Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 Ar 3/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 91/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.01.1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Parteien die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die Klägerin.
Die am ...1945 geborene Klägerin war vom 15.10.1960 bis 14.07.1962 als Hausmädchen und vom 22.11.1965 bis 13.02.1970 als Stepperin in einer Schuhfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.09.1970 bis 31.08.1972 wurde sie im Stadtkrankenhaus ... zur Köchin ausgebildet und legte am 27.09.1972 vor der IHK für Oberfranken in Bayreuth die Abschlussprüfung ab. Auf eigenen Wunsch beendete sie ihr Ausbildungs- bzw Arbeitsverhältnis mit der Stadt ... zum 18.09.1972, da sie die Mittlere Reife nachholen wollte. Vom 16.05.1978 bis 31.10.1979 war die Klägerin als Beiköchin versicherungspflichtig beschäftigt und dem entsprechend entlohnt. Ab dem 01.01.1983 war sie erneut arbeitslos gemeldet. In der Zeit vom 01.08.1989 bis 31.07.1994 wurden für sie in der gesetzlichen Rentenversicherung für 31 Monate Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosigkeit entrichtet.
Am 03.11.1994 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Nachdem Frau Dr.G ... in ihrem Gutachten vom 21.02.1995 ein mäßiges Wirbelsäulensyndrom bei Abnützung und Übergewicht festgestellt und die Klägerin noch für fähig gehalten hatte, leichte Frauenarbeiten mit Einschränkungen vollschichtig zu verrichten, lehnte die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid vom 03.03.1995 die Gewährung von Rentenleistungen ab. Der hiergegen am 31.03.1995 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 04.12.1995).
Dagegen hat die Klägerin am 04.01.1996 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Nachdem sie im Schreiben vom 14.12.1996 die Abgabe einer Einverständniserklärung zur Beiziehung medizinischer Unterlagen abgelehnt und versichert hatte, dass sich ihre Krankheiten gravierend verschlechtert hätten, wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 24.01.1997 die Klage ab, weil aufgrund des Verhaltens der Klägerin der medizinische Sachverhalt nicht aufgeklärt werden könne und die Nichterweislichkeit des Vorliegens einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin gehe.
Gegen den ihr am 29.01.1997 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.02.1997 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zu ihren gesundheitlichen Verhältnissen ab 1994 lägen zwar keine Gutachten und Facharztberichte vor; sie sei jedoch weiterhin nicht bereit, ihr Einverständnis mit der Beiziehung ärztlicher Behandlungsunterlagen zu geben, da diese unerheblich seien, beantrage vielmehr die Einholung eines ärztlichen Gutachtens.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 03.03.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1995 ab Antragstellung Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 24.01.1997 zurückzuweisen.
Bei der Klägerin liege weder Erwerbsunfähigkeit noch - mangels Berufsschutzes - wegen Berufungsunfähigkeit vor.
Die Art der Beschäftigungen der Klägerin nach Ablegung ihrer Fachprüfung als Köchin im Jahre 1972 hat der Senat vergeblich zu ermitteln versucht.
Der zum gerichtlichen Sachverständigen ernannte Internist und Arbeitsmediziner Dr.R ... hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 27.04.1998 in seinem Gutachten vom selben Tage und in einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.06.2000 folgende Diagnosen gestellt: Mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule ohne Wurzelreizzeichen; geringgradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule ohne Wurzelreizzeichen, jeweils im Sinne der vorzeitigen Abnutzung; Fettgewebsgeschwulst im linken Unterbauch; Pressinkontinenz der harnableitenden Wege; eingeschränkte psychische Belastbarkeit bei Hang zur Selbstbeobachtung und Selbstbemitleidung. Das Gangbild der Klägerin auf ebenen Strecken sei ausreichend flüssig. Sie verfüge über eine beidseits gleiche Schrittlänge; die Abrollbewegung der Füße, Fersengang und Ballenstand seien ungestört. Der mitgebrachte Krückstock sei nicht notwendig und bei der Untersuchung auch nicht benutzt worden. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten im Sitzen, im Gehen und in wechselnder Körperhaltung verrichten; durchgehendes Stehen über 10 Minuten sei ihr nicht mehr abzuverlangen. Wechselschicht sei zumutbar, Nachtarbeit dagegen nicht. Ihre Kraftentfaltung sei eingeschränkt. Aufgrund der einfach strukturierten Persönlichkeit seien der Klägerin Arbeiten, die besondere Anforderungen an die Geschicklichkeit, die Feinmotorik, das Reaktionsvermögen, die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer stellten, nicht mehr zumutbar. Konflikte im Publikumsverkehr könne sie nicht mehr bewältigen. Den Beruf der Köchin sollte sie deshalb zumindest ab dem Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr verrichten. Auf neue Tätigkeiten könne sie sich nur dann umstellen, wenn besondere geistige Leistungen damit nicht verbunden seien. Wegstrecken von viermal 500 Metern pro Arbeitstag seien ihr zumutbar, wegen Trainingsmangels im Bereich der Motorik benötige sie für die entsprechende Einzelwegstrecke jedoch ca 20 Minuten. Öffentliche Verkehrsmittel könne sie uneingeschränkt benutzen, selbständiges Führen eines Pkw oder eines Fahrrades sei ihr nicht möglich. Dieses Leistungsbild habe bereits 3 Monate vor der Antragstellung bestanden.
Nach Erhalt der Ladung zum Termin am 09.09.2000 hat die Klägerin mit einem am Terminstag beim BayLSG eingegangenen Schreiben beantragt, ein Gutachten von einem Arzt ihres Vertrauens einzuholen und deswegen den Termin aufzuheben, an dem sie nach dem beigefügten Attest des Allgemeinarztes ... wegen einer "akuten Erkrankung" nicht teilnehmen könne.
Ergänzend wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, des Arbeitsamtes Hof, des SG und BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 24.01.1997 ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs 3, Abs 1 Satz 2, 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes ) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG). Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, da ein erheblicher Grund für die Aufhebung des Termines und seine Verlegung nicht vorlag. Die erst am Terminstag beim BayLSG eingegangene Mitteilung der Klägerin, dass sie reiseunfähig sei und deshalb an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne, ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden (§ 202 SGG iVm § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 der Zivilprozessordnung = ZPO). Das vorgelegte Attest, in dem ohne Angabe einer Diagnose lediglich das Vorliegen einer akuten Erkrankung bescheinigt wurde, ist als Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Auf die Möglichkeit, dass auch im Falle des Ausbleibens der Klägerin Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden oder eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen kann, ist die Klägerin in der Terminsnachricht ausdrücklich hingewiesen worden (§§ 110 Abs 1 Satz 2, 126 SGG). Dass dem Vertagungsantrag der Klägerin nicht entsprochen wurde, stellt keine Verletzung ihres Anspruchs auf Wahrung des rechtlichen Gehörs dar, denn in der mündlichen Verhandlung wurden keinerlei Beweisergebnisse verwertet, zu denen sich die Klägerin nicht vor dem Verhandlungstermin ohne Zeitdruck hätte äußern können. Das Gutachten Dr.R ... vom 27.04.1998 ist der Klägerin mit Schreiben vom 08.05.1998, die ergänzende Stellungnahme dieses Arztes mit Schreiben vom 20.06.2000 zur Kenntnis übersandt worden. Auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG wurde sie vom Gericht ausdrücklich hingewiesen, ebenso auf die dafür einzuhaltende Frist (Schreiben vom 26.05.1998). Auch die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zur mündlichen Verhandlung (§ 111 Abs 1 SGG) begründet im Zusammenhang mit dem in die Terminsnachricht aufgenommenen Hinweis (dass auch im Falle des Ausbleibens entschieden werden kann) allein keine Verletzung des rechtlichen Gehörs und des vom Gericht sicher zu stellenden Schutzes vor Überraschungsentscheidungen; denn die Anordnung des persönlichen Erscheinens dient nicht nur der ergänzenden Aufklärung des Sachverhalts, sondern auch dem - aus der Sicht des Senats hier eindeutig im Vordergrund stehenden - Zweck, die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten zu erörtern (§§ 106 Abs 3 Nr 7 und 112 Abs 2 SGG).
Das Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet, denn das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 03.03.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1995 zutreffend abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Nach § 44 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen EU, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der EU 3 Jahre Pflicht beitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI).
Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsbeeinträchtigung, die in medizinischer Hinsicht dem Eintritt von EU entspricht, lässt sich bei der Klägerin nicht feststellen. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr.R ... an, der in Übereinstimmung mit der Gutachterärztin der Beklagten (Frau Dr.G ...) eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin in den untervollschichtigen Bereich verneint hat. Die bei der Klägerin vorliegende mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule und die geringgradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule, jeweils ohne Wurzelreizzeichen im Sinne einer vorzeitigen Abnutzung, stehen einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebensowenig entgegen wie die bei ihr diagnostizierte Fettgewebsgeschwulst im linken Unterbauch und die Pressinkontinenz der harnableitenden Wege, die mit Hilfe entsprechender Hilfsmittel beherrschbar ist, zumal am Arbeitsplatz in der Regel Toilettenanlagen zur Verfügung stehen.
Im Rahmen des § 44 SGB VI muss sich eine Versicherte uneingeschränkt auf alle ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) ist die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten entbehrlich, wenn die Versicherte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes noch regelmäßig über die betriebsübliche Vollschicht-Arbeitszeit verrichten kann (vgl BSG vom 24.02.1999 - B 5 RJ 30/98 R und vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R).
Um jedoch zu verhindern, dass soziale Wirklichkeit und soziales Leistungsrecht in realitätsfremder Weise auseinanderfallen, fordert das BSG als Ausnahme von diesem Grundsatz die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, wenn die im Einzelfall vorliegenden Einsatzbeschränkungen so erheblich sind, dass von vorneherein ernste Zweifel aufkommen müssen, ob eine Versicherte mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch in den üblichen Betriebsablauf eingegliedert werden kann (vgl BSG aaO mit weiteren Rechtssprechungsnachweisen).
Die vom gerichtlichen Sachverständigen begründeten Einschränkungen der Einsetzbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wonach Tätigkeiten mit Einwirkungen von Kälte, Nässe und Hitze, durchgehendes Stehen über 10 Minuten, ständiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sowie Arbeiten über Kopfhöhe, auf Treppen, Leitern und Gerüsten und in Nachtschicht, ferner besondere Anforderungen an die Geschicklichkeit, die Feinmotorik und das Reaktionsvermögen vermieden werden müssen, stellen jedoch nach Auffassung des Senats keine "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder "schwerere spezifische Leistungsbehinderungen" dar, die zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nötigen. Solange eine Versicherte im Stande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen vollschichtig und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht grundsätzlich keine Pflicht der Verwaltung und der Gerichte, Arbeitsplätze oder Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu bezeichnen; vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl von Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt auszugehen (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 90).
Zur Erwerbstätigkeit gehört auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, denn eine Tätigkeit zum Zwecke des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Dementsprechend sieht das BSG das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität als Teil des nach den §§ 43, 44 SGB VI versicherten Risikos an. Bei der Beurteilung der Mobilität einer Versicherten kann es jedoch nicht auf die konkreten Anforderungen ankommen, die sich aus der Lage ihres Wohnortes und möglicher Arbeitsstellen ergeben. Besondere Schwierigkeiten der persönlichen Wohnsituation gehören deshalb grundsätzlich nicht zum versicherten Risiko, ebensowenig die Nachteile eines Umzuges an einen anderen Ort, von dem aus Arbeitsplätze besser zu erreichen wären. Das versicherte Risiko muss deshalb auch insoweit nach allgemeinen, für alle gleichermaßen geltenden Kriterien abgerenzt werden, die sich daran orientieren, welche Leistungsfähigkeit im Regelfall gegeben sein muss, um Arbeitsmöglichkeiten wahrnehmen zu können.
Das BSG hat für die Bestimmung der erforderlichen Fußwegstrecke (die täglich viermal zurückzulegen ist) einen generalisierten Maßstab angesetzt, der nicht nur der Notwendigkeit einer allgemein gültigen Abgrenzung des Versicherungsrisikos, sondern auch den Anforderungen einer Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung Rechnung trägt. Vor diesem Hintergrund hat das BSG aufgrund allgemeiner Erfahrungen generell eine Fähigkeit der Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen von wenigstens 500 m zu Fuß zurückzulegen. Es ist davon auszugehen, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen.
Für den Zeitfaktor, innerhalb dessen die zumutbare Wegstrecke zu bewältigen sein muss, hat das BSG ebenfalls einen generalisierten Maßstab gewählt. Dabei ist es von der Rechtsprechung zum Schwerbehindertengesetz ausgegangen und hat den noch üblichen Zeitaufwand von 30 Minuten für 2 km zugrunde gelegt, der bereits kurze Warte- und Standzeiten einbezieht. Umgerechnet auf 500 m ergibt sich so eine normale Gehzeit von 7,5 Minuten. Der Bereich des Zumutbaren wird nach Auffassung des BSG dann verlassen, wenn die Gehbehinderte für 500 m mehr als das Doppelte dieser Zeit, also über 15 Minuten benötigt (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr 10 mwN). Der gerichtliche Sachverständige Dr.R ... hat zwar in seinem Gutachten vom 27.04.1998 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.02.2000 die Auffassung vertreten, dass die Klägerin für die Einzelwegstrecke von 500 m eine Zeit von 20 Minuten benötigt und dies mit einem bestehenden Trainingsmangel der Klägerin begründet. Nach Auffassung des Senats lässt sich eine Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin jedoch nicht mit den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen begründen. Anlässlich der Untersuchung bei Dr.R ... war ihr Gangbild auf der Ebene ohne Hilfsmittel ausreichend flüssig; sie verfügte über eine beidseits gleiche Schrittlänge und eine ungestörte Abrollbewegung der Füße, Fersengang und Ballenstand waren beidseits ungestört, weshalb der Sachverständige davon ausging, dass der zur Untersuchung mitgebrachte Krückstock für die Funktionsprüfung während der Untersuchung nicht notwendig war, aber auch für die täglichen Gehstrecken nicht benutzt wurde. Da die Lendenwirbelsäule der Klägerin lediglich eine geringgradige Funktionseinschränkung ohne Wurzelreizzeichen im Sinne einer vorzeitigen Abnutzung aufweist und bei ihr weder an den unteren Extremitäten Bewegungseinschränkungen vorliegen noch sonstige Gesundheitsstörungen, die ihre Gehfähigkeit beeinträchtigen (etwa Gleichgewichtsstörungen oder Lungenfunktionsbeeinträchtigungen), ist die Klägerin nach Auffassung des Senats nicht gehindert ortsübliche Wegstrecken zur Arbeitsstelle zurückzulegen, sodass eine Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs 2 SGB VI bei ihr auch nicht aus diesem Grunde vorliegt. Der von Dr.R ... festgestellte Trainingsmangel beruht auf einem ausschließlich der Klägerin zurechenbaren Verhalten, das sie jederzeit ohne ärztliche Hilfe ändern kann.
Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI. Berufsunfähig sind danach Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst dabei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Die Klägerin hat zwar im Stadtkrankenhaus ... den Beruf der Köchin erlernt und auch am 27.09.1972 vor der IHK für Oberfranken in Bayreuth die Abschlussprüfung abgelegt. Sie hat jedoch diesen erlernten Beruf anschließend nicht ausgeübt, sondern war lediglich vom 16.05.1978 bis 31.10.1979 als Beiköchin in der Bachmann-Klinik versicherungspflichtig beschäftigt. Nach den Angaben ihres Arbeitsgebers in der dem Arbeitsamt Hof vorgelegten Bescheinigung vom 30.10.1979 wurde die Klägerin dabei nicht als gelernte Köchin entlohnt. Die Ausbildungszeit im Krankenhaus ... und die während dieser Zeit entrichteten Pflichtbeiträge sind allein, dh ohne nachfolgende Beitragszeiten während einer auf Facharbeiterqualifikation beruhenden Beschäftigungszeit, nicht geeignet, den Berufsschutz zu begründen. Als bisheriger Beruf der Klägerin iSd § 43 Abs 2 SGB VI kann deshalb nicht ihre erlernte Tätigkeit als Köchin berücksichtigt werden (vgl die ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteil vom 27.04.1989 5/5b RJ 74/87 in SozR 2200 § 1246 Nr 163). Sie genießt somit keinen Berufsschutz als Köchin, sondern war in ihrem versicherungspflichtigen Erwerbsleben lediglich als angelernte Arbeiterin tätig. Als solche ist sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass es nach der Rechtsprechung des BSG hier einer Benennung von konkreten Verweisungsungstätigkeiten bedarf, da bei der Klägerin nach den vorangegangenen Ausführungen weder eine gravierende Einzelbehinderung noch eine Summierung krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen vorliegt.
Die Klägerin ist deshalb weder erwerbs- noch berufsunfähig im Sinne der §§ 44 Abs 2, 43 Abs 2 SGB VI.
Den am Terminstag schriftlich gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG eines Arztes ihres Vertrauens hat der Senat abgelehnt, da er nach der freien Überzeugung des Gerichtes aus Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist (§ 109 Abs 2 SGG). Die ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Dr ... war der Klägerin am 20.06.2000 übersandt worden. Die Klägerin hätte auch als nicht vertretene Verfahrensbeteiligte in angemessener Frist einen Antrag nach § 109 SGG stellen können. Wird ein solcher Antrag - wie hier - erst am Tage der mündlichen Verhandlung gestellt, ist er verspätet, zumal hier zwischen Bekanntgabe der Gutachtensergänzung und der Ladungsverfügung vom 07.09.2000 (zum Termin am 04.10.2000) mehr als 6 Wochen lagen (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage § 109 Rdnr 8a; BSG in SozR § 109 Nr 24).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 24.01.1997 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Parteien die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die Klägerin.
Die am ...1945 geborene Klägerin war vom 15.10.1960 bis 14.07.1962 als Hausmädchen und vom 22.11.1965 bis 13.02.1970 als Stepperin in einer Schuhfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.09.1970 bis 31.08.1972 wurde sie im Stadtkrankenhaus ... zur Köchin ausgebildet und legte am 27.09.1972 vor der IHK für Oberfranken in Bayreuth die Abschlussprüfung ab. Auf eigenen Wunsch beendete sie ihr Ausbildungs- bzw Arbeitsverhältnis mit der Stadt ... zum 18.09.1972, da sie die Mittlere Reife nachholen wollte. Vom 16.05.1978 bis 31.10.1979 war die Klägerin als Beiköchin versicherungspflichtig beschäftigt und dem entsprechend entlohnt. Ab dem 01.01.1983 war sie erneut arbeitslos gemeldet. In der Zeit vom 01.08.1989 bis 31.07.1994 wurden für sie in der gesetzlichen Rentenversicherung für 31 Monate Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosigkeit entrichtet.
Am 03.11.1994 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Nachdem Frau Dr.G ... in ihrem Gutachten vom 21.02.1995 ein mäßiges Wirbelsäulensyndrom bei Abnützung und Übergewicht festgestellt und die Klägerin noch für fähig gehalten hatte, leichte Frauenarbeiten mit Einschränkungen vollschichtig zu verrichten, lehnte die Beklagte mit dem streitbefangenen Bescheid vom 03.03.1995 die Gewährung von Rentenleistungen ab. Der hiergegen am 31.03.1995 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 04.12.1995).
Dagegen hat die Klägerin am 04.01.1996 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Nachdem sie im Schreiben vom 14.12.1996 die Abgabe einer Einverständniserklärung zur Beiziehung medizinischer Unterlagen abgelehnt und versichert hatte, dass sich ihre Krankheiten gravierend verschlechtert hätten, wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 24.01.1997 die Klage ab, weil aufgrund des Verhaltens der Klägerin der medizinische Sachverhalt nicht aufgeklärt werden könne und die Nichterweislichkeit des Vorliegens einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin gehe.
Gegen den ihr am 29.01.1997 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.02.1997 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zu ihren gesundheitlichen Verhältnissen ab 1994 lägen zwar keine Gutachten und Facharztberichte vor; sie sei jedoch weiterhin nicht bereit, ihr Einverständnis mit der Beiziehung ärztlicher Behandlungsunterlagen zu geben, da diese unerheblich seien, beantrage vielmehr die Einholung eines ärztlichen Gutachtens.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 03.03.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1995 ab Antragstellung Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 24.01.1997 zurückzuweisen.
Bei der Klägerin liege weder Erwerbsunfähigkeit noch - mangels Berufsschutzes - wegen Berufungsunfähigkeit vor.
Die Art der Beschäftigungen der Klägerin nach Ablegung ihrer Fachprüfung als Köchin im Jahre 1972 hat der Senat vergeblich zu ermitteln versucht.
Der zum gerichtlichen Sachverständigen ernannte Internist und Arbeitsmediziner Dr.R ... hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 27.04.1998 in seinem Gutachten vom selben Tage und in einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.06.2000 folgende Diagnosen gestellt: Mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule ohne Wurzelreizzeichen; geringgradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule ohne Wurzelreizzeichen, jeweils im Sinne der vorzeitigen Abnutzung; Fettgewebsgeschwulst im linken Unterbauch; Pressinkontinenz der harnableitenden Wege; eingeschränkte psychische Belastbarkeit bei Hang zur Selbstbeobachtung und Selbstbemitleidung. Das Gangbild der Klägerin auf ebenen Strecken sei ausreichend flüssig. Sie verfüge über eine beidseits gleiche Schrittlänge; die Abrollbewegung der Füße, Fersengang und Ballenstand seien ungestört. Der mitgebrachte Krückstock sei nicht notwendig und bei der Untersuchung auch nicht benutzt worden. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten im Sitzen, im Gehen und in wechselnder Körperhaltung verrichten; durchgehendes Stehen über 10 Minuten sei ihr nicht mehr abzuverlangen. Wechselschicht sei zumutbar, Nachtarbeit dagegen nicht. Ihre Kraftentfaltung sei eingeschränkt. Aufgrund der einfach strukturierten Persönlichkeit seien der Klägerin Arbeiten, die besondere Anforderungen an die Geschicklichkeit, die Feinmotorik, das Reaktionsvermögen, die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer stellten, nicht mehr zumutbar. Konflikte im Publikumsverkehr könne sie nicht mehr bewältigen. Den Beruf der Köchin sollte sie deshalb zumindest ab dem Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr verrichten. Auf neue Tätigkeiten könne sie sich nur dann umstellen, wenn besondere geistige Leistungen damit nicht verbunden seien. Wegstrecken von viermal 500 Metern pro Arbeitstag seien ihr zumutbar, wegen Trainingsmangels im Bereich der Motorik benötige sie für die entsprechende Einzelwegstrecke jedoch ca 20 Minuten. Öffentliche Verkehrsmittel könne sie uneingeschränkt benutzen, selbständiges Führen eines Pkw oder eines Fahrrades sei ihr nicht möglich. Dieses Leistungsbild habe bereits 3 Monate vor der Antragstellung bestanden.
Nach Erhalt der Ladung zum Termin am 09.09.2000 hat die Klägerin mit einem am Terminstag beim BayLSG eingegangenen Schreiben beantragt, ein Gutachten von einem Arzt ihres Vertrauens einzuholen und deswegen den Termin aufzuheben, an dem sie nach dem beigefügten Attest des Allgemeinarztes ... wegen einer "akuten Erkrankung" nicht teilnehmen könne.
Ergänzend wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, des Arbeitsamtes Hof, des SG und BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 24.01.1997 ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs 3, Abs 1 Satz 2, 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes ) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG). Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, da ein erheblicher Grund für die Aufhebung des Termines und seine Verlegung nicht vorlag. Die erst am Terminstag beim BayLSG eingegangene Mitteilung der Klägerin, dass sie reiseunfähig sei und deshalb an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne, ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden (§ 202 SGG iVm § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 der Zivilprozessordnung = ZPO). Das vorgelegte Attest, in dem ohne Angabe einer Diagnose lediglich das Vorliegen einer akuten Erkrankung bescheinigt wurde, ist als Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Auf die Möglichkeit, dass auch im Falle des Ausbleibens der Klägerin Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden oder eine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen kann, ist die Klägerin in der Terminsnachricht ausdrücklich hingewiesen worden (§§ 110 Abs 1 Satz 2, 126 SGG). Dass dem Vertagungsantrag der Klägerin nicht entsprochen wurde, stellt keine Verletzung ihres Anspruchs auf Wahrung des rechtlichen Gehörs dar, denn in der mündlichen Verhandlung wurden keinerlei Beweisergebnisse verwertet, zu denen sich die Klägerin nicht vor dem Verhandlungstermin ohne Zeitdruck hätte äußern können. Das Gutachten Dr.R ... vom 27.04.1998 ist der Klägerin mit Schreiben vom 08.05.1998, die ergänzende Stellungnahme dieses Arztes mit Schreiben vom 20.06.2000 zur Kenntnis übersandt worden. Auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG wurde sie vom Gericht ausdrücklich hingewiesen, ebenso auf die dafür einzuhaltende Frist (Schreiben vom 26.05.1998). Auch die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zur mündlichen Verhandlung (§ 111 Abs 1 SGG) begründet im Zusammenhang mit dem in die Terminsnachricht aufgenommenen Hinweis (dass auch im Falle des Ausbleibens entschieden werden kann) allein keine Verletzung des rechtlichen Gehörs und des vom Gericht sicher zu stellenden Schutzes vor Überraschungsentscheidungen; denn die Anordnung des persönlichen Erscheinens dient nicht nur der ergänzenden Aufklärung des Sachverhalts, sondern auch dem - aus der Sicht des Senats hier eindeutig im Vordergrund stehenden - Zweck, die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten zu erörtern (§§ 106 Abs 3 Nr 7 und 112 Abs 2 SGG).
Das Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet, denn das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 03.03.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1995 zutreffend abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Nach § 44 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen EU, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der EU 3 Jahre Pflicht beitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI).
Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsbeeinträchtigung, die in medizinischer Hinsicht dem Eintritt von EU entspricht, lässt sich bei der Klägerin nicht feststellen. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr.R ... an, der in Übereinstimmung mit der Gutachterärztin der Beklagten (Frau Dr.G ...) eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin in den untervollschichtigen Bereich verneint hat. Die bei der Klägerin vorliegende mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule und die geringgradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule, jeweils ohne Wurzelreizzeichen im Sinne einer vorzeitigen Abnutzung, stehen einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebensowenig entgegen wie die bei ihr diagnostizierte Fettgewebsgeschwulst im linken Unterbauch und die Pressinkontinenz der harnableitenden Wege, die mit Hilfe entsprechender Hilfsmittel beherrschbar ist, zumal am Arbeitsplatz in der Regel Toilettenanlagen zur Verfügung stehen.
Im Rahmen des § 44 SGB VI muss sich eine Versicherte uneingeschränkt auf alle ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) ist die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten entbehrlich, wenn die Versicherte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes noch regelmäßig über die betriebsübliche Vollschicht-Arbeitszeit verrichten kann (vgl BSG vom 24.02.1999 - B 5 RJ 30/98 R und vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R).
Um jedoch zu verhindern, dass soziale Wirklichkeit und soziales Leistungsrecht in realitätsfremder Weise auseinanderfallen, fordert das BSG als Ausnahme von diesem Grundsatz die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, wenn die im Einzelfall vorliegenden Einsatzbeschränkungen so erheblich sind, dass von vorneherein ernste Zweifel aufkommen müssen, ob eine Versicherte mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch in den üblichen Betriebsablauf eingegliedert werden kann (vgl BSG aaO mit weiteren Rechtssprechungsnachweisen).
Die vom gerichtlichen Sachverständigen begründeten Einschränkungen der Einsetzbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wonach Tätigkeiten mit Einwirkungen von Kälte, Nässe und Hitze, durchgehendes Stehen über 10 Minuten, ständiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sowie Arbeiten über Kopfhöhe, auf Treppen, Leitern und Gerüsten und in Nachtschicht, ferner besondere Anforderungen an die Geschicklichkeit, die Feinmotorik und das Reaktionsvermögen vermieden werden müssen, stellen jedoch nach Auffassung des Senats keine "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder "schwerere spezifische Leistungsbehinderungen" dar, die zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nötigen. Solange eine Versicherte im Stande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen vollschichtig und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht grundsätzlich keine Pflicht der Verwaltung und der Gerichte, Arbeitsplätze oder Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu bezeichnen; vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl von Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt auszugehen (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 90).
Zur Erwerbstätigkeit gehört auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, denn eine Tätigkeit zum Zwecke des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Dementsprechend sieht das BSG das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität als Teil des nach den §§ 43, 44 SGB VI versicherten Risikos an. Bei der Beurteilung der Mobilität einer Versicherten kann es jedoch nicht auf die konkreten Anforderungen ankommen, die sich aus der Lage ihres Wohnortes und möglicher Arbeitsstellen ergeben. Besondere Schwierigkeiten der persönlichen Wohnsituation gehören deshalb grundsätzlich nicht zum versicherten Risiko, ebensowenig die Nachteile eines Umzuges an einen anderen Ort, von dem aus Arbeitsplätze besser zu erreichen wären. Das versicherte Risiko muss deshalb auch insoweit nach allgemeinen, für alle gleichermaßen geltenden Kriterien abgerenzt werden, die sich daran orientieren, welche Leistungsfähigkeit im Regelfall gegeben sein muss, um Arbeitsmöglichkeiten wahrnehmen zu können.
Das BSG hat für die Bestimmung der erforderlichen Fußwegstrecke (die täglich viermal zurückzulegen ist) einen generalisierten Maßstab angesetzt, der nicht nur der Notwendigkeit einer allgemein gültigen Abgrenzung des Versicherungsrisikos, sondern auch den Anforderungen einer Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung Rechnung trägt. Vor diesem Hintergrund hat das BSG aufgrund allgemeiner Erfahrungen generell eine Fähigkeit der Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen von wenigstens 500 m zu Fuß zurückzulegen. Es ist davon auszugehen, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen.
Für den Zeitfaktor, innerhalb dessen die zumutbare Wegstrecke zu bewältigen sein muss, hat das BSG ebenfalls einen generalisierten Maßstab gewählt. Dabei ist es von der Rechtsprechung zum Schwerbehindertengesetz ausgegangen und hat den noch üblichen Zeitaufwand von 30 Minuten für 2 km zugrunde gelegt, der bereits kurze Warte- und Standzeiten einbezieht. Umgerechnet auf 500 m ergibt sich so eine normale Gehzeit von 7,5 Minuten. Der Bereich des Zumutbaren wird nach Auffassung des BSG dann verlassen, wenn die Gehbehinderte für 500 m mehr als das Doppelte dieser Zeit, also über 15 Minuten benötigt (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr 10 mwN). Der gerichtliche Sachverständige Dr.R ... hat zwar in seinem Gutachten vom 27.04.1998 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.02.2000 die Auffassung vertreten, dass die Klägerin für die Einzelwegstrecke von 500 m eine Zeit von 20 Minuten benötigt und dies mit einem bestehenden Trainingsmangel der Klägerin begründet. Nach Auffassung des Senats lässt sich eine Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin jedoch nicht mit den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen begründen. Anlässlich der Untersuchung bei Dr.R ... war ihr Gangbild auf der Ebene ohne Hilfsmittel ausreichend flüssig; sie verfügte über eine beidseits gleiche Schrittlänge und eine ungestörte Abrollbewegung der Füße, Fersengang und Ballenstand waren beidseits ungestört, weshalb der Sachverständige davon ausging, dass der zur Untersuchung mitgebrachte Krückstock für die Funktionsprüfung während der Untersuchung nicht notwendig war, aber auch für die täglichen Gehstrecken nicht benutzt wurde. Da die Lendenwirbelsäule der Klägerin lediglich eine geringgradige Funktionseinschränkung ohne Wurzelreizzeichen im Sinne einer vorzeitigen Abnutzung aufweist und bei ihr weder an den unteren Extremitäten Bewegungseinschränkungen vorliegen noch sonstige Gesundheitsstörungen, die ihre Gehfähigkeit beeinträchtigen (etwa Gleichgewichtsstörungen oder Lungenfunktionsbeeinträchtigungen), ist die Klägerin nach Auffassung des Senats nicht gehindert ortsübliche Wegstrecken zur Arbeitsstelle zurückzulegen, sodass eine Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs 2 SGB VI bei ihr auch nicht aus diesem Grunde vorliegt. Der von Dr.R ... festgestellte Trainingsmangel beruht auf einem ausschließlich der Klägerin zurechenbaren Verhalten, das sie jederzeit ohne ärztliche Hilfe ändern kann.
Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI. Berufsunfähig sind danach Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst dabei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Die Klägerin hat zwar im Stadtkrankenhaus ... den Beruf der Köchin erlernt und auch am 27.09.1972 vor der IHK für Oberfranken in Bayreuth die Abschlussprüfung abgelegt. Sie hat jedoch diesen erlernten Beruf anschließend nicht ausgeübt, sondern war lediglich vom 16.05.1978 bis 31.10.1979 als Beiköchin in der Bachmann-Klinik versicherungspflichtig beschäftigt. Nach den Angaben ihres Arbeitsgebers in der dem Arbeitsamt Hof vorgelegten Bescheinigung vom 30.10.1979 wurde die Klägerin dabei nicht als gelernte Köchin entlohnt. Die Ausbildungszeit im Krankenhaus ... und die während dieser Zeit entrichteten Pflichtbeiträge sind allein, dh ohne nachfolgende Beitragszeiten während einer auf Facharbeiterqualifikation beruhenden Beschäftigungszeit, nicht geeignet, den Berufsschutz zu begründen. Als bisheriger Beruf der Klägerin iSd § 43 Abs 2 SGB VI kann deshalb nicht ihre erlernte Tätigkeit als Köchin berücksichtigt werden (vgl die ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteil vom 27.04.1989 5/5b RJ 74/87 in SozR 2200 § 1246 Nr 163). Sie genießt somit keinen Berufsschutz als Köchin, sondern war in ihrem versicherungspflichtigen Erwerbsleben lediglich als angelernte Arbeiterin tätig. Als solche ist sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass es nach der Rechtsprechung des BSG hier einer Benennung von konkreten Verweisungsungstätigkeiten bedarf, da bei der Klägerin nach den vorangegangenen Ausführungen weder eine gravierende Einzelbehinderung noch eine Summierung krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen vorliegt.
Die Klägerin ist deshalb weder erwerbs- noch berufsunfähig im Sinne der §§ 44 Abs 2, 43 Abs 2 SGB VI.
Den am Terminstag schriftlich gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG eines Arztes ihres Vertrauens hat der Senat abgelehnt, da er nach der freien Überzeugung des Gerichtes aus Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist (§ 109 Abs 2 SGG). Die ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Dr ... war der Klägerin am 20.06.2000 übersandt worden. Die Klägerin hätte auch als nicht vertretene Verfahrensbeteiligte in angemessener Frist einen Antrag nach § 109 SGG stellen können. Wird ein solcher Antrag - wie hier - erst am Tage der mündlichen Verhandlung gestellt, ist er verspätet, zumal hier zwischen Bekanntgabe der Gutachtensergänzung und der Ladungsverfügung vom 07.09.2000 (zum Termin am 04.10.2000) mehr als 6 Wochen lagen (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage § 109 Rdnr 8a; BSG in SozR § 109 Nr 24).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 24.01.1997 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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