L 2 U 288/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 286/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 288/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verlängert der Versicherte einen betrieblichen Weg von 775 km auf ca.
1030 km und ist dafür kein betrieblicher Grund nachweisbar, so steht ein sich
auf dem Umweg ereignender Verkehrsunfall nicht unter dem Schutz der
gesetzlichen Unfallversicherung.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 09.06.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am ...1946 geborene Kläger erlitt am 23.09.1995 in La Fosette eine Verletzung am linken Auge. Der Kläger war am 23.09.1995 als Transportunternehmer unterwegs, um Mobiliar von Volonne (Frankreich) nach Memmingen zu transportieren. Für die Hinfahrt von Memmingen nach Volonne wählte er eine Fahrtroute, die ihn über Turin nach Nizza an die Cote d Azur führte. Er befuhr dabei die Küstenstraße zwischen St. Raphael und St. Tropez. Bei La Fosette legte der Kläger eine Pause ein, um zur Abkühlung im Meer zu baden. Beim Verlassen des Wassers traf ihn ein Hartgummiball am linken Auge. Es kam zu einer irreparablen Netzhautablösung am linken Auge.

Im Gutachten vom 14.08.1996 führte der Augenarzt Prof.Dr.L ... aus, die Netzhautablösung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die traumatische Verletzung durch den Hartgummiball zurückzuführen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Heben einer schweren Last sei dagegen nicht anzunehmen.

Die Beklagte holte Auskünfte des ADAC ein, der als Fahrtstrecke von Memmingen nach Volonne eine Route über Lindau, Bregenz, Sargans, Chur, Thusis, San Bernardino, Bellinzona, Turin mit einer Streckenlänge von ca. 725 Kilometer empfahl. Als Alternativstrecke schlug er die Route über St. Gallen, Zürich, Bern, Lausanne, Genf und Grenoble nach Volonne vor, die 50 Kilometer länger ist.

Zur Fahrtstrecke entlang der Cote d Azur erklärte der Kläger, er habe einen Auftrag in Aussicht gehabt, bei dem Kunstgegenstände aus einem Ort zwischen St. Raphael und St. Tropez nach Deutschland zu transportieren gewesen wären und habe sich am 23.09.1995 bezüglich dieser Strecke kundig machen wollen.

Mit Bescheid vom 25.09.1997 lehnte die Beklagte eine Entschädigung für die Folgen des Unfalls vom 23.09.1995 ab, weil ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Die betriebliche Zweckbestimmung des Weges entlang der Cote d Azur sei nicht nachgewiesen, damit habe auch die Pause nicht unter Versicherungsschutz gestanden.

Mit Widerspruch vom 09.10.1995 wandte der Kläger ein, er habe ursprünglich die Route über Lausanne, Genf und Grenoble fahren wollen, jedoch sei ihm kurzfristig von der Firma ... ein Auftrag in Aussicht gestellt worden. Deshalb habe er die Route entlang der Cote d Azur gewählt, um sich über die Strecke und die Zollbestimmungen zu informieren.

Auf Anfrage der Beklagten erklärte die Firma ..., sie könne keine konkreten Angaben machen. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.1998 zurück.

Mit der Klage vom 18.08.1998 hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Das SG hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme des Zeugen ...

Mit Urteil vom 09.06.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Entgegen den anfänglichen Angaben des Klägers habe die Fahrt entlang der Cote d Azur nicht in dem notwendigen inneren Zusammenhang mit dem Transport von Mobiliar von Volonne nach Memmingen gestanden. Exakte Angaben zu Zeitpunkt und Transportweg des Auftrages der Firma ... hätten sich nicht ermitteln lassen. Die Angaben zu einem Kunsttransport seien erst nachträglich und stückchenweise vorgebracht worden. Die Begründung für die behauptete Erkundungsfahrt habe nicht überzeugt. Etwaige Zollformalitäten hätten an den bereits vorher passierten Grenzen festgestellt werden können. Die Mautgebühr lasse sich auch durch eine Auskunft beim Servicedienst des ADAC leicht ermitteln und die Entfernungen einer Landkarte entnehmen. Nachweise dafür, dass das Baden in irgendeinem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden habe, seien nicht gegeben, insbesondere nicht dafür, dass das Baden erforderlich gewesen wäre, um die versicherte Arbeitstätigkeit fortzuführen.

Mit der Berufung vom 21.07.1999 wendet der Kläger ein, die Augenverletzung sei durch den Ball, der ihn in einer Arbeitspause getroffen habe, verursacht. Die Pause sei nach der langen Fahrt notwendig gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 09.06.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07. 1998 zu verurteilen, die Netzhautablösung am linken Auge als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.

Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII i.V.m. § 580 RVO).

Gemäß § 548 Abs.1 Satz 2 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 RVO genannten und versicherten Tätigkeiten erleidet. Als versicherte Tätigkeit gilt auch ein Betriebsweg, d.h. ein Weg, der in Ausübung einer versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird. Der Nachweis, dass es sich bei der gewählten Fahrtstrecke um einen Betriebsweg handelt, bedarf als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal des vollen Beweises, wobei die objektive Beweislast dem Kläger obliegt, der aus dem Vorliegen des Arbeitsunfalles Ansprüche herleiten will.

Zur Überzeugung des Senats ist jedoch nicht nachgewiesen, dass sich der Unfall auf einem Betriebsweg ereignet hat, denn der Kläger befand sich im Unfallzeitpunkt auf einem erhebichen Umweg, der nicht durch betriebliche Gründe bedingt war. Es ist weder zu belegen, dass der Kläger die Fahrtroute entlang der Cote d Azur gewählt hat, um sich wegen eines späteren Auftrages über die örtlichen Gegebenheiten kundig zu machen, noch sind sonstige Gründe ersichtlich, die eine betriebliche Veranlassung des Umwegs gerechtfertigt erscheinen ließen. Soweit der Kläger vorgebracht hat, er habe einen Auftrag in Aussicht gehabt, wobei ihm weder Zeitpunkt noch Zielort in Deutschland noch der genaue Ort in Frankreich bekannt waren, ist dagegen einzuwenden, dass eine betriebsbedingte Notwendigkeit, einen Umweg zu wählen, nicht bewiesen ist, da nicht mehr zu ermitteln war, ob die Firma ... dem Kläger tatsächlich einen Auftrag in Aussicht gestellt hatte. Der Zeuge ... erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.1999, er sei wohl wegen eines Transportes von Kunstgegenständen aus Frankreich an den Kläger herangetreten, konnte sich jedoch weder an den Termin noch an den Ort des möglichen Auftrages erinnern. Darüber hinaus bleiben, selbst wenn ein konkreter Auftrag nachgewiesen wäre, Zweifel an den Angaben des Klägers, denn der ab Turin eingeschlagene Umweg kann nicht mehr als nur geringfügig angesehen werden. Die vom Kläger gewählte Route verlängerte die Gesamtfahrstrecke auf ca. 1.030 Kilometer, während die vom ADAC vorgeschlagenen Strecken lediglich 725 Kilometer bzw. 775 Kilometer betragen. Im Übrigen hätte sich der Kläger, worauf schon das SG hingewiesen hat, leicht durch Auskünfte beim ADAC bzw. bei Zollämtern über Streckenverlauf, Maut- und Zollgebühren informieren können. Eine vom Kläger aus betrieblichen Gründen durchgeführte Fahrt über die Küstenstraße ist deshalb nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers konnte den Senat nicht überzeugen.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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