Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 62/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 402/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Entschädigung eines Sportunfalls, den die Klägerin als Schülerin erlitten hat.
Die 1978 geborene Klägerin hatte zunächst bei einem privaten Reitunfall im Mai 1994 einen Riss des rechten vorderen Kreuzbandes erlitten. Am 16.02.1995 erlitt sie als Schülerin beim Schulsport an derselben Stelle wieder einen Kreuzbandriss. Im Durchgangsarztbericht vom selben Tag führte der Chirurg Dr.S. zum Unfallhergang aus, die Klägerin habe beim Schulsport Basketball gespielt, beim Aufkommen sei der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel nach innen weggeknickt. Im Ergänzungsbericht bei Verdacht auf Kniebinnenschaden führte er aus, dies sei nach einem Sprung geschehen. Die Beklagte befragte die Schulleitung ergänzend, ob die Verdrehung des rechten Kniegelenks bei der Landung nach einem Sprung oder erst durch den Sturz stattgefunden habe. Die Antwort lautete, die Schülerin sei beim Kampf um den Ball von einer Mitschülerin angerempelt worden, hingefallen und habe sich das rechte Knie verrenkt. Die Verdrehung habe also durch den Sturz stattgefunden.
Nach den laufenden Behandlungsberichten holte die Beklagte ein Gutachten von dem Chirurgen Dr.S. vom 06.10.1995 ein. Dort ist als Unfallschilderung der Klägerin wiedergegeben, beim Basketballspielen in der Halle hätten zwei Gegenspielerinnen sie vom Ball trennen wollen. Dabei sei sie von hinten gestoßen worden, so dass sie gestolpert sei und sich das rechte Kniegelenk verdreht habe. Der Sachverständige verneinte die Frage, ob der Vorgang alleinige Ursache oder wesentlich mitwirkende Teilursache gewesen sei. Die Akten enthielten deutliche Widersprüche zum Hergang des fraglichen Ereignisses, die auch vom unfallmedizinischen Standpunkt aus von wesentlicher Bedeutung seien. Hier könnten die ursprünglichen Angaben über Ursache, Anlass und Auslösung einer Gesundheitsstörung einen wesentlich größeren Wahrheitswert beanspruchen, als Bekundungen, die wesentlich später gegebenenfalls zur Durchfechtung eines Rentenanspruchs vorgebracht würden. Weder nach den während der Unfalluntersuchung noch nach den in den Aktenunterlagen festgehaltenen Angaben des Dr.S. könne der Schluss gezogen werden, dass das Ereignis zu einer angenommenen Fehlstellung des rechten Kniegelenkes und zu einer Fehlanspannung der Beinmuskulatur geführt habe, kurz einen Vorgang ausgelöst habe, welcher geeignet gewesen wäre, eine Zerreißung der Bandstrukturen, hier insbesondere im Bereich des vorderen Kreuzbandes, herbeizuführen. Zu den Bedingungen, unter denen das vordere Kreuzband allein oder mit Beteiligung synergistischer Strukturen in Form von Überdehnung oder Teileinreißen an der Innen- oder Außenkante des Kniegelenkes durchreißen können, gehöre der akute Übersteckungsmechanismus bei einwärts gedrehtem Kniegelenk mit viel kinetischer Energie oder auch bei Überstreckung mit passiver Gewalt, bei welcher das vordere Kreuzband an der vorderen Kondylendachkante verletzt werden könne, indem es abgeknickt oder zerrissen werde, vor allem auch deswegen, weil durch die fehlende Schlussdrehung des Unterschenkels nach außen die Entspannung des Kreuzbandes nicht erfolgen könne, während gleichzeitig die synergistischen Bandstrukturen an der Innen- und Außenseite im hinteren Bandgelenkkapselabschnitt nur überdehnt sein könnten. Derartige Mechanismen könnten bei Landungen mit gebeugtem Knie nach ausgedehnten Weitsprüngen oder Stürzen aus größerer Höhe, wobei dann das vordere Kreuzband durch den Bremseinsatz des vierköpfigen Oberschenkelstreckmuskels glatt abgerissen werde, auftreten. Ferner fänden sich Kreuzbandzerreißungen bei schweren Kombinationsverletzungen im Bereich der Kniegelenke mit Beteiligung des Seitenbandapparates und der Menisken, welche vorwiegend bei schweren direkten Gewalteinwirkungen oder bei Verdrehungen der Gelenke bei fixiertem Fuß entstehen könnten. Keiner der geschilderten Vorgänge treffe auf das fragliche Ereignis zu. Vor dem Ereignis habe bereits ein vorgeschädigtes vorderes Kreuzband vorgelegen mit einer mäßigen vorderen Kreuzbandschwäche. Der Vorgang vom 16.02.1995 sei für sich nicht geeignet gewesen, ein gesundes oder einigermaßen widerstandsfähiges vorderes Kreuzband zu verletzen. Der Ursachenanteil des vorbestehenden Binnenschadens überwiege erheblich und der Ursachenanteil der Einwirkung vom 16.02.1995 sei so verschwindend klein, dass das jetzt angeschuldigte Ereignis im Kausalkomplex völlig zurücktrete und lediglich die Rolle des auslösenden Gelegenheitsanlasses, nicht aber die Bedeutung einer wesentlich mitwirkenden Teilursache oder gar den Rang einer Hauptursache beanspruchen könne.
Mit Bescheid vom 24.10.1996 lehnte die Beklagte eine Entschädigung ab und wies den anschließenden Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.1997 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es hätten bei ihr keine Folgen des Unfalls von 1994 mehr bestanden. Sie sei beim Basketballspiel von hinten gestoßen worden, daraufhin gestolpert, habe sich das rechte Kniegelenk verdreht und sei gestürzt.
Das Sozialgericht hat zunächst ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.B. vom 09.02.1998 eingeholt. Dort ist ausgeführt, soweit sich die Klägerin erinnern könne, gebe sie heute an, dass sie im Ballbesitz beim Zustürmen auf den Korb von hinten angerempelt worden, gestolpert und unter Verdrehung im rechten Kniegelenk zu Sturz gekommen sei. Letztendlich habe sie sich beim Sturz das Kniegelenk am Boden auch noch angeschlagen, schon vorher habe sie jedoch einen reißenden Schmerz im Kniegelenk verspürt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, er sei sehr wohl der Meinung, dass der Unfall vom 16.02.1995 eine wesentliche Ursache im Sinne einer Conditio sine qua non für den jetzigen Zustand darstelle. Nur wenn schädigungsunabhängige Kausalfaktoren an Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Schadens so eindeutig überwögen, dass sie die in Wahrheit allein bedeutsame Ursache des Schadens bildeten, seien sie auch rechtlich als die allein wesentliche Bedingung im Sinne der sozialrechtlichen Kausalitätslehre zu werten. Nur dann verdrängten sie den im Sinne der Conditio sine qua non bestehenden ursächlichen Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis. Der Sachverständige führt aus, auch er könne im vorliegenden Fall den speziellen Unfallmechanismus nicht mehr genau rekonstruieren, hierzu seien die eingegangenen Schilderungen sämtlich zu ungenau und auch widersprüchlich. Er ist der Meinung, dass eindeutig von einer erneuten Ruptur eines zuvor kräftigen suffizienten und physiologisch funktionierenden Kreuzbandes bei Zustand nach Kreuzbandnaht auszugehen sei. Faktoren, die eine Instabilität begünstigt hätten, seien ausgeschlossen worden. Aus den Umständen könne man folgern, dass es sich bei dem zweiten Unfall tatsächlich um ein wesentliches und relevantes Unfallereignis gehandelt habe, so dass der erneute Geschehensablauf mit nicht letztlich genau zu klärendem Unfallmechanismus mit Sichercherheit zumindest eine wesentliche Teilursache für den jetzt vorliegenden Schaden darstelle. Allerdings sei der vorbestehende Kniegelenksschaden mit etwas verlängertem Weg im Bezug auf die Funktion des vorderen Kreuzbandes im Sinne eines Vorschadens zu berücksichtigen und es seien prinzipiell entsprechende Abzüge bei der jetzigen Bewertung der MdE vorzunehmen.
Hierzu hat für die Beklagte der Chirurg Dr.B. mit einem Gutachten vom 04.05.1998 Stellung genommen. Er ist der Meinung, dass die Befunde zum Vorschaden vom Sachverständigen Dr.B. nicht ganz richtig wiedergegeben seien. Der Vollbeweis einer zuvor stabil ausgeheilten Verletzung sei nicht erbracht. Dies ergebe sich aus dem vollständigen Zitat der angeführten Berichte und aus den Angaben der Klägerin, wonach sie zum Unfallzeitpunkt noch Restbeschwerden vom Vorunfall gehabt habe. Die Tatsache, dass der Riss genau an derselben Stelle eingetreten sei, müsse doch zumindest schon einmal an eine hier vermehrte Rissbereitschaft denken lassen. Nach den zitierten Vorbefunden liege es viel näher, dass der Ausheilungsgrad insuffizient gewesen sei. Eine Versorgung, wie sie am 16.05.1994 durchgeführt worden sei, könne nach dem heutigen Stand der Kreuzbandchirurgie eine sichere und dauerhafte Ausheilung nicht erwarten lassen. Speziell unter sportlicher Belastung müsse hier mit einem Wiederriss gerechnet werden. Dr.B. nehme schlussendlich auch einen Vorschaden mit einem etwas verlängerten Weg in Bezug auf die Funktion des vorderen Kreuzbandes an und widerspreche sich eigentlich insofern selbst, was dann auch im Rahmen der MdE-Bewertung zum Ausdruck komme.
In einem Gutachten vom 11.06.1998 verbleibt Dr.B. dabei, dass die Behandlung des Vorschadens zu einem suffizienten Ergebnis geführt habe. Der OP-Bericht ergebe einen Vollbeweis für eine erneut stattgehabte Ruptur eines nach Naht ausgeheilten vorderen Kreuzbandes. Auch er wisse gut, dass die damals durchgeführte Behandlung nicht die Methode darstelle, die zu den besten und u.a. nicht zu den sichersten Ausheilungsergebnissen führe. Im vorliegenden Fall bewiesen jedoch die vorliegenden Fakten, dass das Kreuzband bei dem Unfall vom 16.02.1995 erneut gerissen sein müsse. Das allein berechtige seines Erachtens wiederum zu dem Umkehrschluss, dass das Unfallereignis für sich allein genommen eine wesentliche Teilursache für den jetzt bestehenden Schaden gewesen sein müsse. Zu den Aufgabenstellungen der gesetzlichen Unfallversicherung gehöre es, dass jeder Gesundheitsschaden, den der Betroffene infolge einer geschützten Tätigkeit erleide, auch tatsächlich entschädigt werde. Der einzelne Betroffene sei durch die Rechtsordnung in dem Gesundheitszustand geschützt, in dem er sich bei Eintritt des schädigenden Ereignisses befunden habe. In den Schutz des Sozialrechts eingeschlossen seien daher auch alle zum Schädigungszeitpunkt bereits bestehenden Krankheiten, Gebrechen und sonstigen auch unfallbedingten Vorschädigungen mit ihren Auswirkungen, alle hierauf beruhenden oder sonstwie begründeten Krankheitsdispositionen und alle konstitutionell oder degenerativ bedingten Schadensanlagen oder sonstigen Schwächen. Auch und gerade der minderbelastbare Mensch, der der Gefahr einer Schädigung leichter erliege, als der normale, robuste Gesunde, bedürfe des Schutzes der Solidargemeinschaft, wenn er schädigenden Einwirkungen aus Beruf usw. ausgesetzt werde und dadurch zu Schaden komme. Auch unter diesem Gesichtspunkt seien Arbeits- bzw. Dienstunfälle oder sonstige schädigende Einwirkungen aus einer rechtlich geschützten Tätigkeit, die eine Conditio sine qua non für einen bestehenden Gesundheitsschaden bildeten, in aller Regel auch als eine wesentliche Bedingung zu werten. Auch vor diesem Hintergrund erübrige sich die u.a. vollständig spekulative Diskusion darüber, wie fest der Zustand des in seiner Kontinuität ausgeheilten vorderen Kreuzbandes gewesen sein möge. Es liege ein entschädigungspflichtiger Folgeschaden aus einem Schulunfall vor.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.L. vom 24.09.1998 eingeholt. Der Sachverständige führt im Hinblick auf die Angaben der Klägerin bei Dr.B. aus, die eindeutige Aussage, dass sie schon vor dem Sturz einen reißenden Schmerz im Knie verspürt habe, lasse nur den Schluss zu, dass das Kreuzband schon beim Anrempeln gerissen sei. Es spreche also sehr viel dafür, dass ein letztlich banaler, durchaus sporttypischer Hergang zum Riss des in seiner Struktur erheblich geschwächten vorderen Kreuzbandes geführt habe und erst der Riss selbst dann zum Sturz. Ohne die rechtliche Wertung des Vorschadens erscheine es aus streng medizinischer Sicht doch wahrscheinlicher, dass vor allem die mit Sicherheit geschwächte Struktur des voroperierten Kreuzbandes den größeren Ursachenanteil am Ereignis des Risses mit anschließendem Sturz gehabt habe, als isoliert betrachtet der Rempler von hinten. Dem Hergang vom 16.02.1995 werde man aus medizinischer Sicht mit Wahrscheinlichkeit die deutlich geringere Wertigkeit für die Entstehung eines Kreuzbandrisses zusprechen können, als der körpereigenen Ursache, wobei die Gewebsschwäche in dem vorverletzten Kreuzband als erwiesen angesehen werden dürfe. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Sachverständige dann mit Gutachten vom 01.12.1998 ausgeführt, der erneute Riss des wenig vernarbten voroperierten Kreuzbandes wäre über kurz oder lang auch bei Alltagsbelastungen durch narbige Degeneration und Schrumpfung in einem nahen Zeitraum entweder unbemerkt oder anlässlich eines Bagatelltraumas mit Wahrscheinlichkeit eingetreten. Die unsichere Erfolgsaussicht der zuerst 1994 angewandten Operationstechnik sei ja auch von Dr.B. in seinem Gutachten hinreichend deutlich vermerkt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.P. vom 04.05.2000 eingeholt. Hier ist als Unfallschilderung der Klägerin ausgeführt, sie sei mit dem Ball zum Korb gestürmt, hierbei sei ihr eine Mitschülerin, soweit sie sich entsinnen könne, in die linke Schulter-Rückenregion gesprungen. Sie sei aus dem Gleichgewicht gekommen und über die eigenen Füße gestolpert. Sie habe sofort Schmerzen im rechten Knie bekommen und das Knie sei auch stark angeschwollen. Der Sachverständige schließt sich der Meinung des Dr.B. an, dass der Unfall sehr wohl eine wesentliche Ursache im Sinne einer Conditio sine qua non für die jetzigen Unfallfolgen darstelle. Die Unfallschilderungen der Verletzten seien sehr unzuverlässig. Da während des Schulunterrichtes in der Regel Sportschuhe mit Gummisohlen getragen würden, sei davon auszugehen, dass das rechte Bein bei dem Rempler von hinten auf dem Boden gehaftet habe und der Körper selbst nach vorn beschleunigt worden sei. Da in der Regel auch davon auszugehen sei, dass der Rempler nicht direkt von hinten erfolgt sei, sondern geringfügige seitliche Abweichungen vorgelegen hätten, sei auch von einer Drehung des Körpers und damit auch des Knies bei dem Unfall auszugehen. Alle weiteren Ausführungen zum Unfallmechanismus halte er für spekulativ. Es sei somit möglicherweise von genau dem Unfallmechanismus auszugehen, der für die Entstehung einer vorderen Kreuzbandruptur ursächlich sei, nämlich einem sogenannten Varusinnenrotationsflexionstrauma. Bezüglich der Kreuzbandoperation 1994 liege sicherlich ein Vorschaden vor, insbesondere am medialen Gelenksspalt. Ob dieser Vorschaden jedoch auf eine insuffiziente Bandnaht schließen lasse und damit zu einer Folgeruptur aufgrund eines banalen Unfalles, könne seines Erachtens nicht gesagt werden. Sicherlich ergebe die Bandnaht im großen Durchschnitt ein funktionell nicht sicher stabiles Ergebnis; aufgrund dessen sei in der Folgezeit diese Operationstechnik weitgehend verlassen worden. Es könne jedoch daraus nicht auf eine insuffiziente Bandstruktur geschlossen werden. Die Tatsache, dass relativ wenig Vernarbungen im Kreuzbandbereich zu sehen gewesen seien, wie auch die frischen massiven Einblutungen seien ein Hinweis für eine relativ stabil ausgeheilte Kreuzbandnaht. Zusammenfassend sei dem Unfall doch ein deutliches Übergewicht zur Entstehung der Reruptur gegenüber dem bestehenden Vorschaden zuzumessen.
Mit Urteil vom 29.08.2000 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der Unfall nicht wesentlich ursächlich für die Reruptur gewesen sei. Allein wesentlich sei der Vorunfall gewesen, da der Unfallvorgang selbst keine besondere, sondern vielmehr eine alltägliche Belastung dargestellt habe.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und beantragt die Anerkennung des Schulunfalls als Arbeitsunfall und die Gewährung von Verletztenrente. Sie führt aus, sie sei beim Sprung von hinten angestoßen worden und habe deshalb beim Aufsetzen das Gleichgewicht verloren, sei gestolpert, habe sich verdreht und sei dann auf das rechte Knie gestürzt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Augsburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den Vorschriften der RVO, weil der Unfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und erstmals über gesetzliche Leistungen für einen Zeitraum davor zu entscheiden ist (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII).
Arbeitsunfälle sind nach § 548 Abs.1 RVO Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Hierzu gehört nach § 539 Abs.1 Nr.14 Buchst.b RVO auch der Schulbesuch der Klägerin einschließlich des Schulsports. Für die Annahme eines Arbeitsunfalles ist u.a. erforderlich, dass die geschützte Verrichtung und die mit ihr verbundene äußere Einwirkung auf den Körper des Versicherten wesentlich ursächlich oder wenigstens mitursächlich für eine Gesundheitsstörung gewesen ist. In den Fällen, in denen das Unfallereignis in kausaler Konkurrenz mit einer bei dem Versicherten vorhandenen Krankheitsanlage den Körperschaden herbeigeführt hat, erfordert der Unfallzusammenhang, dass das Unfallereignis eine wesentliche Bedingung für das Entstehen des Körperschadens und nicht die Krankheitsanlage oder der Vorschaden von hervorragender Bedeutung und damit die alleinige Ursache war. Das Vorhandensein einer Anlage oder eines Vorschadens schließt hiernach allein nicht aus, den Körperschaden als durch das Unfallereignis mitverursacht anzusehen. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für diese wertende Gegenüberstellung müssen die konkurrierenden Ursachen sicher feststehen (BSG Urteil vom 06.12.1989 Az.: 2 RU 17/89). Hierbei bedürfen, wie auch sonst im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises der Gestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben müssen (vgl. BSGE 45, 285). Dies betrifft in erster Linie den Unfallvorgang selbst. Der die Annahme eines Unfalles begründende Sachverhalt muss in vollem Umfang bewiesen sein. Dies gilt sowohl für das Geschehen selbst als auch für den Ursachenzusammenhang mit der eingetretenen Verletzung. Lassen sich die für die Annahme einer wesentlichen Ursache notwendigen Tatsachen nicht in vollem Umfang beweisen, trägt das Risiko dieses Misslingens derjenige, der seinen Anspruch auf diese Tatsache stützt.
Der Senat stützt seine Überzeugung, dass der Schulunfall nicht wesentliche Mitursache für die Reruptur des Kreuzbandes war, im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr.S. , des Dr.B. und des Dr.L ... Hierbei kann der Senat seiner Entscheidung auch solche Gutachten zugrunde legen, die von der Beklagten eingeholt worden sind (vgl. BSG SozR Nr.66 zu § 128 SGG). In entscheidungserheblichen Gesichtspunkten kann sich der Senat jedoch auch auf die Gutachten des Dr.B. und des Dr.P. stützen.
Als Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin beim Schulsport eine Reruptur des vorderen Kreuzbandes erlitten hat. Medizinisch streitig ist hierbei, ob ein diese Ruptur allein wesentlich bedingender Vorschaden vorgelegen hat oder die schulische Betätigung wesentlich wenigstens als Teilursache mitgewirkt hat. Aufgrund der Beweisaufnahme hält der Senat das Bestehen eines Vorschadens im Sinne eines gerissenen und genähten vorderen Kreuzbandes für erwiesen. Für ebenso erwiesen hält es der Senat, dass ein daraus resultierender Vorschaden zum Zeitpunkt des möglichen Schulunfalles noch bestanden hat. Dies ergibt sich letztlich aus sämtlichen eingeholten Sachverständigengutachten. Der Sachverständige Dr.B. weist hierbei zu Recht auf die selektive Zitierung der Vorbefunde durch Dr.B. und dessen Einbeziehung des Vorschadens bei der MdE-Bildung hin, die keinen Sinn ergibt, wenn nicht entsprechende Funktionsdefizite zurückgeblieben wären.
Allen Sachverständigengutachten ist im Ergebnis zu entnehmen, dass es zur Reruptur eines vorderen Kreuzbandes ebenso wie bei einem gesunden Kreuzband eines ganz bestimmten Unfallmechanismus bedurfte. Ein solcher Unfallmechanismus muss dann als entscheidungserhebliche Tatsache in vollem Umfang bewiesen sein. Wie sich aus den Akten ergibt und von sämtlichen Sachverständigen auch durchgehend angeführt wird, sind die hierzu zur Verfügung stehenden Angaben widersprüchlich. Es ist auch nicht ersichtlich, wie der genaue Unfallhergang rekonstruiert werden könnte. In keinem Fall ist es zulässig, von der eingetretenen Verletzung auf den wahrscheinlich oder möglicherweise abgelaufenen Unfallmechanismus zu schließen, jedenfalls dann nicht, wenn wegen eines vorbestehenden Schadens die spätere Gesundheitsstörung auch ohne den ansonsten für notwendig erachteten Unfallmechanismus hat eintreten können. Insoweit nimmt auch der Sachverständige Dr.B. eine unzutreffende Bewertung der Kausalität vor, wenn er ausführt, eine Conditio sine qua non sei primär auch als wesentliche Ursache anzusehen und werde als solche erst dann verdrängt, wenn eine andere Ursache als allein wesentlich angesehen werde. Eine solche Einschätzung widerspricht den Kausalitätserfordernissen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein Beweis des ersten Anscheins, dass eine Conditio sine qua non auch als wesentliche Ursache anzusehen sei, existiert nicht. Es ist vielmehr von vorneherein zu prüfen, ob der versicherten Tätigkeit und dem angenommenen Unfallereignis eine wesentliche Mitwirkung an der späteren Gesundheitsstörung zuzuordnen ist. Bereits hier ist der volle Tatsachenbeweis erforderlich. Kommt als wesentliche Ursache nur ein bestimmter Unfallablauf in Betracht und ist bei einem anderen Unfallablauf auf die allein wesentliche Verursachung durch einen Vorschaden zu schließen, muss der geeignete Unfallablauf in vollem Umfang erwiesen sein. Dies trifft hier nicht zu.
Die Berufung hat deshalb keinen Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Entschädigung eines Sportunfalls, den die Klägerin als Schülerin erlitten hat.
Die 1978 geborene Klägerin hatte zunächst bei einem privaten Reitunfall im Mai 1994 einen Riss des rechten vorderen Kreuzbandes erlitten. Am 16.02.1995 erlitt sie als Schülerin beim Schulsport an derselben Stelle wieder einen Kreuzbandriss. Im Durchgangsarztbericht vom selben Tag führte der Chirurg Dr.S. zum Unfallhergang aus, die Klägerin habe beim Schulsport Basketball gespielt, beim Aufkommen sei der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel nach innen weggeknickt. Im Ergänzungsbericht bei Verdacht auf Kniebinnenschaden führte er aus, dies sei nach einem Sprung geschehen. Die Beklagte befragte die Schulleitung ergänzend, ob die Verdrehung des rechten Kniegelenks bei der Landung nach einem Sprung oder erst durch den Sturz stattgefunden habe. Die Antwort lautete, die Schülerin sei beim Kampf um den Ball von einer Mitschülerin angerempelt worden, hingefallen und habe sich das rechte Knie verrenkt. Die Verdrehung habe also durch den Sturz stattgefunden.
Nach den laufenden Behandlungsberichten holte die Beklagte ein Gutachten von dem Chirurgen Dr.S. vom 06.10.1995 ein. Dort ist als Unfallschilderung der Klägerin wiedergegeben, beim Basketballspielen in der Halle hätten zwei Gegenspielerinnen sie vom Ball trennen wollen. Dabei sei sie von hinten gestoßen worden, so dass sie gestolpert sei und sich das rechte Kniegelenk verdreht habe. Der Sachverständige verneinte die Frage, ob der Vorgang alleinige Ursache oder wesentlich mitwirkende Teilursache gewesen sei. Die Akten enthielten deutliche Widersprüche zum Hergang des fraglichen Ereignisses, die auch vom unfallmedizinischen Standpunkt aus von wesentlicher Bedeutung seien. Hier könnten die ursprünglichen Angaben über Ursache, Anlass und Auslösung einer Gesundheitsstörung einen wesentlich größeren Wahrheitswert beanspruchen, als Bekundungen, die wesentlich später gegebenenfalls zur Durchfechtung eines Rentenanspruchs vorgebracht würden. Weder nach den während der Unfalluntersuchung noch nach den in den Aktenunterlagen festgehaltenen Angaben des Dr.S. könne der Schluss gezogen werden, dass das Ereignis zu einer angenommenen Fehlstellung des rechten Kniegelenkes und zu einer Fehlanspannung der Beinmuskulatur geführt habe, kurz einen Vorgang ausgelöst habe, welcher geeignet gewesen wäre, eine Zerreißung der Bandstrukturen, hier insbesondere im Bereich des vorderen Kreuzbandes, herbeizuführen. Zu den Bedingungen, unter denen das vordere Kreuzband allein oder mit Beteiligung synergistischer Strukturen in Form von Überdehnung oder Teileinreißen an der Innen- oder Außenkante des Kniegelenkes durchreißen können, gehöre der akute Übersteckungsmechanismus bei einwärts gedrehtem Kniegelenk mit viel kinetischer Energie oder auch bei Überstreckung mit passiver Gewalt, bei welcher das vordere Kreuzband an der vorderen Kondylendachkante verletzt werden könne, indem es abgeknickt oder zerrissen werde, vor allem auch deswegen, weil durch die fehlende Schlussdrehung des Unterschenkels nach außen die Entspannung des Kreuzbandes nicht erfolgen könne, während gleichzeitig die synergistischen Bandstrukturen an der Innen- und Außenseite im hinteren Bandgelenkkapselabschnitt nur überdehnt sein könnten. Derartige Mechanismen könnten bei Landungen mit gebeugtem Knie nach ausgedehnten Weitsprüngen oder Stürzen aus größerer Höhe, wobei dann das vordere Kreuzband durch den Bremseinsatz des vierköpfigen Oberschenkelstreckmuskels glatt abgerissen werde, auftreten. Ferner fänden sich Kreuzbandzerreißungen bei schweren Kombinationsverletzungen im Bereich der Kniegelenke mit Beteiligung des Seitenbandapparates und der Menisken, welche vorwiegend bei schweren direkten Gewalteinwirkungen oder bei Verdrehungen der Gelenke bei fixiertem Fuß entstehen könnten. Keiner der geschilderten Vorgänge treffe auf das fragliche Ereignis zu. Vor dem Ereignis habe bereits ein vorgeschädigtes vorderes Kreuzband vorgelegen mit einer mäßigen vorderen Kreuzbandschwäche. Der Vorgang vom 16.02.1995 sei für sich nicht geeignet gewesen, ein gesundes oder einigermaßen widerstandsfähiges vorderes Kreuzband zu verletzen. Der Ursachenanteil des vorbestehenden Binnenschadens überwiege erheblich und der Ursachenanteil der Einwirkung vom 16.02.1995 sei so verschwindend klein, dass das jetzt angeschuldigte Ereignis im Kausalkomplex völlig zurücktrete und lediglich die Rolle des auslösenden Gelegenheitsanlasses, nicht aber die Bedeutung einer wesentlich mitwirkenden Teilursache oder gar den Rang einer Hauptursache beanspruchen könne.
Mit Bescheid vom 24.10.1996 lehnte die Beklagte eine Entschädigung ab und wies den anschließenden Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.1997 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es hätten bei ihr keine Folgen des Unfalls von 1994 mehr bestanden. Sie sei beim Basketballspiel von hinten gestoßen worden, daraufhin gestolpert, habe sich das rechte Kniegelenk verdreht und sei gestürzt.
Das Sozialgericht hat zunächst ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.B. vom 09.02.1998 eingeholt. Dort ist ausgeführt, soweit sich die Klägerin erinnern könne, gebe sie heute an, dass sie im Ballbesitz beim Zustürmen auf den Korb von hinten angerempelt worden, gestolpert und unter Verdrehung im rechten Kniegelenk zu Sturz gekommen sei. Letztendlich habe sie sich beim Sturz das Kniegelenk am Boden auch noch angeschlagen, schon vorher habe sie jedoch einen reißenden Schmerz im Kniegelenk verspürt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, er sei sehr wohl der Meinung, dass der Unfall vom 16.02.1995 eine wesentliche Ursache im Sinne einer Conditio sine qua non für den jetzigen Zustand darstelle. Nur wenn schädigungsunabhängige Kausalfaktoren an Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Schadens so eindeutig überwögen, dass sie die in Wahrheit allein bedeutsame Ursache des Schadens bildeten, seien sie auch rechtlich als die allein wesentliche Bedingung im Sinne der sozialrechtlichen Kausalitätslehre zu werten. Nur dann verdrängten sie den im Sinne der Conditio sine qua non bestehenden ursächlichen Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis. Der Sachverständige führt aus, auch er könne im vorliegenden Fall den speziellen Unfallmechanismus nicht mehr genau rekonstruieren, hierzu seien die eingegangenen Schilderungen sämtlich zu ungenau und auch widersprüchlich. Er ist der Meinung, dass eindeutig von einer erneuten Ruptur eines zuvor kräftigen suffizienten und physiologisch funktionierenden Kreuzbandes bei Zustand nach Kreuzbandnaht auszugehen sei. Faktoren, die eine Instabilität begünstigt hätten, seien ausgeschlossen worden. Aus den Umständen könne man folgern, dass es sich bei dem zweiten Unfall tatsächlich um ein wesentliches und relevantes Unfallereignis gehandelt habe, so dass der erneute Geschehensablauf mit nicht letztlich genau zu klärendem Unfallmechanismus mit Sichercherheit zumindest eine wesentliche Teilursache für den jetzt vorliegenden Schaden darstelle. Allerdings sei der vorbestehende Kniegelenksschaden mit etwas verlängertem Weg im Bezug auf die Funktion des vorderen Kreuzbandes im Sinne eines Vorschadens zu berücksichtigen und es seien prinzipiell entsprechende Abzüge bei der jetzigen Bewertung der MdE vorzunehmen.
Hierzu hat für die Beklagte der Chirurg Dr.B. mit einem Gutachten vom 04.05.1998 Stellung genommen. Er ist der Meinung, dass die Befunde zum Vorschaden vom Sachverständigen Dr.B. nicht ganz richtig wiedergegeben seien. Der Vollbeweis einer zuvor stabil ausgeheilten Verletzung sei nicht erbracht. Dies ergebe sich aus dem vollständigen Zitat der angeführten Berichte und aus den Angaben der Klägerin, wonach sie zum Unfallzeitpunkt noch Restbeschwerden vom Vorunfall gehabt habe. Die Tatsache, dass der Riss genau an derselben Stelle eingetreten sei, müsse doch zumindest schon einmal an eine hier vermehrte Rissbereitschaft denken lassen. Nach den zitierten Vorbefunden liege es viel näher, dass der Ausheilungsgrad insuffizient gewesen sei. Eine Versorgung, wie sie am 16.05.1994 durchgeführt worden sei, könne nach dem heutigen Stand der Kreuzbandchirurgie eine sichere und dauerhafte Ausheilung nicht erwarten lassen. Speziell unter sportlicher Belastung müsse hier mit einem Wiederriss gerechnet werden. Dr.B. nehme schlussendlich auch einen Vorschaden mit einem etwas verlängerten Weg in Bezug auf die Funktion des vorderen Kreuzbandes an und widerspreche sich eigentlich insofern selbst, was dann auch im Rahmen der MdE-Bewertung zum Ausdruck komme.
In einem Gutachten vom 11.06.1998 verbleibt Dr.B. dabei, dass die Behandlung des Vorschadens zu einem suffizienten Ergebnis geführt habe. Der OP-Bericht ergebe einen Vollbeweis für eine erneut stattgehabte Ruptur eines nach Naht ausgeheilten vorderen Kreuzbandes. Auch er wisse gut, dass die damals durchgeführte Behandlung nicht die Methode darstelle, die zu den besten und u.a. nicht zu den sichersten Ausheilungsergebnissen führe. Im vorliegenden Fall bewiesen jedoch die vorliegenden Fakten, dass das Kreuzband bei dem Unfall vom 16.02.1995 erneut gerissen sein müsse. Das allein berechtige seines Erachtens wiederum zu dem Umkehrschluss, dass das Unfallereignis für sich allein genommen eine wesentliche Teilursache für den jetzt bestehenden Schaden gewesen sein müsse. Zu den Aufgabenstellungen der gesetzlichen Unfallversicherung gehöre es, dass jeder Gesundheitsschaden, den der Betroffene infolge einer geschützten Tätigkeit erleide, auch tatsächlich entschädigt werde. Der einzelne Betroffene sei durch die Rechtsordnung in dem Gesundheitszustand geschützt, in dem er sich bei Eintritt des schädigenden Ereignisses befunden habe. In den Schutz des Sozialrechts eingeschlossen seien daher auch alle zum Schädigungszeitpunkt bereits bestehenden Krankheiten, Gebrechen und sonstigen auch unfallbedingten Vorschädigungen mit ihren Auswirkungen, alle hierauf beruhenden oder sonstwie begründeten Krankheitsdispositionen und alle konstitutionell oder degenerativ bedingten Schadensanlagen oder sonstigen Schwächen. Auch und gerade der minderbelastbare Mensch, der der Gefahr einer Schädigung leichter erliege, als der normale, robuste Gesunde, bedürfe des Schutzes der Solidargemeinschaft, wenn er schädigenden Einwirkungen aus Beruf usw. ausgesetzt werde und dadurch zu Schaden komme. Auch unter diesem Gesichtspunkt seien Arbeits- bzw. Dienstunfälle oder sonstige schädigende Einwirkungen aus einer rechtlich geschützten Tätigkeit, die eine Conditio sine qua non für einen bestehenden Gesundheitsschaden bildeten, in aller Regel auch als eine wesentliche Bedingung zu werten. Auch vor diesem Hintergrund erübrige sich die u.a. vollständig spekulative Diskusion darüber, wie fest der Zustand des in seiner Kontinuität ausgeheilten vorderen Kreuzbandes gewesen sein möge. Es liege ein entschädigungspflichtiger Folgeschaden aus einem Schulunfall vor.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.L. vom 24.09.1998 eingeholt. Der Sachverständige führt im Hinblick auf die Angaben der Klägerin bei Dr.B. aus, die eindeutige Aussage, dass sie schon vor dem Sturz einen reißenden Schmerz im Knie verspürt habe, lasse nur den Schluss zu, dass das Kreuzband schon beim Anrempeln gerissen sei. Es spreche also sehr viel dafür, dass ein letztlich banaler, durchaus sporttypischer Hergang zum Riss des in seiner Struktur erheblich geschwächten vorderen Kreuzbandes geführt habe und erst der Riss selbst dann zum Sturz. Ohne die rechtliche Wertung des Vorschadens erscheine es aus streng medizinischer Sicht doch wahrscheinlicher, dass vor allem die mit Sicherheit geschwächte Struktur des voroperierten Kreuzbandes den größeren Ursachenanteil am Ereignis des Risses mit anschließendem Sturz gehabt habe, als isoliert betrachtet der Rempler von hinten. Dem Hergang vom 16.02.1995 werde man aus medizinischer Sicht mit Wahrscheinlichkeit die deutlich geringere Wertigkeit für die Entstehung eines Kreuzbandrisses zusprechen können, als der körpereigenen Ursache, wobei die Gewebsschwäche in dem vorverletzten Kreuzband als erwiesen angesehen werden dürfe. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Sachverständige dann mit Gutachten vom 01.12.1998 ausgeführt, der erneute Riss des wenig vernarbten voroperierten Kreuzbandes wäre über kurz oder lang auch bei Alltagsbelastungen durch narbige Degeneration und Schrumpfung in einem nahen Zeitraum entweder unbemerkt oder anlässlich eines Bagatelltraumas mit Wahrscheinlichkeit eingetreten. Die unsichere Erfolgsaussicht der zuerst 1994 angewandten Operationstechnik sei ja auch von Dr.B. in seinem Gutachten hinreichend deutlich vermerkt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.P. vom 04.05.2000 eingeholt. Hier ist als Unfallschilderung der Klägerin ausgeführt, sie sei mit dem Ball zum Korb gestürmt, hierbei sei ihr eine Mitschülerin, soweit sie sich entsinnen könne, in die linke Schulter-Rückenregion gesprungen. Sie sei aus dem Gleichgewicht gekommen und über die eigenen Füße gestolpert. Sie habe sofort Schmerzen im rechten Knie bekommen und das Knie sei auch stark angeschwollen. Der Sachverständige schließt sich der Meinung des Dr.B. an, dass der Unfall sehr wohl eine wesentliche Ursache im Sinne einer Conditio sine qua non für die jetzigen Unfallfolgen darstelle. Die Unfallschilderungen der Verletzten seien sehr unzuverlässig. Da während des Schulunterrichtes in der Regel Sportschuhe mit Gummisohlen getragen würden, sei davon auszugehen, dass das rechte Bein bei dem Rempler von hinten auf dem Boden gehaftet habe und der Körper selbst nach vorn beschleunigt worden sei. Da in der Regel auch davon auszugehen sei, dass der Rempler nicht direkt von hinten erfolgt sei, sondern geringfügige seitliche Abweichungen vorgelegen hätten, sei auch von einer Drehung des Körpers und damit auch des Knies bei dem Unfall auszugehen. Alle weiteren Ausführungen zum Unfallmechanismus halte er für spekulativ. Es sei somit möglicherweise von genau dem Unfallmechanismus auszugehen, der für die Entstehung einer vorderen Kreuzbandruptur ursächlich sei, nämlich einem sogenannten Varusinnenrotationsflexionstrauma. Bezüglich der Kreuzbandoperation 1994 liege sicherlich ein Vorschaden vor, insbesondere am medialen Gelenksspalt. Ob dieser Vorschaden jedoch auf eine insuffiziente Bandnaht schließen lasse und damit zu einer Folgeruptur aufgrund eines banalen Unfalles, könne seines Erachtens nicht gesagt werden. Sicherlich ergebe die Bandnaht im großen Durchschnitt ein funktionell nicht sicher stabiles Ergebnis; aufgrund dessen sei in der Folgezeit diese Operationstechnik weitgehend verlassen worden. Es könne jedoch daraus nicht auf eine insuffiziente Bandstruktur geschlossen werden. Die Tatsache, dass relativ wenig Vernarbungen im Kreuzbandbereich zu sehen gewesen seien, wie auch die frischen massiven Einblutungen seien ein Hinweis für eine relativ stabil ausgeheilte Kreuzbandnaht. Zusammenfassend sei dem Unfall doch ein deutliches Übergewicht zur Entstehung der Reruptur gegenüber dem bestehenden Vorschaden zuzumessen.
Mit Urteil vom 29.08.2000 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der Unfall nicht wesentlich ursächlich für die Reruptur gewesen sei. Allein wesentlich sei der Vorunfall gewesen, da der Unfallvorgang selbst keine besondere, sondern vielmehr eine alltägliche Belastung dargestellt habe.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und beantragt die Anerkennung des Schulunfalls als Arbeitsunfall und die Gewährung von Verletztenrente. Sie führt aus, sie sei beim Sprung von hinten angestoßen worden und habe deshalb beim Aufsetzen das Gleichgewicht verloren, sei gestolpert, habe sich verdreht und sei dann auf das rechte Knie gestürzt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Augsburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den Vorschriften der RVO, weil der Unfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und erstmals über gesetzliche Leistungen für einen Zeitraum davor zu entscheiden ist (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII).
Arbeitsunfälle sind nach § 548 Abs.1 RVO Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Hierzu gehört nach § 539 Abs.1 Nr.14 Buchst.b RVO auch der Schulbesuch der Klägerin einschließlich des Schulsports. Für die Annahme eines Arbeitsunfalles ist u.a. erforderlich, dass die geschützte Verrichtung und die mit ihr verbundene äußere Einwirkung auf den Körper des Versicherten wesentlich ursächlich oder wenigstens mitursächlich für eine Gesundheitsstörung gewesen ist. In den Fällen, in denen das Unfallereignis in kausaler Konkurrenz mit einer bei dem Versicherten vorhandenen Krankheitsanlage den Körperschaden herbeigeführt hat, erfordert der Unfallzusammenhang, dass das Unfallereignis eine wesentliche Bedingung für das Entstehen des Körperschadens und nicht die Krankheitsanlage oder der Vorschaden von hervorragender Bedeutung und damit die alleinige Ursache war. Das Vorhandensein einer Anlage oder eines Vorschadens schließt hiernach allein nicht aus, den Körperschaden als durch das Unfallereignis mitverursacht anzusehen. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für diese wertende Gegenüberstellung müssen die konkurrierenden Ursachen sicher feststehen (BSG Urteil vom 06.12.1989 Az.: 2 RU 17/89). Hierbei bedürfen, wie auch sonst im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises der Gestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben müssen (vgl. BSGE 45, 285). Dies betrifft in erster Linie den Unfallvorgang selbst. Der die Annahme eines Unfalles begründende Sachverhalt muss in vollem Umfang bewiesen sein. Dies gilt sowohl für das Geschehen selbst als auch für den Ursachenzusammenhang mit der eingetretenen Verletzung. Lassen sich die für die Annahme einer wesentlichen Ursache notwendigen Tatsachen nicht in vollem Umfang beweisen, trägt das Risiko dieses Misslingens derjenige, der seinen Anspruch auf diese Tatsache stützt.
Der Senat stützt seine Überzeugung, dass der Schulunfall nicht wesentliche Mitursache für die Reruptur des Kreuzbandes war, im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr.S. , des Dr.B. und des Dr.L ... Hierbei kann der Senat seiner Entscheidung auch solche Gutachten zugrunde legen, die von der Beklagten eingeholt worden sind (vgl. BSG SozR Nr.66 zu § 128 SGG). In entscheidungserheblichen Gesichtspunkten kann sich der Senat jedoch auch auf die Gutachten des Dr.B. und des Dr.P. stützen.
Als Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin beim Schulsport eine Reruptur des vorderen Kreuzbandes erlitten hat. Medizinisch streitig ist hierbei, ob ein diese Ruptur allein wesentlich bedingender Vorschaden vorgelegen hat oder die schulische Betätigung wesentlich wenigstens als Teilursache mitgewirkt hat. Aufgrund der Beweisaufnahme hält der Senat das Bestehen eines Vorschadens im Sinne eines gerissenen und genähten vorderen Kreuzbandes für erwiesen. Für ebenso erwiesen hält es der Senat, dass ein daraus resultierender Vorschaden zum Zeitpunkt des möglichen Schulunfalles noch bestanden hat. Dies ergibt sich letztlich aus sämtlichen eingeholten Sachverständigengutachten. Der Sachverständige Dr.B. weist hierbei zu Recht auf die selektive Zitierung der Vorbefunde durch Dr.B. und dessen Einbeziehung des Vorschadens bei der MdE-Bildung hin, die keinen Sinn ergibt, wenn nicht entsprechende Funktionsdefizite zurückgeblieben wären.
Allen Sachverständigengutachten ist im Ergebnis zu entnehmen, dass es zur Reruptur eines vorderen Kreuzbandes ebenso wie bei einem gesunden Kreuzband eines ganz bestimmten Unfallmechanismus bedurfte. Ein solcher Unfallmechanismus muss dann als entscheidungserhebliche Tatsache in vollem Umfang bewiesen sein. Wie sich aus den Akten ergibt und von sämtlichen Sachverständigen auch durchgehend angeführt wird, sind die hierzu zur Verfügung stehenden Angaben widersprüchlich. Es ist auch nicht ersichtlich, wie der genaue Unfallhergang rekonstruiert werden könnte. In keinem Fall ist es zulässig, von der eingetretenen Verletzung auf den wahrscheinlich oder möglicherweise abgelaufenen Unfallmechanismus zu schließen, jedenfalls dann nicht, wenn wegen eines vorbestehenden Schadens die spätere Gesundheitsstörung auch ohne den ansonsten für notwendig erachteten Unfallmechanismus hat eintreten können. Insoweit nimmt auch der Sachverständige Dr.B. eine unzutreffende Bewertung der Kausalität vor, wenn er ausführt, eine Conditio sine qua non sei primär auch als wesentliche Ursache anzusehen und werde als solche erst dann verdrängt, wenn eine andere Ursache als allein wesentlich angesehen werde. Eine solche Einschätzung widerspricht den Kausalitätserfordernissen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein Beweis des ersten Anscheins, dass eine Conditio sine qua non auch als wesentliche Ursache anzusehen sei, existiert nicht. Es ist vielmehr von vorneherein zu prüfen, ob der versicherten Tätigkeit und dem angenommenen Unfallereignis eine wesentliche Mitwirkung an der späteren Gesundheitsstörung zuzuordnen ist. Bereits hier ist der volle Tatsachenbeweis erforderlich. Kommt als wesentliche Ursache nur ein bestimmter Unfallablauf in Betracht und ist bei einem anderen Unfallablauf auf die allein wesentliche Verursachung durch einen Vorschaden zu schließen, muss der geeignete Unfallablauf in vollem Umfang erwiesen sein. Dies trifft hier nicht zu.
Die Berufung hat deshalb keinen Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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