am 08.10.1999 erklärte er, der Versicherte habe angegeben, dass ihm die zwischenzeitlich bereits beträchtliche Gewichtsabnahme im Februar 1999 erstmals aufgefallen sei. Im Arztbrief vom 28.07.1999 erwähnte Dr.M. , der Versicherte gebe an, er habe seit Februar insgesamt 14 kg Gewicht verloren. Auch die Schmerzen nähmen zu. Er habe Atembeschwerden. Am 19.10.1999 wurde der Versicherte im Krankenhaus S. stationär aufgenommen. Am 24.10.1999 verstarb er dort.
Die Klägerin teilte am 25.10.1999 mit, das sie den Versicherten am 06.07.1999 geheiratet habe. Sie habe ihn 1993 kennengelernt. Damals habe er in E. im Haus seiner Tante gewohnt. 1996 seien sie gemeinsam in die Wohnung N. , S. Str. eingezogen. Die Wohnung in E. habe der Versicherte beibehalten, da er bei seiner Tante Garten- und andere Arbeiten verrichtet habe und die Tante betreut habe, die gehbehindert sei. Gewohnt habe er aber in der gemeinsamen Wohnung. Übersandt wurde ein Schreiben vom 11.11.1993, unterschrieben von K. G. und R. A.: R. A. werde ein Wohnrecht gegen einen Nebenkostenbeitrag von monatlich 100,- DM sowie Strom und Heizungskosten eingeräumt. Das Wohnrecht gelte ausdrücklich nur für ihn und erlösche bei seinem Tod. Weiter übersandt wurde der Mietvertrag, den die Klägerin und der Versicherte 1996 für eine Mietzeit ab 01.06.1996 abgeschlossen hatten, außerdem die Anmeldebestätigung, nach der der Versicherte die Wohnung in der S. Straße als Nebenwohnung bezeichnete. Mit Schreiben vom 20.11.1999 erklärte die Klägerin, ab 01.06.1996 habe der Versicherte überwiegend in N. gewohnt. Die Wohnung in E. habe er nur noch in geringem Umfang tagsüber genutzt, wenn er Gartenarbeiten und ähnliches für seine Tante erledigt habe. Der gemeinsame Haushalt habe ab 01.06.1996 bestanden. Der Versicherte habe sich zu 50 % an den Mietzahlungen inklusive Nebenkosten beteiligt. Er habe eigene Möbel mitgebracht, weitere Möbel seien ab 01.06. 1996 gemeinsam angeschafft und bezahlt worden. Ab 01.06.1996 habe der Versicherte persönliche Gegenstände wie Dokumente und ähnliches in der Wohnung in N. aufbewahrt. Die Post für den Versicherten sei nach E. gesandt worden.
Die Schwester des Versicherten, A. Ü. , erklärte in einem Telefongespräch vom 11.01.2000 gegenüber einem Bediensteten der Beklagten, sie sei testamentarisch verpflichtet, die Bestattungskosten zu tragen. Tagsüber habe sich der Versicherte bei der Tante in E. aufgehalten, um diese zu pflegen. Der Lebensmittelpunkt habe sich jedoch zuletzt in N. , ca. 1 Kilometer von E. entfernt, befunden. Sie übersandte eine Vollmacht, datiert vom 30.09.1994, nach der sie berechtigt war, über das Konto des Versicherten auch nach seinem Tod zu verfügen.
Mit Bescheid vom 25.01.2000 wurde der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 Abs.1 Nr.1 SGB I die bis zum Tod des Versicherten zu gewährende Rente wegen einer Berufskrankheit nach Nr.4105 der Anlage zur BKV gewährt.
Mit Bescheid vom 25.01.2000 lehnte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ab. Es sei davon auszugehen, dass der zumindest überwiegende Zweck der Eheschließung die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei.
Die Klägerin wandte mit Widerspruch vom 17.02.2000 ein, die gesetzliche Vermutung sei widerlegt. Es sei die Absicht des Versicherten gewesen, sich durch die Heirat eine dauernde Pflege zu sichern. Am 01.06.1996 sei ein Heiratsversprechen in Form eines Verlöbnisses abgegeben worden. Der Lebensmitelpunkt des Versicherten und der Klägerin sei in N. gewesen. Vermutlich aus Bequemlichkeit sei N. nicht als Hauptwohnsitz angegeben worden. Die Klägerin habe nichts über eine lebensbedrohende Erkrankung des Versicherten gewusst. Unterlagen über die Krankheit seien von ihr erst nach dem Tod des Versicherten gefunden worden. Der kurz nach der Eheschließung einsetzende rapide Verfall des Versicherten sei nicht vorhersehbar gewesen. Es sei auch zweifelhaft und werde bestritten, dass der Versicherte seinen lebensbedrohlichen Zustand gekannt habe.
Dr.M. teilte mit Schreiben vom 14.04.2000 mit, bereits im Spätherbst 1997 habe er dem Versicherten mitgeteilt, dass die damals diagnostizierte Pleuraasbestose eine schwere Erkrankung sei, die auch zum Tode führen könne, insbesondere, da die Beurteilung, ob gutartig oder bösartig, nie ganz geklärt werden könne. Schmerzmittel seien erstmals am 21.01.1999 verordnet worden, Morphium erstmals am 27.07.1999. Ab diesem Zeitpunkt sei eine zunehmende kombinierte Behandlung mit Morphium und peripheren Analgetika erforderlich gewesen. Am 12.04.2000 erklärte Dr.M. gegenüber einem Bediensteten der Beklagten, er habe nicht mit dem Versicherten darüber gesprochen, dass aufgrund der im Mai 1999 gestellten Diagnose die Lebenserwartung auf eine kurze Zeit beschränkt sei. Zuletzt sei der Versicherte am 17.09.1999 bei ihm in der Praxis gewesen.
Die Schwester des Versicherten, A. Ü. , erklärte gegenüber dem Bediensteten, zwar sei die Klägerin berufstätig gewesen, doch sei Pflege hauptsächlich in den Nachtstunden wegen der starken Schmerzanfälle erforderlich gewesen und von der Klägerin geleistet worden. Die Unterstützungen tagsüber seien durch die Tante oder Nachbarn erfolgt. Frau Ü. und ihr Mann hätten den Kläger einige Male zu ärztlichen Behandlungen gefahren. Frau Ü. gab an, sowohl der Versicherte als auch die Familie hätten immer gehofft, dass sich das Krankheitsbild stabilisiere und der Versicherte noch ein langes Leben vor sich habe. Erst in K. hätten der Versicherte und die Klägerin erfahren, dass ein operativer Eingriff nicht mehr möglich sei. Von da ab habe der Versicherte auch erhebliche Schmerzen gehabt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2000 zurück. Die besonderen Umstände, insbesondere das Alter des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung, sowie die relativ lange Zeit des Zusammenlebens seit 1993 und seit 1996 sogar in einem eheähnlichen Verhältnis in einem gemeinsamen Haushalt, rechtfertigten bei Berücksichtigung des sich rapide verschlechternden Gesundheitszustandes die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen sei, der Klägerin eine höhere Versorgung zu verschaffen.
Mit der Klage vom 21.07.2000 hat die Klägerin eingewandt, bis zur Eheschließung habe sie über die lebensbedrohliche Erkrankung nicht Bescheid gewusst. Es sei auch fraglich, ob der Versicherte sich über seinen Zustand im Klaren gewesen sei. Er habe sich auf jeden Fall von der Klägerin versorgt sehen wollen. Im Übrigen sei die Klägerin auf eine Versorgung in Form der Witwenrente nicht angewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.09.2001 abgewiesen. Die Eheschließung sei erst nach einer offenkundigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes erfolgt. Die Klägerin habe seit dem 01.06.1996 mit dem Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt und somit in einem eheähnlichen Verhältnis gelebt. Für eine angebliche Verlobung ergäben sich keine Anhaltspunkte. Andererseits habe im Hinblick auf den sich verschlechternden Gesundheitszustand ein erkennbarer Anlass bestanden, die Eheschließung möglichst rasch zu vollziehen, um der Klägerin, wenn nicht die Hinterbliebenenleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, so doch die Witwenrente aus der Angestelltenversicherung und eventuelle erbrechtliche Ansprüche zu sichern.
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, sie habe mit der Schwester des Versicherten, A. Ü. , und mit ihrer Schwester, M. S. , Ende 1996 darüber gesprochen, dass sie sich mit dem Versicherten verlobt habe. Die Ehe sei für Ende 1997/Anfang 1998 geplant gewesen. Da jedoch der Schwager der Klägerin, G. S. , am 03.11.1997 verstorben sei, habe man die Hochzeit verschoben, und zwar vor allem deshalb, weil die Klägerin die fünf minderjährigen Kinder ihrer Schwester habe mitbetreuen müssen und so keine Zeit für die notwendigen Vorbereitungen gehabt habe. 1998 sei die Mutter der Klägerin schwer erkrankt und habe betreut und versorgt werden müssen, was ab und zu auch die Klägerin übernommen habe. Daher sei die Hochzeit nochmals verschoben worden. Die Mutter sei 1999 verstorben.
Die Beklagte erklärte hierzu am 08.01.2002, es sei nicht nachvollziehbar, dass die berufstätige Klägerin die fünf Kinder ihrer Schwester, die relativ weit entfernt wohne, mitbetreut habe und die erkrankte Mutter ab und zu betreut habe.
Die Klägerin gab hierzu am 01.02.2002 an, sie sei oft an den Wochenenden zu ihrer Schwester gefahren, deren Haus im Rohbau gestanden habe, es seien ständig Handwerker zu beaufsichtigen bzw. zu organisieren gewesen. Deshalb habe sie die Kinder betreut. Die Mutter sei zu diesem Zeitpunkt schon schwer krank gewesen.
Die Klägerin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 20.12.2001.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Gemäß § 65 Abs.6 SGB VII hat die Witwe keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe erst nach dem Beginn der Berufskrankheit geschlossen und der Tod innerhalb des ersten Jahres der Ehe eingetreten ist. Denn damit wird vermutet, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Voraussetzungen dieser Vermutung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Versicherungsfall ist am 10.07.1997 eingetreten und der Versicherte ist am 24.10.1999, also innerhalb des ersten Jahres nach der Eheschließung vom 06.07.1999, verstorben.
Die Vermutung, dass es sich hier um eine Versorgungsehe gehandelt hat, kann nicht als widerlegt angesehen werden. Sie ist widerlegt, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Besondere Umstände im Sinne der Vorschrift sind alle Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der Vermutung selbst erfasst sind und die geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen. Entscheidend ist, ob sie ausreichen, um die Vermutung zu widerlegen. Dabei sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Es muss eine Gesamtabwägung der Motive erfolgen, weil die Vermutung nur dann als widerlegt angesehen werden kann, wenn die Versorgungsabsicht, insgesamt betrachtet, nicht überwiegt (vgl. BSGE 35, 272). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Klägerin hat seit dem 01.06.1996 mit dem Versicherten in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Die Heirat am 06.07.1999 erfolgte zum Zweck der Versorgung der Klägerin, denn ein anderer Grund für die Eheschließung zu diesem Zeitpunkt ist gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und das bereits seit drei Jahren bestehende eheähnliche Zusammenleben nicht ersichtlich. Auch die konkreten Umstände der Eheschließung sprechen für eine Versorgungsehe. Die Heirat erfolgte erst, nachdem beim Versicherten ein Zustand, der nicht mehr behandlungsfähig war, festgestellt worden war. Dieser Zustand war zumindest dem Versicherten bekannt. Er selbst hat am 17.06.1999 davon gesprochen, dass bei ihm ein "bösartiges" Leiden festgestellt sei. Die Ärzte im Bezirksklinikum K. haben, wie aus ihrem Entlassungsbericht hervorgeht, mit dem Versicherten über seinen Zustand gesprochen. Selbst wenn die Klägerin von der Diagnose und der Prognose nichts gewusst haben sollte, so ist doch davon auszugehen, dass der Versicherte sich gerade wegen der Versorgung der Klägerin zu der Eheschließung am 06.07.1999 entschlossen hat.
Ein anderes Motiv ist nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu erkennen. Die Eheschließung stellt sich nicht als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht dar. Zwar wird als wahr unterstellt, dass die Klägerin gegenüber der Schwester des Versicherten, A. Ü. , und ihrer Schwester, M. S. , ab 1996 mehrmals erwähnt hat, sie habe sich mit dem Versicherten verlobt, und sie beabsichtigten die Eheschließung. Dass ab dem Zeitpunkt des Verlöbnisses im Juni 1996 ein konkreter Heiratswunsch bestanden hätte, kann aber nicht angenommen werden. Denn die Eheschließung wurde immer wieder zurückgestellt. Es erscheint nicht überzeugend, dass sich sich kein Termin für eine Eheschließung gefunden haben sollte. Die Angaben der Klägerin, sie habe nach dem Tod des Schwagers am 03.11.1997 die Kinder ihrer Schwester an den Wochenenden betreuen müssen und ab 1998 ab und zu ihre Mutter betreut und deshalb keine Zeit gefunden, können nicht überzeugen. Die Klägerin und der Versicherte lebten bereits in einer gemeinsam eingerichteten Wohnung, so dass besonders zeitaufwendige Vorbereitungen für eine Eheschließung nicht erforderlich waren. Bei einem ernsthaften und dringlichen Heiratswunsch wäre dessen Verwirklichung schon wesentlich früher zu erwarten gewesen. Es spricht dagegen sehr viel mehr dafür, dass konkrete Heiratspläne erst nach Kenntnis der Erkrankung mit dem lebensbedrohenden Charakter gefasst wurden. Dass die partnerschaftliche Beziehung ab 01.06.1996 nicht unbedingt so eng war, wie sie die Klägerin schildert, geht auch daraus hervor, dass der Versicherte seine Wohnung in E. als Hauptwohnsitz beibehielt, sich die Post nach E. senden ließ und in den drei Jahren des Zusammenlebens mit der Klägerin weder die Vollmacht über den Tod hinaus für seine Schwester noch die testamentarische Bestimmung, dass seine Schwester die Beerdigungskosten übernehmen solle, änderte.
Was die von der Klägerin eingewandte Absicht des Versicherten betrifft, sich durch die Eheschließung ihre Pflege zu sichern, so steht dem entgegen, dass die Klägerin voll berufstätig war und die tagsüber erforderliche Pflege durch die Tante, Nachbarn und, soweit es um die Fahrten zum Arztbesuch ging, die Schwester und ihren Mann erfolgte.
Allein das Bestehen einer Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 65 Abs.6 SGB VII nicht aus. Die Absichten haben erst zu einer Verwirklichung geführt, als mit dem baldigen Ableben des Versicherten zu rechnen war. Insofern ist ein von der Versorgungsabsicht verschiedenes Motiv nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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