Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 5071/95.L
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 17/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 05.11.1996 wird zurückgewiesen.
II. Die Klagen gegen die Bescheide vom 28.02.1996, 27.02.1997, 25.02.1998 und 24.02.1999 werden abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am ...1957 geborene Kläger übernahm zum 01.01.1994 den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters. Mit Bescheid vom 11.07.1994 nahm die Beklagte das Unternehmen des Klägers ab 01.01.1994 in ihr Unternehmerverzeichnis auf.
Mit Beitragsbescheid für das Umlagejahr 1994 vom 24.02.1995 errechnete die Beklagte einen Beitrag in Höhe von 150,00 DM. Dabei wurden die Flächenwerte aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche zugrunde gelegt.
Der Kläger wandte mit Widerspruch vom 26.03.1995 dagegen ein, § 41 Abs.2 der Satzung widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da danach der Beitrag für je angefangene 2.000,00 DM des 10.000,00 DM übersteigenden Betrages um 1 %, höchstens 20 % verringert werde. Dies begünstige die großen Betriebe. Das Sozialstaatsprinzip gebiete dagegen, die kleineren Betriebe zu entlasten und die finanziell stärkeren größeren Betriebe zu belasten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.1995 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beiträge würden für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft neben der Zugrundelegung eines einheitlichen Grundbeitrages von 60,00 DM zu je 50 % aus dem Flächenwertbeitrag und dem Flächenbeitrag zusammengesetzt (§ 41 Abs.4 der Satzung). Nach dem Solidaritätsprinzip müßten die Unternehmer mit größeren Unternehmen gegenüber den Unternehmern mit kleineren Unternehmen höhere Beiträge zahlen, obwohl im Leistungsfall jedem die gleichen Leistungen zustünden. Die in § 41 Abs.2 der Satzung festgelegte Verringerung sei vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 13.02.1992 genehmigt worden.
Der Kläger hat dagegen mit der Klage vom 30.06.1995 geltend gemacht, der Bescheid der Beklagten verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Sozialstaatsprinzip. Die Begünstigung großer Betriebe durch Beitragsermäßigungen sei nicht rechtens, statt dessen seien die finanziell weniger starken kleineren Betriebe zu entlasten und die finanziell stärkeren größeren zu belasten.
Das SG hat mit Urteil vom 05.11.1996 die Klage abgewiesen. In den Systemstrukturen der Sozialversicherung spiele das Solidaritätsprinzip eine wesentliche Rolle. Es sei gerade Ausfluss des Solidaritätsgedankens, dass die Leistungen für alle Versicherten gleich, deren Beiträge entsprechend ihrem jeweiligen Einkommen aber unterschiedlich hoch seien. Dem Satzungsgeber sei ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet. § 41 Abs.2 der Satzung sei im Lichte des bayerischen Agrarberichtes 1994 zu sehen. Danach stünden dem Gewinnrückgang in Haupterwerbsbetrieben eine Gewinnsteigerung in Nebenerwerbsbetrieben gegenüber, die auf die Zunahme der unternehmensbezogenen Beihilfen zurückzuführen sei. Ein Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung bestehe nicht.
Mit der Berufung vom 23.12.1996 verweist der Kläger auf seine früheren Schriftsätze.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 05.11.1996 sowie den Bescheid vom 24.02.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 und die Bescheide vom 28.02.1996, 27.02.1997, 25.02.1998 und 24.02.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitrag erneut zu berechnen.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich, soweit der Bescheid vom 24.02. 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 sowie die Bescheide vom 28.02.1996 und 27.02.1997 betroffen sind, nach den Vorschriften der RVO, da streitig Beiträge für die Haushaltsjahre 1994, 1995 und 1996 sind. Soweit die Bescheide vom 25.02.1998 und 24.02.1999 betroffen sind, gilt das SGB VII, da diese Bescheide Beiträge für die Jahre 1997 und 1998 festsetzen (§ 219 Abs.1 S.1 SGB VII).
Die Bescheide vom 28.02.1996, 27.02.1997, 25.02.1998 und 24.02.1999 sind gemäß § 96 SGG auch Gegenstand des Verfahrens. Das SGG hat zwar versäumt, den Folgebescheid vom 28.02.1996 im Urteil zu berücksichtigen. Da aber der Kläger seinen Antrag entsprechend gestellt und die Beklagte nicht widersprochen hat, ist auch über den nicht miterledigten Bescheid sowie über die weiteren Folgebescheide zu entscheiden (vgl. Meyer- Ladewig, SGG, 6 Aufl., §§ 96 Rdnr.12, 140 Rdnr.2a).
Der Kläger wendet sich gegen die dem Beitragsbescheid zugrundeliegende Beitragsberechnung und dabei insbesondere gegen § 41 Abs.2 der Satzung der Beklagten. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Beitragsbescheid der Beklagten vom 24.02. 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 nicht zu beanstanden ist. Dies gilt auch für die Folgebescheide.
Gemäß § 29 Abs.3 SGB IV erfüllen die Versicherungsträger im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts ihre Aufgaben in eigener Verantwortung, die allerdings durch die Bindung an Gesetz und sonstiges für sie maßgebendes Recht überwiegend auf den Gesetzesvollzug begrenzt ist. Nur wenn eine Bindung an Gesetz und sonstiges Recht nicht besteht oder sie nur den Rahmen bildet, kann der Sozialversicherungsträger in der Satzung selbst entscheiden bzw. den Rahmen ausfüllen (Kasseler Kommentar, § 29 SGB IV Rdnr.7).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Satzung ihrer Rechtsnatur nach autonomes Recht des betreffenden Unfallversicherungsträgers. Sie bildet kraft Gesetzes eine der von der Selbstverwaltung beschlossenen Rechtsgrundlagen, aufgrund deren die Verwaltung des Versicherungsträgers die diesem als Mitglieder angehörenden Unternehmer zur Beitragsleistung heranzieht. Im Rahmen der dem Versicherungsträger gesetzlich verliehenen Autonomie wird die Satzung von dem zuständigen Organ der Selbstverwaltung mit Rechtswirksamkeit für die in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer erlassen (vgl. BSGE 54, 232; BSG vom 12.12.1985, 2 RU 11/84; BSGE 27, 237; BSG vom 18.10.1984, SozR 2200 § 725 RVO Nr.10).
Da die Satzung objektives Recht ist (BSGE 27, 237), ist sie durch die Gerichte auf ihre Rechtsgültigkeit nachzuprüfen. Dabei erstreckt sich die richterliche Nachprüfung insbesondere darauf, ob der vom Gesetzgeber vorgegebene Zweck erfüllt wird und keine Normen höherrangigen Rechts verletzt werden (BSGE 27, 237). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind befugt und verpflichtet, die Übereinstimmung der Satzung mit diesen Vorgaben des Gesetzgebers zu überprüfen.
Nützlichkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen spielen dabei aber keine Rolle (BSG vom 21.08.1991, 2 RU 54/90). Da die Satzung der Berufsgenossenschaften ihrer Rechtsnatur nach autonomes Recht ist, unterliegt sie im Sozialgerichtsverfahren nicht der Nachprüfung auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur der Prüfung, ob die Grenze der Regelungshoheit überschritten ist (BSG vom 18.10.1984, SozR 2200 § 725 RVO Rdnr.10; vom 12.12.1985 2 RU 70/84 = NZA 1986 S.623). Das Gericht hat nicht zu prüfen, ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen hat. Maßgebend ist, ob sachgerechte, plausible Gründe für die autonome Rechtsetzung anzuführen sind (BSG vom 09.12.1993, 2 RU 32/92, Breithaupt 1994 S.644).
Unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis ist der Senat der Auffassung, dass § 41 Abs.2 der Satzung, Stand 01.01.1995 bzw. der gleichlautende § 46 Abs.3 der Satzung, Stand 01.01.1997 und § 46 Abs.3 der Satzung, Stand 01.01.1999, der die Höchstgrenze für die Verringerung auf höchstens 30 v.H. festsetzt, nicht zu beanstanden sind.
Die Berechnung verstößt nicht gegen tragende bzw. höherrangige Grundsätze des Unfallversicherungsrechts. Sie ist insbesondere mit der Ermächtigungsnorm des § 816 RVO bzw. § 182 Abs.VI S.1 SGB VII vereinbar. Diese Vorschriften überlassen es der Satzung, einen angemessenen Maßstab zu bestimmen. Die Vertreterversammlung entscheidet in der Satzung über die Angemessenheit des Maßstabes, die Aufsichtsbehörde prüft die Angemessenheit im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach. Als angemessener Maßstab kommt der landwirtschaftliche Flächenwert in Betracht (vgl. BSG vom 25.01.1983 2 RU 1/82; BSGE 54, 232; Lauterbach Unfallversicherung § 803 Rdnr.6,so ab 01.01.1997 § 182 Abs.5 SGB VII). Der Flächenwert ist das Produkt aus der Größe der land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche und dem durchschnittlichen landwirtschaftlichen Gemeindehektarwert bzw. forstwirtschaftlichen Hektarwert. Die mit dem Zugrundelegen von Durchschnittswerten verbundene Typisierung entspricht der notwendigen Praktikabilität der Beitragsberechnung (vgl. BSG, Breithaupt 1988, 113).
Die weitreichende Ermächtigung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften durch den Gesetzgeber in §§ 803 Abs.1, 816 RVO und § 182 Abs.2 SGB VII zum Erlass satzungsrechtlicher Bestimmungen über die Beitragsberechnung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da die für Rechtsverordnungen geltenden engen Begrenzungen insoweit nicht gelten (vgl. BSGE 68, 123).
In dem von der Beklagten gewählten Berechnungsverfahren liegt weder ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip der Art.20 Abs.1, 28 Abs.1 Grundgesetz noch gegen Art.3 Grundgesetz.
Das Sozialstaatsprinzip gehört zu den grundlegenden Verfassungsprinzipien. Es soll soziale Sicherheit bewirken, keine soziale Gleichheit. Die Sozialstaatsklausel ist unmittelbar geltendes Recht, aber in einem hohen Maße der konkreten Ausgestaltung bedürftig. Ein einklagbarer Rechtsanspruch des Einzelnen besteht nicht. Neben der berechtigenden Seite hat das Sozialstaatsprinzip auch eine den Bürger verpflichtende Ausprägung. Dies wird auch als Solidaritätsmaxime bezeichnet. Sie schlägt sich in dem Solidargedanken und der dadurch bedingten gleichmäßigen Lastenverteilung bzw. der hiermit teilweise bewirkten Umverteilung nieder. Im Rahmen der Mittelaufbringung muss daher bei der Beitragsgestaltung eine Lastenverteilung hingenommen werden, die nicht nur die individuellen Risiken des Betroffenen ausgleicht, sondern zugleich auch diejenigen von finanziell weniger leistungsfähigen Personen. Dies bedeutet, dass bei der Festsetzung der vom Unternehmer zu erbringenden Beiträge eine gewisse pauschalierende und nicht ganz streng am Einzelunternehmer orientierte Beitragsgestaltung zulässig ist (vgl. Schulin, Unfallversicherungsrecht, § 4 Rdnr.66 ff.).
Die Beitragsberechnung nach § 41 Abs.2 bzw. § 46 Abs.3 Satzung, die eine Verringerung um 1 % je angefangene 2.000,00 DM vorsieht, wenn der Flächenwert 10.000,00 DM übersteigt, hält sich im Rahmen des der Beklagten vom Gesetzgeber zugebilligten Spielraumes. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die größeren Unternehmen zwar höhere Beiträge zahlen, dagegen keine höheren Leistungen als die kleineren Unternehmen erhalten, ist eine Abstufung des Beitragssatzes, wie sie die Satzung vorsieht, nicht ungerecht, insbesondere nicht gegenüber den kleineren Unternehmen, für die eine derartige Beitragsverringerung nicht zum Tragen kommt. Es handelt sich hier um ein Gegenstück zum Mindestbeitrag: Die Satzung einer BG kann bestimmen, dass ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird.(§ 161 SGB VII). Damit wird eine Deckung des Verwaltungsaufwandes ermöglicht, der bei geringen Beiträgen unverhältnismäßig hoch ist. Entsprechend kann die Beklagte die Beitragshöhe auch nach oben begrenzen. Der größere Flächenwert führt nicht zu einem ebenso viel größeren Unfallrisiko. Denn oft kann in kleinen Unternehmen die Unfallgefahr, z.B. wegen schlechter maschineller Ausstattung, sogar verhältnismäßig erheblicher sein als in größeren. Zudem ist die Unfallgefahr zwar für die Bemessung der Beiträge von Bedeutung, aber kein bestimmender Faktor.
Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden läßt, sowie auch dann, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen oder objektiv willkürlich sind (Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, Art.3 Anm.21 und 38). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, da, wie oben ausgeführt, eine Verringerung der Spitzenbeiträge sachgerecht ist. Im Übrigen sind gewisse Härten in Einzelfällen hinzunehmen, ohne dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes anzunehmen ist (vgl. BSGE 50, 179).
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Klagen gegen die Bescheide vom 28.02.1996, 27.02.1997, 25.02.1998 und 24.02.1999 werden abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am ...1957 geborene Kläger übernahm zum 01.01.1994 den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters. Mit Bescheid vom 11.07.1994 nahm die Beklagte das Unternehmen des Klägers ab 01.01.1994 in ihr Unternehmerverzeichnis auf.
Mit Beitragsbescheid für das Umlagejahr 1994 vom 24.02.1995 errechnete die Beklagte einen Beitrag in Höhe von 150,00 DM. Dabei wurden die Flächenwerte aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche zugrunde gelegt.
Der Kläger wandte mit Widerspruch vom 26.03.1995 dagegen ein, § 41 Abs.2 der Satzung widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da danach der Beitrag für je angefangene 2.000,00 DM des 10.000,00 DM übersteigenden Betrages um 1 %, höchstens 20 % verringert werde. Dies begünstige die großen Betriebe. Das Sozialstaatsprinzip gebiete dagegen, die kleineren Betriebe zu entlasten und die finanziell stärkeren größeren Betriebe zu belasten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.1995 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beiträge würden für Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft neben der Zugrundelegung eines einheitlichen Grundbeitrages von 60,00 DM zu je 50 % aus dem Flächenwertbeitrag und dem Flächenbeitrag zusammengesetzt (§ 41 Abs.4 der Satzung). Nach dem Solidaritätsprinzip müßten die Unternehmer mit größeren Unternehmen gegenüber den Unternehmern mit kleineren Unternehmen höhere Beiträge zahlen, obwohl im Leistungsfall jedem die gleichen Leistungen zustünden. Die in § 41 Abs.2 der Satzung festgelegte Verringerung sei vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 13.02.1992 genehmigt worden.
Der Kläger hat dagegen mit der Klage vom 30.06.1995 geltend gemacht, der Bescheid der Beklagten verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Sozialstaatsprinzip. Die Begünstigung großer Betriebe durch Beitragsermäßigungen sei nicht rechtens, statt dessen seien die finanziell weniger starken kleineren Betriebe zu entlasten und die finanziell stärkeren größeren zu belasten.
Das SG hat mit Urteil vom 05.11.1996 die Klage abgewiesen. In den Systemstrukturen der Sozialversicherung spiele das Solidaritätsprinzip eine wesentliche Rolle. Es sei gerade Ausfluss des Solidaritätsgedankens, dass die Leistungen für alle Versicherten gleich, deren Beiträge entsprechend ihrem jeweiligen Einkommen aber unterschiedlich hoch seien. Dem Satzungsgeber sei ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet. § 41 Abs.2 der Satzung sei im Lichte des bayerischen Agrarberichtes 1994 zu sehen. Danach stünden dem Gewinnrückgang in Haupterwerbsbetrieben eine Gewinnsteigerung in Nebenerwerbsbetrieben gegenüber, die auf die Zunahme der unternehmensbezogenen Beihilfen zurückzuführen sei. Ein Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung bestehe nicht.
Mit der Berufung vom 23.12.1996 verweist der Kläger auf seine früheren Schriftsätze.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 05.11.1996 sowie den Bescheid vom 24.02.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 und die Bescheide vom 28.02.1996, 27.02.1997, 25.02.1998 und 24.02.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitrag erneut zu berechnen.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich, soweit der Bescheid vom 24.02. 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 sowie die Bescheide vom 28.02.1996 und 27.02.1997 betroffen sind, nach den Vorschriften der RVO, da streitig Beiträge für die Haushaltsjahre 1994, 1995 und 1996 sind. Soweit die Bescheide vom 25.02.1998 und 24.02.1999 betroffen sind, gilt das SGB VII, da diese Bescheide Beiträge für die Jahre 1997 und 1998 festsetzen (§ 219 Abs.1 S.1 SGB VII).
Die Bescheide vom 28.02.1996, 27.02.1997, 25.02.1998 und 24.02.1999 sind gemäß § 96 SGG auch Gegenstand des Verfahrens. Das SGG hat zwar versäumt, den Folgebescheid vom 28.02.1996 im Urteil zu berücksichtigen. Da aber der Kläger seinen Antrag entsprechend gestellt und die Beklagte nicht widersprochen hat, ist auch über den nicht miterledigten Bescheid sowie über die weiteren Folgebescheide zu entscheiden (vgl. Meyer- Ladewig, SGG, 6 Aufl., §§ 96 Rdnr.12, 140 Rdnr.2a).
Der Kläger wendet sich gegen die dem Beitragsbescheid zugrundeliegende Beitragsberechnung und dabei insbesondere gegen § 41 Abs.2 der Satzung der Beklagten. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Beitragsbescheid der Beklagten vom 24.02. 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 nicht zu beanstanden ist. Dies gilt auch für die Folgebescheide.
Gemäß § 29 Abs.3 SGB IV erfüllen die Versicherungsträger im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts ihre Aufgaben in eigener Verantwortung, die allerdings durch die Bindung an Gesetz und sonstiges für sie maßgebendes Recht überwiegend auf den Gesetzesvollzug begrenzt ist. Nur wenn eine Bindung an Gesetz und sonstiges Recht nicht besteht oder sie nur den Rahmen bildet, kann der Sozialversicherungsträger in der Satzung selbst entscheiden bzw. den Rahmen ausfüllen (Kasseler Kommentar, § 29 SGB IV Rdnr.7).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Satzung ihrer Rechtsnatur nach autonomes Recht des betreffenden Unfallversicherungsträgers. Sie bildet kraft Gesetzes eine der von der Selbstverwaltung beschlossenen Rechtsgrundlagen, aufgrund deren die Verwaltung des Versicherungsträgers die diesem als Mitglieder angehörenden Unternehmer zur Beitragsleistung heranzieht. Im Rahmen der dem Versicherungsträger gesetzlich verliehenen Autonomie wird die Satzung von dem zuständigen Organ der Selbstverwaltung mit Rechtswirksamkeit für die in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer erlassen (vgl. BSGE 54, 232; BSG vom 12.12.1985, 2 RU 11/84; BSGE 27, 237; BSG vom 18.10.1984, SozR 2200 § 725 RVO Nr.10).
Da die Satzung objektives Recht ist (BSGE 27, 237), ist sie durch die Gerichte auf ihre Rechtsgültigkeit nachzuprüfen. Dabei erstreckt sich die richterliche Nachprüfung insbesondere darauf, ob der vom Gesetzgeber vorgegebene Zweck erfüllt wird und keine Normen höherrangigen Rechts verletzt werden (BSGE 27, 237). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind befugt und verpflichtet, die Übereinstimmung der Satzung mit diesen Vorgaben des Gesetzgebers zu überprüfen.
Nützlichkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen spielen dabei aber keine Rolle (BSG vom 21.08.1991, 2 RU 54/90). Da die Satzung der Berufsgenossenschaften ihrer Rechtsnatur nach autonomes Recht ist, unterliegt sie im Sozialgerichtsverfahren nicht der Nachprüfung auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur der Prüfung, ob die Grenze der Regelungshoheit überschritten ist (BSG vom 18.10.1984, SozR 2200 § 725 RVO Rdnr.10; vom 12.12.1985 2 RU 70/84 = NZA 1986 S.623). Das Gericht hat nicht zu prüfen, ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen hat. Maßgebend ist, ob sachgerechte, plausible Gründe für die autonome Rechtsetzung anzuführen sind (BSG vom 09.12.1993, 2 RU 32/92, Breithaupt 1994 S.644).
Unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis ist der Senat der Auffassung, dass § 41 Abs.2 der Satzung, Stand 01.01.1995 bzw. der gleichlautende § 46 Abs.3 der Satzung, Stand 01.01.1997 und § 46 Abs.3 der Satzung, Stand 01.01.1999, der die Höchstgrenze für die Verringerung auf höchstens 30 v.H. festsetzt, nicht zu beanstanden sind.
Die Berechnung verstößt nicht gegen tragende bzw. höherrangige Grundsätze des Unfallversicherungsrechts. Sie ist insbesondere mit der Ermächtigungsnorm des § 816 RVO bzw. § 182 Abs.VI S.1 SGB VII vereinbar. Diese Vorschriften überlassen es der Satzung, einen angemessenen Maßstab zu bestimmen. Die Vertreterversammlung entscheidet in der Satzung über die Angemessenheit des Maßstabes, die Aufsichtsbehörde prüft die Angemessenheit im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach. Als angemessener Maßstab kommt der landwirtschaftliche Flächenwert in Betracht (vgl. BSG vom 25.01.1983 2 RU 1/82; BSGE 54, 232; Lauterbach Unfallversicherung § 803 Rdnr.6,so ab 01.01.1997 § 182 Abs.5 SGB VII). Der Flächenwert ist das Produkt aus der Größe der land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche und dem durchschnittlichen landwirtschaftlichen Gemeindehektarwert bzw. forstwirtschaftlichen Hektarwert. Die mit dem Zugrundelegen von Durchschnittswerten verbundene Typisierung entspricht der notwendigen Praktikabilität der Beitragsberechnung (vgl. BSG, Breithaupt 1988, 113).
Die weitreichende Ermächtigung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften durch den Gesetzgeber in §§ 803 Abs.1, 816 RVO und § 182 Abs.2 SGB VII zum Erlass satzungsrechtlicher Bestimmungen über die Beitragsberechnung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da die für Rechtsverordnungen geltenden engen Begrenzungen insoweit nicht gelten (vgl. BSGE 68, 123).
In dem von der Beklagten gewählten Berechnungsverfahren liegt weder ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip der Art.20 Abs.1, 28 Abs.1 Grundgesetz noch gegen Art.3 Grundgesetz.
Das Sozialstaatsprinzip gehört zu den grundlegenden Verfassungsprinzipien. Es soll soziale Sicherheit bewirken, keine soziale Gleichheit. Die Sozialstaatsklausel ist unmittelbar geltendes Recht, aber in einem hohen Maße der konkreten Ausgestaltung bedürftig. Ein einklagbarer Rechtsanspruch des Einzelnen besteht nicht. Neben der berechtigenden Seite hat das Sozialstaatsprinzip auch eine den Bürger verpflichtende Ausprägung. Dies wird auch als Solidaritätsmaxime bezeichnet. Sie schlägt sich in dem Solidargedanken und der dadurch bedingten gleichmäßigen Lastenverteilung bzw. der hiermit teilweise bewirkten Umverteilung nieder. Im Rahmen der Mittelaufbringung muss daher bei der Beitragsgestaltung eine Lastenverteilung hingenommen werden, die nicht nur die individuellen Risiken des Betroffenen ausgleicht, sondern zugleich auch diejenigen von finanziell weniger leistungsfähigen Personen. Dies bedeutet, dass bei der Festsetzung der vom Unternehmer zu erbringenden Beiträge eine gewisse pauschalierende und nicht ganz streng am Einzelunternehmer orientierte Beitragsgestaltung zulässig ist (vgl. Schulin, Unfallversicherungsrecht, § 4 Rdnr.66 ff.).
Die Beitragsberechnung nach § 41 Abs.2 bzw. § 46 Abs.3 Satzung, die eine Verringerung um 1 % je angefangene 2.000,00 DM vorsieht, wenn der Flächenwert 10.000,00 DM übersteigt, hält sich im Rahmen des der Beklagten vom Gesetzgeber zugebilligten Spielraumes. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die größeren Unternehmen zwar höhere Beiträge zahlen, dagegen keine höheren Leistungen als die kleineren Unternehmen erhalten, ist eine Abstufung des Beitragssatzes, wie sie die Satzung vorsieht, nicht ungerecht, insbesondere nicht gegenüber den kleineren Unternehmen, für die eine derartige Beitragsverringerung nicht zum Tragen kommt. Es handelt sich hier um ein Gegenstück zum Mindestbeitrag: Die Satzung einer BG kann bestimmen, dass ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird.(§ 161 SGB VII). Damit wird eine Deckung des Verwaltungsaufwandes ermöglicht, der bei geringen Beiträgen unverhältnismäßig hoch ist. Entsprechend kann die Beklagte die Beitragshöhe auch nach oben begrenzen. Der größere Flächenwert führt nicht zu einem ebenso viel größeren Unfallrisiko. Denn oft kann in kleinen Unternehmen die Unfallgefahr, z.B. wegen schlechter maschineller Ausstattung, sogar verhältnismäßig erheblicher sein als in größeren. Zudem ist die Unfallgefahr zwar für die Bemessung der Beiträge von Bedeutung, aber kein bestimmender Faktor.
Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden läßt, sowie auch dann, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen oder objektiv willkürlich sind (Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, Art.3 Anm.21 und 38). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, da, wie oben ausgeführt, eine Verringerung der Spitzenbeiträge sachgerecht ist. Im Übrigen sind gewisse Härten in Einzelfällen hinzunehmen, ohne dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes anzunehmen ist (vgl. BSGE 50, 179).
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved