L 6 RJ 606/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 RJ 384/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 606/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 12/02 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Die Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war zunächst als kaufmännische Bürokraft bis 1973 tätig, dann als Hausangestellte bis 1974 und anschließend wieder als Bürogehilfin. 1976 nahm sie eine Tätigkeit als Badehilfe auf und arbeitete anschließend als Stationshilfe. 1977 kehrte sie wieder zu Bürotätigkeiten zurück, bis sie zum Jahresende 1988 durch Betriebsauflösung arbeitlos geworden ist. Nach der Zeit der Arbeitslosigkeit nahm sie im Mai 1990 eine Tätigkeit als Verpackerin in einer Käserei auf, die sie bis Dezember 1992 ausführte. Zuletzt war sie in den Jahren 1995 und 1996 als Badehilfe in der Klinik B. beschäftigt. Anschließend war sie arbeitunfähig erkrankt bzw. arbeitlos und konnte nicht wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden.

Am 12.05.1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diese ließ sie durch Dres.D. und S. untersuchen und ihre Erwerbsfähigkeit begutachten. Dr.D. hat als Gesundheitsstörungen ein depressives Syndrom, nicht eindeutig differenzierte Schwindelattacken, eine hypochrome Anämie und eine leichte Hypercholesterinämie festgestellt. In einem weiteren Gutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet hat Dr.S. ein leichtes depressives Syndrom im Involutionsalter, Verdacht auf cerebrale Durchblutungsstörungen mit vasomotorischen Kopfschmerzen, Vertigo und Tinnitus sowie einen Verdacht auf cervicales und lumbales Wurzelreizsyndrom und leichte Anämie diagnostiziert. Nachdem der Prüfdienst der Beklagten mit Rücksicht auf diese Gutachten die Klägerin noch zu leichten Arbeiten vollschichtig ohne Nacht- und Wechselschicht, ohne Bücken oder Zwangshaltung, ohne Zeitdruck und ohne Überkopfarbeit für fähig beurteilt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.11. 1997 den Rentenantrag ab.

Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.01. 1998 zurück. Es lägen bei der Klägerin weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vor.

Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht München Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Unterlagen zur Krankengeschichte und Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt und anschließend Dr.B. mit einem nervenärztlichen Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin beauftragt, das dieser am 11.02.1999 erstattet hat. Als Gesundheitsstörungen hat er ein leichtgradiges depressives Syndrom im Involutum, paroxysmalen Lagerungsschwindel, eine somatisierte Angststörung mit phobischen Anteilen sowie rezidivierende Lumbalgien festgestellt. Es seien der Klägerin mit Rücksicht darauf noch leichte bis kurzzeitig auch mittelschwere Arbeiten in geschlossenen temperierten Räumen und unter Schutz vor Witterungseinflüssen wie auch im Freien vollschichtig zuzumuten. Zu vermeiden seien Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken oder Arbeiten in Zwangshaltungen sowie gefahrengeneigte Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten.

Mit Urteil vom 29. September 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Mit Rücksicht auf ihr verbliebenes Leistungsvermögen sei die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig. Sie habe daher keinen Rentenanspruch.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Aus gesundheitlichen Gründen fühle sie sich zu keinerlei Erwerbstätigkeit in der Lage.

Der Senat hat ein Gutachten auf hals-nasen-ohren-ärztlichem Fachgebiet von Dr.S. eingeholt. Dieser hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.10.2000 einen gutartigen paroxsysmalen Lagerungsschwindel mit phobischer Überlagerung bestätigt sowie eine leichtgradige Hörminderung beiderseits und einen kompensierten Tinnitus. Der Klägerin seien mit Rücksicht darauf noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, insbesondere solche wie sie sie in ihrem Erwerbsleben als Büro, Stations- oder Badehilfe ausgeübt habe, vollschichtig zuzumuten. Zu vermeiden seien Schicht- und Akkordarbeit, Heben und Tragen schwerer Lasten oder Tätigkeiten unter ungeschützten Einflüssen von Nässe, Kälte oder Hitze. Weitere Gutachten hat der Senat sodann auf innerem und nervenärztlichem Fachgebiet eingeholt. In seinem Gutachten vom 23.07.2001 hat der Internist Dr.E. von Seiten seines Fachgebietes anfallsweise Tachykardien ohne nachweisbare organische Herzschädigung, eine unklare Hepatopathie und eine Hypercholesterinämie festgestellt. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei dadurch nur gering beeinträchtigt. Es seien ihr noch eine vollschichtige Erwerbstätigkeit in dem von Dr.S. von Seiten seines Fachgebietes geschilderten Rahmen zuzumuten.

In ihrem psychiatrischen Gutachten vom 27. Juli 2001 stellt Dr.M. eine rezidivierende depressive Störung im Involutionsalter bei leichter Ausprägung, eine Angststörung mit phobischen Anteilen sowie einen gutartigen kompensierten Lagerungsschwindel fest. Im Vergleich mit dem im Februar 1999 von Dr.B. erstatteten nervenärztlichen Gutachten habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin insofern verschlechtert, als nunmehr eine Neurasthenie und eine Tremorsymptomatik hinzugekommen seien. Der genaue Zeitpunkt der Verschlechterung könne nicht genannt werden. Dementsprechend sei der Gesundheitszustand ab der Untersuchung im Juli 2001 festzustellen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit, wie sie sie bisher beispielsweise als Büro-, Stations- oder Badehilfe ausgeübt habe, zuzumuten gewesen. Lediglich Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit unter Zeitdruck, Nacht- oder Wechselschicht oder unter gefährdenden Bedingungen wie auf Leitern und Gerüsten oder solche, die besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände stellten, seien nicht mehr zumutbar gewesen. Ab dem Zeitpunkt der Untersuchung seien der Klägerin nur noch weniger als acht Stunden, jedoch noch mindestens sechs Stunden derartiger Tätigkeiten zuzumuten.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. September 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung des Antrages vom 12. Mai 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsminderung, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts München, auf deren Inhalt sowie den der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 bzw. (ab 01.01.2001) wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 hat.

Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) voll inhaltlich den Entscheidungsgründen der angefochten Entscheidung des Sozialgerichts an und sieht insoweit von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend dazu ist lediglich auszuführen, dass auch das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme keine Änderung der Sachlage hinsichtlich eines Anspruchs der Klägerin auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsfähigkeit begründet und ebenso wenig einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.01.2001 begründen kann.

Nach den vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten auf hals-nasen-ohren-ärztlichem, innerem und nervenärztlichem Fachgebiet ist die Klägerin zumindest bis Juli 2001 gesundheitlich noch in der Lage gewesen, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit mit körperlich leichten bis zeitweise mittelschweren Arbeiten auszuüben, wie sie sie bisher als Stations- oder Badehilfe oder im Büro verrichtet hat. Erst ab dem Zeitpunkt der nervenärztlichen Untersuchung im Juli 2001 ist das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin auch zeitlich beeinträchtigt und zwar insoweit, als ihr noch immer zwar weniger als acht Stunden, jedoch mindestens sechs Stunden täglicher Erwerbstätigkeit zugemutet werden können. Diese von den ärztlichen Sachverständigen getroffene Beurteilung überzeugt den Senat, da die ärztlichen Sachverständigen ihr Urteil auf eingehende klinische Untersuchungen stützen und sie die gesamte Krankengeschichte der Klägerin berücksichtigen.

Demnach hat das Sozialgericht den Rechtsstreit entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme nach den geltenden Rechtsvorschriften entschieden, was die Ansprüche der Klägerin auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vor dem 01.01.2001 betrifft. Für die anschließende Zeit hat die Klägerin nach den nunmehr geltenden Vorschriften des § 43 SGB VI ebenso wenig Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, da ihr körperliches Leistungsvermögen noch immer für mindestens sechs Stunden täglicher Arbeitszeit ausreicht und sie angesichts ihres beruflichen Werdeganges jedenfalls auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die nicht allereinfachster Art sind, verwiesen werden kann und sie diese nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes ausführen könnte.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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