Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 425/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 158/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am 1959 geborene Klägerin erlitt am 26.10.1995 gegen 7.4o Uhr auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz einen Unfall, als ein anderes Fahrzeug ihren Wagen auf der rechten Seite rammte.
Am gleichen Tag suchte sie um 8.54 Uhr den Durchgangsarzt, den Chirurgen Dr.B. , auf, der einen muskulären Hartspann der Schulter-Nackenmuskulatur, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS, regelrechten Reflexstatus der oberen Extremitäten ohne sensible Ausfälle, ohne auffallende Muskelminderung feststellte und ein HWS-Schleudertrauma diagnostizierte. Er wies darauf hin, dass bereits 1981 ein HWS-Schleudertrauma vorgelegen habe.
Am 17.11.1995 untersuchte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.N. die Klägerin und stellte die Diagnosen: Irritation der Wurzeln C 5/6 links und des Halsmarks bei Zustand nach HWS-Distorsion mit diskoligamentärer Verletzung HWK 5/6. Nach einem beschwerdefreien Intervall von etwa einer Dreiviertelstunde habe die Klägerin ein Ziehen im Nacken bemerkt. In der Folge sei es zu zunehmenden Schmerzen gekommen. Nach einer HWS-Verletzung 1991 sei die Klägerin jahrelang beschwerdefrei gewesen. Klinisch-neurologisch sei von einer Irritiation der Wurzeln C 5 und 6 links mit leichtem sensiblen Defizit auszugehen. Außerdem bestehe der dringende Verdacht auf eine intermittierende Irritation des Halsmarks mit lageabhängigen Parästhesien im Becken und Beinbereich.
Im Nachschaubericht vom 22.11.1995 führte der Neuro-Chirurg Dr.M. aus, die Klägerin habe angegeben, dass ca. 45 Minuten nach dem Unfall Cervicalbeschwerden mit Kopfschmerzen auf- discoligamentärer Schaden C 5/6 als Folge des Unfalls. Das Kernspintomogramm der Halswirbelsäule von Dr.V. vom 14.11.1995 zeige einen deutlichen discoligamentären Schaden C 5 bis 6 mit relativer Instabilität.
Nach einer weiteren Untersuchung vom 19.02.1996 führte Dr.N. aus, es sei eine Irritation der Wurzeln C 5 und 6 links sowie des Halsmarks bei Zustand nach HWS-Distorsion mit discoligamentärer Verletztung HWK 5/6 festzustellen. Mit einem eher protrahierten Heilungsverlauf sei zu rechnen. Bei insgesamt gebesserten Schmerzbeschwerden bestehe ein sensibles Defizit C 6, geringer auch C 5 links. Klinisch fassbare Paresen bestünden nicht, doch fänden sich myografisch diskrete Hinweise auf akute Denervierung im Myotom C 6, was eine entsprechende geringgradige Wurzelschädigung bestätige.
Nach stationärer Behandlung vom 04.01.1996 bis 15.02.1996 in der Fachklinik E. wurde im Abschlussbericht mitgeteilt, die Beschwerden hätten sich insgesamt gebessert. Ca. eine Stunde nach dem Unfall vom 26.10.1995 sei es zu einem Spannungsgefühl im Nackenbereich gekommen. Nach anfänglicher Besserung sei ca. 2 1/2 Wochen später beim Versuch, die Halskrause abzutrainieren, eine deutliche Schmerzverstärkung eingetreten. Jetzt bestünden Schmerzausstrahlung in den linken Arm, teils bis zum Daumen, Gefühlsstörungen im Steißbeinbereich, in den Armen und Beinen, bei bestimmter Kopfhaltung.
Am 28.02.1996 erklärte Dr.M. , neurologisch fänden sich zur Zeit keine Auffälligkeiten.
Aus den Unterlagen der AOK Kempten sind Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Cephalgie Juli 1989, myogeloser Wirbelsäule November 1989, Migräne Januar 1990, degenerativer Wirbelsäulenverände- HWS-Distorsion und Schulterprellung April 1991, Cervikalsyndrom August 1991, akutem HWS-Syndrom 05.10. bis 13.10.1995 und HWS-Schleudertrauma 26.10. bis 30.12.1995 vermerkt.
Im Durchgangsarztbericht vom Tag des Unfalles vom 08.04.1991 führte der Chirurg Prof.Dr.M. aus, die Halswirbelsäule sei in ihrer Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt mit paravertebralem Hartspann, erheblichem Klopf- und Stauchschmerz und deutlicher Schmerzausstrahlung in die rechte Schulter. Ein neurologisches Defizit sei nicht festzustellen.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.W. erklärte im Schreiben vom 22.11.1995, am 30.06.1995 habe er krankengymnastische Behandlung wegen chronisch rezidivierender Beschwerden im unteren HWS-Bereich verordnet. Die röntgenologischen Untersuchungen hätten degenerative Veränderungen, vor allem im Bereich C 5/C 6, gezeigt. Ob dies Folge des Verkehrsunfalls von 1991 sei, könne nicht beurteilt werden, da Voraufnahmen nicht vorlägen. Auffällig erscheine jedoch, dass vor diesem Unfall über Beschwerden im HWS-Bereich nicht geklagt worden sei. Zwischenzeitlich seien gelegentlich HWS-Myogelosen und rezidivierende Blockierungen festgestellt worden. Vorbestehend sei eine Hypermobilität des gesamten Bandapparates mit rezidivierenden Blockierungen im Lumbalbereich.
Im Gutachten vom 23.09.1996 führte der Chirurg Prof.Dr.B. aus, zum Zeitpunkt des Unfalls vom 26.10.1995 habe ein vorgeschädigtes Bewegungssegment C 5/C 6 vorgelegen. Die Röntgenfilme vom Unfalltag zeigten Degenerationen im Sinne von retrospondylären Exophyten auf Höhe C 5/6 sowie Zeichen der vorbestehenden Facettenarthrose C 5/6, leichtgradiger auch C 6/7. Die röntgenologischen Veränderungen seien auch heute in etwa gleicher Lokalisation und Stärke objektivierbar. Im Kernspintomogramm zeige sich neben der Impression des Duralsackes auf Höhe C 5/6 die Abbildung einer dorsalen Stenosierung bei Reklination des Kopfes. Auch dieses Zeichen bestätige eine degenerative Einengung des spinalen Raumens. Im Hinblick auf das etwa einstündige beschwerdefreie Intervall und das Fehlen neurologischer Symptome sei nur von einer Zerrung der HWS-Muskulatur auszugehen; der Bandscheibenschaden C 5/6 sei dagegen zum Unfallzeitpunkt wahrscheinlich schon gegeben gewesen.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.N. führte im Gutachten vom 16.09.1996 aus, motorische und sensible Ausfälle seien erst Monate nach dem Unfallereignis eindeutig nachweisbar gewesen. Eine drei Wochen nach dem Unfall durchgeführte elektromyographische Zusatzuntersuchung habe keine pathologische Spontanaktivität in der durch die fünfte oder sechste Halsnervenwurzel versorgten Muskulatur am linken Arm ergeben, sondern diese sei erst bei der Untersuchung am 19.02.1996 nachweisbar gewesen. Dieser Verlauf spreche eindeutig gegen eine beim Unfall erlittene Verletzung an den Nervenwurzeln C 5 oder C 6. Berücksichtige man den Schweregrad der eingetretenen HWS-Verletzung, die vorbestehenden degenerativen Veränderungen und deren Lokalisation, die bereits vor dem Unfall wiederholt zu Beschwerden und auch zu einer Arbeitsunfähigkeit bis knapp 14 Tage vor dem Unfall geführt hätten, so werde ohne weiteres deutlich, dass die Wochen nach dem Unfall eingetretene Beschwerdesymptomatik auf diese vorbestehenden schicksalhaften Veränderungen der HWS zurückzuführen sei und nicht dem Unfallereignis angelastet werden könnte, auch nicht im Sinne der Verschlimmerung. Für die weiteren vielfältigen subjektiven Beschwerden habe sich auch bei früheren Untersuchungen kein entsprechendes organ-pathologisches Korrelat nachweisen lassen, sondern diese seien persönlichkeitsbedingt.
Mit Bescheid vom 23.06.1997 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an, lehnte aber die Gewährung einer Rente ab, da eine MdE in rentenberechtigendem Grad über die 13. Woche hinaus nicht vorgelegen habe.
Den Widerspruch vom 10.07.1997 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.1997 zurück.
Hiergegen hat sich die Klage vom 27.11.1997 zum Sozialgericht Augsburg gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin am 08.04. 1999 vorgetragen hat, sie sei seit dem Unfalltag nicht schmerzfrei, habe keinerlei Gefühl in den Fingern, ausstrahlende Schmerzen in Schultern und Armen, ständig starke Verspannungen und des öfteren auch Taubheitsgefühl in der rechten Gesichtshälfte, außerdem rutschten wöchentlich zwei- bis dreimal sämtliche Brustwirbel heraus.
Im Bericht vom 08.04.1999 hat Dr.N. ausgeführt, bei Zustand nach HWS-Distorsion mit diskoligamentärer Verletzung persistierten chronische cerviko-brachiale und cerviko-cephale Schmerzen. Die geklagten Prästhesien legten cervikale Wurzelirritationen nahe, allerdings beträfen die Parästhesien im Gegensatz zu den Voruntersuchungen eher die Dermatome C 7 und 8 links, wofür sich kernspintomographisch kein morphologisches Korrelat finde. Vereinbar mit der Verletzungsebene HWK 5 /6 seien die Parästhesien im Schulterbereich rechts. Klinisch fände sich jedoch kein radikuläres sensomotorisches Defizit. Die myographischen Befunde seien unauffällig. Zwar seien die angegebenen Parästhesien der Beine grundsätzlich vereinbar mit einer Halsmarkirritation, doch gebe es weder klinisch noch elektrophysiologisch und kernspintomographisch Hinweise für eine Halsmarkschädigung.
Der Neuro-Chirurg Dr.H. hat am 13.01.1999 attestiert, die Klägerin sei erstmals am 12.05.1998 in seiner Behandlung gewesen. Der Bandscheibenvorfall könne nur bedingt auf einen degenerativen Grundprozess der HWS zurückgeführt werden. Der Autounfall sei sicher zu mehr als 50 % an den Beschwerden der Klägerin beteiligt.
Dr.B. hat im Attest vom 15.04.1999 nochmals auf ein Schleudertrauma von 1981 hingewiesen. Bei der letzten Untersuchung im März 1999 habe sich eine beidseits verspannte Nacken/Schultermuskulatur mit tastbaren Myogelosen gezeigt. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei in allen Richtungen schmerzhaft eingeschränkt. Es bestehe keine auffallende Minderung der Muskelummantelung im Schultergürtel oder im Bereich der oberen Extremitäten. Die Reflexe seien regelrecht nachweisbar. Sichere Parästhesien im Bereich der oberen Extremitäten hätten sich nicht nachweisen lassen. Ob der jetzige Zustand ausschließlich Folge des Arbeitsunfalls sei, oder ob bereits eine Vorschädigung infolge des Arbeitsunfalls von 1981 vorliege, sei nur durch ein Gutachten zu klären. Eine wesentliche Verschlechterung durch den Unfall sei mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Prof.Dr.M. hat im Gutachten vom 21.08.1999 ausgeführt, die exakte Analyse des Unfallmechanismus lasse erhebliche Zweifel am Umfang der Gewalteinwirkung auf die HWS offen. Postaccidentiell habe ein ca. 45 Minuten dauerndes beschwerdefreies Intervall vorgelegen, so dass nicht von einer lückenlosen Brückensymptomatik ausgegangen werden könne. Ein bis dahin latenter, degenerativ bedingter Bandscheibenschaden im Bereich der Halswirbelsäule sei im Rahmen der Gelegenheitsursache symptomatisch geworden. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Bandscheibenvorfall sei nicht zu bejahen. Die Gutachten von Prof.Dr.B. und Dr.N. seien voll zu bestätigen. Das aktuelle subjektive Beschwerdebild sei nicht auf den Unfall zurückzuführen.
Mit Urteil vom 10.02.2000 hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof.Dr. M. abgewiesen.
Mit der Berufung vom 12.04.2000 macht die Klägerin weiterhin geltend, die Beschwerden seien Folge des Arbeitsunfalles. Die Behauptung von Prof.Dr.M. , es habe ein beschwerdefreies Intervall vorgelegen, sei nicht eindeutig nachgewiesen. Im Hinblick auf den erheblichen Sachschaden am Fahrzeug der Klägerin seien die Verletzungen zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Es sei auch nicht widerlegt, dass vor dem Unfall Beschwerdefreiheit vorgelegen habe. Vorschädigungen seien durch Röntgenaufnahmen nicht nachgewiesen. Im Übrigen habe Prof.Dr.M. die Klägerin nicht selbst untersucht.
Auf Anfrage teilt Prof.Dr.M. im Schreiben vom 07.12. 2000 mit, er habe Dr.W. , der erster Oberarzt und sein Vertreter in klinischer und organisatorischer Hinsicht sei, einen Teil der Tätigkeiten zur Gutachtenserstellung, z.B. Exploration und Messung überlassen und einen Gutachtensentwurf mit ihm durchgearbeitet. Seine persönliche fachliche und rechtliche Verantwortung für den gesamten Inhalt des Gutachtens sei durch seine Gegenzeichnung gewahrt.
Im Attest vom 27.1.1999 führt Dr.B. aus, das schmerzhafte Wirbelsäulensyndrom sei mit Wahrscheinlichkeit Folge des Unfalls vom Oktober 1995.
Vom 12.04. bis 10.05.01 befand sich die Klägerin in der Fachklinik E. , wo die Diagnosen gestellt wurden: Cerviko-Cephalgien/Brachialgien mit Instabilitätsgefühl der HWS, Zustand nach dreimaligem HWS-Distorsionstrauma 1991, 1995 und April 2000, rezidivierende Blockierungen der gesamten Wirbelsäule, Erschöpfungssyndrom bei privater und beruflicher Belastungssituation.
Die Klägerin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 13.10.2000.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherunsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII i.V.m. mit § 580 RVO).
Ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 548 Abs.1 RVO einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Begriff des Unfalls erfordert ein äußeres Ereignis, d.h., einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang, der rechtlich wesentlich den Körperschaden verursacht hat (vgl. BSGE 23, 139). Das äußere Ereignis muss mit der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängen. Dabei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, d.h., sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt nur insoweit, als der ursächliche Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden und zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie der Zusammenhang betroffen ist, der im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der maßgebenen Verletzung bestehen muss (vgl. Krasney VSSR 1993, 81, 114).
Der Arbeitsunfall der Klägerin vom 26.10.1995 hat keine bleibenden Gesundheitsstörungen, die eine MdE von wenigstens 20 v.H. der Vollrente bedingen würden, zurückgelassen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem schlüssigen Gutachten Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr.B. und Dr. N. , die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden.
Unstreitig hat die Klägerin am 26.10.1995 einen Unfall erlitten, der aber nicht ursächlich für die von ihr jetzt geklagten Beschwerden ist.
Bei einer Seitenkollision wie im Fall der Klägerin sind Verletzungen der Halswirbelsäule selten, da diese über eine gute innere Abstützung gegen seitliche Überbelastungen verfügt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin Arbeits- und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S.517). Für eine nur leichtgradige Distorsion spricht auch die Tatsache, dass die Klägerin in der Lage war, mit dem Fahrzeug die Fahrt zur 7 km entfernten Kfz-Werkstatt fortzusetzen, der Schadensumfang am Wagen also nicht erheblich war.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls das betroffene Bewegungssegment C 5/6 bereits vorgeschädigt war. Hierfür spricht die Aufstellung der AOK Kempten über die Arbeitsunfähigkeitzeiten der Klägerin mit Befunden wie akute Cephalgie, myolegose Wirbelsäule, Migräne, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, HWS-Distorsion 1991 und insbesondere zuletzt akutes HWS-Syndrom 05.10.1995 bis 13.10.1995. Der behandelnde Arzt Dr.W. hat auf eine am 30.06.1995 verordnete krankengymnastische Behandlung wegen chronisch-rezidivierender Beschwerden im unteren HWS-Bereich und auf degenerative Veränderungen vor allem im Bereich C 5/C 6 hingewiesen. Wie Prof.Dr.B. betont, zeigt die Kernspintomographie neben der Impression des Duralsackes auf Höhe C 5/6 eine dorsale Stenosierung bei Reklination des Kopfes. Dieses Zeichen bestätigt eine degenerative Einengung des spinalen Raumes. Die degenerativen Veränderungen an den Wirbelhinterkanten bzw. an den Facettengelenken belegen ebenfalls eine Degeneration im Bereich C 5/6.
Eine leichte Zerrung der Halswirbelsäule geht in aller Regel nicht mit einer Schädigung an den Strukturen des Nervensystems einher. Dementsprechend war die Klägerin in unmittelbarem Anschluss an den Unfall zunächst beschwerdefrei und entwickelte nach einer Latenz von einer 3/4-Stunde lokale Nackenbeschwerden. Das beschwerdefreie Intervall hat die Kägerin selbst gegenüber Dr.N. , Dr.M. , in der Reha-Klinik E. und gegenüber Prof.Dr.B. angegeben.
Eine neurologische Begleitsymptomatik wurde vom erstbehandelnden Arzt Dr.B. nicht festgestellt. Erst nach zwei bis drei Wochen kam es zu erneuten Beschwerden an der Halswirbelsäule, die sich im Laufe der nächsten Monate ausweiteten. Für eine Schädigung des Rückenmarks durch den Unfall ergab die Kernspintomographie, wie Dr.N. betont, keinerlei Anhaltspunkt. Auch die weiteren neuro-physiologischen Untersuchungen konnten eine Rückenmarkschädigung nicht objektivieren. Motorische und sensible Ausfälle waren erst Monate nach dem Unfallereignis eindeutig nachweisbar. Insbesondere ergab eine drei Wochen nach dem Unfall durchgeführte elektromyographische Untersuchung keine pathologische Spontanaktivität in der durch die 5. und 6. Halsnervenwurzel versorgte Muskulatur am linken Arm. Eine derartige Spontanaktivität war erst bei der Untersuchung vom 19.02.1996 nachweisbar. Dieser Verlauf spricht, wie Dr.N. darlegt, eindeutig gegen eine beim Unfallereignis vom 26.10.1995 erlittene begleitende Verletzung an den Nervenwurzeln C 5 oder C 6. Die erst Wochen nach dem Unfall eingetretene Beschwerdesymptomatik ist auf die schicksalhaften Veränderungen der Halswirbelsäule zurückzuführen, dagegen nicht auf den Unfall vom 26.10.1995.
Der degenerativ bedingte Bandscheibenschaden wurde im Anschluss an den Unfall wieder symptomatisch, ohne dass neben dem zeitlichen Zusammenhang ein Kausalzusammenhang gegeben wäre.
Auch der behandelnde Arzt Dr.N. weist im Bericht vom 08.04.1999 darauf hin, dass die von der Klägerin angegebenen Parästhesien zwar cervikale Wurzelirritationen nahe legen, aber die Dermatome C 7 und 8 links betreffen, die vom Unfall nicht berührt waren. Im Übrigen findet sich, wie Dr.N. betont, kernspintomographisch hierfür kein morphologisches Korrelat. Dr.N. bezeichnet die Parästhesien im Schulterbereich zwar als topisch vereinbar mit der Verletzungsebene HWK 5/6, weist aber darauf hin, dass sich klinisch kein radikuläres sensomotorisches Defizit findet und die myographischen Befunde unauffällig sind.
Die angegebenen Parästhesien der Beine sind grundsätzlich vereinbar mit einer Halsmarkirritation, doch gibt es weder klinisch noch elektrophysiologisch oder kernspintomographisch Hinweise für eine Halsmarkschädigung. Die von Dr.B. angenommene Verschlechterung durch das Unfallereignis wird von ihm nicht begründet, so dass die bloße Annahme nicht überzeugen kann.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am 1959 geborene Klägerin erlitt am 26.10.1995 gegen 7.4o Uhr auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz einen Unfall, als ein anderes Fahrzeug ihren Wagen auf der rechten Seite rammte.
Am gleichen Tag suchte sie um 8.54 Uhr den Durchgangsarzt, den Chirurgen Dr.B. , auf, der einen muskulären Hartspann der Schulter-Nackenmuskulatur, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS, regelrechten Reflexstatus der oberen Extremitäten ohne sensible Ausfälle, ohne auffallende Muskelminderung feststellte und ein HWS-Schleudertrauma diagnostizierte. Er wies darauf hin, dass bereits 1981 ein HWS-Schleudertrauma vorgelegen habe.
Am 17.11.1995 untersuchte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.N. die Klägerin und stellte die Diagnosen: Irritation der Wurzeln C 5/6 links und des Halsmarks bei Zustand nach HWS-Distorsion mit diskoligamentärer Verletzung HWK 5/6. Nach einem beschwerdefreien Intervall von etwa einer Dreiviertelstunde habe die Klägerin ein Ziehen im Nacken bemerkt. In der Folge sei es zu zunehmenden Schmerzen gekommen. Nach einer HWS-Verletzung 1991 sei die Klägerin jahrelang beschwerdefrei gewesen. Klinisch-neurologisch sei von einer Irritiation der Wurzeln C 5 und 6 links mit leichtem sensiblen Defizit auszugehen. Außerdem bestehe der dringende Verdacht auf eine intermittierende Irritation des Halsmarks mit lageabhängigen Parästhesien im Becken und Beinbereich.
Im Nachschaubericht vom 22.11.1995 führte der Neuro-Chirurg Dr.M. aus, die Klägerin habe angegeben, dass ca. 45 Minuten nach dem Unfall Cervicalbeschwerden mit Kopfschmerzen auf- discoligamentärer Schaden C 5/6 als Folge des Unfalls. Das Kernspintomogramm der Halswirbelsäule von Dr.V. vom 14.11.1995 zeige einen deutlichen discoligamentären Schaden C 5 bis 6 mit relativer Instabilität.
Nach einer weiteren Untersuchung vom 19.02.1996 führte Dr.N. aus, es sei eine Irritation der Wurzeln C 5 und 6 links sowie des Halsmarks bei Zustand nach HWS-Distorsion mit discoligamentärer Verletztung HWK 5/6 festzustellen. Mit einem eher protrahierten Heilungsverlauf sei zu rechnen. Bei insgesamt gebesserten Schmerzbeschwerden bestehe ein sensibles Defizit C 6, geringer auch C 5 links. Klinisch fassbare Paresen bestünden nicht, doch fänden sich myografisch diskrete Hinweise auf akute Denervierung im Myotom C 6, was eine entsprechende geringgradige Wurzelschädigung bestätige.
Nach stationärer Behandlung vom 04.01.1996 bis 15.02.1996 in der Fachklinik E. wurde im Abschlussbericht mitgeteilt, die Beschwerden hätten sich insgesamt gebessert. Ca. eine Stunde nach dem Unfall vom 26.10.1995 sei es zu einem Spannungsgefühl im Nackenbereich gekommen. Nach anfänglicher Besserung sei ca. 2 1/2 Wochen später beim Versuch, die Halskrause abzutrainieren, eine deutliche Schmerzverstärkung eingetreten. Jetzt bestünden Schmerzausstrahlung in den linken Arm, teils bis zum Daumen, Gefühlsstörungen im Steißbeinbereich, in den Armen und Beinen, bei bestimmter Kopfhaltung.
Am 28.02.1996 erklärte Dr.M. , neurologisch fänden sich zur Zeit keine Auffälligkeiten.
Aus den Unterlagen der AOK Kempten sind Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Cephalgie Juli 1989, myogeloser Wirbelsäule November 1989, Migräne Januar 1990, degenerativer Wirbelsäulenverände- HWS-Distorsion und Schulterprellung April 1991, Cervikalsyndrom August 1991, akutem HWS-Syndrom 05.10. bis 13.10.1995 und HWS-Schleudertrauma 26.10. bis 30.12.1995 vermerkt.
Im Durchgangsarztbericht vom Tag des Unfalles vom 08.04.1991 führte der Chirurg Prof.Dr.M. aus, die Halswirbelsäule sei in ihrer Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt mit paravertebralem Hartspann, erheblichem Klopf- und Stauchschmerz und deutlicher Schmerzausstrahlung in die rechte Schulter. Ein neurologisches Defizit sei nicht festzustellen.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.W. erklärte im Schreiben vom 22.11.1995, am 30.06.1995 habe er krankengymnastische Behandlung wegen chronisch rezidivierender Beschwerden im unteren HWS-Bereich verordnet. Die röntgenologischen Untersuchungen hätten degenerative Veränderungen, vor allem im Bereich C 5/C 6, gezeigt. Ob dies Folge des Verkehrsunfalls von 1991 sei, könne nicht beurteilt werden, da Voraufnahmen nicht vorlägen. Auffällig erscheine jedoch, dass vor diesem Unfall über Beschwerden im HWS-Bereich nicht geklagt worden sei. Zwischenzeitlich seien gelegentlich HWS-Myogelosen und rezidivierende Blockierungen festgestellt worden. Vorbestehend sei eine Hypermobilität des gesamten Bandapparates mit rezidivierenden Blockierungen im Lumbalbereich.
Im Gutachten vom 23.09.1996 führte der Chirurg Prof.Dr.B. aus, zum Zeitpunkt des Unfalls vom 26.10.1995 habe ein vorgeschädigtes Bewegungssegment C 5/C 6 vorgelegen. Die Röntgenfilme vom Unfalltag zeigten Degenerationen im Sinne von retrospondylären Exophyten auf Höhe C 5/6 sowie Zeichen der vorbestehenden Facettenarthrose C 5/6, leichtgradiger auch C 6/7. Die röntgenologischen Veränderungen seien auch heute in etwa gleicher Lokalisation und Stärke objektivierbar. Im Kernspintomogramm zeige sich neben der Impression des Duralsackes auf Höhe C 5/6 die Abbildung einer dorsalen Stenosierung bei Reklination des Kopfes. Auch dieses Zeichen bestätige eine degenerative Einengung des spinalen Raumens. Im Hinblick auf das etwa einstündige beschwerdefreie Intervall und das Fehlen neurologischer Symptome sei nur von einer Zerrung der HWS-Muskulatur auszugehen; der Bandscheibenschaden C 5/6 sei dagegen zum Unfallzeitpunkt wahrscheinlich schon gegeben gewesen.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.N. führte im Gutachten vom 16.09.1996 aus, motorische und sensible Ausfälle seien erst Monate nach dem Unfallereignis eindeutig nachweisbar gewesen. Eine drei Wochen nach dem Unfall durchgeführte elektromyographische Zusatzuntersuchung habe keine pathologische Spontanaktivität in der durch die fünfte oder sechste Halsnervenwurzel versorgten Muskulatur am linken Arm ergeben, sondern diese sei erst bei der Untersuchung am 19.02.1996 nachweisbar gewesen. Dieser Verlauf spreche eindeutig gegen eine beim Unfall erlittene Verletzung an den Nervenwurzeln C 5 oder C 6. Berücksichtige man den Schweregrad der eingetretenen HWS-Verletzung, die vorbestehenden degenerativen Veränderungen und deren Lokalisation, die bereits vor dem Unfall wiederholt zu Beschwerden und auch zu einer Arbeitsunfähigkeit bis knapp 14 Tage vor dem Unfall geführt hätten, so werde ohne weiteres deutlich, dass die Wochen nach dem Unfall eingetretene Beschwerdesymptomatik auf diese vorbestehenden schicksalhaften Veränderungen der HWS zurückzuführen sei und nicht dem Unfallereignis angelastet werden könnte, auch nicht im Sinne der Verschlimmerung. Für die weiteren vielfältigen subjektiven Beschwerden habe sich auch bei früheren Untersuchungen kein entsprechendes organ-pathologisches Korrelat nachweisen lassen, sondern diese seien persönlichkeitsbedingt.
Mit Bescheid vom 23.06.1997 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an, lehnte aber die Gewährung einer Rente ab, da eine MdE in rentenberechtigendem Grad über die 13. Woche hinaus nicht vorgelegen habe.
Den Widerspruch vom 10.07.1997 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.1997 zurück.
Hiergegen hat sich die Klage vom 27.11.1997 zum Sozialgericht Augsburg gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin am 08.04. 1999 vorgetragen hat, sie sei seit dem Unfalltag nicht schmerzfrei, habe keinerlei Gefühl in den Fingern, ausstrahlende Schmerzen in Schultern und Armen, ständig starke Verspannungen und des öfteren auch Taubheitsgefühl in der rechten Gesichtshälfte, außerdem rutschten wöchentlich zwei- bis dreimal sämtliche Brustwirbel heraus.
Im Bericht vom 08.04.1999 hat Dr.N. ausgeführt, bei Zustand nach HWS-Distorsion mit diskoligamentärer Verletzung persistierten chronische cerviko-brachiale und cerviko-cephale Schmerzen. Die geklagten Prästhesien legten cervikale Wurzelirritationen nahe, allerdings beträfen die Parästhesien im Gegensatz zu den Voruntersuchungen eher die Dermatome C 7 und 8 links, wofür sich kernspintomographisch kein morphologisches Korrelat finde. Vereinbar mit der Verletzungsebene HWK 5 /6 seien die Parästhesien im Schulterbereich rechts. Klinisch fände sich jedoch kein radikuläres sensomotorisches Defizit. Die myographischen Befunde seien unauffällig. Zwar seien die angegebenen Parästhesien der Beine grundsätzlich vereinbar mit einer Halsmarkirritation, doch gebe es weder klinisch noch elektrophysiologisch und kernspintomographisch Hinweise für eine Halsmarkschädigung.
Der Neuro-Chirurg Dr.H. hat am 13.01.1999 attestiert, die Klägerin sei erstmals am 12.05.1998 in seiner Behandlung gewesen. Der Bandscheibenvorfall könne nur bedingt auf einen degenerativen Grundprozess der HWS zurückgeführt werden. Der Autounfall sei sicher zu mehr als 50 % an den Beschwerden der Klägerin beteiligt.
Dr.B. hat im Attest vom 15.04.1999 nochmals auf ein Schleudertrauma von 1981 hingewiesen. Bei der letzten Untersuchung im März 1999 habe sich eine beidseits verspannte Nacken/Schultermuskulatur mit tastbaren Myogelosen gezeigt. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei in allen Richtungen schmerzhaft eingeschränkt. Es bestehe keine auffallende Minderung der Muskelummantelung im Schultergürtel oder im Bereich der oberen Extremitäten. Die Reflexe seien regelrecht nachweisbar. Sichere Parästhesien im Bereich der oberen Extremitäten hätten sich nicht nachweisen lassen. Ob der jetzige Zustand ausschließlich Folge des Arbeitsunfalls sei, oder ob bereits eine Vorschädigung infolge des Arbeitsunfalls von 1981 vorliege, sei nur durch ein Gutachten zu klären. Eine wesentliche Verschlechterung durch den Unfall sei mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Prof.Dr.M. hat im Gutachten vom 21.08.1999 ausgeführt, die exakte Analyse des Unfallmechanismus lasse erhebliche Zweifel am Umfang der Gewalteinwirkung auf die HWS offen. Postaccidentiell habe ein ca. 45 Minuten dauerndes beschwerdefreies Intervall vorgelegen, so dass nicht von einer lückenlosen Brückensymptomatik ausgegangen werden könne. Ein bis dahin latenter, degenerativ bedingter Bandscheibenschaden im Bereich der Halswirbelsäule sei im Rahmen der Gelegenheitsursache symptomatisch geworden. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Bandscheibenvorfall sei nicht zu bejahen. Die Gutachten von Prof.Dr.B. und Dr.N. seien voll zu bestätigen. Das aktuelle subjektive Beschwerdebild sei nicht auf den Unfall zurückzuführen.
Mit Urteil vom 10.02.2000 hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof.Dr. M. abgewiesen.
Mit der Berufung vom 12.04.2000 macht die Klägerin weiterhin geltend, die Beschwerden seien Folge des Arbeitsunfalles. Die Behauptung von Prof.Dr.M. , es habe ein beschwerdefreies Intervall vorgelegen, sei nicht eindeutig nachgewiesen. Im Hinblick auf den erheblichen Sachschaden am Fahrzeug der Klägerin seien die Verletzungen zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Es sei auch nicht widerlegt, dass vor dem Unfall Beschwerdefreiheit vorgelegen habe. Vorschädigungen seien durch Röntgenaufnahmen nicht nachgewiesen. Im Übrigen habe Prof.Dr.M. die Klägerin nicht selbst untersucht.
Auf Anfrage teilt Prof.Dr.M. im Schreiben vom 07.12. 2000 mit, er habe Dr.W. , der erster Oberarzt und sein Vertreter in klinischer und organisatorischer Hinsicht sei, einen Teil der Tätigkeiten zur Gutachtenserstellung, z.B. Exploration und Messung überlassen und einen Gutachtensentwurf mit ihm durchgearbeitet. Seine persönliche fachliche und rechtliche Verantwortung für den gesamten Inhalt des Gutachtens sei durch seine Gegenzeichnung gewahrt.
Im Attest vom 27.1.1999 führt Dr.B. aus, das schmerzhafte Wirbelsäulensyndrom sei mit Wahrscheinlichkeit Folge des Unfalls vom Oktober 1995.
Vom 12.04. bis 10.05.01 befand sich die Klägerin in der Fachklinik E. , wo die Diagnosen gestellt wurden: Cerviko-Cephalgien/Brachialgien mit Instabilitätsgefühl der HWS, Zustand nach dreimaligem HWS-Distorsionstrauma 1991, 1995 und April 2000, rezidivierende Blockierungen der gesamten Wirbelsäule, Erschöpfungssyndrom bei privater und beruflicher Belastungssituation.
Die Klägerin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 13.10.2000.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherunsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII i.V.m. mit § 580 RVO).
Ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 548 Abs.1 RVO einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Begriff des Unfalls erfordert ein äußeres Ereignis, d.h., einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang, der rechtlich wesentlich den Körperschaden verursacht hat (vgl. BSGE 23, 139). Das äußere Ereignis muss mit der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängen. Dabei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises, d.h., sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt nur insoweit, als der ursächliche Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden und zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie der Zusammenhang betroffen ist, der im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der maßgebenen Verletzung bestehen muss (vgl. Krasney VSSR 1993, 81, 114).
Der Arbeitsunfall der Klägerin vom 26.10.1995 hat keine bleibenden Gesundheitsstörungen, die eine MdE von wenigstens 20 v.H. der Vollrente bedingen würden, zurückgelassen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem schlüssigen Gutachten Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr.B. und Dr. N. , die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden.
Unstreitig hat die Klägerin am 26.10.1995 einen Unfall erlitten, der aber nicht ursächlich für die von ihr jetzt geklagten Beschwerden ist.
Bei einer Seitenkollision wie im Fall der Klägerin sind Verletzungen der Halswirbelsäule selten, da diese über eine gute innere Abstützung gegen seitliche Überbelastungen verfügt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin Arbeits- und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S.517). Für eine nur leichtgradige Distorsion spricht auch die Tatsache, dass die Klägerin in der Lage war, mit dem Fahrzeug die Fahrt zur 7 km entfernten Kfz-Werkstatt fortzusetzen, der Schadensumfang am Wagen also nicht erheblich war.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls das betroffene Bewegungssegment C 5/6 bereits vorgeschädigt war. Hierfür spricht die Aufstellung der AOK Kempten über die Arbeitsunfähigkeitzeiten der Klägerin mit Befunden wie akute Cephalgie, myolegose Wirbelsäule, Migräne, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, HWS-Distorsion 1991 und insbesondere zuletzt akutes HWS-Syndrom 05.10.1995 bis 13.10.1995. Der behandelnde Arzt Dr.W. hat auf eine am 30.06.1995 verordnete krankengymnastische Behandlung wegen chronisch-rezidivierender Beschwerden im unteren HWS-Bereich und auf degenerative Veränderungen vor allem im Bereich C 5/C 6 hingewiesen. Wie Prof.Dr.B. betont, zeigt die Kernspintomographie neben der Impression des Duralsackes auf Höhe C 5/6 eine dorsale Stenosierung bei Reklination des Kopfes. Dieses Zeichen bestätigt eine degenerative Einengung des spinalen Raumes. Die degenerativen Veränderungen an den Wirbelhinterkanten bzw. an den Facettengelenken belegen ebenfalls eine Degeneration im Bereich C 5/6.
Eine leichte Zerrung der Halswirbelsäule geht in aller Regel nicht mit einer Schädigung an den Strukturen des Nervensystems einher. Dementsprechend war die Klägerin in unmittelbarem Anschluss an den Unfall zunächst beschwerdefrei und entwickelte nach einer Latenz von einer 3/4-Stunde lokale Nackenbeschwerden. Das beschwerdefreie Intervall hat die Kägerin selbst gegenüber Dr.N. , Dr.M. , in der Reha-Klinik E. und gegenüber Prof.Dr.B. angegeben.
Eine neurologische Begleitsymptomatik wurde vom erstbehandelnden Arzt Dr.B. nicht festgestellt. Erst nach zwei bis drei Wochen kam es zu erneuten Beschwerden an der Halswirbelsäule, die sich im Laufe der nächsten Monate ausweiteten. Für eine Schädigung des Rückenmarks durch den Unfall ergab die Kernspintomographie, wie Dr.N. betont, keinerlei Anhaltspunkt. Auch die weiteren neuro-physiologischen Untersuchungen konnten eine Rückenmarkschädigung nicht objektivieren. Motorische und sensible Ausfälle waren erst Monate nach dem Unfallereignis eindeutig nachweisbar. Insbesondere ergab eine drei Wochen nach dem Unfall durchgeführte elektromyographische Untersuchung keine pathologische Spontanaktivität in der durch die 5. und 6. Halsnervenwurzel versorgte Muskulatur am linken Arm. Eine derartige Spontanaktivität war erst bei der Untersuchung vom 19.02.1996 nachweisbar. Dieser Verlauf spricht, wie Dr.N. darlegt, eindeutig gegen eine beim Unfallereignis vom 26.10.1995 erlittene begleitende Verletzung an den Nervenwurzeln C 5 oder C 6. Die erst Wochen nach dem Unfall eingetretene Beschwerdesymptomatik ist auf die schicksalhaften Veränderungen der Halswirbelsäule zurückzuführen, dagegen nicht auf den Unfall vom 26.10.1995.
Der degenerativ bedingte Bandscheibenschaden wurde im Anschluss an den Unfall wieder symptomatisch, ohne dass neben dem zeitlichen Zusammenhang ein Kausalzusammenhang gegeben wäre.
Auch der behandelnde Arzt Dr.N. weist im Bericht vom 08.04.1999 darauf hin, dass die von der Klägerin angegebenen Parästhesien zwar cervikale Wurzelirritationen nahe legen, aber die Dermatome C 7 und 8 links betreffen, die vom Unfall nicht berührt waren. Im Übrigen findet sich, wie Dr.N. betont, kernspintomographisch hierfür kein morphologisches Korrelat. Dr.N. bezeichnet die Parästhesien im Schulterbereich zwar als topisch vereinbar mit der Verletzungsebene HWK 5/6, weist aber darauf hin, dass sich klinisch kein radikuläres sensomotorisches Defizit findet und die myographischen Befunde unauffällig sind.
Die angegebenen Parästhesien der Beine sind grundsätzlich vereinbar mit einer Halsmarkirritation, doch gibt es weder klinisch noch elektrophysiologisch oder kernspintomographisch Hinweise für eine Halsmarkschädigung. Die von Dr.B. angenommene Verschlechterung durch das Unfallereignis wird von ihm nicht begründet, so dass die bloße Annahme nicht überzeugen kann.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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