L 2 U 156/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 372/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 156/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 23.02.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Feststellung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit.

Der 1941 geborene Kläger war in seinem Berufsleben überwiegend als Maurer tätig. Er beantragte am 01.09.1993, seine Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule und den Gelenken als Berufskrankheit anzuerkennen. Nach Erhebung der Arbeitsanamnese hielt der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten die körperlichen Belastungen des Klägers im Arbeitsleben für geeignet, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zu verursachen, nicht jedoch eine solche der Halswirbelsäule. Der von der Beklagten als Sachverständiger gehörte Chirurg Prof. Dr.B. , Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. , kam in seinem Gutachten vom 19.06.1996 zu dem Ergebnis, eine Berufskrankheit nach Nr.2108 der Anlage zur BKVO könne nicht angenommen werden. Der Kläger leide an einer Spondylose der gesamten Wirbelsäule, die allerdings im Halswirbelsäulenbereich und vor allem im Lendenwirbelsäulenbereich besonders ausgeprägt sei. Es liege ein Flachrücken der Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule vor. Kernspintomographisch und auf den Übersichtsaufnahmen ergäben sich Hinweise für einen lumbalen Morbus Scheuermann, der auch bereits zu keilförmigen Deformierungen der oberen Lendenwirbelkörper geführt habe. Es liege eine leichte Skoliose der BWS-LWS vor, die wegen mangelnder Aufnahmen aus früherer Zeit nicht sicher als erworben angesehen werden könne. Schon seit dem 18. Lebensjahr leide der Kläger an rezidivierenden Rückenschmerzen, die sich laut Leistungsregister der Krankenkasse auch auf die Brustwirbelsäule ausgedehnt hätten. Degenerative Bandscheibenveränderungen lägen auch im Bereich der Halswirbelsäule vor, die nicht beruflich in entsprechendem Maße belastet worden sei, wie dies zur Anerkennung einer Berufskrankheit erforderlich sei. Der Kläger leide auch an rezidivierenden Beschwerden vor allem der Kniegelenke, die eine Fehlbelastung der Wirbelsäule verursachen könnten, des Weiteren habe er auch anamnestisch eine Sprunggelenkverletzung links erlitten. Durch seine Adipositas permagna sei die Wirbelsäule, insbesondere die Lendenwirbelsäule einer überdurchschnittlich stärkeren Belastung ausgesetzt gewesen. Die berufliche Einwirkung habe sicher auch einen Teil zu den Bandscheibenvorfällen im LWS-Bereich beigetragen, jedoch müssten die genannten berufskrankheitsunabhängigen Vorerkrankungen als wesentliche Ursache angesehen werden, die berufliche Einwirkung sei nicht die rechtlich wesentliche Teilursache.

Mit Bescheid vom 06.08.1996 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zwischen den beruflichen Einwirkungen und der Erkrankung der Lendenwirbelsäule bestehe kein wesentlich ursächlicher Zusammenhang. Bei der Erkrankung der Halswirbelsäule fehle es an den notwendigen beruflichen Belastungen.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und einen Befundbericht des Orthopäden Dr.S. vom 19.11.1996 vor, wonach sich bei ihm ungewöhnlich schwere degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, insbesondere der Lendenwirbelsäule fänden. Diese seien nicht alleine durch die Aufbaustörung der Lendenwirbelsäule im Rahmen der Assimilationsstörung L 5/S 1 zu erklären, insbesondere seien alle drei Abschnitte der Wirbelsäule ergriffen, vor allen Dingen auch die mittlere und untere Brustwirbelsäule. In Anbetracht des klinischen und röntgenologischen Befundes und der Vorgeschichte liege eine Berufskrankheit vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.1997 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Das Sozialgericht hat die hiergegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.02.1999 als unbegründet abgewiesen. Berufskrankheiten nach Nrn.2108 und 2109 der Anlage zur BKVO lägen nicht vor. Insoweit hat sich das Gericht den Ausführungen der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen angeschlossen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt, den Gerichtsbescheid vom 23.02.1999 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 06.08.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.09.1997 zu verurteilen, die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Chirurgen Dr.N. vom 11.06.2000. Der Sachverständige wendet sich gegen die Einschätzungen des Sachverständigen Prof.Dr.B ... Es lägen degenerative Veränderungen im gesamten Wirbelsäulenbereich vor, jedoch eine deutlich stärkere Ausprägung im Lendenwirbelsäulenbereich, im Bereich des thorakolumbalen Überganges und im Bereich der unteren Halswirbelsäule. Man könne deshalb von einer besonders starken Ausprägung der degenerativen Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich sprechen. Sicherlich liege keine gleichmäßige, auf den ganzen Wirbelsäulenbereich verteilte Degeneration aller Bewegungssegmente vor, welche gegen das Vorliegen einer BK 2108 sprechen würde. Die Hinweise für einen vorbestehenden Morbus Scheuermann könne er auf den Röntgenaufnahmen nicht nachvollziehen. Die zur Diagnosesicherung geforderten röntgenologischen Kriterien wie Grund- und Deckplattenunregelmäßigkeiten, Einbruch von Grund- und Deckplatten mit sogenannten Schmorl schen Knötchen seien nicht oder allenfalls nur in sehr diskreter Ausprägung zu finden. In den am meisten befallenen und schwerst degenerativ veränderten Bewegungssegmenten L 2/L 3 und L 3/L 4 fänden sich überhaupt keine Hinweise für eine derartig vorbestehende Erkrankung. Die Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien berufsbedingt erworben worden. Die berufliche Disposition mit schwerer Dauerbelastung über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren sei die wesentliche Ursache für das Entstehen der bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Mangels früherer Feststellungen müsse die jetzt zweifellos vorliegende deutliche skoliotische Fehlhaltung der BWS und LWS als erworben angesehen werden. Sie sei somit eher Folge einer zunehmend degenerativen Schädigung der Bandscheiben und der Bewegungssegmente im LWS-Bereich und nicht Ursache. Der Rückschluss von den rezidivierenden Gelenkbeschwerden an Knie, Hüfte und Sprunggelenken auf die nachfolgenden schweren degenerativen Veränderungen im Bereich der Bandscheiben und der Lendenwirbelsäule halte er für überzogen. Bezüglich der Übergewichtigkeit sei das Körpergewicht des Erkrankten zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung herangezogen worden. Zum Zeitpunkt der berufsbedingten Belastung der Wirbelsäule habe jedoch mit Sicherheit kein derart ausgeprägtes Übergewicht vorgelegen. Für eine Berufskrankheit spreche auch der zeitliche Ablauf zwischen der Entwicklung des Schadensbildes und dem erstmaligen Auftreten einer Symptomatik. Die berufliche Belastung habe 1958 begonnen, erstmalige Wirbelsäulenbeschwerden seien 1962 aufgetreten.

Hiergegen hat für die Beklagte der Orthopäde Dr.K. am 22.08.2000 Stellung genommen. Er legt anhand der bildlichen Befunde dar, dass die Diagnose einer lumbalen Scheuermannskoliose an der Wirbelsäule zu stellen sei. Die Beschwerden im Bereich der Kniegelenke und die etwaig bestehende Übergewichtigkeit seien für die Beurteilung der Kausalität im vorliegenden Versicherungsfall von untergeordneter Bedeutung. Die spondylotischen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule seien als erheblich anzusehen. Die an der mittleren Brustwirbelsäule gefundenen spondylotischen Ausziehungen und die insbesondere vorderseitig erheblichen Verschmälerungen der Bandscheibenzwischenräume der BWS seien nicht als gering und alterskonform anzusehen. Die Abnutzungserscheinungen im Bereich der Halswirbelsäule seien bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage sehr wohl bedeutsam. Zu den sehr schweren degenerativen Veränderungen von HWK 5 und 6 sei noch zusätzlich ein weiter nach oben gelegenes Segment bandscheibenbedingt verändert, nämlich der Bandscheibenzwischenraum HWK 3/4. Es liege somit eine Abnützungserkrankung aller drei Wirbelsäulenabschnitte vor, wobei die Veränderungen an der Lendenwirbelsäule im Vordergrund stünden. Es liege eine kurzbogige Scheuermannskoliose nach abgelaufener Scheuermann scher Erkrankung der oberen Lendenwirbelsäule vor, wobei sehr wohl Schmorl sche Knorpelimprimate bei BWK 12, LWK 1 und LWK 2 sowie LWK 3 zu sehen seien, sowie eine deutliche Keilwirbelbildung an der oberen Lendenwirbelsäule und teilweise auch bei BWK 12. Hier sei im Rahmen eines schicksalshaften Krankheitsbildes eine erhebliche berufsfremde Fehlstatik an der LWS entstanden. Dies habe ein diffus über die Brust- und Lendenwirbelsäule verteiltes Krankheitsbild ergeben, welches bereits im 18. Lebensjahr des Versicherten begonnen habe und immer wieder zu ärztlicher Behandlung Anlass gegeben habe. Die Diagnosen und der Krankheitsverlauf sprächen gegen eine berufsbedingte Entstehung der Veränderungen an der Lendenwirbelsäule.

Hierzu hat der Sachverständige Dr.N. im Gutachten vom 14.11.2000 im Wesentlichen Erörterungen über die Bewertung der Ausmaße der degenerativen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule vorgetragen. Die Diagnose eines lumbalen Morbus Scheuermann könne sicherlich kontrovers diskutiert werden, die Folgezustände hätten jedoch kein größeres Ausmaß.

Hierzu hat wiederum für die Beklagte der Chirurg Dr.G. in einem Gutachten vom 16.01.2001 Stellung genommen. Zusammenfassend führt er aus, nach dem Gutachten des Dr.N. hätten sich LWS-Beschwerden schon im Alter von 21 Jahren eingestellt und damit bereits zwei bis drei Jahre nach Aufnahme der Maurertätigkeit. Eine BK 2108 könne aber grundsätzlich nur dann anerkannt werden, wenn sich die Bandscheibendegeneration frühestens zehn Jahre nach Beginn der Tätigkeit manifestiere. Vielfach werde sogar eine Zeitspanne von 20 Jahren gefordert. Aus dem Gutachten des Prof.Dr.B. ergebe sich sogar, dass nach eigenen Aussagen des Versicherten schon 1959 statische LWS-Beschwerden eingetreten seien, also schon vor Aufnahme der Maurertätigkeit. (Dies deckt sich mit den Erstangaben des Klägers gegenüber der Beklagten bezüglich seines Krankheitsverlaufes.) Dr.G. führt weiter aus, von den Verschleißvorgängen seien alle drei Abschnitte des Achsenorgans betroffen, also auch die belastungsfernen Abschnitte der HWS und der BWS. Es liege also eine Erkrankungsbereitschaft für vorzeitige Aufbrauchschäden der Bandscheiben vor. Die Erkrankungsbefunde an der Halswirbelsäule seien keineswegs unbedeutend und nicht geringer als die an der LWS. Durch die degenerativen Veränderungen belastungsferner Wirbelsäulenabschnitte dokumentiere sich somit eine eigenständige Bandscheibenerkrankung innerer Ursache. Wie an der HWS spreche auch die deutlich verstärkte Chondrose an der BWS für die endogene Erkrankungsbereitschaft. Eine wesentliche konkurrierende Ursache stelle im vorliegenden Fall auch der Morbus Scheuermann an der unteren BWS und der oberen LWS dar. An der Diagnose könne kein Zweifel bestehen. Eine weitere erhebliche konkurrierende Ursache stelle die deutliche skoliotische Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule dar. Die statischen Beschwerden seien bereits seit 1958 bekannt. Nicht berücksichtigt sei die Tatsache eines lumbosakralen Übergangswirbels. Dieser wesentliche Befund sei erstmals in den Ausführungen des Orthopäden Dr.K. ausgeführt. Bei Berücksichtigung der Anamnese, vor allem aber der konkurrierenden Ursachen aus medizinischer Sicht, könne eine BK 2108 nicht angenommen werden.

Hierzu hat Dr.N. mit Gutachten vom 26.04.2001 erneut Stellung genommen. Die stärksten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen fänden sich im Lendenwirbelsäulenbereich und hier wiederum am deutlichsten ausgeprägt im unteren Abschnitt. Gerade diese seien jedoch besonders stark belastet. Die Veränderungen als Folge eines Morbus Scheuermann seien allenfalls als sehr diskret anzusprechen. Wenn auch die Schädigung der Brustwirbelsäule nicht unter die BKVO falle, so sei deswegen nicht grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und Verschleißvorgang auszuschließen. Im Vergleich zu den degenerativen Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich seien die Veränderungen im Brustwirbelsäulenbereich deutlich geringer ausgeprägt. Ein lumbosakraler Übergangswirbel sei korrekterweise nicht berücksichtigt worden, er liege nämlich nicht vor, sondern eine Aplasie, d.h. Nichtanlage der 12. Rippe. Zusammenfassend bleibt der Sachverständige bei seiner bisherigen Einschätzung.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.S. vom 05.12.2001 eingeholt. Dieser führt aus, beim Kläger lägen schwere Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule vor. Es fänden sich auch fortgeschrittene degenerative Veränderungen in der Halswirbelsäule und zwar im Bereich der ersten Segmente - wohl als Folge eines Berstungsbruches des 1. Halswirbelkörpers. Die weiter unten liegenden Verschleißerkrankungen, vor allem im Bereich der Segmente zwischen 5. und 6. Halswirbel sowie zwischen 6. und 7. Halswirbel lägen dort, wo sie bei fast allen im Alter von 60 Jahren zu finden seien. Sie seien beim Kläger fortgeschritten, jedoch für einen 60-Jährigen nicht ungewöhnlich schwer. In der Brustwirbelsäule fänden sich eigentlich relativ geringe Verschleißerscheinungen, die durchaus als altersentsprechend bewertet werden könnten. Dass die Veränderungen der Lendenwirbelsäule auf eine anlagebedingte Schwäche des Bewegungsapparates zurückzuführen seien, sei nicht zutreffend. Der von Prof. Dr.B. angeführte Flachrücken bestehe überhaupt nicht. Es bestünden Zeichen einer sogenannten Scheuermann schen Erkrankung vornehmlich am Brust-Lendenwirbelsäulen-Übergang. Sie stünden nicht in Konkurrenz zu der erheblichen Belastung der Lendenwirbelsäule durch das Arbeitsleben. Dies gelte auch für die leichte Seitverbiegung der Wirbelsäule. Dass bei dem Untersuchten seit dem 18. Lebensjahr Rückenschmerzen bestünden, sei nicht nachzuvollziehen. Der Kläger schildere eine Zunahme der Beschwerden während des gesamten Arbeitslebens. Dies passe viel eher zu durch das Arbeitsleben erworbenen Veränderungen. Auch das Körpergewicht bilde keinen konkurrierenden Faktor bezüglich der Entwicklung von Abnutzungsveränderungen der Wirbelsäule. Sämtliche Voraussetzungen für die Entwicklung und Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten seien erfüllt und diese Erkrankung sei auch in ungewöhnlicher Schwere nachzuweisen, wobei die Veränderungen der Lendenwirbelsäule deutlich schwerer wögen als die der Brustwirbelsäule und der Halswirbelsäule.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Augsburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Folge einer Berufskrankheit.

Die Entscheidung in dem Rechtsstreit richtet sich nach den Vorschriften der RVO, weil die Anspruchsgrundlage der Nr.2108 der Anlage zur BKVO zum Eintritt des Versicherungsfalles das Unterlassen aller Tätigkeiten erfordert, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können und eine solche Tätigkeitsaufgabe vor dem 01.01.1997 erfolgt ist (§ 212 SGB VII).

Nach § 551 Abs.1 RVO i.V.m. Nr.2108 der Anlage zur BKVO sind Berufskrankheiten auch bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entscheidung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Die nach dieser Vorschrift geforderten Belastungen liegen beim Kläger nach den Ermittlungen der Beklagten vor, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht die Ursächlichkeit dieser Belastungen für die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Gutachten des Prof.Dr.B. , des Dr.K. und des Dr.G. , die, auch wenn sie von der Beklagten eingeholt sind, der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden können (vgl. BSG SozR Nr.66 zu § 128 SGG). Den Gutachten des Dr.N. und des Dr.S. folgt der Senat nicht, sie sind durch die erstgenannten Sachverständigen überzeugend in Frage gestellt worden. Bezüglich der erhobenen Befunde an der Wirbelsäule des Klägers bestehen - mit Ausnahme der Frage eines lumbosakralen Übergangswirbels - zwischen allen Sachverständigen im Wesentlichen keine Unterschiede. Streit besteht darüber, wie schwer die jeweiligen Veränderungen der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule des Klägers einzuschätzen sind. Hierbei sind die Sachverständigen Dr.N. und insbesondere Dr.S. sichtlich bemüht, diese Veränderungen in ihrer Ausprägung zum einen dadurch zu relativieren, dass die der Lendenwirbelsäule doch größer seien, was allerdings auch von den übrigen Sachverständigen angenommen wird, und dass sie wenigstens teilweise durch berufliche Belastungen bzw. durch einen Unfall erworben seien. Letztere Gesichtspunkte sind zur Relativierung untauglich. Sie können allenfalls zur Abwägung jener Gesichtspunkte herangezogen werden, die für oder gegen das berufsbedingte Entstehen einer bandscheibenbedingten Erkrankung an der Lendenwirbelsäule sprechen. Lässt man diese Gesichtspunkte jedoch weg, ergibt sich nach Durchsicht aller Gutachten, dass die vergleichenden Zustandsbeschreibungen des Prof.Dr.B. zutreffend sind. Ferner müssen mit Ausnahme der nicht hinreichend bewiesenen Übergewichtigkeit während des Berufslebens und der von allen übrigen Sachverständigen nicht angenommenen Relevanz der Gelenksbeschwerden für die Wirbelsäulenveränderungen die gegen eine Berufskrankheit an der Lendenwirbelsäule sprechenden Faktoren als durchgreifend angesehen werden. Das Vorliegen einer Scheuermann schen Erkrankung kann von den Sachverständigen Dr.N. und Dr.S. letztlich nicht mehr in Abrede gestellt werden. Es liegt nach der aktenkundigen Entwicklungsgeschichte auch ein erstmaliges Auftreten von Wirbelsäulenbeschwerden vor Aufnahme der belastenden Tätigkeit vor. Auch das Vorliegen einer lumbosakralen Übergangsstörung muss als bewiesen angesehen werden. Die entgegenstehende Annahme des Dr.N. wird von keinem anderen Sachverständigen bestätigt, hingegen findet sich eine entsprechende Feststellung bereits im November 1996. In seinem Gutachten selbst geht Dr.S. auf diese Diagnose wiederum nicht ein. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte verbleiben bei den Sachverständigen Dr.N. und Dr.S. ohne die Berücksichtigung von gegen eine Berufskrankheit sprechenden Faktoren nur die Argumente des Bestehens einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule und einer entsprechenden beruflichen Belastung. Eine überzeugende Abwägung der für und gegen einen wesentlichen Kausalzusammenhang sprechenden Faktoren ist den Gutachten dann nicht mehr zu entnehmen. Ihnen kann deshalb nicht gefolgt werden.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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