Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 U 5058/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 10/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 2. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Durch telefonischen Anruf des Jagdpächters W. D. vom 04.02.1997 erfuhr die Beklagte von dem Unfall des am 09.09.1927 geborenen Klägers. Der Jagdpächter gab an, der Kläger habe einen Jagdbegehungsschein und gehe schon seit Jahren im Jagdrevier des Pächters mit zur Jagd. Am 29.01.1997 vormittags sei er zur Fuchsjagd angesessen und sei beim Absteigen vom Hochsitz auf einer vereisten Sprosse ausgerutscht und gestürzt. Das geladene Gewehr habe sich, als der Pächter ihn gefunden habe, noch auf dem Hochsitz befunden.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr.H. , diagnostizierte am 29.01.1997 eine frische LWK-1-Fraktur. Unfallunabhängig bestünden Gicht und ein Morbus Parkinson.
In der Unfallanzeige vom 16.03.1997 gab der Kläger an, er sei am 29.01.1997 gegen 6.00 Uhr zur Jagdausübung auf den Hochsitz gestiegen. Beim Abstieg sei er abgerutscht und gestürzt. Als hauptberufliche Tätigkeit gab er "Pensionist (Jagdausübung)" an. Vorgelegt wurde ein Jagderlaubnisschein vom 05.12.1995 unterschrieben von den Jagdrevierinhabern W. und G. D. und dem Kläger als Erlaubnisnehmer. Der Kläger erhielt die Erlaubnis, die Jagd auf Haarnutzwild und Raubwild bis zu fünf Stückzahlen ab 05.12.1995 bis auf Widerruf auszuüben. Die Jagderlaubnis umfasste auch den Schutz des Wildes vor Tieren im Sinne des Art.40 Abs.1 BayJG, vor Futternot und Wildseuchen.
Mit Bescheid vom 07.04.1997 lehnte die Beklagte den Entschädigungsanspruch aus Anlass des Unfalles vom 29.01.1997 ab. Der Unfall habe sich bei einer Tätigkeit ereignet, die der Kläger in seiner Eigenschaft als Jagdgast verrichtet habe. Daher bestehe gemäß § 4 Abs.2 Nr.1 SGB VII Versicherungsfreiheit.
Mit Widerspruch vom 14.04.1997 vertrat der Kläger die Auffassung, er sei als Jagdbediensteter tätig gewesen. Er übersandte eine Bescheinigung vom 03.03.1997, unterschrieben von W. und G. D. , in der bestätigt wurde, der Kläger habe die Befugnis erhalten, die Jagd auszuüben. Er betreue den Revierteil und die Jagdeinrichtungen (Hochsitze, Fütterungen, Schüttungen usw.). Er bekomme dafür eine monatliche Pauschale von 200,00 DM.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.1997 zurück. Der Kläger sei, als sich der Unfall ereignet habe, Jagdgast und nicht mit der Betreuung des Revierteils beschäftigt gewesen. Für die Jagd bestehe gemäß § 4 Abs.2 Nr.1 SGB VII Versicherungsfreiheit.
Mit der Klage vom 23.06.1997 hat der Kläger geltend gemacht, er sei als Betriebsangehöriger, nämlich als entlohnte Hilfskraft beim Jagdpächter angestellt und somit versichert. Außerdem würden auch Jagdgäste den Versicherungsschutz genießen, wenn sie einen Unfall bei einer Beschäftigung erlitten, die sie als entlohnte Hilfskraft im Interesse des Jagdbetriebes ausübten. Im Termin vom 02.12.1999 hat der Bevollmächtigte des Klägers erklärt, der Kläger sei wie ein Arbeitnehmer des Jagdpächters tätig gewesen, denn die Bejagung von Füchsen zähle zu den Aufgaben des Jagdpächters. Außerdem verwies er auf die Entlohnung von 200,00 DM netto monatlich.
Mit Urteil vom 02.12.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei als Jagdgast und nicht wie ein Arbeitnehmer, sondern vorrangig aus eigenem Interesse tätig gewesen. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass er für seine Dienste monatlich 200,00 DM netto erhalten habe. Es handele sich hier nicht um ein angemessenes Entgelt für die zeitraubende und mitunter sehr unattraktive Arbeit. Ein Jagdgast verrichte diese Tätigkeiten letztlich nur deshalb, weil er sonst keine Gelegenheit zur eigenen Jagdausübung, sei es auch nur auf Raubzeug, erhalte.
Zur Begründung der Berufung vom 13.01.2000 weist der Kläger darauf hin, dass er den Jagdschein bereits seit 1966 besitze. Er sei als Betriebsangehöriger für seine Tätigkeit mit monatlich 200,00 DM netto entlohnt worden. Zu seinen Aufgaben habe der Bau von Jagdeinrichtungen sowie die Fütterung des Wildes, außerdem die Raubwildbejagung gehört. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er den Unfall erlitten. Die Bejagung der Füchse sei im Interesse des Jagdunternehmers als notwendige Hegemaßnahme erfolgt. Ein eigenes Interesse an der Jagdausübung bezüglich der Füchse bestehe nicht.
Auf Anfrage des Senats gaben die Jagdpächter an, der Kläger habe seit dem 23.11.1983 die Berechtigung, im Jagdrevier die Jagd auszuüben. Hinsichtlich der Betreuung der Jagdeinrichtungen und hinsichtlich der Arbeitszeit sei der Kläger an ihre Weisungen gebunden gewesen. Einen Reviergang habe er nicht anmelden müssen. Eine Erlaubnis zum Abschuss von Wild habe er nur, soweit der Abschuss über die schriftliche Vereinbarung hinausgegangen sei, einholen müssen. Zu den Aufgaben des Klägers habe die eigenständige Bejagung von Raubwild, der Bau von jagdlichen Einrichtungen wie Hochsitze, Fütterungen, Salzlecken und die Versorgung des Wildes in der Notzeit gehört. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Weihnachtsgeld habe der Kläger nicht erhalten. Erlegtes Wild habe er nicht behalten dürfen (25). Vorgelegt wird weiter eine schriftliche Vereinbarung vom 23.11.1985, in der sich der Kläger verpflichtet, gegen ein Entgelt in Höhe von 300,00 DM halbjährlich das Jagdrevier zu betreuen. Er gelte somit als Betriebsangehöriger. Er habe jagdliche Einrichtungen zu bauen und die Winterversorgung zu übernehmen. Außerdem sei der Abschuss des Rehwildes nach den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen. Im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen seien wildernde Hunde und Katzen abzuschießen.
Weiter vorgelegt wird der unentgeltliche Jagderlaubnisschein vom 23.11.1983, durch den der Kläger die jederzeit widerrufliche Erlaubnis erhielt, Rehwild, Hase, Fasan, Fuchs, Marder, Iltis zu jagen. Der Erlaubnisscheininhaber wurde außerdem verpflichtet, bei der Durchführung von Hegemaßnahmen mitzuhelfen und beauftragt, das Revier zu beaufsichtigen und die hierfür notwendigen Reviergänge durchzuführen. Er habe die gesamte Reviereinrichtung zu überprüfen und Schäden sofort zu beheben bzw. dem Revierinhaber zu melden.
Die Beklagte weist mit Schreiben vom 21.03.2000 darauf hin, der Unfall habe sich im Rahmen der Jagdausübung ereignet. Die Bejagung von Füchsen sei die typische Tätigkeit eines Jagdgastes, sie sei aus eigenem Interesse des Klägers erfolgt. Eine arbeitnehmerähnliche Position habe der Kläger bei dieser Tätigkeit nicht gehabt. Das minimale Entgelt von 300,00 DM pro Halbjahr zeige, dass es dem Kläger vor allem darauf ankomme, im Revier tätig werden zu dürfen. Die von ihm ausgeführten Aufgaben seien als eine Art Gegenleistung für die Jagderlaubnis zu betrachten. Gerade beim Reviergang habe keine Weisungsbefugnis des Jagdpächters bestanden. Grundsätzlich habe der Kläger keine Erlaubnis zum Abschuss von Wild einholen müssen. Auch habe er keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung gehabt. Dies spreche gegen eine arbeitnehmerähnliche Stellung des Klägers. Deshalb sei er eindeutig als unversicherter Jagdgast zu betrachten.
Der Kläger stellt den Antrag
aus dem Schriftsatz vom 10.03.2000. Hilfsweise beantragt er, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Kläger stand bei dem Unfall vom 29.01.1997 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Gemäß § 123 Abs.1 Nr.5 SGB VII sind Jagdeigentümer und Jagdpächter bei der Landwirtschaftlichen BG als Unternehmer gemäß § 2 Abs.1 Nr.5 Buchst.a SGB VII versichert. Bestandteil der Jagd sind alle ihr dienenden Tätigkeiten wie Wildfütterung, Niederhalten von Raubwild, Bau und Reparatur von Hochsitzen und Jagdhütten, Fangen, Erlegen und Verwerten des Wilds (vgl. Kasseler Kommentar § 123 SGB VII Rdnr.25). Versicherungsfrei sind dagegen gemäß § 4 Abs.2 Nr.1 SGB VII Jagdgäste.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger nicht als angestellter Jagdaufseher versichert war (§ 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII). Eine abhängige Beschäftigung liegt vor, wenn die eigene Arbeitskraft der Verfügungsgewalt eines Anderen unterstellt wird. Wichtiges Kennzeichen ist die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber. Sie zeigt sich in der Eingliederung in den Betrieb, d.h. darin, dass ein Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers besteht. Wesentliche Kriterien sind Anordnungsrechte des Arbeitgebers bezüglich Art, Zeit und Ort der Arbeitsausführung, Vereinbarung bezahlten Urlaubs, feste Entlohnung.
Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers im Wesentlichen nicht gegeben. Nach Auskunft der Jagdpächter war der Kläger zwar hinsichtlich der Betreuung der Jagdeinrichtungen und der Arbeitszeit an ihre Weisungen gebunden, musste aber andererseits einen Reviergang nicht anmelden und keine Erlaubnis zum Abschuss von Wild einholen. Auch bestand keine Urlaubsregelung, und es erfolgte keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, auch wurde kein Weihnachtsgeld gezahlt. Diese Gestaltung spricht gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Wäre der Kläger im Übrigen ein angestellter Jagdaufseher und damit Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII gewesen, hätte er keinen Jagderlaubnisschein benötigt, da angestellte Jäger und Jagdaufseher im Rahmen ihres Anstellungsvertrags zur Jagdausübung innerhalb ihres Dienstbereichs berechtigt sind. Ein Jagderlaubnisschein wird nur dem Jagdgast ausgestellt (Art.17 Abs.1 und 5 BayJG).
Der Kläger ist aber auch nicht wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs.2 SGB VII tätig gewesen, als er am 29.01.1997 die Jagd ausübte. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Tätigkeit diese arbeitnehmerähnlich ausgeübt worden ist. Die Handlungstendenz als objektives Kriterium dient der Abgrenzung zu nicht versicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten. Maßgeblich ist die Sicht des objektiven Betrachters zur Zeit, als die betreffende Handlung vorgenommen wurde (vgl. BSG vom 01.07.1997, 2 RU 32/96; Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 14 Rdnr.100 ff.).
Zwar handelte es sich bei den Tätigkeiten, die der Kläger nach der zwischen ihm und den Jagdpächtern geschlossenen Vereinbarung auszuführen hatte, um Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert für das Unternehmen, die dem Willen der Unternehmer entsprachen und auch von Arbeitnehmern verrichtet werden konnten. Der Kläger hat seine Aufgaben aber nicht unter arbeitnehmerähnlichen Umständen verrichtet. Er handelte vorwiegend im eigenen Interesse, da es ihm offensichtlich darauf ankam, die Jagd ausüben zu können. Unter der Voraussetzung, dass er die jagdlichen Einrichtungen instand hielt und die Wildfütterung übernahm, war ihm der Jagderlaubnisschein unentgeltlich erteilt worden. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass nach § 1 des Bundesjagdgesetzes das Jagdrecht die ausschließliche Befugnis ist, auf einem bestimmten Gebiet wild lebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen (§ 1 Abs.1 BJagdG). Die Hege steht also im Vordergrund der Jagdbefugnis. Gerade diese Aufgabe hatte der Kläger wie ein Jäger wahrzunehmen, wie aus den Jagderlaubnisscheinen, ausgestellt am 23.11.1983 und 05.12.1995, hervorgeht. Ein Jagderlaubnisschein wird zudem typischerweise dem Jagdgast ausgestellt, der die Jagd aus Liebhaberei betreibt. Schließlich haben sowohl der Kläger als auch der Jagdpächter in den ersten Angaben nach dem Unfall nur davon gesprochen, der Kläger habe die Jagd ausgeübt, nicht dagegen, er habe eine Tätigkeit im Unternehmen des Jagdpächters verrichtet. Als Jäger aber war der Kläger in seiner Tätigkeit im Rahmen des Jagderlaubnisscheins völlig selbständig, er konnte über den Zeitpunkt der Ausübung seiner Tätigkeit selbst entscheiden und Wild entsprechend der ihm erteilten Erlaubnis abschießen. Dies gehört in den Bereich des Privatlebens, nicht dagegen in den Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die konkret zum Unfall führende Tätigkeit war die des Jagdgastes und nicht eine versicherte Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs.2 SGB VII (vgl. Lauterbach, UV, § 3 SGB VII RdNr.34).
Hinzu kommt, dass die dem Kläger gewährte Entschädigung, die sich nach der Bescheinigung vom 03.03.1997 auf monatlich 200,00 DM netto, also etwa 2.400,00 DM jährlich, nach der schriftlichen Vereinbarung vom 23.11.1985 auf 300,00 DM halbjährlich, also 600,00 DM jährlich, belief, so geringfügig war, dass es sich hier lediglich um einen Aufwendungsersatz, dagegen nicht um ein Entgelt gehandelt haben kann.
Ein Jagdgast ist beim Aufenthalt im Jagdrevier, aus welchem Grund auch immer er sich darin aufhalten mag, grundsätzlich unversichert, es sei denn, dass der Aufenthalt jagdfremden Zwecken dient (vgl. Lauterbach, UV, § 3 SGB VII, RdNr.35). Die konkrete zum Unfall führende Tätigkeit war hier die Jagdausübung als nicht versicherter Jagdgast. Es handelte sich um eine Tätigkeit, die in den Bereich des Privatlebens gehört und daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht (vgl. BSG vom 15.12.1982, SozR 2200 § 542 Nr.2; BSG Beschluss vom 12.02.1979, VersR 1982, 467). Dabei ist nicht entscheidend, ob die konkrete Handlung, also der Abschuss der Füchse, dem Jagdgast Freude bereitete. Selbst wenn die zum Unfall führende Handlung jagdlich uninteressant ist oder keinen Trophäenwert hat, kann sich die Tätigkeit insgesamt als Jagdgasttätigkeit darstellen. Die Motive für die Jagd sind für die Beantwortung der Frage, ob ein Jagdgast versicherungsfrei ist, unerheblich (vgl. BSG vom 27.06.1969, SGb 70, 223; LSG Niedersachsen, Breithaupt 1980, 99). Gegen die Eigenschaft als Jagdgast spricht auch nicht, dass der Kläger allein gejagt hat. Er handelt regelmäßig selbst dann aus privatem Jagdvergnügen, wenn er Wild zur Erfüllung der Abschussquote des Jagdpächters jagt (vgl. Lauterbach § 3 SGB VII Rdnr.34 ff.). Denn die Jagdgasteigenschaft geht nicht dadurch verloren, dass dem Jagdberechtigten obliegende Verrichtungen ausgeübt werden, weil unter dem Begriff der Jagdausübung, wie schon ausgeführt, nicht nur diejenigen Handlungen eines Jägers zu verstehen sind, die unmittelbar auf das Erlegen von Wild abzielen; vielmehr ist der Begriff der Hege wesentlicher Teil der jagdlichen Betätigung.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Durch telefonischen Anruf des Jagdpächters W. D. vom 04.02.1997 erfuhr die Beklagte von dem Unfall des am 09.09.1927 geborenen Klägers. Der Jagdpächter gab an, der Kläger habe einen Jagdbegehungsschein und gehe schon seit Jahren im Jagdrevier des Pächters mit zur Jagd. Am 29.01.1997 vormittags sei er zur Fuchsjagd angesessen und sei beim Absteigen vom Hochsitz auf einer vereisten Sprosse ausgerutscht und gestürzt. Das geladene Gewehr habe sich, als der Pächter ihn gefunden habe, noch auf dem Hochsitz befunden.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr.H. , diagnostizierte am 29.01.1997 eine frische LWK-1-Fraktur. Unfallunabhängig bestünden Gicht und ein Morbus Parkinson.
In der Unfallanzeige vom 16.03.1997 gab der Kläger an, er sei am 29.01.1997 gegen 6.00 Uhr zur Jagdausübung auf den Hochsitz gestiegen. Beim Abstieg sei er abgerutscht und gestürzt. Als hauptberufliche Tätigkeit gab er "Pensionist (Jagdausübung)" an. Vorgelegt wurde ein Jagderlaubnisschein vom 05.12.1995 unterschrieben von den Jagdrevierinhabern W. und G. D. und dem Kläger als Erlaubnisnehmer. Der Kläger erhielt die Erlaubnis, die Jagd auf Haarnutzwild und Raubwild bis zu fünf Stückzahlen ab 05.12.1995 bis auf Widerruf auszuüben. Die Jagderlaubnis umfasste auch den Schutz des Wildes vor Tieren im Sinne des Art.40 Abs.1 BayJG, vor Futternot und Wildseuchen.
Mit Bescheid vom 07.04.1997 lehnte die Beklagte den Entschädigungsanspruch aus Anlass des Unfalles vom 29.01.1997 ab. Der Unfall habe sich bei einer Tätigkeit ereignet, die der Kläger in seiner Eigenschaft als Jagdgast verrichtet habe. Daher bestehe gemäß § 4 Abs.2 Nr.1 SGB VII Versicherungsfreiheit.
Mit Widerspruch vom 14.04.1997 vertrat der Kläger die Auffassung, er sei als Jagdbediensteter tätig gewesen. Er übersandte eine Bescheinigung vom 03.03.1997, unterschrieben von W. und G. D. , in der bestätigt wurde, der Kläger habe die Befugnis erhalten, die Jagd auszuüben. Er betreue den Revierteil und die Jagdeinrichtungen (Hochsitze, Fütterungen, Schüttungen usw.). Er bekomme dafür eine monatliche Pauschale von 200,00 DM.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.1997 zurück. Der Kläger sei, als sich der Unfall ereignet habe, Jagdgast und nicht mit der Betreuung des Revierteils beschäftigt gewesen. Für die Jagd bestehe gemäß § 4 Abs.2 Nr.1 SGB VII Versicherungsfreiheit.
Mit der Klage vom 23.06.1997 hat der Kläger geltend gemacht, er sei als Betriebsangehöriger, nämlich als entlohnte Hilfskraft beim Jagdpächter angestellt und somit versichert. Außerdem würden auch Jagdgäste den Versicherungsschutz genießen, wenn sie einen Unfall bei einer Beschäftigung erlitten, die sie als entlohnte Hilfskraft im Interesse des Jagdbetriebes ausübten. Im Termin vom 02.12.1999 hat der Bevollmächtigte des Klägers erklärt, der Kläger sei wie ein Arbeitnehmer des Jagdpächters tätig gewesen, denn die Bejagung von Füchsen zähle zu den Aufgaben des Jagdpächters. Außerdem verwies er auf die Entlohnung von 200,00 DM netto monatlich.
Mit Urteil vom 02.12.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei als Jagdgast und nicht wie ein Arbeitnehmer, sondern vorrangig aus eigenem Interesse tätig gewesen. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass er für seine Dienste monatlich 200,00 DM netto erhalten habe. Es handele sich hier nicht um ein angemessenes Entgelt für die zeitraubende und mitunter sehr unattraktive Arbeit. Ein Jagdgast verrichte diese Tätigkeiten letztlich nur deshalb, weil er sonst keine Gelegenheit zur eigenen Jagdausübung, sei es auch nur auf Raubzeug, erhalte.
Zur Begründung der Berufung vom 13.01.2000 weist der Kläger darauf hin, dass er den Jagdschein bereits seit 1966 besitze. Er sei als Betriebsangehöriger für seine Tätigkeit mit monatlich 200,00 DM netto entlohnt worden. Zu seinen Aufgaben habe der Bau von Jagdeinrichtungen sowie die Fütterung des Wildes, außerdem die Raubwildbejagung gehört. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er den Unfall erlitten. Die Bejagung der Füchse sei im Interesse des Jagdunternehmers als notwendige Hegemaßnahme erfolgt. Ein eigenes Interesse an der Jagdausübung bezüglich der Füchse bestehe nicht.
Auf Anfrage des Senats gaben die Jagdpächter an, der Kläger habe seit dem 23.11.1983 die Berechtigung, im Jagdrevier die Jagd auszuüben. Hinsichtlich der Betreuung der Jagdeinrichtungen und hinsichtlich der Arbeitszeit sei der Kläger an ihre Weisungen gebunden gewesen. Einen Reviergang habe er nicht anmelden müssen. Eine Erlaubnis zum Abschuss von Wild habe er nur, soweit der Abschuss über die schriftliche Vereinbarung hinausgegangen sei, einholen müssen. Zu den Aufgaben des Klägers habe die eigenständige Bejagung von Raubwild, der Bau von jagdlichen Einrichtungen wie Hochsitze, Fütterungen, Salzlecken und die Versorgung des Wildes in der Notzeit gehört. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Weihnachtsgeld habe der Kläger nicht erhalten. Erlegtes Wild habe er nicht behalten dürfen (25). Vorgelegt wird weiter eine schriftliche Vereinbarung vom 23.11.1985, in der sich der Kläger verpflichtet, gegen ein Entgelt in Höhe von 300,00 DM halbjährlich das Jagdrevier zu betreuen. Er gelte somit als Betriebsangehöriger. Er habe jagdliche Einrichtungen zu bauen und die Winterversorgung zu übernehmen. Außerdem sei der Abschuss des Rehwildes nach den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen. Im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen seien wildernde Hunde und Katzen abzuschießen.
Weiter vorgelegt wird der unentgeltliche Jagderlaubnisschein vom 23.11.1983, durch den der Kläger die jederzeit widerrufliche Erlaubnis erhielt, Rehwild, Hase, Fasan, Fuchs, Marder, Iltis zu jagen. Der Erlaubnisscheininhaber wurde außerdem verpflichtet, bei der Durchführung von Hegemaßnahmen mitzuhelfen und beauftragt, das Revier zu beaufsichtigen und die hierfür notwendigen Reviergänge durchzuführen. Er habe die gesamte Reviereinrichtung zu überprüfen und Schäden sofort zu beheben bzw. dem Revierinhaber zu melden.
Die Beklagte weist mit Schreiben vom 21.03.2000 darauf hin, der Unfall habe sich im Rahmen der Jagdausübung ereignet. Die Bejagung von Füchsen sei die typische Tätigkeit eines Jagdgastes, sie sei aus eigenem Interesse des Klägers erfolgt. Eine arbeitnehmerähnliche Position habe der Kläger bei dieser Tätigkeit nicht gehabt. Das minimale Entgelt von 300,00 DM pro Halbjahr zeige, dass es dem Kläger vor allem darauf ankomme, im Revier tätig werden zu dürfen. Die von ihm ausgeführten Aufgaben seien als eine Art Gegenleistung für die Jagderlaubnis zu betrachten. Gerade beim Reviergang habe keine Weisungsbefugnis des Jagdpächters bestanden. Grundsätzlich habe der Kläger keine Erlaubnis zum Abschuss von Wild einholen müssen. Auch habe er keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung gehabt. Dies spreche gegen eine arbeitnehmerähnliche Stellung des Klägers. Deshalb sei er eindeutig als unversicherter Jagdgast zu betrachten.
Der Kläger stellt den Antrag
aus dem Schriftsatz vom 10.03.2000. Hilfsweise beantragt er, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Kläger stand bei dem Unfall vom 29.01.1997 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Gemäß § 123 Abs.1 Nr.5 SGB VII sind Jagdeigentümer und Jagdpächter bei der Landwirtschaftlichen BG als Unternehmer gemäß § 2 Abs.1 Nr.5 Buchst.a SGB VII versichert. Bestandteil der Jagd sind alle ihr dienenden Tätigkeiten wie Wildfütterung, Niederhalten von Raubwild, Bau und Reparatur von Hochsitzen und Jagdhütten, Fangen, Erlegen und Verwerten des Wilds (vgl. Kasseler Kommentar § 123 SGB VII Rdnr.25). Versicherungsfrei sind dagegen gemäß § 4 Abs.2 Nr.1 SGB VII Jagdgäste.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger nicht als angestellter Jagdaufseher versichert war (§ 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII). Eine abhängige Beschäftigung liegt vor, wenn die eigene Arbeitskraft der Verfügungsgewalt eines Anderen unterstellt wird. Wichtiges Kennzeichen ist die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber. Sie zeigt sich in der Eingliederung in den Betrieb, d.h. darin, dass ein Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers besteht. Wesentliche Kriterien sind Anordnungsrechte des Arbeitgebers bezüglich Art, Zeit und Ort der Arbeitsausführung, Vereinbarung bezahlten Urlaubs, feste Entlohnung.
Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers im Wesentlichen nicht gegeben. Nach Auskunft der Jagdpächter war der Kläger zwar hinsichtlich der Betreuung der Jagdeinrichtungen und der Arbeitszeit an ihre Weisungen gebunden, musste aber andererseits einen Reviergang nicht anmelden und keine Erlaubnis zum Abschuss von Wild einholen. Auch bestand keine Urlaubsregelung, und es erfolgte keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, auch wurde kein Weihnachtsgeld gezahlt. Diese Gestaltung spricht gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Wäre der Kläger im Übrigen ein angestellter Jagdaufseher und damit Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII gewesen, hätte er keinen Jagderlaubnisschein benötigt, da angestellte Jäger und Jagdaufseher im Rahmen ihres Anstellungsvertrags zur Jagdausübung innerhalb ihres Dienstbereichs berechtigt sind. Ein Jagderlaubnisschein wird nur dem Jagdgast ausgestellt (Art.17 Abs.1 und 5 BayJG).
Der Kläger ist aber auch nicht wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs.2 SGB VII tätig gewesen, als er am 29.01.1997 die Jagd ausübte. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Tätigkeit diese arbeitnehmerähnlich ausgeübt worden ist. Die Handlungstendenz als objektives Kriterium dient der Abgrenzung zu nicht versicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten. Maßgeblich ist die Sicht des objektiven Betrachters zur Zeit, als die betreffende Handlung vorgenommen wurde (vgl. BSG vom 01.07.1997, 2 RU 32/96; Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 14 Rdnr.100 ff.).
Zwar handelte es sich bei den Tätigkeiten, die der Kläger nach der zwischen ihm und den Jagdpächtern geschlossenen Vereinbarung auszuführen hatte, um Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert für das Unternehmen, die dem Willen der Unternehmer entsprachen und auch von Arbeitnehmern verrichtet werden konnten. Der Kläger hat seine Aufgaben aber nicht unter arbeitnehmerähnlichen Umständen verrichtet. Er handelte vorwiegend im eigenen Interesse, da es ihm offensichtlich darauf ankam, die Jagd ausüben zu können. Unter der Voraussetzung, dass er die jagdlichen Einrichtungen instand hielt und die Wildfütterung übernahm, war ihm der Jagderlaubnisschein unentgeltlich erteilt worden. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass nach § 1 des Bundesjagdgesetzes das Jagdrecht die ausschließliche Befugnis ist, auf einem bestimmten Gebiet wild lebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen (§ 1 Abs.1 BJagdG). Die Hege steht also im Vordergrund der Jagdbefugnis. Gerade diese Aufgabe hatte der Kläger wie ein Jäger wahrzunehmen, wie aus den Jagderlaubnisscheinen, ausgestellt am 23.11.1983 und 05.12.1995, hervorgeht. Ein Jagderlaubnisschein wird zudem typischerweise dem Jagdgast ausgestellt, der die Jagd aus Liebhaberei betreibt. Schließlich haben sowohl der Kläger als auch der Jagdpächter in den ersten Angaben nach dem Unfall nur davon gesprochen, der Kläger habe die Jagd ausgeübt, nicht dagegen, er habe eine Tätigkeit im Unternehmen des Jagdpächters verrichtet. Als Jäger aber war der Kläger in seiner Tätigkeit im Rahmen des Jagderlaubnisscheins völlig selbständig, er konnte über den Zeitpunkt der Ausübung seiner Tätigkeit selbst entscheiden und Wild entsprechend der ihm erteilten Erlaubnis abschießen. Dies gehört in den Bereich des Privatlebens, nicht dagegen in den Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die konkret zum Unfall führende Tätigkeit war die des Jagdgastes und nicht eine versicherte Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs.2 SGB VII (vgl. Lauterbach, UV, § 3 SGB VII RdNr.34).
Hinzu kommt, dass die dem Kläger gewährte Entschädigung, die sich nach der Bescheinigung vom 03.03.1997 auf monatlich 200,00 DM netto, also etwa 2.400,00 DM jährlich, nach der schriftlichen Vereinbarung vom 23.11.1985 auf 300,00 DM halbjährlich, also 600,00 DM jährlich, belief, so geringfügig war, dass es sich hier lediglich um einen Aufwendungsersatz, dagegen nicht um ein Entgelt gehandelt haben kann.
Ein Jagdgast ist beim Aufenthalt im Jagdrevier, aus welchem Grund auch immer er sich darin aufhalten mag, grundsätzlich unversichert, es sei denn, dass der Aufenthalt jagdfremden Zwecken dient (vgl. Lauterbach, UV, § 3 SGB VII, RdNr.35). Die konkrete zum Unfall führende Tätigkeit war hier die Jagdausübung als nicht versicherter Jagdgast. Es handelte sich um eine Tätigkeit, die in den Bereich des Privatlebens gehört und daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht (vgl. BSG vom 15.12.1982, SozR 2200 § 542 Nr.2; BSG Beschluss vom 12.02.1979, VersR 1982, 467). Dabei ist nicht entscheidend, ob die konkrete Handlung, also der Abschuss der Füchse, dem Jagdgast Freude bereitete. Selbst wenn die zum Unfall führende Handlung jagdlich uninteressant ist oder keinen Trophäenwert hat, kann sich die Tätigkeit insgesamt als Jagdgasttätigkeit darstellen. Die Motive für die Jagd sind für die Beantwortung der Frage, ob ein Jagdgast versicherungsfrei ist, unerheblich (vgl. BSG vom 27.06.1969, SGb 70, 223; LSG Niedersachsen, Breithaupt 1980, 99). Gegen die Eigenschaft als Jagdgast spricht auch nicht, dass der Kläger allein gejagt hat. Er handelt regelmäßig selbst dann aus privatem Jagdvergnügen, wenn er Wild zur Erfüllung der Abschussquote des Jagdpächters jagt (vgl. Lauterbach § 3 SGB VII Rdnr.34 ff.). Denn die Jagdgasteigenschaft geht nicht dadurch verloren, dass dem Jagdberechtigten obliegende Verrichtungen ausgeübt werden, weil unter dem Begriff der Jagdausübung, wie schon ausgeführt, nicht nur diejenigen Handlungen eines Jägers zu verstehen sind, die unmittelbar auf das Erlegen von Wild abzielen; vielmehr ist der Begriff der Hege wesentlicher Teil der jagdlichen Betätigung.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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