Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 SB 696/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 61/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 06.12.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen einer Leidensverschlimmerung ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 statt 30 nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zusteht.
Bei dem am 1959 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 30.11.1993, der in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 23.09.1993 (S 6 Vs 440/92) erging, ein GdB von 30 aufgrund der Behinderungen 1. Verlust des linken Hodens. Zeugungsunfähigkeit. 2. Leichte Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei Fehlstatik und Bandscheibenschädigung festgestellt worden. Für Behinderung Nr.1, die auf eine Tumoroperation im November 1985 zurückgeht, wurde ein Einzel-GdB von 30, für Behinderung Nr.2 ein Einzel-GdB von 10 angenommen.
Am 15.05.1997 beantragte der Kläger die Erhöhung seines GdB wegen einer Verschlimmerung seines Wirbelsäulenleidens und einer neu hinzugetretenen Arthrose in beiden Kniegelenken. Der Beklagte zog daraufhin Befundberichte des Internisten Dr.E. , des Orthopäden Dr.W. und des Allgemeinarztes und Chirotherapeuten Dr.P. bei und holte eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.L. ein. Daraufhin erging am 12.08.1997 ein Ablehnungsbescheid, da in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers keine wesentliche Änderung eingetreten sei. Zur Begründung seines Widerspruchs legte der Kläger ein ärztliches Attest von Dr.V. vor, in dem eine Retropatellararthrose beidseits, rechtsbetont, bestätigt wurde sowie ein Attest des Internisten Dr. E. , der weiterhin erhebliche psychische Störungen bis hin zu depressiven Attacken bescheinigte. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.H. erging am 14.10.1997 ein Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde, weil die geltend gemachte Verschlimmerung nicht nachgewiesen sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben und weiterhin eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, insbesondere auf orthopädischem, aber auch auf psychischem Sektor geltend gemacht. Nach Beiziehung von Befundberichten von Dr.P. , Dr.V. (Nervenarzt), Dr.V. und Dr.E. hat das Sozialgericht am 22.06.1998 vom Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen - Sozialmedizin/Umweltmedizin - Dr.G. ein Terminsgutachten eingeholt. Darin hat der medizinische Sachverständige die Feststellungen des Beklagten bestätigt. Der Kläger habe angegeben, dass er einmal bei dem Nervenarzt Dr.G. gewesen sei. Es lägen keine psychischen Auswirkungen beim Kläger vor, die über das bereits anerkannte Maß, das dem Gutachten vom 23.09.1993 von Dr.K. entspreche, hinausgehe. Ein geltend gemachtes Gallenblasenleiden und eine Milzvergrößerung ergäben noch keinen GdB von 10.
Anschließend hat der Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt, zunächst den Orthopäden Dr.K. und anschließend den Nervenarzt Dr.M. zu hören. Dr.K. hat den Gutachtensauftrag wegen Arbeitsüberlastung nicht angenommen; der anschließend beauftragte Orthopäde Dr.R. hat die Akten mit der Bemerkung zurückgesandt, dass er das Gutachten von Dr.G. aus orthopädischer Sicht für sachgerecht halte. Das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr.M. vom 20.01. 1999 hat ergeben, dass beim Kläger außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen als Folge der Tumoroperation vorlägen und daher ein GdB von 40 statt 30 für diesen Bereich gerechtfertigt sei. Es seien außerdem eine S1-Radikulopathie rechts und ein sensibles Carpaltunnelsyndrom beidseits mit jeweils GdB 10 vorhanden; der Gesamt-GdB betrage 40. Der Kläger habe angegeben, er habe früher Übergewicht gehabt und deswegen teilweise übertriebene Diät gehalten. Vor Ausbruch der Tumorerkrankung 1985 sei er bei 1,86 m Größe auf 75 kg abgemagert gewesen. Er sei überzeugt, dass er den Tumor wegen der Diät bekommen habe. Nach der Hodenentfernung links, hätten auch Lymphknoten des hinteren Bauchraumes entfernt werden müssen; er habe vier Chemotherapien (1986) erhalten und habe deshalb erneut übermäßig bis 105 kg zugenommen. 1992 habe er eine tschechische Frau kennengelernt und später geheiratet. Beide würden darunter leiden, dass sie keine Kinder haben könnten. Er sei gelernter Schreiner, sei neun Jahre als Zeitsoldat (bis 1988) bei der Bundeswehr, anschließend bei den Stadtwerken München als U-Bahn-Fahrer beschäftigt gewesen; seit 1992 sei er beim Zolldienst in Furth im Wald als Beamter tätig.
Auf Anregung des Beklagten hat das Sozialgericht einen Befundbericht von Dr.G. beigezogen, dem drei Arztbriefe an Dr.E. beigefügt worden sind. Darin wird ein depressiv gefärbtes psychovegetatives Syndrom bei irreversibler Impotentia generandi berichtet, sowie Essstörungen im Sinne einer Bulimie. Es sei zu einer ambulanten Psychotherapie geraten worden. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Nervenarztes Dr.K. vom 14.05.1999 ist die Auffassung vertreten worden, dass der Sachverständige Dr.M. zu Unrecht von einer seit zwei Jahren durchgeführten Psychotherapie ausgegangen sei; deshalb könne nicht der Beurteilung von Dr.M. , sondern es müsse der von Dr.G. gefolgt werden.
Das Sozialgericht hat nach § 106 SGG von dem Landgerichtsarzt Dr.R. am 28.09.1999 ein weiteres nervenärztliches Gutachten eingeholt. Danach liege keine eigentliche erkennbare depressive Verstimmung vor. Auch die Essstörung sei überwunden. Es bestehe keine hypochondrische Entwicklung oder Angstsymptomatik und auch kein depressiv bedingter sozialer Rückzug. Das WS-Syndrom sei mit GdB 10 ausreichend bewertet; die Greiffunktion der Hände sei trotz Mondbeinzysten völlig ungestört. Eine Bewegungseinschränkung der Kniegelenke habe nicht nachgewiesen werden können. Der Gesamt-GdB betrage weiterhin 30. Daraufhin hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 06.12.1999 abgewiesen und sich dabei auf die Gutachten von Dres.G. und R. gestützt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.04. 2000 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, dass sich sein psychischer Gesundheitszustand ab Antragstellung (Mai 1997) so verschlechtert habe, dass ein GdB von mindestens 50 festzusetzen sei. Er leide zunehmend unter Ängsten zum Beispiel vor Umweltgiften wie Rauchen und Abgasen; auch habe er Verlustängste bezüglich seiner um zehn Jahre jüngeren Ehefrau. Es werde beantragt, die Ärzte Dr.L. und Dr.M. zu hören.
Der Senat hat einen Befundbericht von Dr.M. eingeholt; darin hat dieser am 09.08.2000 mitgeteilt, dass er den Kläger seit 01.01.1999 behandle; auf die Frage nach einer evtl. Verschlechterung der erhobenen Befunde hat Dr.M. mitgeteilt: "Entfällt". Der Chirurg Dr.L. (vom Kläger unrichtig als Dr.L. bezeichnet) hat in seinem Befundbericht auf die ausdrückliche Frage nach einer evtl. Verschlimmerung oder Besserung in seiner Ergänzung vom 26.10.2000 angegeben: "Keinerlei Besserung im angegebenen Zeitraum" (18.01.1993 bis 13.06.2000). Mit gerichtlichem Schreiben vom 03.11.2000 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass nicht beabsichtigt sei, eine weitere Begutachtung von Amts wegen durchzuführen. Der Bevollmächtigte des Klägers hat erwidert, es falle auf, dass Dr.M. auf die Frage nach einer evtl. Verschlechterung keine Ausführungen gemacht habe. Es werde beantragt eine ergänzende Stellungnahme von Dr.M. einzuholen. Dies ist mit gerichtlichem Schreiben vom 05.12.2000 abgelehnt worden, da Dr.M. die entsprechende Frage bereits negativ beantwortet habe.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 25.01.2001 hat der Kläger erklärt, für ihn sei die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft wichtig, da er als Zollbeamter in der Gefahr sei, wegen der bevorstehenden Umstrukturierung in der Zollverwaltung (Einbeziehung von Tschechien in die EU) versetzt zu werden. Dies sei gefährlich für seine Ehe. Die Probleme mit seiner Bulimieerkrankung seien nicht völlig verschwunden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 06.12.1999 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.08.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1997 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 50 ab Mai 1997 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozial gerichts Regensburg vom 06.12.1999 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die erledigten Klageakten des Sozialgerichts Regensburg (S 6 Vs 440/92 und S 8 Vs 969/97), die erledigte Akte des Bayer. Landessozialgerichts (L 15 Vs 159/93) sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach § 4 Abs.6 SchwbG iVm § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und damit insgesamt zulässig. Es erweist sich jedoch als unbegründet.
Nach § 48 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei den Feststellungsbescheiden nach dem SchwbG handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr.57 und SozR 1300 § 46 Nr.13).
Im Vergleich mit den dem Ausführungsbescheid vom 30.11.1993 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers, die zur Feststellung eines Gesamt-GdB von 30 geführt hatten, hat sich der Gesundheitszustand des Klägers insgesamt nicht wesentlich im Sinne einer Verschlechterung geändert.
Die Folgen der 1985/86 durchgeführten Operationen des Klägers wegen Hodenteratom links, Lymphknotenentfernung, und Behandlung von Metastasen in der Lunge durch Chemotherapie sind nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" 1996 Nr.26.13, Seite 111, im Hinblick auf die eingetretene Zeugungsunfähigkeit und das noch jüngere Lebensalter des Klägers sowie den noch bestehenden Kinderwunsch mit GdB 20 zu bewerten. Die beim Kläger damit glaubhaft verbundenen ehelichen Probleme und zeitweiligen Depressionen sind auch nach Auffassung des Senats den Sachverständigengutachten von Dr.G. und Dr.R. durch eine Bewertung dieser Behinderung mit einem GdB von 30 ausreichend berücksichtigt. Der Kläger hat zwar mit seiner Berufungsbegründung geltend gemacht, dass sowohl im psychischen als auch im orthopädischen Bereich eine wesentliche gesundheitliche Verschlechterung eingetreten sei. Die auf Antrag des Klägers beigezogenen Befundberichte von Dr.M. und Dr.L. enthalten jedoch keine Anhaltspunkte für eine eingetretene Verschlechterung. Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher nicht geboten. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts verwiesen (§ 153 Abs.2 SGG).
Die Berufung war aus diesen Gründen in der Sache zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen einer Leidensverschlimmerung ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 statt 30 nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zusteht.
Bei dem am 1959 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 30.11.1993, der in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 23.09.1993 (S 6 Vs 440/92) erging, ein GdB von 30 aufgrund der Behinderungen 1. Verlust des linken Hodens. Zeugungsunfähigkeit. 2. Leichte Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei Fehlstatik und Bandscheibenschädigung festgestellt worden. Für Behinderung Nr.1, die auf eine Tumoroperation im November 1985 zurückgeht, wurde ein Einzel-GdB von 30, für Behinderung Nr.2 ein Einzel-GdB von 10 angenommen.
Am 15.05.1997 beantragte der Kläger die Erhöhung seines GdB wegen einer Verschlimmerung seines Wirbelsäulenleidens und einer neu hinzugetretenen Arthrose in beiden Kniegelenken. Der Beklagte zog daraufhin Befundberichte des Internisten Dr.E. , des Orthopäden Dr.W. und des Allgemeinarztes und Chirotherapeuten Dr.P. bei und holte eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.L. ein. Daraufhin erging am 12.08.1997 ein Ablehnungsbescheid, da in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers keine wesentliche Änderung eingetreten sei. Zur Begründung seines Widerspruchs legte der Kläger ein ärztliches Attest von Dr.V. vor, in dem eine Retropatellararthrose beidseits, rechtsbetont, bestätigt wurde sowie ein Attest des Internisten Dr. E. , der weiterhin erhebliche psychische Störungen bis hin zu depressiven Attacken bescheinigte. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.H. erging am 14.10.1997 ein Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde, weil die geltend gemachte Verschlimmerung nicht nachgewiesen sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben und weiterhin eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, insbesondere auf orthopädischem, aber auch auf psychischem Sektor geltend gemacht. Nach Beiziehung von Befundberichten von Dr.P. , Dr.V. (Nervenarzt), Dr.V. und Dr.E. hat das Sozialgericht am 22.06.1998 vom Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen - Sozialmedizin/Umweltmedizin - Dr.G. ein Terminsgutachten eingeholt. Darin hat der medizinische Sachverständige die Feststellungen des Beklagten bestätigt. Der Kläger habe angegeben, dass er einmal bei dem Nervenarzt Dr.G. gewesen sei. Es lägen keine psychischen Auswirkungen beim Kläger vor, die über das bereits anerkannte Maß, das dem Gutachten vom 23.09.1993 von Dr.K. entspreche, hinausgehe. Ein geltend gemachtes Gallenblasenleiden und eine Milzvergrößerung ergäben noch keinen GdB von 10.
Anschließend hat der Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt, zunächst den Orthopäden Dr.K. und anschließend den Nervenarzt Dr.M. zu hören. Dr.K. hat den Gutachtensauftrag wegen Arbeitsüberlastung nicht angenommen; der anschließend beauftragte Orthopäde Dr.R. hat die Akten mit der Bemerkung zurückgesandt, dass er das Gutachten von Dr.G. aus orthopädischer Sicht für sachgerecht halte. Das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr.M. vom 20.01. 1999 hat ergeben, dass beim Kläger außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen als Folge der Tumoroperation vorlägen und daher ein GdB von 40 statt 30 für diesen Bereich gerechtfertigt sei. Es seien außerdem eine S1-Radikulopathie rechts und ein sensibles Carpaltunnelsyndrom beidseits mit jeweils GdB 10 vorhanden; der Gesamt-GdB betrage 40. Der Kläger habe angegeben, er habe früher Übergewicht gehabt und deswegen teilweise übertriebene Diät gehalten. Vor Ausbruch der Tumorerkrankung 1985 sei er bei 1,86 m Größe auf 75 kg abgemagert gewesen. Er sei überzeugt, dass er den Tumor wegen der Diät bekommen habe. Nach der Hodenentfernung links, hätten auch Lymphknoten des hinteren Bauchraumes entfernt werden müssen; er habe vier Chemotherapien (1986) erhalten und habe deshalb erneut übermäßig bis 105 kg zugenommen. 1992 habe er eine tschechische Frau kennengelernt und später geheiratet. Beide würden darunter leiden, dass sie keine Kinder haben könnten. Er sei gelernter Schreiner, sei neun Jahre als Zeitsoldat (bis 1988) bei der Bundeswehr, anschließend bei den Stadtwerken München als U-Bahn-Fahrer beschäftigt gewesen; seit 1992 sei er beim Zolldienst in Furth im Wald als Beamter tätig.
Auf Anregung des Beklagten hat das Sozialgericht einen Befundbericht von Dr.G. beigezogen, dem drei Arztbriefe an Dr.E. beigefügt worden sind. Darin wird ein depressiv gefärbtes psychovegetatives Syndrom bei irreversibler Impotentia generandi berichtet, sowie Essstörungen im Sinne einer Bulimie. Es sei zu einer ambulanten Psychotherapie geraten worden. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Nervenarztes Dr.K. vom 14.05.1999 ist die Auffassung vertreten worden, dass der Sachverständige Dr.M. zu Unrecht von einer seit zwei Jahren durchgeführten Psychotherapie ausgegangen sei; deshalb könne nicht der Beurteilung von Dr.M. , sondern es müsse der von Dr.G. gefolgt werden.
Das Sozialgericht hat nach § 106 SGG von dem Landgerichtsarzt Dr.R. am 28.09.1999 ein weiteres nervenärztliches Gutachten eingeholt. Danach liege keine eigentliche erkennbare depressive Verstimmung vor. Auch die Essstörung sei überwunden. Es bestehe keine hypochondrische Entwicklung oder Angstsymptomatik und auch kein depressiv bedingter sozialer Rückzug. Das WS-Syndrom sei mit GdB 10 ausreichend bewertet; die Greiffunktion der Hände sei trotz Mondbeinzysten völlig ungestört. Eine Bewegungseinschränkung der Kniegelenke habe nicht nachgewiesen werden können. Der Gesamt-GdB betrage weiterhin 30. Daraufhin hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 06.12.1999 abgewiesen und sich dabei auf die Gutachten von Dres.G. und R. gestützt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.04. 2000 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, dass sich sein psychischer Gesundheitszustand ab Antragstellung (Mai 1997) so verschlechtert habe, dass ein GdB von mindestens 50 festzusetzen sei. Er leide zunehmend unter Ängsten zum Beispiel vor Umweltgiften wie Rauchen und Abgasen; auch habe er Verlustängste bezüglich seiner um zehn Jahre jüngeren Ehefrau. Es werde beantragt, die Ärzte Dr.L. und Dr.M. zu hören.
Der Senat hat einen Befundbericht von Dr.M. eingeholt; darin hat dieser am 09.08.2000 mitgeteilt, dass er den Kläger seit 01.01.1999 behandle; auf die Frage nach einer evtl. Verschlechterung der erhobenen Befunde hat Dr.M. mitgeteilt: "Entfällt". Der Chirurg Dr.L. (vom Kläger unrichtig als Dr.L. bezeichnet) hat in seinem Befundbericht auf die ausdrückliche Frage nach einer evtl. Verschlimmerung oder Besserung in seiner Ergänzung vom 26.10.2000 angegeben: "Keinerlei Besserung im angegebenen Zeitraum" (18.01.1993 bis 13.06.2000). Mit gerichtlichem Schreiben vom 03.11.2000 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass nicht beabsichtigt sei, eine weitere Begutachtung von Amts wegen durchzuführen. Der Bevollmächtigte des Klägers hat erwidert, es falle auf, dass Dr.M. auf die Frage nach einer evtl. Verschlechterung keine Ausführungen gemacht habe. Es werde beantragt eine ergänzende Stellungnahme von Dr.M. einzuholen. Dies ist mit gerichtlichem Schreiben vom 05.12.2000 abgelehnt worden, da Dr.M. die entsprechende Frage bereits negativ beantwortet habe.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 25.01.2001 hat der Kläger erklärt, für ihn sei die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft wichtig, da er als Zollbeamter in der Gefahr sei, wegen der bevorstehenden Umstrukturierung in der Zollverwaltung (Einbeziehung von Tschechien in die EU) versetzt zu werden. Dies sei gefährlich für seine Ehe. Die Probleme mit seiner Bulimieerkrankung seien nicht völlig verschwunden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 06.12.1999 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.08.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1997 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 50 ab Mai 1997 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozial gerichts Regensburg vom 06.12.1999 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die erledigten Klageakten des Sozialgerichts Regensburg (S 6 Vs 440/92 und S 8 Vs 969/97), die erledigte Akte des Bayer. Landessozialgerichts (L 15 Vs 159/93) sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach § 4 Abs.6 SchwbG iVm § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und damit insgesamt zulässig. Es erweist sich jedoch als unbegründet.
Nach § 48 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei den Feststellungsbescheiden nach dem SchwbG handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr.57 und SozR 1300 § 46 Nr.13).
Im Vergleich mit den dem Ausführungsbescheid vom 30.11.1993 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers, die zur Feststellung eines Gesamt-GdB von 30 geführt hatten, hat sich der Gesundheitszustand des Klägers insgesamt nicht wesentlich im Sinne einer Verschlechterung geändert.
Die Folgen der 1985/86 durchgeführten Operationen des Klägers wegen Hodenteratom links, Lymphknotenentfernung, und Behandlung von Metastasen in der Lunge durch Chemotherapie sind nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" 1996 Nr.26.13, Seite 111, im Hinblick auf die eingetretene Zeugungsunfähigkeit und das noch jüngere Lebensalter des Klägers sowie den noch bestehenden Kinderwunsch mit GdB 20 zu bewerten. Die beim Kläger damit glaubhaft verbundenen ehelichen Probleme und zeitweiligen Depressionen sind auch nach Auffassung des Senats den Sachverständigengutachten von Dr.G. und Dr.R. durch eine Bewertung dieser Behinderung mit einem GdB von 30 ausreichend berücksichtigt. Der Kläger hat zwar mit seiner Berufungsbegründung geltend gemacht, dass sowohl im psychischen als auch im orthopädischen Bereich eine wesentliche gesundheitliche Verschlechterung eingetreten sei. Die auf Antrag des Klägers beigezogenen Befundberichte von Dr.M. und Dr.L. enthalten jedoch keine Anhaltspunkte für eine eingetretene Verschlechterung. Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher nicht geboten. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Sozialgerichts verwiesen (§ 153 Abs.2 SGG).
Die Berufung war aus diesen Gründen in der Sache zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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